Supraleitung Von der Herstellung und Untersuchung eines Hochtemperatursupraleiters sowie dem Bau einer Supraleiter-Magnetschwebebahn Silvan Horvath, 6aG Maturitätsarbeit Kantonsschule Rychenberg Winterthur Betreuung durch Matias Meier Trüllinger Zweitbeurteilung durch Lukas Morf 05. Dezember 2017
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Supraleitung Von der Herstellung und Untersuchung eines Hochtemperatursupraleiters
11.1 Theorieblatt zur Unterrichtseinheit ..........................................................................47
11.2 Röntgendiffraktogramm der YBa2Cu3O7-Probe .......................................................50
11.3 Tabellarische Messresultate der R(T)-Messung .....................................................51
11.4 Tabellarische Messresultate der m(T)-Messung .....................................................67
1
1 Einleitung
Die folgenden Informationen basieren auf (Buckel, 2013).
1911 entdeckte der Physiker Heike Kamerlingh Onnes, dass Quecksilber bei einer Temperatur
von 4.2 K abrupt seinen elektrischen Widerstand verliert. Diesen neu entdeckten Zustand von
Quecksilber nannte er den supraleitenden Zustand. Wie sich herausstellte, tritt Supraleitung
bei vielen Elementen des Periodensystems auf, jedoch nur bei Temperaturen unter 20 K.
Umso interessanter sind daher die erst ab 1986 entdeckten Hochtemperatursupraleiter. Es
handelt sich um Materialien (meist Keramiken) mit Sprungtemperaturen von bis zu 135 K. Ent-
sprechend können Hochtemperatursupraleiter günstig mit flüssigem Stickstoff in den supralei-
tenden Zustand gekühlt werden.
1933 zeigten Walther Meissner und Robert Ochsenfeld, dass die Eigenschaften von Supralei-
tern über den Verlust des elektrischen Widerstands hinausgehen. So unterscheiden sich die
elektromagnetischen Eigenschaften eines Supraleiters von jenen, die man von einem idealen
Leiter erwarten würde. Diese Unterschiede werden bei der vielleicht beeindruckendsten De-
monstration der Supraleitung sichtbar; dann nämlich, wenn ein Supraleiter über einem Mag-
neten schwebt.
Erst 1957 wurde die Supraleitung auch theoretisch verstanden. John Bardeen, Leon Neil
Cooper und John Robert Schrieffer konnten sie als quantenphysikalisches Phänomen erklä-
ren. Die Grundzüge dieser Theorie werden in der vorliegenden Arbeit erläutert. Erwähnens-
wert ist, dass diese BCS-Theorie (nach den Namen der Urheber) nur die klassische Tieftem-
peratursupraleitung erklärt. Der fundamentale Mechanismus, der zur Hochtemperatursupra-
leitung führt, ist bis heute unbekannt.
Meine Motivation für eine Maturitätsarbeit zum Thema Supraleitung ist die immense Faszina-
tion, die von diesem Phänomen ausgeht. Mehr als einhundert Jahre nach seiner Entdeckung
bleibt es Gegenstand der Forschung und Entwicklung. Der heilige Gral der Supraleiterfor-
schung, ein Supraleiter bei Raumtemperatur, würde die weltweite Energiewirtschaft wohl
nachhaltig verändern. Bereits heute stellen supraleitende Magnetspulen einen integralen Be-
standteil von Teilchenbeschleunigern, Kernspintomographen und Kernfusionsreaktoren dar.
Doch selbst die einfache Demonstration eines Supraleiters, der über einem Magneten
schwebt, finde ich faszinierend genug, um die Supraleitung zum Thema meiner Maturitätsar-
beit zu machen.
1 Einleitung 2
Meine Arbeit verfolgt zwei Ziele. Einerseits versuche ich, selbst einen Hochtemperatursupra-
leiter herzustellen und diesen zu untersuchen. Konkret will ich eine fundamentale Grösse des
hergestellten Supraleiters ermitteln, die sogenannte Sprungtemperatur. Es handelt sich um die
Übergangstemperatur des Materials vom normalleitenden in den supraleitenden Zustand. Zu-
sätzlich untersuche ich den Einfluss von Magnetfeldern auf die Sprungtemperatur.
Im zweiten Teil der Arbeit versuche ich, eine Supraleiter-Magnetschwebebahn zu konstruieren
und zu bauen. Eine solche zeigt eindrücklich einige Eigenschaften von Supraleitern. Die Bahn
soll als Demonstrationsobjekt für den Physikunterricht dienen und als Teil einer kurzen Unter-
richtseinheit Kantonsschüler der fünften und sechsten Klasse in die Thematik der Supraleitung
einführen.
Die Arbeit beginnt mit der Theorie zur Supraleitung. Ziel ist es, die theoretischen Grundlagen
im Hinblick auf den experimentellen und praktischen Teil der Arbeit zu legen. Die Theorie soll
für Kantonsschüler der sechsten Klasse verständlich sein. Da es sich bei der Supraleitung um
ein quantenphysikalisches Phänomen handelt, wurde auf eine mathematische Beschreibung
der Theorie zugunsten vereinfachter Modelle verzichtet.
Im darauffolgenden Kapitel wird die Herstellung des Hochtemperatursupraleiters erläutert. Es
folgen zwei Kapitel über die am Supraleiter durchgeführten Experimente. Das letzte Kapitel
des Hauptteils handelt von der Herstellung der Supraleiter-Magnetschwebebahn und der da-
zugehörigen kurzen Unterrichtseinheit.
Die Arbeit endet mit dem Schlusswort, dem Literaturverzeichnis und dem Anhang.
3
2 Theorie
Grundsätzlich basiert die hier präsentierte Theorie zur Supraleitung auf dem Sachbuch Sup-
raleitung – Grundlagen und Anwendungen von Buckel und Kleiner (2013). Die Ausführungen
zum Spin (S. 5 f.) basieren ausserdem auf QED – Die seltsame Theorie des Lichts und der
Materie von Feynman (2005) sowie dem Leitprogramm für die Chemie Atombau (Orbitalmo-
dell) von Kaeser et al. (2013).
2.1 Grundlegendes
Wie bereits in der Einleitung erwähnt, ist die grundlegende Eigenschaft der Supraleitung der
Verlust des elektrischen Widerstands. Dieser Verlust erfolgt abrupt bei Unterschreiten der ma-
terialspezifischen Sprungtemperatur Tc (c für engl. critical). In Abb. 1 ist der Widerstands-
sprung bei Quecksilber dargestellt.
Bei Reinmetallen liegt Tc bei Normaldruck grundsätzlich unter 10 K. Jedoch hat beispielsweise
das Element Lithium unter einem Druck von 500 kbar eine Sprungtemperatur von 20 K. Auch
die Struktur des Elementarstoffs spielt eine Rolle: So zeigt reiner Kohlenstoff nur in Form von
Kohlenstoff-Nanoröhren Supraleitung (Tc = 15 K).
Die ab 1986 entdeckten keramischen Hochtemperatursupraleiter haben Sprungtemperaturen
von bis zu 135 K. Bei dem von mir hergestellten Hochtemperatursupraleiter YBa2Cu3O7 liegt
der Literaturwert von Tc bei 93 K. Er kann deshalb mit flüssigem Stickstoff (Siedetemperatur
77 K) unter Tc gekühlt werden.
Abb. 1 Widerstandssprung bei Quecksilber im Widerstand-Temperatur-Dia-gramm (Originalnotiz von Kamerlingh Onnes). (Abbildung: Wikipedia, 2017).
2 Theorie 4
2.2 Ursache der Supraleitung
Um zu ergründen, wie elektrischer Strom in Supraleitern ohne jeglichen Widerstand fliessen
kann, muss zuerst geklärt werden, wie dieser Widerstand beim Stromfluss in gewöhnlichen
Leitern zustande kommt.
Betrachtet man Elektronen, die Träger des elektrischen Stroms, als Teilchen, ergibt sich ein
relativ simples Modell für den Ursprung des Widerstands: Die freien, delokalisierten Elektronen
in einem Metall bilden eine Art «Elektronengas», welches das gesamte Gitter der positiv gela-
denen Atomrümpfe ausfüllt. Wird am Gitter eine Spannung angelegt, werden die freien Elekt-
ronen beschleunigt. Durch Kollisionen mit Gitterionen versetzten sie das Gitter in Schwingung,
geben also einen Teil ihrer Energie an das Gitter ab (das Metall erwärmt sich).
Die Grundlage des komplett widerstandsfreien Stromtransports in einem Supraleiter liegt in
einer weiteren Wechselwirkung zwischen den Elektronen und dem Kristallgitter: Zwischen je-
dem Elektron und den Gitterionen, in deren Nähe sich das Elektron befindet, herrscht wegen
ihrer umgekehrten Ladung eine anziehende Kraft. Folglich entsteht um ein Elektron eine Re-
gion mit einer Anhäufung an positiver Ladung, weil das Elektron die umliegenden Gitterionen
leicht anzieht. Anders ausgedrückt: Ein Elektron polarisiert das Kristallgitter.
Befindet sich ein zweites Elektron in der Nähe, polarisiert dieses das Gitter genauso. Die bei-
den Elektronen werden durch die Polarisation, die das jeweils andere auslöst, leicht voneinan-
der angezogen (cf. Abb. 2). Die anziehende Kraft reicht zwar nicht, um die Abstossung der
Elektronen durch ihre gleiche Ladung zu kompensieren, sie reduziert sie jedoch.
Abb. 2 Schematische Darstellung der Anziehung zweier Elektronen durch Polarisation des Metallgitters. (Abbildung: Buckel, 2013).
2 Theorie 5
Diese Modellvorstellung setzt jedoch voraus, dass sich die beiden Elektronen statisch im Kris-
tallgitter aufhalten. Dies entspricht nicht der Realität. Elektronen bewegen sich, abhängig von
ihrer Energie, mit relativ hohen Geschwindigkeiten ungerichtet durch das Gitter, selbst wenn
sie nicht durch eine Spannung beschleunigt werden (thermische Bewegung).
Die im Vergleich zu den Elektronen sehr schweren und dementsprechend trägen Gitterionen
benötigen eine gewisse Zeit, bis sie der Anziehung durch ein Elektron folgen können. Daher
befindet sich die positive Ladungsanhäufung nicht dort, wo sich das verantwortliche Elektron
befindet, sondern sie folgt dem Elektron mit einer gewissen Verzögerung auf dem Weg durch
das Gitter. Ein weiteres Elektron kann von der positiven Ladungsanhäufung, die ja nun vom
erzeugenden Elektron räumlich getrennt ist, angezogen werden und in dieser «Polarisations-
spur» dem ersten Elektron durch das Gitter folgen.
Nun ist ein gewisses Abstraktionsvermögen und Akzeptanz der ungewöhnlichen Regeln der
Quantenmechanik von Seiten des Lesers notwendig. Die beiden durch Polarisation gekoppel-
ten Elektronen können nämlich gemeinsam als ein einziges, neues Teilchen angesehen wer-
den. Ein solches über Gitterpolarisation entstandenes Elektronenpaar nennt man Cooper-
Paar.
Besonders an einem solchen Cooper-Paar ist der Spin. Beim Spin handelt es sich um eine
Quanteneigenschaft von Teilchen, die für jedes Teilchen nur ganz bestimme Werte annehmen
kann (z.B. beträgt der Spin eines Elektrons immer + �
� oder -
�
�). Für das Verhalten eines Teil-
chens ist der Spin von grosser Bedeutung. Man unterscheidet nach dem Spin zwei Arten von
Teilchen; Fermionen und die Bosonen. Fermionen haben einen halbzahligen Spin (± �
�, ±
�
�,
etc.), Bosonen einen ganzzahligen (0, 1, 2). Das Elektron ist ein Fermion.
Fermionen gehorchen dem vermutlich aus dem Chemieunterricht bekannten Pauli-Prinzip.
Vereinfacht gesagt fordert das Pauli-Prinzip, dass sich niemals zwei Fermionen im selben
Quantenzustand befinden dürfen. Dies hat zur Folge, dass sich die Elektronen eines Atoms in
verschiedenen Orbitalen aufhalten und die freien Elektronen in einem Metall nicht alle das
tiefst mögliche Energieniveau besetzen. Sie werden gewissermassen «von unten her» in ver-
schiedene, diskrete Energieniveaus eingefüllt.
Für Bosonen gilt das Pauli-Prinzip nicht. Daher kann sich eine sehr grosse Anzahl an Bosonen
im gleichen Quantenzustand (auf dem gleichen Energieniveau) befinden. Wären Elektronen
keine Fermionen, sondern Bosonen, würden sie sich nicht in komplizierte Atomorbitale einord-
nen, sondern befänden sich alle im selben Orbital.
Diese Überlegung ist der Schlüssel zum Verständnis der Supraleitung. Ein Cooper-Paar hat
aufgrund seines Aufbaus aus zwei Elektronen mit jeweils halbzahligem Spin nämlich zwingend
2 Theorie 6
einen ganzzahligen Spin (durch Addition der beiden Elektronenspins), ist deshalb kein Fer-
mion, sondern ein Boson und folglich nicht dem Pauli-Prinzip unterworfen.
Mit Cooper-Paaren in einem Metall verhält es sich daher ähnlich wie mit imaginären bosoni-
schen Elektronen in einem Atom; die zu Cooper-Paaren zusammengeschlossenen Elektronen
besetzen nicht mehr wie Fermionen verschiedene Energieniveaus bzw. verschiedene Orbi-
tale, sondern sie fallen alle in ein einziges, das gesamte Kristallgitter überspannendes Orbital.
Zwei Elektronen können daher durch Zusammenschluss zu einem Cooper-Paar auf ein tiefer-
gelegenes Energieniveau absteigen. Sämtliche Cooper-Paare bilden dann einen Zustand, in
dem jedes Cooper-Paar ununterscheidbar von allen anderen ist, was dazu führt, dass kein
einzelnes mehr mit einem Gitterion kollidiert und Energie an das Gitter abgeben kann. Erst,
wenn den Elektronen genügend Energie zur Verfügung steht, um sich aus den Cooper-Paaren
zu lösen, stellt das Gitter für ihre Bewegung wieder einen Widerstand dar.
Da die benötigte Energie zum Aufbrechen eines Cooper-Paares bereits bei sehr tiefen Tem-
peraturen vorhanden ist, ist die klassische Tieftemperatursupraleitung auf den Temperaturbe-
reich unter 20 K beschränkt. Die Hochtemperatursupraleitung ist, wie bereits erwähnt, bis
heute noch nicht vollständig verstanden.
2.3 Supraleiter im Magnetfeld
2.3.1 Elektromagnetische Eigenschaften eines gewöhnlichen idealen Leiters
Unter einem idealen Leiter versteht man einen Leiter ohne elektrischen Widerstand. Beispiels-
weise wird im Physikunterricht davon ausgegangen, dass es sich bei den Leitern in Schaltkrei-
sen um ideale Leiter handelt, auch wenn dies natürlich nicht der Realität entspricht. Bei einem
Supraleiter handelt es sich hingegen tatsächlich um einen idealen Leiter. In Bezug auf seine
elektromagnetischen Eigenschaften unterscheidet sich ein Supraleiter allerdings von einem
gewöhnlichen idealen Leiter, was im nächsten Kapitel erläutert wird.
Was einen gewöhnlichen idealen Leiter auszeichnet, ist die Tatsache, dass das Magnetfeld
innerhalb des Leiters konstant ist. Dies kommt daher, dass jede Änderung des magnetischen
Flusses1 durch irgendeine Leiterfläche in dieser gemäss der Lenz’schen Regel Wirbelströme
1 Der magnetische Fluss durch eine Fläche entspricht bildlich der Anzahl Magnetfeldlinien durch diese Fläche. Er entspricht bei homogenem Magnetfeld und nicht gekrümmter Fläche:
Φ = B�� ⋅ A�� (1)
Φ: magnetischer Fluss
B��: magnetische Flussdichte
A��: Flächenvektor (senkrecht zur Fläche)
2 Theorie 7
induziert, deren eigenes Magnetfeld der Veränderung des äusseren entgegenwirkt. Lässt man
z.B. einen Magneten durch ein (nicht-magnetisches) Kupferrohr fallen, verändert sich dadurch
ständig der magnetische Fluss durch die Röhrenwand. In ihr werden Ströme induziert, deren
Magnetfelder den fallenden Magneten bremsen (cf. Abb. 3). Entsprechend wird auch ein Mag-
net gebremst, der auf eine Kupferplatte fällt: Je näher der Magnet der Platte kommt, desto
grösser wird der magnetische Fluss durch die Platte. Das durch die Veränderung des Flusses
induzierte Wirbelstrommagnetfeld ist dem Magnetfeld des Magneten entgegengesetzt und die-
ser wird in seinem Fall gebremst.
Da ein idealer Leiter keinen Widerstand hat, werden induzierte Wirbelströme in ihm nicht ab-
geschwächt. Jede Veränderung des Magnetfelds bewirkt sofort ungebremste Wirbelströme,
welche die Veränderung im Innern des idealen Leiters genau kompensieren. Deshalb ist das
Magnetfeld innerhalb eines idealen Leiters konstant. Lässt man einen Magneten auf eine ideal
leitende Platte fallen, wird der Magnet nicht nur gebremst, sondern er beginnt über der Platte
zu schweben. Er befindet sich dann in einer Gleichgewichtslage, in der die abstossende Kraft
zwischen der Platte und dem Magneten gleich der Erdanziehungskraft ist.
Dies lässt sich mit einem Supraleiter demonstrieren. Abb. 4 zeigt ein Supraleiterpellet, dass
über vier Permanentmagneten schwebt.2 Diese Demonstration ist zwar nicht genau analog
2 Grund für die Verwendung von vier Magneten ist die Tatsache, dass der Supraleiter von nur einem
einzigen Magneten wegkippen würde.
Abb. 3 Schematische Darstellung der Lenz'schen Regel anhand eines Mag-neten, der durch ein nicht-magnetisches Leiterrohr fällt. (Abbildung: sci-phile.org, 2017).
2 Theorie 8
zum obigen Beispiel, da hier der Supraleiter über den Magneten schwebt und nicht umgekehrt,
die physikalische Erklärung ist aber gleich.
2.3.2 Der Meissner-Ochsenfeld-Effekt
Wie bereits erwähnt, unterscheiden sich die Eigenschaften eines Supraleiters von denen eines
gewöhnlichen idealen Leiters. Dieser Unterschied zeigt sich, wenn man den Supraleiter nicht
im supraleitenden Zustand in ein Magnetfeld bringt, sondern den warmen Supraleiter erst im
Magnetfeld unter die Sprungtemperatur abkühlt. Im nicht-supraleitenden Zustand durchdringt
das Magnetfeld den Supraleiter. Wäre der Supraleiter ein gewöhnlicher idealer Leiter, würde
beim Übergang in den supraleitenden Zustand nichts geschehen, da es keine Änderung des
magnetischen Flusses gibt und entsprechend auch keine abschirmenden Wirbelströme indu-
ziert werden (das Magnetfeld in einem idealen Leiter bleibt gleich).
Tatsächlich geschieht jedoch etwas anderes; legt man einen warmen Supraleiter auf einen
Magneten und kühlt ihn dann unter seine Sprungtemperatur, wird er trotzdem vom Magneten
abgestossen. Dies nennt man den Meissner-Ochsenfeld-Effekt.
Dieser Effekt lässt sich durch den klassischen Elektromagnetismus nicht erklären, es handelt
sich um eine besondere Eigenschaft von Supraleitern. Wirbelströme schirmen einen Supralei-
ter nicht nur gegen Veränderungen des Magnetfelds ab, sondern gegen Magnetfelder gene-
rell. Im Supraleiter fliessen ständig derart gerichtete Wirbelströme, dass sie im Innern des
Supraleiters das äussere Magnetfeld genau kompensieren3. Das Innere eines Supraleiters ist
deshalb frei von Magnetfeldern. Wird ein Supraleiter erst in einem Magnetfeld supraleitend,
3 Die abschirmenden Wirbelströme werden auch Abschirmströme genannt.
Abb. 4 Ein Supraleiter schwebt über einer quadratischen Anordnung von vier zylindrischen Neodym-Eisen-Bor-Magneten. Der Supraleiter hat einen Durchmesser von 10 mm und besteht aus Yttrium-Barium-Kupferoxid. (Foto: Silvan Horvath).
2 Theorie 9
verdrängt er beim Übergang gewissermassen das Magnetfeld aus seinem Innern. Dieser
Sachverhalt ist in Abb. 5 dargestellt.4
Man spricht auch vom perfekten Diamagnetismus eines Supraleiters. Diamagnetische Stoffe
werden so magnetisiert, dass ihr eigenes Magnetfeld dem magnetisierenden Magnetfeld ent-
gegengesetzt ist (antiparallel)5. Weil sich in einem Supraleiter die Magnetfelder gegenseitig
exakt kompensieren, spricht man von einem perfekten Diamagneten.
2.3.3 Typ-I- und Typ-II-Supraleiter
Wider Erwarten ist es nicht möglich, jeden beliebigen Strom durch einen Supraleiter fliessen
zu lassen. Sobald ein Strom durch einen Supraleiter fliesst, senkt dies seine Sprungtempera-
tur. Ab einer gewissen Stromstärke sinkt die Sprungtemperatur unter die Temperatur des Sup-
raleiters und er wird zu einem normalen Leiter6. Dieser kritische Stromwert stellt ein grosses
Hindernis für technische Anwendungen von Supraleitern dar.
Als logische Konsequenz dieses kritischen Werts für den Strom ergibt sich auch ein kritischer
Wert für äussere Magnetfelder. Dies, weil ab einer gewissen Magnetfeldstärke die Abschirm-
4 Zu Abb. 4: Die Darstellung der Magnetfeldlinien im supraleitenden Zustand (rechte Abb.) ergibt sich
schlicht durch Vektoraddition des äusseren, homogenen Magnetfelds und des durch die Wirbel-ströme erzeugten Supraleiter-Magnetfelds.
5 Ferromagnetische Stoffe wie beispielsweise Eisen werden hingegen parallel zum äusseren Magnet-feld magnetisiert.
6 Eigentlich ist nicht die Stromstärke entscheidend, sondern die Stromdichte, also die Stromstärke pro Fläche.
Abb. 5 Ein Supraleiter verdrängt bei Unterschreiten der Sprungtemperatur Tc das Magnetfeld B aus seinem Innern (Meissner-Ochsenfeld-Effekt). (Abbil-dung: Wikipedia, 2016).
2 Theorie 10
ströme im Supraleiter den kritischen Wert für den Strom überschreiten. Dieses kritische Mag-
netfeld wird mit Bc bezeichnet (c für engl. critical). In Abb. 6 ist der Zusammenhang zwischen
innerem und äusserem Magnetfeld bei einem (Typ-I-)Supraleiter dargestellt. Bei Ba > Bc wird
der Supraleiter zum Normalleiter und das Magnetfeld durchdringt ihn.
Dieser Zusammenhang zwischen äusserem und innerem Magnetfeld gilt allerdings nur für so-
genannte Typ-I-Supraleiter. Dazu gehören vor allem die Reinmetalle. Die meisten Legierun-
gen und Verbindungen gehören hingegen zu den Typ-II-Supraleitern.
Typ-II-Supraleiter verhalten sich bis zu einem unteren kritischen Magnetfeld Bc1 gleich wie Typ-
I-Supraleiter (Meissner-Ochsenfeld-Effekt). Die Phase unter Bc1 nennt man Meissner-Phase.
Bc1 ist wie Bc bei einem Typ-I-Supraleiter temperaturabhängig. Wird Bc1 überschritten, bricht
die Supraleitung nicht wie in einem Typ-I-Supraleiter zusammen, sondern der Supraleiter tritt
in die Shubnikov-Phase ein. In dieser Phase dringt das äussere Magnetfeld partiell in den
Supraleiter ein.
Dies geschieht derart, dass sich im Supraleiter sogenannte Flussschläuche bilden. Diese sind
schematisch in Abb. 7 dargestellt. Es handelt sich um dünne Röhren mit normalleitendem
Kern, welche parallel zum äusseren Magnetfeld den Supraleiter durchdringen. Supraleitende
Ringströme umfliessen die Flussschläuche und verstärken den magnetischen Fluss durch ei-
nen Flussschlauch, kompensieren ihn aber gleichzeitig im supraleitenden Bereich der Probe.
Sie bündeln das Magnetfeld also gewissermassen in den Flussschläuchen.
Abb. 6 Magnetfeld im Innern eines (Typ-I-)Supraleiters als Funktion des äusseren Magnetfelds. Ab dem kritischen Feld Bc wird der Supraleiter zum normalen Leiter und das Magnetfeld dringt in ihn ein. Das Magnetfeld inner-halb entspricht dann dem Magnetfeld ausserhalb des Supraleiters. (Abbil-dung: Silvan Horvath).
2 Theorie 11
In einem ideal homogenen Supraleiter ordnen sich die Flussschläuche in einem Dreiecksgitter
an. Ihre Anzahl ist umso grösser, je stärker das äussere Magnetfeld ist. Beim oberen kritischen
Magnetfeld Bc2 erreicht das Magnetfeld im Supraleiter dann den Wert des äusseren Feldes
und der Supraleiter wird vollständig zum normalen Leiter. Dieser Sachverhalt ist in Abb. 8
graphisch dargestellt. Abb. 9 zeigt ein schematisches Phasendiagramm eines Typ-II-Supralei-
ters. Hier wird auch die Temperaturabhängigkeit der kritischen Magnetfelder verdeutlicht.
Abb. 7 Schematische Darstellung der Flussschläuche in einem Typ-II-Sup-raleiter (Shubnikov-Phase). (Abbildung: Buckel, 2013).
Abb. 8 Magnetfeld im Innern eines Typ-II-Supraleiters als Funktion des äusseren Magnetfelds. Ab dem unteren kritischen Magnetfeld Bc1 tritt der Sup-raleiter von der Meissner-Phase in die Shubnikov-Phase ein. In dieser durch-dringt vereinzelt magnetischer Fluss den Supraleiter durch normalleitende Flussschläuche. Beim oberen kritischen Feld Bc2 wird der Supraleiter dann komplett zum Normalleiter. (Abbildung: Silvan Horvath).
2 Theorie 12
Analog zu gewöhnlichen Stoffen existieren auch für Flussschläuche eine Art von Aggregatzu-
ständen. Überschreitet die Temperatur oder das äussere Magnetfeld einen gewissen Wert,
«schmelzen» die Flussschläuche. Sie sind dann nicht mehr in einem Dreiecksgitter angeord-
net, sondern bewegen sich ungerichtet im Kristallgitter umher. Diese Unterteilung der Shubni-
kov-Phase in «Vortex-Gitter» und «Vortex-Flüssigkeit» ist in Abb. 10 dargestellt («Vortex» ist
hier gleichbedeutend mit «Flussschlauch»).
Abb. 9 Schematisches Phasendiagramm eines Typ-II-Supraleiters. Die Shubnikov-Phase wird hier als mixed state bezeichnet. Die y-Achse stellt nicht die magnetische Flussdichte B dar, sondern die magnetische Feldstärke H. Die beiden Grössen unterscheiden sich durch die magnetische Feldkon-stante. � = � ∙ � (Wikipedia, 2017). (Abbildung: Committee on Opportunities in High Magnetic Field Science, 2005).
Abb. 10 Schematisches Phasendiagramm eines Typ-II-Supraleiters mit Un-terteilung der Shubnikov-Phase in «Vortex-Gitter» und «Vortex-Flüssigkeit». (Abbildung: Committee on Opportunities in High Magnetic Field Science (ab-geändert durch Silvan Horvath), 2005).
2 Theorie 13
Die Phasengrenze zwischen dem flüssigen und dem gitterförmigen Zustand der Flussschläu-
che ist von der Kristallstruktur des Supraleiters abhängig. So wird die Vortex-Gitterphase aus-
gedehnt, wenn die Flussschläuche an gewissen Stellen im Gitter fixiert sind. Dieses soge-
nannte Flux-Pinning ist Thema des nächsten Kapitels.
Schliesslich sei in Anbetracht der Widerstandsmessung in Kapitel 4 noch darauf hingewiesen,
dass Stromtransport durch einen Hochtemperatursupraleiter in der Vortex-Flüssigphase nicht
widerstandsfrei ist. Dies ist der Fall, weil ein solcher Stromfluss eine Bewegung der Fluss-
schläuche verursacht, wobei Energie dissipiert wird.
2.3.4 Flux-Pinning und harte Supraleiter
Flux-Pinning ist ein Effekt, der in nicht-idealen Typ-II-Supraleitern auftritt. Nicht-ideale Typ-II-
Supraleiter sind solche mit Verunreinigungen im Kristallgitter oder sonstigen Fehlern der Kris-
tallstruktur. Die Flussschläuche werden in nicht-idealen Typ-II-Supraleitern an diesen Gitter-
fehlern verankert. Ist diese Verankerung besonders stark, spricht man von harten Supraleitern.
Die Grundlage des Flux-Pinnings ist die Tatsache, dass die Bildung von Flussschläuchen
Energie erfordert. Dies ist der Fall, weil die Ringströme, welche einen Flussschlauch umflies-
sen, erzeugt werden müssen. Die benötigte Energie steigt mit der Länge des Flussschlauchs.
Existieren mikroskopisch kleine, nicht-supraleitende Bereiche im Kristallgitter (Gitterfehler), ist
die Bildung eines Flussschlauchs durch einen solchen Bereich energetisch günstig, da in ihm
keine Ringströme erzeugt werden müssen, die effektive Länge des Flussschlauchs also ver-
kürzt ist. In Abb. 11 ist dieser Sachverhalt schematisch dargestellt.
Abb. 11 Schematische Darstellung der Verankerung eines Flussschlauchs an einer normalleitenden Verunreinigung (schraffiert). Die Position a ist für den Flussschlauch energetisch günstiger als b, weil bei ersterer seine Länge im supraleitenden Bereich der Probe kürzer ist und folglich weniger Ring-ströme nötig sind. (Abbildung: Buckel, 2013).
2 Theorie 14
Um den Flussschlauch aus der Position a in eine andere, energetisch ungünstigere Position
(b) zu verschieben, muss der durch Verkürzung eingesparte Betrag an Energie aufgewendet
werden; für die Verschiebung ist also eine Kraft nötig. Die Flussschläuche sind daher an Git-
terfehlern verankert.
Das bedeutet, dass ein harter Supraleiter, der in einem Magnetfeld unter Tc gekühlt wurde,
gewissermassen in diesem Magnetfeld «festgefroren» ist. Dies, weil die Flussschläuche bei
Unterschreiten von Tc in energetisch günstigen Positionen verankert werden und damit auch
die Position des Supraleiters im Magnetfeld. Eine Veränderung dieser Position würde eine
Verschiebung der Flussschläuche im Supraleiter bedingen, was nur unter Kraftaufwand mög-
lich ist. Hier darf jedoch eine klassische Modellvorstellung von Magnetfeldern nicht überstra-
paziert werden: Nicht die Magnetfeldlinien eines Magnetfelds werden im Supraleiter fixiert,
sondern die Flussschläuche. Konkret bedeutet dies, dass eine Bewegung des Supraleiters im
Magnetfeld durchaus möglich ist, sofern sich dabei das Magnetfeld innerhalb des Supraleiters
nicht verändert. In einem homogenen Magnetfeld kann sich ein harter Supraleiter entspre-
chend bewegen. Diese Spezifizierung wird im folgenden Kapitel wichtig.
Da es praktisch nicht möglich ist, einen idealen Typ-II-Supraleiter herzustellen, zeigen sämtli-
che Typ-II-Supraleiter ein mehr oder weniger starkes Flux-Pinning. Ausserdem zeigen einige
keramische Supraleiter wie das von mir hergestellte Yttrium-Barium-Kupferoxid aufgrund ihrer
Kristallstruktur ein sogenanntes «intrinsisches Pinning», also Flux-Pinning, dass nicht auf Git-
terfehler zurückzuführen ist.
Abb. 12 zeigt das Flux-Pinning bei einem harten Supraleiter. Die Pinning-Kräfte sind hier so
stark, dass der Supraleiter auch unter dem Magneten seine Position im Magnetfeld beibehält.
Abb. 12 Suspension eines harten Supraleiters unter einem Permanentmag-neten. (Foto: University of Calgary, o.J.).
2 Theorie 15
2.3.5 Theorie zur Supraleiter-Magnetschwebebahn
Kapitel 6 der vorliegenden Arbeit behandelt den Bau einer Supraleiter-Magnetschwebebahn.
Der theoretische Hintergrund der Magnetschwebebahn wird bereits hier erläutert, da ihre
Funktionsweise auf dem im vorherigen Kapitel behandelten Flux-Pinning basiert.
Grundsätzlich funktioniert die Bahn so, dass ein harter Supraleiter auf einer Strecke aus Per-
manentmagneten schwebt. Konkret wird ausgenutzt, dass harte Supraleiter ihre Position in
einem Magnetfeld auch unter Krafteinwirkung beibehalten. Wichtig ist, dass bei dieser Veran-
kerung eine Bewegung des Supraleiters möglich ist, solange sich dadurch das Magnetfeld im
Innern des Supraleiters nicht verändert. Die Magnetschwebebahn muss also so aufgebaut
sein, dass das Magnetfeld der Bahn in Fahrtrichtung gleichbleibt. Dies wird durch die in Abb.
13 dargestellte Konfiguration von Permanentmagneten erreicht.
Aufgrund der abwechselnden Polung der Magnete in x-Richtung ändert sich das Magnetfeld
in x- und z-Richtung stark. Ein harter Supraleiter, der in einer gewissen Position über der Stre-
cke unter Tc gekühlt wird, ist danach in dieser Position in der xz-Ebene verankert7. In y-Rich-
tung bleibt das Magnetfeld hingegen gleich, entsprechend kann sich der Supraleiter in y-Rich-
tung bewegen.
7 Man sagt, der Supraleiter werde über der Strecke «eingefroren».
Abb. 13 Grundaufbau der Supraleiter-Magnetschwebebahn. (a) zeigt einen Ausschnitt der magnetischen Strecke. (b) zeigt den Querschnitt der Strecke.Die Polung der Magnete wechselt in x-Richtung ab. Entsprechend variiert das Magnetfeld nur in der x-z-Ebene, in y-Richtung bleibt es gleich. (Abbildung: Strehlow, 2009).
16
3 Herstellung eines YBa2Cu3O7-Hochtemperatursupraleiters
Zur Herstellung des Hochtemperatursupraleiters durfte ich freundlicherweise die Räumlichkei-
ten und Apparaturen der Universität Zürich verwenden sowie die Unterstützung des Laboras-
sistenten Herrn Stefan Siegrist in Anspruch nehmen. Ich habe drei Supraleiterpellets der Ver-
bindung Yttrium-Barium-Kupferoxid (YBa2Cu3O7) mit einer Gesamtmasse von ca. 2 g herge-
stellt. Bei YBa2Cu3O7 handelt es sich um einen keramischen Hochtemperatursupraleiter.
3.1 Material
Chemikalien:
• 0.303 g Yttriumoxid (Y2O3)
• 1.058 g Bariumcarbonat (BaCO3)
• 0.640 g Kupferoxid (CuO)
Apparaturen:
• Mörser (cf. Abb. 14)
• Spatel (cf. Abb. 14)
• Programmierbarer Laborofen mit Sauerstoffzufluss (Nabertherm, Modell RS 50/300/11) (cf. Abb. 15)
• Waage (Ablesbarkeit 0.1 mg)
• Hydraulische Presse (Specac, Art. Nr. 315011 mit Umwandlungssatz für Druckauflö-sung 0-5 T (Art. Nr. 315055))
• Pressform (Specac, Art. Nr. 33060) (cf. Abb. 14)
• Keramikschiffchen (cf. Abb. 16)
3 Herstellung eines YBa2Cu3O7-Hochtemperatursupraleiters 17
Abb. 14 Zur Herstellung der Supraleiter verwendete Pressform (vorne) sowie Mörser und Spatel (hinten). (Foto: Silvan Horvath).
Abb. 15 Der verwendete Laborofen (Nabertherm RS 50/300/11). Am Glas-rohr rechts kann der Sauerstoff angeschlossen werden. (Foto: Silvan Hor-vath).
Abb. 16 Keramikschiffchen mit YBa2Cu3O7 nach dem ersten Backvorgang. (Foto: Silvan Horvath).
3 Herstellung eines YBa2Cu3O7-Hochtemperatursupraleiters 18
3.2 Methode
Nach dem Wägen der drei aufgeführten Chemikalien wurden diese in einem Mörser gemischt
und gemahlen (cf. Abb. 14). Anschliessend wurden sie in ein Keramikschiffchen gefüllt und in
einem Laborofen für 24 Stunden bei 940˚ C gebacken (cf. Abb. 15 und Abb. 16). Beim Backen
findet ein Sinterprozess statt, bei dem die wesentliche Kristallstruktur der Supraleiterkeramik
gebildet wird. Der Kohlenstoff des Bariumcarbonats reagiert dabei mit Sauerstoff zu Kohlen-
stoffdioxid (Siegrist, 2017).
Nach diesem ersten Backvorgang wurde die gesinterte Mischung erneut im Mörser gemahlen.
Mit einer hydraulischen Presse wurden aus der Mischung drei Pellets mit einem Durchmesser
von je 10 mm und einer Höhe von je 1-2 mm gepresst (Kraft: 40 kN). Abb. 14 zeigt die ver-
wendete Pressform. Die drei Pellets wurden im Laborofen unter Sauerstoffzufuhr erneut ge-
backen. Dabei führte der Ofen folgendes Programm aus:
1. 940˚ C für 12 Stunden
2. Abkühlen auf 625˚ C mit 100˚ C/h
3. 625˚ C für 4 Stunden
4. Abkühlen auf 400˚ C mit 100˚ C/h
Dieser zweite Backvorgang diente dazu, die Proben erneut zu sintern. Durch die Sauerstoff-
zufuhr sollte verhindert werden, dass es in der Probe zu einem Mangel an Sauerstoffionen
kommt.
Die Proben mussten zusätzlich ein drittes Mal gemahlen, gepresst und gesintert werden, da
jemand die Sauerstoffzufuhr während des zweiten Backvorgangs abgestellt hatte. Dies führte
wohl zu einem Sauerstoffmangel in der Keramik, weswegen die Proben nicht supraleitend
waren. Markant war die grüne Farbe der Proben (supraleitungsfähiges YBa2Cu3O7 sollte
schwarz sein).
Nach dem dritten Backvorgang (ebenfalls mit dem oben aufgelisteten Backprogramm) waren
die Proben schwarz und wurden nach Kühlung mit flüssigem Stickstoff supraleitend. Dies
konnte dadurch gezeigt werden, dass sie über einem Permanentmagneten schwebten (cf.
Abb. 4, S. 8).
Von den hergestellten Supraleitern wurde ein Röntgen-Pulverdiffraktogramm angefertigt, um
deren Kristallstruktur mit der einer YBa2Cu3O7-Standardprobe zu vergleichen. Die Messergeb-
nisse befinden sich im Anhang (Kapitel 11.2, S. 50).
19
4 Elektrischer Widerstand von YBa2Cu3O7 als Funktion der
Temperatur
Ziel dieses Experiments war es, die Sprungtemperatur des hergestellten Hochtemperatursup-
raleiters zu ermitteln und diese mit dem Literaturwert von Tc = 93 K (Buckel, 2013) zu verglei-
chen.
Um ausserdem den Einfluss eines äusseren Magnetfeldes auf die Sprungtemperatur zu be-
stimmen (cf. 2.3.3 Typ-I- und Typ-II-Supraleiter), wurden insgesamt vier Messungen bei Mag-
netfeldstärken von 0 T, 1 T, 3 T und 9 T vorgenommen.
Ich habe das Experiment an der Universität Zürich durchgeführt und wurde freundlicherweise
von Dr. Daniel Destraz unterstützt.
4.1 Vierpunktmethode
Zur Messung des elektrischen Widerstands der Probe musste die sogenannte Vierpunktme-
thode angewendet werden. Ziel dieser Messmethode ist es, zu verhindern, dass der elektri-
sche Widerstand der Messdrähte und der Übergänge zwischen Messdrähten und Probe das
Ergebnis der Messung verfälschen. Dies wird dadurch erreicht, dass die Probe an vier anei-
nandergereihten Punkten kontaktiert wird. Zwischen den äusseren beiden Kontaktstellen
fliesst ein konstanter, bekannter Gleichstrom, zwischen den beiden inneren Kontaktstellen wird
der Spannungsabfall gemessen (cf. Abb. 17). Der elektrische Widerstand zwischen den beiden
inneren Punkten errechnet sich nach dem Ohm’schen Gesetz:
� = � �⁄ (2)
Abb. 17 Schematische Darstellung der Vierpunktmethode. Zwischen den Punkten 1 und 4 fliesst ein bekannter Gleichstrom; zwischen den Punkten 2 und 3 wird der Spannungsabfall gemessen. Der Widerstand errechnet sich nach dem Ohm’schen Gesetz. (Abbildung: Wikipedia, 2017).
4 Elektrischer Widerstand von YBa2Cu3O7 als Funktion der Temperatur 20
4.2 Material
• Physical Property Measurement System (PPMS) der Firma Quantum Design. Das
PPMS ist ein System zur Messung physikalischer Eigenschaften bei verschiedenen
Temperaturen und Magnetfeldern. Herzstück des PPMS sind ein mit flüssigem Helium
gekühlter Kryostat und eine supraleitende Magnetspule zur Erzeugung starker Mag-
netfelder (beides im grauen Behälter in Abb. 18). Die zu vermessende Probe wird auf
einem Sample Puck befestigt und kontaktiert. Dieser wird anschliessend in die Proben-
Abb. 18 Physical Property Measurement System an der Universität Zürich. Der Sample Puck wird von oben in das Basismodul (grauer Behälter) einge-führt. (Foto: Silvan Horvath).
Abb. 19 Schematische Darstellung der Einführung eines Sample Pucks in die Probenkammer (Sample Chamber) des PPMS. (Abbildung: Quantum Design, o.J.)
4 Elektrischer Widerstand von YBa2Cu3O7 als Funktion der Temperatur 21
• YBa2Cu3O7-Probe (ca. 3 mm × 1 mm × 1 mm) (Bruchstück eines der drei hergestellten Supraleiterpellets).
• Fettpaste (tieftemperaturresistent) (Apiezon, Modell Apiezon N)
• Leitende Silberpaste (DuPont, Art. Nr. 6808)
• Laborofen (Nabertherm, Modell RS 50/300/11)
• Pinzette
• Zahnstocher
• Lichtmikroskop
4.3 Methode
Da die elektrische Kontaktierung einer YBa2Cu3O7-Probe durch Löten nicht möglich ist, muss
auf leitende Silberpaste zurückgegriffen werden. Diese wird auf die Probe aufgetragen und
diffundiert dann teilweise in die Probe, was zu einem ausreichenden elektrischen Kontakt führt
(Destraz, 2017).
Als erstes wurden auf ein Bruchstück eines Supraleiterpellets (ca. 3 mm × 1 mm × 1 mm) vier
Punkte leitender Silberpaste aufgetragen. Aufgrund der geringen Grösse der Probe musste
zum Auftragen ein Lichtmikroskop verwendet werden. Ein Zahnstocher diente dabei als Pin-
selersatz. Daraufhin wurde die Probe im Laborofen zwanzig Minuten lang bei 500˚ C geba-
cken, um die Silberpaste in die Probe diffundieren zu lassen.
Die getrocknete Probe wurde mit Fettpaste auf dem Sample Puck befestigt (cf. Abb. 20). Unter
dem Lichtmikroskop konnten daraufhin mit neuer Silberpaste und einer Pinzette die Drähte
des Sample Pucks an die getrockneten Kontaktstellen der Probe geklebt werden (cf. Abb. 21).
Abb. 20 Sample Puck mit kontaktierter YBa2Cu3O7-Probe. (Foto: Silvan Hor-vath)
4 Elektrischer Widerstand von YBa2Cu3O7 als Funktion der Temperatur 22
Der Sample Puck wurde daraufhin in die Probenkammer des PPMS’ gebracht (cf. Abb. 18 und
Abb. 19, S. 20).
Die Widerstandsmessung erfolgte automatisch nach Programmierung des PPMS’. Die Probe
wurde zuerst ohne externes Magnetfeld im Temperaturbereich von 300 K bis 2 K gemessen.
Anschliessend wurde die Messung drei Mal mit Magnetfeldern von 1 T, 3 T und 9 T wiederholt.
Da nur der Einfluss der Magnetfelder auf die Sprungtemperatur ermittelt werden sollte, fanden
diese Messungen nur im Temperaturbereich zwischen 120 K und 2 K statt.
Abb. 21 Lichtmikroskopische Aufnahme der kontaktierten YBa2Cu3O7-Probeauf dem Sample Puck. (40-fache Vergrösserung). (Foto: Silvan Horvath).
4 Elektrischer Widerstand von YBa2Cu3O7 als Funktion der Temperatur 23
4.4 Resultate
Die Messergebnisse in tabellarischer Form befinden sich im Anhang.
Bei der Messung ohne externes Magnetfeld ergab sich die in Abb. 22 gezeigte Korrelation
zwischen elektrischem Widerstand und Temperatur.
Bei den Messungen mit externen Magnetfeldern von 1 T, 3 T und 9 T ergaben sich die in Abb.
23, Abb. 24 und Abb. 25 gezeigten Korrelationen.
0
0.002
0.004
0.006
0.008
0.01
0.012
0 50 100 150 200 250 300 350
Wid
ers
tan
d [Ω
]
Temperatur [K]
Messung des elektrischen Widerstandes von YBa2Cu3O7 als Funktion der Temperatur (B=0)
0
0.002
0.004
0.006
0.008
0.01
0.012
0 50 100 150
Wid
ers
tan
d [Ω
]
Temperatur [K]
Messung des elektrischen Widerstandes von YBa2Cu3O7 als Funktion der
Temperatur (B = 1 T)
Abb. 22 Messung des elektrischen Widerstands von YBa2Cu3O7 als Funktion der Temperatur ohne externes Magnetfeld.
Abb. 23 Messung des elektrischen Widerstands von YBa2Cu3O7 als Funktion der Temperatur mit einem externen Magnetfeld B = 1 T.
4 Elektrischer Widerstand von YBa2Cu3O7 als Funktion der Temperatur 24
0
0.002
0.004
0.006
0.008
0.01
0.012
0 50 100 150
Wid
ers
tan
d [Ω
]
Temperatur [K]
Messung des elektrischen Widerstandes von YBa2Cu3O7 als Funktion der
Temperatur (B = 3 T)
0
0.002
0.004
0.006
0.008
0.01
0.012
0 50 100 150
Wid
ers
tan
d [Ω
]
Temperatur [K]
Messung des elektrischen Widerstandes von YBa2Cu3O7 als Funktion der
Temperatur (B = 9 T)
Abb. 24 Messung des elektrischen Widerstands von YBa2Cu3O7 als Funktion der Temperatur mit einem externen Magnetfeld B = 3 T.
Abb. 25 Messung des elektrischen Widerstands von YBa2Cu3O7 als Funktion der Temperatur mit einem externen Magnetfeld B = 9 T.
4 Elektrischer Widerstand von YBa2Cu3O7 als Funktion der Temperatur 25
Abb. 26 zeigt alle vier Messungen in einem Diagramm.
Durch Analyse der Messergebnisse unter 50 K (Experiment ohne Magnetfeld) schätze ich die
Messgenauigkeit auf ±0.1 mΩ bzw. ±0.5 K (Quantum Design, o.J.).
Der elektrische Widerstand sinkt im Rahmen der Messgenauigkeit bei allen Messungen auf 0.
Eine Angabe der Sprungtemperatur ist offensichtlich schwierig, da der Widerstandsverlust
nicht abrupt ist. In Tabelle 1 ist deshalb für jede Messung die Start- und Endtemperatur des
Widerstandsabfalls vermerkt.
Magnetfeld B Beginn Widerstandsverlust Ende Widerstandsverlust
0 90 K 68 K
1 T 86 K 28 K
3 T 81 K 27 K
9 T 75 K 24 K
Eine Abnahme beider Temperaturwerte bei Zunahme des äusseren Magnetfeldes ist ersicht-
lich.
0
0.002
0.004
0.006
0.008
0.01
0.012
0 50 100 150 200 250 300 350
Wid
ers
tan
d [Ω
]
Temperatur [K]
Messung des elektrischen Widerstandes von YBa2Cu3O7 als Funktion der Temperatur (B=0)
B=0
B=9T
B=3T
B=1T
Abb. 26 Vier Messungen des elektrischen Widerstands von YBa2Cu3O7 als Funktion der Temperatur mit externen Magnetfeldern der Stärke 0 T, 1 T, 3 T und 9 T.
Tabelle 1 Start- und Endtemperatur des Widerstandsabfalls der vier Mes-sungen (± 1 K).
4 Elektrischer Widerstand von YBa2Cu3O7 als Funktion der Temperatur 26
4.5 Diskussion
Aus der R(T)-Messung von Quecksilber (Abb. 1, S. 3) könnte man schliessen, dass der Wi-
derstandsverlust eines Supraleiters abrupt sein sollte. Meine Messung zeigt bei B=0 hingegen
eine Widerstandsabnahme in einem Temperaturintervall von (22±2) K. Bei B=1 T, B=3 T und
B=9 T ist das Intervall sogar zwischen 5∙101 K und 6∙101 K breit.
Die nicht-abrupte Widerstandsabnahme bei B=0 deckt sich mit der Literatur (Wu et al., 1987).
Sie lässt sich dadurch erklären, dass der Supraleiter nicht homogen ist: Das Vorhandensein
von verschiedenen Phasen in der Probe mit jeweils leicht unterschiedlichen Sprungtempera-
turen bewirkt, dass der Widerstandsverlust nicht abrupt stattfindet. Das von Kamerlingh Onnes
untersuchte Quecksilber kann hingegen durch Destillation in eine sehr reine Form gebracht
werden (Buckel, 2013).
Mit dieser Erklärung kann auf ein maximales Tc von (90±1) K in der untersuchten Probe ge-
schlossen werden, da ab dieser Temperatur der Widerstandsabfall beginnt (cf. Tabelle 1). Die
Diskrepanz zum Literaturwert von 93 K (Buckel, 2013) könnte auf Verunreinigungen bei der
Probenpräparation zurückzuführen sein. Möglich ist beispielsweise, dass Feuchtigkeit in die
Probe eingedrungen ist, was die Sprungtemperatur senkte. (Khare, 2003). Die Silber- und
Fettpasten, die beim Aufbau des Experiments verwendet wurden, könnten ebenfalls Ursache
von Kristallgitterdefekten sein.
Die gemessene Abnahme von Tc bei stärkeren Magnetfeldern entspricht der Theorie (cf. Ka-
pitel 2.3.3). Bemerkenswert sind die Plateaus in den Messkurven bei B ≠ 0. Diese lassen sich
vermutlich durch den Phasenübergang zwischen dem flüssigen und dem gitterförmigen Zu-
stand der Flussschläuche erklären (cf. Abb. 10, S. 12) (Destraz, 2017). Der erste Widerstands-
verlust entspricht dem Übergang zwischen normalleitender Phase und Vortex-Flüssigphase.
Der zweite Widerstandsverlust auf R=0 entspricht dem Übergang zwischen Vortex-Flüssig-
phase und Vortex-Gitterphase. Für diese Ursache der Plateaus spricht zum einen, dass diese
sich bei höheren Magnetfeldern zu tieferen Temperaturen verschieben (cf. Abb. 10, S. 12).
Zum anderen verschieben sich die Plateaus bei höheren Magnetfeldern auch zu höheren Wi-
derstandswerten. Dies macht Sinn, da mit der Anzahl der Flussschläuche auch die Menge an
dissipierter Energie steigen sollte (cf. Kapitel 2.3.3). Die Vermutung könnte überprüft werden,
indem die Messung mit einem harten Supraleiter wiederholt wird: Ist die Pinning-Kraft grösser,
sollten die Vortex-Flüssigphase und damit die Plateaus kleiner werden.
4 Elektrischer Widerstand von YBa2Cu3O7 als Funktion der Temperatur 27
Die jeweils leichte Zunahme des Widerstands vor dem Widerstandsverlust lässt sich auch
durch Kristallgitterfehler erklären. Salama et al. (2015) fanden bei unterschiedlich verunreinig-
tem YBa2Cu3O7 ebenfalls Zunahmen des spezifischen Widerstands vor dem Widerstandsver-
lust (cf. Abb. 27).
Ein grundsätzliches Problem der von mir durchgeführten Messung ist die Tatsache, dass
elektrischer Strom den Weg des geringsten Widerstands wählt. Wird zwischen den beiden
Stromkontaktierungspunkten eine kontinuierliche Verbindung supraleitend, verschwindet der
gemessene Widerstand, selbst wenn nicht die gesamte Probe supraleitend ist. Dieses Prob-
lem lässt sich beheben, indem man die Sprungtemperatur nicht über eine R(T)-Messung be-
stimmt, sondern über eine Messung der Magnetisierung des Supraleiters. Unter Tc wird der
Supraleiter diamagnetisch (cf. Kapitel 2.3.2, S. 9). Eine solche Messung wurde durchgeführt
und ist Thema des folgenden Kapitels.
Abb. 27 Abhängigkeit des spezifischen Widerstands von unterschiedlich ver-unreinigtem YBa2Cu3O7. Bemerkenswert sind die Zunahmen des spezifischen Widerstands vor dem Widerstandsverlust. (Abbildung: Salama et al., 2015).
28
5 Bestimmung der Sprungtemperatur über den Diamagnetis-
mus des Supraleiters
Ergänzend zur R(T)-Messung im letzten Kapitel wurde ein Experiment durchgeführt, um die
Sprungtemperatur der YBa2Cu3O7-Probe über eine Magnetisierungsmessung zu bestimmen.
Ziel war es, den Übergang zwischen Normalleitung und Supraleitung durch die Verdrängung
des äusseren Magnetfelds zu identifizieren (Übergang zum Diamagnetismus). Diese Verdrän-
gung entspricht der dem äusseren Magnetfeld entgegengesetzten Magnetisierung des Supra-
leiters (cf. Kapitel 2.3.2).
5.1 Material
• Physical Property Measurement System (PPMS) der Firma Quantum Design (cf. Kapi-tel 4.2).
• YBa2Cu3O7-Probe (30 mg) (andere Probe als bei der R(T)-Messung, aber Bruchstück desselben Pellets)
• Durchsichtiger und ungefärbter Strohhalm
• Watte (ungefärbt)8
• Gelatinekapsel
• Lötkolben
5.2 Methode
Mit einem Lötkolben wurden zwei Rillen in einen Strohhalm geschmolzen. Die YBa2Cu3O7-
Probe wurde zusammen mit ein wenig Watte in einer Gelatinekapsel verpackt und diese dann
in den Strohhalm eingeführt (cf. Abb. 28). Die Rillen dienten der Fixierung der Gelatinekapsel
im Strohhalm. Der Strohhalm wurde anschliessend mit einer passenden Vorrichtung in die
Probenkammer des PPMS (cf. Abb. 18, S. 20) eingeführt.
8 Metallionen im Farbstoff würden die Magnetisierungsmessung verfälschen (Siegrist, 2017).
5 Bestimmung der Sprungtemperatur über den Diamagnetismus des Supraleiters 29
Das PPMS kühlte die Probe ohne Magnetfeld auf 10 K. Bei konstantem Magnetfeld B=0.01 T
wurde dann in Schritten von 10 K das magnetische Moment9 (m) der Probe bis 300 K gemes-
sen, wobei im Temperaturbereich zwischen 75 K und 130 K in Schritten von 1 K gemessen
wurde.
5.3 Resultate
Die Messergebnisse in tabellarischer Form befinden sich im Anhang.
9 «Das magnetische Moment […] ist […] ein Mass für die Stärke eines magnetischen Dipols […]»
(Wikipedia, 2017), also beispielsweise eines Permanentmagneten, eines stromdurchflossenen Lei-ters oder in diesem Fall eines Supraleiters. Die SI-Einheit des magnetischen Moments ist � ∙ ��.
-0.07
-0.06
-0.05
-0.04
-0.03
-0.02
-0.01
0
0.01
0 50 100 150 200 250 300 350
Magnetis
ches
Mom
ent [1
0-3
Am
2]
Temperatur [K]
Messung des magnetischen Moments von YBa2Cu3O7 als
Funktion der Temperatur (B=0.01 T)
Abb. 28 Strohhalm mit YBa2Cu3O7-Probe und Watte für die m(T)-Messung. (Foto: Silvan Horvath).
Abb. 29 Messung des magnetischen Moments von YBa2Cu3O7 als Funktion der Temperatur mit einem externen Magnetfeld B = 0.01 T.
5 Bestimmung der Sprungtemperatur über den Diamagnetismus des Supraleiters 30
Durch Analyse der Messergebnisse über 100 K schätze ich die Messgenauigkeit auf ± 10-10
A∙m2 bzw. ±0.5 K (Quantum Design, o.J.).
Der Betrag des magnetischen Moments verändert sich zwischen 10 K und (93±0.5) K stark.
Darüber bleibt das magnetische Moment relativ konstant im Bereich zwischen 2.1 ∙10-9 A∙m2
und 1.6∙10-9 A∙m2. Die negativen Werte des magnetischen Moments bedeuten, dass die Probe
dem äusseren Magnetfeld entgegengesetzt magnetisiert ist.
5.4 Diskussion
Der gemessene Diamagnetismus bis (93±0.5) K lässt auf eine solche Sprungtemperatur
schliessen. Dies entspricht dem Literaturwert von Tc = 93 K (Buckel, 2013). Die Diskrepanz
zur ermittelten maximalen Sprungtemperatur bei der R(T)-Messung (Tc = (90±1) K) stützt die
These, dass dort eine Verunreinigung der Probe aufgetreten ist.
Die bei der Diskussion zur R(T)-Messung angesprochene Inhomogenität des Supraleiters wird
durch diese Messung bestätigt. Dies zeigt sich dadurch, dass das magnetische Moment inner-
halb des Messbereichs (unter Tc) keinen konstanten Wert annimmt, also selbst bei 20 K nicht
die gesamte Probe supraleitend ist. Die These, dass bei der R(T)-Messung ein frühzeitiges
Verschwinden des Widerstands gemessen wurde, weil sich eine kontinuierliche supraleitende
Verbindung zwischen den Stromkontaktierungspunkten bildete, wird dadurch ebenfalls ge-
stützt.
31
6 Herstellung einer Supraleiter-Magnetschwebebahn
Als Demonstrationsobjekt der Supraleitung für den Physikunterricht habe ich eine Supraleiter-
Magnetschwebebahn konstruiert und gebaut. Der Physikmechaniker der KS Rychenberg, Herr
Rudolf Gebendinger, hat mich bei diesem Vorhaben unterstützt. Die theoretischen Hinter-
gründe zur Supraleiter-Magnetschwebebahn befinden sich in den Kapiteln 2.3.4 und 2.3.5.
Ziel war eine Bahn, über welcher zwei Flux-Pinning-Supraleiter (harte Supraleiter) schweben
können.
6.1 Material
• 3 Stahlstreifen (2000 mm × 40 mm × 3 mm)
• Holzplatte (1100 mm × 550 mm × 15 mm)
• 2 Winkel (17 mm × 17 mm × 17 mm (Dicke: 2 mm))
• 3 Metallplättchen (55 mm × 15 mm × 2 mm)
• 5 Aluminiumblöcke (40 mm × 20 mm × 10 mm)
• 5 Gewindestangen (M8)
� 21 cm
� 17 cm
� 13.5 cm
� 10.5 cm
� 10 cm
• 495 Neodym-Eisen-Bor-Magnete (20 mm × 10 mm × 5 mm) (Supermagnete, Artikel-ID Q-20-10-05-N)
• 180 Neodym-Eisen-Bor-Magnete (10 mm × 10 mm × 5 mm) (Supermagnete, Artikel-ID Q-10-10-05-N)
• 6 Neodym-Eisen-Bor-Magnete (5 mm × 5 mm × 5 mm) (Supermagnete, Artikel-ID W-05-N)
• 2 YBa2Cu3O7-Supraleiter mit Flux-Pinning (Ø = 14 mm, h = 6 mm) (can superconduc-tors, Modell CSYL – 14)
• Schwarzer Metall-Schutzlack
• Metallgrundierung
6 Herstellung einer Supraleiter-Magnetschwebebahn 32
6.2 Werkzeug
• Azetylen/Sauerstoff-Schweissgerät
• Elektroden-Schweissgerät
• Winkelschleifmaschine
• Rundbiegmaschine
• Bohrmaschine
• Entgrat- und Facettiermaschine
• Stahlsäge
• Bandschleifmaschine
• Schraubzwingen
• SketchUp 2017 (Computerprogramm)
• 3D-Drucker (Ultimaker 2)
6.3 Herstellung der Magnetschwebebahn
Eine Grundanforderung an das Design der Bahn war die Demonstration des Flux-Pinnings.
Entsprechend musste die Bahn Streckenelemente enthalten, welche demonstrieren, dass die
beiden Supraleiter über der Strecke fixiert sind. Dies schien mit der in Abb. 30 gezeigten Stre-
ckenführung möglich.
Die Strecke beginnt im Uhrzeigersinn mit einer senkrechten Kurve. Dabei wird die Veranke-
rung der Supraleiter in x-Richtung demonstriert (cf. Abb. 13, S. 15). Es folgt eine Linksdrehung
in die Waagrechte und ein Looping, wobei die Verankerung in z-Richtung gezeigt wird. Eine
Abb. 30 Streckenführung anhand des Rohbaus der Bahn. (Foto: Silvan Hor-vath).
6 Herstellung einer Supraleiter-Magnetschwebebahn 33
Linksdrehung zurück in die Senkrechte und eine erneute Kurve führen zu einer 180˚-Rechts-
drehung. Dieser letzte Abschnitt führt durch den Looping. Im waagrechten Teil dieses Ab-
schnitts können die Supraleiter im Magnetfeld eingefroren werden10.
Die einzelnen Komponenten der Strecke wurden aus 3 mm × 40 mm × 2000 mm Stahlstreifen
hergestellt. Folgende Komponenten wurden benötigt:
• Kurven (r ≈ 22 cm, U ≈ 100 cm, ca. 270˚) (2 Mal)11
• 90˚-Linksdrehungen (Länge = 20 cm) (2 Mal)
• 180˚-Rechtsdrehung (mit Teilstück der Länge 10 cm ohne Drehung in der Mitte) (Länge = 50 cm)
• Looping (r ≈ 20 cm)
Diejenigen Teile mit Drehungen wurden mit einer Hebelkonstruktion in die passende Form
gebogen (cf. Abb. 31). Zur Biegung von Kurven (inkl. Looping) wurde eine Rundbiegmaschine
verwendet (cf. Abb. 32).
10 Tests zeigten, dass das Einfrieren der Supraleiter über der Bahn dazu führt, dass diese danach mit
Schnee überdeckt ist (gefrorene Luftfeuchtigkeit aufgrund der tiefen Temperatur des flüssigen Stick-stoffs). Für die Demonstration der Magnetschwebebahn bei der Maturitätsarbeitspräsentation und für die Verwendung im Unterricht wird deshalb noch ein zusätzliches kurzes Streckensegment her-gestellt, damit die Supraleiter extern eingefroren werden können.
11 Der Umfang U entspricht nicht genau � = 2 ∗ � ∗ �, da die Höhendifferenz zwischen Anfang und Ende der Kurve auszugleichen war. Die hier angegebenen Abmessungen der Kurve sind generell ungenau, da diese Teile beim Bau noch angepasst werden mussten.
Abb. 31 Hebelkonstruktion zur Biegung der Streckensegmente mit Drehung. Hier die Biegung der 180˚-Rechtsdrehung. Das eine Segmentende wurde mit Schraubzwingen und Holzplatten auf der Werkbank befestigt. Am anderen Ende wurden ebenfalls Holzbalken mit Schraubzwingen befestigt, welche als Hebel zur Biegung des Metalls dienten. (Foto: Silvan Horvath).
6 Herstellung einer Supraleiter-Magnetschwebebahn 34
Die Streckenteile wurden mit einem Azetylen/Sauerstoff-Schweissgerät zusammenge-
schweisst. Aufgrund der beschränkten Präzision der Rundbiegmaschine mussten die Kurven-
teile zusätzlich ein wenig gekürzt werden. Um später die Magnete problemlos auf der Bahn
positionieren zu können, war es ausserdem nötig, die Schweissnähte auf der Fahrseite mit
einer Winkelschleifmaschine abzuschleifen. Es wurden zusätzlich zwei Winkel (17 mm × 17
mm × 17 mm (Dicke: 2 mm)) und drei Metallplättchen (55 mm × 15 mm × 2 mm) mit je einem
Loch (Ø = 9 mm) versehen und an die Bahn geschweisst (mit dem Elektroden-Schweissgerät).
Dies diente der späteren Befestigung der Bahn auf der Holzplatte. Abb. 33 zeigt die Winkel
und Plättchen.
Schliesslich wurde die Strecke geschliffen, grundiert und schwarz lackiert. Die Bahn wurde mit
Gewindestangen auf einer Holzplatte der Dimension 1100 mm × 550 mm × 15 mm fixiert. Zur
Befestigung der Gewindestangen auf der Holzplatte wurden fünf Aluminiumblöcke (40 mm ×
20 mm × 10 mm) verwendet. Diese wurden mit jeweils zwei Löchern für die Befestigung auf
Abb. 32 Biegung einer Kurve mit der Rundbiegmaschine. (Foto: Rudolf Ge-bendinger).
Abb. 33 Winkel und Plättchen, die an die Bahn geschweisst wurden. Tatsäch-lich verwendet wurden nur zwei der drei gezeigten Winkel. (Foto: Silvan Hor-vath).
6 Herstellung einer Supraleiter-Magnetschwebebahn 35
der Holzplatte (Ø = 4 mm) und einem Gewinde für die jeweilige Gewindestange (M8) versehen.
Abb. 34 zeigt einen dieser Aluminiumblöcke.
Schliesslich wurde die Strecke mit Neodym-Eisen-Bor-Magneten bestückt. Die Konfiguration
der Magnete entspricht Abb. 13 (S. 15). Grundsätzlich wurden Magnete der Dimension 20 mm
× 10 mm × 5 mm verwendet, bei den Drehungen Magnete mit halber Länge. Die am Ende aller
drei Magnetreihen entstandene Lücke wurde mit jeweils zwei Würfelmagneten gefüllt (Seiten-
länge 5 mm). Abb. 35 zeigt die mit den Magneten bestückte Bahn.
Abb. 34 Aluminiumblock zur Befestigung der Magnetschwebebahn auf der Holzplatte. (Foto: Silvan Horvath).
Abb. 35 Die hergestellte Magnetschwebebahn. (Foto: Silvan Horvath).
6 Herstellung einer Supraleiter-Magnetschwebebahn 36
6.4 Supraleiter und Stickstoffbehälter
Da das Flux-Pinning bei den selbst hergestellten Supraleitern nicht stark genug ist, um sie im
Magnetfeld der Bahn zu fixieren, wurden zwei spezielle Flux-Pinning-Supraleiter (harte Sup-
raleiter) gekauft (can superconductors, Modell CSYL – 14). Abb. 36 zeigt die beiden gekauften
Supraleiter.
Nach der Kühlung mit flüssigem Stickstoff überschreiten die gekauften Supraleiter die Sprung-
temperatur bereits nach weniger als zehn Sekunden. Um die Schwebezeit zu verlängern,
musste ein Stickstoffbehälter konstruiert werden, welcher als Supraleiterfahrzeug dient. Die
beiden Supraleiter sollten im mit Stickstoff gefüllten Behälter auf der Bahn fahren können.
Bei der Konstruktion dieses Behälters machten sich diverse technische Einschränkungen be-
merkbar. Beispielsweise musste aufgrund der engen Kurven und Drehungen der Bahn die
Grösse des Fahrzeugs minimiert werden, da dieses sonst steckenbleibt. Ausserdem verun-
möglichte die fehlende Präzision des 3D-Druckers (Ultimaker 2) ein allzu detailliertes Design.
Einschränkungen wie diese führten dazu, dass die ursprüngliche Idee eines dekorativen Be-
hälters zugunsten einer hauptsächlich funktionalen Lösung aufgegeben wurde12. Der Behälter
wurde mit dem Programm SketchUp 2017 konstruiert und mit dem 3D-Drucker Ultimaker 2
gedruckt. Abb. 37 zeigt ein Computermodell des konstruierten Stickstoffbehälters, Abb. 38 den
gedruckten Behälter mit eingefügten Supraleitern und Abb. 39 den geschlossenen Behälter.13
12 Dekorative Prototypen wurden getestet, so z.B. in Form des Raumschiffs «Millennium Falcon» aus
(Star Wars, 1977) oder der DeLorean-Zeitmaschine aus (Back to the Future, 1985).
13 Der auf dem Titelbild dargestellte Behälter ist ein älteres Modell und weicht leicht vom hier gezeig-ten ab.
Abb. 36 Die zwei gekauften Flux-Pinning-Supraleiter und ein Fünfrappen-stück als Massstab. (Foto: Silvan Horvath).
6 Herstellung einer Supraleiter-Magnetschwebebahn 37
Abb. 37 SketchUp-Modell des Stickstoffbehälters. (a) zeigt den Behälter, (b) den Deckel des Behälters und (c) die Verschlusskappe des Lochs im Deckel. Dieses dient zur Befüllung mit flüssigem Stickstoff. (Modell: Silvan Horvath, 2017).
Abb. 38 Stickstoffbehälter mit eingefügten Supraleitern. (Foto: Silvan Hor-vath, 2017).
6 Herstellung einer Supraleiter-Magnetschwebebahn 38
6.5 Unterrichtseinheit zur Magnetschwebebahn
Da die Magnetschwebebahn als Demonstrationsobjekt der Supraleitung dienen soll, wurde
eine kurze Unterrichtseinheit für den Physikunterricht zusammengestellt. Die Idee ist, Kan-
tonsschüler der sechsten Klasse (bzw. Ende 5. Klasse) über den bereits behandelten Elektro-
magnetismus an die Supraleitung heranzuführen. So kann das Schweben eines Supraleiters
über einem Magneten als Spezialfall der Lenz’schen Regel betrachtet werden, sofern der Sup-
raleiter nicht im Magnetfeld unter Tc gekühlt wird (cf. Kapitel 2.3.1).
Geplant ist, die Supraleitung während ca. 20 Minuten zu behandeln. Neben einem schriftlichen
Theorieblatt zur Supraleitung sollen auch Experimente gezeigt werden. Ausser der Demonst-
ration der Magnetschwebebahn sind dies auch Experimente zur Supraleitung im Allgemeinen:
• Ein Magnet fällt langsamer durch ein Aluminiumrohr als ein nicht-magnetisches Objekt (Demonstration der Lenz’schen Regel).
• Ein Magnet schwebt über einem Supraleiter (der Supraleiter wird unter Tc gekühlt, be-vor der Magnet auf ihn gelegt wird).
• Ein Magnet schwebt über einem Supraleiter (der Supraleiter wird unter Tc gekühlt, nachdem der Magnet auf ihn gelegt wurde (Meissner-Ochsenfeld-Effekt)).
• Demonstration eines harten Supraleiters (z.B. Suspension unter einem Magneten) und Vergleich mit einem «gewöhnlichen» Hochtemperatursupraleiter.
Tabelle 2 zeigt einen möglichen Ablauf der Unterrichtseinheit. Das Theorieblatt befindet sich
im Anhang.
Inhalt Methode Zeitbedarf
Magnetschwebebahn Demonstration der Magnet-
schwebebahn ca. 5 min
Lenz’sche Regel Demonstration mit Alumini-
umrohr ca. 2 min
Lenz’sche Regel bei einem Supraleiter
Magnet schwebt über Supra-leiter bzw. umgekehrt
ca. 2 min
Theorie Schüler lesen Theorieblatt
zur Supraleitung 5-10 min
Meissner-Ochsenfeld-Effekt Demonstration des Effekts (Supraleiter im Magnetfeld
kühlen) ca. 2 min
Flux-Pinning
Demonstration des Effekts mit hartem Supraleiter (Teil der Magnetschwebebahn) und Vergleich mit «norma-
lem» Hochtemperatursupra-leiter
ca. 2 min
Eventuell erneut Magnet-schwebebahn
«» «»
Tabelle 2 Möglicher Ablauf einer Unterrichtseinheit zum Thema Supralei-tung und Supraleiter-Magnetschwebebahn.
39
7 Schlusswort
Das erste Ziel und Grundlage dieser Arbeit war die Herstellung eines Hochtemperatursupra-
leiters. Dieses Ziel wurde durch die Synthese von Yttrium-Barium-Kupferoxid erreicht. Das
hergestellte Material wird nach Kühlung mit flüssigem Stickstoff supraleitend, was über den
Meissner-Ochsenfeld-Effekt gezeigt werden kann. Die Herstellung bedarf zwar einiger Spezi-
alapparaturen (wie einem Hochtemperaturofen mit Sauerstoffzufluss), wäre aber rein hand-
werklich auch als Teil des Chemiepraktikums an der Kantonsschule möglich.
Es wurden zwei Experimente zur Messung der Sprungtemperatur des hergestellten Supralei-
ters durchgeführt. Im ersten Experiment wurde die Sprungtemperatur über die Temperaturab-
hängigkeit des elektrischen Widerstands bestimmt. Die Messung ergab eine maximale
Sprungtemperatur von ca. 90 K, wobei der komplette Widerstandsverlust jedoch erst bei ca.
68 K eintrat. Grund für den nicht-abrupten Widerstandsverlust ist vermutlich, dass der Supra-
leiter nicht homogen ist, innerhalb der Probe also verschiedene Sprungtemperaturen existie-
ren. Ich vermute, dass die Diskrepanz zum Literaturwert von Tc = 93 K (Buckel, 2013) durch
eine Verunreinigung der Probe bei deren Präparation verursacht wurde. Darauf deuten die
Ergebnisse des zweiten Experiments hin.
Im zweiten Experiment wurde die Sprungtemperatur über die Verdrängung eines äusseren
Magnetfelds bestimmt (Diamagnetismus). Das magnetische Moment der Probe wurde in Ab-
hängigkeit der Temperatur gemessen. Der Übergang zum Diamagnetismus bei ca. 93 K deutet
auf eine solche Sprungtemperatur hin. Dies deckt sich mit dem Literaturwert von Tc = 93 K
(Buckel, 2013).
Der Einfluss von äusseren Magnetfeldern auf die Sprungtemperatur wurde ebenfalls über
R(T)-Messungen untersucht. Die gemessene Abnahme von Tc bei stärkeren Magnetfeldern
entspricht der theoretischen Erwartung. Interessant ist das Vorhandensein von Plateaus in den
Messkurven. Diese erklären sich vermutlich durch einen Phasenübergang der Probe. Die
These liesse sich durch eine Wiederholung der Messung mit einem sogenannten harten Sup-
raleiter überprüfen.
Im zweiten Teil der Arbeit wurde eine Supraleiter-Magnetschwebebahn konstruiert und gebaut.
Zwei harte Supraleiter können in einem 3D-gedruckten Stickstoffbehälter platziert werden und
anschliessend schwebend auf der Bahn fahren. Ergänzend zur Magnetschwebebahn wurde
eine kurze Unterrichtseinheit gestaltet, um Kantonsschüler der fünften und sechsten Klasse in
die Thematik einzuführen.
7 Schlusswort 40
Trotz der sehr befriedigenden und beeindruckenden Funktionsweise der Magnetschwebebahn
ist Optimierungspotential vorhanden: Die Bahn könnte durch einen stationären Beschleuni-
gungsmotor ergänzt und die Demonstration damit automatisiert werden. Auch ein Beschleuni-
gungsmechanismus, der auf Druckluft basiert, wäre denkbar. Zusätzlich muss erwähnt wer-
den, dass bei der Gestaltung des Stickstoffbehälters (Supraleiterfahrzeug) hauptsächlich funk-
tionale Aspekte beachtet wurden. Es wurden zwar einige Prototypen mit dekorativeren De-
signs getestet, dieser Ansatz aufgrund technischer Einschränkungen jedoch wieder fallen ge-
lassen.
Einige Optimierungen der Magnetschwebebahn werde ich im Hinblick auf die Präsentation
dieser Arbeit und die Verwendung im Unterricht selbst noch vornehmen. Hier wäre hauptsäch-
lich die Herstellung eines zusätzlichen kurzen Streckensegments zu nennen, auf dem die Sup-
raleiter extern «eingefroren» werden können. Damit soll verhindert werden, dass die Magnet-
schwebebahn nach ihrer Verwendung jeweils von Schnee befreit werden muss.
Abschliessend hoffe ich, dass diese Arbeit ein wenig Licht auf die seltsamen und höchst fas-
zinierenden Eigenschaften der Supraleitung geworfen hat. Einen tieferen Einblick in die Mate-
rie gewährt das Sachbuch Supraleitung – Grundlagen und Anwendungen von Buckel und Klei-
ner (2013).
41
8 Dank
Diese Arbeit wäre ohne Unterstützung nicht möglich gewesen. Zuallererst möchte ich mich bei
meinem Betreuer Herrn Matias Meier Trüllinger bedanken. Er hat die Entstehung dieser Arbeit
nicht nur durch seine konstruktiven Vorschläge, Ideen und Rückmeldungen ermöglicht, son-
dern auch durch sein Engagement als Lehrer, mit dem er mein Interesse für Physik erst ge-
weckt hat. Ebenfalls grosser Dank gebührt Herrn Rudolf Gebendinger für seine monatelange
Unterstützung bei der Planung und dem Bau der Magnetschwebebahn. Wegen ihm habe ich
im Verlauf dieser Arbeit möglicherweise ebenso viele handwerkliche Fähigkeiten erworben wie
Wissen über die Supraleitung. Weiterhin danke ich Herrn Stefan Siegrist, Dr. Daniel Destraz
und Prof. Dr. Andreas Schilling von der Universität Zürich für die Hilfe bei der Herstellung und
Untersuchung des Hochtemperatursupraleiters. Der Fachschaft Physik der Kantonsschule Ry-
chenberg spreche ich meinen grossen Dank dafür aus, dass sie durch ihr Finanzierungsange-
bot den Bau der Magnetschwebebahn ermöglicht hat. An dieser Stelle danke ich auch dem
Physikmechaniker der Kantonsschule im Lee, Herrn Andreas Bertschi, der mich jeweils mit
flüssigem Stickstoff für die Tests der Magnetschwebebahn ausgerüstet hat.
Schliesslich möchte ich mich bei meinen Freunden, meiner Familie und meinem Zweitbetreuer
Herrn Lukas Morf dafür bedanken, dass sie meine Arbeit gelesen und beurteilt haben.
42
9 Literaturverzeichnis
Bücher
Buckel, Werner und Kleiner, Reinhold (2013): Supraleitung - Grundlagen und Anwendungen, 7. aktualisierte und erweiterte Auflage. Wiley-VCH, Weinheim.
Feynman, Richard (2005): QED - Die seltsame Theorie des Lichts und der Materie. Piper Ver-lag, München.
Khare, Neeraj (2003): Handbook of High-Temperature Superconductor Electronics. Marcel Dekker Inc., Monticello, New York.
Artikel in Zeitschriften
Salama, A H et al. (2015): Effect of magnetic and nonmagnetic nano metal oxides doping on the critical temperature of a YBCO superconductor. In: Advances in Natural Sciences: Nano-science and Nanotechnology, Vol. 6/Nr. 4, S. 13-21.
Schilling, Andreas et al. (1993): Superconductivity above 130 K in the Hg-Ba-Ca-Cu-O system. In: Nature, Nr. 363, S. 56-58.
Strehlow, Charles und Sullivan, Michael (2009): A Classroom Demonstration of Levitation and Suspension of a Superconductor over a Magnetic Track. In: American Journal of Physics, Nr. 9/2009, S. 847-851.
Wu, M. K. et al. (1987): Superconductivity at 93 K in a New Mixed-Phase Y-Ba-Cu-O Com-pound System at Ambient Pressure. In: Physical Review Letters, Vol. 58/Nr. 9, S. 908-910.
Wikipedia - Die freie Enzyklopädie (2017): Seite «Magnetische Feldstärke». Bearbeitungs-stand: 26.05.2017, 19:26 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Magneti-sche_Feldst%C3%A4rke&oldid=165841081 (Abgerufen: 20.10.2017).
Wikipedia - Die freie Enzyklopädie (2017): Seite «Supraleiter». Bearbeitungsstand: 11.10.2017, 13:26 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Supraleiter&ol-did=169894743 (Abgerufen: 22.10.2017).
Wikipedia - The Free Encyclopedia (2017): Seite «Four-terminal sensing». Bearbeitungsstand: 06.10.2017, 14:19 UTC. URL: https://en.wikipedia.org/w/index.php?title=Four-terminal_sen-sing&oldid=804065678 (Abgerufen: 26.10.2017).
Filme
Bayerischer Rundfunk, Alpha Centauri (2016): Was ist Supraleitung? (Erstausstrahlung: 23.08.2016). URL: http://www.br.de/mediathek/video/sendungen/alpha-centauri/alpha-centauri-supraleitung-2005_x100.html (Abgerufen: 05.07.2017).
Leitner, Alfred (1965): An Introduction to Superconductivity. YouTube. URL: https://www.y-outube.com/watch?v=BFdq6IecUJc. (Abgerufen: 06.07.2017).
9 Literaturverzeichnis 43
Lucas, George (1977): Star Wars. USA.
Zemeckis, Robert (1985): Back to the Future. USA.
Persönliche Mitteilungen
Destraz, Daniel (2017): Kontaktierung der Probe für die R(T)-Messung. Persönliche Mitteilung, 16.07.2017.
Destraz, Daniel (2017): Plateaus in der R(T)-Kurve. Persönliche Mitteilung, 15.10.2017.
Siegrist, Stefan (2017): Erklärung der Röntgendiffraktometrie. Persönliche Mitteilung, 27.04.2017.
Siegrist, Stefan (2017): Synthese von Yttrium-Barium-Kupferoxid. Persönliche Mitteilung, 25.04.2017.
Siegrist, Stefan (2017): Verfälschung der Magnetisierungsmessung durch Farbstoffe. Persön-liche Mitteilung, 27.04.2017.
Andere Quellen
Kaeser, Paul et al. (2013): Atombau (Orbitalmodell) - Ein Leitprogramm für die Chemie, Ver-sion November 2013. Kantonsschule Rychenberg, Winterthur.
44
10 Abbildungsverzeichnis
Titelbild Foto: Silvan Horvath, 2017.
Abb. 1 (S. 3) Bild «Originalnotiz von Heike Kamerlingh Onnes». In: Wikipedia - Die freie Enzyklopädie (2017): Seite «Supraleiter». Bearbeitungsstand: 11.10.2017, 13:26 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/in-dex.php?title=Supraleiter&oldid=169894743 (Abgerufen: 22.10.2017).
Abb. 2 (S. 4) Abb. 3.1, S. 121. In: Buckel, Werner und Kleiner, Reinhold (2013): Supraleitung - Grundlagen und Anwendungen, 7. aktualisierte und er-weiterte Auflage. Wiley-VCH, Weinheim.
Abb. 5 (S. 9) Bild «Verdrängung des äußeren magnetischen Feldes durch ei-nen Supraleiter.». In: Wikipedia – Die freie Enzyklopädie (2017): Seite «Meißner-Ochsenfeld-Effekt». Bearbeitungsstand: 25.01.2016, 17:52 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/in-dex.php?title=Mei%C3%9Fner-Ochsenfeld-Effekt&ol-did=150678911 (Abgerufen: 26.10.2017).
Abb. 6 (S. 10) Silvan Horvath, 2017. Nach: Abb. 4.1.1 S. 226. In: Buckel, Werner und Kleiner, Reinhold (2013): Supraleitung - Grundlagen und Anwen-dungen, 7. aktualisierte und erweiterte Auflage. Wiley-VCH, Wein-heim.
Abb. 7 (S. 11) Abb. 1.8, S. 25. In: Buckel, Werner und Kleiner, Reinhold (2013): Sup-raleitung - Grundlagen und Anwendungen, 7. aktualisierte und erwei-terte Auflage. Wiley-VCH, Weinheim.
Abb. 8 (S. 11) Silvan Horvath, 2017. Nach: Abb. 4.2.4 S. 251. In: Buckel, Werner und Kleiner, Reinhold (2013): Supraleitung - Grundlagen und Anwen-dungen, 7. aktualisierte und erweiterte Auflage. Wiley-VCH, Wein-heim.
Abb. 9 (S. 12) Figure 2.2, S. 24. In: National Research Council; Division on Engine-ering and Physical Sciences; Solid State Sciences Committee; Board on Physics and Astronomy; Committee on Opportunities in High Mag-netic Field Science (2005): Opportunities in High Magnetic Field Sci-ence. The National Academies Press, Washington D.C.
Abb. 10 (S. 12) Fig. 2.2, S. 24. In: National Research Council; Division on Enginee-ring and Physical Sciences; Solid State Sciences Committee; Board on Physics and Astronomy; Committee on Opportunities in High Mag-netic Field Science (2005): Opportunities in High Magnetic Field Sci-ence. The National Academies Press, Washington D.C. (abgeändert durch Silvan Horvath).
10 Abbildungsverzeichnis 45
Abb. 11 (S. 13) Abb. 5.9, S. 301. In: Buckel, Werner und Kleiner, Reinhold (2013): Supraleitung - Grundlagen und Anwendungen, 7. aktualisierte und er-weiterte Auflage. Wiley-VCH, Weinheim.
Abb. 12 (S.14) Superconductor Suspension. In: University of Calgary - Department of Physics and Astronomy (o.J.): Teaching & Learning: Demonstrati-ons: Electricity and Magnetism: 5G Magnetic Materials. URL: https://phas.ucalgary.ca/files/phas/5g50_51_superconductor_sus-pension_pic1.jpg (Abgerufen: 29.11.2017).
Abb. 13 (S. 15) Fig. 3, S. 3. In: Strehlow, Charles und Sullivan, Michael (2008): A Classroom Demonstration of Levitation and Suspension of a Super-conductor over a Magnetic Track. In: American Journal of Physics, Nr. 9/2009, S. 847-851.
Abb. 14 (S. 17) Foto: Silvan Horvath, 2017.
Abb. 15 (S. 17) Foto: Silvan Horvath, 2017.
Abb. 16 (S. 17) Foto: Silvan Horvath, 2017.
Abb. 17 (S. 19) Bild «Four-point measurement of resistance […]». In: Wikipedia - The
Free Encyclopedia (2017): Seite «Four-terminal sensing». Bearbei-
tungsstand: 06.10.2017, 14:19 UTC. URL: https://en.wikipe-
Abb. 19 (S. 20) S. 2. In: Quantum Design (o.J.): PPMS – Physical Property Measure-ment System. URL: https://www.qdusa.com/sitedocs/productBro-chures/1070-002.pdf. (Abgerufen: 14.10.2017).
Abb. 20 (S. 21) Foto: Silvan Horvath, 2017.
Abb. 21 (S. 22) Foto: Silvan Horvath, 2017.
Abb. 22 (S. 23) Silvan Horvath, 2017.
Abb. 23 (S. 23) Silvan Horvath, 2017.
Abb. 24 (S. 24) Silvan Horvath, 2017.
Abb. 25 (S. 24) Silvan Horvath, 2017.
Abb. 26 (S. 25) Silvan Horvath, 2017.
Abb. 27 (S. 27) Figure 6, S. 7. In: Salama et al. (2015): Effect of magnetic and non-magnetic nano metal oxides doping on the critical temperature of a YBCO superconductor. In: Advances in Natural Sciences: Nano-science and Nanotechnology, Vol. 6/Nr. 4, S. 13-21.
Abbildung 2 Bild «Ein Magnet schwebt über einem […] Hochtemperatursupralei-ter» In: Wikipedia - Die freie Enzyklopädie (2017): Seite «Supralei-ter». Bearbeitungsstand: 11.10.2017, 13:26 UTC. URL: https://de.wi-kipedia.org/w/index.php?title=Supraleiter&oldid=169894743 (Abge-rufen: 22.10.2017).
Abbildung 3 Bild «Verdrängung des äußeren magnetischen Feldes durch ei-nen Supraleiter.». In: Wikipedia – Die freie Enzyklopädie (2017): Seite «Meißner-Ochsenfeld-Effekt». Bearbeitungsstand: 25.01.2016, 17:52 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/in-dex.php?title=Mei%C3%9Fner-Ochsenfeld-Effekt&ol-did=150678911 (Abgerufen: 26.10.2017).
Abbildung 4 Abb. 1.8, S. 25. In: Buckel, Werner und Kleiner, Reinhold (2013): Sup-raleitung - Grundlagen und Anwendungen, 7. aktualisierte und erwei-terte Auflage. Wiley-VCH, Weinheim.
Abbildung 5 Fig. 3, S. 3. In: Strehlow, Charles und Sullivan, Michael (2009): A Classroom Demonstration of Levitation and Suspension of a Super-conductor over a Magnetic Track. In: American Journal of Physics, Nr. 9/2009, S. 847-851.
47
11 Anhang
11.1 Theorieblatt zur Unterrichtseinheit
Aus Gründen der Übersichtlichkeit beginnt das Theorieblatt zur Unterrichtseinheit erst auf der
nächsten Seite.
48
Theorieblatt zur Supraleiter-Magnetschwebebahn
Die vorliegende Einführung in die Supraleiter-Magnetschwebebahn basiert auf der Maturitätsarbeit «Supraleitung – Von
der Herstellung und Untersuchung eines Hochtemperatursupraleiters sowie dem Bau einer Supraleiter-Magnetschwebe-
bahn» (Horvath, 2017).
Was ist ein Supraleiter?
Ein Supraleiter ist ein Material, das elektrischen Strom komplett ohne Widerstand leitet. Viele Reinmetalle sind Supra-
leiter, allerdings nur bei sehr tiefen Temperaturen (< 20 K). Unterschreiten diese Metalle ihre jeweilige Sprungtemperatur
(Tc), verlieren sie abrupt ihren Widerstand. Die Supraleitung lässt sich nur im Rahmen der Quantenphysik erklären, diese
Erklärung soll aber nicht Teil dieses Theorieblatts sein.
Einige keramische Verbindungen, darunter auch das bei der Magnetschwebebahn vorliegende Yttrium-Barium-Kupfer-
oxid (YBa2Cu3O7), sind sogenannte Hochtemperatursupraleiter. Bei diesen liegt Tc zwar immer noch weit unter Zim-
mertemperatur, manchmal jedoch über der Siedetemperatur von Stickstoff (77 K), dem Hauptbestandteil unserer Luft.
Solche Hochtemperatursupraleiter können deshalb mit günstigem flüssigem Stickstoff unter Tc gekühlt werden.
YBa2Cu3O7 hat eine Sprungtemperatur von ca. 93 K (-180˚ C).
Elektromagnetische Eigenschaften eines Supraleiters
Verändert sich der magnetische Fluss durch einen gewöhnlichen Leiter, werden in die-
sem gemäss der Lenz’schen Regel Ströme induziert, deren eigenes Magnetfeld der Än-
derung des magnetischen Flusses entgegenwirkt. Lässt man zum Beispiel einen Magne-
ten durch ein (nicht-magnetisches) Aluminium- oder Kupferrohr fallen, fällt der Magnet
merklich langsamer, als ein nicht-magnetisches Objekt fallen würde. Dies lässt sich fol-
gendermassen erklären: Der fallende Magnet verändert ständig den magnetischen Fluss
durch die Röhrenwand, wodurch in dieser Wirbelströme induziert werden (Abbildung
1). Diese sind gemäss der Lenz’schen Regel so gerichtet, dass ihr Magnetfeld den Mag-
neten in seinem Fall bremst. Ganz analog wird auch ein Magnet gebremst, der auf eine
Aluminiumplatte fällt. Wirbelströme in der Platte erzeugen ein Magnetfeld, dass dem-
jenigen des Magneten entgegengesetzt ist. Verwendet man hier keine normalleitende
Platte, sondern eine supraleitende, werden die induzierten Wirbelströme mit der Zeit
nicht abgeschwächt, da sie ohne Widerstand durch die Platte fliessen. Das von ihnen
erzeugte Magnetfeld verschwindet deshalb ebenfalls nicht. Der Magnet fällt dann nicht
nur langsamer, sondern er wird
komplett gebremst und schwebt
in jenem Punkt über der supraleitenden Platte, in dem sich die
abstossende Kraft der beiden Magnetfelder und die auf den Mag-
trachtet man das Magnetfeld innerhalb der supraleitenden Platte,
fällt auf, dass es während des gesamten Experiments gleichbleibt.
Dies muss so sein, da ja jede Veränderung des Magnetfelds im
Innern des Supraleiters ungebremste Wirbelströme induziert, die
die Veränderung wieder ausgleichen. Ein Supraleiter, der in einer
magnetfeldfreien Umgebung unter die Sprungtemperatur gekühlt
Abbildung 1 Schematische Dar-stellung eines Magneten, der durch ein nicht-magnetisches Rohr fällt. (sci-phile.org, 2017).
Abbildung 2 Ein Magnet schwebt über einer supraleitenden Platte (Wikipedia, 2017).
11 Anhang 49
wird, wird danach (solange er supraleitend ist) durch Wirbelströme dafür sorgen, dass sein Inneres magnetfeldfrei bleibt.
Entsprechend würde man annehmen, dass ein Supraleiter, der in einem Magnetfeld unter die Sprungtemperatur gekühlt
wird, dieses Magnetfeld danach in seinem Innern behält, da es sich schliesslich nicht ändern kann, ohne, dass ausglei-
chende Wirbelströme induziert werden.
Dies entspricht aber nicht der Realität: Legt man einen Supraleiter auf einen Mag-
neten und kühlt ihn dann unter die Sprungtemperatur, wird er vom Magneten ab-
gestossen und beginnt zu schweben. Das Magnetfeld im Innern eines Supraleiters
ist nämlich nicht nur konstant (wie man es aus der Tatsache des fehlenden Wider-
stands erwarten würde) sondern das Innere des Supraleiters ist immer magnetfeld-
frei, egal, ob der Supraleiter in einem Magnetfeld zum Supraleiter wurde oder
nicht. Dies nennt man den Meissner-Ochsenfeld-Effekt. Ein Supraleiter verdrängt
bei Unterschreiten der Sprungtemperatur sämtliche Magnetfelder aus seinem In-
nern (Abbildung 3).
Einige Supraleiter zeigen noch einen weiteren Effekt:
Überschreitet das äussere Magnetfeld einen gewissen
kritischen Wert, dringt es teilweise in den Supraleiter
ein. Der Supraleiter bündelt die eindringenden Mag-
netfeldlinien in sogenannten Flussschläuchen (Abbil-
dung 4).
Normalerweise sind diese Flussschläuche im Supra-
leiter frei beweglich. Wird dieser relativ zum Magnet-
feld bewegt, ändern sich die Positionen der Fluss-
schläuche im Supraleiter. Befinden sich allerdings
mikroskopisch kleine Verunreinigungen im Supralei-
ter, werden die Flussschläuche an diesen Verunreinigungen fixiert. Dies nennt man Flux-Pinning.
Das Flux-Pinning ermöglicht die Supraleiter-Magnetschwebebahn: Wird der Supraleiter in einer gewissen Position über
der Bahn unter die Sprungtemperatur gekühlt, ist er danach in dieser Position relativ zum Magnetfeld fixiert. Dies ist der
Fall, weil eine Bewegung des Supraleiters eine Bewegung der Flussschläuche bedingen würde, was wegen des Pinnings
Energie erfordert.
Weil die Magnete auf der Bahn derart konfiguriert sind, dass sich das
Magnetfeld nur in x- und z-Richtung ändert, nicht aber in y-Richtung
(Fahrtrichtung), kann der Supraleiter trotz des Pinnings auf der Bahn
fahren (Abbildung 5). Eine Bewegung in y-Richtung ändert die Posi-
tion des Supraleiters relativ zum Magnetfeld nicht, entsprechend er-
fordert eine solche Bewegung auch keine Verschiebung der Fluss-
schläuche. Hingegen würde eine Bewegung in x- und z-Richtung die
Position relativ zum Feld stark verändern, weshalb der Supraleiter
nicht von der Bahn fallen kann.
Abbildung 4 Schematische Darstellung der Flussschläuche in einem Supra-leiter. Das gebündelte Magnetfeld ist nur bei zwei Flussschläuchen eingezeichnet. (Buckel, 2013).
Abbildung 3 Schematische Darstellung des Meissner-Ochsenfeld-Effekts. (Wikipedia, 2017).
Abbildung 5 Aufbau der Magnetschwebebahn. (Streh-low et al., 2009).
50
11.2 Röntgendiffraktogramm der YBa2Cu3O7-Probe
Es wurde ein Röntgen-Pulverdiffraktogramm der YBa2Cu3O7-Probe angefertigt, um diese auf
allfällige Gitterfehler zu untersuchen (cf. Abb. 40). Dabei wurde die pulverisierte Probe mit
Röntgenstrahlung bestrahlt und die Intensität der reflektierten Strahlung gemessen. Diese
Messung wurde bei verschiedenen Winkeln (2Θ) zwischen Röntgenquelle, Probe und Detek-
tor durchgeführt. Die Röntgenstrahlung wird an verschiedenen Atomgitterebenen der Probe
reflektiert. Durch Interferenz dieser unterschiedlichen Reflexionen verändert sich die Intensität
der reflektierten Strahlung mit dem Winkel. Aus der Verteilung der Intensitätsmaxima kann auf
die Zusammensetzung der Probe geschlossen werden.
Die blaue Kurve ist das Standard-Diffraktogramm von YBa2Cu3O7 (Siegrist, 2017). Die
schwarze Kurve ist das Diffraktogramm meiner Probe. Die Grundlinie erreicht bei meiner
Probe erst bei grösseren Winkeln den Wert Null. Laut Siegrist (2017) ist dies auf Streustrah-
lung bei kleinen Winkeln zurückzuführen. Ansonsten decken sich die beiden Diffraktogramme
gut.
Die Messung wurde vor der Präparation der Probe für die R(T)-Messung vorgenommen. All-
fällige Verunreinigungen der R(T)-Probe sind entsprechend nicht dargestellt.
0
10000
20000
30000
40000
50000
60000
70000
80000
0 20 40 60 80 100
Inte
nsi
tät
(ohne E
inheit)
Winkel 2Θ
Röntgendiffraktogramm der YBa2Cu3O7 Probe
Abb. 40 Röntgendiffraktogramm der YBa2Cu3O7-Probe. Die blaue Kurve ist das Standard-Diffraktogramm von YBa2Cu3O7 (Siegrist, 2017).
Tabelle 10 Messresultate der R(T)-Messung, B = 1 T. Resultate für Tempe-raturen von 120.0 K bis 74.2 K. Die Messgenauigkeit beträgt ±0.1 mΩ bzw. ±0.5 K.
Tabelle 11 Messresultate der R(T)-Messung, B = 1 T. Resultate für Tempe-raturen von 73.9 K bis 28.2 K. Die Messgenauigkeit beträgt ±0.1 mΩ bzw. ±0.5 K.
Tabelle 13 Messresultate der R(T)-Messung, B = 3 T. Resultate für Tempe-raturen von 120.0 K bis 74.2 K. Die Messgenauigkeit beträgt ±0.1 mΩ bzw. ±0.5 K.
Tabelle 14 Messresultate der R(T)-Messung, B = 3 T. Resultate für Tempe-raturen von 74.0 K bis 28.2 K. Die Messgenauigkeit beträgt ±0.1 mΩ bzw. ±0.5 K.
Tabelle 16 Messresultate der R(T)-Messung, B = 9 T. Resultate für Tempe-raturen von 120.0 K bis 74.2 K. Die Messgenauigkeit beträgt ±0.1 mΩ bzw. ±0.5 K.
Tabelle 17 Messresultate der R(T)-Messung, B = 9 T. Resultate für Tempe-raturen von 74.0 K bis 28.2 K. Die Messgenauigkeit beträgt ±0.1 mΩ bzw. ±0.5 K.