1 Passen Medizin und Pflege zum Bedarf in der Zentralschweiz? Perspektiven und nicht unwahrscheinliche Transformationen 9. Zentralschweizer Ärzte-Forum Luzern, 22. April 2015
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Passen Medizin und Pflege
zum Bedarf in der Zentralschweiz?
Perspektiven und nicht unwahrscheinliche Transformationen
9. Zentralschweizer Ärzte-Forum Luzern, 22. April 2015
4 Trends
Personal – Ausbildung – Bedarf – Kompetenzen
4 Lösungsansätze & Szenarien
- Gesetze, Regulierung
- mehr Medizinstudienplätze
- Master Nurses «Kalaidos Profil»
- Master Medizin «Luzerner Profil»
Fazit & Take Home Messages
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Aktuell kein Personalmangel
3.8 Mediziner / Workforce in der Pflege 16.9 pro 1000 Einwohner
= weit über Ø EU und OECD (Pflege doppelt so hoch)
Personaldichte in der Schweiz ist weltweite Spitze: Premiumversorgung
Personalmangel?
OECD Health Data 20124 Gründe, warum Rückbau der CH-Premiumversorgung nicht unwahrscheinlich ist
17 EU-Länder haben Personalmangel auf dem Land
und «oversupply of doctors in urban areas»
v.a. Deutschland, Frankreich, Italien, Dänemark, Belgien, Rumänien (und Schweiz)
Trends Schweiz
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Zentralschweiz am Sonntag 13.5.2012
Gesundheitssektor =
ca. 14 Prozent der Beschäftigten
Frauenanteil 75% Feminisierung nimmt zu
Zunahme Beschäftigte
im Gesundheitsbereich = 2.6% p.a.
Doppelt so hoch wie gesamtwirtschaftliches
Beschäftigungswachstum (+1,2%)
❶ Personalhunger
„How many clinical staff involved in the care
of a typical hospital patient:
In 1970, it was 2.5,
by the end of the 1990s, it was more than 15.
The number must be even larger today“ (25?)
Atul Gawande 2011
Personalhunger =
Konkurrenz untereinander +
Konkurrenz mit anderen Branchen
Trends Schweiz
Schulabgänger
pro Jahr 2% weniger,
Rückgang bis 2017
Ausstieg nach 45
+Pensionierungswelle
ab 2020
Loch bis nach 2030
spürbar Rückgang der Schulabgänger
59+
54-58
49-53
44-48
39-43
34-38
29-33
24-28
19-23
14-18
CH: Künftiges strukturelles Defizit beim Personal
Demographische Defizite unten + oben
Konkurrenz
überdurchschnittl. Bedarf
im G-Sektor (2.6% vs. 1.2%)
Kampf um kluge Köpfe
insb. bei Kaderrekrutierung
bessere Anreize
in anderen Branchen
Umgehen lernen
mit Personalknappheit
❷
Trends Schweiz
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Ausbildungskapazität reicht nicht
Studie Ageing Workforce
Pensionierungswelle ab 2020
- Bedarf Obsan bis 2030 120‘000 – 160‘000
- Bedarf Careum bis 2030 190‘000 wegen hohem dropout+Teilzeit
in 20 Jahren mehr ausbilden, als heute insgesamt im Spitalsektor arbeiten
Bedarf liegt weit über den Ausbildungskapazitäten
2010: 1000 FAGE, 1500 HF Pflege, 500 BSc Pflege, 700 Med=4700
Ausbildungseffort 2014:
3000 FAGE + 1700 HF Pflege + 600 BSc Pflege + 850 Med = 5650
Inlandpotenzial bis 2030: 6000/Jahr x 15 = 90‘000
Ausbildungseffort
bringt viel zu wenig
❸
Trends Schweiz
Deckungsdefizit: ½ oder bestenfalls ⅓ des Bedarf– es braucht eine andere Organisation als heute
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veränderter
case mix
andere Patienten,
andere Rollen,
andere Prioritäten
Bedarf und Kompetenzen driften Auseinander:
Ausbilden für die Spitäler? Oder für häufige Diagnosen?
«Slow Motion Disaster»
• Kompetenz für Multimorbidität im Alter,
chronisch-degenerative Leiden, Demenz, Palliative Care
• Kompetenz im Schnittstellenmanagement bei der
ambulanten, häuslichen und Langzeitversorgung
Trends Schweiz
Slow Motion Change Management
in der Bildung + Versorgung
häufigste Diagnosen
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Szenarien & Lösungsansätze
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Bericht des Bundesrates 2011
Art. 117a Grundversorgung 8. Mai 2014
1. Bund und Kantone sorgen im Rahmen ihrer Zuständigkeiten für eine ausreichende,
allen zugängliche medizinische Grundversorgung von hoher Qualität.
2. Der Bund erlässt Vorschriften über die Aus- und Weiterbildung für Berufe der
medizinischen Grundversorgung und über Anforderungen zur Ausübung dieser Berufe
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Deutschland 36 «etablierte» Fakultäten 11’000 Studienplätze
3 Kooperationsstudiengänge 120 Studienplätze
Schweiz 5.5 Fakultäten 1486 Studienplätze
4500 Bewerber
+30% letzte 5 Jahre
Ausbildungskapazität HumanmedizinDeutschspra-
chiges Europa
15’500 USA 17’000
Österreich 3 staatliche MedUnis 1356 Studienplätze
8400 Bewerber [v.a. aus D], 75 % A - 20 % EU - 5% andere
4 private Unis/MedUnis 300 Studienplätze
EU non-NC Budapest, Szeged, Pecs (H) 1200 Studienplätze
Prag (CZ)
Riga (Lit)
Zagreb (Slo)
Varna (Bul), Martin (SK), Temesoara (Rom), Iasi (Rom),
Southampton (GB), Exeter (GB), u.a.m.
Masterstufe
120’000 CHF / Jahr
40’000 €/ Jahr
40’000 € / Jahr
17’000 € / Jahr
13’000 € / Jahr
10’000 € / Jahr
8’000 € / Jahr
46’000 € / Jahr
9’000 € / Jahr
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Mehr Studienplätze
= keine nachhaltige Lösung
IOM Juli 14 Studierendenzahlen nicht erhöhen, aktuelles Modell fördert
Fehlverteilung Grundversorgung/Spezialisierung, Stadt/Land.
Statt mehr Geld für Mediziner mehr für Ausbildung anderer Gesundheitsberufe,
die für das Funktionieren des Systems und der Gesellschaft wichtig sind
1. Kosten
3. Kompetenzen
65%
F
35%
M
50% der Ärztinnen arbeiten weniger als 50%
… und 50% wollen nicht in Akutmedizin
Mehrheit der Ärztinnen = traditionelles Modell:
Familienfrau mit Teilzeitpensum
2. Kapazität
viel zu viele junge Mediziner gehe n / bleiben
nicht in der Versorgung
1300 x 100’000 x 6 780 Mio/Jahr
nur für Medizinerausbildung
können sich Kantone + Bund
nicht auf Dauer leisten
Medizinstudium am Unispital bereitet nicht
auf chronisch-degenerative Multimorbidität,
Alter, Demenz, transmurale Versorgungspfade
Management, interprofessionelle Teamarbeit
Schnittstellenmanagement bei Langzeit-,
ambulanter und häuslicher Versorgung vor
nicht bedarfsgerecht
Folie 12 U. Baumgartner
Kompetenzerweiterung erfahrene Pflegende
Pflegewissenschafterinnen «Kalaidos Profil»
2000 1. Kurs Klinisches Assessment
2015 MScN Studiengang od. MAS in Chronic Care inkl. 30 ECTS Training der Befunderhebung und ärztlichem Mentorat während 1.5 Jahren in der Praxis
Pflegediplom (HF) + BScN + MScN + min. 2 Jahre Praxis
(10 Jahre) + oft Doktorat
Training, Interpretation, Kommunikation der erhobenen Daten mit behandelnden Ärzten
Praxis = Versorgung, wo die gesundheitlichen Probleme virulent sind. Profis folgen den Patienten
Möglichst wenig zwischen Lebens- und Behandlungsort dislozieren (häusliche Versorgung)
Versorgungskontinuität gewährleisten in transmuralen Prozessen
hoher Patienten- und Betriebsnutzen, von Patienten + Leistungserbringern sehr geschätzt
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Medizinausbildung
Master mit spezifischem «Luzerner Profil»
Motion Willi (15. Mai 2012) Planungsbericht MedFakultät UniLU
Regierung: Fokus Masterstudium Medizin insb. Hausarztmedizin
Machbarkeitsstudie
- 40 Master-Studierende pro Jahr
- Komplementär zu anderen Unis
- Focus Grundversorgung / Community Care
- fundierte generalistische Ausbildung am Spital
- Lernen in der Praxis: LUKS, Hausärzte, SPZ, St.Anna/Hirslanden
+ Spitäler und Institutionen der Zentralschweiz
Proof of Concept liegt vor, akkreditierungsfähig - deutlich günstiger
Konkretisierung:
Rekrutierung / Konkurrenzsituation CH
Finanzierung a) n Mio. Startinvestition b) Vorhalteleistungen 8-10 Jahre
Infrastruktur Raum - Lernzentrum - Lehrpersonal u.a.m.
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Einbezug von nichtärztlichen Berufsleutenstatt starre professionsbezogene Rollenverteilung
= globale Reformbestrebung in der ambulanten Versorgung
= Notwendig für qualitativ hochstehende Versorgung effiziente und wirtschaftliche Prozessorganisation
Transformation - nach und nach innovative Versorgungsmodelle
- Bedarf abdecken - multimorbid , zu Hause, sektorenübergreifend & transmural
- häusliche Versorgung & Schnittstellen - Professionals folgen Patienten
- Ansprechstrukturen schaffen statt Anbieterstrukturen zementieren
- abstimmen auf Lebensentwürfe + Berufsvorstellungen der Professionals
Gesundheitsökonomie – finanzielle Tragbarkeit: OpportunitätskostenNicht alle (Grund-)versorgung durch die teuersten Leistungserbringer Aufgabenübertragung
Fazit: es wird nicht ruhiger…
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❶
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Mehr konventionelle Mediziner = nicht bedarfsgerechte Workforce
«slow motion disaster» kaum addressiert
❸
Es entsteht eine parallele Workforce (Nursing, Psychotherapie, Apotheker …)
mit robusten Kompetenzen in diesem Spektrum Transformation
Take Home MessagesBesten Dank
❺
Verantwortlichkeiten sind geklärt
aber die Zusammenarbeit wird nicht gelernt
Nicht alle haben den gleichen Bildungs- und Kompetenzenrucksack
- aber es hat Platz für alle! Praxen managen am besten Praxismanager…
Interprofessionelle Kooperation zwischen allen Fachpersonen
bedingt Organisationsentwicklung - viel Erfolg!
Das generalistische «Luzerner Profil» ist ein guter Ansatz
unterstützen Sie das Projekt!
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1. Ist ihre Organisation auf interprofessionelle Veränderungen
vorbereitet?
2. Wie setzen sie in der Ausbildung auf die entsprechende
Kompetenzerweiterung?
Sind die ÄrztInnen der Zukunft genügend interprofessionell
ausgebildet?
Sind Ärztinnen und Ärzte, Pflegende mit ihren Subspezialisierungen –
wie Palliative Care, Diabetes, Spitex-Diensten, die Praxisassistentinnen,
die Psychologinnen und Psychologen auf interprofessionelle
Veränderungen vorbereitet?
Setzen wir in der Ausbildung auf die entsprechenden Kompetenzen?
Befähigt die zunehmende Akademisierung der G-Berufe (nicht nur
Pflege) diese zu einer entsprechenden Ausbildung und Verantwortung?
Sollen die Ärzte weiter verordnen oder ihre Leistung durch
Pflegeberufe substituieren lassen und wer trägt die Verantwortung?
Perlen der Praxen, (MPA) mehr Verantwortung, eigene Kompetenzen
– sind wir mit unserer Ausbildung auf dem richtigen Weg?
Sind es in Zukunft die Fachhochschulabsolventinnen, die Ambulatorien
und Praxen gekonnt managen?
Leitfragen Kramis
Gelingt es, eine gerechte / finanziell
adäquate Entschädigung für unsere
gemeinsamen Aufgaben zu erreichen
oder entsteht ein Futterneid mit
gegenseitiger Kostenschuldzuweisung
wegen Kostenneutralität?
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Dr. Beat Sottas
sottas formative worksWirkungsorientierte Aus- und
Weiterbildung von Health Professionals
Rue Max-von Sachsen 36
CH – 1722 Bourguillon
Tel. +41 79 285 91 77
www.formative-works.ch