Top Banner
Unter den mehrjährigen Energiepflanzen dominieren derzeit die Baumarten Pappel und Weide. Stauden sind als Biomasselie- feranten bisher kaum verbreitet. Dabei sind die Ernte dieser Pflanzen und die anschließende Bodenbearbeitung mühe- loser und weitaus kostengünstiger. Inner- halb der Stauden kommen unter anderem die folgenden Pflanzen in Frage: • Sida (Sida hermaphrodita (L.) Rusby) • Riesen- und Zucker-Miscanthus • Rutenhirse oder Switchgras (Panicum virgatum (L.) Poiret) • Gerard-Gras (Andropogon gerardii Vit- man) • Goldleistengras (Spartina pectinata Bosc.) Die Pflanze Sida hat keinen einheutlichen deutschen Namen. Sie wird oft fälschlich als Malve, Riesenmalve oder Virginische Samtmalve bezeichnet. Die Herkunft der Sida sind nödrliche Gebiete Nordamerikas (Podbielkowski 1974). Dort nennt man sie „Virginia fanpetals“ oder „Virginia mallow“. Sie gehört zu der Staudenfamilie der Mal- vengewächse (Malvaceae). Vielseitige Verwendung Professor Boleslaw Styk hat die Sida im Jahr 1955 in Polen eingeführt. Seit dieser Zeit wird sie in der Agrarwissenschaftli- chen Akademie in Lublin erforscht. Dank ihres starken Wachstums und des ausge- prägten Wurzelsystems hat die mehrjähri- ge Pflanze eine Reihe von Vorteilen. Man kann sie als landwirtschaftliche Nutzpflan- ze, aber auch zur Energiegewinnung und zur Flächenrekultivierung einsetzen. Wegen ihrer der Luzerne vergleichbaren chemischen Zusammensetzung kann Sida zu hochwertigem Futter mit bis zu 30 Prozent Protein verarbeitet werden (Styk 1984; Borkowska und Styk 1997, 2006). Imker schätzen die spät blühende Tracht mit einem Honigertrag von bis zu 120 kg pro Hektar. Als nachwachsender Rohstoff mit Kiefernholz vergleichbaren Eigen- schaften kann die Pflanze als Grundstoff zur Herstellung von Dämmstoffen und Zel- lulose und als Quelle für die Pharmaindu- strie genutzt werden. (Borkowska und Styk 1995, 1997, 2006; Borkowska et al., 1996, 2001; Styk, 1984, Wroblewska und Kolasa 1986). Als schnell nachwachsende und beson- ders ertragreiche Energiequelle ist Sida für die Herstellung von Pellet, Briketts, Biogas, Methanol, Zelulose-Ethanol, Strom, Wärme, Bioölen und Sun Diesel geeignet (Molas 2005). Nutzungsdauer bis 20 Jahre Sidakulturen können zwischen 15 und 20 Jahre lang genutzt werden. Die Pflanze hat keinen besonderen Standortan- sprüche. Sie gedeiht auf Acker- und Brachland und kann sogar auf den pro- blematischen Bodenklassen vier bis sechs kultiviert werden (Molas, 2005). Ertrags- bestimmender Faktor ist eine genügende Wasserversorgung des Bodens. Auf leichten und sandigen Böden muß mit niedrigen Erträgen gerechnet werden. Kälte und Trockenzeit während des Früh- jahrs können Keimung und Austrieb ver- zögern. Pflanzen mit starkem Wurzelsy- stem können jedoch zeitweilige Trocken- heit und polnische Winterkälte von bis zu minus 35 Celsius problemlos überstehen. 12 energie pflanzen II/2006 Staude mit Potential Sida als Energie- und Faserpflanze Seit einem halben Jahrhun- dert wird das amerikanische Malvengewächs Sida in Po- len erforscht. Wissenschaft- ler und Anbauer bescheini- gen der mehrjährigen Pflan- ze gute Chancen als vielsei- tiger Biomasselieferant. Sida (links) muß den Wachstumsvergleich mit Topinambur (rechts) nicht scheuen. Unterirdisch reich verzweigt: der Wurzelstock der Sidapflanze. Fotos: Molas
2

Staude mit Potential - s219e06db42819075.jimcontent.com · Szymkiewicz B. (1966): Tablice zasobnosci i przyrostu drzewostanu ga- tunkow drzew lesnych zestawione na podstawie tablic

Sep 09, 2019

Download

Documents

dariahiddleston
Welcome message from author
This document is posted to help you gain knowledge. Please leave a comment to let me know what you think about it! Share it to your friends and learn new things together.
Transcript
Page 1: Staude mit Potential - s219e06db42819075.jimcontent.com · Szymkiewicz B. (1966): Tablice zasobnosci i przyrostu drzewostanu ga- tunkow drzew lesnych zestawione na podstawie tablic

Unter den mehrjährigen Energiepflanzendominieren derzeit die Baumarten Pappelund Weide. Stauden sind als Biomasselie-feranten bisher kaum verbreitet. Dabeisind die Ernte dieser Pflanzen und dieanschließende Bodenbearbeitung mühe-loser und weitaus kostengünstiger. Inner-halb der Stauden kommen unter anderemdie folgenden Pflanzen in Frage:• Sida (Sida hermaphrodita (L.) Rusby)• Riesen- und Zucker-Miscanthus• Rutenhirse oder Switchgras (Panicum

virgatum (L.) Poiret) • Gerard-Gras (Andropogon gerardii Vit-

man)• Goldleistengras (Spartina pectinata

Bosc.) Die Pflanze Sida hat keinen einheutlichendeutschen Namen. Sie wird oft fälschlichals Malve, Riesenmalve oder VirginischeSamtmalve bezeichnet. Die Herkunft derSida sind nödrliche Gebiete Nordamerikas(Podbielkowski 1974). Dort nennt man sie„Virginia fanpetals“ oder „Virginia mallow“.Sie gehört zu der Staudenfamilie der Mal-vengewächse (Malvaceae).

Vielseitige VerwendungProfessor Boleslaw Styk hat die Sida imJahr 1955 in Polen eingeführt. Seit dieserZeit wird sie in der Agrarwissenschaftli-chen Akademie in Lublin erforscht. Dankihres starken Wachstums und des ausge-prägten Wurzelsystems hat die mehrjähri-ge Pflanze eine Reihe von Vorteilen. Mankann sie als landwirtschaftliche Nutzpflan-ze, aber auch zur Energiegewinnung undzur Flächenrekultivierung einsetzen. Wegen ihrer der Luzerne vergleichbarenchemischen Zusammensetzung kannSida zu hochwertigem Futter mit bis zu 30Prozent Protein verarbeitet werden (Styk1984; Borkowska und Styk 1997, 2006).Imker schätzen die spät blühende Trachtmit einem Honigertrag von bis zu 120 kgpro Hektar. Als nachwachsender Rohstoffmit Kiefernholz vergleichbaren Eigen-schaften kann die Pflanze als Grundstoffzur Herstellung von Dämmstoffen und Zel-lulose und als Quelle für die Pharmaindu-strie genutzt werden. (Borkowska und

Styk 1995, 1997, 2006; Borkowska et al.,1996, 2001; Styk, 1984, Wroblewska undKolasa 1986).Als schnell nachwachsende und beson-ders ertragreiche Energiequelle ist Sidafür die Herstellung von Pellet, Briketts,Biogas, Methanol, Zelulose-Ethanol,Strom, Wärme, Bioölen und Sun Dieselgeeignet (Molas 2005).

Nutzungsdauer bis 20 JahreSidakulturen können zwischen 15 und 20Jahre lang genutzt werden. Die Pflanzehat keinen besonderen Standortan-

sprüche. Sie gedeiht auf Acker- undBrachland und kann sogar auf den pro-blematischen Bodenklassen vier bis sechskultiviert werden (Molas, 2005). Ertrags-bestimmender Faktor ist eine genügendeWasserversorgung des Bodens. Auf leichten und sandigen Böden muß mitniedrigen Erträgen gerechnet werden.Kälte und Trockenzeit während des Früh-jahrs können Keimung und Austrieb ver-zögern. Pflanzen mit starkem Wurzelsy-stem können jedoch zeitweilige Trocken-heit und polnische Winterkälte von bis zuminus 35 Celsius problemlos überstehen.

12 energie pflanzen II/2006

Staude mit Potential Sida als Energie- und FaserpflanzeSeit einem halben Jahrhun-dert wird das amerikanischeMalvengewächs Sida in Po-len erforscht. Wissenschaft-ler und Anbauer bescheini-gen der mehrjährigen Pflan-ze gute Chancen als vielsei-tiger Biomasselieferant.

Sida (links) muß den Wachstumsvergleich mit Topinambur (rechts) nicht scheuen.

Unterirdisch reich verzweigt: der Wurzelstock der Sidapflanze. Fotos: Molas

Page 2: Staude mit Potential - s219e06db42819075.jimcontent.com · Szymkiewicz B. (1966): Tablice zasobnosci i przyrostu drzewostanu ga- tunkow drzew lesnych zestawione na podstawie tablic

Im ersten Jahr entwickelt Sida sich relativ langsam. Doch in denkommenden Jahren wächst sie auf geeigneten Standorten sehrschnell. Die Triebe erreichen jährlich eine Höhe von drei bis vierMetern. Der größte Teil des Wurzelsystems bildet sich in derPflugschicht, wodurch es Wasser und Nährstoffe schnell aufneh-men kann. Jedes Frühjahr entstehen aus den vorhandenen Wur-zelknospen 20 bis 40 Triebe. Gegen Krankheiten und Schäd-lingsbefall sind die Pflanzern nur wenig anfällig.Die Ernte erfolgt mit einfachen landwirtschaftlichen Geräten wieMäher und Presse oder Häcksler. Der Erntetermin und die damitverbundene Feuchtigkeit der Biomasse richten sich nach der vor-gesehenen Verwendung. Für die Verarbeitung zu Biogas oderTierfutter können die Pflanzen entweder zweimal während derVegetationsperiode oder einmal im frühen Herbst, wenn sie nochbelaubt sind, geerntet werden. Der bisher höchste Ertrag betrugdabei 100 Tonnen Frischmasse pro Hektar bei einer Feuchtigkeitvon 40 bis 60 Prozent.

Für eine unmittelba-re Verbrennung oderdie Pelletierung mußdie Feuchtigkeit derBiomasse erheblichgeringer sein. Dieskann durch eine Ver-schiebung der Erntein den Winter hineinerreicht werden.(Wardzinska 2000)

Der Aufwuchs wird dann bei frostiger und trockener Witterung ge-schnitten. Wenn es trocken ist, kann man Sida bis in den Aprilhinein ernten, jedoch bevor sie wieder austreibt. Die Staffelungder Ernte macht es möglich, die Biomasse ohne kostspieligeTrocknung und Einlagerung zu verbrennen oder zu pelletieren. Die Feuchtigkeit der Biomasse von Sida bei der Winterernte liegtmit rund 23 Prozent weit unter dem Wassergehalt beispielsweiseder Weide mit etwa 50 Prozent. Dies ermöglicht neben einer op-timalen Pressung auch eine energieeffizientere Verarbeitung.Die Biomasseerträge schwanken stark je nach Standort, Wetterund dem Stand der Agrartechnik. Bei Anbau direkt auf Klär-schlamm wurden in Versuchen Erträge von neun TonnenTrockenmasse je Hektar erzielt. Im Gegensatz dazu verdoppeltesich der Ertrag der Biomasse durch den Anbau auf einem besse-ren Boden der Klasse drei auf 17 bis 20 Tonnen. (Borkowska undStyk, 2006, Borkowska et al., 1996, 2001, Borkowska und Ward-zinska, 2003; Wardzinska, 2000).

Hoher BrennwertSida besitzt einen sehr hohen Brennwert von rund 18,7 Mega-joule pro Kilogramm (Styk B. und Styk W., 1994, Borkowska undStyk, 2006). Damit übersteigt der Brennwert pro Hektar und Jahrauch unter schlechteren Bedingungen bei Weitem den von Jahr-zehnte altem Wald (Szymkiewicz, 1966). Im Gegensatz zuschnell wachsenden Energiewäldern liefern Sidakulturen bereitsim zweiten Jahr nach der Pflanzung hohe Erträge.An der Agrarwissenschaftlichen Akademie in Lublin, Polen, werdenForschungsarbeiten zum Anbau von Sida durchgeführt. Schwer-punkte hierbei sind die Erleichterung von Anbau und Pflege und dieErhöhung der Biomasseerträge auf leichten, sandigen Böden.Nach langjährigen Anbauversuchen wird Sida heute in Polen aufeiner Fläche von rund 200 Hektar angebaut.

Prof. Dr. Halina Borkowska, Prof. Dr. Boleslaw Styk,

Agrarwissenschaftliche Akademie in Lublin, Polen

Roman Molas, Hort-Max/BNI, Lublin

Weitere Informationen: www.bni.com.pl

energie pflanzen II/2006 13

Tabelle 1: Feuchtigkeit der Biomas-se von Sida in Abhängigkeit vomErntezeitraum.

• Alles über regenerative Energien und nachwachsende Rohstoffe

• Praxisberichte, Trends undTechnik

• DieFachzeitschriftfür Praktiker

Die Fachzeitschrift für Praktiker

Die Fachzeitschrift für Praktiker

Infos undProbeheft:

Im Dieckfeld 827383 Scheeßel-Hetzwege

Tel. (0 42 63) 93 95 0Fax (0 42 63) 93 95 21

[email protected]

Literatur:

1. Borkowska H., Styk B. (1995): Slazowiec pensylwanski (Sida) – potenc-jalny surowiec dla przemyslu celulozowo-papierniczego. II Kraj. Konf.Nauk. “Las-Drewno-Ekologia 95“ Poznan, I, 137-139. (Sida – ein poten-tialer Rohstoff für Papier-Cellulose Industrie. II Landes Wissenschafts-konferenz “Wald-Holz-Ökologie 95“ Posen, I, 137-139).

2. Borkowska H., Jackowska I., Piotrkowski J., Styk B. (1996): Wstepnaocena przydatnosci kilku gatunkow roslin wieloletnich do rekultywacjiosadow posciekowych. Zesz. Prob. Post. Nauk Rol., 434, 927-930. (An-fangbewertung von Verwendbarkeit von einigen Sorten von mehrjährigenPflanzen für die Rekultivierung der Abwässersediment. Agrarforschungs-lieferungen, 434, 927-930).

3. Borkowska H., Styk B. (1997): Slazowiec pensylwanski (Sida hermaphro-dita Rusby). Uprawa i wykorzystanie. Wyd. AR, Lublin. (Sida. Anbau undNutzung. Agrarakademie Verlag, Lublin).

4. Borkowska H., Jackowska I., Piotrkowski B., Styk B. (2001): Suitability ofcultivation some perennial species on sewage sludge. Polish Jour. ofEnvir. St., 10, 379-381

5. Borkowska H. Wardzinska K. (2003): Some effects of Sida hermaphro-dita R. cultivation on sewage sludge. Polish Jour. of Envir. St., I, 119-122.

6. Borkowska H., Styk B. (2006): Slazowiec pensylwanski (Sida hermaphro-dita Rusby). Uprawa i wykorzystanie. II Rozsz.Wyd. AR, Lublin. (Sida.Anbau und Nutzung. II verbreite Ausgabe).

7. Molas R. (2005): Pelety z biomasy. Dwutygodnik „Srodowisko“ 21, 25-28.(Pellet aus Biomasse. Zweiwochenschrift „Umwelt“ 21, 25-28.)

8. Podbielkowski Z. (1974): Fitogeografia czesci swiata. PWN, Warszawa.(Pflanzengeografie der Welt. PWN, Warschau).

9. Styk B. (1984): Niektore zagadnienia uzytkowania, biologii i agrotechnikisidy. Pods. Nauk Rol., 3,3-8. (Einige Frage der Nutzung, Biologie undAckerbau der Sida. Grundlage der Agrarwissenschaft, 3, 3-8.)

10. Styk B., Styk W. (1994): Slazowiec pensylwanski – surowiec energety-czny. Ann. UMCS, s. E. 49, suppl. 85-87. (Sida – der energetische Roh-stoff. Ann. UMCS, s. E. 49, suppl. 85-87.)

11. Szymkiewicz B. (1966): Tablice zasobnosci i przyrostu drzewostanu ga-tunkow drzew lesnych zestawione na podstawie tablic niemieckich, rad-zieckich i polskich. PWRiL, Warszawa. (Die Tabellen von Wohlstand undZuwachs des Waldbestandes, zusammengestellt auf der Basis von deut-schen, russischen und polnischen Tabellen. PWRiL, Warschau)

12. Wardzinska K. (2000): Plonowanie i pobieranie metali ciezkich przezslazowiec pensylwanski w warunkach uprawy na glebie mineralnej iosadzie posciekowym. Ann. UMCS, s. E, 55, 75-87. (Ertrag und Absorpti-on der Schwermetalle durch Sida bei Anbau an Mineralboden und Ab-wassersediment. Ann. UMCS, s. E, 55, 75-87)

13. Wroblewska A. Kolasa Z. (1986): Pozytek pszczeli z sidy. Pszczelarst-wo, 10, 6. (Nutzung von Sida in der Imkerei. Monatschrift „Bienenzucht“10, 6)