8/9/2019 Theodor Körner (1791-1813) - Liebesgedichte http://slidepdf.com/reader/full/theodor-koerner-1791-1813-liebesgedichte 1/14 Theodor Körner (1791-1813) - LiebesgedichteTheodor Körner (1791-1813) Inhaltsverzeichnis der Gedichte: • Ach, daß im lauten Spiel des Lebens (Wehmut der Liebe) • Augen, zarte Seelenblüten (Die Augen der Geliebten) • Der Sänger rührt der Leier goldne Saiten (Poesie und Liebe) • Des Sommers Lust ist neu geboren (An Adelaiden, am Johannistage) • Ein jeder Wunsch, den in des Herzens Räumen (Als sie eine Kornähre) • Einst, vom Schlummer überwältigt (Die Harmonie der Liebe) • Es keimen die Blüten, es knospen die Bäume (Im Prater) • Ich bin dir nah, nur eine dünne Mauer (In der Nacht) • Ich denke dein im Morgenlicht des Maien (Nähe der Geliebten) • Ich hab' ein heißes junges Blut (Das gestörte Glück) • Im ganzen Dorfe geht's Gerücht (Der geplagte Bräutigam) • Sieh, dort strebt mit Jünglingsmute (Bei einem Springbrunnen) • Süßes Liebchen, komm zu mir! (Liebeständelei) • Wie die Nacht mit heil'gem Beben (Sehnsucht der Liebe)Wehmut der Liebe Ach, daß im lauten Spiel des Lebens Nicht eine Seele mich versteht! Es klagt mein tiefes Lied vergebens, Es wird vom Zephirhauch verweht! Die Liebe nur kennt meinen Schmerz, Die Liebe nur versteht mein Herz.
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8/9/2019 Theodor Körner (1791-1813) - Liebesgedichte
Reiht sich des Kreises schnelle Lust,Umgaukelt von dem Spiel der Tänze,Schlägt frei das Herz in jeder Brust.
Drum laß dir gern dies Liedchen bringenIn liebevoller Melodie,
Und munter, wie die Töne klingen,
Sei deines Lebens Harmonie.
Und wie an bunten Frühlingsranken,Vom ersten Morgenstrahl begrüßt,
Der Wiesen heitre Blümchen wanken,Wenn sie des Zephirs Hauch geküßt:
So wandle durch das frohe Leben,Die Liebe führe still dein Herz,
Und wie die Töne sich verbeben,So löse freundlich sich der Schmerz. (S. 74-75)
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Als sie eine Kornähre in der Hand zum Blühen brachte
Ein jeder Wunsch, den in des Herzens RäumenMit zartem Sinne zarte Herzen pflegen,
Blüht herrlich auf mit wunderbarem Segen,Kann nimmer seines Lebens Tag versäumen.
Und so machst du in heitern FrühlingsträumenVerborgne Kraft sich in der Pflanze regen;Zum zweiten Male sproßt sie dir entgegen,Und neue Blüten lockst du aus den Keimen,
Und so auch wogt, hat mich dein Blick getroffen,Ein heißes Sehnen tief in meinem Busen,Und schneller als die Blüte dir geblüht,
Erglüht mein Herz mit jugendlichem Hoffen;Der Genius ergreift mich und die Musen,
Und deiner Anmut singt mein kühnes Lied. (S. 118-119)
♥
Die Harmonie der Liebe
Einst, vom Schlummer überwältigt,Lag ich auf der weichen Matte,
Und im Traume nahte Phöbos,In der Hand die Leier haltend.Golden wiegten sich die Locken
Auf der hohen Götterstirne,
8/9/2019 Theodor Körner (1791-1813) - Liebesgedichte
Sieh mich hier zu deinen Füßen.Mädchen, deiner Lippen GlutGibt mir Kraft und Lebensmut.
Laß dich küssen!
Mädchen, werde doch nicht rot!Wenn's die Mutter auch verbot -
Sollst du alle Freuden missen?Nur an des Geliebten Brust
Blüht des Lebens schönste Lust -Laß dich küssen!
Liebchen, warum zierst du dich?Höre doch und küsse mich!
Willst du nichts von Liebe wissen?Wogt dir nicht dein kleines Herz
Bald in Freuden, bald in Schmerz?Laß dich küssen!
Sieh, dein Sträuben hilft dir nicht!Schon hab' ich nach Sängers PflichtDir den ersten Kuß entrissen.Und nun sinkst du liebewarmWillig selbst in meinen Arm,
Laß dich küssen! (S. 80)
♥
Sehnsucht der Liebe
Wie die Nacht mit heil'gem BebenAuf der stillen Erde liegt!
Wie sie sanft der Seele Streben,Üpp'ge Kraft und volles Leben
In den süßen Schlummer wiegt!
Aber mit ewig neuen SchmerzenRegt sich die Sehnsucht in meiner Brust.
Schlummern auch alle Gefühle im Herzen,
Schweigt in der Seele Qual und Lust:Sehnsucht der Liebe schlummert nie,Sehnsucht der Liebe wacht spät und früh.
Leis wie ÄolsharfentöneWeht ein sanfter Hauch mich an.
Hold und freundlich glänzt Selene,Und in milder, geist'ger SchöneGeht die Nacht die stille Bahn.
Aber auf kühnen, stürmischen WegenFührt die Liebe den trunkenen Sinn.Wie alle Kräfte gewaltig sich regen!
Ach, und die Ruhe der Brust ist dahin!Sehnsucht der Liebe schlummert nie,
Sehnsucht der Liebe wacht spät und früh.
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Tief im süßen, heil'gen SchweigenRuht die Welt und atmet kaum,Und die schönsten Bilder steigenAus des Lebens buntem Reigen,Und lebendig wird der Traum.
Aber auch in des Traumes GestaltenWinkt mir die Sehnsucht, die schmerzliche, zu,
Und ohn' Erbarmen, mit tiefen Gewalten,Stört sie das Herz aus der wonnigen Ruh.
Sehnsucht der Liebe schlummert nie,Sehnsucht der Liebe wacht spät und früh.
So entschwebt der Kreis der Horen,Bis der Tag im Osten graut.Da erhebt sich neugeboren
Aus des Morgens RosentorenGlühendhell die Himmelsbraut.
Aber die Sehnsucht in meinem HerzenIst mit dem Morgen nur stärker erwacht;Ewig verjüngen sich meine Schmerzen,Quälen den Tag und quälen die Nacht.Sehnsucht der Liebe schlummert nie,
Sehnsucht der Liebe wacht spät und früh. (S. 85-86)
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Alle Gedichte aus: Theodor Körner's sämmtlicheWerkeIm Auftrage der Mutter des Dichtersherausgegeben und mit einem Vorwort begleitetvon Karl StreckfußBerlin 1861
Der Sohn von Christian Gottfried Körner empfingdurch das Elternhaus, Treffpunkt der geistigen u.künstlerischen Welt Dresdens, vielfältigeAnregungen. Nach Privatunterricht u. Besuch derKreuzschule in Dresden wählte K. das Studium auf der Bergakademie in Freiberg. 1808-1810 hörte erberühmte Lehrer wie Abraham Gottlob Werner.Sein Interesse wandte sich aber vom prakt.Bergbau dessen Hilfswissenschaften zu. Zugleichtrat seine Neigung zur Dichtung stärker hervor;
mit Unterstützung des Vaters erschien dieGedichtsammlung Knospen (Lpz. 1810). K.sProjekt eines »Taschenbuchs für Christen«
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scheiterte. Ab Aug. 1810 studierte er in LeipzigJura, war aber in zahlreiche studentische Händelverwickelt, so daß er im März 1811 floh, umdrohender Verfolgung zu entgehen. Ein Studium inBerlin gab er krankheitshalber auf. K.s Vaterbeschloß, durch einen Ortswechsel das Studiumdes Sohns in ruhigere Bahnen zu lenken u.
schickte ihn im Aug. 1811 nach Wien, wo K. v. a.Geschichte studierte. Neben gesellschaftl.Kontakten (u. a. zu Wilhelm von Humboldt,Friedrich Schlegel, Karoline Pichler) entstandenLustspiele (u. a. Die Braut, Der grüne Domino, DerNachtwächter), deren Aufführung ihm ersteAnerkennung brachte. 1812 verfaßte er inschneller Folge u. a. die Dramen Toni, Die Sühne,Rosamunde u. Zriny. Im Sommer verlobte er sichmit der bekannten Hofschauspielerin AntonieAdamberger. Der Bühnenerfolg (v. a. von Zriny)verhalf ihm im Jan. 1813 zur Anstellung als
Dichter am Burgtheater. Die polit. Situationwandelte sich jedoch mit NapoleonsRußlandfeldzug u. Niederlage. Auch derbegeisterungsflähige K. wurde von dergesamteurop. Welle der Empörung mitgerissen.Am 19. März trat er in Breslau in das LützowscheFreikorps ein. Eine erste schwere Verwundungempfing K. am 17. Juni in Kitzen bei Leipzig, stießaber Mitte August wieder zur Truppe. Nördlich vonSchwerin wurde er tödlich verwundet.
K.s allzu rasche u. recht umfangreiche Produktionu. die begeisterte Aufnahme seiner Dramen u.Gedichte stehen in umgekehrtem Verhältnis zuihrer literar. Bedeutung (bereits Humboldtkritisierte ihre Oberflächlichkeit). Seine Knospensind ein Jugendwerk mit allen Vorzügen u.Schwächen; K. lehnt sich deutlich an Vorbilder wieGoethe u. vor allem Schiller an. Es sind in ersterLinie seine Erfahrungen während desBergbaustudiums u. religiöse Gedanken, die erpoetisch umsetzt. Themen wie Natur u.Liebessehnsucht sind romantisch getönt. Die Brautu. Der grüne Domino sind spielbare, aberanspruchslose Stücke, die sich von anderen
Verwechslungskomödien der Zeit (etwa vonKotzebue) kaum abheben. Die Posse DerNachtwächter, in der der Nachtwächter SchwalbeRöschen heiraten will, aber durch die StudentenWachtel u. Zeisig hintergangen wird, geht auf Studentenulks zurück, die K. sicher aus Freiberg u.Leipzig kannte. Stark durch Kleists Novelle DieVerlobung in St. Domingo beeinflußt ist Toni.Allerdings nimmt der glückl. Ausgang, den K. demStück gibt, die trag. Spannung, die die Vorlageauszeichnet (was schon Tieck in einer ausführl.Rezension hervorhob). Ob Zriny der »bleibendste
Wert unter Körners dramatischen Arbeiten,wenigstens als Gedicht« (so Schlegel in seinemNachruf) zukommt, darf heute bezweifelt werden.
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Bereits die Zeitgenossen faßten das Stück alsungarisches Nationaldrama auf, u. als solcheshatte es seine Wirkung. Gleichwohl blieben seinekompositor. Schwächen nicht verborgen (wie etwader monströse Schluß).
Ein längeres Nachleben war hingegen K.s Liedern
beschieden. Noch im Todesjahr erschienen Zwölf freie deutsche Gedichte. Die vom Vaterherausgegebene Sammlung Leyer und Schwerdt(Bln. 1814) erlebte bis 1834 sieben Auflagen u.danach weitere Ausgaben, Nachdrucke u.Vertonungen. Es sind Gelegenheitsgedichte imbesten Sinn, da K. in ihnen seine Erlebnisse u.Stimmungen als Lützowscher Jäger unmitterbareingefangen u. in eine Zeitstimung u. -umständegenau spiegelnde Symboli verwandelt hat (Durch,Reiterlied, Lützows wilde Jagd). Mit ihnen kann K.mit Arndt, Schenkendorf, Uhland, Rückert als einer
der ausdrucksstärksten Dichter der Freiheitskriegegelten. Sein Andenken wurde außerdem durch dieKörner-Eiche in Wöbbelin u. andere Ehrenmalesowie durch Vertonungen seine Lyrikwachgehalten. Im 20. Jh., v.a. nach dem ErstenWeltkrieg, ging das Interesse an K. stark zurück.Aus: Gero von Wilpert: Lexikon der Weltliteratur. Band I Autoren, KrönerVerlag Stuttgart 1975