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Herausforderung Zukunft Technischer Fortschritt
undGlobalisierungMichael F. Jischa
Verantwortungsvoller Umgang mit Ressourcen: So lautete der Titel
der GVC/DECHEMA-
Jahrestagungen 2006. Im Folgenden soll das Thema in einen greren
Rahmen gestellt
werden, bezeichnet als Herausforderung Zukunft. So lautet der
Titel meines gleichnamigen
Buches mit dem Untertitel Technischer Fortschritt und
Globalisierung [1], dem die hier gezeig-
ten Bilder und Tabellen entnommen sind. Interessant ist zunchst
die Frage, warum und
seit wann wir darber nachdenken.
1 Die Bewusstseinswende dersechziger Jahre
Bis vor gut drei Jahrzehnten war der Fort-schrittsglaube berall
in der Welt ungebro-chen. Insbesondere die Aufbauphase in unse-rem
Land nach dem Zweiten Weltkrieg wurdedavon getragen. Die Erde
schien ber nahezuunerschpfliche Ressourcen zu verfgen, unddie
Aufnahmekapazitt von Wasser, Luft undBoden fr Schadstoffe und
Abflle schien un-begrenzt zu sein. Die Segnungen von Wissen-schaft
und Technik verhieen geradezu para-diesische Zustnde.
Alles schien machbar zu sein, und manglaubte, dass Wohlstand fr
alle und damitauch fr die Entwicklungslnder nur eineFrage der Zeit
sei. Die Entwicklungslnderund die Lnder des ehemals
kommunistischenTeils der Welt huldigen nach wie vor uneinge-schrnkt
dem Fortschrittsglauben, whrenddieser in der industrialisierten
Welt zuneh-mend ins Wanken geriet. Ironischerweise be-durfte es
erst des Wohlstands, damit die imWohlstand lebenden Gesellschaften
die Tech-nik und deren Segnungen zunehmend skep-tisch beurteilten.
1969 landeten zwei US-Astro-nauten als erste Menschen auf dem
Mond.Dies markierte einerseits einen Hhepunktder Technikeuphorie.
Andererseits wurde berdie Fernsehschirme die Botschaft zu uns
ge-tragen, dass unser Raumschiff Erde endlich istund dass wir alle
in einem Boot sitzen.
In den Wohlstandsgesellschaften der west-lichen Welt wurde in
den sechziger Jahreneine Bewusstseinswende sichtbar [2]. Mit
demKrzel 1968er Bewegung bezeichnen wir in
unserem Land eine Reihe von ineinander grei-fenden
gesellschaftlichen Prozessen, die inhohem Mae von studentischen
Aktivittengetragen wurden. Dazu gehrten Friedens-bewegungen,
Frauenbewegungen, massiveProteste gegen die Kernenergie, gegen die
Or-dinarienuniversitt (unter den Talaren Muffvon 1000 Jahren) und
nicht zuletzt gegen dieUmweltzerstrungen. Aus den
kologischenBewegungen ist mit den Grnen eine offen-kundig stabile
politische Kraft hervorgegan-gen.
Die Bewusstseinswende manifestierte sichin unterschiedlicher
Weise. Zum einen wurde1968 der Club of Rome gegrndet. Die
Initia-tive hierzu ging von dem Fiat-Manager AurelioPeccei und dem
OECD-WissenschaftsmanagerAlexander King aus. Sie setzten sich zum
Ziel,gleich gesinnte Persnlichkeiten aus Wirt-schaft und Politik zu
gewinnen, um gemein-sam ber die fr die Zukunft der
Menschheitentscheidenden Herausforderungen zu disku-tieren. Hierfr
prgten sie die Begriffe WorldProblematique und World Resolutique.
Ihreerste Analyse war erstaunlich weitsichtig, siebetraf drei
Punkte: die Bedeutung eines holistischen Ansatzes
zum Verstndnis der miteinander vernetz-ten Weltprobleme,
die Notwendigkeit von langfristig angeleg-ten Problemanalysen
und
die Aufforderung global denken und lokalhandeln.Das bedeutete
eine Vorwegnahme des Leit-
bildes Nachhaltigkeit.Schon 1962 hatte die amerikanische
Bio-
login Carson mit ihrem inzwischen zum Kult-
Ironischerweisebedurfte es erstdes Wohlstands,damit die im
Wohl-stand lebendenGesellschaften dieTechnik und derenSegnungen
zu-nehmend skeptischbeurteilten.
Sustainable Development 29Chemie Ingenieur Technik 2007, 79, No.
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DOI: 10.1002/cite.200600142
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buch der kologiebewegung avancierten BandDer stumme Frhling [3]
ein aufrttelndesSignal gesetzt. Zehn Jahre spter schockierteder
erste Bericht an den Club of Rome DieGrenzen des Wachstums [4] die
ffentlich-keit; das Buch erreichte eine Auflage von ber10 Mio.
Exemplaren. Knapp zehn Jahredanach wurde der von James Carter, dem
da-maligen Prsidenten der USA, initiierte Be-richt Global 2000 [5]
vorgestellt. Im Jahr1987 erschien der Brundtland-Bericht
derWeltkommission fr Umwelt und Entwick-lung mit dem Titel Our
Common Futureund kurz darauf die deutsche Version Unseregemeinsame
Zukunft [6]. Dieser Bericht hatentscheidend dazu beigetragen, das
LeitbildSustainable Development einer greren ffent-lichkeit nahe zu
bringen. Die Diskussion er-reichte einen vorlufigen Hhepunkt mit
derAgenda 21, dem Abschlussdokument der Rio-Konferenz fr Umwelt und
Entwicklung 1992[7].
Die Rio-Konferenz hat die Situation in dras-tischer Weise
deutlich gemacht. Gelingt es denEntwicklungslndern, das
Wohlstandsmodellder Industrielnder erfolgreich zu kopieren(was sie
mit unserer Hilfe mehr oder wenigererfolgreich versuchen), so wre
das der kolo-gische Kollaps des Planeten Erde. Davon kannman sich
leicht berzeugen, wenn man denderzeitigen Verbrauch an Primrenergie
undRohstoffen der Industrielnder sowie die da-mit verbundenen
Umweltprobleme auf dieEntwicklungslnder hochrechnet. Somit
lautetdie schlichte Erkenntnis, dass die Dritte Weltnicht mehr so
werden kann, wie die Erste jetztist, und die Erste zwangslufig
nicht mehr sobleiben kann, wie sie noch ist. Kurz formuliert:Das
Wohlstandsmodell der Ersten Welt istnicht exportfhig.
Offenbar befinden wir uns am Ende desBaconschen Zeitalters [8],
wobei wir die neu-zeitliche Wissenschaft als die Epoche
Baconsbezeichnen. Denn in unserem Verhltnis zurWissenschaft ist
eine Selbstverstndlichkeit ab-handen gekommen, nmlich die
Grundber-zeugung, dass wissenschaftlicher und techni-scher
Fortschritt zugleich und automatischhumanen und sozialen
Fortschritt bedeuten.Die wissenschaftlich-technischen
Errungen-schaften bewirken neben dem angestrebtenNutzen immer auch
Schden, die als Folge-und Nebenwirkungen die ursprnglichen
Ab-sichten konterkarieren.
Der Begriff Nachhaltigkeit ist keine Erfin-dung unserer Tage.
Konzeptionell wurde ererstmals im 18. Jahrhundert in
Deutschlandunter der Bezeichnung des nachhaltigen Wirt-schaftens
eingefhrt, als starkes Bevlkerungs-wachstum und zunehmende Nutzung
des
Rohstoffes Holz als Energietrger und als Bau-material eine
einschreitende Waldpolitik erfor-derlich machten. Als deutsche
Rckberset-zung des Begriffs Sustainable Development hatsich die
Kurzform Nachhaltigkeit (= Sustainabi-lity) eingebrgert.
Die berzeugungskraft des Leitbildes Sus-tainability =
Nachhaltigkeit ist offensichtlichgro. Mindestens ebenso gro scheint
jedochdie Unverbindlichkeit dieses Leitbildes zusein, da die
verschiedenen gesellschaftlichenund politischen Gruppen jeweils
ihrer Sule,also entweder der Wirtschaft, der Umwelt oderder
Gesellschaft, eine besonders hohe Priorittzuerkennen. Zielkonflikte
sind vorprogram-miert, politische und gesellschaftliche
Ausei-nandersetzungen belegen dies. Als Fazit seifestgehalten: Das
Leitbild Nachhaltigkeit istallseits akzeptiert, aber diffus
formuliert. Diefllige Umsetzung leidet sowohl an
stndigenZielkonflikten als auch an fehlender
Operatio-nalisierbarkeit.
Es kann heute nicht mehr darum gehen, wieNachhaltigkeit
definiert wird. Entscheidend istdie Frage, wie Nachhaltigkeit in
wirtschaft-liches und politisches Handeln umgesetzt wer-den kann,
um der Herausforderung Zukunft zubegegnen. Welches sind nun die
traditionel-len Faktoren der Herausforderung Zukunft?Der Zusatz
traditionell soll andeuten, dassdurch den Prozess der
Globalisierung neueProblemfelder hinzugekommen sind, auf diespter
eingegangen wird.
2 Zentrale Faktoren derHerausforderung Zukunft
Zu den traditionellen Faktoren der Herausfor-derung Zukunft
zhlen die Bevlkerungs-, dieVersorgungs- und die Entsorgungsfalle.
Mit demBegriff Falle soll die Dramatik verdeutlichtwerden. In Abb.
1 sind wesentliche Elementeder drei Fallen dargestellt.
Bevlkerungsfalle: Die Weltbevlkerung istzunchst sehr langsam
gewachsen. Schtzun-gen ergeben fr die Zeit um 10 000 v. Chr.etwa 5
Mio. Menschen. Von Christi Geburt andauerte es 1600 Jahre, bis die
Bevlkerungs-zahl von 250 auf 500 Mio. zunahm, sich alsoverdoppelte.
In der Folgezeit nahm die Ver-dopplungszeit deutlich ab. 1830
lebten 1 Mrd.Menschen, 2 Mrd. waren es 1930, 4 Mrd. 1974und 6 Mrd.
waren 1999 erreicht.
Anhand konkreter Daten aus dem Weltbe-vlkerungsbericht 2004 [10]
werden regionaleUnterschiede deutlich. Dazu werden in Tab.
1dargestellt: Die Bevlkerungszahlen 2004sowie 2050 (mittlere
Prognose) in Millionen,sowie die fr den Zeitraum 2000 bis 2005
Gelingt es den Ent-wicklungslndern,das Wohlstandsmo-dell der
Industrie-lnder erfolgreichzu kopieren, sowre das der kolo-gische
Kollaps desPlaneten Erde. DasWohlstandsmodellder Ersten Welt
istnicht exportfhig.
Die wissenschaft-lich-technischenErrungenschaftenbewirken
nebendem angestrebtenNutzen immer auchSchden, die alsFolge- und
Neben-wirkungen dieursprnglichenAbsichten konter-karieren.
Das Leitbild Nach-haltigkeit ist allseitsakzeptiert, aberdiffus
formuliert.Die fllige Umset-zung leidet sowohlan stndigen
Ziel-konflikten als auchan fehlender Opera-tionalisierbarkeit.
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prognostizierten Wachstumsraten r und Ge-burtenraten b in
Prozent. Nach diesen Zahlenwird die Weltbevlkerung von etwa 6,4 im
Jahr2004 bis 2050 auf etwa 8,9 Mrd. Menschen an-wachsen, also um 40
%. Der letzte Weltbe-vlkerungsbericht von 2005 geht fr das Jahr2050
von 9,1 statt von 8,9 Mrd. aus.
In der oberen Hlfte der Tabelle ist die Welt-bevlkerung in zwei
Regionen unterteilt. DieMore Developed Regions (MDR) werdenauch als
Industrielnder und die Less Develo-ped Regions (LDR) als
Entwicklungslnderbezeichnet. Danach wird in den nchstenknapp 50
Jahren der Anteil der Bevlkerungder derzeitigen Industrielnder von
18,9 auf13,7 % abnehmen und korrespondierend dazuder Anteil der
Bevlkerung der derzeitigenEntwicklungslnder von 81,1 auf 86,3 %
zu-nehmen. Dieses Verhltnis lag 1990 bei 23 zu77, es betrug 1970
etwa 30 zu 70, es lag 1900bei 35 zu 65 und 1750 bei 25 zu 75. In
diesenZahlen spiegelt sich der Modernisierungspro-zess wider, der
im 19. Jahrhundert zu demauerordentlich starken
Bevlkerungszuwachsin den heutigen Industrielndern gefhrt hat.Whrend
schon seit einigen Jahren die Bevl-kerung in den Industrielndern
stagniert,findet der Bevlkerungszuwachs der Welt nun-mehr
ausschlielich in den Lndern der Drit-ten Welt statt.
Eine Unterteilung der Entwicklungslnderwurde 1971 von den
Vereinten Nationen vor-genommen. Aus der Gruppe der Lnder
derDritten Welt (LDR) wurden die rmsten Ln-der abgegrenzt, die
teilweise auch als VierteWelt bezeichnet werden. Diese
Abgrenzungsttzt sich auf drei Indikatoren: Bruttoinlands-produkt
pro Kopf, Anteil der industriellen Pro-duktion am
Bruttoinlandsprodukt und Alpha-betisierungsrate. Diese Lndergruppe
ist inTab. 1 mit Least Developed Regions (LLDR)gemeint, und deren
Anteil an der Weltbevlke-rung wird von 11,5 auf 18,7 % bis 2050
anstei-gen.
In der unteren Hlfte der Tabelle sind unsvertraute Regionen
aufgefhrt. Europa ist dereinzige Erdteil, dessen Bevlkerung nicht
nurin relativen, sondern auch in absoluten Zahlenin den nchsten 50
Jahren deutlich abnehmenwird, der relative Anteil an der
Weltbevlke-rung geht von 11,4 auf 7,1 % zurck. Der rela-tive Anteil
Amerikas wird mit 8,6 % gleichbleiben und derjenige Asiens
geringfgig zu-rckgehen, von 60,7 auf 58,5 %. Afrika wirdderjenige
Kontinent sein, dessen Anteil an derWeltbevlkerung deutlich
zunehmen wird, von13,6 auf 20 %.
Versorgungs- und Entsorgungsfalle: Die Res-sourcenfrage sei auf
die Diskussion des Wel-tenergieverbrauchs beschrnkt, der in Abb.
2
gemeinsamen mit der Entwicklung der Welt-bevlkerung seit der
industriellen Revolutiondargestellt ist.
Whrend die Weltbevlkerung von 1900 bis2000 von 1,65 auf gut 6
Mrd. nur um das gut3,5-fache angewachsen ist, ist der
Primrener-gieverbrauch in dem gleichen Zeitraum umfast das 13-fache
gewachsen! Er betrug 1900etwa 1 Mrd. t SKE, im Jahr 2000 lag er
beiknapp 13 Mrd. t SKE.
Fr den Vergleich der Heizwerte von Ener-gietrgern werden neben
der Steinkohlenein-heit SKE als Vergleichsma auch die Rohlein-heit
RE und die physikalische EnergieeinheitJoule verwendet. Dabei
entsprechen 1 kg SKE
Abbildung 1. Zentrale Faktoren der Herausforderung Zukunft [1,
9].
Bev. 2004 in Mio. Bev. 2050 in Mio. r in %2000 2005
b in %2000 2005
Welt total 6378 8919 1,2 2,69
MDR 1206 (18,9 %) 1220 (13,7 %) 0,2 1,56
LDR 5172 (81,1 %) 7699 (86,3 %) 1,5 2,92
LLDR 736 (11,5 %) 1675 (18,7 %) 2,4 5,13
Europa 726 (11,4 %) 632 (7,1 %) 0,1 1,38
Amerika 551 (8,6 %) 768 (8,6 %) 1,3 2,55
Afrika 869 (13,6 %) 1803 (20 %) 2,2 4,91
Asien 3871 (60,7 %) 5222 (58,5 %) 1,4 2,53
Tabelle 1. Demografische Indikatoren 2004 und 2050, mittlere
Prognose nach [10].
Abbildung 2. Weltbevlke-rung und Weltenergiever-brauch seit der
industriellenRevolution [1, 9].
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= 0,7 kg RE = 29,309 MJ. Es wird angenom-men, dass der
Weltenergieverbrauch in 20 Jah-ren um 50 % hher sein wird als
heute, alsobei etwa 20 Mrd. t SKE liegen wird. Ergnzenddazu ist in
Abb. 3 die Energiegeschichte derMenschheit dargestellt.
Bis zur industriellen Revolution lebte dieMenschheit in einer
ersten solaren Zivilisa-tion. Als Energie standen die menschliche
unddie tierische Arbeitskraft, das Feuer durch Ver-brennen von Holz
und Biomasse sowie Wind-und Wasserkraft zur Verfgung. In
gro-technischem Mastab wird Kohle seit Beginnder industriellen
Revolution, also seit gut 200Jahren genutzt. Mit dem zweiten groen
fossi-len Primrenergietrger, dem Erdl, begannvor gut 100 Jahren der
Aufstieg zweier Indus-triezweige, die mageblich an unserem
heuti-gen Wohlstand beteiligt sind: Automobilindus-trie und
Grochemie. Erdgas trgt als dritterfossiler Primrenergietrger erst
seit gut 50 Jah-ren, zeitgleich mit der Nutzung der Kernener-gie,
zum Energieangebot bei. Auf die drei ge-nannten fossilen
Primrenergietrger entfallenderzeit knapp 90 % und auf die
Kernenergie gut5 % der Weltenergieversorgung. Die restlichen5%
werden imWesentlichen durchWasserkraftgedeckt. Wind- und
Sonnenenergie spielenheute noch eine untergeordnete Rolle.
Seit Beginn der industriellen Revolution ver-halten wir uns
nicht wie ein seriser Kauf-mann, der von den Zinsen seines Kapitals
lebt.In geologischen Zeitrumen hat die Erde Son-nenenergie in Form
von Kohle, Erdl und Erd-gas akkumuliert. Die Menschheit wird
zumVerfeuern der gesamten Vorrte nur wenigeJahrhunderte oder gar
Jahrzehnte bentigen.
Ohne an dieser Stelle auf genaue Definitio-nen von Ressourcen,
wahrscheinlichen undsicheren Reserven einerseits sowie auf
stati-sche und dynamische Reichweiten anderer-seits einzugehen, sei
kurz gesagt: Kohle, Erdlund Erdgas stehen nur noch fr einen
Zeit-raum zur Verfgung, der etwa der bisherigenNutzungsdauer
entspricht. Es ist daher berech-tigt, das erst gut 200 Jahre
whrende fossileZeitalter als Wimpernschlag in der
Zivilisa-tionsgeschichte zu bezeichnen. Die Frage wirdsein, ob die
Menschheit nach der langen ers-ten solaren Zivilisation,
unterbrochen durcheine sich dem Ende zuneigende fossile
Ener-giephase, in eine zweite intelligente solareZivilisation
einsteigen wird, oder ob sie einenmassiven Ausbau der Kernenergie,
die eineBrtertechnologie sein msste, betreiben wird.
In der Diagnose sind sich alle Experten ei-nig: Die Welt
befindet sich in einem bergangvon dem heutigen Energiesystem,
basierendauf den fossilen Primrenergietrgern Kohle,Erdl und Erdgas,
hin zu einem neuen Welt-energiesystem. Wie dieses aussehen
knnte,darber gehen die Meinungen auseinander,was vor allem die
zuknftige Rolle der Kern-energie betrifft.
In Abb. 4 ist unser heutiges Energiesystemdargestellt. Wir
gewinnen Kohle, Erdl undErdgas sowie Uran aus der Erde, der
Umwelt.ber entsprechende Aufbereitungs- undWandlungsprozesse wird
daraus Sekundr-energie fr die verschiedenen Verwendungs-zwecke.
Anschlieend werden die Rest- unddie Schadstoffe (hierzu zhlen
Abwsser, Ab-luft, Staub, Aschen, Abwrme) nach einer ge-eigneten
Weiterbehandlung wieder in die Um-welt (in Boden, Luft und Wasser)
abgegeben.Es handelt sich um ein offenes System, daskeine Zukunft
haben kann, mit einem Versor-gungsproblem auf der Inputseite und
einemEntsorgungsproblem auf der Outputseite. Da-mit wird deutlich,
dass unser derzeitiges Ener-giesystem sowohl aus Versorgungs- als
auch ausEntsorgungsgrnden nicht zukunftsfhig ist.
Viele Grnde sprechen dafr, dass wir, wiein Abb. 3 angedeutet, in
eine zweite solareZivilisation einsteigen werden. Hierfr
stehenviele Optionen offen zum einen die Um-wandlung von
Sonnenenergie in elektrischenStrom mittels solarthermischer
Kraftwerkeund (als Insellsungen) durch Fotovoltaik.
Abbildung 3. Energiegeschichte der Menschheit [1, 9], in
Anlehnung an Hubbert(s. C.-J. Winter, Die Energie der Zukunft heit
Sonnenenergie, Droemer Knaur,Mnchen 1993).
Abbildung 4. Heutige Energieversorgung [1, 9, 11].
Es ist berechtigt,das erst gut200 Jahre whrendefossile Zeitalter
alsWimpernschlag inder Zivilisationsge-schichte zu bezeich-nen.
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Hinzu kommt die vielfltige indirekte Nut-zung der Sonnenenergie
in Form von Wind,Laufwasser und insbesondere Biomasse.
Neue Problemfelder sind durch den Prozessder Globalisierung
deutlich geworden. Er wur-de durch die enorme Beschleunigung
destechnischen Fortschritts in den Informations-technologien
ausgelst.
3 Technischer Fortschritt undGlobalisierung
Aus philosophischer Sicht beschreiben zweiAussagen unsere
heutige Situation plastisch:
Wir leben in einer Zeit der Gegenwarts-schrumpfung [12]. Denn
wenn wir wie LbbeGegenwart als die Zeitdauer konstanter Le-bens-
und Arbeitsverhltnisse definieren, dannnimmt der Aufenthalt in der
Gegenwart stn-dig ab. Als eine Folge der unglaublichenDynamik des
technischen Wandels rckt dieunbekannte Zukunft stndig nher an
dieGegenwart heran. Gleichzeitig wchst in derGesellschaft die
Sehnsucht nach dem Dauer-haften, dem Bestndigen. Der Handel
mitAntiquitten, Oldtimern und Repliken blht,weil diese das
Dauerhafte symbolisieren.
Zugleich gilt eine fr Entscheidungstrger,ob in Wirtschaft oder
Politik, ernchterndeErkenntnis, die kurz das Popper-Theoremgenannt
werden kann [13]: Wir knnen immermehr wissen, und wir wissen auch
immermehr. Aber eines werden wir niemals wissenknnen, nmlich was
wir morgen wissen wer-den, denn sonst wssten wir es bereits
heute.
Das bedeutet, dass wir zugleich immer kl-ger und immer blinder
werden. Mit fortschrei-tender Entwicklung der modernen
Gesell-schaft nimmt die Prognostizierbarkeit ihrerEntwicklung
stndig ab. Niemals zuvor in derGeschichte gab es eine Zeit, in der
die Gesell-schaft so wenig ber ihre nahe Zukunftgewusst hat wie
heute. Gleichzeitig wchst dieZahl der Innovationen stndig, die
unsereLebenssituation strukturell und meist irrever-sibel
verndert.
Technische Innovationen haben stets Aus-wirkungen auf die
Gesellschaft gehabt. VieleAuswirkungen waren und sind zunchst
kaumwahrnehmbar, da sie schleichend die Gesell-schaft durchdringen.
Von entscheidender Be-deutung sind radikale Innovationen, die
zumassiven Vernderungen gesellschaftlicherStrukturen fhren knnen.
In der Geschichtehat sich die Menschheit stets dynamisch
ent-wickelt, ein Prozess, der als Zivilisationsdyna-mik bezeichnet
werden kann. Diese ist bislangdurch zwei fundamentale Revolutionen
ge-prgt worden, die zu gewaltigen Steigerungen
der Produktivitt und zu massiven Vernde-rungen der Gesellschaft
gefhrt haben: dieneolithische Revolution sowie die
wissenschaft-liche und industrielle Revolution. Wir erlebenderzeit
den Beginn einer neuen Epoche derMenschheitsgeschichte, die
digitale Revolution,und befinden uns im bergang von der
Indus-triegesellschaft in die Informationsgesell-schaft.
Abb. 5 zeigt diese Entwicklung in qualita-tiver Form, in
Anlehnung an ein internesPapier von P. Johnston, Europische
Kommis-sion, mit dem Titel Technology driving Change:Perspectives
for a Global Information Society.Auf der horizontalen Achse ist die
zentraleQuelle (die Ressource) der jeweiligen Gesell-schaftstypen
aufgetragen. Sie kann auch alseine Zeitachse interpretiert werden,
denn diebergnge erfolgten in zeitlicher Abfolge. Aufder vertikalen
Achse ist die Wertschpfungaufgetragen, in heutiger Terminologie
alsBruttoinlandsprodukt (BIP) in der EinheitEuro pro Kopf (capita)
und Jahr.
Die Abbildung beschreibt den starkenAnstieg der Wertschpfung
(der Produktivitt)bei den drei revolutionren bergngen, vonder Jagd-
zur Agrargesellschaft, von der Agrar-zur Industriegesellschaft und
von der Indust-rie- zur Informationsgesellschaft. Die Begriffein
Klammern geben die vorherrschende gesell-schaftliche Struktur
wieder, wobei aus Grn-den der Prgnanz und bersichtlichkeit
dieenglischen Begriffe verwendet werden. Siesind bis auf das Wort
Tribal (von tribe =Stamm) mit den deutschen Begriffen iden-tisch.
Die Bezeichnung Global bedeutet nicht,dass die
Informationsgesellschaft aus denNationalstaaten einen Globalstaat
machenwird, sondern es soll angedeutet werden, dassdie
Informationsgesellschaft globale Struktu-ren erzwingt. Der Begriff
Informationsgesell-schaft wurde gewhlt, weil hierzu das
hufigverwendete englische Pendant InformationSociety existiert. Es
wird sich herausstellen, obdieser Begriff Bestand haben wird.
AlternativeBezeichnungen lauten Dienstleistungs-, Ser-
Abbildung 5. Technischer Wandel als Motor fr gesellschaft-liche
Vernderungen [1], in Anlehnung an Johnston (Europ-ische
Kommission).
Mit fortschreitenderEntwicklung dermodernen Gesell-schaft nimmt
diePrognostizierbarkeitihrer Entwicklungstndig ab. Niemalszuvor in
der Ge-schichte gab es eineZeit, in der die Ge-sellschaft so
wenigber ihre naheZukunft gewussthat wie heute.
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vice-, Wissens-, Wissenschafts- oder auch
Wis-senstechnologiegesellschaft.
Ein Beleg dafr, dass die digitale Revolutionzu einer neuen
Epoche in der Zivilisations-geschichte fhrt, ist die Berufswelt.
Sie ist eintypischer Indikator fr gesellschaftliche Um-brche. Vor
der neolithischen Revolution be-stand die vorherrschende Ttigkeit
im Sam-meln und Jagen. In der Agrargesellschaft lagdas
Schwergewicht der Beschftigung in derLandwirtschaft, im Ackerbau
und in der Vieh-zucht. Beim bergang von der Agrar- indie
Industriegesellschaft verschob sich derSchwerpunkt der Ttigkeit von
der landwirt-schaftlichen Produktion hin zur
industriellenFertigung.
Abb. 6 zeigt die Vernderungen in der Be-rufswelt in Deutschland
seit 1882, der Blte-
zeit der industriellen Revolution, entnommender Broschre
Maarbeit statt Massenware,Deutschland im globalen Strukturwandel
desInstituts der deutschen Wirtschaft (IW). DieAbbildung zeigt zum
einen, wie sich der relati-ve Anteil der Erwerbsttigen in den drei
Berei-chen Landwirtschaft, Industrie und Dienstleis-tungen in den
letzten 120 Jahren verschobenhat, und zum anderen, welcher Anteil
derWertschpfung in diesen drei Bereichen seit1970, dem Beginn der
Digitalisierung der In-formationstechnologien, erbracht wurde.
Vor der industriellen Revolution haben um1750 mehr als 80 % der
Erwerbsttigen in derLandwirtschaft gearbeitet. Ihr Anteil ist
von43,4 (1882) auf 2,5 % (2003) zurckgegangen.Durch einen massiven
Einsatz von Materialund insbesondere Energie ist die Nahrungs-
Abbildung 6. Vernderungenin der Berufswelt in Deutsch-land [1],
aus Deutscher Insti-tuts-Verlag, 2004.
Ein Beleg dafr,dass die digitaleRevolution zu einerneuen Epoche
inder Zivilisationsge-schichte fhrt, istdie Berufswelt.Sie ist ein
typischerIndikator fr ge-sellschaftliche Um-brche.
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mittelproduktion in unserem Land so hoch,dass dieser geringe
Anteil unserer Erwerbstti-gen eine Eigenversorgung unseres Landes
er-mglichen wrde. Die Abnahme der landwirt-schaftlichen Ttigkeit
korrespondierte in derBltezeit der Industriegesellschaft mit
einerallerdings schwcheren Zunahme der indust-riellen Beschftigung.
Deren Anteil lag zwi-schen 1920 und 1970 bei knapp 50 %. Seitetwa
1970 nimmt letzterer Anteil deutlich ab.
Dieser Abfall wurde seit jener Zeit durcheine steile Zunahme im
Dienstleistungssektoraufgefangen einem sehr heterogenen
Sektor.Darunter fallen einerseits traditionelle Ttig-keiten, z. B.
aus dem Bildungsbereich sowieaus den sozialen, pflegerischen und
medizini-schen Bereichen, die wegen der beralterungunserer
Gesellschaft angewachsen sind. Weitergehren die Bereiche
Verwaltung, Polizei undMilitr dazu. In jngerer Zeit neu
hinzu-gekommen ist ein deutlicher Anteil in den Be-reichen
Touristik und Sport, charakteristischfr unsere
Freizeitgesellschaft. Die entschei-dende Zunahme rhrt jedoch von
dem Ein-stieg in die Informationsgesellschaft her, diezu neuen
Ttigkeitsfeldern, den symbolanaly-tischen Diensten gefhrt hat, wie
Reich [14]sie nennt. Abb. 6 enthlt eine weitere bemer-kenswerte
Botschaft: In dem durch neue Ttig-keitsfelder stark angewachsenen
und vernder-ten dritten Sektor der Erwerbsttigkeit liegtder Anteil
der Wertschpfung deutlich berdem Anteil der Beschftigten. In den
traditio-nellen Bereichen Landwirtschaft und Industrieliegt der
Anteil der Wertschpfung darunter.
Trotz aller Definitions- und Abgrenzungs-probleme ist die
zentrale Botschaft unstrittigund eindeutig: Unser realer und durch
Wer-bung erzeugter vermeintlicher Bedarf an land-wirtschaftlichen
und industriell erzeugtenProdukten kann von einem geringen
Prozent-satz unserer Erwerbsttigen vollstndig ge-deckt werden. Ob
der dritte Sektor, als Infor-mations-, Dienstleistungs- oder
Service-Sektorbezeichnet, den starken Rckgang in der
land-wirtschaftlichen und industriellen Produkti-onsttigkeit auch
nur annhernd auffangenkann, erscheint mehr als fraglich.
Was folgt daraus, wenn der Einzelne nachwie vor seinen Wert
innerhalb der Gesellschaftdurch seine Ttigkeit definiert? Es gibt
seiteinigen Jahren Berufsfelder neuer Art, die eszuvor in der
Gesellschaft kaum gegeben hat.Sie knnen als dissipative oder
parasitreTtigkeiten bezeichnet werden, deren Haupt-zweck darin
besteht, an dem zu viel erzeugtenWohlstand zu partizipieren.
Beispiele sindGolf-, Reit-, Ski-, Segel- und Surflehrer;
Ani-mateure und Personal in Ferienclubs undHotels einschlielich des
Flugpersonals in der
florierenden Tourismus- und Freizeitbranche;Stars und Sternchen
in der Show-, Musik-,Kunst-, Sport-, Funk- und Fernsehszene;
So-zialpdagogen und Psychologen, staatlicheoder halbstaatliche
Umverteiler in den FeldernArbeit, Soziales und Gesundheit;
Analysten so-wie Konflikt- und Kommunikationsberaterund vieles
mehr. Die Erlebnisgesellschaft[15] schafft sich offenbar ihre
eigenen spezifi-schen Ttigkeitsfelder. Ein Indikator dafr,dass wir
in der Freizeitgesellschaft angekom-men sind, ist der
Individualverkehr. Mehr alsdie Hlfte aller mit dem Auto
zurckgelegtenPersonenkilometer ist durch Freizeit undFerien
bedingt, hat also mit der beruflichenTtigkeit nichts zu tun.
Auf diesen Wegen partizipieren die dissipa-tiven Ttigkeiten
nicht nur an dem Wohlstand,sie erzeugen durch neue
Ttigkeitsfeldergleichzeitig neuen Wohlstand. Es ist offenbarein
Geheimnis des Kapitalismus, dass er nichtnur Wandel selbst erzeugt,
sondern gleich-zeitig Mechanismen zur Lsung der neuentstandenen
Probleme findet. Ob diese Me-chanismen etwas mit Nachhaltigkeit zu
tunhaben, ist eine andere Frage.
Erst die Digitalisierung der Informations-technologien hat jenen
Prozess in Ganggesetzt, der seit den 1990er Jahren als
Global-isierung bezeichnet wird. Globalisierung istdas
Verdichtungssymbol der heutigen Zeitschlechthin. Globalisierung ist
ebenso un-scharf wie der Begriff Nachhaltigkeit, aberweitaus
emotionsgeladener. Kaum ein anderesVerdichtungssymbol wird mit
derart unter-schiedlichen Deutungsmustern belegt wie
dieGlobalisierung. Bedeutet Globalisierung einbesseres Leben fr
alle, ein besseres Leben frwenige, den Terror der konomie [16],
denAbschied vom sozialen Konsens, den endglti-gen Triumph oder die
Selbstzerstrung des Ka-pitalismus oder gar den Untergang des
Abend-landes? Laufen wir mit unseren politischenund sozialen
Systemen in eine Globalisie-rungsfalle [17], in eine neue
Zivilisationsfalle?Ist Globalisierung Chance oder
Bedrohung,schicksalhaft und unvermeidbar oder gestalt-bar, nur ein
konomisches Phnomen, nureine Neuauflage der Standortdebatte oder
letzt-lich ein Synonym fr die eigentliche Frage: Wiewerden und wie
wollen wir morgen leben?
Fr alle uerungen lassen sich Belege inder stark angewachsenen
Literatur zum The-ma Globalisierung finden. Angesichts
desMegathemas Globalisierung, das in vielfltigerWeise unsere
Arbeits- und Lebenswelt vern-dern wird und schon verndert hat, ist
es nichtverwunderlich, dass sich hierzu neben kono-men auch
Vertreter anderer Disziplinen wieder Soziologie, Politologie,
Philosophie und
In dem durch neueTtigkeitsfelderstark angewach-senen und
vern-derten drittenSektor der Erwerbs-ttigkeit liegt derAnteil der
Wert-schpfung deutlichber dem Anteilder Beschftigten.
Erst die Digitali-sierung der Infor-mationstechnolo-gien hat
jenen Pro-zess in Gang ge-setzt, der seit den1990er Jahren
alsGlobalisierungbezeichnet wird.
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Theologie sowie verschiedene gesellschaftlicheGruppierungen aus
dem Kreis der NGOs(Non-Governmental Organizations, z. B.
attac)uern.
Eine Zusammenstellung einschlgigerLiteratur ist in [1] zu
finden. Aufgrund derdivergierenden Auslegungen und
unter-schiedlichen Deutungsmuster verlangt dieBehandlung dieses
Themas eine besondereSensibilitt. Daher habe ich mich jeweils anmir
charakteristisch erscheinenden Darstel-lungen orientiert. Das sind
die Geschichte derGlobalisierung [18], einer abgewogenen
undneutralen Beschreibung aus historischer Sicht.Bei der
Fragestellung Was ist Globalisie-rung? [19] erfolgte eine Anlehnung
an einesozialwissenschaftliche Analyse. Sozialwissen-schaftler
haben die Globalisierung vor denHistorikern thematisiert, und sie
neigen zukraftvollen Formulierungen. Danach folgteeine
philosophische Betrachtung zu dem Prob-lem Demokratie im Zeitalter
der Globalisie-rung [20]. Fr die Behandlung der Facettender
Globalisierung [21] und der Frage Glo-balisierung gestalten [22]
stand die konomi-sche Sichtweise im Vordergrund. Bei derBesprechung
der kritischen Literatur (der Glo-balisierungsgegner) und der
weniger kriti-schen Literatur (der Globalisierungsbefrwor-ter) lag
mir daran deutlich zu machen, worindie Autoren bereinstimmen (in
den Fakten,teilweise auch in den Folgen) und dass dieAntworten auf
die Frage nach der Gestaltungvon Globalisierung in extremer Weise
ausein-ander klaffen. Von zentraler Bedeutung istdabei die Frage,
wer die handelnden Akteuresind und welchen Handlungsspielraum
siehaben. Darauf werde ich am Schluss des Bei-trages eingehen, s.
Abb. 7.
Eine weitgehende bereinstimmung zeigtdie Antwort auf die Frage,
was das spezifischNeue an der Globalisierung ist. Von
Globalisie-rung wird erst nach der weltweiten Totalver-netzung in
Echtzeit gesprochen, denn erst dieDigitalisierung der
Informationstechnologienhat zu einer Raum-Zeit-Verdichtung
gefhrt.Dieser Prozess setzte etwa 1970 ein, wie Abb. 6erkennen
lsst. Es erfolgte dann ein steilerAnstieg der Beschftigtenzahlen
und der Brut-towertschpfung im Dienstleistungssektor, an-getrieben
durch die digitalen Informations-technologien. Der Prozess der
Globalisierungist durch wesentlich mehr Faktoren geprgt alsfrhere
Entwicklungsstadien. Es ist die Wirt-schaft, die diesen Prozess
antreibt, der das ge-samte soziale und institutionelle Gefge in
derGesellschaft betrifft. Globalisierung bedeuteteine neue Art des
Wandels, eine vernderteVernderung. Das hat zu einem Umschlag
vonQuantitt in Qualitt gefhrt.
Stellvertretend fr die groe Schar der Glo-balisierungsgegner
soll an dieser Stelle auf dieDarstellung Die Globalisierungsfalle
mitdem bezeichnenden Untertitel Der Angriffauf Demokratie und
Wohlstand der Spiegel-Redakteure Martin und Schumann [17]
einge-gangen werden. Das Buch stand lange Zeit aufden
Bestsellerlisten (nicht nur des Spiegels),es ist eher im Stil eines
Pamphlets als einersachlichen Analyse geschrieben. Damit weichtes
von den oben angefhrten weitgehend neut-ralen Darstellungen ab. Der
Zusatz weitge-hend soll bedeuten, dass eine analytische,
eherdiagnostisch geprgte Beschreibung des Ph-nomens Globalisierung
stets neutraler gehal-ten werden kann als der Versuch einer
Thera-pie.
Die Zusammenzufassung eines Pamphletsist immer schwieriger als
die einer sachlichenAnalyse. Deshalb beschrnke ich mich hierauf
eine Auswahl pointierter Aussagen, welchedie Autoren gleichwohl
belegen. Am Beginnsteht die (Horror-)Vision einer
20:80-Gesell-schaft, diskutiert von der Machtelite derWelt im
Herbst 1995 in San Francisco. DieEinschtzung lautete, dass im 21.
Jahrhundert20 % der arbeitsfhigen Bevlkerung ausrei-chen wrden, um
die Weltwirtschaft inSchwung zu halten. Mehr Arbeitskraft wirdnicht
gebraucht. Die restlichen 80 % werden(als Produzenten) in Zukunft
nicht mehr be-ntigt. Das Problem besteht darin, sie bei Launezu
halten, mit einer Mischung aus Entertain-ment und Ernhrung (am
Busen, englisch tits),kurz tittytainment genannt. Das gab es
schonim alten Rom und hie seinerzeit Brot undSpiele. Die
Industriegesellschaft wird das glei-che Schicksal erleiden wie die
Agrargesell-schaft. Nur ein geringer Anteil der Beschftig-ten wird
ausreichen, alle erforderlichenProdukte, bei einem hohen Einsatz an
Ener-gie, Material und somit Kapital, herzustellen.
Die pessimistische Prognose lautet, dassdie
Informationsgesellschaft auch nicht an-nhernd so viele neue Jobs
bereitstellen wird,um den Stellenabbau im industriellen
Bereichkompensieren zu knnen. Das Ergebnis wirdeine neue
Gesellschaftsordnung sein, reicheLnder ohne einen nennenswerten
Mittel-stand. Die Brsenkurse und die Konzernge-winne steigen,
whrend Lhne und Gehltersinken. Parallel damit wachsen die Defizite
derffentlichen Haushalte. Das Industriezeitaltermit seinem
Massenwohlstand wird in derMenschheitsgeschichte nicht von Dauer
sein.Der Turbo-Kapitalismus [23] scheint sichunaufhaltsam
durchzusetzen. Er zerstrt dieGrundlagen seiner eigenen Existenz,
denfunktionsfhigen Staat und demokratischeStabilitt. Die bisherigen
Wohlstandslnder
Die Industriegesell-schaft wird das glei-che Schicksal erlei-den
wie die Agrar-gesellschaft. Nur eingeringer Anteil derBeschftigten
wirdausreichen, alleerforderlichen Pro-dukte, bei einemhohen
Einsatz anEnergie, Materialund somit Kapital,herzustellen.
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verzehren die soziale Substanz ihres Zusam-menhalts noch
schneller als ihre kologischeSubstanz.
In Ergnzung zu den Darstellungen vonMartin und Schumann sei auf
die in Tab. 1dargestellte Entwicklung der Bevlkerung hin-gewiesen.
Europa ist der einzige Kontinent,dessen Bevlkerung nicht nur
relativ, sondernauch absolut abnehmen wird. Die gleiche Aus-sage
gilt fr Japan und Russland und in naherZukunft gleichfalls fr
China. Das stellt unse-re Gesellschaft vor vllig neue
Herausforde-rungen. Wie wir darauf reagieren knnen, hatMiegel
krzlich in dem Buch Epochenwende[24] dargelegt: In dieser
historischen Situationwird von den Europern nichts
Geringereserwartetet als eine verallgemeinerungsfhigeAntwort auf
die Frage: Welchen Weg knnenund sollen Vlker einschlagen, die an
Zahlabnehmen und stark altern, die ein mehr oderminder hohes
Versorgungsniveau erreichthaben und deren sozialer
Zusammenhaltschwach geworden ist? Bisher hatte dieMenschheit keinen
Grund, sich mit dieserFrage zu befassen. Die Europer betrifft sie
alsErste. Deshalb stellen sie mit ihren AntwortenWeichen weit ber
das 21. Jahrhundert hinaus.Wieder sind sie es, die wenn sie ihrer
neuenRolle gerecht werden eine globale Entwick-lung einleiten.
Vielleicht gehrt auch das zuden Ironien der Geschichte.
4 Globale Problemfelder
Durch den Prozess der Globalisierung sindneue Herausforderungen
zu den traditionellenFaktoren der Herausforderung Zukunft,
derBevlkerungs-, der Versorgungs- und der Entsor-gungsfalle (s.
Abb. 1) hinzugekommen. Andieser Stelle whlen wir zur Benennung
derWeltprobleme eine an dem Leitbild Nachhal-tigkeit orientierte
Einteilung. Die drei Faktorender Weltprobleme betreffen die
kologische,die soziokulturelle und die konomische Suledes
Leitbildes Nachhaltigkeit.
Das erste globale Problem betrifft die Um-welt, sie ist in
weiten Teilen ein ffentlichesGut. Dazu gehren die Ozeane mit
ihremFischbestand und das Wasser im Allgemeinen,die Luft, die Wlder
und der Boden. Bei ffent-lichen Gtern gilt die Tragdie der
Allmende(The Tragedy of the Commons), wie Hardin es1968 in einem
Artikel in Science genannt hat.Die Allmende war im Mittelalter ein
gemein-sames Weideland fr die Bewohner eines Dor-fes. Es durfte
nicht bernutzt werden, alsowurde jedem Bewohner gestattet, eine
be-grenzte Anzahl von Schafen darauf zu weiden.Wenn ein Bauer ein
Schaf mehr als die ande-
ren auf die Weide bringt, so verschafft er sichdadurch einen
Vorteil, aber den Nachteil tra-gen alle gemeinsam. Denn jedes
zustzlicheTier trgt zur berweidung bei.
Darin liegt die Tragdie der Allmende. JederNutzer hat den
Anreiz, ein zustzliches Schafnach dem anderen auf die Weide zu
bringen.Das geht so lange gut, bis das Land berweidetist, sodass
sich die Schafhaltung nicht mehrlohnt. Die Dorfgemeinschaft hat
nicht er-kannt, dass das individuelle Interesse des Ein-zelnen zum
Konflikt mit den Interessen derGemeinschaft fhrt. Die
Dorfgemeinschaft hatversumt, die Allmende im Sinne eines
ber-geordneten Interesses zu verwalten. Die ent-scheidenden
globalen Umweltprobleme hn-gen mit eben diesem Versagen
zusammen.Dazu gehren der anthropogene Treibhaus-effekt und damit
die Erwrmung der Atmo-sphre und das Ansteigen des
Meeresspiegels,die Verschmutzung der Umwelt, die ber-fischung der
Weltmeere, das Abholzen derWlder und die Brandrodung, die
zuneh-mende Wasserknappheit sowie das Artenster-ben und der Verlust
an Biodiversitt.
Das zweite globale Problem betrifft dieWeltgesellschaft, die
Frage nach der Solida-ritt Fremden und Fernen gegenber. Bereits1784
hatte Kant den Begriff Weltbrgergesell-schaft geprgt, der im
Zeitalter der Globalisie-rung Realitt geworden ist. Zu dem
Problem-feld Solidaritt gehren der Kampf gegen dieArmut, gegen
mangelnde Bildung, gegen In-fektionskrankheiten, gegen Terrorismus
alswesentlichen Beitrag zur Friedenssicherung,gegen die konomische
und die digitale Spal-tung der Welt sowie die Probleme der
inter-und intragenerationellen Gerechtigkeit.
Das dritte globale Problem betrifft die Welt-wirtschaft, genauer
die Frage nach den Regelnfr wirtschaftliches Handeln. Zu ihnen
geh-ren Rahmenbedingungen und Rechtssetzungebenso wie
Infrastrukturen und informelleStrukturen. Regeln betreffen das
Welthandels-recht, internationale Finanzarchitekturen (z. B.Tobin
Tax), die Vermeidung von ko- und So-zialdumping, den
internationalen Wettbewerbsowie vergleichbare Steuersysteme.
Im Hinblick auf denkbare Manahmen sindgenerelle Schwierigkeiten
offenkundig. DasProblemfeld Umwelt ldt stets zum Trittbrett-fahren
ein. Es entspricht wirtschaftlicher Lo-gik, die Gewinne eines
Unternehmens zuprivatisieren (zu internalisieren) und die Kos-ten
zu sozialisieren (zu externalisieren). Dabeimsste es genau
umgekehrt sein. Die externenkologischen und sozialen Kosten
mssteninternalisiert werden, die Preise mssten diekologische und
soziale Wahrheit sagen. DasProblemfeld Solidaritt bedeutet, dass zu
der
Durch den Prozessder Globalisierungsind neue Heraus-forderungen
zuden traditionellenFaktoren derHerausforderungZukunft,
derBevlkerungs-,der Versorgungs-und der Entsor-gungsfalle
hin-zugekommen.
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uns gelufigen Nchstenliebe eine rumlicheund zeitliche
Fernstenliebe hinzukommenmuss. Bislang galten Identitt und
Loyalittallein in dem Nationalstaat, der durch die Glo-balisierung
einem Erosionsprozess ausgesetztist. Wie soll diese Loyalitt auf
die Weltgesell-schaft bertragen werden?
Beim Problemfeld Regeln sind die Schwie-rigkeiten mindestens
genauso gro. Denn dieglobal agierenden Unternehmen ziehen Vor-teile
daraus, die Rahmenbedingungen in deneinzelnen Lndern bezglich
Rechtsvorschrif-ten, Genehmigungsverfahren und Steuern zuihrem
Vorteil zu nutzen und gegeneinanderauszuspielen. Wie sollten sie an
einheitlichenRahmenbedingungen interessiert sein?
Wer sind eigentlich die handelnden Akteu-re? Diese Frage fhrt zu
Strukturen und Mus-tern, die als
Global-Governance-Architekturbezeichnet wird (s. Abb. 7). Die
Abbildunglehnt sich an eine Darstellung in [25] an, inder neun
Akteursgruppen aufgefhrt sind.Zur besseren bersichtlichkeit haben
wirdiese in sechs Akteursgruppen zusammenge-fasst. Sie sollen kurz
diskutiert werden, umihren Einfluss und Handlungsspielrumedeutlich
zu machen.
Entscheidende internationale Organisationensind erst nach dem
Zweiten Weltkrieg entstan-den, und sie haben stndig an Einfluss
gewon-nen. Das gilt in besonderer Weise fr die UN,
aber auch fr die Weltbank, den Internationa-len Whrungsfonds IMF
und die Welthandels-organisation WTO. Auch entscheidende undheute
besonders machtvolle internationaleNichtregierungsorganisationen
(NGOs) sindnach dem Zweiten Weltkrieg und insbesonde-re durch die
Bewusstseinswende der sechzigerJahre entstanden. In ihnen
artikuliert und or-ganisiert sich die Zivilgesellschaft, die
Welt-gesellschaft. Von den NGO-Akteuren sind injngerer Zeit die mit
Abstand strksten Im-pulse fr eine bessere Welt ausgegangen. Eswird
spannend sein zu erleben, welche Grup-pierungen sich noch bilden
werden und wel-chen Einfluss sie auf weltpolitischer Ebenenoch
erlangen werden. Demokratietheore-tische und kritische Bemerkungen
zu ihrermangelnden demokratischen Legitimationsind wenig
berzeugend, wenn die NGOs inden Augen der ffentlichkeit eine sehr
vielhhere Glaubwrdigkeit und damit faktischeLegitimation genieen
als Regierungsorgani-sationen.
Die Europische Union ist gleichfalls einKind des Zweiten
Weltkriegs. Sie ist das Para-debeispiel fr eine erfolgreiche
supranationaleOrganisation. Die Zukunft wird zeigen, ob die-ses
Modell auch auf andere relativ lockere undrein wirtschaftliche
Verbnde bertragbar seinwird. Es ist ein historisch einmaliger
Vorgang,dass Nationalstaaten freiwillig Kompetenzenbezglich
Gesetzgebungen und bestimmterPolitikfelder nach und nach an die
supranatio-nale Instanz EU abgegeben haben und mg-licherweise
weiter abgeben werden. Der Sog,den die EU in der Vergangenheit auf
(nochNicht-)Mitglieder ausgebt hat, scheint unge-brochen zu sein.
Das spricht fr das Erfolgs-modell, birgt jedoch auch die Gefahr
einerwirtschaftlichen, sozialpolitischen und kultu-rellen
berdehnung. Dies belegen die Diskus-sionen ber einen mglichen
Beitritt der Tr-kei.
Zwischenstaatliche Politikbereiche (Regime)sind solche, die sich
weder internationalennoch supranationalen Organisationen
direktzuordnen lassen. Sie sind jedoch gleichwohl inverschiedener
Weise mit ihnen verzahnt. So istsowohl das Montreal- als auch das
Kyoto-Proto-koll ein Resultat von UN-Konferenzen. Ebensowurde von
der UN gemeinsam mit der Weltor-ganisation fr Meteorologie die
Zwischenstaat-liche Kommission fr KlimavernderungenIPCC
(Intergovernmental Panel on ClimateChange) ins Leben gerufen, die
sich regel-mig zu Fragen des Klimawandels uert.
Ergnzt wird die Akteursvielfalt durch zweiweitere Partner. Mit
Private Governance werdenprivatwirtschaftliche Aktivitten
bezeichnet,die hufig unterschtzt werden. So hat die
Die EuropischeUnion ist ist dasParadebeispiel freine
erfolgreichesupranationaleOrganisation.
Abbildung 7. Akteursvielfalt in einer
Global-Governance-Archi-tektur [1], in Anlehnung an [25].
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Normung schon weit vor der Globalisierungden weltweiten Handel
enorm erleichtert undweltweite Technik nicht nur sicherer,
sondernberhaupt erst mglich gemacht. Russlandhatte bei der
Einfhrung seiner Eisenbahneine andere Spurweite als die Lnder des
euro-pischen Kontinents gewhlt, um sich damitbesser vor einer
europischen Invasion scht-zen zu knnen. Eine solche Strategie
wreheute angesichts der weltumspannendenInformations- und
Kommunikationstechnikenvollends ruins. Weltweite Systeme
bedingeneine weltweit gltige Normung. Alle haltensich daran, weil
es fr alle von Vorteil ist. Aufglobaler Ebene wird die
internationale Nor-mung von der ISO (International Organizationfor
Standardization) betrieben.
Gleichfalls zu diesem Bereich gehrt die In-ternationale
Handelskammer ICC (Internatio-nal Chamber of Commerce). Sie ist die
einzigeweltumspannende Organisation des privatenUnternehmertums
aller Wirtschaftszweige.Zu ihren Zielen gehren die Frderung
derliberalen Weltwirtschaftsordnung durch freienund fairen
Wettbewerb, das Erarbeiten vonRichtlinien zur Harmonisierung der
Handels-praktiken, die Schlichtung internationalerStreitigkeiten
und die Vertretung gegenberinternationalen Organisationen wie der
UN.Auf seiner zweiten Weltkonferenz fr Umwelt-management, die 1991,
ein Jahr vor der Rio-Konferenz stattfand, verkndete der ICC
eineBusiness Charta for Sustainable Development,die mageblich von
dem Brundtland-BerichtUnsere gemeinsame Zukunft [6] geprgtworden
ist. Die Agenda 21, das Abschluss-dokument der Rio-Konferenz fr
Umwelt undEntwicklung 1992, nimmt direkten Bezug aufdie Charta.
Der letzte Bereich kann mit Club-Governancebezeichnet werden.
Damit sind Zusammen-schlsse einzelner Staaten gemeint, die einganz
spezifisches gemeinsames Interesse ver-bindet. Sie bilden entweder
einen Club derReichen wie die G 8 oder der Armen wie dieGruppe der
77, einen Club der Industrieln-der wie die OECD oder einen der Erdl
fr-dernden Lnder wie die OPEC. Sowohl zu denletzteren wie auch zu
allen anderen Akteurs-gruppen in Abb. 7 wurden nur einige
wenigeAkteure aufgefhrt und beschrieben. Fr de-taillierte
Informationen bieten sich regelmigerscheinende Lexika und Handbcher
an. DieAkteure wurden unter dem Aspekt der L-sungsmacht und der
Lsungskompetenz imHinblick auf die Weltprobleme ausgewhlt.
Folgende Frage drngt sich auf. Wo bleibendie Nationalstaaten,
insbesondere die derzeiteinzige Supermacht USA? Handeln die
Natio-nalstaaten etwa nur noch im Rahmen einer
oder mehrerer Akteursgruppen? Das ist in derTat in zunehmendem
Mae der Fall.
Abschlieend sei betont, dass das ThemaVerantwortungsvoller
Umgang mit Ressourcennur einen wenngleich wesentlichen Teil-aspekt
der Herausforderung Zukunft darstellt.Dies soll anhand der in Abb.
8 dargestelltenNachhaltigkeitsmatrix diskutiert werden. Diedrei
Achsen der Matrix symbolisieren die dreiSulen des Leitbildes
Nachhaltigkeit. Dabeisteht die Achse (3) fr die kologische Sule,die
Achse (1) fr die soziale Sule und die Ach-se (2) fr die konomische
Sule.
An dieser Stelle soll nur auf die Achse (2)eingegangen werden:
die Frage nach den Stra-tegien. Es ist ein empirischer Befund,
dasseine Verbesserung der Ressourceneffizienz inder Vergangenheit
stets durch eine gleichzeiti-ge Zunahme der Ansprche und damit
desVerbrauchs kompensiert, oft gar berkompen-siert worden ist. Dies
wird als Bumerang-Effekt bezeichnet, fr den sich zahlreiche
Bei-spiele finden lassen. Niemals zuvor wurde soviel Papier
verbraucht, obwohl die Informa-tionstechnologien ein papierloses
Bro ermg-lichen wrden. Die Erhhung der Transport-geschwindigkeiten
auf der Schiene, der Straeund in der Luft hat nicht zu einer
Zeiterspar-nis gefhrt, sondern dazu, dass wir in der glei-chen Zeit
grere Distanzen zurcklegen. Diestndige Verbesserung der
Wirkungsgrade vonOtto- und Dieselmotoren hat zu immer niedri-geren
spezifischen Verbruchen gefhrt. DerFlottenverbrauch ist jedoch
nicht gesunken, dadie Fahrzeuge schwerer und
leistungsstrkerwurden.
Somit kann eine Verbesserung der Ressour-ceneffizienz auch um
einen Faktor zehn nicht die alleinige Antwort sein. Sie mussdurch
eine Suffizienzstrategie ergnzt werden,fr die es zwei Ansatzpunkte
gibt: zum einen
Abbildung 8. Nachhaltigkeitsmatrix [1, 9, 26].
Es ist ein empiri-scher Befund, dasseine Verbesserungder
Ressourcen-effizienz in derVergangenheit stetsdurch eine
gleich-zeitige Zunahmeder Ansprcheund damit desVerbrauchs
kom-pensiert, oft garberkompensiertworden ist. Dieswird als
Bumerang-Effekt bezeichnet.
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eine fiskalische Verteuerung des Produktions-faktors Ressourcen
bei gleichzeitiger Entlas-tung des Produktionsfaktors Arbeit. Zum
an-deren wird ein anderes Verstndnis vonGemeinwohl und Eigennutz
erforderlich sein.Die Effizienzstrategie ist eine notwendige
Vor-aussetzung dafr, dem Leitbild Nachhaltigkeitnahe zu kommen.
Aber notwendig und hin-reichend ist erst die Verbindung von
Effizienz-strategien mit Suffizienzstrategien.
Fr die vor uns liegenden Probleme ist nichtweniger, sondern mehr
Technik ntig. Die ent-scheidende Frage lautet, welche
technischenLsungen in Richtung zu mehr Nachhaltigkeitfhren knnen.
Dazu muss eine ganzheitlicheBewertung erfolgen, zu der die
Disziplin Tech-nikbewertung den entscheidenden Beitrag leis-ten
kann. Ich untersttze die Forderung desVDI vehement, das Fach
Technikbewertung inLehre und Forschung an den Hochschulen
zuverankern. Ingenieure haben Technik schonimmer bewertet, wobei
bislang nur zwei Krite-rien den Ausschlag gegeben haben: die
techni-sche Bewertung im Hinblick auf Funktio-nalitt, Sicherheit
und Qualitt sowie die(betriebs-)wirtschaftliche Bewertung. Das
Leit-bild Nachhaltigkeit verlangt mehr. TechnischeLsungen mssen
zustzlich umwelt- undsozialvertrglich sein. Nachhaltigkeit
bedeutetZukunftsvertrglichkeit. Das Konzept Technik-bewertung kann
das entscheidende Instru-ment sein, um das diffuse Leitbild
Nachhaltig-keit zu operationalisieren [26, 27].
Wie knnen wir in der Jugend (wieder) Be-geisterung fr diese
Themen wecken? Wieknnen wir deutlich machen, welch spannen-de und
faszinierende Aufgaben die angehen-den Ingenieure und
Naturwissenschaftler er-warten? Der Aufbruch ins All, 1961 von
JohnF. Kennedy als mission to the planet moonverkndet, hatte
seinerzeit eine gewaltige Be-
geisterung fr Technik entfacht und bewun-dernswerte technische
Leistungen ermglicht.Der Herausforderung Zukunft kann nur miteiner
mission to the planet earth begegnetwerden. Damit sollte es
gelingen, bei derJugend (erneut) Begeisterung fr die Technikund die
Naturwissenschaften zu entfachen.Diese Begeisterung muss im Studium
vermit-telt werden. Und die Botschaft muss lauten:Wir brauchen
knftig Ingenieure mit mehrWeitblick [28].
Eingegangen am 23. November 2006
Prof. (em.) Dr. Ing. M. F.
Jischa([email protected]),Institut fr Technische
Mechanik,TU Clausthal, A.-Roemer-Strae 2a,D-38678
Clausthal-Zellerfeld, Germany.
Literatur
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Fortschritt und Globalisierung,Elsevier/Spektrum Akademischer
Verlag,Heidelberg 2005.
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Reinbek 1973.
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Frankfurt 1980.
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Weltkommission fr Umwelt und Ent-wicklung (Ed: V. Hauff),
Eggenkamp, Greven1987.
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1992 in Rio de Janeiro, BMU Agenda21, Bundesumweltministerium, Bonn
1992.
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Verlag, Heidelberg1993.
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1993.
[15] G. Schulze, Die Erlebnisgesellschaft, Campus,Frankfurt
1992.
[16] V. Forrester, Der Terror der konomie, PaulZsolnay, Wien
1997.
Michael F. Jischa, geboren 1937 in Ham-burg, lernte, forschte
und lehrte an denUniversitten Karlsruhe, Berlin (TU),Bochum, Essen
und Clausthal in denBereichen Strmungsmechanik, Thermo-dynamik,
Mechanik, Systemtechnik undTechnikbewertung. 2002 wurde er
emeri-tiert. Er ist Prsident der Deutschen Gesell-schaft Club of
Rome sowie Mitglied desKuratoriums der Hanns-Lilje-Stiftung,
derBereichsvertretung Gesellschaft und Tech-nik im VDI, des
Programmbeirats Nachhal-tigkeit und Technik im
Forschungszentrum
Karlsruhe und des Wissenschaftlichen Beirats der Clausthaler
Umwelt-technik-Institut GmbH.
Fr die vor uns lie-genden Problemeist nicht weniger,sondern mehr
Tech-nik ntig. Die ent-scheidende Fragelautet, welche tech-nischen
Lsungenin Richtung zu mehrNachhaltigkeit fh-ren knnen.
Das Konzept Tech-nikbewertung kanndas entscheidendeInstrument
sein, umdas diffuse LeitbildNachhaltigkeit
zuoperationalisieren.
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www.cit-journal.de 2007 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA,
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[17] H.-P. Martin, H. Schumann, Die Globalisie-rungsfalle,
Rowohlt, Reinbek 1996.
[18] L. Osterhammel, N. P. Petersson, Geschichte
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[27] M. F. Jischa, Technikfolgenabschtzung in Leh-re und
Forschung, in Technikfolgen-Abschtzungin Deutschland (Eds: T.
Petermann, R. Coenen),Campus, Frankfurt 1999, 165.
[28] M. F. Jischa, Standpunkt: Wir brauchen knftigIngenieure mit
mehr Weitblick, VDI-Nachrichten1999, Nr. 46 (19. Nov.), 2.
Sustainable Development 41Chemie Ingenieur Technik 2007, 79, No.
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