g Das Feature Redaktion: Ulrike Toma Tante Friedel Besuch auf
dem norddeutschen Land Feature von Lorenz Rollhuser
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Sendung: Sonntag, 13.01.2013, 11.05 12.00 Uhr Produktion: NDR 2012
Mit:Bernhard Schtz Regie und Technik: Lorenz Rollhuser Zur Verfgung
gestellt vom NDR. Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschtzt
und darf nur fr private Zwecke des Empfngers benutzt werden. Jede
andere Verwendung(z.B. Mitteilung, Vortrag oder Auffhrung in der
ffentlichkeit, Vervielfltigung, Bearbeitung, bersetzung) ist nur
mit Zustimmung des Autors zulssig. Die Verwendung fr Rundfunkzwecke
bedarf der Genehmigung des NDR. 2 A:Tante Friedel. Besuch auf dem
norddeutschen Land.Feature von Lorenz Rollhuser. Atmo Kirche:
Glocke, Orgel A: Da lag sie nun. Davon war jedenfalls auszugehen,
denn vor uns stand dieser braune Kasten, Kiefer honigfarben,
hochglnzend, mitsechsMessinggriffen,denichbeimrtlichen
Bestattungsunternehmerausgesuchthatte.Nichtschn,nicht
dasteuersteModell,aberdochausreichend,derKonvention genge zu tun.Um
Konvention hatte sich bei Friedel immer viel gedreht, und
dassollteauchsobleiben,jetzt,imMomentdesAbschieds:
rosaRosenaufdemSarginderMittedesAltarraumsder
lichten,bescheidenenDorfkirche,rechtsundlinksdavonje ein Kranz mit
Blumengesteck und Schleife. Vorn in der ersten
ReihediesechsSargtrger,ltereMnnermitgerteten
DithmarscherGesichtern,dazudasSchweigen,dasRuspern, das Flstern,
das die Totenruhe nicht stren will. Atmo Kirche: Glocke, Orgel
A:MeineFrauwarmitgekommenunddergrereSohn,mein Bruder extra aus dem
Ausland angereist. Drei Nachbarn saen auf der anderen Seite des
Mittelgangs, dahinter, einsam in der
zweitenReihe,einalterFreundvonFriedel,demihrTod sichtlich nah ging.
Und ganz hinten der freundliche Pfleger aus dem Heim, in dem sie
die letzten zwei Jahre verbracht hatte.Eine Trauerfeier fr neun
Gste. Mehr waren nicht gekommen.
ObwohlFriedelsovieleMenschengekannthatte,undwir
sogareineAnzeigeimrtlichenTageblattgeschaltethatten.
AbervielleichtwarendieseBekanntschaftendochnichtso
innig.Vielleichtlagesaucheinfachamdichten Schneetreiben, in dem das
Land nrdlich der Elbe zu versinken
drohte,anderbitterenKlte,mankonnteeskeinem verdenken.3 Atmo Ende A:
EinigeJahrezuvorhatteichFriedelamTelefonvonmeiner
Ideeerzhlt,mitihreinpaarAufnahmenzumachen.Frs Radio. Eine Sendung
ber sie. Vielleicht. Irgendwann. Friedel am Tel:
Ja,kannstdu,kannstduja,ja,sicher.Kannstdu.Aber dann musst du ja
herkommen.Autor: Ja. Friedel am Tel:Da bin ich ja gespannt, wie das
dann wird. A: Auchichwargespannt.Niehatteichsiefrmehralszwei, drei
Stunden besucht. Friedel am Tel: Da bin ich gespannt. A:
Siefragteauchnicht,wieichdennnungeradeaufsie gekommen sei. Friedel
am Tel: Das wei man selber gar nicht,was man alles gesprochen hat.
Kriegt man auf diese Art und Weise wieder zu hren, nicht?A: Ich
htte mich irgendwie herausreden mssen, denn letztlich,
dasmussichzugeben,waresihreSchrulligkeit,diemich
faszinierte.DiesesLebeneineraltenJungferaufdemLande, das mir als
Grostdter mindestens so exotisch vorkam wie ein Indianerleben am
Amazonas. Friedel am Tel: Und dann kommt viel in diesen Apparat
rein... Atmo Ankunft Albersdorf A:
DerSchienenbusderSchleswig-Holstein-Bahnschaukeltemich
sanftdurchdiekargeGeestlandschaft,diewieerstarrtunter der milchigen
Wintersonne lag. Kleine Wldchen, ab und zu ein paar Khe auf der
Weide, ab und zu ein Dorf, ein Halt, an dem zwei Schler ausstiegen,
eine Hausfrau zustieg. 4
AlssichschlielichdieWaggontrhintermirschloss,wartete
FriedelschonmitlaufendemMotorinihremquietschbunten Polo auf dem
Bahnhofsvorplatz. Das Aussteigen fiel ihr schwer, also blieb sie
hinterm Steuer sitzen.Friedel:Na, Lorenz?Autor: Tach,
FriedelFriedel:Tach, mein Ser.Autor:Hallo!Friedel:Hallo.
Autor:Erstmal Tach. Bleib sitzen, Friedel! Is okay... Tach Friedel!
Friedel:Lorenz! A: Ichhattevergessen,wiehartsiemeineHandjedesMalzur
Begrung ergriff. Friedel:Haste zwei Taschen mit?Autor:Ja, die
andere nehm ich mit nach vorn. Friedel:Die andere... Lorenz!
Autor:Soll ich mich da drauf setzen?Friedel:Setz dich da drauf...A:
Bei Friedel thronte man immer auf dicken Kissen. Auch im Auto.
Friedel:So, nun fahren wir erstmal nach Hause.Autor:Hast du schon
lange gewartet? Friedel:Na ja, ich war noch unterwegs gewesen, ich
hab gestern n kleinenUnfallgebaut,unddawarichbeimeinem
Versicherungsmensch,unddahatermichgetrstet,sagt
er,daswrnochnichtschlimm,ichbrauchtmirkeine
Gedankenzumachen,daswrdeallesinOrdnung kommen.5 Autor:Wie, was hast
du denn gemacht?Friedel:Ichhabeine,einjungesMdelangefahren,binvon
Wandmakerruntergekommen,undhabnachrechts
geguckt,habnachlinksgeguckt,unddaraufhinbinich vom Parkplatz da
runtergefahren auf die Strasse, und dann kam sie von rechts an, und
das hab ich nicht mitgekriegt Ich kanns nicht ndern...Autor:Und was
ist ihr passiert?Friedel:Vielleichtne Beule oderSchramme,Beule nehm
ichan, sie sagte, sie htte ne Beule gekriegt. Autor:Im Auto.
Friedel:Im Auto, ja. Autor:Ach so.
Friedel:Undbeimiristesjaetwas,dieBeule,kannstdugleich mal gucken,
an der Seite, ist nur ne kleine Beule, aber er
hatgesagt,ichhttenochfurchtbarvielGlckgehabt.
Siehste!Habichauch.IchhabmirsovielGedanken
gemacht.Unsistnichtspassiert,aberichhabdochn
ziemlichenSchreckgekriegt,meineKnieschlotterten
dann.So,nunweitduBescheid,wiedashierbeimir luft. Tr schlgt,
drauen... Schritte, Haustr... A: Das kleine Backsteinhuschen
stammte aus den 1930er Jahren. Meine Urgroeltern hatte es gegen
Ende des Krieges erworben,
nachdemihrHausinKielbeieinemBombenangriff ausgebrannt
war.ImneuenHuschenhatteFriedelzuerstnochmitihren
Groeltern,spterdannnurmitderMuttergelebt.Nach
derenTodMitteder70erJahrehattesieesganzallein bewohnt. 6 Darin gab
es mittlerweile kaum noch ein Durchkommen.Alles
warzugestelltmitSesselnundSthlenundTischchenvoller Nippes.Friedel:
Ich leb n bisschen anders wie andere Leute. Wenn du das
Hausausrumenlassensollst,dannistschonvielArbeit da.Autor:berall bei
dir steht alles voll... Friedel:Und Wsche und Kleider und Blusen
und Schuhe oder was es ist, Lebensmittel und alles: Ich bin voll.
A:FriedelwareinekompromissloseSammlerin.Weilsieinden
hartenKriegs-undNachkriegsjahrendenWertderDingezu
schtzengelernthatte,warfsieungernetwasweg.Dabei legte sie grten
Wert auf Sauberkeit, rhmte sich manchmal,
dasssichbeiihrselbsthinterdenBildernkeinStaubfinde.
AberdasAufrumenfielihrschwer.Undeskamjaimmer
etwashinzu.KitschfigrchenausdemnchstenLadenfr
Geschenkartikel,KartonsvollerKerzenundDeckchen,
danebenStapelmitBriefenundUnterlagen,paketeweise
ServiettenundsogardieWochenblttchen,diegratisim Briefkasten
landen.NunbliebenzwischenalldenDingenkaummehralsGnge,
durchdieFriedelihrebreitenHftengeradenoch hindurchzwngen
konnte.Friedel: Weilichauchnbisschendickergewordenbin,sindmir
dieStubenjetztschonzuklein.Jetztempfindeich,dass ich berall mim
Stehrt mal anstoe. Zwischen Couch und
demStuhlsessel,daistjetztnurnochsonekleine
Spanne,woichdadurchgehenkann.Unddashabich
frherallesnichtempfunden.Dakonntichdurchgehen wie nichts. Siehst
du, so ist das! 7 A:AuchsonstlieFriedelnichtvielRaum.Dafrlagihrdas
WohlbefindendesBesuchseinfachzusehramHerzen.Erst mal musste tchtig
gegessen und getrunken werden, sonst war sie enttuscht.Friedel:
Mchtest Du noch was?
A:Warmandannsatt,fragtesiewiederundwiedernach,obs
nichtdochnocheinbisschenmehrseindrfe.DasGewese ums Essen verga sie
aber, sobald wir anfingen, ber ernstere Dinge zu
sprechen.Autor:Aber was ich gern noch mal von dir wissen will, wir
ham da ja nie drber gesprochen, warum, warum hast du denn nie
geheiratet?Friedel:Httestduschonlngstfragenknnen,daswillichdir
auchsagen:Ichwarfrherjaviel,auchmitzehnbiszu
zwanzigJahren,imTurnvereingewesen.Undindiesem
TurnvereinwarenzweiSchulkameradenvonmeinem
Bruder,vondeinemVater,SchaumburgundPeetz,die
beiden,undderPeetzhateseigentlichganzgutmitmir gemeint, ich wr auch
mit ihm losgegangen, aber ich habs
vielleichtnochnichtsoernstgemeintmitfnfzehn Jahren,ichwarin
einerWeisenbisschen verspieltson
bisschen,ichmochtewohlFreundschafthalten,aberan
wasErnsteshabicheigentlichdanochgarnichtdran
gedacht,undalsdieZeitheranrckte,dahatdersich
gemeldet,h,zurMarine,undkamaufsU-Boot.U-Bootoffizieristernachhergeworden.UnddasU-Boot
sank.Dawarerweg.Sonsthttichdasvielleichtdoch
getan.Undderandere,derSchaumburg,derwarauch
nett,derwarauchbeimirmitimTurnverein,undden
mochtichauchganzgern,undderistdannimFeld geblieben. Also waren alle
beide nette Menschen, die sind
weggewesen,unddakriegteichnichtmehrsodenMut, 8
michmitirgendjemandemzubefassen.Ichhabwohl junge Mnner an der Hand
gehabt, es hat mal einer zu mir
gesagt,erwolltesogernekleineKinderhaben,und
daraufhinhabichgesagt:Dochwohlnichtnehalbe
Fuballmannschaft,abernichtvonmir!(lacht)Und deswegen hab auch, hab
ich eben ich nicht geheiratet. Ich wr auch sowieso, was Sex
anbelangt, wr ich auch nicht
diejenigewelchegewesen.Sagichganzoffenund
ehrlich.Nichtsodoll.Sagichganzoffenundehrlich. Wr ich auch heute
noch nicht.A:Das htte ich mir auch nicht gut vorstellen knnen bei
meiner kurzatmigenTante,diesichnurnochmitHilfevonKrcken
fortbewegteunddiemeisteZeitdesTagesdsendinihrem
Sesselverbrachte.AberalsFraumiteigenemBerufund
eigenemAutowarsiewahrscheinlichschonvielfrherzur Auenseiterin
geworden. Friedel:Ichweinicht,obichjetzt,imfortgeschrittenenAlter
odermit40Jahren,50Jahren,obichdadenpassenden Mann gefunden htte,
das wei ich nicht, in der Beziehung
warichsehreigengewesen.(hustet)Hieraufder Nachbarschaft war n
Frster gewesen (hustet heftig), der
Witwerwurde...GottoGott!(hustet)DawarMutter schon kmmerlich
gewesen, beinah auf m Sterbebett, da
hatsiezumirgesagt:KannstdudennnichtdenHerrn Frster Nubnau heiraten?
Und da sagt ich: Ach, Mutter, ist das nicht n bisschen spt? Da war
ich Ende Vierziger, und da hab ich nicht mehr, hatte kein Verdutt
mehr, ich hab ihnauchnichtmehrgefragt,ichhabauchkeinVerdutt
mehr,ichwolltelieberalleinebleiben.Soistdas
gewesen.AlsoichhabinjungenJahrennichtdas bekommen, was ich mir so
ertrumt hatte.A. DamitteilteFriedeldasSchicksalvielerFrauenihrer
Generation.Millionen Mnner waren im Krieg gefallen, und die 9
berlebenden kamen schwer traumatisiert aus Krieg und Lagern
zurck.DawaresfrFrauendurchauseineOption,alleinzu bleiben.
Friedel:So.Gut,dassichdenWagenhieruntenhab.Undnicht hier oben. Tr
klappt... Mal
einsteigen.A:NachmittagsfuhrFriedelmitmirzumGrabmeiner
Gromutter,ihrerMutter,nebendersiebeerdigtwerden wollte, wenn es
dann so weit sei. Friedel:Autotr zuSiehste! Und der Wagenschlssel?
Autor:Wei ich nicht. kruschteln... Unter dir.
Friedel:Wiederraus.Friedel!Immervergessen!Immeralles vergessen!
kruschteln... Los, nimm den Stehrt hoch!Autor:Ich komm da nicht
ran... Ganz weit weg. Muss ich wieder aufstehen. Schande. Ist doch
ne Schande ist das! Dass die Friedel an nichts
denkt!Unerhrt!Nie!Wer wei,wo das
ist.(Trauf)WardochuntermeimPo.Hier,Friedel, hier,hier, hier!
Mensch! Gib dir mal Mhe mit 80 Jahren. Das hrt ja wohl bald auf!
Bein rein, und dann geit das los. (lacht) Ja, so geh ich mit mir
um, (Tr zu) wenn ich allein
bin(Motoran.atmen)Lichtan!So,esgehtlos.Ganz langsam, damit ich gut
runterkomm Ich kann nicht mehr so gucken wie frher, weit du? Das
ist nicht mehr so. Da mussichschonsehrlangsamrunterkommen...(atmen)
Guck mal nach rechts!Autor:Das ist
frei.Friedel:HieristauchfreiSo,nunfahrenwirgeradeausgleich.
SozusagendieWaldstrasseentlangbisuntenrunter.Bis
zumBahngleis.Undnochweitermssenwirgeradeaus fahren. Immer geradeaus
A: MitFriedelAutozufahrenwareinAbenteuerfrsich.Die ganze Zeit ber
ermahnte sie sich, gab sich Befehle, rief sich 10
zurOrdnung.ObesihrAlterwarodermangelndesTalent
vermagichnichtzubeurteilen.Wahrscheinlichkambeides zusammen.Ein
rtlicher Taxifahrer erzhlte mir spter mal, dass man sie im Dorf Oma
Crash getauft hatte.Sound MotorFriedel:Pass mal auf, ob da was
kommt!Autor:Da kommt einer, ja! Wart mal, da kommt einer! So, jetzt
ist frei.Friedel:Ist
frei?Autor:Ja.Hattestdumichnichtgehrt?Ichhattegesagt,da kommt
einer.Friedel:Ja,dashabichabergehrt.Ichhabihnabernicht
gesehen.Duhastesgesagt,infolgedessenhabich
angehalten.Ichhabsgehrt.Sozack,schnell,so,gut... Sound MotorSchn,
wenn man n Auto hat, nich?Autor:Ja.Friedel:Du weit gar nicht, wie
glcklich man ist, wenn manAuto fahren kann und wenn man ein Auto
hat, dann ist man fast Kaiser.GanzglcklichBinauchfroh,daichsdamals
gelernt hab. Bin ich heute noch froh drum A:Das eigene Auto hatte
ihr die Flucht aus dem Dunstkreis der
Mutterermglicht.UndseitsiebeiGlatteisvorihremHaus gestrzt war und
sich den Oberschenkelhals gebrochen hatte,
warsieumsomehraufdenWagenangewiesen.Aberdas
gingjetztaufeinEndezu.FriedelhattezweiUnflle
verschuldet,unddenherbeigerufenenPolizistenwaren
ZweifelanihrerFahrtchtigkeitgekommen.Nunrckteihr die
Straenverkehrsbehrde auf die Pelle.
Friedel:UnheimlichvielBriefe....Diewarenallenichtsonett
abgefasst.Diewarenallesoabgefasst,alswennich,als 11 wenn ich ne
ganz groe Verbrecherin wre,als wenn ich
plemplemwre,soweitersoungefhr,ichkannsedir
nochzeigen,dieliegendaalleundwarenallenichtso
nettabgefasst...DiesinddaunterdemKasten...Undda
sindgebndelt.Jadas,dassindsie...(Washabichda aufgeschrieben?...)
Sound Brief auffalten Autor:Sehr geehrte Frau Rollhuser, mir liegt
eine Mitteilung der PolizeinspektionHeidevor,wonachSieam1.1.2005in
SchafstedteinenVerkehrsunfallverursachthabensollen.
BeideranschlieendenpolizeilichenVernehmung
hinterlieenSieeinenkrperlichgebrechlichenEindruck.
SiehattenSchwierigkeiten,IhremFahrzeugzuentsteigen
bzw.anschlieendwiederbeimEinsteigen.Siebenutzten
aucheineGehhilfe.Aufgrunddesgeschilderten
SachverhaltsbestehenernsthafteZweifelanIhrer
weiterenEignungzumFhrenvonFahrzeugen.Zur
VorbereitungmeinerEntscheidungberdieEntziehung
bzw.BeschrnkungoderdieAnordnungvonAuflagen
ordneichhiermitunterHinweisaufParagraph46Ihre Untersuchung durch
das Gesundheitsamt
an.Friedel:DasistallesQuatsch,daskannichjanoch.Quatschist das!
Sound blttern... A: EinganzesPaketmitderartigenBriefenhatteFriedel
geschnrt.DieseKorrespondenzenzogensichauchdeswegen hin, weil sie
zunchst gar nicht einsah, dass ihre Fahrknste in Frage gestellt
werden knnten. Aber das Amt sa natrlich am lngeren Hebel: Autor:Ich
bitteSie daher,mirbinnen dernchstenvierWochen ein augenrztliches
Gutachten sowie Stellungnahmen eines
KardiologenundOrthopdenvorzulegen.Meineweiteren
EntscheidungenwerdeichnachEingangdieser Beurteilungen
unaufgefordert mitteilen...12 Friedel:Quatschkram! Sollen mich doch
in Ruhe lassen!... Friedel:SoundMotorSo,ab!KommtkeinAuto,undichkann
fahren.Wieichmchte.Ab!SoundMotorIchkanndoch
nochAutofahren,nich?lachtkurzIstdochnochnichtso
schlecht,nich?DuhastnichtgemerktmitdemSchalten. Das hast du nicht
gemerkt, nich?Autor:Was? Mit dem Schalten?Friedel:Vom Rckwrtsgang
auf n, im Leerlauf auf n ersten, vom
erstenaufnzweiten,vomzweitenaufndritten,oder wenn man wieder zurck
muss auf n zweiten, da hab ich bis jetzt doch noch kein Fehler
gemacht?Autor:Nee.Friedel:Das ging doch alles reibungslos,
oder?Autor:Das ging reibungslos. Friedel:Mal n bschn flotter
fahren.Nicht so langweilig. Rauf auf n dritten Gang und dann gehts
los. A: DiehinzugezogenenFachrztejedochbesttigtendie
behrdlichenZweifelanFriedelsFahrtchtigkeit,undsokam am Ende der
blaue Brief: Autor:SehrgeehrteFrauRollhuser,Ihresehreingeschrnkte
EignungzumFhrenvonKraftfahrzeugenhabenSiemir durch die
rztlichenStellungnahmen nachgewiesen.Ihnen
kanndieFahrerlaubniszunchstbiszumEndedesJahres
2005unterZurckstellungvonnichtunerheblichen
Bedenkenbelassenwerden.DaSiemirschriftlich
mitgeteilthaben,dassSieohnehindiesenZeitpunktzum
Anlassnehmen,freiwilligaufIhreFahrerlaubniszu
verzichten,erwarteichimDezember2005die
bersendungIhresFhrerscheinsmiteiner entsprechenden schriftlichen
Erklrung.13 Friedel:Fhrerscheinkriegen se nich,den werd' ich
aufbewahren. Was wollen die mit m Fhrerschein? Nix! Auch
vernichten. Dann kann ich ihn ja auch behalten...Autor:Fr den Fall,
dass Sie sich noch anders entscheiden, werde
ichimJanuar2006eineumfangreiche
EignungsbegutachtungdurcheinenArztfrphysikalische
undrehabilitiveMedizinmitverkehrsmedizinischer Qualifikation
anordnen.Friedel:Quatsch! Was soll denn das? Brauch ich nicht! Geh
ich auch nicht hin. Ich will nicht den Idiotentest weiter
mitmachen, dassehichnichtein,ichwillauchzudenbeidenrzten
nichtgehen,dasistQuatsch,wennichnichtwill,dann will ich nicht. Dann
wird der Wagen abgemeldet. A: Dabei wussteFriedel nur zu gut,dass
sich damit alles ndern wrde.
Friedel:Ichkannnirgendswohin,ichkommnichtmehrzum Geburtstag, ich
komm nicht mehr zum Kaffeetrinken nach
Hochdonn,wasichsogerngetanhab,oderhierann
Kanal,dieSchiffebegucken,undberhauptzum Geburtstag zu den Leuten,
das fllt alles flach! Auch nicht
einkaufen,nichts!Dasistnatrlichneganzgroe Umstellung! Ganz groe
Umstellung! Gar nicht so leicht!A:
AbernochhatteFriedelihrAuto,undnochsollteesflott gehen.
Friedel:Ruckzuck.Los,rum!Hopphopp,so,hierhalten,weg! Motor aus
Siehst du, so macht Tante Friedel das! lacht
Friedel:Wollenmalsehen...Trklapptzu...flltschwer.Kann ich dir nur
sagen.Werde bloss nicht alt!Das ist nichts!...
Nunmussichdichmalnbisscheneinhaken,wenndas 14
geht...Undjetztknnenwirgehen.Gott,hierbinich immer allein
hergegangen... Gott o Gott! gehen, atmen... A:Nach ein paar
Schritten schon war Friedel aus der Puste.
Friedel:Dieseshier,diesGrundstck,wasdujetztsiehst,links, das gehrt
schon zum Altersheim Mller. Also wenn deine
Tantedahinmsste,dannknntesiehierauchnoch spazieren gehen.Autor:Dann
hat sies ja nicht mehr weit zum Friedhof...Friedel:Nee, dann, nee.
(lacht) In jeder Weise nicht. Das war gut gesagt. Das war n schner
Witz... gehen, atmen
A:Damalswusstenwirnochnicht,dasssieindiesemHeim
tatschlichihreletztenbeidenJahreverbringensollte.Noch traute ich
mich, solche Witzchen zu machen. Autor:Friedel, hast du denn Angst
vorm Sterben?Friedel:Angst?Schon,ingewissemSinne.Aberwenndasschnell
geht, dann isses ja erledigt. Merkste nix mehr. Dann isses
nichtschlimm.Abersollstdusodahinsiechenwiehierin
diesemHeim,dannweiichnichtrecht.Undwennman
dannnochseinenvollenVerstandhat,du,dasweiich nicht... Was ist denn
das hier? Ist ja alles Rasenflche. Das
warenallesGrbersonst.MeinGott!Donnerwetter.Ich bin ja lang nicht
hier gewesen. Aber ich komm hier ja auch her. Das isses.A:Das Grab
meiner Gromutter. 1975 war sie gestorben.Friedel:Das ist ja schn.
Guck mal, die ganze Schrift ist jetzt weg. Aber es ist doch schn.
Ne? Ist ordentlich, ja... A:Friedels Mutter hatte zu Hause ein
strenges Regiment gefhrt.
Spter,alssiehinflligwurde,sahFriedelesalsihrePflicht
an,sichumihrePflegezukmmern.Vielleichtauch:sichzu opfern. Fr einen
Mann jedenfalls blieb da kein Platz. 15 Friedel:Manche hatten sich
mal geuert im Schwimmbad, ich bin
jagernezumSchwimmengegangen,undhamsichdann
malganznettgeuert,siehttenmichwohlgerne gehabt, aber ich wre immer
behtet worden. Gromutter lebte ja noch. Meine Mutter lebte. Und ich
habe ja immer imSinngehabt,zuHausezubleiben,unddumusstdie
beidenzuEndebringen,Gromuttersowohlwiedie Mutter...A:
DerMutterwaresnurrecht,dasssichdieTochterinihr
Jungferndaseinfgte.VielleichtwardieserWerdegangauch
schonfrhinderRollenverteilungderGeschwisterangelegt:
meinVater,derltereBruderundStammhalter,galtimmer
alsderSchlaue,demallesleichtfiel.Ersolltestudierenund
eszuetwasbringen.Friedeldagegentatsichschoninder
SchuleeherschwerundschieninderFamilieganzgut aufgehoben.
Friedel:Mutterwardaswillkommen,dassdieTochterzuHause
war.Dassichaufpassenkonnte.Ichwarjaeigentlichin
gewissemSinneimmerdasKind.Unddahabensiesich
nichtmehrdrumbemht,dawarnsieselbstnachher
verheiratet.DaswardasEndevomLied,diemitmir
gebadethaben.Unddannhabichdiesenundjenenmal
kennengelerntusw.,undmanchmalauchTypendabei gehabt, wo ich sagte:
Lieber Gott, nicht?Musik: Hanne Haller, Weil du ein zrtlicher Mann
bist oder: Lena Valeitis, Ein schner Tag
Friedel:UndwennicheinenManngernehttehabenwollen,nur einer, der n
bisschen lieb ist, der n bisschen liedsam ist,
keinMann,dertrinkt,keinMann,derdauerndraucht
usw.,sonderndernkleinbisschenaufneFraueingeht. Mehr wollt ich gar
nicht. Wollt wohl fr ihn sorgen, aber nicht so, nicht? Bisschen
nett. Das war mein Sinn gewesen.16 A:Unter all den Dingen, die sie
spter in ihrem Haus zurcklie,
fandicheinFotovonFriedel,aufdemeineausnehmend
hbsche,jungeFrauzusehenist.Aberdashatteihrnichts
gentzt.Vielleichtwarsieauchzuanspruchsvollfrjene Zeiten. Friedel:
IchwolltemeinenMannhaben,dereinwandfreiist,den ich
alleinhabenwollte.Und anmichsind nachherimmer mehr Verheiratete
rangekommen. Und das Eigenartige ist:
MeistensBcker!Ganzkomisch!ImmermeistensBcker.
Worandasliegt,weiichnicht,aberesistso.Wirham doch frher unten bei
Ehlers gewohnt, und die ham in der
Backstubeeinengehabt,mitdemichmalsoanbndeln
wollte,istabernachhernichtsmehrgeworden,und Bcker Stapelfeld hier
aus der Bahnhofstrae, der mochte
michganzgern,hatmichauchftermalbesuchtusw.
(hustet),sodassmeinGrovatersagte:Friedel,denke
dran,dannhastdunachherganzvielzutun,dannmusst
dudasGeschftmachen,dennmusstduLeutestuben,
damalswarsjanochLeutestubenmachen,unddumusst kochen, denk dran, ob
du das schaffen kannst! A:
GesellenundLehrlingewohntendamalsimHausedes Meisters, Kost und
Logis frei. Friedel:WurdenmirdieAugengeffnet.Warauchnnetter
Mensch.Aberwennichdasnichtschaffenkann,lieber nicht.A:
UmdasWohlergehenderAngestelltenmusstesichdie Bckersfrau ebenso
kmmern wie um den Laden und natrlich die Kinder. Friedel:Ich mochte
lieber einen haben, so privat, oder n Beamten oder so,
Privatmensch, nicht? Auch keiner, der n Geschft hatte, auch nicht.
Lieber privat. So, n Beamten usw. Der 17
morgensgeht,unddennwiederkommt,unddennistgut. So einen htt ich
lieber gehabt,
nich?A:Icherinneremich,dassauchmeinVaterdazubeitrug,dass
Friedelalleinblieb.Auchfrihnwardasgewissam
Bequemsten,wussteerdochdiealteMutterdamitinguten Hnden.Irgendwann,
da lebte meine Gromutter noch, hatte
FriedeloffenbarBekanntschaftmiteinemManntrkischer
Herkunftgemacht.MeinVaterkanntediesenMannnicht,
fhltesichgleichwohlbemigt,seineSchwesterscharf
zurechtzuweisen.EinsolcherHabenichtskonnteesdochnur auf das Haus
abgesehen haben.
Friedel:Unddeswegenwarichvorsichtigundhabgesagt:lieber nicht.War
auch nett gewesen,aber lieber nicht.Sieh,so
istdasgewesen.(hustetheftig)OGott!(hustet)
Jedenfallsbinichauchsogutgefahren.Ichhtteauch
keinenManngernhabenwollen,dersodollaufSexist
(hustetlaut)Auchnicht!LagnichtdrininmeinerNatur. Wennich
auchmitzwanzigJahrentemperamentvollwar,
binichjagewesen,aberVerhtungssachengabsnicht
(schneuzt),Pillegabsnicht(hustet),damalsgabesdas nicht.A:
DerHustenanfallwolltebeidiesemThemagarkeinEnde nehmen. Ich klopfte
Friedel vorsichtig auf den Rcken.
Friedel:Unddeswegenwarichvorsichtig,miteinemMannaufs
Ganzezugehen.DahabichAngstgehabt.DennMutter
kmmertesichnichtumdasKind,meineMutternicht,
deineGromutternicht.(hustet,schneuzt)Ichhttedas
Kindalleinegromachenmssen,unddennnochmit
finanziell,daslagnichtdrin.DahttichFupflege machen mssen und frs
Kind sorgen, das wr gar nicht,
zeitlichberhauptgarnichtdringewesen.Dashttich nicht gekonnt. 18
A:Endeder50erJahrehatteFriedelinHamburgFupflegerin
gelerntundbalddaraufauchdenFhrerscheingemacht.Mein
VaterberlieihrgnstigseinenerstenVW-Kfer,undseither
warsieTagfrTagberdieDrfergefahren,umdenBauern
dieFezumachen,wiesiedasnannte.Daswarhart
verdientesGeld,abersiewarfinanziellunabhngig,entkam tagsber der
Kontrolle ihrer Mutter, und sie war nie allein. Fr groe Sprnge
allerdings hatte es nie gereicht:
Friedel:Ichbinfroh,dassichdurchgekommenbin,dassichjetzt
allesbezahlenkann,undichwillnichtmehrsparen,mit
80Jahren,wozu?Frwen?Dassehichnichtein.Ichhab
keineReisegemacht,nichtnachSddeutschland,ichhab keine Reise gemacht
nach Mallorca, wo die alle hinreisen, mim Fluzeug, hab ich nicht
gemacht, ich hab immer ans Haus gedacht,dass das in Ordnung kam,
und das ist jetzt auchinOrdnung.Gottseidank!Unddannbinichschier,
und dann kann ich jetzt mit meinem Geld machen, was ich
will.Unddastueichauch.Binichniemandemwas schuldig, niemandem!! Atmo
Fahrt im Auto Friedel:So, Auto kommt nicht, nicht?Autor:Nee.
Friedel:Jetzt gehts hier lngs, in die Einsamkeit gibt Gas A:
IchhatteFriedelgebeten,michzurFupflegemitzunehmen.
SiehattebeieinerBauernfamilieangerufen,diesiezuihren
treuestenKundenzhlte,undmirsignalisiert,dassich willkommen
sei.Friedel:Das ist da, wo beinah Hund und Katz sich Gute Nacht
sagen. Einsam! A:AmsptenNachmittagbrachenwirauf.Zunchstgingesein
ganzes Stck durch finsteren Wald.19 Friedel:Kannst mal sehen, wo
deine Tante berall hinkutschert, nich?
A:DahinterlagNebelberdemflachenLand.DieNachtbrach
herein,aufdenschmalenLandstraenwarkeinMensch
unterwegs.Friedel:So,nunmussicherstmalsehen,obichauchrichtig
gefahren bin. Das ist immer so ne Sache...A:Friedel hatte alle Mhe,
in der Dunkelheit den Weg zu finden.Friedel:Gott, hab ich mich
verfahren etwa? Doch wohl nicht A:Ich konnte ihr auch nicht
wirklich helfen. Nur ruhig Blut!
Friedel:Mussichhierrber?Momentmal.Hierrbermussich
nicht,ichmussumdrehen.Dasist,wennmanabends fhrt, weit du? Hier heit
es Eckhorst? Ja. Jetzt muss ich erstmal umdrehen. Guckst du mal, ob
ich richtig fahre?Autor:Ja.Friedel:Ich muss n kleines Stck wieder
zurck. Guckst du?...A:Schweiperlen traten ihr auf die
Stirn.Friedel:Mensch, jetzt lass mich aber an Land, Mensch,
Friedel!A: AlsobwirineinemfhrerlosenBootaufhoherSee
dahintrieben.Friedel:Aberdubistdochrichtiggefahren!Oderbinichnicht
richtig gefahren? A:
Nachdemwirunszweimalverfahrenhatten,erreichtenwirim dritten Anlauf
schlielich den Hof.Friedel: (Tr klappt) N Abend! Mutter:N Abend!
(hineingehen)Friedel:So. Nun kommen wir Siehste! Mutter:Ach, ist
schon n bisschen besser geworden mit m Laufen, ne?20
Friedel:Bisschenbesseristesgeworden,aberichhtteesgern
nochbesser.AchStummel,bistduda?Stummel,dabist du ja, oh ja, da bist
du ja, mein Jung, jaA: Friedel wurde freudig vom Hund begrt.
Autor:Abend! Vater:Hier rechts.
Friedel:Ja.So.Dennwollenwirmal.GutenAbend!So,dann wollen wir mal
reingehenAtmo TV: ...ein alter Hase... NBA-Chef 50000 Spieler
Friedel:So, siehst du wohl. Mutter:So. Was mitgebracht?Friedel:Ja.
Vorsichtig anfassen! Sonst kanns kaputtgehen.Mutter:Ach so. Danke
schn.Friedel:Ganzvorsichtigaufmachen!Wirsehenunsja Weihnachten...
Mutter:Darf ich schon reinschauen? Friedel:Ja. Aber wir sehen uns
Weihnachten ja nicht.Mutter:Nee, genau. Friedel:Und darum hab ich
Ihnen gleich was mitgebracht. Mutter:Oh, was...
Friedel:Istdasnichts?KleinesAndenken.Hrmalzu,dasist Handarbeit, das
darf nicht kaputtgehen! Mutter:Ach so.Friedel:Ich hab extra den
Preis drangelassen, weil ich wusste, das war nicht ganz billig.
Sonst macht man das ja ab.Autor:Hallo! 21 Tochter:N Abend!
Friedel:Und sie will jetzt mal
ran?Tochter:Ja,nichtunbedingt.AbermeineElternhamdas
weiterempfohlen.lachen A: Friedel hatte sich eine weie Schrze
umgebunden, und nun lag der Fu der Tochter in ihrem Scho.
Friedel:Ja? Dann wollen wir mal sehen, was los
ist.Tochter:Ja,alsonichtsoviel,aberdasistnervig,dasnervtmich
schonnbisschenlnger,ichpuldaimmerdranrum,
aberdasgehteinfachnichtweg.KnnenSiedassehen? Das ist so ganz
ekliger Kram.Friedel:Mann!Tochter:Das vergrert sich auch.
Friedel:Ach Mensch, ich komm hier nun doch immer...Tochter:Ja, aber
ich denk ja immer, das geht von alleine wegVater:Das tut ja nicht
ntig, nein... Tochter:Nein. Vater:Das geht so wieder weg.
Tochter:Nein. Und da hab ich auch keine Zeit fr. Vater:
(lachen)UndletztesMaljaultesiewieder.Unddahab ich gesagt, wenn sie
kommt, dann kommst du doch gleich mit dran... Friedel:Und Sie
brauchen auch keine Angst zu haben, wenn ich das Messer
benutze.Tochter:Ja, gut, wenn sie meinen... Ist ja alles in
Ordnung. 22 A:Friedelwarnichtzimperlich.DochnachgenaueremHinsehen
entschiedsiesichdiesmalgegendasMesserundsetzteauf andere Krfte:
Friedel:Sag ich ganz offen und ehrlich: ich besprech
das!Friedel:So. (flstert unverstndlich) So, erstmal kein Wasser
dran.Tochter:Gut.Friedel:Heute bestimmt nicht.Tochter:Nee,
gut.Friedel:So, damit wren Sie abgetan. Tochter:Gut. Ham Sie damit
schon gute Erfahrungen gemacht, mit Warzen besprechen? So?
Friedel:Mitunter gehts schnell, mitunter gehts sehr langsam. Das
ist unterschiedlich. Eine Rose geht bei mir viel
schneller.Tochter:Ne, ah,
GrtelroseFriedel:Ja,magichlieberbesprechen.DieWarze weiich nicht,
wann sie verschwindet. A:IrgendwannkamdanndochdasGesprchaufdieetwas
ungewohnteSituation,dassFriedelsBegleiternichtnur zuschaute,
sondern auch mit seinem Mikrofon alles belauschte. Mutter:Was
machen sie sonst beruflich?Autor:Ich arbeite frs Radio.Mutter:Ach.
Ach soVater:Ja, kommst in Radio.Mutter:Was?Vater:Du kommst in
RadioMutter:Nein!Vater:Ja.23 Mutter:Ach, sind Sie Reporter
eigentlich?Friedel:So hnlich. Ja. Mutter:Ach so! Das machen
SieA:Nunstelltesichheraus,dassFriedelmichzwarangekndigt, aber nicht
erklrt hatte, was ich wollte. Friedel:Das hab ich auch nicht so
gewusst.Vater:N. Friedel:Ichwusstejaauchnicht.Ichwusstewohl,daduin
gewissemSinneeinErzhlerbist,dashabichwohl
gewusst.AberdassduingewissemSinnearbeitestals Reporter, das hab ich
nicht gewusstMutter:Was wir hier geredet haben, das kommt da
reinFriedel:Ja. Mutter lacht
A:UnddamitwardasThemadurch.EinefreundlicheFamilie. Nicht so
kompliziert. Nur an den Fen. Mutter:Mach die Tr zu. Vater:So, ich
muss da mal n bisschen weiter rein. So wird
dasnichts.EntwederichkommeoderSiekommen. (lachen) Friedel:Einer
muss kommen. (lachen)A:Nach der Tochter kam erst die Mutter und
schlielich der Vater an die Reihe:
Vater:Nich,datzogschonwiederhier,hierganzher. Deswegen hab ich
Bescheid gesagt. Friedel:Hier, dieser ist das? Vater:Ja, ja. 24
Mutter:Nee, der ganze Fu tut ihm weh. Vater:Hier tat das schon
wieder weh. Friedel:Ja, ja. Aber ist der das? Vater:Ja. Friedel:Ah,
Mensch. Vater:Habichschonmalnbisschengemerktbeim Absteigen vom
Trecker.Friedel:Naja. Vater:Wenn ich so komisch auftrete, und dann
kommt man dagegen, und denn... Friedel:Hm... Vater:Aua!
Friedel:DasisnechtesHhnerauge.Wasschontiefer
gegangenist.Deswegengehichdaauchmim Skalpell dabei.Vater:Ja, hab
ich mir gedacht. (lacht)...Wie immerFriedel:Ich schneide es,
versuche es direkt rauszuschneiden. Mal links rum, mal rechts rum
Ich mchte Ihnen ja auch gern
helfen.Vater:Jo,dasweiichja.Erstmalbisschenschnqulen und dann
(lachen)Friedel:Ja. (lachen) Vater:Aua! Ist gut, ist gut...
Friedel:Aber es ziemlich tief wieder. Vater:Ja.
A:IchselbsthabemeineFeFriedelnureinmalanvertraut.Ich will es nicht
beschnigen: die Behandlung war so grob,wie ihr 25 Handschlag hatte
vermuten lassen. Sie wiederum mokierte sich
bermeineWehleidigkeit.Sowarichheilfroh,dasssienicht auf
Wiederholung drngte.Sound Feile
Friedel:So,ichhabdasjetzterstmalsoweitglatt,und dann mssen wir
sehen, wie wir weiter kommen, ne?Mutter:Ham Sie schon Abendbrot
gegessen?Friedel:Nee, noch nichtVaterMachen, wir, wenn wir fertig
sind... Friedel: Ach Gott! A: Friedel hatte mir zuvor schon
angekndigt, dass es wohl auf ein
Abendbrothinauslaufenwrde.Dasgehrtesozusagendazu, war Trinkgeld und
Belohnung.Besteck klappert Mutter:Der ist von unsere Khe,
MilchFriedel:Och Gott! Mutter:Ich wei nicht, was sie trinken
wollen.Friedel:Datrinkichauchwasdavon.Dafreuichmich...Jatue
mal!KippmalschonmaleinSchneKuhmilchistdoch was
Herrliches.Vater:Hoch halten... Friedel:Und so schn hat sie das
alles gemacht! Mein Gott! A:
BeimEssenundTrinkenwarFriedelimmermitBegeisterung dabei.
Friedel:Das hat sie hbsch zurecht gemacht.Mutter:Ja. Das geht aber
schnell. Friedel:Das Lob muss ich Ihnen geben... Ich trink schon
mal.26 Mutter:Na, na guten Appetit!Friedel:Ist was Schnes... rhren,
klappern, kauen... A:
MeineElternwarenberFriedelsLeidenschaftfrsEssen immer wieder mal
hergezogen. Friedel:Die musst du mit, m, mit Genuss essen.A: Fr
meine Mutter stand auer Frage, dass es Friedel einfach an
Selbstbeherrschung fehlte. Kein Wunder, dass sie immer dicker
wurde. StetsbehandeltesiedieSchwgerinmitderHerablassungder
Brgersfrau, die sich auf Grund ihrer Bildung fr etwas Besseres
hlt.Immergabesetwasauszusetzen.Wahrscheinlichwarihr
Friedelpeinlich.Zuungebildet,zunaiv,zulndlich.Eine Verwandtschaft
unter Niveau. Friedel:Iss mal. Weit du Bescheid, was du fr Eier
kriegst! Kriegst nicht bald so schnell wieder, solche Eier.
Friedel:Schn, ne? Hm.Vater:Hm. Friedel:Das schmeckt man aber. Die
schmecken gutA:Von Friedels Warte aus wiederum stellte sich die
Sache anders dar.Friedel:Siehste.
So.A:MeinVaterlebteweitwegundliedieBeziehungzur Schwester auf
Sparflamme kcheln. So hatte Friedel auer der Mutter eigentlich
keine Familie. Friedel:Wenn so was Schnes ist, der Kse war gut, und
die Wurst warsehrschn,undnichtsofurchtbarfett,undeigene Eier und
eigene Milch, ja was willst du denn? Das ist doch schon was
Schnes!27 A:Auch wir Kinder zeigten kein Bemhen, den Kontakt zu
dieser altenJungferimfernenNordenzupflegen,wodieOrteso
seltsameNamentrugenwieTensbttel,Gokels,Bunsohoder
Schrum.MitFamiliehattenwir,jelterwirwurden,immer
wenigerimSinn.Undspter,alsjungeGrostdter,wollten wir ungebunden
sein. Nichts war uns fremder als ein Leben, in dem Pflichterfllung
an erster Stelle stand. Friedel:Ich bin sonst nicht so doll fr Kse,
und Wurst auch nicht bermig. Aber wenn es so was ist, dann mag ich
es aber doch. Geh ich doch dabei. Vor allen Dingen die Eier waren
so schn...Friedel:Und die Milch hat auch immer solche schne Farbe
VaterJa. Friedel:Merkt man. A:
DawarenFriedeldieEinladungenbeidenKundenumso willkommener.
Friedel:Grovater war der erste der starb, dann kam Gromutter,
deineUrgromutter,unddannkamdieGromutter.Und als die nachher
gestorben war, da war ich dann hchstens noch mal bei euch zur
Konfirmation, und dann hab ich von
euchweniggehrt,unddaswareigentlichsehrtraurig.
Warichtraurigdrber,ichweinichtwarum,aberich
wartraurig(schluchzt).Daswarnbisschenhappig.Sag ich dir offen und
ehrlich. Das war viel. Weder Ostern noch
WeihnachtennochzumeinemGeburtstagnochnichtmal
einenAnrufzukriegen!Dasfandichnicht schn.Dassag ich dir offen und
ehrlich, das fand ich nicht schn. Da war
ichimmertraurigdrber,dassdassogeschah.Warum wei ich nicht
(schluchzt). Aber du hast ja gesagt, ihr wrt nicht fr die Familie
gewesen, ist gut und schn, aber ich bin ja die einzige Schwester
von eurem Vater gewesen, die
einzige,voneuermVater.Aberobichehrlichsprechen 28
sollzudir,weiichnicht,abermachdenApparaterst mal aus, sonst, h...
A: Mirwarunangenehm,wiesiemitunsabrechnete.Abersie
hatterecht.Jahrelanghattenwirsienichtmalangerufen.
ObwohlzuWeihnachtenimmerdiesevoluminsenPakete
kamen,dieAdressemitFriedelsetwaskrakeligerSchrift
aufgemalt.Darinfandensich,sorgfltigverpackt,allerhand
Dinge,diegutgemeintwaren,aberunweigerlichvon
vergangenenZeiten,vonKriegundNachkriegerzhlten:eine
DosemitWrstchen,HeringinTomatensauce,Pfirsichein
Dosen,dazuMarzipanundSchokolade,undimmereinoder
zweiStaubfnger,aufdenenFriedelgerndasPreisschildchen
klebenlie.Damitmansah,dassesnichtsBilligeswar;dass sie keine
Ausgabe scheute.IchholteFriedeleinTaschentuch,undsieberuhigtesich
wieder: Friedel:KeinAnrufhatdasTelefongekriegt,undfertig.Unddas
konnt ich eben nicht verstehen, die einzige Tante, die ihr
wirklich,dieeinzigeSchwestervonVater,dassihrdie
nichtanerkannthabt,dasweiichnicht.Obdasmitder
Mutterzusammenhing,ichweiesnicht,aberdeine
MutterhatmirmalaufnWeihnachtenganzgehrigdie
Levitengelesen,Vaterauch.Unddaraufhinbinichnie
mehrwiedernachMnstergefahren,nie!Kein
Weihnachten.Nie!Niewieder!ErsthatVatermirvorher
dieLevitenaufm,aufmWeihnachten,unddenn,das
letzteMalhattedenndeineMutterdasgemacht,undals ich dann wieder da
war, da hab ich gesagt: Heinz, ich will dir mal was sagen, deine
Frau hat mir vergangenes Jahr zu
mirgesagt,ichwrenekleineFresserin.So.(schluchzt)
Ichmochtegernessen,jasichermochtichgerneessen.
Undfrhermochtichauchgernenaschen,sagichoffen
undehrlich.Habfrhermehrgenaschtwieheute!Viel 29 mehr. Das stimmt.
Aber das ist so meine Art gewesen, ich bin ja rausgekommen auf
Vaters Gromutter. Wenn ich dir
einBildzeigenwrde,wrdestdusagen:Ja,Friedel,du kannst ja auch nicht
anders sein. A:Auch bei Friedel endeten die Tage vor dem Fernseher.
Friedel:Wassiehstdudenngerne?TVanWollenmalsehen... Sound TV... Das
ist ja Pilawa, der ist so nett....A:Nun stellte sich heraus, dass
ich es war, der keine Ahnung hat. Friedel:Das ist Rieu, der groe
Geiger von, von Holland. Kennst du
doch.Autor:Nee.Friedel:Was?AchKind!Deristdochsobekannt!Der
Walzerknig...Autor:Der Walzerknig. Friedel:Ja, das ist Rieu! Da!
Lassen wir mal an. Mal sehen, was er tut und was er macht. Mssen
wir mal anlassen. Guck mal.
MitmkleinenKind...AtmoTV...Ichwillmaleben sehen, nimm mal, nimm mal
zwei... Auch nix besonderes.
Vier.DagibtsRaten,dasist,h,mitGnterJauch.Da isser. Willst Du das
sehen? Autor:Ja, das knnen wir mal gucken. Friedel:Habt ihr so was
nicht in Berlin? Das Raten?Autor:Doch, aber wir gucken so was
nicht. Friedel:Ichkannauchmalumschalten,wasderRieumacht. Augenblick
mal. Eins, da! Da isser. Rieu. Der groe Geiger. TVlauter...Dasist
derWalzerknig.Da! Unddasistsein Orchester. Und das ist einer von
Holland. Ist in Holland zu Hause. Atmo TV... Guck mal, wie voll das
da ist. Nicht?Oton TV: SchwarzeAugen,AndrRieu.AuchAndrRieugehtjetzt
mitKaraundauchmitUschinachhinten,inden Backstagebereich... 30
Friedel:So. Kannst Du dir das mal angucken. Oton TV:
...wosieetwaszutrinkenhaben,sichunterhalten knnen... mal nach
hinten zu schalten, um mal zu gucken, wies da aussieht...
Friedel:Ach so. Oton TV: Herr Rieu kommt aus Holland, da ist viel
mehr erlaubt als beiuns...Naja,soschautsaus.Damchtemandabei sein...
Die Stimmung ist gut... A:
FriedelerwiessichalsleidenschaftlicheZapperin.Alsobsie
sichvergewissernwolle,dasssienochalledasind,da,im
Fernsehen.BissieschlielichaufihremSesselmitdenvielen
Kisseneinschlummerte,dieBeinehochgelegt.Undweilder
Sesselsogemtlichwar,spartesiesichspterauchdieMhe,
dieTreppeinihrSchlafzimmerhochzusteigen.Irgendwann schleppte sie
sich noch mal aufs Klo, machte den Fernseher aus und schlief dann
einfach in ihren Klamotten auf dem Sessel ein.
Zhneputzen,Waschen,alldashattebiszumnchstenMorgen Zeit. Sound
StanduhrAtmo Stimmen A:
BeiFriedelsFeierzuihremfnfzigjhrigenBerufsjubilum
machteichdieletztenAufnahmen.DawarsiebereitsMitte
achtzig.MeinBruderundichhattenangefangen,unsumihre
Angelegenheitenzukmmern,weilsieesselbstnichtmehr
schaffte.DerFhrerscheinwarlngstweg,undeigentlich
warensolcheVeranstaltungenzuvielfrsie.Schweiperlen standen ihr im
Gesicht, aber es musste gefeiert werden. Glocke klingelnFriedel
spricht:Liebe Gste, ich freu mich,dass Sie gekommen und hier
schneStundenverbringenwollen,undfrdie Geschenke bedank ich mich
ebenfalls. Auerdem freu ich mich sehr und bedanke mich auch sehr zu
meinen beiden 31 Neffen,dassdievonauerhalbherangekommensind, freu
ich mich auch. Und so wnsch ich euch allen guten
Appetit,undichwillhoffen,dasswirfroheStunden haben. Auch ohne
Musik. Also! (Beifall) A:
EinflacherKlinkerbaunebendemSportplatz.Hinterder
GaststubeeingroerSaal,GardinenvordenFenstern,und
Zimmerpflanzen.Beim letzten Mal, zu ihrem 80. Geburtstag, hatte
Friedel noch einen Musiker engagiert, einen kleinen Mann mit einem
groen Keyboard. Als ich nher getreten war, hatte ich entdeckt, dass
erdasTastenspielnurmehroderwenigersimulierteundin Wirklichkeit CDs
einlegte. Und getanzt hatte auch niemand. So hatte Friedel diesmal
auf Musik verzichtet. Friedel: Ich habe meine Gste eingeladen, es
waren 36 Personen, wirfeiernheutedas50.Dienstjubilum,weilich50
JahreFupflegegemachthabe.Undsohamwirhierin Tensbttel um 12 Uhr ham
wir uns hier eingefunden, und ham schn Mittag gegessen, unter der
Kchin Frau Heuer, undsiehatsosehrschngekocht,undesgab,eh, falschen
Hasen, mit ner schnen Sauce, mit Blumenkohl, eingewickelte Bohnen
in Speck, und Kartoffeln, und, h,
Kroketten.Undhinterhergabsnechtenh,h,
Zitronenpudding,undallewarendavonbegeistert,das ganze Essen soll
schn gewesen sein. So, das war
das.A:Anderu-frmigangeordnetenTafelsaenalteDamenund
HerrenundschautenunsFremdemitgroenAugenan.
Freundlich,erstetwassteif,wassichabermitderZeitund
demWeinlste.SosehrdieganzeSzeneriefrunsein Kulturschock war, galt
das natrlich auch umgekehrt.
Friedel:IchhabedieAnsprachesogehalten,daichmichbeiall
meinenGstenbedankthabfrdieGeschenke,unddass
siegekommensindzumeinerEinladung,daswarmein 32
Prinzip,weshalbichdieRedehielt.Siehste!Sowardas.
Werwrdedastun?Ichhabjavollkommenfrei gesprochen. Vollkommen frei.
Das ist doch auch gut! Ohne
Spickzettel.Daslerntmanallmhlich.ImLaufederZeit.
Jemehrdueingeladenwirst,destofreierwirstdu.
Nachher,wennderKaffeekommt,dannwerdicheuch
nochnStck,h,vorlesen,dasistimmerdas
Bravourstck,waszujedemFestbeimiraufgetischt werden muss. Das ist so
hbsch.Atmo Stimmen, Glckchen klingeltFriedel spricht:So, ich lese
Ihnen ein schnes Lied vor, viele kennen es, es heit, em: Ein schner
Tag. Es singt Lena Valaitis. Da heit es:Ein schner Tag ward uns
beschert,wie es nicht viele
gibt,voneinerFreudeausgeflltundSorgenungetrbt,
mitLiedern,diedieLerchesingt,sofingderMorgenan.
DieSonneschenktegoldenenGlanz,demTag,derdann
begann.EinschnerTag,vollHarmonie,istwieein Edelstein. Er strahlt
dich an, und ruft dir zu: Heut sollst du glcklich sein. Und was das
Schicksal dir auch bringt, was immer kommen mag, es bleibt dir die
Erinnerung an einen schnen Tag... Beifall Atmo Orgel, Glocke
A:IrgendwanngingesnichtmehrimeigenenHuschen.Die
rztindiagnostizierteeinebedrohlicheWasseransammlungin
denBeinenundberwiesFriedelsofortineinKrankenhaus. Auerdem stellte
sie Zeichen krperlicher Verwahrlosung fest.
Alsesdarumging,wersienachderEntlassungausdem
Krankenhausbetreuenwrde,beschlossenwirNeffen,ihr
zunchstvorbergehendeinenHeimplatzzubesorgen,auch
umsieeinbisschenunterMenschenzubringen.Undweilwir
schlielichfanden,dasssiedabesseraufgehobenwaralszu Hause, sollte es
dabei bleiben. 33 Anfangsfauchtesiemichimmermalan,wirhttenunsim
EinvernehmenmitderrztindasHausunterdenNagel gerissen. Sie konnte
ziemlich garstig sein.DabeihattesieunsdasHuschenschonJahrezuvor
berschrieben.Undsiewussteauch,dassesnichtewig unbewohnt in der
Gegend herumstehen konnte.Nach und nach gab sie den Widerstand
gegen ihr neues Dasein
auf.Naja,hieesdann,wennichsiebesuchte,sieknne
nichtklagen,eigentlichwerdesie imGroenund Ganzengut behandelt.Am
liebsten sa sie im Flur gleich an der Eingangstr, die sich
elektrisch ffnete undschloss.Dakonntesiesehen,weraus- und einging,
und langweilte sich
nicht.MitdenanderenBewohnerinnendagegenhattesiees
manchmalschwer.DiealtenDamenpflegtenbeharrlichihre Fehden.Einmal
kam es zum Streit,weil ich mich, ohne es zu
ahnen,imGemeinschaftsraumaufeinenStuhlgesetzthatte,
deneineandereBewohnerinausGewohnheitfrsich
beanspruchte.AlssiemichaufihremPlatzerblickte,schrie
sieFriedelan,woraufhindiesezornigihreLimonadeaufden Boden kippte.Am
Nebentisch tuschelten daraufhin zwei Damen so laut, dass
jedesWortdeutlichzuhrenwar,Friedelbenehmesichmal
wiederganzunmglich.Ichstelltefest,dasssichalte Menschengegenseitig
weniggnnen.UndwarjedesMalfroh, wieder weg zu sein. Bis zum nchsten
Besuch. Autor: Hallo Friedel! Wie gehts Dir?
A:Friedelwurdeimmerstiller.Bissieschlielichvllig verstummte und
mich nur noch mit groen Augen anschaute.Autor:Na? 34 A: Sie
erkannte mich zwar noch, nickte auch auf manche Fragen, aber es gab
wohl nichts mehr zu sagen in diesem
Leben.ZweiWochennachmeinemletztenBesuchkamderAnruf, dass sie in der
Nachtgestorbensei. Atmo Glocke, Schritte
A:SofolgenwiramEndegemessenenSchrittesdensechs
Sargtrgern,diedenbraunenKastenaufeinemvierrdrigen
WagendurchdasgleiendeWinterweischieben.Inihren abgewetzten
schwarzen Anzgen, das Haar vom schneidenden
Windzerzaust,lassensiemichanalteKrhendenken.Und whrend die
Kirchenglocke tapfer zum letzten Geleit schlgt,
stapfenwirschlotternddenlangenWegganzaufdieandere
SeitedesFriedhofs,dieTrauermienenwieeingefroren,der letzte Akt.
Pastor:DerFriededesHerrnseimiteuchallen,Amen.Gott spricht: Frchte
Dich nicht, denn ich habe dich erlst.
IchhabedichbeimeinemNamengerufen,dubist
mein.IndiesemVertrauennehmenwirnunAbschied
vonFriedelRollhuser,legenihrenLeibinGottes
Erde,dassdaraufNeueswachsenkann.ErdezuErde, Asche zu Asche, Staub
zum Staub... Amen. Atmo Friedhof A:Tante Friedel. Besuch auf dem
norddeutschen Land.Mit Bernhard Schtz. Manuskript und Realisation:
Lorenz Rollhuser. Redaktion: Ulrike Toma Eine Produktion des
Norddeutschen Rundfunks 2012.