Studienbrief: ADHS im Erwachsenenalter – Version 2010 Psych. Psychotherapeut R. D’Amelio, Universitätskliniken des Saarlandes, 66421 Homburg/ Saar, email: [email protected]1 Kriterien des Aufmerksamkeitsdefizits im DSM-IV (sechs oder mehr der neun Symptome von Unaufmerksamkeit müssen während der letzten sechs Monate ständig in einem nicht mit dem Entwicklungsstand zu vereinbarenden Ausmaß vorhanden gewesen sein) mit Beispielen für die bei Erwachsenen zu erwartenden Symptome Symptome des Aufmerksamkeitsdefizits nach DSM IV Symptomwandel im Erwachsenenalter Beachtet häufig Einzelheiten nicht oder macht Flüchtigkeitsfehler bei den Schularbeiten, bei der Arbeit oder bei anderen Tätigkeiten Mangelnde Konzentration beim Durchlesen schriftlich fixierter Aufgaben und Arbeitsanweisungen; bei mündlicher Auftragserteilung Unfähigkeit, so lange konzentriert zu bleiben, bis die Handlungsanweisung verinnerlicht ist Hat oft Schwierigkeiten, längere Zeit die Aufmerksamkeit bei Aufgaben oder beim Spielen aufrechtzuerhalten Subjektiv langweilige Aufgaben wie Routinearbeiten am Arbeitsplatz, regelmäßige Arbeitsabläufe oder uninteressant erscheinende Aufträge lösen eine erhöhte Ablenkbarkeit aus und führen damit zum Wechsel der Tätigkeit, wichtige und unwichtige Dinge sind gleichrangig. Scheint häufig nicht zuzuhören, wenn andere ihn/sie ansprechen Erwachsene sind häufig mit eigenen Gedanken beschäftigt, oft noch von Vorkommnissen beeindruckt, bei denen scheinbar etwas schlecht gelungen ist, und haben deshalb kein Ohr für die Umgebung. Führt häufig Anweisungen anderer nicht vollständig durch und kann Schularbeiten, andere Arbeiten oder Pflichten am Arbeitsplatz nicht zu Ende bringen Erwachsene erfassen die Aufgabenstellung nur unvollständig und fühlen sich schnell von zu erledigender Arbeit überfordert; weil keine Gliederung der Arbeit vorgenommen werden kann, wechseln sie deshalb zu anderer "interessant" erscheinender Tätigkeit. Hat häufig Schwierigkeiten, Aufgaben und Aktivitäten zu organisieren Mangelhafter Überblick bei der Organisation von Arbeiten, Wichtig und Unwichtig werden bei der Planung von Arbeitsabläufen nicht beachtet. Vermeidet häufig, hat eine Abneigung gegen oder beschäftigt sich häufig nur widerwillig mit Aufgaben, die länger andauernde geistige Anstrengungen erfordern Mangelnde Fähigkeit zur Gliederung von Arbeitsabläufen führt zu schnell eintretenden Überforderungsgefühlen, häufiger Stimmungswechsel verhindert konstante Arbeitsleistung, dies bedingt eine oft zu beobachtende Selbstentwertung. Verliert häufig Gegenstände, die er/sie für Aufgaben oder Aktivitäten benötigt Unfähigkeit, sich an Handlungen zurückzuerinnern (z. B. : Wo habe ich meinen Schlüssel abgelegt?), bei starker Reizoffenheit; Verlust der Fähigkeit geplant vorzugehen, keine Erinnerung an Ausgangssituationen, damit verbunden der Eindruck, sich ständig in einer unvorhergesehenen Situation zu befinden. Lässt sich öfter durch äußere Reize leicht ablenken Hohe Ablenkbarkeit bei großer Reizoffenheit durch schlecht steuerbare Konzentration und Fokussierung auf die Gesprächs- oder Arbeitssituation. Ist bei Alltagstätigkeiten häufig vergesslich Häufig vorhandenes Gefühl, an vorzeitigem "Alzheimer" zu leiden, weil der Tagesablauf als eine Aneinanderreihung von unvorhersehbaren Ereignissen wahrgenommen wird und damit die eigentlich geplanten Vorhaben in Vergessenheit geraten.
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Studienbrief: ADHS im Erwachsenenalter – Version 2010 Psych. Psychotherapeut R. D’Amelio, Universitätskliniken des Saarlandes, 66421 Homburg/ Saar,
� Kriterien des Aufmerksamkeitsdefizits im DSM-IV (sechs oder mehr der neun Symptome von Unaufmerksamkeit müssen während der letzten sechs Monate ständig in einem nicht mit dem Entwicklungsstand zu vereinbarenden Ausmaß vorhanden gewesen sein) mit Beispielen für die bei Erwachsenen zu erwartenden Symptome
Symptome des Aufmerksamkeitsdefizits
nach DSM IV
Symptomwandel im Erwachsenenalter
Beachtet häufig Einzelheiten nicht oder macht Flüchtigkeitsfehler bei den Schularbeiten, bei der Arbeit oder bei anderen Tätigkeiten
Mangelnde Konzentration beim Durchlesen schriftlich fixierter Aufgaben und Arbeitsanweisungen; bei mündlicher Auftragserteilung Unfähigkeit, so lange konzentriert zu bleiben, bis die Handlungsanweisung verinnerlicht ist
Hat oft Schwierigkeiten, längere Zeit die Aufmerksamkeit bei Aufgaben oder beim Spielen aufrechtzuerhalten
Subjektiv langweilige Aufgaben wie Routinearbeiten am Arbeitsplatz, regelmäßige Arbeitsabläufe oder uninteressant erscheinende Aufträge lösen eine erhöhte Ablenkbarkeit aus und führen damit zum Wechsel der Tätigkeit, wichtige und unwichtige Dinge sind gleichrangig.
Scheint häufig nicht zuzuhören, wenn andere ihn/sie ansprechen
Erwachsene sind häufig mit eigenen Gedanken beschäftigt, oft noch von Vorkommnissen beeindruckt, bei denen scheinbar etwas schlecht gelungen ist, und haben deshalb kein Ohr für die Umgebung.
Führt häufig Anweisungen anderer nicht vollständig durch und kann Schularbeiten, andere Arbeiten oder Pflichten am Arbeitsplatz nicht zu Ende bringen
Erwachsene erfassen die Aufgabenstellung nur unvollständig und fühlen sich schnell von zu erledigender Arbeit überfordert; weil keine Gliederung der Arbeit vorgenommen werden kann, wechseln sie deshalb zu anderer "interessant" erscheinender Tätigkeit.
Hat häufig Schwierigkeiten, Aufgaben und Aktivitäten zu organisieren
Mangelhafter Überblick bei der Organisation von Arbeiten, Wichtig und Unwichtig werden bei der Planung von Arbeitsabläufen nicht beachtet.
Vermeidet häufig, hat eine Abneigung gegen oder beschäftigt sich häufig nur widerwillig mit Aufgaben, die länger andauernde geistige Anstrengungen erfordern
Mangelnde Fähigkeit zur Gliederung von Arbeitsabläufen führt zu schnell eintretenden Überforderungsgefühlen, häufiger Stimmungswechsel verhindert konstante Arbeitsleistung, dies bedingt eine oft zu beobachtende Selbstentwertung.
Verliert häufig Gegenstände, die er/sie für Aufgaben oder Aktivitäten benötigt
Unfähigkeit, sich an Handlungen zurückzuerinnern (z. B. : Wo habe ich meinen Schlüssel abgelegt?), bei starker Reizoffenheit; Verlust der Fähigkeit geplant vorzugehen, keine Erinnerung an Ausgangssituationen, damit verbunden der Eindruck, sich ständig in einer unvorhergesehenen Situation zu befinden.
Lässt sich öfter durch äußere Reize leicht ablenken
Hohe Ablenkbarkeit bei großer Reizoffenheit durch schlecht steuerbare Konzentration und Fokussierung auf die Gesprächs- oder Arbeitssituation.
Ist bei Alltagstätigkeiten häufig vergesslich
Häufig vorhandenes Gefühl, an vorzeitigem "Alzheimer" zu leiden, weil der Tagesablauf als eine Aneinanderreihung von unvorhersehbaren Ereignissen wahrgenommen wird und damit die eigentlich geplanten Vorhaben in Vergessenheit geraten.
Studienbrief: ADHS im Erwachsenenalter – Version 2010 Psych. Psychotherapeut R. D’Amelio, Universitätskliniken des Saarlandes, 66421 Homburg/ Saar,
� Kriterien der Hyperaktivität und Impulsivität im DSM-IV (sechs oder mehr der neun Symptome müssen während der letzten sechs Monate ständig in einem nicht mit dem Entwicklungsstand zu vereinbarenden Ausmaß vorhanden gewesen sein) mit Beispielen für die bei Erwachsenen zu erwartenden Symptome
Symptome der Hyperaktivität und Impulsivität nach DSM IV
Symptomwandel im Erwachsenenalter
Zappelt häufig mit Händen oder Füßen oder rutscht auf dem Stuhl herum
Erwachsene wippen mit den Füßen, lassen häufig das ganze Bein zittern, trommeln mit den Fingern auf Tischplatten oder Armlehnen von Stühlen, gelegentlich verknoten sie ihre Beine oder schlingen sie um Stuhlbeine, um die motorische Unruhe zu kontrollieren, sie schlagen beim Sitzen ein Bein unter und haben oft Probleme mit Nägelkauen.
Steht in der Klasse oder in anderen Situationen, in denen Sitzen bleiben erwartet wird, häufig auf
Erwachsene vermeiden Langstreckenflüge, weil sie die erzwungene körperliche Ruhe nicht ertragen; Restaurant-, Theater- und Kinobesuche führen zu großer innerer Anspannung, weil wenig Gelegenheit zu Bewegung existiert.
Läuft häufig herum oder klettert exzessiv in Situationen, in denen dies unpassend ist (bei Jugendlichen oder Erwachsenen kann dies auf ein subjektives Unruhegefühl beschränkt bleiben)
Erwachsene lieben Berufe mit der Möglichkeit sich zu bewegen; sie sind häufig in Außendienstpositionen mit wechselnden Gesprächspartnern oder Orten zu finden, sie verzichten ungern auf ihr Handy, sie brauchen viele Reizquellen, sie möchten sich durch Außenreize stimulieren.
Hat häufig Schwierigkeiten, ruhig zu spielen oder sich mit Freizeitaktivitäten ruhig zu beschäftigen
Erwachsene treiben gerne Sportarten, die mit Risiko verbunden sind, wie Drachenfliegen, Bungee-Jumping oder Motorradfahren; die extreme Reizsituation führt zu einer intensiven Konzentrationsleistung, was von den Betroffenen als angenehm erlebt wird.
Ist häufig "auf Achse" oder handelt oftmals, als wäre er / sie "getrieben"
Hektisches Rennen vermittelt ein Gefühl von Lebendigkeit, deshalb auch der Versuch, ständig mehrere Arbeiten gleichzeitig zu bewältigen; das Hasten von Arbeit zu Arbeit entlastet von starker innerer Unruhe.
Redet häufig übermäßig viel Die Sprechweise ist oft schnell und undeutlich, wird von der Umgebung häufiger als aggressiv erlebt, Gesprächspartner kommen kaum zu Wort, da der Betroffene schnell auf ein Thema hyperfokussiert ist, "Smalltalk" wird als langweilig empfunden.
Platzt häufig mit den Antworten heraus, bevor die Frage zu Ende gestellt ist
Die überbordenden Ideen müssen schnell formuliert werden, bevor sie vergessen sind, es fehlt wie bei Kindern das "Stop - Listen - Go".
Kann nur schwer warten, bis er / sie an der Reihe ist
Die andauernde innere Spannung äußert sich in Ungeduld gegenüber der Langsamkeit anderer, betroffene Mütter leiden unter der langsamen Auffassungsgabe ihrer Kinder bei den Hausaufgaben; Schlangestehen oder Stau beim Autofahren führen zu aggressiven Verhaltensweisen.
Unterbricht und stört andere häufig (platzt z. B. in Gespräche oder in Spiele anderer hinein)
Mischt sich ungefragt in Gespräche ein. Wenn ein Betroffener selbst nicht handeln soll, kommt in ihm schnell eine innere Unruhe auf, die dazu verleitet, die Arbeit selbst zu übernehmen. Beispiel: die tüchtige Mutter, deren Tochter keine Chance erhält, eigene Fertigkeiten zu entwickeln.
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Strategien und Techniken untereinander auszutauschen, so dass Betroffene ihre Kompetenzen im
Umgang mit der ADHS (weiter) ausbauen können. In der folgenden Tabelle 2 ist beispielhaft einen
Überblick über den Ablauf und die Inhalte des bislang einzigen deutschsprachigen manualisierten
Therapieprogramms zur Psychoedukation bei ADHS im Erwachsenenalter abgebildet (D’Amelio et al.
2008):
1 Kennenlernen und
Organisatorisches
� Vorstellung der Teilnehmer � Organisatorisches und Terminabsprache � „Regeln für eine gute Zusammenarbeit“ � Individuelle Therapieziele � ADHS-Wissenfragebogen
2 Was ist ADHS und wie entsteht ADHS?
� Symptome der ADHS � Neurobiologichen Grundlagen der ADHS � ADHS assoziierten Komorbiditäten
3 Wie kann man ADHS behandeln? � Pharmakologische und psychologische Behandlungsmöglichkeiten bei ADHS
� Pharmakologische und psychologische Behandlungsmöglichkeiten bei ADHS assoziierten Komorbiditäten
4 Mein (soziales) Leben mit ADHS � Besonderes Potential von Menschen mit ADHS � Problematische und Positive Anteile meiner ADHS � ADHS in sozialen Interaktionen � Besprechung der Anteile der ADHS, die sozial als
problematisch erachtet werden
5 Wie gehe ich mit mir um?
Selbstbild und Selbstwert
� Wie gehe ich mit mir um? Der innere Trainer � Diskussion: Optimist oder Pessimist? � Individuelle Stärken und Kompetenzen
6 Von Chaos und Kontrolle – (Selbst-) Organisation im Alltag
� Chaosstifter & Ordnungshalter � Strategien und Techniken zur Alltagsstrukturierung � „Jäger und Farmer“ Metapher
7 Stressmanagement � psycho-somatische Grundlagen von Stress und Stressreaktion
� Externe und Interne Stressoren � Methoden zur Stress-Prophylaxe, -Management
und -Regeneration 8 Stimmungsregulation und
Impulskontrolle
� Der Stimmungsbarometer � (Mehr) Selbstkontrolle bei Wut und Ärger � Stimmungsregulierende Maßnahmen
9 Selbstmodifikation von problematischen Verhalten
� Grundlagen der Selbstmodifikation � Schema zur Analyse und zur Veränderung von
problematischem Verhalten � Subjektive Akzeptanz der ADHS spezifischen
Medikation
10 Ausklang und Verabschiedung � Rückblick und Würdigung � Vereinbarung des 1. Nachtreffens � Evtl. Überführung in eine Selbsthilfegruppe � Durchführung des ADHS-Wissensfragebogens � Verabschiedung der Teilnehmer
Tabelle 2: Überblick über die Themenschwerpunkte der Sitzungen 1 bis 10 der psychoedukativen
Gruppe für Patienten mit ADHS im Erwachsenenalter (aus D’Amelio et al. 2008, S 47-48)
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ADHS-Betroffenen ausgerichtete Coaching-Weiterbildung. Aus den genannten Gründen lässt sich
zurzeit, zumindest für den deutschsprachigen Raum, nicht abschätzen, inwieweit bereits qualifizierte
Coaches zur Betreuung von Patienten mit ADHS zur Verfügung stehen. Des Weiteren muss in
(weiteren) wissenschaftlichen Studien evaluiert werden, in welchen Bereichen bzw. Ausmaß
Betroffenen durch ein ADHS spezifischen Coaching profitieren können.
Weiterführende Literatur � Deutschsprachige Therapiemanuale: � D’Amelio R, Retz W, Philipsen A, Rösler M (Hrsg.) (2008) Psychoedukation und Coaching ADHS
im Erwachsenenalter. Manual zur Leitung von Patienten- und Angehörigengruppen. München: Urban & Fischer, Reihe: Im Dialog
� Hesslinger B, Philipsen A, Richter H (2004) Psychotherapie der ADHS im Erwachsenenalter - Ein
Arbeitsbuch. Göttingen: Hogrefe � Lauth, G.W.; Minsel, W.-R. (2009) ADHS bei Erwachsenen. Diagnostik und Behandlung von
Aufmerksamkeits-/ Hyperaktivitätsstörungen. Therapeutische Praxis. Göttingen: Hogrefe � Safren SA, Perlmann CA, Sprich S, Otto MW (2008) Kognitive Verhaltenstherapie der ADHS im
Erwachsenenalter. Berlin: Medizinisch wissenschaftliche Verlagsgesellschaft � Weitere Literatur: � Ramsey JR & Rostain AL (2008) Cognitive Behavioral Therapy for adult ADHD. An integrative
Psychosocial and Medical Approach. New York: Routledge � Ratey NA, Jaksa P & The ADDA Subcommittee on AD/HD Coaching (2002) The ADDA Guiding
Principles for Coaching Individuals with Attention Deficit Disorder. National ADDA (http://www.add.org/articles/coachingguide.html)
� Ryffel-Rawak D (2003) Coaching bei ADHS. http://www.adhs.ch/download/ADHS-Coaching.pdf � Safren SA, Otto MW, Sprich S, Winett CL, Wilens TE, Biederman J (2005) Cognitive-behavioral
therapy for ADHD in medication-treated adults with continued symptoms. Behav Res Ther 2005; 43: 831–42
� Überblick über die Inhalte der einzelnen Sitzungen der Psychoedukativen Gruppe für Angehörige von Patienten mit ADHS (sämtliche Materialien aus: D’Amelio R, Retz W, Philipsen A, Rösler M (Hrsg.) (2008) Psychoedukation und Coaching ADHS im Erwachsenenalter. Manual zur Leitung von Patienten- und Angehörigengruppen. München: Urban & Fischer, Reihe: Im Dialog)
1 Vorstellung, Vereinbarungen,
Klärung
Vorstellung der Gruppenleiter und Teilnehmer,
Klärung von Erwartungen und Grenzen, Organisatorisches,
Terminabsprachen, „Schweigepflicht“
2 Neurobiologie und
Krankeitsmodell der ADHS im
Erwachsensenalter
Symptomatik und diagnostische Kriterien der ADHS im
� Besprechen Sie die Medikamenteneinnahme mit Ihrem Arzt. Lassen Sie sich vom Arzt einen Verordnungsplan aushändigen – halten Sie sich an diesen!
� Planen Sie mit dem Arzt rechtzeitig den nächsten Wiedervorstellungstermin so, dass Ihnen die Medikamente nicht ausgehen.
� Bewahren Sie die Medikamente an einem festen Ort auf, wo Sie sie immer finden.
� Damit Sie die Einnahme des Medikaments nicht vergessen, sind Routinen nützlich (z.B. Ablage in der Küche bei der Kaffeemaschine, im Bad beim Rasierapparat).
� Verbinden Sie die Medikamenteneinnahme mit einer anderen Tätigkeit, die sie jeden Tag ausführen müssen.
� Lassen Sie sich durch die Alarmfunktion Ihrer Armbanduhr oder durch ein zuverlässiges Familienmitglied an die Medikamenteneinnahme erinnern.
� Dokumentieren Sie die Einnahme auf einem kleinen Block, den Sie mit der Medikamentenschachtel zusammen aufbewahren. Einen Stift am besten gleich mit in die Schachtel stecken.
� Falls mehrere Einnahmezeitpunkte notwendig sind und Sie sich häufig außer Haus aufhalten, richten Sie die Tabletten routinemäßig z.B. jeden Abend für den Folgetag.
� Stecken Sie die Tabletten am besten gleich nach dem Richten in eine Tasche des Kleidungsstücks, das Sie am nächsten Tag anziehen werden.
� Sprechen Sie vor längeren Urlauben und Auslandsreisen mit Ihrem Arzt über die Medikation.
D’Amelio et al. 2008/ Psychoedukation bei ADHS im Erwachsenenalter: 3. Sitzung / Handout 3.2
Studienbrief: ADHS im Erwachsenenalter – Version 2010 Psych. Psychotherapeut R. D’Amelio, Universitätskliniken des Saarlandes, 66421 Homburg/ Saar,
- Selbsthilfe im Alltag bei ADHS bedingten Problemen -
Bitte beantworten Sie bis zur nächsten Sitzung die folgenden Fragen:
� In welchen Alltagssituationen machen sich bei Ihnen ADHS-Symptome besonders bemerkbar?
� Durch welche speziellen Anforderungen werden sie ausgelöst?
� Was könnte Sie daran ändern, um dieses Problem zu lösen bzw. um besser damit zu recht zu kommen?
Was ist los? Was ist die Ursache? Was könnte ich ändern?
Ich werde mit dem Abwasch in der Küche nicht fertig
Der Fernseher läuft nebenher und ich werde immer wieder abgelenkt
Ich schalte beim Abwasch den Fernseher erst gar nicht ein. Wenn ich Lust habe Fernzusehen, belohne ich mich damit hinterher.
Ich bin völlig genervt, weil die gleich Besuch kommt und das Essen noch lange nicht fertig ist
Ich habe in der Zwischenzeit 3 Mal telefoniert, weil das Handy geklingelt hat
Ich nehme mir vor das Handy in Zukunft auszuschalten, wenn ich eine wichtige Sache zu erledigen habe. Erst wenn ich fertig bin, schalte ich es wieder an.
Situation1
Situation 2
Situation 3
D’Amelio et al. 2008/ Psychoedukation bei ADHS im Erwachsenenalter: 3. Sitzung / Handout 3.3
Studienbrief: ADHS im Erwachsenenalter – Version 2010 Psych. Psychotherapeut R. D’Amelio, Universitätskliniken des Saarlandes, 66421 Homburg/ Saar,
„ChaosStifter“ „OrdnungHalter“ � Ich entwerfe bei anfallenden Arbeiten keinen Plan,
sondern fange „irgendwo“ bzw. „irgendwie“ an � Ich fange meist zu spät mit etwas an und verkalkuliere
mich zumeist auch mit der Zeit, die ich dazu brauchen werde
� ich verzettele mich bei Arbeiten (komme vom
Hundertsten ins Tausendste) und lande dann häufig dort, wo ich ursprünglich gar nicht hinwollte und bring deshalb die Arbeit nicht zu Ende
� ich kann bei längeren Arbeiten nicht bei der Sache
bleiben, schweife häufig innerlich ab oder vertrödele die zur Verfügung stehende Zeit
� Ich schreib mir Termine nicht sofort auf und vergesse
sie dann häufig � Anstatt eines Terminplaners habe ich nur eine
ungeordnete „Zettelwirtschaft“; diese Zettel gehen dann öfters verloren, so dass ich keinen Überblick über meine Termine habe
� Ich habe verschiedene Terminplaner und komme
deshalb mit meinen Terminen durcheinander � Wenn mich irgend jemand um eine Gefallen bittet,
dann sag ich sofort zu, ohne zu überlegen, ob ich dies zeitlich bzw. inhaltlich überhaupt leisten kann
� Ich nehme mir meist zu viel vor und sehe dann nur
noch einen unüberwindbaren Berg vor mir � Ich drück mich vor unangenehmen Arbeiten und mach
zuerst alles was mir leicht fällt und/ oder mich interessiert
� Wenn ich „gute Einfälle“ habe, dann lass ich alles
stehen und liegen und gehe diesen nach � Ich leg zuhause alles „irgendwo“ hin, vergesse dies
aber und finde es dann nicht mehr � Ich habe für ungeliebte Routineaufgaben (z.B. Post
beantworten, Bügeln) keine festgelegten – wiederkehrenden Zeiten, sondern mache das eher nach „Lust und Laune“ bzw. immer dann, wenn die Arbeit nicht mehr umgangen werden kann; dadurch ist die zu bewältigende Menge meist viel zu groß und ich bin noch demotivierter. Ein Teufelskreis.
� Ich schiebe anfallende Aufgaben weit von mir weg,
indem ich mir sage „das hat auch noch bis morgen Zeit“ � Ich packe meine Tasche erst am morgen unter
Zeitdruck und vergesse dadurch die Hälfte
� vor Beginn einer Arbeit unnötige Ablenkungen und Störungen ausschalten
� während man etwas bearbeitet in regelmäßigen
Abständen überprüfen, ob man noch bei der Sache ist (z.B. alle 10 Minuten Wecker zur Erinnerung stellen)
� Arbeitsbereich so gestalten, dass Ablenkungen
minimiert werden (z.B. Schreibtisch nicht ans Fenster stellen)
� Bei langweiligen Tätigkeiten passende
„Nebenbeschäftigung“ finden, so dass innere Unruhe abreagiert werden kann und die Gedanken leichter bei der Sache bleiben (z.B. im Unterricht nebenher Stricken oder malen, damit man besser Zuhören kann)
erledigen; Unangenehmes zuerst erledigen, sich erst danach mit was angenehmen belohnen
� Sich nicht zu viel vornehmen, sondern große Aufgaben
immer in kleine „machbare“ Teilbereiche aufteilen („Mundgerechte, Essbare-Portionen-Taktik“), damit man nie das Gefühl bekommt, vor einem unüberwindbaren Berg zu stehen
� (wiederkehrende) Abläufe mittels Tages- und
Wochenplänen strukturieren � Rituale einhalten (z.B. Essenzeiten, aber auch Wäsche
bügeln usw. immer zur gleichen Zeit bzw. am selben Tag)
� höchstens 60% der Zeit pro Tag verplanen, der Rest
wird für Unerwartetes und „Trödeleien“ benötigt � für anfallende Arbeiten Ablaufpläne schreiben (Was –
Wann – Wie – Wo- bis Wann – Mit Wem) � Einfälle bzw. Ideen sofort in ein Notizbuch schreiben,
dass man immer bei sich trägt � Nur EINEN Kalender nutzen, in den alle Termine notiert
werden – keine Zusage geben, ohne diesen kontrolliert zu haben
� Wichtige Termine auch in die „Erinnerungsfunktion“ des
Handy einprogrammieren; zusätzlich gute Freunde bitten, einen rechtzeitig daran zu erinnern
� Gedächtnisstützen sichtbar anbringen; wichtige
Sachen, die unbedingt mitgenommen werden sollen, in den Weg zur Haustür legen
� Tasche abends packen, zuvor „Checkliste“ schreiben,
was alles rein muss bzw. mitgenommen werden muss. � Dinge im Haushalt einen festen Platz zuweisen und
diese immer an die gleiche Stelle ablegen, so dass automatisch mehr Ordnung gehalten wird
� Bei unerwarteten Anfragen von Arbeitskollegen –
Freunden oder Bekannten, ob man etwas tun kann oder aushelfen kann, „Spielraumtechnik“ einsetzen und antworten: „Ich muss kurz nachschauen, ob das geht und sag dir gleich bescheid“. Dann zuerst Terminkalender überprüfen und überlegen ob das zeitlich geht und ob ich mir das zumuten will/ kann
Tab. 5.10 : Auswahl von Aussagen von Teilnehmern zu deren persönlichen „ChaosStifter“ und
„OrdnungHalter (aus D’Amelio et al. 2008, S 84)
Studienbrief: ADHS im Erwachsenenalter – Version 2010 Psych. Psychotherapeut R. D’Amelio, Universitätskliniken des Saarlandes, 66421 Homburg/ Saar,
Bitte tragen Sie in diese Tagesliste alle Aufgaben ein, die HEUTE noch von Ihnen erledigt werden müssen:
Was ist HEUTE unbedingt zu tun? Um wie viel Uhr? Bis wann?
Erledigt?
Bitte tragen Sie in die folgende Liste alle Aufgaben ein, die heute nicht erledigt worden sind und/ oder diese Woche unbedingt noch von Ihnen erledigt werden müssen:
Diese Woche UNBEDINGT noch zu erledigen Bis Wann?
D’Amelio et al. 2008/ Psychoedukation bei ADHS im Erwachsenenalter: 6. Sitzung / Handout 6.3
Studienbrief: ADHS im Erwachsenenalter – Version 2010 Psych. Psychotherapeut R. D’Amelio, Universitätskliniken des Saarlandes, 66421 Homburg/ Saar,
Dieses Arbeitsblatt, kann Ihnen helfen, sich selbst angemessen zu motivieren und notwendige Arbeiten bzw. Tätigkeiten RECHTZEITIG anzugehen: � Was GENAU muss Ich TUN? Bis wann?
________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________ � Was passiert (mir), wenn ich nicht handele?
________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________ � Was bringt es mir, wenn ich HANDELE? Warum ist das WICHTIG?
________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________ � Wann muss ich spätestens BEGINNEN, damit ich RECHTZEITIG FERTIG werde?
________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________ � Wie viel „Zeitpuffer“ für Unerwartetes und „Motivations-Tiefs“ habe ich in meiner Zeitrechnung
berücksichtigt? Ist das AUSREICHEND?
________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________ � ICH schließe ein Abkommen mit mir und verpflichte mich SELBST, am
__________________________ zu STARTEN und von da an ZIELSTREBIG zu arbeiten, damit
ICH das Ganze am ____________________________ noch RECHTZEITIG zu einem GUTEN
ABSCHLUSS bringe.
________________ _________________
(Datum) (Unterschrift)
D’Amelio et al. 2008/ Psychoedukation bei ADHS im Erwachsenenalter: 6. Sitzung / Handout 6.4
Studienbrief: ADHS im Erwachsenenalter – Version 2010 Psych. Psychotherapeut R. D’Amelio, Universitätskliniken des Saarlandes, 66421 Homburg/ Saar,
Kleine Schule des Genießens - 7 Empfehlungen � Genehmige und gönne Dir Genuss � "Auch zum Genießen gehört ein Entschließen" - Sie können evtl.
Hemmungen oder schlechtes Gewissen beim Genießen überwinden. Sie haben es sich redlich verdient!
� Genieße bewusst � Schalten Sie evtl. Störungen aus und konzentrieren Sie sich beim Genießen
auf wenige Dinge. Lenken Sie Ihre Aufmerksamkeit gezielt auf das, was Sie genießen möchten!
� Genieße auf Deine eigene Art � Über Geschmack lässt sich nicht streiten. Über das Genießen auch nicht.
Was zählt, ist Ihre persönliche Art und Weise zu genießen. Es kann angenehm spannend sein, dies herauszufinden. Um es dann immer wieder zu tun!
� Weniger ist oft mehr � Genießen lässt sich auch das Kleinste oder Alltäglichste. Für Genus ist
nicht die Menge, sondern allein die Qualität entscheidend. Übersättigen Sie sich nicht mit unnötigen Mengen, und gönnen Sie sich das jeweils für Sie Beste!
� Übe Deine Sinne im Genießen � Indem Sie ihre Aufmerksamkeit ganz und gar auf ein Sinnes-Erlebnis
konzentrieren, z.B. Schmecken oder Riechen, dabei mehr und mehr Ihre Sinne schärfen und immer wieder neue Nuancen entdecken!
� Nimm dir Zeit zum Genießen � Genuss kann selten unter Zeitdruck erlebt werden. Aber oft genügt ein
Augenblick des Genießens!
� Genuss liegt im alltäglichen � Der erste Blick aus dem Fenster am Morgen, ein Lächeln, der Geruch von
frischem Brot, spielende Kinder, Vogelgezwitscher, ein Sonnenstrahl der die Wolkendecke durchdringt...Öffnen Sie Ihre Sinne und der Genuss wird Sie finden - gerade und besonders im Alltag!
D’Amelio et al. 2008/ Psychoedukation bei ADHS im Erwachsenenalter: 7. Sitzung / Handout 7.6
Studienbrief: ADHS im Erwachsenenalter – Version 2010 Psych. Psychotherapeut R. D’Amelio, Universitätskliniken des Saarlandes, 66421 Homburg/ Saar,