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Sonderheft der Orthopädieschuhtechnik
Einlagen
Die Einlagenversorgung ist in derorthopädischen Praxis ein
zuneh-mend kontrovers diskutiertes The-ma unter Fachleuten. Die
traditio-
nelle Einlagenversorgung geht von einer Fußfehlform aus und will
die ver-änderte Fußarchitektur mit festen,stützenden und bettenden
Einlagen-elementen korrigieren. Zwar werdenmehr und mehr weichere
Materialienzur Verbesserung der Funktionalitätverwendet, das
Grundproblem einerpassiven Stützung jedoch bleibt: „DieFunktion
folgt der Form“!
Die Biomechanik versucht, sich vonder statischen
Betrachtungsweise zulösen und die Dynamik der Bewe-gungsabläufe zu
berücksichtigen. DerGrundgedanke aber, dass skelettstüt-zende
Maßnahmen exzessive Bewe-gungen der Fußknochen reduzierensollten,
wurde beibehalten.
Neueste Untersuchungen von BennoNigg und Mitarbeitern aus
Calgary ha-ben gezeigt, dass Einlagen üblicher-weise keinen
wesentlichen Einfluss auf
die Kinematik des Fußskelettes beimGehen oder Laufen haben
(Pronation).Trotzdem ist aber ein gewisser „Erfolg“des
Einlagentragens aus der Erfahrungfeststellbar. Zum Beispiel wird
durchdas Tragen konventioneller Einlagendas EMG-Signal
(Wavelet-Analyse-methode) von bestimmten Muskel-gruppen verändert,
dies entspricht derEntlastung der Muskulatur. Bewegungs-änderungen
im Pronationsverhaltenwerden jedoch nicht beobachtet. AlsKonsequenz
daraus kann gefolgertwerden, dass Einlagen prinzipiell dieextern
wirkenden Drehmomente ver-ringern können (Reduktion des
externwirkenden Hebels) und deshalb dieMuskulatur, die diese
äußeren Dreh-momente ausgleicht, entlasten (n. B.Segesser, GOTS-
Kongress 2003).
Wenn dieser bisher noch spekulati-ve Zusammenhang stimmt, dann
wer-den Fußmuskeln durch traditionelleEinlagenversorgungen
prinzipiell ent-lastet, was längerfristig kontraproduk-tiv wirkt.
Da die Muskeln nicht trai-
Die physiologischen und orthopädischen Grundlagender
afferenzstimulierenden EinlagenversorgungG r e g o r P f a f f :
Der Fuß ist ein sensibles Tastorgan, das bei jedem Schritt
Informa-tionen an das Gehirn übermittelt, die wiederum eine
Reaktion auf unsere Bewegungzur Folge haben. Die
afferenzstimulierende Einlagenversorgung macht sich diesesPrinzip
zu Nutze, um über gezielt gesetzte Reize an der Fußsohle Einfluss
auf die Be-wegung und die Körperhaltung zu nehmen. Wie das
anatomisch und physiologischfunktioniert erläutert dieser
Beitrag.
niert werden, bilden sie sich langsamzurück.
Eine prinzipiell andere Denkenswei-se wird durch die Anwendung
von pro-priorezpetiven, afferenzverstärkendenoder sensomotorischen
Einlagen ver-folgt. Sie geht davon aus, dass exzes-sive Bewegungen
von einer mangel-haften muskulären Kontrolle ausgehen(mangelnde
Innervation, muskuläreDysbalance, Koordinationsstörung).Wenn nun
die Muskulatur durch dasSetzen von bestimmten propriorezep-tiven
Reizen spezifisch stimuliert wird,kann sie auf die auftretenden
Belas-tungen besser reagieren und die Bewe-gungen in einem
physiologischen Aus-maß halten. Dies würde bedeuten,dass durch
Verbesserung der Fußmus-kelfunktion übermäßige Bewegungendes
Fußskelettes vermieden werdenkönnen. Dadurch entstehen
günstigereäußere Hebelverhältnisse, welche zukleineren internen
Drehmomenten undgeringeren Muskelbelastungen führen.Aktive
Bewegungskontrolle bewirkt diephysiologische Belastung der
Muskula-tur und die Verbesserung der Bewe-gungs- und
Stellungskoordination desFußes. Als Anwender der
afferenzsti-mulierenden-sensomotorischen Einla-gen postuliere ich:
„Die Form folgt derFunktion“!
Medreflex Therapiekonzepte GmbH Hesseloherstrasse 6 • 80802
MünchenTel. 089/38799884 • Mobil 0173/8606610Fax 089/38898169 •
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S o n d e r d r u c ka u s : O r t h o p ä d i e s c h u h t e c
h n i k ,S o n d e r h e f t E i n l a g e n ; M a i 2 0 0 4C . M a
u r e r D r u c k u n d V e r l a g , G e i s l i n g e n .
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[2] O r t h o p ä d i e s c h u h t e c h n i k S o n d e r d r
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Der Fuß als Basis des Bewegungs-apparatesEin Fuß ist aus
insgesamt 26 Knochen,einer Vielzahl von Gelenken, über 100Muskeln
und Sehnen sowie Fascien zueiner bemerkenswerten Funktionsein-heit
von Festigkeit und Elastizität zu-sammengefügt. In Verbindung mit
demNervensystem und den nach cranialübergreifenden Muskelgruppen
bildetder Fuß den Ursprung unserer Aufrich-tung, die Basis von
Stand und Gang,die Voraussetzung für die menschlicheEvolution mit
Aufrichtung des Körpersund des freien Gebrauchs der Hände!
Dabei ist der Fuß durch die inten-sive nervale Versorgung ein
sensiblesTastorgan, das über die Temperatur,Festigkeit,
Oberflächenbeschaffenheitund Neigung des Untergrundes
Infor-mationen an das Gehirn weitergibt(Afferenz).
Durch die sogenannte sensomotori-sche Integration werden
motorischeBefehle erarbeitet, die am Fuß dieaktive Ausbildung der
Fußgewölbe jenach Notwendigkeit der Situationsteuern (Efferenz).
Dadurch kann derFuß bei jeder dynamischen Belastungquasi „Schritt
für Schritt“ die Beschaf-fenheit des Untergrundes
ausgleichen,abdämpfen und die Gesamtbewegungdes Körpers aussteuern
und damit sta-bilisieren.
Propriorezeptive Strukturen derFußsohleDie Propriorezeption
(Selbstwahrneh-mung) erfolgt reflexartig über geeig-nete Strukturen
an der Fußsohle mitWeiterleitung an das Rückenmark undStammhirn
(Cerebellum). SpezifischeStrukturen an den Muskeln
(Muskel-spindeln), den Sehnen (Golgi-Sehnen-
Organe), der Haut (Mechanorezepto-ren) und Gelenken
(Gelenkrezeptoren),sowie freie Nervenendigungen bildendie afferente
Reizinformation desFußes zur Bewegungskoordination.
Die sensorische Rückmeldung ausden Muskelspindeln verläuft
entwederüber schnellleitende Fasern (Ia-Fa-sern) direkt über das
Rückenmark miteinem monosynaptischen Dehnungs-reflex zur
motorischen Nervenzelleoder über langsamere Rückleitungs-bahnen der
Gruppe-II Fasern zum ZNS.
Die Hauptaufgaben der Muskelspin-deln bestehen darin, die
jeweilige Län-gen-, Lage- und Spannungsänderungder Muskulatur dem
ZNS rückzumelden.
Die Charakteristik der Golgi-Seh-nen-Organe dagegen ist genau
ge-gensätzlich zum Mechanismus derMuskelspindeln verschaltet.
Funktio-nell kann diese gegenseitige Wechsel-wirkung als Balanceakt
der neuronalenAnsteuerung verstanden werden, imSinne einer
abgestuften Regelung vonHemmung und Erregung. In Abhängig-keit der
jeweiligen Belastungssitua-tion können die
Golgi-Sehnen-Organejedoch auch fördernd auf die Arbeits-muskeln
wirken.
In den Gelenkkapseln, in den Ligamen-ten, aber auch in der Haut
sind weitereRezeptoren vorhanden, die über sensori-sche
Rückmeldungen die Lage der Gelenkeermitteln oder Druck- und
Zugkräfte sig-nalisieren. In der Haut des Fußes zum Bei-spiel gibt
es drei Mechanorezeptoren, diesensorische Signale an das
zentraleNervensystem leiten. Unter der Epidermisbefinden sich die
Rezeptoren der Mer-kel´schen Zellkomplexe, die sich langsamdem
Druck und der Deformation der Hautanpassen.
Meissner´sche Korpuskel reagieren se-lektiv auf Vibrationen. Sie
lie-gen direkt unter der Hautober-fläche und antworten schnellauf
Signale zwischen fünf undvierzig Hertz.
Paccini Korpuskel in dersubkutanen Schicht reagie-ren auf
hochfrequente Sig-nale zwischen 60 und 300Hertz.
Sensomotorische IntegrationMit Ausnahme der Muskel-spindeln
besteht die Aufga-be der Mechanorezeptorenund der freien
Nervenen-dungen in der sensorischen
Rückmeldung zu einem spinalen Zwi-schennetzwerk. Dieses Netzwerk
be-steht aus zahlreichen Interneuronen,die über einfache oder
mehrfache Ver-schaltungsebenen mit den motori-schen Nervenzellen
der Muskulaturverbunden sind. Unter Abstimmungvon erregenden und
hemmenden Rück-meldungen werden Impulse an motori-sche Nervenzellen
weitergeleitet.
Die Propriorezeption wird durchsogenannte Exterorezeptionen
(Sin-neswahrnehmungen) ergänzt. Dazugehören das räumliche Sehen,
der Hör-und Gleichgewichtssinn, die Kopfkon-trolle des
cervicocephalen Übergan-ges, die craniomandibuläre Funktionsowie
die Viszerorezeption über me-chanische, chemisch-sensitive
oderfasziale Rezeptoren sowie die Ther-morezeption (Abb. 1).
Die sensomotorische Steuerung (Ef-ferenz) wird also aus dem
Abgleichpropriorezeptiver und exterorezeptiverImpulse stets von
zentralen Kontroll-mechanismen situativ angepasst (sen-somotorische
Integration – „Just inTime“ – Regulation), so dass man voneinem,
aus vielen einzelnen Systemenbestehenden,
Gesamtkommunikations-system sprechen kann (Abb. 2).
Bandapparat und MuskelsystemeDas Fußgerüst ist durch
Muskelzügeaktiv und durch einen außerordentlichkräftigen
Bandapparat passiv in sichverspannt. Der Bandapparat des
Fußesgliedert sich in drei Schichten. An derOberfläche spannen sich
die Apo-neurosis plantaris, in der mittlerenSchicht das Ligamentum
plantare lon-gum und in der tiefsten Schicht dieplantaren
Verstärkungsbänder wie zumBeispiel das Ligamentum calcaneo
naviculare plantare.
Als aktives Spannungssystem wir-ken in erster Linie die kurzen
Muskelnder Fußsohle. Ihre Anspannung unter-stützt die
Längsgewölbebildung, ihreTransversalkomponenten sichern außer-
2 Verschaltungsebenen der Sensomotorischen Integra-tion (Abb.
aus Gollhofer, Lohrer, Alt, Sonderheft Pro-priozeption)
SENSOMOTORIK] Grundlagen
1 Sinneswahrnehmungen (Abb. aus Gollhofer, Lohrer,Alt,
Sonderheft Propriozeption)
Die Propriozeption: häufig auch Kinästhesie oder
Tiefenwahrneh-mung genannt, organisiert den Stellungs-,Kraft- und
Bewegungssinn über die mechani-sche Beanspruchung ihres
Rezeptorsystems. DieInformation kommt aus dem eigenen
Körper(Proprio-).
Die Exterozeption: umfasst die sensorische Qualität unseres
Seh-,Hör- und Gleichgewichtsinns. Die Informationkommt aus der
Umwelt (Extero-).
Die Viszerozeption: über mechanisch oder chemisch
sensitiveRezeptoren wird die Empfindung der innerenOrgane
vermittelt.
Die Thermorezeption: thermisch sensitive Rezeptoren
meldenTemperatureindrücke zurück.
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[3]O r t h o p ä d i e s c h u h t e c h n i k S o n d e r d r u
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tonus an der Fußsohle individuell über-prüfen. Dabei werden
insbesondere dieoben genannten kurzen und langenFußmuskeln
untersucht. Anhand desKoordinationstestes werden schwacheFußmuskeln
identifiziert und die damitkorrespondierenden
Einlegesohlenarealeauf einem entsprechenden Formblattmarkiert.
Wahlweise wird ergänzendein Fußabdruck genommen. Diese um-fassende
Untersuchung ist mittlerweileetabliert und durch den
Berufsverbandder Orthopäden anerkannt.
Aufbau der SpezialeinlagenAfferenzstimulierende Einlagen
könnenauf unterschiedliche Art und Weisehergestellt werden.
Verbreitet sind derAufbau der Funktionselemente in derklassischen
Einlagentechnik wie auchdie computergestütze Herstellung miteiner
Fräse. In unserer Praxis verwen-den wir die patentgeschützten
Spezial-einlagen nach Frau Prof. Fusco, Italien(KS-Medical
Attivo/Fa. MEDREFLEXGmbH). Sie haben 7 befüllbare, mit derAnatomie
des Fußmuskelsystems kor-respondierende einzelne Kammern.Nach den
Aufzeichnungen des unter-suchenden Orthopäden werden die
Einlegesohlen hergestellt und befüllt.Prallelastisch befüllte
Kammern stimu-lieren gezielt die schwachen Fußmus-keln. Die
Dosierung wird vom Arzt individuell festgelegt und im
Therapie-verlauf angepasst.
Neben diesen aktiven Funktionenhaben die prallelastischen
Polsterauch passive Eigenschaften (Stützung,Weichbettung und
Freilegung von Kno-chen). ( Abb. 5 und 6).
DokumentationsverfahrenHaltungs- und Bewegungsänderungendurch
sensomotorische Spezialeinla-gen werden durch das stato-dynami-
Sensomotorische Einlagen-versorgungBei ca. 80 Prozent der
Patienten einerkonservativen orthopädischen Praxisfindet man
Störungen der fußgewölbe-bildenden, den Abrollvorgang steuern-den
Fußmuskeln. In den meisten die-ser Fälle ist eine Versorgung mit
affe-renzverstärkenden, sensomotorischenSohlen möglich
beziehungsweise an-gebracht.
Dies gilt besonders, wenn man da-mit nicht nur auf die
Fußmuskel-schwäche, sondern auch auf die Ge-samthaltung und
Bewegungskoordina-tion einwirken will. Bei massiven Ver-änderungen
der Fußform sind passive,stützende oder bettende Maßnahmenalleine
oder in Kombination mit akti-vierenden, afferenzverstärkenden
Ele-menten indiziert.
Da sensomotorische Einlegesohlenauch auf den gesamten
Koordinations-ablauf von Haltung und Bewegungeinwirken, müssen in
einem orthopä-dischen Untersuchungsablauf das pro-priorezeptive und
muskuloskelettale System einerseits und die Exterorezep-toren
andererseits in Verbindung ge-bracht werden. Speziell
ausgebildeteOrthopäden können durch einen sen-somotorischen
Koordinationstest (neu-rologische Rückmeldung des
Funktions-zustandes eines Muskels) den Muskel-
dem das Quergewölbe des Fußgerüstes. Die langen Muskeln der
Fußsohle
sind besonders wichtig für die Ver-klammerung des Fußgerüstes
zursteigbügelartigen Fußgewölbeunter-stützung (Muskulus tibialis
posterior,Muskulus peroneus longus, Muskulusperoneus tertius und
Muskulus tibialisanterior). (Abb. 3, Abb. 4)
Das vordere Quergewölbe bilden:M. flexor hallucis brevis M.
adduktor hallucisM. flexor digiti minimiDas mediale Längsgewölbe
bilden:M. flexor hallucis brevisM. abduktor hallucis
Das laterale Längsgewölbe bilden:M. flexor digiti minimiM.
abduktor digiti minimi
Im Allgemeinen sind am normalenFuß die Adduktoren den
Abduktorenüberlegen. Je mehr der Fuß proniert,desto mehr verschiebt
sich dieses Ver-hältnis, beim Pes planus sind die Ad-duktoren quasi
insuffizient.
3 Torsions-/Abrollschlinge: M. peroneus longus und M.tibialis
posterior bilden eine steigbügelartige Schlaufeunter der Fußsohle.
Beim Abrollen kontrahieren diesebeiden Muskeln und wirken im Sinne
einer Abroll-schlinge. Die Gewölbestabilität wird während
desbelastungsintensiven Abrollens gleich dreifach unter-stützt:
Torsion, Verklammerung, Anheben.
4 Die Muskeln an der plantaren Seite span-nen die Wölbung bei
Kontraktion wie einenBogen. Ein muskuläres Ungleichgewicht die-ser
Muskelgruppen verändert die Längswöl-bung. Durch die rechtwinklige
Abknickungvon Unterschenkel und Fuß entsteht einWinkelhebel, der
der Fortbewegung dient.Unterschenkel und Fuß stellen die
unter-stützende Tragfläche für den Körper dar.
[SENSOMOTORIKGrundlagen
6, 7 Dreidimensionale Vermessung der Wirbel-säule, links vor der
Einlagenbehandlung, rechtsnach der Einlagenbehandlung.
5 Einlagen nach Dr. Fusco: Oberseite (l.)/Unterseite (r.)
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[4] O r t h o p ä d i e s c h u h t e c h n i k S o n d e r d r
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Seit Jahren stehen neue Produkteder Einlagenversorgung zur
Diskus-sion. Unter vielen Namen verbergensich gleichartige
Wirkungsziele an-
gefangen über Nancy Hylton, neurolo-gische Einlagen,
propriozeptive Einla-gen, sensomotorische Einlagen,
kine-siologische Einlagen bis afferenzsti-mulierende und
afferenzverstärkendeEinlagen. Damit haben die klassischenbettenden,
stützenden und korrigie-renden orthopädischen Einlagen
neueWirkungsfelder hinzugewonnen, diesich auch wirtschaftlich im
Gesund-heitswesen auswirken. Die Indikatio-nen werden je nach
Anbieter sehr weitgestellt.
Ein jeder kennt die Erfahrung desGangbildes im Barfußgang auf
unter-schiedlichen Boden- und Belags-verhältnissen und wie sich
dieseInformationsübermittlung der Plantar-sensibilität und
Tiefensensibilität aufdie Körperhaltung und die
Gleichge-wichtsorgane auswirken. Dieses zu er-fassen und in ein
mögliches Diagnose-schema und eine Versorgungsempfeh-lung zu
formen, ist gemeinsame Auf-gabe der Ärzte, Physiotherapeuten
undOrthopädieschuhtechniker und Ortho-pädietechniker.
Orthesen im Fußbereich haben da-mit über die primären
Zielsetzungeneiner statischen Kompensation vorlie-gender Fehlformen
auch die Aufgabeder Funktionsverbesserung aller Bewe-gungsorgane.
Dabei überrascht esnicht, dass auch Anpassungen an ge-gebene
Veränderungen und Therapeu-tika eintreten. Anfangserfolge haltenzum
Teil über Gewöhnungseffekte
nicht an oder sind möglicherweiseauch nur scheinbar zu Gunsten
besse-rer Bewegungsmuster nicht mehrnachweisbar.
So treffen euphorische Befürworterbestimmter
Orthesenanwendungenauch mit Nachweis erzielter Anfangs-erfolge auf
entschiedene Ablehnungder kritischen Beobachter undNachuntersucher
bei nicht anhalten-dem Wirkungsnachweis.
Die Voraussetzung der Kenntnisphysiologischer und
pathophysiologi-scher Abläufe der Bewegungsmusterbetroffener
Muskelketten bereitet oft-mals sowohl bisher nicht mit
denKrankheitsbildern vertrauten Ärztenals auch besonders den
Technikern mitnicht ausreichender Vorbildung erheb-liche
Schwierigkeiten.
Dieses um so mehr, als es jeweilsindividuelle Gegebenheiten der
Krank-heitsbilder zu erfassen gilt. Die Umset-zung auf die Orthese
erfordert sehr vielErfahrung im Umgang mit den Materia-len.
Kochrezeptartige Muster könnennicht angewendet werden.
Der Blickwinkel ist vom Fuß auf diegesamten Bewegungsorgane zu
rich-ten. Die vielfach angewendete Be-trachtungsweise statischer
Vorgängebei der Indikationsstellung – bettend,stützend und
korrigierend – mussdurch die Erfassung der Bewegungsab-läufe, der
Muskelketten und der Bewe-gungsmuster erweitert werden. Damitwird
die Befunderhebung und Doku-mentation besonders bedeutsam, dadie
Einwirkung der Orthese überprüftund häufig auch korrigiert werden
muss.
Sensomotorische Vorgänge zu erfas-
sen und zu dokumentieren erfordertSorgfalt und Zeit. Dieser
Aufwandschlägt sich auch in der Kostenaufstel-lung nieder. Die
gesetzlichen Kranken-kassen lehnen allerdings häufig unterHinweis
auf die Beurteilung des Medi-zinischen Dienstes der
Krankenkassendie Kostenübernahme ab. Als Begrün-dung wird
angegeben, der Wirksam-keitsnachweis sei nicht
ausreichendbelegt.
In der Tat trifft man bei der Durch-sicht der inzwischen recht
vielfältigenLiteratur auf nur wenige wirklich aus-sagekräftige
Analysen und prospektiveStudien. Dieses liegt in wesentlichenTeilen
daran, dass die physiologischenund anatomischen Gegebenheiten
mitihren Varianten nicht ausreichend be-kannt sind oder
berücksichtigt werden.Orthopädische Kenntnisse sind
mitphysiologischen und physikalischenVorgängen zu paaren. Schon
allein dieunterschiedlich reagierenden anatomi-schen
Vorfußformvarianten in Verbin-dung mit den bereits nach
Wachstums-abschluss beginnenden alters -und be-
SENSOMOTORIK] Grundlagen
sche Messverfahren der dreidimensio-nalen Wirbelsäulenvermessung
(Sys-tem Formetric) dokumentiert. Im Be-handlungsverlauf werden
notwendigeÄnderungen der Befüllungen durch diedreidimensionale
Wirbelsäulenvermes-sung erkannt und die Wirksamkeit
derBefüllungsanpassung überprüft (Abb.6,7). ]
● ● Anschrift des Verfassers:Gregor PfaffFacharzt für
OrthopädieHaimhauserstr. 180802 München
Aus: Orthopädieschuhtechnik Sonderheft Einlagen;Mai 2004, Seite
50–54
Literatur:1. Lanz, v.T., Wachsmuth, W. (2004): Bein und Sta-tik,
Kopf- übergeordnete Systeme, Springer Verlag2. Thomsen, W. (1944):
Kampf der Fußschwäche, 3. Auflage Lehmanns JF München3. Göderlein,
L., Wenz, W., Schneider U. (2002): DerKnickplattfuß, Springer
Verlag4. Gollhofer A., Lohrer, H., Alt, W. (2000):
Propriore-zeption, grundlegende Überlegung zur sensomotori-schen
Steuerung, Sonderheft Orthopädieschuhtech-nik Propriorezeption, 5.
Larsen, Ch. (2003): Füße in guten Händen, GeorgThieme Verlag6.
Larsen, Ch. (2001): Spiraldynamik, Via Nova Ver-lag7. Fusco, M. A.
(2000): Textbook and Atlas of plan-tar Postorology, Scideri
Editrice8. Bricot, B. (1996): La Riprogrammazione
Posturale,Sauramps Medical9. Jäger, M. Wirth, C. J. (1992): Praxis
der Orthopä-die, Georg Thieme Verlag10. Hochschild, J. (2002):
Strukturen und Funktio-nen begreifen (LWS, Becken und Hüftgelenk,
untereExtremität), Georg Thieme Verlag
11. Kendall, F., Kendall, I. (1998): Muskeln (Funktio-nen und
Tests), Gustav Fischer Verlag12. Nigg, B. (1999): Sporteinlagen -
Ein neues Kon-zept, OST Sonderheft Juni 2000
Abbildungsnachweis: Abbildung 3 mit freundlicher Genehmigung des
Thie-me-Verlages entnommen aus: Christian Larsen: Füße in guten
Händen. Spiraldyna-mik – programmierte Therapie für konkrete
Resulta-te, Thieme 2003.
Abbildung 4 mit freundlicher Genehmigung des
Hip-pokrates-Verlages entnommen aus:Reichel, Ploke: Physiotherapie
am Bewegungs-system, Hippokrates 2003.
Abb. 1 und 2 aus Gollhofer, Lohrer, Alt: Propriozepti-on -
Grundlegende Überlegungen zur sensomotori-schen Steuerung.
Orthopädieschuhtechnik, Sonder-heft Propriozeption, 2000
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[5]O r t h o p ä d i e s c h u h t e c h n i k S o n d e r d r u
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[SENSOMOTORIKGrundlagen
Afferenzverstärkende („propriozep-tive“) Einlagen zeigen in der
Be-handlung des funktionellen Pesequinus bei Kindern mit
infantiler
Cerebralparese (ICP) eine Wirksamkeitin Bezug auf die
Standphase, die Dop-pelstandphase und die Einzelstand-phase
(Schwungphase). Während un-ter Nutzung der speziellen Einlagendie
Stand- und Doppelstandphase sich
Afferenzverstärkende Einlagen zurTherapie des funktionellen
spasti-schen SpitzfußesU l r i c h H a f k e m e y e r, D a n i e l
a P o p p e n b o r g ,C . M ü l l e r - G l i e m a n n : An der
Klinik für Techni-sche Orthopädie in Münster konnte in einer
Studiegezeigt werden, dass durch afferenzstimulierendeEinlagen eine
Veränderung wesentlicher Gang-parameter erreicht werden kann.
Voraussetzung für einen positiven Effekt ist jedoch immer
diebefundorientierte und individuelle Indikation.
verlängert, kommt es zu einer Verkür-zung der Schwungphase. Wir
konntenim Einzelnen eine Verlängerung derFersenkontaktzeiten, eine
Vergröße-rung der plantaren Belastungsflächesowie eine verbesserte
zeitliche Diffe-renzierung zwischen Zehen- und Fer-senkontakt
beobachten.
Die tendenzielle Veränderung dervorgenannten Parameter ließ sich
inEinzelfällen bereits beim Tragen vonSchuhen ohne Einlagen
beobachtenund wurde unter Nutzung von Schuhenmit den
afferenzverstärkenden Einla-gen weiter verstärkt. Festgestellt
wer-den konnten jedoch auch gegenteiligeWirkungen bei Kindern mit
ICP undfunktioneller Spitzfüßigkeit. Daherkann zum jetzigen Stand
der Untersu-chung keine allgemeine Wirksamkeitder Einlagen
konstatiert werden. DieIndikation muss individuell
gestelltwerden.
Material und MethodeIn der vorgestellten Studie befindensich
insgesamt 20 Kinder und Jugend-liche im Alter zwischen 3 und 18
Jah-
lastungsabhängigen Gewebs- undFormveränderungen erschweren
dieDiagnostik und anzusetzenden Thera-piemaßnahmen.
In den mir bekannten Publikatio-nen wird jedoch auf diese
Vorausset-zungen überhaupt nicht eingegangen.Es wird über den
Normalfuß geschrie-ben, ohne zu definieren wie der Nor-malfuß
gestaltet sein soll – ohne Al-tersangabe, ohne Körperstatur.
Ähn-lich wird mit der elektronischen Druck-verteilungsmessung
verfahren.
Die durch die Maßnahmen erzieltenWirkungen werden nicht auf
Form- undAltersvarianten bezogen, sondern nurpauschal als wirksam
bezeichnet. Auchfehlen klar gegliederte Langzeitbeo-bachtungen, wie
sie gerade bei denFußorthesen dringend erforderlich
wären. Der „Beratungsausschuss derDeutschen Gesellschaft für
Orthopädieund orthopädischen Chirurgie für dasHandwerk
Orthopädieschuhtechnik“hat sich in seiner Sitzung am 24. Ja-nuar
2004 eingehend durch drei Refe-renten informieren lassen und
dieProblematik diskutiert. Diese Referatefinden sich auch in diesem
Sonderheft(Hafkemeyer, Hoffmann, Pfaff). Darü-ber hinaus beleuchten
weitere Beiträ-ge das Thema aus wissenschaftlicherund klinischer
Sicht. Sie sollen dazubeitragen, die Diskussion um dieseVersorgung
zu befruchten und Wegezu einer wissenschaftlichen und prak-tischen
Erschließung dieser Versor-gungstechnik zu weisen.
Bis diese Einlagen zu einer von me-dizinischer Seite und von
Seiten der
Kostenträger voll anerkannten Versor-gungstechnik werden, muss
sichernoch viel Arbeit geleistet werden. DerBeratungsausschuss
erarbeitet derzeiteine Stellungnahme zu dieser Art Ein-lagen. Schon
jetzt ist abzusehen, dassbei den komplexen Vorgängen nur
eineTeamarbeit aussagekräftige und ver-wendbare Ergebnisse erwarten
lässt. ]
Dr. Jürgen EltzeVorsitzender des Beratungsausschussesfür das
Orthopädieschuhmacherhand-werk der Deutschen Gesellschaft
fürOrthopädie und Orthopädische Chirur-gie (DGOOC)
Aus: Orthopädieschuhtechnik Sonderheft Einlagen;Mai 2004, Seite
5
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[6] O r t h o p ä d i e s c h u h t e c h n i k S o n d e r d r
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SENSOMOTORIK] Grundlagen
ren, die an einer infantilen Cerebralpa-rese erkrankt sind und
das klinischeBild einer spastischen Di- oder He-miparese zeigen.
Bei den Diparesenfinden sich sowohl weitgehende Sym-metrien der
betroffenen Extremitäten,aber auch teilweise deutliche
Seiten-betonungen. Alle in die Studie ein-geschlossenen Patienten
sind selbst-ständig frei steh- und gehfähig.
Gemessen wurde mit dem GAITRite-System, das in der Lage ist,
Raum-Zeit-Parameter zu erfassen und auszu-werten. Dabei handelt es
sich um eineelektronische Gangmatte, die druck-sensitiv reagiert,
die Länge der Einzel-und Doppelschritte misst, die Schritt-breite
sowie Innen- und Außenrotati-onswinkel bestimmt, die
Schrittfre-quenz erfasst und die Dauer der Einzel-und
Doppelschritte sowie der Einzel-und Doppelstandphasen
berechnet.Zusätzlich ist die Geschwindigkeit alskombinierter
Parameter mit diesem System erfassbar. Von besonderem In-teresse
für diese Untersuchung sindweiterhin die Kontaktzeichen von Vor-und
Rückfuß.
MessprotokollEs umfasst folgende Messsituationen:– Barfuß– mit
Schuhen ohne Einlagen– mit Schuhen mit afferenzverstärken-
den EinlagenDie Reihenfolge dieser drei Situa-
tionen wurde variiert und beginnt zu-meist mit der Versorgung,
die das Kindbeim Betreten des Ganglabors trägt.
ErgebnisBeim Vergleich vom Barfußgang mitdem Gang mit Schuhen
ohne Einlagenbeobachten wir eine Zunahme derStand- und
Doppelstandphasen und ei-ne Abnahme der
Einzelstandphasen(Schwungphasen).
Bei Kindern mit einem spontanenFersenbodenkontakt ist eine
Verlänge-rung der Fersenkontaktzeiten sowie eineZunahme der
zeitlichen Differenz zwi-schen Zehen- und Fersenkontakt
zubeobachten. Diese Unterschiede sindsowohl zwischen Barfußgang und
demTragen von Schuhen ohne Einlagen zuerkennen, aber auch zwischen
demTragen von Schuhen ohne und mit Ein-lagen.
FazitZum jetzigen Zeitpunkt der Untersu-chung ist eine
Wirksamkeit der affe-renzverstärkenden Einlagen bei einerVielzahl
der untersuchten Kinder fest-zustellen. Daraus lässt sich jedoch
kei-ne allgemeine Wirksamkeit der Einla-gen ableiten. Die
Indikation sollte da-her befundorientiert und individuellgestellt
werden!
Die bei der Klinischen Untersu-chung beobachtete
Harmonisierungdes Gangbildes konnte durch die Mess-methode zum Teil
bestätigt werden.Die von den Eltern geschilderten teil-weise sehr
positiven Beobachtungenwie die Verbesserung der
Ausdauer,verbesserte Konzentration und die po-sitive Beeinflussung
der Sprache las-sen sich jedoch mit dem GAITRite-Sys-tem nicht
objektivieren. ]
● ● Anschrift für die Verfasser:Dr. Ulrich HafkemeyerKlinik und
Poliklinik für Technische OrthopädieRobert-Koch-Straße 3048149
Münster
Aus: Orthopädieschuhtechnik Sonderheft Einlagen;Mai 2004, Seite
64–65
LiteraturBrinckmann P. (1981) Die Richtung der Fußlängsach-se
beim Gehen. Z Orthop 119: 445–448Chodera J.D., Levell R.W. (1973)
Foot Print Patternduring walking in Kennedy, Ed: Perspectives in
Bio-med. Engineering. Pp 81–90Hafkemeyer U., Möller M., Wetz H.H.
(2002) Affe-renzverstärkende (propriozeptive) Einlagen. OT
6:518–521Hafkemeyer U., Poppenborg D., Drerup B., Möller M.,Wetz
H.H. (2002) Improvements of Gait in paraple-gic patients using
proprioceptive insoles. Gait andPosture, Volume 16, Supplement 1,
157–158. ISSN0966-6362Mommsen F. (1933) Die Änderung des
menschlichenGanges unter der Einwirkung orthopädischer
Hilfs-mittel. Verhandlungen der deutschen orthopädi-schen
Gesellschaft. 27. Kongress der deutschen or-thopädischen
Gesellschaft in Mannheim, 271 ff.
Beispiel einer afferenzstimulierenden Einlage
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Die postoperative Versorgung vonKindern mit ICP befindet sich in
ei-nem stetigen Wandel. Waren vorJahren lange Zeiten der
Immobilisa-
tion die Regel, so gibt es heutzutageimmer mehr Zentren, die auf
eine früh-funktionelle Nachbehandlung setzen.Dies trägt dem Prinzip
Rechnung, dassbei Kindern mit infantiler Cerebralpa-rese primär
nicht die Statik, sondernim Wesentlichen die Funktion gestörtist
und verbessert werden soll. Erst se-kundär entwickeln sich durch
die feh-lende Funktion Probleme in der Statik.
Im Zentrum für Kinderorthopädieim Orthozentrum München
versuchenwir dieses Prinzip der Funktionsverbes-serung durch
frühfunktionelle Nachbe-handlung in der postoperativen
Phasekonsequent in allen Bereichen umzu-setzen. Wichtig ist für uns
deshalb,schon bei der Operationsplanung Ver-fahren zu wählen, die
eine sofortigeoder frühe Belastung erlauben.
Für die Behandlung von Fuß- undBeinproblemen vermeiden wir
deshalbmöglichst eine Ruhigstellung im zir-kulären Gips oder in
einer starren Or-these. Dies ist bei fortgeschrittenensekundären
Deformierungen des Fuß-skeletts aber leider manchmal
nichtmöglich.
Primäres Problem bei der Cerebral-parese ist die gestörte
zentrale Steue-rung der Muskulatur mit einer hierausfolgenden
muskulären Schwäche. Be-
sonders zwei- und mehrgelenkige Mus-keln zeigen im Weiteren eine
spasti-sche Tonuserhöhung, die neben dermuskulären Schwäche auf die
FunktionEinfluss nimmt. So entwickeln sichwährend des Wachstums
immer ausge-prägte Muskelungleichgewichte, diedie Entwicklung von
sekundären Mus-kelkontrakturen begünstigen. Tertiärkönnen darüber
hinaus Deformierun-gen des Fußskeletts entstehen. Durcheine
operative Behandlung sollen diesekundären Muskelkontrakturen
undeventuell die hierdurch bedingten ter-tiären knöchernen
Deformierungenkorrigiert werden.
Verkürzungen der Weichteile beste-hen immer bei ICP im Bereich
des Mus-kelbauches und nicht im Sehnenver-lauf. Sie werden am
besten durch eineintramuskuläre Verlängerung korri-giert. Durch den
gestörten Muskelzugverändert sich die Knochenform
imSkelettwachstum. Solche Veränderun-gen sollten durch
entsprechende Um-stellungsosteotomien normalisiertwerden (Evans,
Lambrinudi, Chevron,Akin). Alle vorhandenen Deformierun-gen sollten
im Interesse der Kinder aufeinmal operiert werden
(Multi-Level-Eingriffe).
Anschließend muss aber unbedingtversucht werden, die primär
gestörteSteuerung zu beeinflussen, sonst wirddas erreichte
OP-Ergebnis nur von kur-zer Dauer sein.
Afferenzstimulierung erhält und stabilisert KorrekturDie
zentrale Steuerung der Muskulaturist keine unveränderbare Größe,
son-dern unterliegt einer ständigen Beein-
Die Postoperative Versorgung mitafferenzstimulierenden Einlagen
beiICP und angeborenem KlumpfußP e t e r B e r n i u s : Durch eine
operative Behandlung bei ICP sollen Muskel-kontrakturen und
knöcherne Deformierungen korrigiert werden. Der
Einsatzafferenzstimulierender Einlagen nach der Operation zeigt
meist einen deutli-chen positiven Effekt auf die Tonusverhältnisse
der Muskulatur und trägt sowesentlich zum Erhalt und zur
Stabilisierung der Korrektur bei. Die Erfahrun-gen mit den Einlagen
haben auch dazu geführt, dass eine knöcherne Korrek-tur des
spastischen Spitz-Knick-Fußes im Rahmen des Ersteingriffes nur
nochselten durchgeführt wird.
flussung. Die Propriozeption spielt da-bei als ein
beeinflussbarer Faktor mit.Seit Jahren wird dies
unterschiedlicherfolgreich mit speziellen Fußbettun-gen in Einlagen
und Orthesen durchge-führt. Zeigen Kinder mit ICP bei Steh-und
Laufbeginn eine rein tonischeSpitzfußhaltung unter Belastung,
sokann dies mit entsprechenden Einla-gen in der Regel völlig
korrigiert wer-den. Sind die später sich entwickeln-den
Kontrakturen durch Operation be-seitigt, haben wir wieder die
Situationerreicht, dass passiv freie Beweglich-keit besteht. Dann
ist auch wieder derEinsatz der Einlagen sinnvoll. Postope-rativ ist
die fußstabilisierende Musku-latur meist sehr geschwächt, so
dassnur durch eine kräftige Stimulation dieMuskulatur ausreichend
wirken kann.
Bei Kindern mit ICP vom Typ einerTetraparese überwiegt die Zahl
derKnickfüße, bei Hemiparesen dagegendie Klumpfußfehlhaltung. Bei
überwie-gender Schwäche des M. tibialis pos-terior ist eine
Aktivierung über einekräftige Sustentaculumstütze mitDruck auf das
Retinaculum flexorumnotwendig. Bei fehlender Fußaußen-randhebung
benötigen die Füße eineStimulation der peronealen Muskulaturdurch
einen Pronationskeil mit Druckauf die Peronealsehnenscheide.
In der postoperativen Phase führenwir bei reinen
Weichteil-Operationeneine Ruhigstellung im zirkulären
Soft-castverband für 5 Tage durch. Direkthiernach wäre eine
Einlagenfertigungwünschenswert. Aufgrund der heuteschwierigen
Finanzlage der gesetzli-chen Krankenkassen gestaltet sich
dieGenehmigung jedoch sehr schwierig.Es vergehen mindestens vier,
häufigauch mehr Wochen bis zum Erhalt derKostenübernahmezusage. In
dieserZeit tragen unsere Patienten semi-rigide abnehmbare
Unterschenkel-schienen bei deutlicher Muskel-schwäche und
Instabilität der Fußwur-zelgelenke oder
knöchelübergreifendeTherapieschuhe bei geringer Instabi-lität.
[SENSOMOTORIKGrundlagen
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SENSOMOTORIK] ICP
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Indikation für Einlagen wurde erweitertIn der Vergangenheit ohne
afferenz-stimulierende Einlagen haben wirhäufig gesehen, dass die
präoperati-ve Muskelimbalance sich mit demnächsten Wachstumsschub
wiedereinstellt. Zu Beginn des Einsatzesvon afferenzstimulierenden
Einlagennutzten wir sie besonders beim aus-schließlichen tonischen
Spitzfuß undbeim leichten Knickfuß. Bei schwerenInstabilitäten
stabilisierten wir mitSprunggelenksorthesen.
Durch die unerwartet guten Erfah-rungen sind wir aber dazu
übergegan-gen, auch schwerere Instabilitätenmit Einlagen zu
versorgen. Dabei istes erforderlich die Pelotten entspre-chend dem
Grad der Muskelschwächezu erhöhen. Auch bei extremen Pelot-ten bis
über 3 cm Höhe sahen wir da-bei keine Druckprobleme, solange
diePositionierung richtig gewählt war.
Doch gilt im gleichen Maß wie beider Orthesenversorgung: „Die
mögli-che Korrektur durch das Hilfsmittelist niemals größer als die
manuelleKorrigierbarkeit durch den untersu-chenden Arzt.“ Dieser
Grundsatz wirdleider immer wieder missachtet. Dieoperative
Behandlung muss deshalbunbedingt physiologische Beweglich-keit in
den Gelenken erreichen.
Bei Kindern mit ICP sollte dabeiimmer die Gesamtbewegung der
Bei-ne beachtet werden. Operationen dienur die Füße korrigieren,
Kontraktu-ren an Knie und Hüften und Achsfeh-ler der Beine aber
belassen, werdenniemals zu einem Erfolg führen.
Seit Ende 2002 haben wir im Zen-trum für Kinderorthopädie im
Ortho-zentrum München über 300 Kindermit ICP meist in Form von
Multi-Le-vel-Operationen behandelt und post-operativ mit
afferenzstimulierendenEinlagen versorgt. Die Auslieferungerfolgte
meist zwischen der sechstenund achten Woche postoperativ. Die
Akzeptanz der Einlagen von Seitender Kinder war sehr gut.
Weniger alsfünf Prozent klagten über die ersteWoche hinaus über
Druckprobleme. Indiesen Fällen musste in der Regel
dieSustentakulumstütze erhöht werden.Nur in wenigen Fällen musste
eine zuweit vorne unter dem Taluskopfsitzende Pelotte nach hinten
unterdas Sustentakulum rückversetzt wer-den.
Knöcherne Korrekturen seltener nötigIn der Langzeitkontrolle von
inzwi-schen etwa 200 Kindern über ein hal-bes Jahr nach Operation
zeigte sich ei-ne bessere muskuläre Stabilisierung inüber 50
Prozent auch im Barfußstand.
Durch diese sehr positiven Erfah-rungen haben wir unser
Behandlungs-konzept geändert und führen eineknöcherne Korrektur des
spastischenSpitz-Knick-Fußes im Rahmen des Erst-eingriffes nur noch
selten durch.
Heute korrigieren wir primär dieWadenmuskelverkürzung im
Rahmeneines meist Multi-Level-Weichteil-OP-Programms und versorgen
den Knick-fuß mit einer supinierenden Einlage.Nur wenn sich der
Rückfuß hierunternicht innerhalb eines Jahres stabili-siert und
aktiv aufrichtet, überdenkenwir die Indikation zur
Calcaneusver-längerung nach Evans erneut.
Afferenzstimulierende Einlagenauch nach KlumpfußoperationAuch
die Behandlung des kongenitalenKlumpfußes hat in den letzten
Jahreneinen erheblichen Wandel erfahren zumehr Funktion und
Bewegung. Diesbegann mit einer Änderung der prä-operativen
Redressionsbehandlung inRichtung Dimeglio-Methode. Auch
diepostoperative Gipsruhigstellung wurdeverkürzt und teilweise
verlassen.
Die operative Behandlung des an-geborenen Klumpfußes umfasst
unab-hängig vom Ausmaß der Deformierungeine Lösung des oberen und
unterenSprunggelenks von dorsal, dorsomedialund peritalar im Rahmen
der Primär-operation. Bei Rezidiveingriffen werdenbereits
eingetretene Sekundärdefor-mierungen der Knochen
gegebenenfallsmitkorrigiert (Kuboidkeilentnahme, auf-klappende
Cuneiforme-Osteotomie,Dwyerosteotomie).
In der Einlagen- und Orthesenver-sorgung versuchen wir ebenfalls
kon-
sequent mehr „richtige Bewegung“ zu-zulassen, indem wir seit
Ende 2002starre, Bewegung behindernde 3-Punkt-Einlagen zu Gunsten
afferenz-stimulierender Einlagen ausgetauschthaben, entsprechend
dem orthopädi-schen Grundprinzip „Form followsFunction“. Durch eine
Einschränkungder Abrollfunktion müssen wir dem-nach unser eigenes
Rezidiv provozie-ren. Nach anfänglicher Skepsis sind wirinzwischen
von diesem Prinzip selbstüberzeugt.
Seit Ende 2002 haben wir 15 Kindernach primärer und 25 Kinder
nach se-kundärer Klumpfuß-OP mit afferenzsti-mulierenden Einlagen
versorgt. Im Ge-gensatz zu herkömmlichen 3-Backen-Einlagen hat sich
hierunter die passiveBeweglichkeit im Verlauf über mindes-tens 6
Monate signifikant gebessertund das klinische Abrollbild nach
sub-jektiver Beurteilung durch die Elternund betreuenden
Therapeuten verbes-sert.
ZusammenfassungDer Einsatz afferenzstimulierender Ein-lagen
zeigt bei Kindern mit ICP meisteinen deutlichen positiven Effekt
aufdie Tonusverhältnisse der Muskulatur,solange keine wesentlichen
sekun-dären und tertiären Deformitäten vor-liegen. Ihre Akzeptanz
bei den Kindernist fast immer besser als die starrer Or-thesen.
Nach operativer Behandlung vonSekundär- und
Tertiärveränderungenwurden bisher meist starre Ortheseneingesetzt.
Unsere Erfahrungen mit af-ferenzstimulierenden Einlagen gebenAnlass
zu der Vermutung, dass eine dy-namische, muskelaktivierende
Versor-gung mindestens gleichwertig, wennnicht sogar überlegen ist.
Durch ran-domierte Studien sollte dies in Zukunfthinterfragt
werden. ]
Aus: Orthopädieschuhtechnik Sonderheft Einlagen;Mai 2004, Seite
50–54, 66–68
● ● Anschrift des Verfassers:Dr. Peter BerniusChefarztZentrum
für KinderorthopädieOrthozentrum MünchenHarlachinger Str. 5181547
München
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