AWEL Amt für Abfall, Wasser, Energie und Luft Stand der Technik für die Aufbereitung von Rauchgas- reinigungsrückständen aus Kehrichtverbrennungsanlagen Ermittlung und Beschreibung 29. Juni 2013
AWEL Amt für Abfall, Wasser, Energie und Luft
Stand der Technik für die Aufbereitung von Rauchgas- reinigungsrückständen aus Kehrichtverbrennungsanlagen
Ermittlung und Beschreibung
29. Juni 2013
Stand der Technik für die Aufbereitung von RGRR Seite 2
Diese Publikation dient Behörden und Gesuchstellern sowie Verfügungsadressaten bei der Beurteilung
der technischen Anforderungen an die Aufbereitung von Rauchgasreinigungsrückständen aus Kehricht-
verbrennungsanlagen (RGRR). Sie dokumentiert die Ermittlung des aktuellen Standes der Technik für
RGRR durch die zuständige Behörde im Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Papiers und beschreibt
insbesondere die massgeblichen Leistungsindikatoren sowie die verschiedenen dem Umweltrecht ent-
sprechenden aktuell verfügbaren Lösungen. Andere Lösungen sind zulässig, sofern sie den massgebli-
chen Leistungsindikatoren ebenfalls genügen.
Bei der Ermittlung und Beschreibung des bei RGRR anwendbaren Standes der Technik wurden die Vor-
gaben des vom AWEL im Jahr 2011 publizierten Grundlagenpapiers zur Feststellung und Anwendung
des „Standes der Technik“ bei Prozessen der Abfallbehandlung befolgt.
Stand der Technik für die Aufbereitung von RGRR Seite 3
Inhalt
1. Gegenstand der SdT-Feststellung, Betrachtungsperimeter (Scope)................................ .. 4
1.1 Stand der Technik Kehrichtverbrennungsanlagen, Gesamtsystem (Überblick und Bezug) ............ 4
1.2 Stand der Technik der Behandlung von Rauchgasreinigungsrückständen (RGRR)........................ 5
2. Kriterien für die Beurteilung der angewendeten Technik.................................................... 7
3. Repräsentative Übersicht über die existierenden Lösungen .............................................. 8
3.1 Situation in der Schweiz ................................................................................................................ 8
3.2 Weitere Verfahren mit stofflicher Verwertung (Anwendung ausserhalb der Schweiz) .................... 13
3.3 Verfahren in Labor- oder Pilotphase ............................................................................................. 16
3.4 Übersicht der Verfahren im Ausland ............................................................................................. 16
4. Auswahl von Leistungsindikatoren für die Beurteilung der ökologischen Performance der verschiedenen Lösungen / Anlagen / Verfahren. Gewichtung verschiedener Indikatoren. ..................................................................................................................... 17
4.1 Ökobilanzierungsmodell ............................................................................................................... 17
4.2 Annahmen bezüglich der stofflichen Wiederverwertung ................................................................17
4.3 Bemerkung zur ökologischen Bewertung der Dioxinreduktion .......................................................18
4.4 Ergebnisse der Ökobilanzierung ...................................................................................................18
5. Bewertung der existierenden Lösungen / Anlagen / Verfahren mit den Leistungsindikatoren ....................................................................................................... 22
6. Beschreibung der Bandbreite der besten verfügbaren Lösungen / Anlagen / Verfahren => Festlegen des Stands der Technik ............................................................. 23
6.1 Festlegung des Standes der Technik ............................................................................................23
6.2 Ausblick, Entwicklungen ...............................................................................................................23
7. Erstellungs- und Änderungsprotokoll ............................................................................... 24
Abkürzungsverzeichnis ............................................................................................................. 24
Literaturreferenzen ................................................................................................................... 24
Impressum
Herausgeber Amt für Abfall, Wasser, Energie und Luft Abteilung Abfallwirtschaft und Betriebe Walchetor 8090 Zürich
www.awel.zh.ch
Projektleitung Dr. Leo Morf, Dr. Elmar Kuhn Begleitung Arbeitsgruppe „Stand der Technik“, AWEL Grundlagenerarbeitung Neosys AG, Gerlafingen, Rolf Gerber, Dr. Jürg Liechti
Stand der Technik für die Aufbereitung von RGRR Seite 4
1. Gegenstand der SdT-Feststellung, Betrachtungsperimeter (Scope)
1.1 Stand der Technik Kehrichtverbrennungsanlagen, Gesamtsystem (Überblick und Bezug)
Kehrichtverbrennungsanlagen (KVA) sind sehr komplexe technische Prozesse, die aus vielen Teilprozes-sen bzw. Verfahren zusammengesetzt sind. Sie sind auch in der Lage, ein breites Spektrum von Abfallar-ten zu behandeln. Um den Stand der Technik der Kehrichtentsorgung in KVA zu definieren, muss der Betrachtungsperime-ter (Systemgrenze) die KVA als Ganzes umfassen. Das Gesamtsystem der KVA besteht aus den Teil-prozessen/-aspekten Abfallannahme/ Qualität der Abfälle, Verbrennung/ Ausbrand, Rauchgasreinigung (RGR)/ Luftreinhaltung, Abwasserbehandlung/ Gewässerschutz, Aufbereitung der Schlacke und Rauch-gasreinigungsreinigungsrückstände (RGRR)/ Qualität der verwertbaren/zwischenlagerbaren Produkte sowie der Energienutzung/Energieeffizienz, um nur die wichtigsten zu erwähnen. Im Zuge der Entwicklung der Methodik1
Abbildung 1 zeigt das schematische Gesamtsystem der KVA mit seinen relevantesten Teilsystemen und In- und Outputflüssen zur Festlegung des Standes der Technik. Der im vorliegenden SdT-Dokument be-handelte Aspekt der Behandlung von Rauchgasreinigungs-Rückständen aus der KVA ist dabei speziell hervorgehoben.
zur Erarbeitung der SdT-Dokumente sowie bei der Erstellung ers-ter SdT-Dokumente von komplexen, umfassenden Prozessen/ Systemen zeigte sich, dass es zielführen-der ist, für solche Prozesse den SdT für die relevanten Teilprozesse in einzelnen Dokumenten separat festzulegen und dabei die Abhängigkeiten zu anderen Teilsystemen/-aspekten zu berücksichtigen. So kann vermieden werden, dass bei einer grösserer Anzahl zu berücksichtigender Leistungsindikatoren, die allen Teilaspekten gerecht werden müssen, kaum bewältigbare Bewertungs- bzw. Gewichtungsprobleme auftreten. Auch erlaubt dieser Ansatz die stufenweise Entwicklung der Dokumente mit den entsprechen-den Experten und Stakeholder, ohne andere beeinflusste Aspekte zu vernachlässigen.
Abb. 1: Schematische Darstellung des Gesamtsystems des Prozesses KVA mit allen wichtigen Teilprozessen so-
wie den relevanten In- und Outputs (rot und unterstrichen sind die Energieflüsse und Stoffflüsse, die im vorliegenden SdT-Dokument von Bedeutung sind; Nummern in Klammern beziehen sich auf andere SdT-Dokumente zur KVA, siehe unten).
Folgende Voraussetzungen/Bedingungen sind bei der Prüfung des SdT der Behandlung von Rauchgas-reinigungsrückständen in jedem Fall zu einzuhalten, damit Abhängigkeiten mit Vorgaben zu anderen Teilsystemen/-aspekten berücksichtigt sind:
Der Stand der Technik
- der Emissionsminderung für die Rauchgasreinigung/Abluft (2a) - der Emissionsminderung für die Abwasserreinigung/Abwasser (2b)
1 Grundlagenpapier für Behandlungsprozesse der Abfallwirtschaft „Festlegung und Anwendung des „Stand der Technik“ bei Prozessen der Abfallbehandlung, Baudirektion des Kanton Zürich, AWEL, 16. Mai 2011
KVA
Abfallannahme (1)
Verbrennung (2c)
Rauchgasreinigung (2a)
Abwasserreinigung (2b)
Schlacke - /RGRR - Behandlung (3)
Abfälle (1)
Hilfsenergie
Betriebsmittel
Abluft (2a)
Abwasser (2b)
Energie
Produkte/ feste Rückstände (3)
…
Systemgrenze KVA (Gesamtsystem)
Energienutzung (4)
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- der Emissionsminderung für die Verbrennung bzgl. Ausbrand (2c) - der Behandlung der Schlacken (3) - der Energieeffizienz des KVA-Gesamtsystems (4).
Die Anforderungen an die Behandlung der RGRR stehen demnach hierarchisch unterhalb der Einhaltung des Standes der Technik des Umweltschutzes/ der Emissionsminderung (2a-3), was auch bzgl. der An-forderungen an den Standort zutrifft. Die SdT-Dokumente 2a-4 sind zur Zeit in Ausarbeitung bzw. stehen auf dem Netz.
1.2 Stand der Technik der Behandlung von Rauchgasreinigungsrückständen (RGRR)
Die vorliegende Beschreibung des Standes der Technik bezieht sich auf die Aufbereitung von Rückstän-den aus der Rauchgasreinigung in Kehrichtverbrennungsanlagen. Dabei handelt es sich einerseits um Flugaschen, andererseits um die Reaktionsprodukte der trockenen oder nassen Rauchgasreinigung. Das Ziel der Aufbereitung dieser Rückstände besteht primär darin, die Rückstandsfraktionen derart zu behan-deln, dass eine gesicherte, den gesetzlichen Anforderungen und dem Stand der Technik genügende Ent-sorgung derselben möglich ist. Insbesondere soll ein möglichst hoher Anteil an Wertstoffen in einer Rück-standsfraktion aufkonzentriert und zur Verwertung rückgewonnen werden.
Schlacken, welche als feste Rückstände im Verbrennungsofen anfallen, werden separat behandelt und sind nicht Gegenstand dieser Beschreibung.
Es liegt folgende Input-Output-Situation vor:
Abb. 2: Grafische Darstellung Input, Output
Im Bericht verwendete Abkürzungen und Begriffsdefinitionen RGRR: Rauchgasreinigungs-Rückstände Flugaschen: Mix aus Kesselasche und Staub aus Elektro- und Gewebefilter Hydroxidschlamm: Entwässerte Rückstände aus der Abwasserbehandlungsanlage mit oder ohne
Schwermetalleluate aus der Flugaschenwäsche (ABA-Filterkuchen) UBP: Umweltbelastungspunkte nach der BAFU-Methode der ökologischen Knappheit
Stand der Technik für die Aufbereitung von RGRR Seite 6
Perimetergrenzen verfahrenstechnisch
Die Betrachtung umfasst: a) die Behandlung der Flugaschen. Diese enthalten hohe Konzentrationen an Schwermetallen, aber
auch Dioxine/Furane und andere organische Schadstoffe. b) die Behandlung der (natriumhaltigen) Reaktionsprodukte aus der trockenen Rauchgasreinigung,
welche in geringem Anteil Herdofenkoks oder Aktivkohle enthalten und in einem Gewebefilter, der nach dem Elektrofilter angeordnet ist, anfallen. Diese Rückstände sind mit organischen und anor-ganischen Stoffen kontaminiert.
c) die Behandlung des Abwassers aus der nassen Rauchgasreinigung, welches mit organischen und anorganischen Stoffen kontaminiert ist (mit oder ohne Schwermetalleluate aus der Flugaschenwä-sche).
Perimetergrenzen geografisch
Keine. Der SdT ist für alle Anlagen zur Behandlung der RGRR aus Schweizer KVA anwendbar. Die Behandlungsanlagen können sich in der ganzen Schweiz oder dem grenznahen Ausland befinden. Die Behandlung der RGRR kann insbesondere auch ausserhalb der KVA, in der sie anfallen, erfolgen. Lange Transportwege sind jedoch ökologisch und ökonomisch nicht sinnvoll und nach Möglichkeit zu vermeiden.
Was steht am Eingang des Betrachtungsperimeters (Inputs)
a) Flugaschen aus Abhitzekessel und Elektrofilter. Der Zinkgehalt beträgt bis zu 10%, der Bleigehalt bis zu 2.5%. Die Dioxinkonzentrationen liegen typischerweise bei 0.5 bis 1 µg/kg.
b) Natriumhaltige Reaktionsprodukte aus der trockenen Rauchgasreinigung. Dabei handelt es sich (mit abnehmenden Anteilen) um NaCl, Na2SO4, NaCO3 und NaF. Die Rückstände enthalten als Verunreinigung im Mittel etwa 35 mg/kg Quecksilber und etwa 2 µg/kg Dioxine und Furane. Diese Stoffe sind an Herdofenkoks adsorbiert, der mit ca. 4% Anteil enthalten ist. Das im Ausland verbreitete Verfahren mit CaO wird hier nicht aufgeführt, weil es keine stoffliche Verwertung zulässt.
c) Wäscherwasser der nassen Rauchgasreinigung, welches Salze (Chloride, Sulfate und Fluoride) sowie Quecksilber enthält. Letzteres ist überwiegend an Aktivkohle oder Herdofenkoks adsorbiert, welche(r) zur besseren Hg-Abscheidung ins Rauchgas eingedüst werden kann.
d) Frischwasser e) Reagenzien und Prozesschemikalien für die Eluierung, Verfestigung, Neutralisation und Fällung f) Hilfsenergie, vorwiegend elektrisch
Was steht am Ausgang des Betrachtungsperimeters (Outputs)
1. Feststoffkonzentrate, welche zur Rückgewinnung von Schwermetallen der externen stofflichen Ver-wertung zugeführt werden können. Dabei handelt es sich um Hydroxidschlamm oder um Ionentau-scherharze und Aktivkohle. Grundsätzlich rückgewinnbare Schwermetalle sind Zn, Hg, Pb, Cu und Cd.
2. Reines Metall - primär Zink - zum Verkauf 3. Behandelte, von Schadstoffen entfrachtete Rückstände, welche einer Deponie zugeführt werden
können. Die Behandlung umfasst Waschprozesse, chemisch-physikalische Prozesse (Fällungsre-aktionen) oder thermische Prozesse. In der Ökobilanzierung nach der Methode der ökologischen Knappheit wird das Auswaschen von Schwermetallen aus dem Deponiekörper bis zu einem natür-lich begründeten Cutoff von 23‘000 Jahren (Schlackendeponie) respektive 60‘000 Jahren (Rest-stoffdeponie, Periodenlänge bis zur erwarteten nächsten Eiszeit) berücksichtigt.
4. Aufbereitetes Na-Bicarbonat aus dem Na-Kreislauf des Neutrec-Verfahrens. 5. Aufbereitetes Abwasser, das in die Kanalisation oder ausnahmsweise direkt in ein Oberflächenge-
wässer abgeleitet werden kann.
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2. Kriterien für die Beurteilung der angewendeten Technik Der Umweltnutzen bei Anwendung von Anlagen nach dem Stand der Technik besteht darin, dass Stoffe möglichst effizient wiederverwertet anstatt deponiert werden. Dadurch wird einerseits Deponieraum ein-gespart. Andererseits wird durch das Recycling die Produktion von bestimmten Materialien wie z.B. Zink, Blei, Kupfer und Cadmium aus primären Rohstoffen substituiert, was energetisch und ökologisch sinnvoll ist. Der Eintrag von Umweltschadstoffen wie Hg, Cd, Pb, Cu, aber auch an Dioxinen und Furanen in den Boden, in die Luft oder in Gewässer ist zu vermeiden. Der Umweltnutzen ist zu vergleichen mit den Um-weltwirkungen (den Aufwänden), welche durch die Aufbereitungsverfahren entstehen, beispielsweise durch den Verbrauch von Energie, Wasser und Hilfsstoffen.
Folgende Kriterien werden gewählt um zu beurteilen, ob eine bestimmte Aufbereitungstechnik besser ist als eine andere:
Bezug Kriterium Parameter und Dimension
1) Ganzes Verfahren Möglichst hohe Abreicherungsrate für verschiedene Metalle, insbesondere Zn, Hg, Cd, Pb und Cu. Unter Abreicherungs-rate wird das Verhältnis der einer stoffli-chen Verwertung oder – für Hg – einer UTD zugeführten Metallmenge zum Input verstanden. Als Input wird die Menge des entspre-chenden Metalls verstanden, welche der Behandlungsanlage für RGRR zugeführt wird.
kg Zn zur stofflichen Verwertung / kg Zn-Eingang in [%] kg Pb zur stofflichen Verwertung / kg Pb-Eingang in [%] kg Cd zur stofflichen Verwertung / kg Cd-Eingang in [%] kg Cu zur stofflichen Verwertung / kg Cu-Eingang in [%] kg Hg zur stofflichen Verwertung / kg Hg-Eingang in [%] für Hg auch: kg Hg in UTD / kg Hg-Eingang in [%]
2) Deponiematerial (Out-put)
Deponiemenge möglichst gering [t Deponiematerial pro t Flugasche]
3) Deponiematerial (Out-put)
Restgehalt an Schadstoffen (Zn, Pb, Cu, Cd, Hg, PCDD/DF) im Deponiematerial möglichst gering
Schadstoffgehalte in [mg/kg], Schadstoffgehalte im TVA-Eluat in [mg/l]
4) Abwasser Fracht der Schwermetalle Zn, Pb, Cu, Cd und Hg im Abwasser pro Inputmenge möglichst gering
Frachten in [g Schadstoff pro t behandelten RGRR]
5) Ganzes Verfahren Gesamtumweltbelastung durch Energie- und Chemikalienverbrauch, Verbrauch an Deponievolumen und mit Berücksichti-gung der stofflichen Verwertung
[Umweltbelastungspunkte UBP / t Flugasche]
6) Energie Möglichst geringer Gesamtenergiever-brauch des Behandlungsverfahrens für RGRR
Gesamtenergieverbrauch (elektrisch + fossil) in [kWh / t Flugasche]
7) Abluft Möglichst geringe Hg-Zusatzemission in die Luft durch die Behandlung der RGRR (ohne KVA)
Fracht in [g Hg pro t behandelten RGRR]
Tabelle 1: Kriterien zur Beurteilung der Verfahren
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3. Repräsentative Übersicht über die existierenden Lösungen
3.1 Situation in der Schweiz
Die Mehrheit der zur Zeit in der Schweiz in Betrieb stehenden KVAs sind nach dem Abhitzekessel mit ei-nem Elektrofilter zum Abscheiden der Flugaschen sowie mit einer nachgeschalteten nassen Rauchgas-reinigung ausgestattet. Als Rückstände aus der Rauchgasreinigung fallen somit die Flugaschen und das saure Abschlämmwasser der nassen Rauchgasreinigung in der Regel separat an (mit einer Ausnahme, siehe Verfahrensbeschrieb V3a). Aus der betriebsinternen Reinigung des Abschlämmwassers durch Fäl-lungsreaktionen entstehen ein gereinigtes Abwasser sowie ein schadstoffbelasteter fester Rückstand (Hydroxidschlamm).
3.1.1 Kurzbeschrieb der im Einsatz stehenden Verfahren
Nachfolgend werden die zur Zeit im Einsatz stehenden Verfahren der Rückstandsbehandlung kurz be-schrieben.
V1 – Entsorgung in UTD
Die Flugasche und in den meisten Fällen auch der Hydroxidschlamm aus der Wäscherwasserbehandlung werden einer deutschen Untertagedeponie zugeführt und dort abgelagert, ohne dass irgendeine stoffliche Verwertung stattfindet. Zwei Destinationen stehen zur Auswahl: V1a) UTD Heilbronn (Salzbergwerk): Flugasche und Hydroxidschlamm werden mit Zement oder ande-
ren Bindemitteln separat teilverfestigt (stapelbar gemacht) und in Big Bag abgefüllt. Anschliessend werden beide Fraktionen der UTD zugeführt.
V1b) UTD Herfa Neurode: Die Flugasche wird separat in Big Bag abgefüllt und der UTD zugeführt. Der Hydroxidschlamm muss zuerst in einem Trockner getrocknet werden, wird dann ebenfalls in Big Bag abgefüllt und der UTD zugeführt.
In wenigen Fällen wird der Hydroxidschlamm separat verfestigt und in einer Reststoffdeponie abgelagert. Aus dem Verfahren „Entsorgung in UTD“ resultieren somit folgende Ausgangs-Stoffströme (Mengenan-gaben in % der Flugaschenmenge) und folgender Energiebedarf:
Flugasche: V1a: 126% Verfestigung + Ablagerung in UTD V1b: 100% Ablagerung unbehandelt in UTD
Hydroxidschlamm: V1a: 27% Verfestigung + Ablagerung in UTD V1b: 16% Trocknung + Ablagerung in UTD Alternative für V1a/b: Verfestigung und Reststoffdeponie
Behandeltes Abwasser: Ableitung in Kanalisation oder direkt in Vorfluter Energiebedarf: V1a: 30 kWh/t elektrisch (Flugasche + Hydroxidschlamm)
45 kWh/t fossil (Flugasche + Hydroxidschlamm) (inkl. Zementherstellung) V1b: 31 kWh/t elektrisch (Flugasche + Hydroxidschlamm) 10 kWh/t fossil (Flugasche + Hydroxidschlamm)
V2 – Neutrale Flugaschenwäsche mit Quecksilber-Abscheidung
Beim neutralen Flugaschewäsche-Verfahren (Von Roll-Verfahren) wird die Flugasche mit Wasser ange-rührt und dadurch die löslichen Salze ausgewaschen. Die Suspension wird entwässert, der Rückstand zusammen mit dem Hydroxidschlamm aus der Wäscherwasseraufbereitung unter Zugabe von Spezial-zement verfestigt. Das Wäscherwasser wird mittels Metallfällung gereinigt, so dass es die Einleitbedin-gungen der Gewässerschutzverordnung einhält. Als Untervariante (CT Umwelttechnik) wird der Schlamm aus der Behandlung des Wäscherwassers und dem Filtrat der Flugaschenwäsche direkt wieder in die Flugaschenwäsche rückgeführt, so dass ein ge-meinsamer Hydroxidschlamm (Filterkuchen) aus Flugaschenwäsche und Wäscherwasseraufbereitung anfällt.
Stand der Technik für die Aufbereitung von RGRR Seite 9
In beiden Fällen wird vorausgesetzt, dass Quecksilber aus dem Abschlämmwasser des Rauchgaswä-schers mittels Kerzenfilter und Ionentauscher abgeschieden wird, so dass das Verfahren die Minimalan-forderung einer stofflichen Verwertung der Rückstände erfüllt.
Aus der neutralen Flugaschenwäsche resultieren somit folgende Ausgangs-Stoffströme (Mengenangaben in % der Flugaschenmenge) und folgender Energiebedarf:
Gemeinsamer Hydroxidschlamm: 200% Verfestigung + Ablagerung in Reststoffdeponie Herdofenkoks (HOK): 2% Hg-Rückgewinnung Inonentauscherharz: 0.01% Aufbereitung und Hg-Rückgewinnung Behandeltes Abwasser: Ableitung in Kanalisation oder direkt in Vorfluter Energiebedarf, inkl. Zementherstellung: 93 kWh/t elektrisch (Flugasche + Hydroxidschlamm)
350 kWh/t fossil (Flugasche + Hydroxidschlamm)
V3a – FLUWA ohne Hg-Abscheidung
Bei einer in der Schweiz in Betrieb stehenden KVA, welche nach dem LAB-Verfahren funktioniert, ist eine Trennung der Flugasche und des sauren Wäscherwassers verfahrenstechnisch nicht möglich. Beide wer-den innerhalb der Anlage vermischt und müssen somit gemeinsam behandelt werden. Durch den Kontakt mit dem sauren Wäscherwasser wird Cadmium zu 94%, Zink zu 79% und Blei zu rund 20% aus der Flug-asche ausgewaschen. Der schwermetallhaltige Hydroxidschlamm wird der stofflichen Verwertung zuge-führt. In der gewaschenen Flugasche bleiben rund 80% des Bleis und 95% des Quecksilbers zurück. Die ge-waschene Flugasche aus der zitierten Anlage wird mit der Schlacke zusammen in einer Reaktordeponie abgelagert. Das Gemisch aus Schlacke und gewaschener Flugasche hält die Anforderungen der TVA an Reaktorstoffe höchstens knapp ein. Die sauer gewaschene Flugasche allein weist Reststoffqualität auf.
Aus der sauren Flugaschebehandlung ohne Hg-Abscheidung resultieren somit folgende Ausgangs-Stoffströme (Mengenangaben in % der Flugaschenmenge) und folgender Energiebedarf:
sauer gewaschene Flugasche: 120% Ablagerung in Reststoffdeponie 2
Hydroxidschlamm: 30% Hüttenwerk zur Rückgewinnung von Zn
Behandeltes Abwasser: Ableitung in Kanalisation oder direkt in Vorfluter Energiebedarf: 13 kWh/t elektrisch (Flugasche + Hydroxidschlamm)
6 kWh/t fossil (Flugasche + Hydroxidschlamm)
V3b – FLUWA mit Hg-Abscheidung
a) Bei rund 20% der mit einer FLUWA ausgerüsteten KVAs wird zur besseren Abscheidung von Dioxinen und Furanen sowie Quecksilber aus dem Rauchgas nach dem E-Filter Herdofenkoks ins Rauchgas eingedüst (ca. 0.3 kg/t Abfall). Der mit diesen Schadstoffen beladene Herdofenkoks wiederum wird im Wäscher abgeschieden und mit dem sauren Rauchgas-Wäscherwasser abgeschlämmt. Aus diesem werden zuerst in einer Kerzenfilterstufe Schwebstoffe und der mit Hg beladene Herdofenkoks abge-schieden. Anschliessend wird in einem Ionentauscher das in ionischer Form vorliegende Quecksilber zurückgehalten. Der ausfiltrierte Herdofenkoks und das verbrauchte Ionentauscherharz werden der Quecksilber-Rückgewinnung zugeführt. Nach der Quecksilberabscheidung wird das saure Wäscher-wasser mit der Flugasche vermischt und dadurch ein wesentlicher Teil der enthaltenen Schwermetalle extrahiert.
b) Bei Anlagen ohne Herdofenkoks-Eindüsung erfolgt die Aufbereitung des sauren, quecksilberhaltigen Abschlämmwassers analog, wobei der im Kerzenfilter anfallende Rückstand wegen des geringen Hg-Gehalts in den Ofen rückgeführt werden kann. Die Quecksilberabscheidung erfolgt in diesem Fall im
2 Wenn der in der EU eingeführte Dioxin-Grenzwert für eine Ablagerung auf Oberflächendeponien von 1 µg/kg über-
nommen wird, kann die gewaschene Flugasche möglicherweise nicht mehr ohne Vorbehandlung abgelagert wer-den. Die typischen PCDD/DF-Gehalte in Flugaschen aus Schweizer KVAs liegen im Bereich des vorgesehenen Grenzwertes (0.5 - 1 µg/kg).
Stand der Technik für die Aufbereitung von RGRR Seite 10
Ionentauscher, wobei der Harzverbrauch des Ionentauschers wegen der fehlenden Hg-Vorabschei-dung im Kerzenfilter deutlich grösser ist.
Bei beiden Untervarianten a und b werden etwa die folgenden typischen Extraktionsausbeuten erreicht:
Metall Durchschnittliche Extraktionsrate
Pb 30% Zn 75% Cu 2% Cd 88%
Tabelle 2: Extraktionsausbeuten beim FLUWA-Verfahren
Die gewaschene und entwässerte Flugasche kann sodann zusammen mit der Schlacke entsorgt werden. Das stark schwermetallhaltige Filtrat wird mittels Metallfällung gereinigt, so dass es die Einleitbedingun-gen der Gewässerschutzverordnung einhält. Der in der Filtration anfallende, entwässerte Hydroxid-schlamm, in dem die Schwermetalle als Metallhydroxide enthalten sind, kann zur Rückgewinnung von Zink, Cadmium und Blei einem Zinkhüttenwerk zugeführt werden.
Aus dem FLUWA-Verfahren mit Hg-Abscheidung resultieren somit folgende Ausgangs-Stoffströme (Men-genangaben in % der Flugaschenmenge) und folgender Energiebedarf:
a) sauer gewaschene Flugasche: 120% Ablagerung feucht + unverfestigt in Schlackendeponie 2
Anlagen mit Herdofenkoks-Eindüsung
Herdofenkoks (HOK): 2% Hg-Rückgewinnung Inonentauscherharz: 0.01% Aufbereitung und Hg-Rückgewinnung Hydroxidschlamm: 30% Hüttenwerk zur Rückgewinnung von Zn Behandeltes Abwasser: Ableitung in Kanalisation oder direkt in Vorfluter Energiebedarf: 13 kWh/t elektrisch (Flugasche + Hydroxidschlamm)
6 kWh/t fossil (Flugasche + Hydroxidschlamm) b) sauer gewaschene Flugasche: 120% Ablagerung feucht + unverfestigt in Schlackendeponie 2
Anlagen ohne Herdofenkoks-Eindüsung
Inonentauscherharz: 0.15% Aufbereitung und Hg-Rückgewinnung Hydroxidschlamm: 30% Hüttenwerk zur Rückgewinnung von Zn Behandeltes Abwasser: Ableitung in Kanalisation oder direkt in Vorfluter Energiebedarf: 13 kWh/t elektrisch (Flugasche + Hydroxidschlamm)
6 kWh/t fossil (Flugasche + Hydroxidschlamm)
V3c – FLUWA mit Hg-Abscheidung und H2O2-Zugabe
Dieses Verfahren entspricht jenem gemäss V3b, wobei durch die zusätzliche Zugabe von rund 35 Liter H2O2 35% pro t Flugasche die Extraktionsraten von Pb und Cu zusätzlich deutlich erhöht, die Restgehalte im gewaschenen Filteraschekuchen entsprechend deutlich reduziert werden. Folgende typische Extraktionsausbeuten werden erreicht:
Metall Durchschnittliche Extraktionsrate ohne H2O2-Zugabe
Durchschnittliche Extraktionsrate mit H2O2-Zugabe
Bemerkung
Pb 30% 75% Starke Verbesserung Zn 75% 75% Kein Einfluss Cu 2% 60% Sehr starke Verbesserung Cd 88% 90% Geringer Einfluss
Tabelle 3: Extraktionsausbeuten beim FLUWA-Verfahren mit H2O2-Zugabe
Die gewaschene und entwässerte Flugasche kann sodann zusammen mit der Schlacke entsorgt werden. Das stark schwermetallhaltige Filtrat wird mittels Metallfällung gereinigt, so dass es die Einleitbedingun-gen der Gewässerschutzverordnung einhält. Der in der Filtration anfallende, entwässerte Hydroxid-schlamm, in dem die Schwermetalle als Metallhydroxide enthalten sind, kann zur Rückgewinnung von
Stand der Technik für die Aufbereitung von RGRR Seite 11
Zink, Cadmium und Blei einem Zinkhüttenwerk zugeführt werden. Kupfer kann beim üblicherweise ange-wandten Wälzverfahren bisher nicht rückgewonnen werden.
Aus diesem FLUWA-Verfahren mit H2O2-Zugabe resultieren somit folgende Ausgangs-Stoffströme (Men-genangaben in % der Flugaschenmenge) und folgender Energiebedarf:
sauer gewaschene Flugasche: 120% Ablagerung feucht + unverfestigt in Schlackendeponie 2 Inonentauscherharz: 0.15% Aufbereitung und Hg-Rückgewinnung Hydroxidschlamm: 30% Hüttenwerk zur Rückgewinnung von Zn und Pb Behandeltes Abwasser: Ableitung in Kanalisation oder direkt in Vorfluter Energiebedarf: 13 kWh/t elektrisch (Flugasche + Hydroxidschlamm)
6 kWh/t fossil (Flugasche + Hydroxidschlamm)
V3d – FLUWA mit Hg-Abscheidung und H2O2-Zugabe, Ofenrückführung der sauer gewaschenen Flugasche
Dieses Verfahren entspricht jenem gemäss V3c, wobei die sauer gewaschene und entwässerte Flug-asche nicht mit der Schlacke vermischt und entsorgt, sondern zur Zerstörung der enthaltenen Dioxine und Furane in den Kehrichtbunker und somit in den Ofen rückgeführt wird. Die Schlackenqualität und –quantität wird dadurch nicht messbar beeinflusst. Realistischer weise ist davon auszugehen, dass die ge-samte Flugaschenmenge nach der Ofenpassage mit der Schlacke ausgetragen und somit deponiert wird. Durch die Rückführung besteht die Tendenz, dass zur Vermeidung eines Anstiegs der SO2-Emissionen wegen des in der gewaschenen Flugasche enthaltenen Gipses eine Zunahme des NaOH-Verbrauchs im Rauchgaswäscher von rund 15% in Kauf genommen werden muss.
Aus diesem FLUWA-Verfahren mit Ofenrückführung der sauer gewaschenen Flugasche resultieren somit folgende Ausgangs-Stoffströme (Mengenangaben in % der Flugaschenmenge) und folgender Energiebe-darf:
sauer gewaschene Flugasche: 120% Rückführung in Feuerraum (Entsorgung erfolgt zusammen mit der Schlacke)
Ionentauscherharz: 0.15% Aufbereitung und Hg-Rückgewinnung Hydroxidschlamm: 30% Hüttenwerk zur Rückgewinnung von Zn und Pb Behandeltes Abwasser: Ableitung in Kanalisation oder direkt in Vorfluter Energiebedarf: 13 kWh/t elektrisch (Flugasche + Hydroxidschlamm)
V4a – FLUREC mit H2O2-Zugabe
Das FLUREC-Verfahren ist eine Weiterentwicklung des FLUWA-Verfahrens mit verbesserten stofflichen Verwertungsraten vor allem für Zn, aber auch für Pb, Cu und Cd. Nach der sauren Flugaschenwäsche werden im Filtrat mittels sogenannter Zementierung durch Zugabe von Zn-Pulver die Schwermetalle Pb, Cd und Cu reduziert, so dass diese in aufkonzentrierter Form als sogenanntes Zementat anfallen. Dieses kann der externen stofflichen Verwertung (Verhüttung) zugeführt werden. Das unedlere Zn hingegen wird oxidiert und gelöst. Aus dem zinkreichen Filtratwasser wird mittels selektiver Reaktivextraktion Zn abge-trennt und elektrolytisch als reines Metall vor Ort zurückgewonnen. Folgende typische Konzentrationen werden im Zementat erreicht: Metall Gehalte Pb 50 – 70% Zn 2 – 10% Cu 3 – 15% Cd 5 – 15%
Tabelle 4: Typische Konzentrationen im Zementat beim FLUREC-Verfahren
In der Ökobilanzierung wird unterschieden zwischen Verfahren: V4a: Ablagerung der sauer gewaschenen Flugasche zusammen mit der Schlacke in Deponie V4b: Ofenrückführung der sauer gewaschenen Flugasche zur Zerstörung der Dioxine (nach Ofen-
durchgang wird die Flugasche trotzdem auch mit der Schlacke zusammen abgelagert)
Stand der Technik für die Aufbereitung von RGRR Seite 12
Aus dem FLUREC-Verfahren resultieren somit folgende Ausgangs-Stoffströme (Mengenangaben in % der Flugaschenmenge) und folgender Energiebedarf:
sauer gewaschene Flugasche: 107% V4a: Ablagerung feucht + unverfestigt in Schlacken- deponie (mit Schlacke) V4b: Rückführung in Feuerraum, wie V3d (Entsor- gung erfolgt zusammen mit der Schlacke)
Herdofenkoks (HOK): 2% Hg-Rückgewinnung Inonentauscherharz: 0.01% Aufbereitung und Hg-Rückgewinnung
(ohne HOK-Eindüsung: 0.15%) Zementat: 1.1% Hüttenwerk zur Rückgewinnung von Pb, Cd und Cu Reinzink: 6% Verkauf Gipsschlamm: 3% Rückführung in Feuerraum und somit Entsorgung zu-
sammen mit Schlacke in der Schlackendeponie Behandeltes Abwasser: Ableitung in Kanalisation oder direkt in Vorfluter Energiebedarf: 31 kWh/t elektrisch (wie FLUWA, zusätzlich 18 kWh für
Schlammrücklösung) 6 kWh/t fossil
Beim FLUREC-Verfahren erweist sich die H2O2-Zugabe wegen der höheren Extraktions- und Rückgewin-nungsrate von Blei als wirtschaftlich vorteilhaft. Deshalb kann man davon ausgehen, dass das Verfahren immer mit H2O2-Zugabe eingesetzt wird.
3.1.2 Übersicht der in der Schweiz vorkommenden Verfahren, Stand 2011
Abb. 3: Aktuelle Behandlungssituation der Rauchgasreinigungsrückstande von KVAs Quelle: VBSA
Anzahl Verfahren Anlagen (KVA) 1 FLUREC Zuchwil 8 FLUWA Bern, Lausanne, Posieux(*), Thun, Giubiasco, Bazenheid,
Niederurnen, Buchs SG, Untervaz 4 Flugasche zu externer FLUWA St. Gallen, Emmenbrücke, Hinwil
4 1 KVA mit FLUREC
8 17
Stand der Technik für die Aufbereitung von RGRR Seite 13
9 Neutrale Wäsche Brig, Uvrier, Monthey, Aire-la-ville, Colombier, La Chaux-de-Fonds, Dietikon, Horgen, Oftringen
8 UTD Winterthur, Hagenholz, Josefstrasse, Biel, Basel, Buchs AG, Turgi, Weinfelden
(*) Sonderlösung ohne Hg-Abscheidung
Tabelle 5: Behandlung der Rauchgasreinigungsrückstände in Schweizer KVA
Quecksilberabscheidung: Gegenwärtig sind rund 2/3 aller Schweizer KVAs mit einer Anlage zur Queck-silberabscheidung ausgerüstet. Der restliche Drittel der Anlagen betreibt eine neutrale Flugaschenwä-sche und entsorgt die gewaschenen Filterrückstände auf einer Oberflächendeponie (Reststoffdeponie). Der mittlere Hg-Gehalt im gewaschenen Filterrückstand liegt bei etwa 0.5 – 1.5 mg/kg, bezogen auf den Mix aus Hydroxidschlamm und Filterrückstand bei etwa 75 mg/kg TS.
3.2 Weitere Verfahren mit stofflicher Verwertung (Anwendung ausserhalb der Schweiz)
V5a / V5b – Neutrec-Verfahren
Beim Neutrec-Verfahren handelt es sich um ein trockenes Rauchgasreinigungsverfahren, bei welchem nach dem Elektrofilter Na-Bicarbonat zum Abscheiden der sauren Rauchgasbestandteile und Herdofen-koks zum Abscheiden von Quecksilber und Dioxin ins Rauchgas eingedüst werden. Nach ausreichender Kontaktzeit werden die Reaktionsprodukte in einem Gewebefilter abgeschieden. Die Flugasche fällt wie beim nassen Rauchgasreinigungssystem im Abhitzekessel und im E-Filter separat an. Die Flugasche kann in einer UTD entsorgt (gemäss V1a/b), oder einer anderen KVA mit FLUWA oder Flurec zur Behandlung gemäss V3 oder V4 zugeführt werden. Im Ökobilanzvergleich der Verfahren wird beim Neutrec-Verfahren davon ausgegangen, dass die abgeschiedene Flugasche einer KVA mit FLUREC gemäss Verfahren V4a zugeführt wird. Die natriumhaltigen Reaktionsprodukte (NRP) und die darin enthaltenen Aktivkohlerückstände (Anteil et-wa 4%) können zur teilweisen stofflichen Verwertung einem Glashüttenwerk zugeführt werden. Für Schweizer Anlagen steht dazu die Recyclinganlage Resolest bei Nancy (F) im Vordergrund. Eine zweite steht in Rosignano (Italien). In beiden Werken wird durch einen Lösungs- und Reinigungsprozess eine gereinigte Sole aus gelöstem NaCl, Na2SO4, NaCO3 und NaF gewonnen. Der nach dem Lösungsprozess in der Filterpresse anfallende feste Rückstand (Hydroxidschlamm), wel-cher Metallhydroxide und den quecksilberhaltigen Herdofenkoks enthält, wird in beiden Ländern depo-niert (F: Deponie Klasse 1, déchets dangereux). Im Ökobilanzvergleich wird bezüglich der Ablagerung des Hydroxidschlamms unterschieden zwischen der Ablagerung auf einer Oberflächendeponie in Frank-reich (so vorgesehen, Variante V5a) und der Ablagerung in einer UTD (Variante V5b). Gemäss Beschreibung des Neutrec-Verfahrens ist im Hydroxidschlamm etwa mit folgenden Schadstoff-gehalten zu rechnen: Parameter Gehalt in [g/kg TS] Aktivkohle (entspricht etwa org. C) 630 Flugaschen (inkl. Schwermetalle) 270 Additive + Fällungschemikalien 60 Hg 0.59 Cd 0.59 Pb + Zn 7.0 Dioxine und Furane 5 – 10 µg/kg
Tabelle 6: Belastung des Hydroxidschlamms zur Entsorgung nach dem Neutrec-Verfahren
Die gereinigte Sole wird sodann einer benachbarten Sodafabrik zugeführt, in welcher aus der Sole nach dem Solvay-Prozess wiederum Na-Bicarbonat gewonnen wird. Dabei fällt Abwasser an, aus welchem sich CaSO4 (Gips) und CaF2 (Flussspat) absetzen. Die Chloride werden als CaCl2 mit dem Abwasser ei-nem Vorfluter zugeführt.
Aus dem Neutrec-Verfahren resultieren somit folgende Ausgangs-Stoffströme (Mengenangaben in % der Flugaschenmenge) und folgender Energiebedarf:
Stand der Technik für die Aufbereitung von RGRR Seite 14
Flugasche: 107% Abgabe an KVA mit FLUWA oder FLUREC schlechtere Alternative: UTD
NRP: 128% zu Resolest (F), davon: 6.3% Hydroxidschlamm V5a: Deponie Kl. 1 V5b: UTD Rest: - Na-Verbindungen Verwertung in Sodafabrik zur NaHCO3-Herstellung - CaF2 und CaSO4 Ablagerung - Chloride Abwasser (als CaCl2)
Energiebedarf: Durch das Verfahren kann die Energieeffizienz der gesamten KVA stark verbessert werden (Einsparung im Vergleich zur nassen Rauch- gasreinigung um rund 1.8 MWh/t Flugasche). Diese Energieeinsparung wird in der Ökobilanz als Bonus berücksichtigt.3
V6 –Oxidative Schmelzverglasung gemäss Deglor- Verfahren
In Japan stehen verschiedene Anlagen zum Schmelzen und Verglasen von KVA-Schlacke oder eines Gemischs aus Schlacke und <45% Flugasche im Einsatz. Bei den Schmelzaggregaten handelt es sich um Lichtbogenöfen (oxidierend) oder Plasmaöfen (reduzierend, teilweise auch oxidierend). In der Schweiz wird das Ziel verfolgt, aus KVA-Schlacken die enthaltenen Metalle abzuscheiden und zu verwerten. Nach der Metallabtrennung wird die Schlacke in Schlackenkompartimenten von Reaktordepo-nien abgelagert. Als Ausgangsstoffe einer Schmelzverglasung werden deshalb ausschliesslich die Rück-stände aus der Rauchgasreinigung allein (ohne Schlackenanteil) betrachtet. Für solche Anlagen zur Verglasung von Flugaschen liegen aus Japan sowie aus einzelnen Schweizer Versuchsanlagen Versuchsergebnisse vor. Das nachfolgend beschriebene Schmelzverfahren basiert auf dem Deglor-Verfahren. Der Schmelzofen wird über Widerstandsheizelemente in Schutzrohren und über eine Widerstandsheizung im Schmelzbad beheizt. Die Abgase des Schmelzofens werden durch Luft gequencht, anschliessend mittels Gewebefilter entstaubt und in einem Nasswäscher gereinigt. Als Rückstände des Verfahrens fallen Verglasungsrück-stände, (neue) Flugasche aus der trockenen Abgasreinigung der Schmelzofenabluft (zur stofflichen Ver-wertung der Schwermetalle, nachfolgend als Schwermetallkonzentrat bezeichnet) und ein Hydroxid-schlamm aus der nassen Abgasreinigung der Schmelzofenabluft an. Der Hydroxidschlamm kann zusam-men mit dem ABA-Schlamm der KVA entsorgt werden. Weiter wird vorausgesetzt, dass Quecksilber aus dem Wäscherwasser der nassen KVA-Rauchgasreinigung abgeschieden wird. Bei Behandlung der Flugasche nach diesem Verfahren resultieren etwa folgende Transferkoeffizienten:
verglaster Rückstand Schermetallkonzentrat
Zn 50 50 Pb 4 96 Cu 22 78 Cd 0.05 99.95
Tabelle 7: Transferkoeffizienten in % des Inputs
In der nachfolgenden Tabelle sind die zu erwartenden, typischen Schwermetallgehalte im verglasten Rückstand angegeben.
Gehalte im verglasten Rückstand
TVA-Grenzwert für Inertstoffdeponie
Einheit [mg/kg] [mg/kg] Zn 10‘000 6‘000
3 Hierzu ist festzuhalten, dass bei den Nassreinigungsverfahren grundsätzlich auch die Möglichkeit bestehen würde, durch Nutzung der Kondensationswärme der nassen Rauchgase einen vergleichbar guten Abwärmenutzungsgrad zu erreichen (wird teilweise in Skandinavien angewendet). Diese Möglichkeit lässt sich jedoch wirtschaftlich heute noch nicht rechtfertigen.
Stand der Technik für die Aufbereitung von RGRR Seite 15
Pb 400 1‘000 Cu 580 3‘000 Cd 4 10
Tabelle 8: Schwermetallgehalte im verglasten Rückstand
In Japan ist das Verfahren verbreitet, weil die Verglasungsrückstände als Kies-/Sandersatz im Tiefbau eingesetzt werden dürfen. Die Bestimmungen in der Schweiz lassen eine stoffliche Verwertung dieser Rückstände jedoch nicht zu. Für Zink kann zudem mit grosser Wahrscheinlichkeit der Grenzwert für eine Ablagerung der Verglasungsrückstände in einer Inertstoffdeponie nicht erreicht werden, so dass diese Rückstände trotz grossem Energieaufwand schlussendlich in einer Reststoffdeponie abgelagert werden müssen, was die Wirtschaftlichkeit des Verfahrens stark beeinträchtigt.
Aus dem Verfahren mit oxidierender Schmelzverglasung der Flugasche resultieren etwa folgende Aus-gangsstoffströme (Mengenangaben in % der Flugaschenmenge) und folgender Energiebedarf:
Verglasungsrückstand: 75% Reststoffdeponie (wegen Zn) Schwermetallkonzentrat: 14% Hüttenwerk, stoffliche Verwertung von
Zn, Pb, Cd Hydroxidschlamm (ABA+Schmelzverglasung) 41% Verfestigung + Ablagerung in Rest-
stoffdeponie Herdofenkoks (HOK): 2% Hg-Rückgewinnung Inonentauscherharz: 0.01% Aufbereitung und Hg-Rückgewinnung
(ohne HOK-Eindüsung: 0.15%) Behandeltes Abwasser: Ableitung in Kanalisation oder direkt in Vorfluter Energiebedarf: 1150 kWh/t elektrisch
51 kWh/t fossil
V7 – Reduzierende Schmelzverglasung gemäss Plasmox-Verfahren
Flugasche und Hydroxidschlamm werden unter Zugabe von Kohlenstoff (Reduktionsmittel) und Glasbild-ner im Plasmaofen reduzierend aufgeschmolzen. Die Abgase des Plasmaofens werden in einer Nach-brennkammer oxidiert, gekühlt, in einem Staubfilter das Schwermetallkonzentrat abgeschieden und die Rauchgase anschliessend der bestehenden Rauchgasreinigung der KVA zugeführt. Es wird vorausge-setzt, dass Quecksilber aus dem Wäscherwasser der nassen KVA-Rauchgasreinigung abgeschieden wird (Kerzenfilter plus Ionentauscher). Bei Behandlung der Flugasche nach diesem Verfahren resultieren etwa folgende Transferkoeffizienten:
verglaster Rückstand Schermetallkonzentrat Metalllegierung
Zn 1.8 98 0.2 Pb 2.5 95 2.5 Cu 2 10 88 Cd 0.9 99 0.1
Tabelle 9: Transferkoeffizienten in % des Inputs
In der nachfolgenden Tabelle sind die zu erwartenden, typischen Schwermetallgehalte im verglasten Rückstand angegeben.
Gehalte im verglasten Rückstand
TVA-Grenzwert für Inertstoffdeponie
Einheit [mg/kg] [mg/kg] Zn 380 6‘000 Pb 300 1‘000 Cu 40 3‘000 Cd 4 10
Tabelle 10: Schwermetallgehalte im verglasten Rückstand
Stand der Technik für die Aufbereitung von RGRR Seite 16
Aus dem Verfahren mit reduzierender Plasmaschmelzverglasung der Flugasche resultieren etwa folgen-de Ausgangsstoffströme (Mengenangaben in % der Flugaschenmenge) und folgender Energiebedarf:
Verglasungsrückstand: 102% Inertstoffdeponie Metalllegierung: 1% stoffliche Verwertung (Stahlwerk) Schwermetallkonzentrat: 16% Hüttenwerk, stoffliche Verwertung von
Zn, Pb, Cd Gipsschlamm aus Abwasserbehandlung 28% Gipsverwertung oder Ablagerung in
Inertstoffdeponie Herdofenkoks (HOK): 2% Hg-Rückgewinnung Inonentauscherharz: 0.01% Aufbereitung und Hg-Rückgewinnung
(ohne HOK-Eindüsung: 0.15%) Behandeltes Abwasser: Ableitung in Kanalisation oder direkt in Vorfluter Energiebedarf: 385 kWh/t elektrisch
650 kWh/t fossil
3.3 Verfahren in Labor- oder Pilotphase
exDIOX-Verfahren (Teilverfahren zur Dioxinminderung)
Durch Behandlung der sauer gewaschenen Flugasche nach dem exDIOX-Verfahren könnte der Dioxin-gehalt der Flugasche auf etwa 25% des Ausgangswertes reduziert und dadurch der EU-Grenzwert sicher eingehalten werden. Beim exDIOX-Verfahren werden die dioxinhaltigen Russpartikel durch Flotation ab-getrennt. Das Verfahren wurde bereits mit Pilotanlagen in KVAs erfolgreich getestet. Es ist jedoch zur Zeit noch nicht grosstechnisch einsatzbereit.
3.4 Übersicht der Verfahren im Ausland
Im IPPC-Reference Document on Best Available Techniques for Waste Incineration (August 2006) der EU liegt das Schwergewicht der Bemühungen zur Behandlung und Verwertung der KVA-Verbrennungs-rückstände bei den Schlacken, welche mengenmässig klar dominieren und in den meisten EU-Ländern als Baustoffe wiederverwertet werden dürfen. Hinsichtlich dieser stofflichen Verwertung der KVA-Schlacken wird empfohlen, diese nicht mit den anderen Rückständen der Verbrennung und Rauchgas-reinigung zu vermischen. Weiter wird empfohlen, auch die Flugasche aus Kessel und Elektrofilter nicht mit den anderen Rückständen der Rauchgasreinigung zu vermischen. Dies vor allem deshalb, weil in vie-len europäischen Ländern die trockene oder quasitrockene Rauchgasreinigung überwiegt (siehe dazu Tabelle 11) und die Entsorgung der dabei anfallenden Rückstände bei Vermischung mit der Flugasche erschwert würde. In Deutschland werden Rückstände aus der Rauchgasreinigung von KVA überwiegend in den Salzberg-werken in verfestigter Form eingelagert. In Frankreich werden diese Rückstände mit hydraulischen Bin-dern verfestigt und in Oberflächendeponien abgelagert. Für die anderen Nachbarsländer liegen keine konkreten Angaben dazu vor. Das in der Schweiz verbreitete FLUWA-Verfahren wird ausserhalb der Schweiz zur Zeit nur in je einer KVA in Deutschland und in Tschechien eingesetzt. Fazit: Zur Zeit werden die Rückstände aus der Rauchgasreinigung von KVA in den europäischen Län-dern fast ausschliesslich deponiert, im Falle der Flugaschen mehrheitlich nach Verfestigung mit hydrauli-schen Bindern. Eine Verwertung erfolgt nur in sehr wenigen Anlagen. Diese befinden sich mehrheitlich in Deutschland. Dabei kommt vor allem das in der Schweiz verbreitete FLUWA-Verfahren zum Einsatz.
Land KVA nass trocken andere k.A. Anteil nass Anteil trockenA 9 4 1 4 44% 11%F 127 39 72 16 31% 57%D 68 46 18 4 68% 26%I 51 4 37 9 1 8% 73%
trocken: inklusive quasitrockenandere: mehrheitlich nur Elektrofilter und/oder Gewebefilter
Tabelle 11: Typ der Rauchgasreinigung in KVA der Nachbarländer Quelle: International Solid Waste Association (ISWA): Energy from Waste, State-of-the Art-Report, Statistics, 5th Edition, August 2006
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4. Auswahl von Leistungsindikatoren für die Beurteilung der ökolo-gischen Performance der verschiedenen Lösungen / Anlagen / Verfahren. Gewichtung verschiedener Indikatoren.
4.1 Ökobilanzierungsmodell
Die bestehenden Verfahren zur Behandlung von Rückständen aus der Rauchgasreinigung mit Verwer-tung wurden anhand einer vereinfachten Ökobilanzierung nach der Methode der ökologischen Knappheit untersucht und verglichen. Wesentliche Bestandteile dieser Ökobilanzierung stellen die Umweltauswir-kungen des Auswaschens von Schwermetallen und von Dioxinen/Furanen aus den abgelagerten RGRR ins Grundwasser dar. Diese Auswirkungen wurden anhand von Modellen abgeschätzt. Für Erklärungen zum Auswaschungs-Modell siehe Grundlagenpapier und dessen Anhänge 7 und 8 (Lit. [3]).
4.2 Annahmen bezüglich der stofflichen Wiederverwertung
Zink und Blei Die Metalle Zink und Blei werden aus den schwermetallhaltigen RGRR primär nach dem Wälzverfahren rückgewonnen. Die stoffliche Verwertung wird durch Recycling-Boni in Form einer negativen Umweltbe-lastung, welche der Produktion der entsprechenden Menge Metall gemäss Ecoinvent-Datenbank ent-spricht, berücksichtigt. Die Verwertungsmenge basiert auf einem angenommenen Wirkungsgrad von 78%. Beim FLUREC-Verfahren wird Zinkmetall galvanisch in hoher Reinheit rückgewonnen. Cadmium Falls die schwermetallhaltigen RGRR einer Zinkhütte zur Zinkrückgewinnung zugeführt werden, erfolgt in der Regel auch eine Rückgewinnung von Cadmium (Beispiel: Zinkhütte Nordenham). Bei FLUWA kann somit von einer Cd-Rückgewinnung ausgegangen werden. Die stoffliche Verwertung wird wie bei Zn und Pb durch Recycling-Boni in Form einer negativen Umweltbelastung, welche der Produktion der entspre-chenden Cd-Menge gemäss Ecoinvent-Datenbank entspricht, berücksichtigt, wobei die Verwertungs-menge wiederum auf einem angenommenen Wirkungsgrad von 78% basiert. Bei den Rückständen aus dem FLUREC-Verfahren steht - nach erfolgter interner Zn-Rückgewinnung - die externe Blei- und Kupfer-Rückgewinnung im Vordergrund. Ob auch Cadmium rückgewonnen wird, hängt vom Verwerter ab. Technisch wäre dies grundsätzlich möglich, wird aber in der Ökobilanzierung beim FLUREC-Verfahren nicht berücksichtigt.
In ein paar Jahren könnte keine ausreichende Nachfrage nach Cadmium mehr bestehen. Der Recycling-Bonus für Cd beeinflusst die Ökobilanz indessen nicht (vgl. Grundlagendokument Anhang 3a und 3b. Lit. [3]). Kupfer Beim FLUREC-Verfahren wird nebst Blei auch Kupfer rückgewonnen. Die stoffliche Verwertung wird wie-derum durch Recycling-Boni in Form einer negativen Umweltbelastung, welche der Produktion der ent-sprechenden Cu-Menge gemäss Ecoinvent-Datenbank entspricht, berücksichtigt, wobei auch für Cu die Verwertungsmenge auf einem angenommenen Wirkungsgrad von 78% basiert.
Wenn die Zinkrückgewinnung aus den Rückständen im Vordergrund steht (z.B. bei den FLUWA-Ver-fahren), landet das Kupfer in der Eisenschlacke und wird mit dieser entsorgt (keine Cu-Rückgewinnung). Quecksilber Die Abscheidung von Quecksilber aus den RGRR ist bei den meisten Behandlungsverfahren technisch möglich. Für die Zukunft ist unsicher, ob für das abgeschiedene Quecksilber überhaupt noch eine Nach-frage bestehen wird. Auch ohne stoffliche Verwertungsmöglichkeit muss jedoch das Quecksilber abge-schieden und der Umwelt entzogen werden, indem es – bei fehlender Verwertungsmöglichkeit – der si-cheren Endlagerung in einer UTD (in stabilisierter Form, z.B. als HgS) zugeführt wird.
Stand der Technik für die Aufbereitung von RGRR Seite 18
Wegen der Unsicherheit bezüglich der Verwertungsmöglichkeit werden die Ergebnisse der Ökobilanzie-rung mit und ohne Recycling-Boni dargestellt: In den Varianten a der Anhänge 1 bis 4 sind Hg-Recycling-Boni berücksichtigt, in den jeweiligen Varianten b hingegen nicht.
4.3 Bemerkung zur ökologischen Bewertung der Dioxinreduktion
Bei einem Dioxingehalt in der Flugasche von 0.32 µg/kg (Mittelwert aus 4 Schweizer KVAs) und 100% Freisetzung der aus der Deponie ausgewaschenen Dioxine stehen dem ökologischen Vorteil von 4.95E9 UBP/Jahr, der sich aus der Differenz der Verfahren mit und ohne Ofenrückführung ergibt, Belastungen von 2.38E8 UBP/Jahr durch den Energieverlust und den NaOH-Mehrverbrauch gegenüber. Die Mehrbe-lastung macht somit nur rund 5% des ökologischen Vorteils aus, der Nettovorteil liegt somit bei 95%. Bei einem Dioxingehalt in der Flugasche von 1 µg/kg (entspricht dem von der POP-Konvention vorgeschla-genen Grenzwert) erhöht sich der Nettovorteil auf 98%.
Bei einem reduzierten Dioxinfreisetzungsanteil von 10% und einem Dioxingehalt in der Flugasche von 0.32 µg/kg werden die ökologischen Vorteile der Ofenrückführung durch die damit verbundenen Mehrbe-lastungen gerade etwa halbiert; der Nettovorteil beträgt noch 52%. Bei einem Dioxingehalt in der Flug-asche von 1 µg/kg erhöht sich der Nettovorteil auf 85%. Allerdings fällt bei reduziertem Dioxinfreiset-zungsanteil die Umweltbelastung durch die Ablagerung von dioxinhaltigen RGRR im Vergleich z.B. zur Deponierung von Metallen gering aus. Die Berechnungen dazu können in den Anhängen 2 und 3 zum Grundlagenpapier (Lit. [3]) nachverfolgt werden.
4.4 Ergebnisse der Ökobilanzierung
Die Ergebnisse der Ökobilanzierung sind im Grundlagendokument (Lit. [3]) bzw. in dessen Anhängen 1-4 belegt und dargestellt.
Aus der Ökobilanzierung resultieren folgende Erkenntnisse:
• Die grösste Umweltbelastung ergibt sich aus der Deponierung, wobei insbesondere die Ablagerung der gesamten RGRR-Menge in einer UTD gemäss Verfahren V1 schlecht abschneidet. (Bemerkung: Wegen der Knappheit des Deponievolumens wird die UTD-Ablagerung im verwendeten Modell (poli-tisch motiviert) besonders stark „bestraft“.)
• Stark belastend wirkt auch die Ablagerung von Quecksilber in einer Oberflächendeponie, falls es in der Behandlungsanlage für RGRR nicht abgeschieden wird.
• Ein Recyclingbonus für die stoffliche Verwertung von Quecksilber verbessert die Ökobilanz der ent-sprechenden Verfahren erheblich.
• Der Energieverbrauch belastet zwar die energieintensiven Verglasungsverfahren, aber die Belastung in der Ökobilanzierung fällt zum Beispiel im Vergleich zum Recyclingbonus für Zn und Pb geringer aus.
• Durch die Ablagerung dioxinhaltiger Flugasche kann auf lange Frist gesehen unter worst case-Bedingungen - falls die ausgewaschenen Dioxine durch Erosionsprozesse vollständig freigelegt und auf dem Luftpfad verfrachtet werden - eine vergleichsweise relevante Umweltbelastung entstehen. Realistischer weise gelangt jedoch nur ein geringer Teil der Dioxine an die Erdoberfläche und wird freigesetzt. Die ökologischen Betrachtungen zeigen, dass die Umweltbelastung durch die Ablagerung von Flugasche bei hohen Dioxingehalten von Bedeutung ist.
Basierend auf den Erkenntnissen der Ökobilanzierung werden folgende Indikatoren zur Beurteilung der ökologischen Leistungsfähigkeit einer Anlage und damit zur Klassierung gemäss dem Stand der Technik vorgeschlagen:
Indikator 1: Quecksilber-Ausscheidung Das Ergebnis der Ökobilanz wird insbesondere durch die Verwertung und die Deponierung von Quecksil-ber geprägt. Die Anhänge 2a und 3a zeigen, dass Verfahren mit stofflicher Verwertung von Hg durch den Bonus stark belohnt werden. Diese starke Gewichtung macht nur dann Sinn, wenn sichergestellt ist, dass das rückgewonnene Quecksilber effektiv einer umweltverträglichen stofflichen Verwertung zugeführt wer-
Stand der Technik für die Aufbereitung von RGRR Seite 19
den kann. Gemäss Auskunft des externen Verwertungsbetriebes, der Batrec Industrie AG, wird das rück-gewonnene Hg in den nächsten 5 bis 10 Jahren weiterhin in Elektrolyseunternehmen, für Laboranwen-dungen und (abnehmend) für die Leuchtmittelproduktion verwendet. Längerfristig ist davon auszugehen, dass ein Hg-Überschuss entstehen wird. Dann wird das abgeschiedene Hg voraussichtlich (als Sulfid) stabilisiert und in einer UTD deponiert werden müssen. Hinsichtlich dieser absehbaren Entwicklung und der Tatsache, dass die Umweltverträglichkeit der stofflichen Verwertungsart nicht bekannt und somit nicht beurteilbar ist, erscheint es nicht plausibel, für Hg einen Recyclingbonus auszusprechen. In den Anhän-gen 2b und 3b ist deshalb die Situation ohne stoffliche Verwertung von Hg (d.h. ohne Hg-Recyclingbo-nus) dargestellt.
Eine ungenügende Abscheidung von Metallen aus den RGRR wirkt sich in der Ökobilanz auch bei der Deponierung stark aus. Dabei ist es von den massgebenden Metallen wiederum die Deponierung von Quecksilber, welche einen stark negativen Einfluss hat. Daraus ergibt sich die Forderung, dass Quecksil-ber aus den RGRR abgeschieden und entweder der stofflichen Verwertung zugeführt, oder in einer UTD abgelagert werden muss. Die Entsorgung in einer UTD ist ökologisch vorteilhafter, als das Quecksilber zusammen mit den RGRR in verfestigter Form in einer Reststoffdeponie abzulagern. Die ökologische Bedeutung der Metalldeponierung, inklusive die Abscheidung und Ablagerung von Quecksilber ist im Grundlagenpapier (Lit. [3], Anhang 4) dokumentiert.
Anlagen zur Quecksilberabscheidung sind bereits bei der Mehrzahl der Schweizer KVA im Einsatz. Sie umfassen eine Filteranlage (Kerzenfilter) zum Abscheiden des Herdofenkoks, auf dem Hg adsorbiert wurde, sowie eine Ionentauscheranlage. Damit werden Abscheidegrade >96% (bezüglich der Hg-Menge im Wäscherwasser und in der Flugasche) erreicht. Als Indikator wird deshalb eine Ausscheidung des in den RGRR enthaltenen Quecksilbers vorge-schlagen, wobei das abgeschiedene Quecksilber der stofflichen Verwertung oder einer UTD zuge-führt werden muss. (Im Vergleich zu einer Oberflächendeponie findet in einer UTD keine Auswaschung statt). Weitere Voraussetzung ist, dass Quecksilber mit einer dem Stand der Technik entsprechenden Effizienz der Rauchgasreinigung aus den Rauchgasen abgeschieden wird (ist Gegenstand einer separaten Stand-der-Technik-Festlegung).
Indikator 2: Zinkabreicherungsrate Gemäss Ökobilanzierung resultieren aus den Metallmengen, welche mit den abgelagerten RGRR in eine Reststoff- oder Schlackendeponie gelangen, erhebliche Umweltbelastungen. Diese sind auf langfristige Auswaschvorgänge durch Sickerwasser und Einwirkung auf das Grundwasser oder auf ein Oberflächen-gewässer zurückzuführen. Eine möglichst hohe Rückgewinnungsrate für ausgewählte Metalle reduziert somit einerseits die negativen Umwelteinflüsse auf der Deponie. Andererseits wird durch das Metallrecyc-ling die umweltbelastende Neugewinnung der Metalle aus Erzen substituiert. Aus diesen Gründen ergibt sich die Forderung an die Verfahren zur Behandlung von RGRR, dass sie die Rückgewinnung eines möglichst hohen Anteils an Metallen beinhalten. Von den rückgewinnbaren Metal-len ist der Zn-Rückgewinnung nach der Quecksilberabscheidung gemäss Ökobilanz das grösste Gewicht beizumessen. Gemessen an der Zn-Menge in der Flugasche werden mit dem FLUWA-Verfahren durch-schnittlich 70-75% Zn-Extraktion erreicht. Der Anhang 6 des Grundlagenpapiers (Lit. [3]) zeigt die stoffli-chen Verwertungsraten der ökobilanzierten Verfahren, wobei für die externe stoffliche Verwertung (Wälz-prozess) ein Wirkungsgrad von 78% eingerechnet wurde. Die postulierten Verwertungsraten werden von den neuesten Untersuchungen gestützt, vgl. Lit. [1]. Als Indikator wird eine Zink-Abreicherungsrate bezüglich des in der unbehandelten Flugasche enthaltenen Totalgehalts vorgeschlagen. Weiter wird vorausgesetzt, dass das aus der Flugasche extrahierte oder thermisch ausgetriebene Zink der stofflichen Verwertung zugeführt wird.
Indikator 3: Bleiabreicherungsrate Aus den gleichen Gründen wie für Zink ergibt sich auch die Forderung einer möglichst hohen Bleiabrei-cherung der Flugasche. Durch H2O2-Zugabe kann die Abreicherungsrate von Blei bei der sauren Wäsche der Filterstäube von durchschnittlich 20% auf über 60% gesteigert werden (gemäss neuesten Erkenntnis-sen gar auf 75%). Gemäss Ökobilanz werden etwa 50% des ökologischen Vorteils der erhöhten Abrei-cherung und Rückgewinnung an Pb und Cu durch den erhöhten Bedarf an Prozesschemikalien kompen-siert. In Lit. [1] sind die Extraktionsausbeuten einer Versuchsreihe an 6 KVA mit und ohne H2O2-Zugabe
Stand der Technik für die Aufbereitung von RGRR Seite 20
für Pb dargestellt. Als Indikator wird eine Blei-Abreicherungsrate bezüglich des in der unbehandelten Flugasche enthaltenen Totalgehalts vorgeschlagen. Weiter wird vorausgesetzt, dass das aus der Flugasche extrahierte oder thermisch ausgetriebene Blei der stofflichen Verwertung zugeführt wird.
Indikator 4: Dioxinreduktion Im Grundlagendokument (Lit. [3]) wird gezeigt, dass im ungünstigsten Fall – bei vollständiger Freisetzung der aus der Deponie ausgewaschenen Dioxine in die Luft - eine relevante Umweltbelastung durch Dioxi-ne entstehen kann, so dass in diesem Fall Minderungsmassnahmen angezeigt wären. Bei einem redu-zierten Freisetzungsanteil von 10% der ausgewaschenen Dioxinmenge ist die Umweltauswirkung der Di-oxine vergleichsweise gering. Der ökologische Netto-Vorteil der Dioxinminderung durch Ofenrückführung der Flugasche liegt gegenüber der Ablagerung (unter Annahme von 10% Dioxinfreisetzungsanteil und ei-nem Dioxingehalt von 0.32 µg/kg über die gesamte Ablagerungszeit) bei 52% (Reduktion UBP um 52%; 48% des Vorteils werden durch den Energieverlust und Chemikalienmehrverbrauch vernichtet). Bei ei-nem Dioxingehalt in der Flugasche von 1 µg/kg erhöht sich der entsprechende ökologische Netto-Vorteil der Dioxinminderung durch Ofenrückführung auf rund 85% (d.h. nur 15% des Vorteils werden durch den Energieverlust und Chemikalienmehrverbrauch vernichtet). Da die ökologischen Vorteile einer Ofenrück-führung bei höheren
Es macht deshalb Sinn, bei erhöhten Dioxingehalten die Dioxinminderung in der Flugasche durch Ofen-rückführung als Stand der Technik festzulegen. Als Indikator wird ein maximaler Dioxingehalt in der Flugasche vorgeschlagen.
Dioxingehalten stark überwiegen, ist es sinnvoll, eine Dioxinentfrachtung vorzuneh-men, zumal die technische Umsetzung industriell erprobt und machbar ist. Bei geringen Dioxingehalten ist die ökologische Belastung durch die Dioxinablagerung hingegen nicht relevant. In diesen Fällen kann somit auf Massnahmen zur Dioxinminderung in der Flugasche verzichtet werden.
Kriterien ohne Leistungsindikatoren Aus den anderen im Kapitel 2 erwähnten Kriterien werden keine Leistungsindikatoren zur Beurteilung der ökologischen Performance hergeleitet. Dies aus folgenden Gründen:
• Qualität des Deponiematerials: Den negativen Umweltauswirkungen durch die Ablagerung einzel-ner Fraktionen der RGRR in Deponien wird durch die Indikatoren 1, 2 und 3 bereits Rechnung ge-tragen.
• Durch den Indikator 3 „Bleiabreicherung“ wird auch die Abreicherung von Kupfer abgedeckt, da bei Zugabe von H2O2 die Abreicherung beider Schwermetalle in vergleichbarem Ausmass verbessert wird. Die Möglichkeiten der Kupferverwertung hangen vom externen Hüttenwerk ab. In der Regel er-folgt in Zinkhütten (Hauptfokus: Zinkverwertung) keine Kupferverwertung. Auf die Festlegung eines Leistungsindikators für Kupfer wird deshalb zur Zeit verzichtet.
• Durch optimierte stoffliche Verwertung soll der Restgehalt an Schwermetallen im Deponiematerial möglichst gering gehalten werden. Aufgrund der von KVA zu KVA sehr unterschiedlichen Schwer-metallgehalte in den Flugaschen ist es vorteilhafter, für die Schwermetalle Abreicherungsraten statt Restgehalte als Indikator zu definieren. Solche sind für Zn und Pb vorgesehen. Auf die Definition von Schwermetall-Restgehalten als Leistungsindikatoren wird deshalb verzichtet.
• Gesamtumweltbelastung: Die mittels vereinfachter Ökobilanzierung ermittelte Gesamtumweltbe-lastung der Verfahren ermöglicht einerseits einen Vergleich der Verfahren hinsichtlich ihrer Umwelt-auswirkungen untereinander. Andererseits geht aus der Ökobilanzierung auch hervor, welche Ver-fahrenseigenschaften hauptsächlich zur Umweltbelastung beitragen. Die Ökobilanzierung ist nicht di-rekt als Indikator vorgesehen. Sie stellt jedoch sicher, dass die relevanten Einflussgrössen in der Beurteilung der Verfahren hinsichtlich des Standes der Technik berücksichtigt werden.
• Abwasserqualität: So zeigt die Ökobilanz, dass die Abwasserqualität, welche bei jedem Verfahren den gesetzlichen Anforderungen (Einhaltung von Konzentrationsgrenzwerten) genügen muss, sehr geringfügig zur gesamten Umweltbelastung des jeweiligen Verfahrens beiträgt. Dabei ist es im Ver-gleich zu den anderen Kriterien der Bilanzierung auch unerheblich, ob das Abwasser in die Kanalisa-
Stand der Technik für die Aufbereitung von RGRR Seite 21
tion oder direkt in einen Vorfluter abgeleitet wird. Auf die Verwendung der Abwasserqualität als Leis-tungsindikator kann deshalb verzichtet werden.
• Ebenso zeigt die Ökobilanzierung, dass die Belastungsbeiträge des Wasserverbrauchs und der Transporte vergleichsweise gering und somit ebenfalls vernachlässigbar sind.
• Der Beitrag des Chemikalienverbrauchs zur Umweltbelastung ist bei allen im Einsatz stehenden Verfahren etwa gleich und eignet sich deshalb nicht als Leistungsindikator.
• Die Vorgaben der Luftreinhalte-Verordnung erfordern eine effiziente Abscheidung des Quecksilbers aus den Rauchgasen der KVA. Das abgeschiedene Quecksilber wiederum muss effizient aus den RGRR heraus filtriert werden, um eine hohe Umweltbelastung durch das Deponieren quecksilberhal-tiger Rückstände zu vermeiden. Dazu wurde die Einführung von Indikator 1 postuliert. Wenn dieser Indikator erfüllt wird, sind die verbleibenden Auswirkungen aus der Behandlung der RGRR durch Zusatzemissionen von Quecksilber in die Abluft vernachlässigbar und erfordern keinen zusätzlichen Leistungsindikator für die Abluft.
• Wegen unterschiedlicher Bilanzierungsgrenzen sind die Angaben über den Energieverbrauch der verschiedenen Verfahren zur Behandlung von RGRR nicht ohne weiteres vergleichbar. In der Ökobi-lanzierung wird deshalb auf die Energieverbrauchs-Angaben im BUWAL-Bericht Nr. 100 („Die Rück-stände der Verbrennung, Flugaschen und Filterkuchen“, 1998) abgestützt. Die Angaben basieren somit aus einer einheitlichen Datengrundlage. Auch wenn eine gewisse Datenunsicherheit bestehen mag zeigt die Ökobilanz dennoch deutlich, dass der Einfluss des Energieverbrauchs auf die Ge-samtbilanz gering ist (zB. im Vergleich zur Deponierung oder zum Recycling von Metallen, insbe-sondere von Quecksilber). In der Ökobilanzierung wurden die beiden Neutrec-Verfahren V5a und V5b mit einem Energiebonus belohnt, weil die trockene Rauchgasreinigung eine höhere Abwärmenutzung zulässt. Hierzu ist fest-zuhalten, dass bei den Nassreinigungsverfahren grundsätzlich auch die Möglichkeit bestehen würde, durch Nutzung der Kondensationswärme der nassen Rauchgase einen vergleichbar guten Abwär-menutzungsgrad zu erreichen (wird teilweise in Skandinavien angewendet). Diese Möglichkeit lässt sich jedoch wirtschaftlich heute noch nicht rechtfertigen.
Stand der Technik für die Aufbereitung von RGRR Seite 22
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5. Bewertung der existierenden Lösungen / Anlagen / Verfahren mit den Leistungsindikatoren
Die existierenden Lösungen aus dem Kapitel 3 werden einer Bewertung mit den Kriterien unterzogen. Die nachstehende Tabelle 12 zeigt das Resultat. Die Farbe der Resultatfelder zeigt an, ob das Verfahren in den Leistungsindikatoren die im Kapitel 4 vorgeschlagenen Wertebereiche für „Stand der Technik“ er-reicht. Grün bedeutet ‚ja‘, rot bedeutet ‚nein‘ und gelb bedeutet ‚unsicher‘ respektive ‚Optimierungsbe-darf‘.
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4 Die Tabelle gilt unabhängig, ob Flugasche intern oder extern aufbereitet wird. Im Falle einer nassen Rauchgasreini-gung mit externer Aufbereitung der Flugasche, aber internem Anfall von Hydroxid-Schlamm aus der Abwasserbe-handlungsanlage, ist für dessen Entsorgung ein Verfahren vorzusehen, welches eine Umweltbelastung von weniger als ca. 1E04 UBP pro kg Kehricht (dh. weniger als ca. 2.5E06 UBP pro kg TS ABA-Schlamm) verursacht, zB. eine Verfestigung/Reststoffdeponie vorzusehen. (Siehe separate Studie von Neosys ref. [2]).
Stand der Technik für die Aufbereitung von RGRR Seite 23
6. Beschreibung der Bandbreite der besten verfügbaren Lösungen / Anlagen / Verfahren => Festlegen des Stands der Technik
6.1 Festlegung des Standes der Technik
Die Einhaltung der in den entsprechenden gesetzlichen Bestimmungen definierten Anforderungen an die Qualität des Abwassers (GSchV) und der Abfälle (TVA) bleiben übergeordnete Voraussetzung für den Betrieb einer Anlage zur Behandlung der Rückstände aus der Rauchgasreinigung von KVAs.
Ebenso wird vorausgesetzt, dass eine stoffliche Verwertung einzelner in den RGRR enthaltener Stoffe stattfindet.
Anhand der Indikatoren 1, 2, 3 und 4 kann der Stand der Technik definiert werden. Es wird vorgeschla-gen, dass diese 4 Indikatoren in bestimmten Bereichen liegen müssen, damit die Anforderungen des Standes der Technik erfüllt sind.
Vor diesem Hintergrund wird der Stand der Technik für die Behandlung der Rückstände aus der Rauchgasreinigung von KVAs wie folgt festgehalten:
Stand der Technik heisst, dass die nachfolgenden 4 Indikatoren folgende Bedingungen erfüllen müssen.
1 Das abgeschiedene Quecksilber wird mit einer Effizienz von >95% aus den Rückständen abgeschieden und der stofflichen Verwertung oder Endlagerung in einer UTD zugeführt.
2 Mindestens 70% des in der Flugasche enthaltenen Zink wird abgereichert und einer stofflichen Verwertung zugeführt.5
3 Mindestens 50% des in der Flugasche enthaltenen Bleis wird abgereichert und einer stofflichen Verwertung zugeführt.5
4 Der Dioxingehalt von RGRR, die einer Oberflächendeponie zugeführt werden, ist kleiner als 1 µg/kg (WHO TEF 2005, TS). 6
6.2 Ausblick, Entwicklungen
Falls es zukünftige technische Entwicklungen erlauben werden, nebst Zink und Blei auch Kupfer und Cadmium auf eine wirtschaftlich tragbare Art aus den RGRR rückzugewinnen, wird nachträglich bei Be-darf auch für Cu und Cd ein Leistungsindikator eingeführt.
Für verschiedene Entsorgungswege von Hydroxid-Schlamm aus der Abwasserbehandlungsanlage im ei-ner externer Aufbereitung der Flugasche in Kombination mit nasser Rauchgasreinigung (siehe Fussnote oben) wird bis Ende 2012 ein ökologischer Vergleich angestellt.
5 Aufgrund von Einflüssen, die durch den Anlagenbetreiber nicht beeinflussbar sind, insbesondere. aussergewöhnli-che Abfalleigenschaften, können die Verfahren, die den SdT normalerweise erreichen, in einzelnen Fällen diese Ab-scheideleistung nicht voll erbringen. In solchen Fällen kann die Behörde (nach Prüfung der genauen Umstände) eine Anlage auch bewilligen, wenn sie 75% dieser Pb- und Zn-Abscheidewerte erreicht. 6 Dieser Wert entspricht dem von der EU vorgeschlagenen Grenzwert (POP-Konvention).
Stand der Technik für die Aufbereitung von RGRR Seite 24
7. Erstellungs- und Änderungsprotokoll
Aktuelle Version, Datum V11; 20.12.2012
Erstversion V1.0; 5.9.2011
Ersteller Neosys AG, Rolf Gerber
Auf www.awel.zh.ch publiziert 17. Juli 2013
Abkürzungsverzeichnis:
IT Ionentauscher KVA Kehrichtverbrennungsanlage RGRR Rauchgasreinigungs-Rückstände RSD Reststoffdeponie SdT Stand der Technik TS Trockensubstanz UBP Umweltbelastungspunkte (gem. Methode der ökologischen Knappheit, BAFU 2006) UTD Untertagedeponie
Literaturreferenzen:
[1] Technischer Bericht zur Rückgewinnbarkeit von Schwermetallen aus Filteraschen, Dr. Stefan Schlumberger, BSH Umweltservice AG, Oktober 2012
[2] Ökobilanzvergleich verschiedener Entsorgungsmöglichkeiten für Rückstände aus der Abwasserbehandlung in KVA, Neosys AG, November 2012
[3] Grundlagendokument zum Stand der Technik für die Aufbereitung von Rauchgasreini-gungsrückständen aus Kehrichtverbrennungsanlagen, AWEL, 20.12.2012, Dokument mit den vorliegenden Inhalten und allen Anhängen 1–13.