Dr. med. Gereon Schädler Josefinum Augsburg Berlin 3.11.2012 Therapie der Cerebralparese Überblick über bestehende Konzepte 1. Definition und Manifestationsformen 2. Neurophysiologische Grundlagen 3. Therapiekonzepte 4. Ergebnis-Qualität / Bewertung 5. Zusammenfassung Gliederung
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Dr. med. Gereon SchädlerJosefinum Augsburg
Berlin 3.11.2012
Therapie der CerebralpareseÜberblick über bestehende
Einzeltherapie, ein – mehrmals/Woche, auch blockweise
Setting
Krankheiten von Nervensystem und Bewegungsapparat mit Restriktionen im Bindegewebe: CP, Neuropathien, K.I.S.S., ADHS…
Indikation
Veränderungen von Motorik, Sensorik, Verhalten, psychosozialer Integration
Effekte
Entlastung des ZNS, Verbesserung der Durchblutung, Anregung der Selbstheilungskräfte. Wahrnehmung von Spannungsungleichgewichtenim craniosacralen System durch erfahrenen Therapeuten. Genaue Wirkungsweise ungeklärt
Prinzip
Cranio-Sacrale Therapie
Manuelle Medizin
Ärztliche Behandlung mit Manualmedizin, im Verbund mit Physiotherapie, Ergotherapie, Massage, adäquater Hilfsmittelversorgung
Setting
Cerebralparese, insbes. bei Schmerzen, Fehlhaltungen bei orthopädischen Problemen
Verbesserung der Biomechanik von Muskeln und Gelenken führt zur besseren Eigenwahrnehmung. Erlernen neuer Bewegungsmuster.
Prinzip
Manuelle Medizin
Kozjavkin - Methode
Setting
Indikationen
Effekte
Prinzip
14 Tage Intensivbehandlung: Mobilisation von Wirbelsäule und Gelenken, Physiotherapie, Massage, Rhythmische Musiktherapie, Apitherapie (Bienenstich-Hyperämie)
CP aller Art, posttraumatische Patienten (Unfall, Apoplex)
Patienten mit Wirbelsäulenbeschwerden.
Cave: Fehlbildungen, Osteoporose, Bandscheibenvorfall etc.
Normalisierung des Muskeltonus, Zunahme von aktiver und passiver Gelenksbeweglichkeit. Besserung von Motivation und psychischer Befindlichkeit. Leichtere Atmung und sprachliche Artikulation.
Polysegmentale biomechanische Korrektur der Wirbelsäule
Beseitigung funktioneller Blockaden von Wirbelbewegungssegmenten
Veränderung der afferenten und efferenten Steuerung auf spinaler und zentraler Ebene
Kombination von Gerätegestützter Therapie und Physiotherapie, einzeln und in Gruppe, integrierte Hilfsmittelversorgung, möglichst mit Ganganalyse vor und nach Behandlung
Setting
Spastische, ataktische, dyskinetische CP
Z. n. Orthopädischen OP´s, Z.n. SDR
Z.n. Neuropathien (GBS)
Indikationen
Erhöhung von Muskelkraft und Koordination. Abnahme der Spastik. Höhere Motivation zur Therapie. Trainingseffekt für Herzkreislaufsystem, Skelett, Muskeln, Gelenke
Effekte
„Gehen lernt man nur durch Gehen“
Repetitives Üben mit Gewichtsentlastung. Stimulation der motorischen Zentren in Gehirn und Rückenmark. Realistische propriozeptiveStimulation in aufrechter Position
Prinzip
Lokomotionstherapie Laufband, Gangtrainer nach Hesse
Lokomat („Gangroboter“)
Lokomat-Training
EMG-Biofeedback-Methode (n.Brucker)
Blocktherapie täglich, ca. 2 Wochen,
Intervalltherapie ambulant
Setting
Cerebralparese bis GMFCS V,
Z.n. Apoplex, SHT, Ertrinkungsunfällen,
Auch nach Sportverletzungen
Indikation
Gezieltere Ansteuerung der Muskulatur durch verbesserte Wahrnehmung (Biofeedback), Besserung der Muskelkraft und -Koordination
Effekt
Elektroden auf Zielmuskeln messen neuromuskulären Signale (Innervationspotentiale), die auf Bildschirm sichtbar sind. Durch visuelle Kontrolle lernt der Patient gezielt seine Muskulatur einzusetzen.
Prinzip
Biofeedback n. Brucker
Galileo-System
Blocktherapien in Kombination mit anderen Verfahren, Intervall-Therapie zu Hause (Leih- oder Kaufgerät)
seitenalternierende Vibration stimuliert aufrichtende Muskulatur. Unwillkürliches Training mit automatisch-reflektorischer Aktivierung der aufrichtenden Muskulatur
Prinzip
Galileo-System
Galileo für Beine/Rücken Galileo für Hand/Arm/Schulter
• Baclofen wirkt an den Synapsen und Nerven des Rückenmarkes.
• Ohne entsprechende ständige Kontrolle aus dem Gehirn überwiegen im Rückenmark die spastischen Reflexmechanismen. Diese können bei Kranken so stark sein, dass sie aus dem Schlaf aufwachen und starke Schmerzen verspüren.
• Baclofen wirkt an den Reflexbögen des Rückenmarkes. Dort kann es den natürlichen antispastischen Effekt der GABA nachahmen.
• Die notwendige Dosis des intrathekalen Baclofens ist verschieden, ist aber weitaus kleiner als die orale Dosis.
Baclofen-Pumpe
Botulinum-Toxin
• Im Muskel blockiert Botulinumtoxin durch Zerstörung von Proteinkomplexen die Freisetzung des Neurotransmitters Acetylcholin.
• Dadurch kann der entsprechende Muskel nicht mehr wie gewohnt angespannt werden.
• Andere Nervenfunktionen – wie das Fühlen oder Tasten – werden nicht beeinflusst.
• Nach einer therapeutischen Injektion baut sich die Wirkung langsam auf und erreicht - je nach Indikation und Dosis - nach etwa zehn Tagen ihren Höhepunkt.
• Nach zwei bis sechs Monaten ist die Neuaussprossung der Nervenenden beendet, wodurch die Muskeln wieder aktiviert werden können
Botulinum-ToxinSpastische Hemiparese nach Hirnblutung
Vor Botulinum-Toxin Nach Botulinum-Toxin
BTX und Schienenbehandlung:Erstmals Fahrradfahren möglich (Justin S., Hemiparese links )
Cerebralparesen aller Art (beinbetont), Schmerzen durch Sekundärfolgen, Fehlhaltungen. „Therapieversager“ anderer Methoden
Indikation
Einsatz zuvor kaum aktivierter Muskelgruppen mit besserer Aufrichtung, größerer Schrittlänge.
Abbau von biomechanisch ungünstigen Bewegungs-und Haltungsmustern, hohe Motivation durch oft rasche Erfolge
Effekt
Kognitiv-sensorische Erfahrungen neuer Gangmuster mit veränderter Propriozeption werden durch gezieltes Training cortical verankert und dauerhaft abrufbar
Prinzip
Gehen-Verstehen (O.G.O.G.)Perry / Götz-Neumann
Gehen Verstehen
Übersicht Therapieverfahren II. - IV
Akupunktur, Homöopathie
Indirekt pharmakologisch
Feldenkrais, Hippotherapie
ÜbendIV. Ergänzende Therapien
Bobath-Konzept (heutiger Stand)Konduktive Förderung n. Petö
II. Aktivität und Partizipation(Alltagsfertigkeiten)
TherapiemethodeTherapiegruppeStörungs-Ebene
III. Übergreifende AnsätzeBobath-Konzept
Einzel- oder Gruppentherapie. Täglich, wöchentlich, blockweise.
Setting
Cerebralparesen aller Art, Spina bifida, Plexusparese, ZNS-Schädigungen aller Art. Anwendung in jedem Lebensalter, jedem Schwergrad möglich
Indikationen
Optimale sensomotorische Bewegungserfahrungenbei allen Bewegungsübergängen und Aufenthaltsorten. Verbesserung von Tonusregulation, Haltung und Bewegung
Effekte
Motorisches Lernen durch Fazilitation (Anbahnung). Umfeldgestaltung und Hilfsmittel im sozialen Kontext. Ermöglichen von eigenständigen Problemlösungen und Handlungen durch Ausnutzen der Plastizität des GehirnsPrinzip
Konduktive Förderung n. A. Petö
Einzelförderung nur vorübergehend,
Ziel ist Integration in konduktive Gruppe
Setting
Cerebralparesen aller Art, Hirnfunktionsstörungen nach Trauma (SHT), Apoplex, MS etc., künftig auch erweiterte Indikationen (Psychosomatik/KJP)
Indikationen
Größere Selbständigkeit in Alltagssituationen, Verbesserung von Aufrichtung, Grob- und Feinmotorik auch bei mit anderen Methoden vorbehandelten Patienten. Hohe Motivation durch soziale Therapiesituation gekoppelt mit pädagogischen Elementen (Schule, HPT)
Effekte
Optimale Lernabstimmung im Alltag führt zur Minderung/Beseitigung von Lernhindernissen im sensorischen, motorischen und emotionalen Bereich. Repetitives, übendes Vorgehen mit mentaler Vorbereitung berücksichtigt die Prinzipien des motorischen und sozialen Lernens.Prinzip
Konduktive Förderung:Auffädeln mit Hilfe / selbständig
Konduktive Förderung:Würfeln und Rechnen in sozialem Kontext
Konduktive Förderung:Greifen, Würfeln, Rechnen in sozialem Kontext
IV. Ergänzende Therapieverfahren
Hippotherapie
Einzelbehandlung 1-2 x/ Woche, Blockweise möglich
Setting
Cerebralparese mit Hypertonie oder Hypotonie, Dystonie, Ataxie
Indika-tionen
Verbesserung von • Sensomotorik (Körperwahrnehmug, Gleichgewicht, Raum- und Lagebewußtsein)
• Psychomotorik (Körpervertrauen, Abbau von Bewegungsangst),• Soziomotorik (Persönlichkeit, soz. Angst)
Effekte
Propriozenptive Stimulation durch > 100 Schwingungsimpulse pro Minute (Schrittfolge des Pferdes)
Prinzip
Orthesen
ErgebnisqualitätErgebnisqualität
Ergebnisqualität
Neuro-Development-Therapie
• Zusammenfassender Begriff für Bobath-ähnlicheKonzepte.
• Die methodisch besten Studien konnten keinen Effekt einer isolierten NDT nachweisen (Bower et al. 1996; Bower et al. 2001).
• Kombinierte Ansätze zeigen eine leichte Überlegenheit gegenüber der isolierten NDT.
• Primär funktionell ausgerichtete Therapieansätze sind der NDT überlegen.
40 Kinder mit BS-CP, Durchschnittsalter 9,8 Jahre, 4x/Woche Lokomat , 40 min, 3 Wochen Therapie
(Borggraefe et al. 2010)
Effekte noch 6 Monate später nachweisbar
Stehen Gang Geschwindigkeit
Gehen Ausdauer
Schreibprobe nach 2 Wochen CIMT
Studie: Qualitäts-Effekt von CIMT: Verbesserung bei Contra und Ipsi-Group
Contra-Group: 7 Patienten, 10-30 y, WMFT-Score von 3,73 auf 4,17
Ipsi-Group: 7 Patienten, 10-30 y, WMFT-Score von 3,33 auf 3,90
Kuhnke et al., Dev Med Child Neurol, 2008
Geschwindigkeit nach CIMT:Contra-Group schneller, Ipsi-Group langsamer
Contra-Group: 7 Patienten, 10-30 y, ca. 14 % schneller nach CIMT
Ipsi-Group: 9 Patienten, 11-30 y, ca. 26 % langsamer nach CIMT