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© Özdil 2012 Sprach(en)erwerb Sprachentwicklung in Familie, Kindergarten und Schule Erkan Özdil 1
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Sprach(en)erwerb - FH-SWF Home · ©3Özdil32012 Durch!die!Sprache!erfasstdas!Kind!auch!die!Weltjenseits!des! unmi@elbaren!Wahrnehmungsfeldes,!erhältInformaonen!über!sie! und!wird!in!die!Lage

Oct 26, 2019

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Sprach(en)erwerbSprachentwicklung  in  Familie,  Kindergarten  und  Schule

Erkan Özdil

1

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„Wie kommt der Mensch zur Sprache?“vom individuellen Spracherwerb her betrachtet

• Im Regelfall erwirbt ein Kind jedebeliebige existierende Sprache, in diees „hineingeboren“ wird.

• Entwicklungsstadien:– Schreien, erste Laute (0;0-0;1))– Gurren (0;2–0;3)– Expansion (0;4–0;5),– Lallen (0;6–0;9)– Erste Wörter (0;10–1;2))– Einwortäußerungen (0;10-1;6)– Zweiwortäußerungen (1;6-2;0)– einfache Syntax, Flexionsmorphologie,

einfache Handlungsmuster (2;0-4;0)– komplexe Syntax, komplexe

Handlungsmuster (4;0-12;0)

• Maßstab für die Entwicklung derGrammatik: MLU „mean length ofutterance“ = durchschnittlicheÄußerungslänge in Morphemen(Brown u.a.)

Entwicklung der MLU bei drei Kindern (US-ENG)(nach Brown u.a. 1968 aus Prillwitz u.a. 1975, 145)

Verlauf

Der Mensch kann jede beliebige

existierende Sprache erwerben

Entwicklung der MLU bei drei Kindern (US-ENG) (nach Brown u.a. 1968 aus Prillwitz u.a. 1975, 145)

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VerlaufAlter

Jahr;  Mon. SchriAe Bsp.  

0;0-­‐0;1 Schreien,  erste  Laute   „...“

0;2-­‐0;3   ruhige  Grundlaute   „n“,  „ngr“

0;4-­‐0;5   Erweiterung    des  Tonrepertoires,  Vokale „a“,  „ou“

0;4-­‐0;9   systemaSsches  Probieren  von  Konsonanten  und  Vokalen,  Lallen,  Brabbeln

„ga“,  „ma“,  „ba“;  „gaga“,  „badu“

0;10-­‐1;2   Erste  Wörter   „da“

0;10-­‐1;6   Einwortäußerungen   „Puppe!“

1;6-­‐2;0   Zweiwortäußerungen   „Tütata  maln!“  

2;0-­‐4;0 einfache  Syntax,  Flexionsmorphologie,  einfache  Handlungsmuster  (2;0-­‐4;0)

„Mama  Buch  holt“

4;0-­‐12;0  einfache  bis  komplexe  Syntax  (Wortstellung)  grammaSsche  Flexion,  einfache  bis  komplexere  sprachliche  Handlungsmuster

„Da  hat  der  Maulwurf  den  Fuchs  verjagt“

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Das  Kind  „erwirbt“  scheinbar  wie  von  alleine  seine  MuAersprache.

Wörter Sä

tze

LauteBloß  „Input“?

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Wie  erwirbt  ein  Kind  seine  MuAersprache?

Wörter Sä

tze

LauteBloß  „Input“?

5

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Sprachaneignung

-  Das  Kind  lernt  Sprache  nicht  um  ihretwillen,  sondern  damit  es  am  sprachlichen  Handeln  (am  sozialen  Leben)  par<zipieren  kann  

-  Erwerbsfortschri@e  im  Rahmen  der  zone  of  proximal  development  (ZPD)  (Wygotski),  der  Zone  der  nächsten  Entwicklung

6

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Zone  der  nächsten  EntwicklungsstufeZone  of  proximal  development  (ZPD)  

Können

Nicht können(auch nicht unter Mithilfe von Erw.)

Können unter Mithilfe

Zone der nächsten Entwicklung

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Sprachaneignung  • Sprache  wird  interak5v  angeeignet,  d.h.  immer  in  sozialen  

Zusammenhängen!

• Erwachsene  passen  ihre  Sprache  an  den  Entwicklungsstand  des  Kindes  an  (motherese,  „Babysprache“)  und  bieten  auf  diese  Weise  einen  Ausgangspunkt  an  für  das  Dazulernen  in  der  „Zone  der  nächsten  Entwicklung“  (zone  of  the  proximal  development)

• Ausprobieren,  ReflekSeren,  Reorganisieren  und  RouSnisieren  von  Sprach-­‐  und  Wissensstrukturen  (in  Form  und  FunkSon)  im  Zuge  der  KommunikaSon  

• Von  Außen  nach  Innen

➡ Verstehen  als  zentrales  Element  bei  Aufnahme,  RezepSon,  Speicherung,  RouSnisierung  beim  Wahrnehmen  und  Produzieren  (in  der  KommunikaSon)

(nach  Rehbein  &  Meng  2007)

8

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Grundlegende  Funk5onen  von  Sprache  werden  im  Kindesalter  in  der  Kommunika5on  (interak5v)  angeeignet:

Strukturierung  des  unmi8elbaren  Wahrnehmungsfeldes  des  Kindes.Erste  Handlungsstrukturen  werden  interakSonal  im  Handlungszusammenhang  angelegt  (siehe  Beispiel)

Das  Wahrnehmungsfeld  des  Kindes  wird  versprachlicht  (Zeigwörter,  Nomen);  auf  diese  Weise  wird  ihm  die  OrienSerung  nach  sprachlichen  Handlungen  möglich  (Handlungsverben:  z.B.  „malen“,  „lesen“  usw.).  ➡  EmprakSsches  Handeln  –>  Sprechen  und  Handeln  begleiten  einander

9(aus  Rehbein  1986)

9

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Durch  die  Sprache  erfasst  das  Kind  auch  die  Welt  jenseits  des  unmi@elbaren  Wahrnehmungsfeldes,  erhält  Informa<onen  über  sie  und  wird  in  die  Lage  versetzt,  wich<ge  Erfahrungen  anderer  Personen  aufzunehmen  und  selbst  zu  geben,  z.B.  Warnungen  vor  Unbekanntem  zu  verstehen.  

Sprache dient der Orientierung in der Welt jenseits des unmittelbaren Wahrnehmungsfeldes und der möglichen Interaktion mit vielen Personen in und außerhalb der Familie. –> Sprechen über Personen und Sachverhalte (Ereignisse usw.) außerhalb des unmittelbaren Wahrnehmungsfelds –> Geschichte hören, Erfahrenes erzählen

10

(aus  Rehbein  1986)

10

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In  der  Sprache  drückt  das  Kind  Stellungnahmen  zu  Erfahrungen  aus  und  lernt  Einschätzungen  anderer  zu  verstehen  und  auf  Maßstäbe,  die  es  hört,  zu  beziehen.

Mittels Sprache wird Positives sowie Negatives ausgedrückt und verstanden. –> Eine Grundlage menschlicher Kommunikation

11(aus  Rehbein  1986)

11

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Vier  Stadien  des  Verhältnisses  von  

Denken  und  Sprechen  nach  Wygotski  (1964)  1) Vorsprachliches  Denken  neben  einem  vorintellektuellen  

Sprechen  mit  sozialer  Funk<on;2) die  Aneignung  der  Syntax  der  Sprache  vor  der  Syntax  des  

Denkens;  3) die  egozentrische  Sprache  als  eine  in  ihrer  Funk<on  innere,  

aber  gleichzei<g  noch  äußere  Sprache;4) die  innere  Sprache,  die  sich  durch  langandauernde  

funk<onale  und  strukturelle  Veränderungen  von  der  äußeren  Sprache  des  Kindes  abzweigt  und  zu  den  Grundstrukturen  seines  Denkens  wird  (sprachliche  Verfasstheit  des  Denkens).

(Rehbein  &  Meng  2007)

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Sprachaneignung?

-  Hörergerichtetheit  -  aufeinander  auZauende  Ausbildung  sprachlicher  Muster  

und  differenzierter  Funk<onen-  Erwerb  sprachlichen  Handelns  aus  der  kindlichen  

Kommunika<on  heraus,  bevor  es  sich  ausfaltet  und  zu  Prozessen  und  Opera<onen  verinnerlicht  wird  (Aneignung)

-  Kommunika<on  in  verschiedenen  Handlungszusammenhängen  in  Ins<tu<onen  und  anderen  Lebensbereichen  (Familie,  Freizeit,  Kindergarten,  Schule  etc.)

(Rehbein  &  Meng  2007)

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A GesellschaAliche  StrukturenGesellschaAliche  StrukturenGesellschaAliche  StrukturenGesellschaAliche  Strukturen1

Familie

Fernsehenund  

andereMedien

Krippe

Alters-­‐genossen  /  andere  

InsStuSonen

2

Familie

Fernsehenund  

andereMedien

Krippe

Alters-­‐genossen  /  andere  

InsStuSonen

3

Familie

Fernsehenund  

andereMedien

Krippe

Alters-­‐genossen  /  andere  

InsStuSonen

4

Familie

Fernsehenund  

andereMedien

Kindergarten Alters-­‐genossen  /  andere  

InsStuSonen

5

Familie

Fernsehenund  

andereMedien

Kindergarten Alters-­‐genossen  /  andere  

InsStuSonen

6Familie

Fernsehenund  

andereMedien

Vorschule

Alters-­‐genossen  /  andere  

InsStuSonen

7Familie

Fernsehenund  

andereMedien Grundschule

Alters-­‐genossen  /  andere  

InsStuSonen

8

Familie

Fernsehenund  

andereMedien Grundschule

Alters-­‐genossen  /  andere  

InsStuSonen

9

Familie

Fernsehenund  

andereMedien Grundschule

Alters-­‐genossen  /  andere  

InsStuSonen

10

Familie

Fernsehenund  

andereMedien Grundschule

Alters-­‐genossen  /  andere  

InsStuSonen

11

Familie

Fernsehenund  

andereMedien

Alters-­‐genossen  /  andere  

InsStuSonen

12

Familie

Fernsehenund  

andereMedien

Alters-­‐genossen  /  andere  

InsStuSonen

(Nach  Rehbein  &  Meng  (2007,  S.  21)

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A Sprechsitua5on,  Konstella5on  /  Diskurs-­‐  und  TexHormen

Sprechsitua5on,  Konstella5on  /  Diskurs-­‐  und  TexHormen

Sprechsitua5on,  Konstella5on  /  Diskurs-­‐  und  TexHormen

Sprechsitua5on,  Konstella5on  /  Diskurs-­‐  und  TexHormen

Handlungen, Muster, Akte

Handlungen, Muster, Akte

1

emprakSsches  Handel

n

Basissprechhandlungen  (Zeigen,  Auffordern  usw.)Basissprechhandlungen  (Zeigen,  Auffordern  usw.)Basissprechhandlungen  (Zeigen,  Auffordern  usw.)Basissprechhandlungen  (Zeigen,  Auffordern  usw.)Basissprechhandlungen  (Zeigen,  Auffordern  usw.)2

emprakSsches  Handel

n

(Rollen-)

Spiel

Geschichten erzählt

bekommen, vorgelesen bekommen

3

emprakSsches  Handel

n

(Rollen-)

Spiel

Geschichten erzählt

bekommen, vorgelesen bekommen

Text-habitualisier-

ung:Aneignung

von Erzählstruk-

turen

sukzessiver Aufbau

sprachlichen Handelns

4

emprakSsches  Handel

n

(Rollen-)

Spiel

Geschichten erzählt

bekommen, vorgelesen bekommen

Text-habitualisier-

ung:Aneignung

von Erzählstruk-

turen

sukzessiver Aufbau

sprachlichen Handelns

5emprakSsches  Handel

n

(Rollen-)

Spiel

Geschichten erzählt

bekommen, vorgelesen bekommen

Text-habitualisier-

ung:Aneignung

von Erzählstruk-

turen

sukzessiver Aufbau

sprachlichen Handelns

6emprakSsches  Handel

n

(Rollen-)

Spiel

Geschichten erzählt

bekommen, vorgelesen bekommen

Text-habitualisier-

ung:Aneignung

von Erzählstruk-

turen Lernen von

Schriftlichkeit

sukzessiver Aufbau

sprachlichen Handelns

7

emprakSsches  Handel

n

(Rollen-)

Spiel

Geschichten erzählt

bekommen, vorgelesen bekommen

Text-habitualisier-

ung:Aneignung

von Erzählstruk-

turen Lernen von

Schriftlichkeit

sukzessiver Aufbau

sprachlichen Handelns8

emprakSsches  Handel

n

(Rollen-)

Spiel

Geschichten erzählt

bekommen, vorgelesen bekommen

Text-habitualisier-

ung:Aneignung

von Erzählstruk-

turen Lernen von

Schriftlichkeit

sukzessiver Aufbau

sprachlichen Handelns

9

emprakSsches  Handel

n

(Rollen-)

Spiel

Geschichten erzählt

bekommen, vorgelesen bekommen

Text-habitualisier-

ung:Aneignung

von Erzählstruk-

turen Lernen von

Schriftlichkeit

sukzessiver Aufbau

sprachlichen Handelns

10

emprakSsches  Handel

n

(Rollen-)

Spiel

Geschichten erzählt

bekommen, vorgelesen bekommen

Text-habitualisier-

ung:Aneignung

von Erzählstruk-

turen Lernen von

Schriftlichkeit

sukzessiver Aufbau

sprachlichen Handelns

11

emprakSsches  Handel

n

(Rollen-)

Spiel

Geschichten erzählt

bekommen, vorgelesen bekommen

Text-habitualisier-

ung:Aneignung

von Erzählstruk-

turen Lernen von

Schriftlichkeit

sukzessiver Aufbau

sprachlichen Handelns

12

emprakSsches  Handel

n

(Rollen-)

Spiel

Geschichten erzählt

bekommen, vorgelesen bekommen

Höflichkeit, weiteres soz. Handeln Höflichkeit, weiteres soz. Handeln Höflichkeit, weiteres soz. Handeln

(nach  Rehbein  &  Meng  2007)

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Sprache  außerhalb  der  Schule

• (SituaSve)  EmprakSsche  Rede:

• Ausrufe,  Zurufe,  Aufforderungen,  Kommandos,  Beschimpfungen,  sprachliches  Zeigen,  Grüßen,  Anreden  usw.  

➡  Handlungssteuerung  und  -­‐kontrolle

• Vorgelesen  /  erzählt  bekommen,  Erzählen

(Rehbein  2011)

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©  Özdil  2012

Sprache  in  der  Schule

• Problemlösende  Rede:

• Instruieren,  Erläutern,  Erklären,  ArgumenSeren,  Schließen,  Zerlegen,  Rekonstruieren  usw.

➡  Wissen  erschließen,  autauen,  syntheSsieren,  disponierend  bearbeiten

(Rehbein  2011)

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©  Özdil  2012

Sprache  in  der  Schule

• Metasprachliche  Rede:

• KommenSeren,  Zusammenfassen,  Ankündigen,  Worterklären,  Vergleichen  usw.

➡  auf  sprachliche  Formen  bezogene  grammaSsche  Fähigkeiten,  Text-­‐  und  DiskursorganisaSon,  operaSve  Verfahren,  die  OrganisaSon  von  Thema  und  Rhema  usw.

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© Özdil 2012

„Das  Vorlesen,  zu  dem  wir  hier  auch  das  Erzählen  von  Geschichten  rechnen,  wechselt  steSg  zwischen  Diskurs  und  Text:    Verläßt  der  vorlesende  Erwachsene  den  Text,  adressiert  er  das  Kind  als  aktuellen  Hörer,  setzt  er  das  Vorlesen  fort,  nimmt  das  Kind  seine  Rolle  als  Textrezipient  ein  und  vollzieht  beim  Zuhören  eine  mitkonstruierende  Gesamtplanung.  Die  Vorlesenden  ermöglichen  mit  umformulierenden,  erläuternden  und  kommenSerenden  Handlungen  (Bührig  1996)  dem  Kind  den  Sprung  in  versprachlichte  SprechsituaSonen,  also  in  Texte,  und  setzen  bei  ihm  interpretaSve  Verstehensprozesse  in  Gang.Beim  Zuhören  lockert  das  Kind  die  unmiAelbare  SprechsituaSonsbindung,  begibt  sich  in  die  versprachlichte(n)  SituaSon(en)  und  macht  so  die  Grunderfahrung,  daß  Texte  in  andere  Bereiche  der  Wirklichkeit  führen.  Zuhörend  baut  es  die  inneren  Vorstellungen  und  die  Phantasie  aus,  versetzt  sich  in  fikSve  KonstellaSonen,  folgt  neugierig  unbekannten  HandlungsverkeAungen,  versucht,  komplexe  Symbolfelder  zu  verstehen  und  die  IllokuSonen  hinter  den  Worten  der  Akteure  zu  erkennen.  Versprachlichung  komplexer  KonstellaSonen,  Transgreß  über  das  Wahrnehmungsfeld  hinaus,  Akte,  Zerlegung  von  Mustern,  Verfahren,  Ausbau  des  sprachlichen  Wissens,  sprachliche  Prozeduren,  aktantenspezifische  Handlungsräume,  Versprachlichung  von  Gefühlen  –  alles  mentale  Prozesse,  die  sich  im  Umgang  mit  der  Sprache  in  Texten  entwickeln  und  differenzieren.  So  werden  durch  das  Vorlesen  die  Wirklichkeit  übersteigende  und  siezugleich  reflekSerende  sprachlich-­‐mentale  Fähigkeiten  erworben;  dies  sind  Tex>ähigkeiten.“  (Rehbein  &  Meng  2007,  S.  18)

Texthabitualisierung  /  TexHähigkeiten

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Aneignung  einer  zweiten  Sprache

Zweitspracherwerb

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© Özdil 2012

Sukzessiver  Zweitspracherwerb

• Die  Aneignung  der  Zweitsprache  (Deutsch)  beginnt  ca.  ab  dem  3./4.  Lebensjahr

• Bis  dahin  wurden  bereits  sprachliche  Grundlagen  (s.o.)  in  der  Erstsprache/MuAersprache  gelegt.  

• Stärkeres  Gewicht  in  der  Erstsprache/Mu@ersprache–>  „Normale  Zweisprachige“

• Dominanz  in  der  Zweitsprache  führt  zum  ‚subtrak<ven  Bilingualismus‘  

• Bei  mangelndem  Ausbau/Unterstützung  der  Erstsprache  Gefahr  des  ‚Semilingualismus‘

(vgl. Apeltauer 2001)

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©  Özdil  2012

FrakSonierung  der  Sprachen  auf  verschiedene  Redebereiche

• Arbeitssprache:  OrganisaSon  von  Verstehen  und  Verständlichmachen

• Denksprache:  Formulierung  der  damit  verbundenen  Begriffe

➡ In  der  MigraSonssituaSon  mehrsprachiger  Kinder  erwerbsbedingte  Verteilung  auf  erworbene  Sprachen

(vgl. Rehbein 2010)

22

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© Özdil 2012

Übung  /  Reflexion

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© Özdil 2012Aus: Rehbein (1987)

• Experiment zum Verstehen in Erst- und Zweitsprache: Nacherzählen einer Geschichte

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© Özdil 2012

Nacherzählung  einer  Schülerin  (10  J.)  mit  türkischer  Mu@ersprache  nach  dem  Vorlesen  in  Deutsch

Lesen Sie die Nacherzählung und schätzen Sie die Sprachkompetenz des Kindes ein.Nach welchen Kriterien sind Sie gegangen?

Aus: Rehbein (1987)

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© Özdil 2012

Nacherzählung  derselben  Schülerin  nach  dem  Vorlesen  in  ihrer  Mu@ersprache

Lesen Sie nun diese zweite Nacherzählung desselben Kindes. Wie würden Sie die sprachliche Kompetenz einschätzen?Was ist anders im Vergleich zur ersten Erzählung?

Aus: Rehbein (1987)

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© Özdil 2012

Resultat• Verstehen  in  der  Mu@ersprache  ak<viert  und  fördert  Fer<gkeiten  

in  der  Zweitsprache  (Deutsch).  

• Die  Zone  der  nächsten  Entwicklung  ist  nicht  nur  auf  die  Zweitsprache  (Deutsch)  zu  beziehen,  sondern  auf  die  gesamte  (mehrsprachige)  Sprachfähigkeit,  d.h.  wenn  die  Sprachentwicklung  in  der  Mu@ersprache  weiter  voran  geschri@en  ist  als  in  der  Zweitsprache,  muss  dies  in  der  Zweitsprachentwicklung  und  Zweitsprachförderung  berücksich<gt  werden.  Dies  kann  mit  bilingualen  (Förder-­‐)Konzepten  erreicht  werden.  Auf  diese  Weise  kann  ein  posi<ves  Ergebnis  für  die  (Sprach-­‐)  Entwicklung  des  Kindes  erzielt  werden.  

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© Özdil 2012

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Literatur

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