232 Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 31(2): 2014 Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 31 (2): 232- 238; 2014 Ophrys subgen. Fuciflorae sect. Araniferae subsect. Argolicae Manfred HENNECKE und Stefan MUNZINGER Keywords: Orchidaceae; subgenus Fuciflorae sect. Araniferae subsect. Argolicae, Ophrys argolica, Ophrys climacis, Ophrys delphinensis, Ophrys elegans, Ophrys icariensis, Ophrys lucis, Ophrys morisii Zusammenfassung/Summary: HENNECKE, M..& S. MUNZINGER (2014): Ophrys subgen. Fuciflorae sect. Araniferae subsect. Argolicae. − Ber. Arbeitskr.Heim.Orchid. 31 (2): 232 - 238. Die Subsectio Argolicae gehört auf Grund molekulargenetischer Ergebnisse eindeutig zur Section Araniferae. Sieben Arttaxa können auf Basis des Biospezieskonzeptes innerhalb der Sektion differenziert werden: Ophrys argolica, Ophrys climacis, Ophrys delphinensis, Ophrys elegans, Ophrys icariensis, Ophrys lucis und Ophrys morisii; die letzten sechs Arttaxa sind hybridogenen Ursprungs. According to molecular-genetic data the subsection Argolicae belongs into the section Araniferae. Within the subsection seven species are defined: Ophrys argolica, Ophrys climacis, Ophrys delphinensis, Ophrys elegans, Ophrys icariensis, Ophrys lucis and Ophrys morisii; last six species are of hybridogenous origin. Motto Um Arttaxa, Populationen und Lebensräume zu schützen, müssen die Akteure die Tier- und Pflanzentaxa sicher bestimmen können (Convention on Biological Diversity).
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Die Subsectio Argolicae gehört auf Grund molekulargenetischer Ergebnisse eindeutig zur Section Araniferae. Sieben Arttaxa können auf Basis des Biospezieskonzeptes innerhalb der Sektion differenziert werden: Ophrys argolica, Ophrys climacis, Ophrys delphinensis, Ophrys elegans, Ophrys icariensis, Ophrys lucis und Ophrys morisii; die letzten sechs Arttaxa sind hybridogenen Ursprungs.According to molecular-genetic data the subsection Argolicae belongs into the section Araniferae. Within the subsection seven species are defined: Ophrys argolica, Ophrys climacis, Ophrys delphinensis, Ophrys elegans, Ophrys icariensis, Ophrys lucis and Ophrys morisii; last six species are of hybridogenous origin.
MottoUm Arttaxa, Populationen und Lebensräume zu schützen, müssen die Akteure die Tier- und Pflanzentaxa sicher bestimmen können (Convention on Biological Diversity).
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1. Einleitung
Die Untersektion erhielt ihren Namen nach Ophrys argolica, die 1919 als erstes Arttaxon aus dieser Untersektion beschrieben wurde. In der Argolis liegt mit Lerna eine der ältesten Siedlungen auf dem Festland des antiken Griechenlands. Argos gilt als älteste ununterbrochen besiedelte Stadt Europas. In der späten Bron-zezeit entstanden in Mykene, Midea und Tiryns große Residenzen und Festungsanlagen.
2. Untersektion Argolicae
MolekulargenetikNach den molekulargenetischen Untersuchungen von DeVey et al. (2008) gehört „argolica“ eindeutig in die Sektion Araniferae. Nach haiDer et al. (2012) ist „argolica“ deutlich getrennt von „ferrum-equinum“ (sie-he Dendrogramm Abb. 1, S. 202). Deshalb haben wir uns entschie-den, beide Gruppen in getrennten Subsektionen innerhalb der Sektion Araniferae zu führen.
DiagnoseLiegt noch nicht vor.
3. Unterteilungen innerhalb der Untersektion
Die Untersektion besteht aus heuti-ger Sicht aus einem Arttaxon: Ophrys argolica mit mehreren Unterarten und diversen Hybrid-Taxa.
Diagnostische MerkmaleEs wurden wenige Primärmerkmale gefunden, die es dem Feldbiologen aber trotzdem ermöglichen, die Un-tersektion eindeutig zu bestimmen. Wichtige Merkmale, sogenannte Trennmerkmale, sind fett hervorge-hoben. Alle Merkmale haben dabei nur einen diagnostischen Charakter und weisen deshalb nicht zwingend eine biologische Funktion auf.
Diagnostische Primärmerkmale1. mit Konnektiv-Fortsatz (Konnek-
tiv spitzig)2. mit keinem oder winzigem An-
hängsel, das nach vorne gerichtet ist
3. mit Pseudoaugen4. Lippe ganzrandig, klein und
rund.5. Mal besteht aus zwei Tropfen, die
manchmal verbunden sind.
VerwechslungsmöglichkeitenIm Gegensatz zu Ophrys ferrum-equinum, deren Lippe trapez-förmig groß ist, dunkel, schwarz-rot mit dem typischen Mal, ist die Lippe
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Lippe ganzrandig, klein und rund, Mal besteht aus zwei Tropfen, die manchmal mit einer dünnen Linie verbunden sind.
GestalteindruckEher zierliche Pflanzen mit rundli-cher, rautenförmiger Lippen, erinnert durch die Malflecken an ein Gesicht, Farbeindruck rot-bräunlich
Locus classicusTiryns, Argolien, Peleponnes
Verbreitungsiehe Abb. 1, unten.
von Ophrys argolica klein, rund und mehr bräunlich mit zwei kleinen Malpunkten.
4. Ophrys argolica H.fleischM., Verh. K. K. Zool.-Bot. Ges. Wien 69: 295 (1919).
Molekulargenetiks. Beschreibung der Untersektion
Diagnostische Primärmerkmalemit Konnektiv-Fortsatz (Konnektiv spitzig), mit keinem oder winzi-gem Anhängsel, das nach vorne gerichtet ist, mit Pseudoaugen,
Abb. 1: Verbreitungskarte von Ophrys argolica, den Unterarten und stabilisierten Hybriden. Das Verbrei-tungsgebiet von Ophrys climacis ist so klein, dass es auf der Karte nicht dargestellt werden kann.
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UnterartenDie geografische Trennung ist deut-lich, so dass der Status von Unterar-ten gerechtfertigt ist:
1. Sind „biscutella“ und „pollinensis“ identisch? Die Verbreitungsgebiete berühren sich, beide haben Antho-phora retusa als Hauptbestäuber.2. Gibt es wirklich eine so weite Ver-breitungslücke zwischen „crabroni-fera“ und „biscutella/pollinensis“?3. bauMann & lorenz (2005) be-schrieben „mandalyana“, wo im
Hybide von Blühzeit-Differenz Ophrys argolica mit der Eltern in Wochen
selben Gebiet Kreutz (1998) „lesbis“ kartierte. Zur Insel Lesbos ist es doch eine gewisse Distanz. Was ist also der Unterschied? Hinzu kommt, dass „lucis“ benachbart ist, ein Arttaxon hybridogenen Ursprungs und deshalb an sich schon sehr vielgestaltig.
BestäuberDie Untersektion Argolicae hat als Hauptbestäuber Arten der Gattung Anthophora. Ausnahme ist „lesbis“ mit Andrena curiosa, was aber auch ein Nebenbestäuber sein könnte. Aus der Gattung Anthophora stammen übrigens auch viele Hauptbestäuber von Ophrys sectio Pseudophrys sub-sectio Omegaiferae.
HybrideFür die Hybridisierung wurde die Homepage von günther blaich aus-gewertet. In der zweiten Spalte wird der Unterschied im Blüh-Höhepunkt der beiden Eltern angegeben (Me-thodik vgl. hennecKe & Munzinger 2013).
An den Rändern des Verbreitungs-gebietes häufen sich stabilisierte Arttaxa hybridogenen Ursprungs, die dadurch gekennzeichnet sind, dass sie sowohl ganzrandig als auch dreilappig sein können.
Ophrys climacis● (türkischer Lokal-Endemit)
Ophrys delphinensis●Ophrys elegans● (zyprioti-
scher Lokal-Endemit)Ophrys icariensis● (Lokal-
Endemit von Naxos und Ikaria)
Ophrys lucis●Ophrys morisii ● (sardisch-
korsischer Lokal-Endemit)
Wir stellen diese hybridogenen Art-taxa nahe zur Untersektion Argolicae, denn bis auf eine einzige werden alle von Bienen der Gattung Anthophora bestäubt und schließen sich zudem recht gut an das Merkmalskontinuum der Ophrys argolica an.
Einer der Autoren (MH) konnte Pflanzen am locus classicus beobach-ten. Der Eindruck ist, dass es sich auf Grund des nach oben gebogenen Lip-penrandes in Verbindung mit einer deutlichen, randlichen Gelbfärbung
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um einen Hybrid von Ophrys lucis mit Ophrys galilea handelt. Ophrys galilea kommt in den Küstenregio-nen östlich des Sepandra-Tales sehr häufig vor.
Das Verbreitunsgebiet von Ophrys climacis ist winzig, daher stellt sich die grundsätzliche Frage, ob es wirk-lich ein eigenständiges Arttaxon ist.
Es ist allgemein akzeptiert, dass es sich bei diesem Arttaxon um den stabilisierten Hybrid Ophrys argoli-ca × Ophrys scolopax handelt. Der Hybrid und Ophrys argolica haben Anthophora plagiata gemeinsam als Hauptbestäuber.
5.3 . Ophrys e legans (r e n z) h.BauMann & KünKele, Mitt. Ar-beitskreis Heimische Orchid. Ba-den-Württemberg 13: 350 (1981)
Einer der Autoren (MH) konnte Pflanzen am locus classicus beob-achten. Diese Pflanzen sind deutlich dreilappig.
Einer der Autoren (MH) konnte Pflanzen auf Naxos beobachten, die am Abblühen waren. Wegen der Dreilappigkeit der Lippe wird vermu-tet, dass es sich um ein stabilisiertes Arttaxon hybridogenen Ursprungs handelt, wiederum mit einem kleinen Verbreitungsgebiet.
5.5. Ophrys lucis (Kalteisen & H.R.reinhard) Paulus & gacK, Israel J. Bot. 39: 78 (1990)
Einer der Autoren kennt diese Pflan-zen von zahlreichen Reisen in die Türkei (hennecKe 2003). Pflanzen wurden auch südlich von Konya im Friedhof Belören gefunden, was zur Aufklärung von Ophrys konyana führte, einem Arttaxon hybridogenen Ursprungs (Kreutz & peter 2007). Da Ophrys lucis nachweislich seiner-seits hybridisert, haben wir bereits oben die Vermutung geäußert, dass Ophrys climacis hybridogenen Ur-sprungs sein könnte.
Einer der Autoren (MH) kennt diese Pflanzen seit Jahren. Die Ähnlichkeit zu Ophrys argolica war nicht zu über-sehen, aber die Dreilappigkeit der Lippe störte. Literatur-Recherchen ergaben, dass Ophrys morisii triploid ist (turcoa et al. 2013). Damit ist der hybridogene Ursprung bewiesen; wahrscheinlich ist die Kombination Ophrys argolica subsp. crabonifera × Ophrys exaltata.
Literatur:
bauMann, h. & r. lorenz (2005): beiträge zur Ta-xonomie europäischer und mediterraner Orchi-deen, Teil 2. − J. Eur. Orch. 37(4): 939-974.
DeVey, D., r. bateMan, M. Fay, J. hawKins (2008): Friends or Relatives? Phylogenetics and Species Delimitation in the Controversial European Orchid Genus Ophrys – Annals of Botany 101: 385–402.
haiDer, n., i. nabulsi & y. KaMary (2012): Phylogeny of Orchidaceae species in north-west Syria based on ISSRs. − Journal of Plant Biology Research 1(2): 36-50.
hennecKe, M. (2003): Orchideen-Fundorte in der südlichen Türkei (2. Teil). − Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 20(1): 63-68.
hennecKe, M. & s. Munzinger (2013): Hybridi-sierungen innerhalb der Gattung Ophrys im Hinblick auf Blütezeiten der Eltern – das AUS der postulierten eine Orchidee/ein Bestäuber-Beziehung – Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 30(2): 109-147.
Kreutz, C.A.J. & R. Peter (2007): Ophrys konyana Kreutz & Peter, eine neue Ophrys-Art aus der mittleren Südwesttürkei (Konya). − J. Eur. Orch. 39(1): 71-78.
turcoa, a., s. D’eMerico, p. MeDagli & a. al-bano (2013): A cytological study on Ophrys (Orchidaceae) in Italy: New evidence and the importance of polyploidy. − Plant Biosystems (published online).