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„Solaris“. Die Zukunft der Erinnerung im All

Mar 28, 2023

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schen einer roten und einer blauen Sonne kreist oder taumelt und der eben dieses merkwürdig bewegte Plasma aufweist, aus dem dann immer wieder glä-serne Symmetriaden aufsteigen, Riesenkonstruk-tionen, die bewusste Turbulenzen und unbewusste Perturbationen ausdrücken …, Lem sagt nicht, die-ser Planet Solaris sei ein Riesenhirn, so ein interpla-netarischer Yogi. Das lässt er vielmehr Exponenten der sogenannten «Solaristik» so erklären. Das heisst: Er macht eine wissenschaftliche Kontroverse daraus. Lem stellt fest, die einen – die Astronauten und die Physiker – würden behaupten, es sei so, Solaris müs-se irgendwie eine Art grosses Gehirn sein, der ganze Ozean würde eben wie ein zerebrales Gesamtsystem arbeiten und hätte deswegen diese verrückten Träume, die auch Raumschiffe in der Anflugschneise zum Ab-sturz bringen könnten, während die Biologen hier et-was ganz anderes am Werke sähen, nämlich einen gi-gantischen Organisationsverbund, einen fluiden Ko-loss, «eine einzige monströs auseinandergewachsene flüssige Zelle». So bringt er dauernd die Kontrover-sen dieser seltsamen Solaristik ins Spiel und macht oder persifliert Wissenschaftsgeschichte. Für ihn ist Solaris eine Parabel, eine spannende Herausforde-rung für den Menschen, die sowohl Erkenntnischan-cen und peak experience als auch Leiden und tragische Konflikte in sich birgt.

Nun, Tarkovskij hatte da was ganz anderes vor. Er inszeniert «Solaris» als moralischen Grundkon-flikt des Menschen. Auf der einen Seite die ethische Entropie, dieses Leerlaufen der moralischen An-strengungen der Menschheit, dieses Dissipieren der menschlichen Ethik in zahllosen unlösbaren Situati-onen – und auf der anderen Seite die spirituelle As-piration des Menschen, die das Subjekt immer wieder über sich hinaustreibt und es eventuell auch scheitern lässt. Dies alles aufgezeigt am Fallbeispiel der Lie-be, wo sich dieser Grundkonflikt ganz besonders ek-latant verdichtet. Als Lem in Moskau eintrifft, kommt es aufgrund dieser Divergenz der Grundansichten zu harten Auseinandersetzungen. Tarkowskij zeigt sich starrköpfig, Lem beibt halsstarrig, Lem droht mit dem Entzug der Verfilmungsrechte, und Tarkowskij erklärt, Lem habe sein eigenes Buch überhaupt nicht verstanden. Letzterer wirft wiederum Tarkowskij vor, er tauche seine Helden in eine emotionale Sauce und amputiere die wissenschaftliche Selbstreflexion, die doch im Buch so wichtig sei. Lem stellt die Lage im Rückblick so dar: Eigentlich waren wir wie zwei Pferde, die in zwei verschiedene Richtungen gezogen haben. Als Lem realisierte, als er verstand, dass Tar-kowskij weder verstehen konnte noch wollte, reiste er nach drei Wochen unverrichteter Dinge ab. Sein Kom-mentar war: Das ist nun nicht mehr «Solaris», son-dern das ist Crime & Punishment à la Russe. So blieb ein Werk, oder es entstand ein Werk, das vor allem die Schönheiten der Erde feiert, und das auf tech-nische Gimmicks, wie sie in vielen Science-Fiction-Filmen stilprägend waren, fast gänzlich verzichtete. Tarkowskji setzte auf simulierte Weltraumtechnologie im Lowbudget-Bereich.

Meine eigene eingefleischte Präferenz für Stani-slaw Lems Buch musste sich also zunächst etwas zu-rückbilden, ich musste lernen, den Film abzukop-peln von diesem hochtechnologischen Erwartungs-druck, der das ganze Science-Fiction-Genre prägt. Als ich das hinter mir hatte, offenbarte sich die Po-esie der Einstellungen, es zeigten sich diese merk-würdig perfekten Bilder, diese Rhythmen der ästhe-tischen Inszenierung, und das gibt so ein neues Ge-fühl für Formvollendung, auch eine Sensibilität, eine Zugänglichkeit, die ziemlich weit weg ist von den auf-geregten Inszenierungen von High-Tech-Science-Fic-tion, in denen Action vorherrscht und in denen man eigentlich gar nicht zum Nachdenken kommt.

«Solaris» ist als Film ein einziger grosser Zwi-schenraum, und ich möchte zum Schluss meiner Mei-nungsäusserung zwei Punkte hervorheben, die mir besonders wichtig erscheinen. Der eine: Es geht in diesem Film auch um die Kommunikation im Kos-mos. Die Wissenschaftler auf der Solaris-Raumstati-on werden vom neuen Besucher in einem elendiglich heruntergekommenen Zustand angetroffen – die gan-ze Technik ist in Auflösung begriffen (man könnte das als Metapher für die damalige Sowjetunion sehen). Diese Wissenschaftler werden irrsinnig, sie drehen durch, weil sie als Wissenschaftler – als Kybernetiker, Physiologen, als Astrobiologen – unfähig sind, über das unerklärlich Mysteriöse zu kommunizieren. Sie stufen den Einbruch desselben als persönliches Ver-sagen, als individuelles Defizit ein, das man um der eigenen Reputation, des eigenen Selbstwertgefühls willen verstecken, irgendwie geheim halten muss. So schaut man dann als Zuschauer in einen Raum und sieht plötzlich in der Hängematte ein Ohr herauslu-gen, oder ein kretines Wesen, das unversehens auf-taucht und wieder wegspringt. Die menschlichen Be-wohner versuchen krampfhaft zu verhindern, dass das jemand sieht. Sie sind unfähig, darüber zu kommu-nizieren, dass hier etwas Ausserordentliches passiert. Würden sie es tun, so hätten sie ein enorm interes-santes Forschungsobjekt vor sich, sie könnten ohne weiteres Nachforschungen anstellen, aber sie fressen das lieber in sich hinein und bringen sich damit um. Das Eingeständnis, dass hier etwas Merkwürdiges im Gange ist, wird als schroffer Gegensatz zur Wis-senschaft aufgefasst. Weil sie also nicht darüber kom-munizieren können, versinken sie langsam im Irr-sinn. Das ist Ausdruck der allgemeinen Unfähigkeit des Menschen, sich mit sich selbst zu befassen und sich in ein menschliches Selbstverhältnis zu setzen. Wissenschaft wird dann zu einer Art Objektivierungs-surrogat, und diese Wissenschaftler führen uns beredt – oder eben filmgewandt – vor, wo das enden kann – nicht nur auf einer Raumstation.

Der zweite Punkt führt nochmals zurück zum So-laris-Ozean als einem responsiven Riesenorganismus. Den Wissenschaftlern auf der Raumstation erscheint er als ein adaptives Monster, das sich mit seinen Neu-tronen-Emanationen die Wunschbilder und die Hor-rorfiktionen von Menschen aneignet, sie materiali-siert, und so die Menschen wiederum damit konfron-tiert. Man könnte sagen, dass diese Menschen über den Solaris-Ozean und seine plastischen Fähigkeiten mit ihrer eigenen Erinnerungswelt, mit ihrem emoti-onalen Gedächtnis konfrontiert werden. Diese Phan-tasmata werden auch als «Matrix» bezeichnet (viel-leicht hat «Matrix» den einprägsamen Filmtitel hier abgekupfert). Es geht – noch mehr bei Tarkowskij als bei Lem – nicht um den Schutz vor einer technischen Population, um die Ausschaltung realer Replikanten, die mit einer Art Turing-Test überführt und dann eli-miniert werden können (wie das in «Blade Runner» so hervorragend gezeigt wird; der Film lief vor zwei Wo-chen hier im Haus und wurde kommentiert). Es geht, mit anderen Worten, nicht um die Kontrolle des Aus-sen, um die Abwehr einer Gefahr, die in der Gesell-schaft lokalisiert ist, sondern «Solaris» zielt auf die innere Welt des Menschen, es bilden sich hier flucht-perspektivische Bewusstseinskaskaden, in denen Ein-bildungen nisten, die ein eigenes Leben zu führen be-ginnen und die eben den Menschen aus sich selbst he-raus mit sich selbst konfrontieren. Das heisst, es geht letztlich – und jetzt bin ich beim wichtigsten Anlie-gen des Films – um die Erinnerung. Für Tarkowskj ist das, was Menschen ausmacht eben ihre emotionale Gedächtniskultur, ihre Erinnerungen, die sie immer wieder einholen. Und deswegen müssen diese Men-schen – wenn sie denn schon von der Erde kommen, was wir ja immer noch alle tun – auch immer wieder in diese irdischen Zustände zurückkehren. Und des-

«Solaris» Die Zukunft der Erinnerung im All

vonJakob Tanner

Ich hole nun keinen Vortrag aus der Tasche, sondern formuliere eine Meinung zu diesem Film, der heute auf dem Programm steht und der bei mir nachhaltige Eindrücke hinterliess. Diese waren bezogen auf be-reits bestehende Solaris-Bilder, die auf die Lektüre des Science-Fiction-Romans von Stanislaw Lem zu-rückgingen. Dieses Opus kam 1968 heraus. Ein paar Jahre später erschien eine deutsche Übersetzung. Wer zu lesen beginnt, wird Zeuge eines Anflugs auf einen seltsamen Planeten, der sich vor der Luke der Kap-sel «riesig, flach» ausbreitet. Kaum ist «der Neue», Kris Kelvin, gelandet, entfaltet die merkwürdige Ge-schichte in den halluzinatorischen Zwischenräumen der Wirklichkeit, die mich, ohne Raumanzug, bloss mit dem kleinen Buch bewaffnet, irriterte und zuneh-mend fesselte. 1972 hat Andrej Tarkowskij aus die-ser ihm emotional nahen Sci-Fi-Vorlage einen Film gedreht, von dem ich dann zunächst nur hörte und den ich mir auch dann, als er Ende der 70er-Jahre in westlichen Ländern gezeigt wurde, gar nicht an-sehen wollte, weil ich vom phantastisch leichten und schwebenden Text Lems so begeistert war, dass ich mir ein mentales «Grounding» ersparten wollte, ging dem Werk des russischen Regisseurs doch der durch einige Filmvisionen – insbesondere «Stalker» – be-stätigte Ruf voraus, es sei ziemlich schwer, etwas my-stisch und eine Antithese zur technikgläubigen Ero-berung des Weltraums.

Jahre später sah ich ein Foto, das mir in Erinne-rung blieb. Es zeigt Andrej Tarkowskij zusammen mit den Hauptdarstellern dieses Films auf dem Filmfe-stival in Cannes – alle sind modisch gestylt, irgend-wie glücklich über den Erfolg des Films, perfekt auf-gehoben in der smarten Atmosphäre. Hier zeigte sich für mich eine neue Facette eines sonst schwierig fass-baren Regisseurs. Was ich von Tarkowskij wusste, rief gemischte Gefühle hervor: der Genietyp, von der Aus-bildung her Arabist und Geologe, der mit sechsund-zwanzig einen Kurzfilm («The Killers») drehte und der egomanisch arbeitende, permanent an den Fingernä-geln kauende Künstler des bewegten Bildes, der wäh-rend des Filmens auch immer wieder die kleinsten Details zurechtrückte, bis seiner Ansicht nach einfach alles wirklich stimmte. Es verfestigte sich das Bild eines Regisseurs moralisch tiefgründiger, ästhetisch zerklüfteter Filme, die eine Tendenz haben, nicht auf-hören zu wollen. Tarkowskij sagte von sich, ohne die Möglichkeit, solche langen und langweiligen Werke zu

machen, würde er sich gleich erschiessen. Das ist in-direkt überliefert; ich habe es von Natalja Bondart-schuk, der Hauptdarstellerin, die das Traumphan-tom Hari spielt. Sie erwähnt das in einer Retrospek-tive, in einer persönlichen Erinnerung an den Film, und Tarkowskij hätte dabei nur gescherzt. Sie erwähnt auch, «Solaris» habe auf dem Filmfestival in Cannes 1972 nicht nur den zweitwichtigsten Preis, sondern auch den Catholic Church Price gewonnen, so dass Tarkowskij finanzielle Mittel aus dem Vatikan bezie-hen konnte, was nicht nur in der Sowjetunion, son-dern auch anderswo peinlichst verschwiegen wur-de, und ich selber muss auch sagen, dass diese Infor-mation damals nicht geeignet war, mein Interesse an Tarkovskij zu stärken.

1986 starb Tarkowskij überraschend an Krebs. Er blieb post mortem eine enigmatische Figur, auch für mich, und es brauchte eine intensive Annäherungsar-beit und Reflexionsenergie, bis er nun zu meinem Sci-Fi-Favorite geworden ist. «Solaris» bleibt für mich al-lerdings ein zwischen unterschiedlichen Medien os-zillierendes Opus. Ich kann den Film nicht ohne seine Vergangenheit, ohne seine Vorlage, ohne multimedi-ale Überblendungen sehen. Zuerst las ich, wie gesagt und wie die meisten, die sich für solche Sachen inte-ressieren, das Buch, wurde dann aber den Film, der von diesem Buch handelt, auch nicht mehr los.

Was als eine Symbiose zwischen einem filmischen und einem literarischen Werk aussehen könnte, wur-de allerdings anfänglich als handfester Krach zwi-schen den beiden Protagonisten ausgetragen. Irgend-wann hatte Tarkowskij die Idee, man könnte «Solaris» auf die Leinwand bringen, und als Lem davon hörte und das Vorhaben realisierte, reiste er zu Tarkowskji nach Moskau. Er war hocherfreut und gleichzeitig et-was besorgt, weil sein Gesprächspartner für düstere Visionen bekannt war. Es war sein Plan, den Regisseur etwas aufzuhellen.

Lem verfügte über Erfahrungen mit Science-Fic-tion. Er beherrschte das Spiel mit wissenschaftstheo-retischen Positionen. Sein Ozean ist ein Chamäleon, mit dem sich die Menschen immer wieder neu und immer wieder vergeblich auseinandersetzen, ohne dass es ihnen gelänge, «auch nur ein Fädchen der Ver-ständigung anzuknüpfen». Er schildert «die schwar-ze Weite des Ozeans und den leeren Himmel darüber», an dem sich in bestimmten Momenten «ein blendend heftiger Kampf harter, metallisch erglühter, giftiges Grün sprühender Farben gegen gedämpfte, stumpfe Flammen aus Purpur» beobachten lässt. Die phanta-stische Schilderung des Phänomens geht einher mit einem Wechsel der Positionen. Lem sagt nicht, das ozeanische Gebilde auf diesem Planeten, der zwi-

«Solaris» (Andrej Tarkowskij, UdSSR 1972)

Nach dem Roman von Stanislaw LemMit Donatas Banionis, Natalja Bondartschuk, Nikolaj Grinko, Jurij Jarwet u.a.

Buch: Friedrich Gorenstein, Andrej TarkowskijKamera: Wadim Jussow

Musik: Eduard Artemjew, nach Johann Sebastian BachSchnitt: Ljudmila Fejginowa

Ein Psychologe wird zum Planeten Solaris geschickt, um unerklärlichen Vorkomm-nissen auf der dortigen Forschungsstation nachzuspüren. Die Konfrontation mit einer absolut fremden Lebensform (der gesamte Planet spiegelt als kollektives Bewusstsein die Erinnerungen, Ängste und Wünsche der Raumfahrer zurück) wird für die Besatzung des Raumschiffs zur metaphysischen Reise in die Innenwelt ih-rer eigenen Kultur. Nach dem Science-Fiction-Roman von Stanislaw Lem erzählt Tarkowskij eine philosophische Fabel, die um die abendländischen Ideen von Tod, Liebe und Auferstehung kreist. Ein brillant inszenierter, äusserst reicher und viel-schichtiger Film, der, im Gewand einer technischen Utopie, die Hybris traditio-nellen Fortschrittsglaubens in Frage stellt.(Lexikon des internationalen Films)

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wegen handelt der Film auch so lange von der Erde, bevor er dann – endlich – in den Raum abhebt. Des-halb zum Schluss: Welcome back zu fast drei Stunden

entschleunigter Filmvorführung, in diesem Hause, ab halb neun. Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

Jakob Tanner, Professor für Geschichte am Historischen Seminar der Universität Zürich sowie Fellow am Collegium Helveticum. Veröffentlichungen und Forschungsprojekte unter: http://www.fsw.unizh.ch/site.html

Benjamin Roffler und Arndt Watzlawik studieren Visuelle Kommunikation an der Hochschule für Ge-staltung und Kunst Zürich (hgkz)

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gerufen werden können von einer transzendentalen Plattform, sodass es dann klar ist, wohin die Reise geht. Dieses Experimentieren der Menschen mit sich selber steckt da sehr drin, glaube ich, und mir ist beim Revisionieren gestern einfach aufgefallen, wie stark das Subscript des Films ist. Ich würde mal sagen: das Subscript, das Tarkowskij nicht beherrschte.

Nicole Müller: Was meinen Sie damit? Jakob Tanner: Tarkowskij hatte eine sehr de-

zidierte Meinung, was er will mit dem Film, worauf er hinaus will, was seine Botschaften sind, und wenn er darüber sprach, dann tönte das immer, ich würde mal sagen: hochgestochen. Es geht immer um diesen moralischen Grundkonflikt des Menschen und dieses Nicht-Aushalten-Können der Selbstkonfrontation. Wenn man das jetzt zum Beispiel durchschaut auf Männer- und Frauenrollen hin, dann hat er begriffen, was er da inszeniert, würde ich mal sagen. Wenn man das durchschaut auf eine Reflexion auf das Verhältnis von Wissenschaft und Gesellschaft hin, dann hat er da etwas vorweggenommen, etwas anreflektiert in dem Film, was wir heute sehr viel bewusster ausdrücken können. Die gesellschaftliche Rolle von Wissenschaft in Bezug auf das Sprechen über das, worüber wir ei-gentlich noch gar nicht sprechen können, was wir erst lernen müssen – also diese Abbruchstellen des über-haupt Verstehenkönnens, die reflektiert er im Film, aber vielleicht ohne, dass er das so einfach gewollt hat. Ich denke, diese Dimension im Film ist meines Erachtens enorm stark.

Moderator [Gerd Folkers] : Ich find das interessant, dass in beiden Referaten der Katholizis-mus irgendwo eine kleine Rolle gespielt hat, und es wundert mich nicht, dass der Vatikan diesen Film ge-fördert hat. Er tut seit ungefähr eintausendfünfhun-dert Jahren vernünftige Dinge, was Wissenschaftsför-derung anbelangt. Sehr weitsichtig. Dies nur «by the way». Mit dieser Wissenschafts- ... – ich weiss nicht, soll ich das Wissenschaftskritik nennen oder Wissen-schaftssystemkritik, die da gerade angeklungen ist ? – ... könnte man diese Wissenschaftskritik herun-terbrechen auf eine ganz einfache zynische oder sar-kastische Darstellung von gesteuerter Wissenschaft? – Wenn ich sehe, wie der Pilot oder der Raumfahrer vor einem Gremium darüber berichtet, was er gesehen hat, und wie das diskutiert wird, was nicht sein darf, was nicht sein kann; wie dort Hypothesen durchge-setzt werden – das scheint mir nicht nur eine Kri-tik der damaligen Zustände in der Sowjetunion zu sein. Es erinnert mich an meine eigenen Vorträge, an Professorenwahlgremien, es ist eine generelle Be-standsaufnahme über die Wechselwirkung zwischen Wissenschaft und Hypothesenbildung und auch über die Durchsetzung von Wissenschaft [...] gegenüber der Gesellschaft. Auch die Bezüge dann zu diesem famili-ären Umfeld, was man ganz am Anfang gesehen hat ...

Nicole Müller: Alles sehr, sehr grosse Fra-gen. Es ist auch sehr interessant zu sehen, wie die abstrakten Begriffe bemüht werden und das Einzel-ne verschwindet. Eigentlich erstaunt es mich, dass Sie quasi den Konflikt von Wissen und Nichtwissen ansprechen. Für mich ist es viel eher ein moralischer Konflikt: Was muss ich opfern um mehr Wissen zu erlangen? – Das Einzelne wird ja gewissermassen geopfert im Namen einer übergreifenden Idee. Der Pilot darf eigentlich seine Geschichte nicht erzählen, es bleibt die Geschichte eines Einzelnen, dem man nicht glaubt, weil man offensichtlich auf etwas stösst, was man nicht verstehen kann und was man dennoch verstehen will unter bewusster Inkaufnahme eines Menschenopfers. Der ist ja ein gebrochener Mann, weil ihm niemand glaubt. Und ich glaube, da sehen Sie natürlich einen ganz wichtigen Zusammenhang: Die ganzen Machtsysteme, zu denen natürlich auch das akademische System gehört, erlauben eben ein gewisses Leben oder verbieten es.

Moderator: Und wir setzen uns auseinander mit etwas, was wir als Lebensform oder als Intelli-genzform oder als Organisationsform in unserem Wis-senschaftsgebäude nicht in irgendeiner Form etabliert haben, was so vollkommen fremd ist, dass wir’s nicht einmal bezeichnen können.

Jakob Tanner: [...] Irgendwo stimmt hier was nicht. Es gibt diese Filmvorführung, wo Brent, [der Pilot], von etwas berichtet, was man auf dem Bild überhaupt nicht sieht. Er erzählt zum Beispiel, was er da gesehen hat in diesem Solaris-Ozean und auf dem Film sieht man einfach Grau. Es ist nichts zu sehen, ergo besteht diese Unwissenheit fort. Und Kris Kelvin, der auf der Erde gescheitert ist, geht dann zur Solaris[-Raumstation], um die Sache auf-zuklären, weil er da wieder eine Rolle findet, weil er da Professionalität ausleben kann, Expertise zur Anwendung bringen, weil er den Fall lösen will, der aus dem Ruder läuft, und kaum ist er da, ereilt ihn sozusagen seine alte Erinnerung, sie materialisiert sich, und dann kommen diese Prozesse in Gang. Wenn ich jetzt sage, das ist eine Geschichte von Wissen und Nichtwissen, versuche ich, ein Subscript zu erzählen, und ich nehme dann auf eine bestimmte Weise Tar-kowskij nicht ganz ernst, der vielleicht geglaubt hat, er erzähle schon das Subscript, indem er das sozu-sagen als moralische Parabel inszeniert. Man kann aber jede Geschichte anders erzählen, und das ist für mich eine ganz wichtige Sache: Wer Filme am Leben erhalten will, muss sie immer wieder anders erzählen. Wenn man mal die [endgültige] Version, die Botschaft dieses Films gefunden hat, dann ist er abgehakt, dann wird er das nächste Jahrzehnt nicht überleben. Nur wenn es sozusagen etwas gibt an dem Film, was von der heutigen Debatte her wiederum eine Irritation auslöst, also nur, wenn man dem Film eigentlich un-treu wird, kann man ihn wirklich über die Runden bringen. [...] Und von daher versuche ich, irgendwas da rein zu projizieren, von dem ich glaube, dass es heute ein Riesenproblem ist und dass der Film es uns auf eine spannende Weise zeigt, sofern wir ihn denn auch so betrachten wollten.

Moderator: Die Wiedererzählung des [Remakes] mit George Clooney ...

Simon Spiegel: [Die Wissenschaftskritik] ist im Roman von Stanislaw Lem sehr viel expliziter, weil es dort wirklich um den anthropomorphen Charakter von Naturwissenschaft geht: dass wir, selbst wenn wir irgendwo ins All hinausgehen, eigentlich immer nur uns selbst finden. Es heisst an einer Stelle im Roman: Wir suchen fremde Welten, und eigentlich können wir immer nur die Erde wiederfinden. Und ich glaube, dass Tarkowskij dieses Thema eigentlich nicht sehr interessiert und dass er daraus sehr viel mehr eine mystische Selbsterkenntnis macht. Oder eine Suche nach Selbsterkenntnis. Und es ist ja auch kein Zufall, dass die Figuren im Roman sehr viel platter bleiben, dass das Innenleben dieser Figuren sehr viel unwich-tiger ist als im Film. Und auch dieses Ende, als Kelvin dann vor seinem Vater in die Knie geht, das sehe ich eigentlich mehr als Ankunft von seiner Reise und sei-ner Selbsterkenntnis. Was die genau bedeutet, weiss ich auch nicht, da geht’s mir ähnlich wie Ihnen, aber ich sehe hier wirklich zwei sehr verschiedene Aus-richtungen. [...]

Moderator: Das andere Problem, das ich noch hatte, ist, dass ein Teil des Films ein klassisches Zi-tat ist: Es hat ein Spielchen gegeben auf sehr frühen Computern, wo der Computer auf Fragen einer Person, die im gegenüber sitzt, mit Gegenfragen geantwortet hat. Und die Person hat die Vorstellung gehabt, dass dahinter verborgen ein Mensch sitzt, der sich mit dem beschäftigt, was ihn wirklich angeht. [Von der Programmierung her] ist es die vollkommen triviale Funktion einer Spiegelung: [...] Wenn zum Beispiel die Frage war: Weshalb verdiene ich so wenig Geld?,

Durchlässigkeit als HeldentumBemerkungen zu Andrei Tarkowskijs Film

«Solaris»Nicole Müller

Was also sagt mir dieser Film, der in die Kinos gekom-men ist, da war ich zehn und meine Eltern stritten sich. Wir haben uns in letzter Zeit häufig gestritten, sagt Kris und man denkt: Hätten sie nur. Denn es wird ja gerade nicht gestritten, sondern nur geschwiegen, hartnäckig und männlich. Was gesagt werden müsste, wird nicht gesagt. Es wird immer nur angekündigt, dass es gesagt werden wird. Die Sprache findet nicht statt. Die Sprache ist ein leeres Versprechen, korro-diert vom rabiaten Mangel an gegenseitigem Vertrau-en. Kann ich dich später sprechen? Wir sehen uns spä-ter in der Bibliothek. Ruh dich aus, wir sprechen spä-ter darüber. Wie im Tempel der Königin Hatschepsut, wie in jener Erzählung von Ingeborg Bachmann, «Re-quiem für Fanny Goldmann», wo die abgeschlagenen Gesichter eben doch die Königin bezeichnen, wie dort bezeichnet Geschwätzigkeit die Leerstelle. Phra-sen statt magisches Wort, Pathosformeln statt leben-digem Sprechen. Das Wasser, trüb und unfassbar wie die Erkenntnis, die aus Tarkowskijs Film zu ziehen wäre, fliesst nicht. Statt dessen: Soldatenkörper. Ganz nah, ganz unvergangen. Abgerichtet zur Pflichterfül-lung. Der Krieg heisst jetzt Wissenschaft. Erforschung des Alls. Geopfert wird wie immer die Frau, geopfert wird wie immer der Bezug zum Einzelnen, also das Glück. Der tragische Mensch ist durch sein Verhältnis zum Allgemeinen bestimmt und Tarkowskijs Helden gehen alle in die Knie, weil sie überfordert sind vom Anspruch, die ganze Menschheit zu lieben statt eine einzelne Zicke im Kostüm von Winnetous Schwester. Das Gewesene durcharbeiten mit der Intensität eines Traumes, Randbemerkung: die Wolle. Diese Ponchos, in losen Batzen gehäkelt aus Acrylwolle, das Materi-al der Zeit. Ich habe das Knirschen noch in den Fin-gern, wenn man das Gehäkelte festzog mit der Häkel-nadel. Das Profane und das Sublime, sehr sehr be-nachbart wie in einer russischen Komunalka. Nchot-schi, Winnetous Schwester, deren ausführliches Ster-ben ein Millionenpublikum verzückte, trägt hier Le-der. An die Frau ist kein Herankommen. Man muss ihr die Kleider mit der Nagelschere vom Leib schneiden, aber macht man danach auch Liebe? «Sie verbringen ihre Tage im Bett», wirft der Hardcore-Wissenschaf-ter Sartorius Kris Kelvin vor. KK wie Kris Kristoferson,

Stickereien auf der Brusttasche des Schlafanzuges. Very cosy, aber die Liebe bleibt eine Behauptung, ge-vögelt wird nicht.Leerstellen, lauter Leerstellen.

Hari wird ihn gefragt haben: Liebst du mich? Und er, er wird geschwiegen haben wie mein Vater am Ess-tisch, wenn sich Mutter vor ihm aufbaute und sagte: Eines Tages packe ich die Koffer und verschwinde von hier. Das Wasser, das uns geboren hat, das Was-ser, das fliessen muss, um uns in die Welt zu stürzen, um uns anderen zuzutreiben, das Wasser fliesst nicht. Es kocht nur und wenn es kocht, gebiert es Frauen in Baby Dolls. Solche Baby Dolls habe ich geschenkt bekommen mit zehn zur ersten heiligen Kommuni-on oder zum Geburtstag. 1972, Tarkowskij im Kino, meine Eltern haben den Film nicht gesehen. Sie sa-hen «Drei Männer im Schnee» mit Heinz Rühmann, einfach köstlich. Man muss, schreibt Walter Benja-min, mit der Intensität eines Traumes das Gewesene durchmachen, um die Gegenwart als die Wachwelt zu erfahren, auf die der Traum sich bezieht. Baby Dolls also, die Frauen sind Gespenster, «des revenants» wie es auf Französisch heisst. Ständig kehren sie wieder, um den Männern qualvoll in Erinnerung zu rufen, was sie an sich selbst verloren haben. Wenn nur dieser Ozean kochen dürfte, ohne dass man ihn mit X-Rays bestrahlen müsste, wenn nur die Würde nicht gewahrt werden müsste, diese seltsame Würde, diese Starre der 70er Jahre. Bleierne Zeit, hölzerne Gesichter, Paraden, schneidende Fernsehstimmen, ungebrochen gerettet aus der Zeit der Vernichtung. Seltsam, wie im Nachhi-nein die Imagination der Zukunft eine Gegenwart so treulich zu bewahren versteht. Wir trinken flüssigen Sauerstoff aus Verzweiflung und: Weil uns sonst nichts übrigbleibt. Und wie Hari sterben wir, um in entstell-ter Ähnlichkeit als Gleiche wiedergeboren zu wer-den. Die Vergangenheit, so Christa Wolf, ist nicht tot. Sie ist nicht einmal vergangen. Die Erinnerung bleibt produktiv als gleissende Gegenwart.

Was sonst? Sonst nichts. Man sieht. Man ahnt. Zu viel Besprechung ist Fluch. «Le verbe n’a de force que lorsqu’il est vrai.» Mission Tarkovski accomplished. Die Schönheit vielleicht noch. Eines Mannes in Un-terhosen, verletzlich geworden durch die Mühen der Liebe, durch diese furchtbare Arbeit, von der man nie weiss, ob man sie für den anderen oder nicht doch für sich selbst leistet. Würde in Unterhosen. Selten im Film. Ein weich gewordenes Gesicht. Ein Mann, der weint. Es soll regnen.

Nicole Müller, * 1962, wurde bekannt mit ihrem Roman Denn das ist das Schreckliche an der Liebe, der 1992 erschien. Es folgten zwei weitere Romane und eine Biographie über Annemarie Schwarzenbach. Neben der Literatur Tätigkeit als Kommunikationsexpertin und konzeptionelle Beraterin für nam-hafte Schweizer Unternehmen. Dozententätigkeit an verschiedenen Fachhochschulen.

Diskussion (Auszüge)

Nicole Müller: Falls mir jemand im Publikum erklären könnte – ich weiss nicht, ob die meisten den Film gesehen haben – ... eine Sache die mir nicht klar geworden ist, ist die Schlussszene: dieser Kniefall vor dem Vater. Ich hatte eigentlich den Eindruck, dass der Held sich eher in Richtung Weiblichkeit oder Mütter-lichkeit oder Weichheit entwickelt, und dann hat mir eben dieser Kniefall vor dem Vater am Schluss nicht eingeleuchtet.

Diskutant : [...] Ich würde meinen, es ist dieser Trieb, diese Art Vatermordtrieb, der die Menschen, also die Söhne, immer weitertreibt in der Wissenschaft. Und wenn man sich klarmacht, dass der eigene Vater stirbt und so, dann ist dieser Trieb natürlich nicht mehr so vorhanden. Das heisst, wenn man älter ist, hat man einfach weniger von dieser Lust auf grosse [wis-senschaftliche Entdeckungen und Errungenschaften].

Und weil man weiss, dass sich die Wissenschaft immer weiter entwickelt und wir es nicht voraussehen können, dass sich aber fast gar nichts daran ändert, wie die Menschen wirklich leben, denke ich: Er kommt zurück und kommt grundsätzlich raus aus der Wissenschaft, hat dann aber eine andere Einstellung zum Leben.

Jakob Tanner: Ich finde, dass der Film im kal-ten Krieg häufig auch sehr polarisierend verstanden wurde. In Absetzung zu «2001 – A Space Odyssey» wur-de er sozusagen als russische Antwort, als technikkri-tische Distanzierung gegenüber diesem technikverses-senen Stanley Kubrick begriffen. Ich denke, diese Ent-gegensetzung funktioniert so nicht, weil die Frage, was Wissenschaft ist, auch bei Kubrick sozusagen in einer Weise gebrochen wurde, dass eben klar wird, dass Wis-senschaft immer etwas zu tun hat mit der Produktion, mit der Hervorbringung von Unwissen ... dieses Aus-haltenmüssen von Unsicherheit in einer Gesellschaft, die einfach keine Werte mehr hat, die irgendwie ab-

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> Underneath your dreamlit eyes shades of sleep have driven you awayThe moon is pale outside and you are far from hereBreathing shifts your careless head untroubled by the chaos of our livesAnother day another night has taken you again my dear ...- Dave Stewart & Annie Lennox, When Tomorrow Comes, 1986FEST JUNG HYPOTHESE ALLE ✶ REIN ALS SCHLACHT BEDEUTUNG THEORIE BAR FALSCH GANG KÜHN ] ÜBERZEUGEND SINNE FOLGERN AN UNGEORDNET LAND ZUNEHMEN VERKNÜPFT NUN GLAUBE STATISTISCH SYMMETRISCH UNORDNUNG HÄUFIG JE WENIG WEICH ZUKUNFT GAR EINWAND BETRACHTE FÜHRT ZUNÄCHST GENAU WIDER BEWUSSTSEIN DENEN RICHTUNG TIER FLUKTUATION GEBIETE SELTEN NEHMEN NENNEN WEICHEN WELTEN DIMENSIONEN EINZEL SUKZESS GELTEN GESETZ PFEIL SCHNITT HIRN MITTELPUNKT SCHLAGEN OHNE WINZIG SIEHE FOLGENDE WITZ BENENNUNG RAUB MACHT FINDEN WACHSTUM SELBER WIDERSPRUCH VERSUCH ≥ 10 STELLT BEHAUPTE HEISST KOLLISIONEN HÄLFTE BEHÄLTER ANDERES INTERPRETATION VERTEIDIGEN SYSTEME KONSTRUKTIVITÄT AUSSPRECHEN PRAKTISCH FOLGLICH GÜLTIG VERGEBLICH TROTZDEM MEINER 382 SEITE SINCE OF DAMIT SICHTBAR JEGLICHE BRINGEN DEPRESSION AD WTC SUBJEKTIV BLIND GESCHICHTE BLIEB JEDER POSITIV SUBJEKTIVISMUS GEHÖREN WEISS LANG DAUERND JAHRHUNDERT FRÜH THEOREM PROBLEM TAT EINFLUSS KNAPP ILLUSION UNIVERSUM BEWEIS SO BEIDE NACHDEM QUADRAT ZUGLEICH GEFÄSS TRAU VEREHRT ANTI WAR AUG WEISE REALITÄT FERTIG RECHT WERDENBEFINDEN VORSTELLUNGEN ↵ BAND TROTZ : AUFSATZ COOL MANCHMAL ASS GEN IDEEN PHILOSOPHIE GRÖSSE GAS MARDUK ODER GEGEN EINTRETEN UNWAHRSCHEINLICH IN HERAUS PLÖTZLICH KÖRPER WAHRSCHEINLICH WIR O CHLOROPHYLL VOR HÖLLE WASSER REBELLEN BEGEGNUNG VON RECHNEN DARAUS SOGAR LEHREN GEMISCH NATÜRLICH MAXIMAL FAHREN WERT DERSELBE WIEDER DESHALB KOMPASS WIRD GIBT WIR MASSE ZURÜCK PFEFFER HART ENCORE Y UNTEN SCHRITT HABE BILDER KLEIN HEISS STELLEN SICH INNERHALB DAUER DENKEN IM VERHÄLTNIS ACHT ABGETRENNT GOLD MÄSSIG ZEIT ALS FÜR BALD QUER FASSEN § NATÜRLICH MAN SEHR DASSELBE ANFANGS TRAUM > GEHEN ENTFERNEN ALSO EINES P ZUSTAND SCHLUSS MÜSSEN 207 DIE L EIN MAL ABNEHMEN NICHT A KRIEG PHYSIKALISCH 799 DER SPEZIELL DAGEGEN MACHEN DAS GANZ ES WELT RAUM WÜRDE SYSTEM ABER GLEICH 2 KANN ZWEI ASCHE UM HAUS OBJEKT BRÜCKE ZERSTÖRT VIEL DIES WENN MACHEN SO AUCH ROT EINZIG SEIN UNSER ICH ALLE 8 UNGLEICH MEER Σ FORM CHALLANGE X MOLEKÜLE REICH WELCHE STATT BESTIMMT NETZEN EINSAM SPIEGEL ODYSSEE 9 BEWEGUNG DUNKEL VON HERZ y ERWARTEN ZAHL q MILLIONEN DÜRFTE \ BEOBACHTUNG ELF AN AUF SICHER VIEL JA DASS WIRD ANNAHME NO AH ZU HEIL IST NACHT HOFFEN ÜBERMORGEN NACH GESTERN DEUTUNG FOLGT ERDE ZWISCHEN MORGEN UNS ENDE WINTER ERFAHRUNGEN DATUM ANFANGEN BIS ➞ DENN 3 ⊂ LICHT> You always knew this day would come You lie in bed alone The TV flickers silently A dream in every home ...- Keith Reid, A Dream In Every Home, 1991> CUT TO:RHEYA I would have these -- I don›t know how to describe them -- visions, when I was younger. Maybe not visions, but like these waking dream states. Time would just collapse, I would be inside time. I would stare at a second hand on a clock until it stopped. Freaky stuff.KELVIN How old were you?RHEYA Seven, eight. So one day my mother catches me sort of staring off into space, and she asks me what I›m doing, and I start trying to explain to her, about this state that I can put myself in, and this look comes over her face.KELVIN What kind of look?INT. KELVIN›S ROOM. Kelvin and Rheya sit together in the Prometheus. Rheya continues her story without a beat. RHEYA Scared. No, not scared. Wary. Like I was something to be ... her guard went up. I was a threat. Now I know why. She was afraid she›d be seen. That I would see her for the self-obsessed neurotic that she was. I think she thought she had a few more years of being on a pedestal. But that›s the cycle, right? I knew a little more than she did, she knew a little more than her mother, and on and on. (beat) I guess that›s part of the reason why – –KELVIN I know. I know. We don›t have to talk about that. (another beat)- Steven Soderbergh, Solaris (Remake), Drehbuchentwurf 2001> Geh weiter, in jede Richtung, wir haben Wahrheiten für dich aufgestellt, Halber Mensch. In ihren Rissen leuchten unsere Sender ...- Blixa Bargeld, Halber Mensch, 1981

dann hat der Computer gesagt: Wie viel Geld verdie-nen Sie denn? ... irgendwie so etwas. Er hat immer die Stichwörter aufgenommen. [...] Könnte man das nicht wesentlich so sehen, dass sich da jemand einen Spass erlaubt und der Ozean gar nicht ein so intelligentes Wesen ist, sondern eine relativ einfache Program-mierung, die einfach nur Wünsche spiegelt wie eine physiologische Antwort auf irgendeinen Reiz? – Wenn der Reiz diese Erinnerung an die verstorbene Frau ist, dann spiegelt er das eben zurück, ohne dass er dazu irgendeine Meinung hat. [...] Das wäre ein ganz intel-ligentes Spielchen mit der Psychologie des Menschen, der sich immer vorstellt, dass ihm da irgendjemand antwortet, und der immer wieder sich selber, wie Sie das schon sagten, da hineinprojiziert in irgendwelche vermeintlich intelligenten Systeme, die gar nichts an-deres sind als einfach eine physikalische Reaktion auf etwas, was so ein Ding messen kann und dann eben wieder zurückkommt.

Jakob Tanner: [...] Ich meine, Lem zeigt hier eben sozusagen das Problem, das Wissenschaftler haben, wenn sie auf diese anthropomorphisierende Weise über Sachen reden. Bei Tarkowskij haben wir eine spannende Konstellation, in der ich eine Affi-nität zu «2001» sehe. Bei «2001» haben wir Hal, den Computer, der die Menschen sozusagen beobachtet, wie sie eine Verschwörung machen gegen ihn, und der dann seinen Mitteln entsprechend reagiert. Leider hat er nicht alle Möglichkeiten bedacht, wird dann überlistet und ausgeschaltet. In Tarkowskijs Film gibt es ja auch diese Frau als ein Artefakt, und diese Wissenschaftler denken dann darüber nach, wie sie es zum Verschwinden bringen könnten. [...] Und die Frau hört ja zu, sie liegt auf dem Bett und hört das, genau wie Hal, aber sie geht dann nicht wie Hal auf Konfrontationskurs, sondern sie überlegt sich, wie könnte ich ein Mensch werden und sagt dann, wenn sie gefragt wird, was weisst du von dir, solche Sätze wie: Ich weiss eben soviel von mir wie alle Menschen wissen können von sich. Sie versucht sozusagen eine Selbstdefinition über das menschliche Nichtwissen von sich selbst und sich dadurch als etwas zu äussern, was [wie ein Mensch kommuniziert]. Um dann eben zu sehen, dass diese sozusagen technischen Attacken auf ihre Erscheinung doch greifen und dann kommt diese Szene wo sie dann flüssigen Stick- oder Sauer- oder was auch immer für Stoff verliert und sich so-zusagen als menschliche Regung umbringen will. Da gibt es einen frappanten Unterschied zwischen dem Verhalten des Computers in «2001» und dem Artefakt eines Ozeans in diesem Film, was die Auseinander-setzung mit Menschen betrifft, die selber eigentlich gar nicht wissen, was sie tun.

Nicole Müller: Ich sehe das nicht ganz so statisch. [...] Es ist ja nicht so, dass die Frau ein Ar-tefakt bleibt, sondern sie lernt dazu, sie lernt zum Beispiel schlafen. Je stärker Kris Kelvin sich ihr zu-wendet und sich auf eine Beziehung einlässt, desto menschlicher wird eben auch sie. Und darum kann sie dann [irgendwann] auch verschwinden, weil eben etwas gelebt wurde.

Moderator: Darf ich mal fragen: Macht der Ozean Experimente oder was macht er da? Und wenn er Experimente macht, heisst es, dass er nicht weiss, wie das ausgeht, oder probiert er aus, wie weit er kommt? Und was stellt er sich dabei vor? Und wenn er Experimente macht, experimentiert er dann mit einer Spezies, die er vorher analysiert hat oder die er verbessern will? Sollen die was lernen dadurch? Gibt es eine Zielvorstellung für diesen Ozean oder ist es einfach – sinnlos?

Nicole Müller: Da ich natürlich keine Wis-senschaftlerin bin, interessieren mich diese Fragen gar nicht.

Moderator: Zu schick!Nicole Müller: Nein, ich sage das nicht als

Zurückweisung, sondern ich denke, das ist ja auch eine Frage in dem Film: Wie geht man mit Nichtwis-sen um? Und es scheint eben dieser Konferenz von Wissenschaftlern nicht zu gelingen, das Nichtwissen als Nichtwissen stehen zu lassen.

Moderator: Das ist richtig.Nicole Müller: [...] Ich glaube eben, wenn

die Wissenschaftler untereinander ein Vertrauen hät-ten oder seelisch in Kontakt wären oder einander tat-sächlich kennen würden, dann wäre es doch absolut kein Problem, der Erzählung [des Piloten] zu glauben. Und ich denke, diese Starrheit, diese Begrenztheit wird doch so ein bisschen exemplarisch aufgelöst. Der Kris Kelvin, der befreundet sich ja dann nach und nach mit Snaut; eine sehr subtile Freundschaftsge-schichte. Anfänglich sind sie eigentlich Gegner, und je mehr Kris Kelvin seine Ängste formuliert, desto eher ist der andere auch bereit, ihm zu helfen und ihn zu unterstützen.

Jakob Tanner: [...] Heute wissen wir, dass Wis-senschaft sehr wesentlich darauf beruht, dass Wissen-schaftler anderen Wissenschaftlern Erzählungen glau-ben. Anders geht es gar nicht. Wir können ja nicht dau-ernd Experimente machen und alles überprüfen [...]

Martin Girod: Das Nicht-stehen-lassen-Kön-nen von Nichtwissen war ja nun gerade in der Sowjet-union damals ganz bezeichnend. Alles, was man nicht erklären konnte, wurde als idealistisch verschrien und abgetan. [...] Tarkowskij ist natürlich immer als Idealist verschrien und attackiert worden in der So-wjetunion, und das Phänomen war eigentlich immer, dass er trotzdem weitere Filme machen konnte. Und dass er [mit seinen Filmen immer ausprobiert hat, wie weit er gehen kann]. [...] Er hat für damalige Be-griffe eine unglaubliche Starbesetzung bekommen. Er hat ein Riesenbudget bekommen für einen Film, der wie alle anderen dann als idealistisch abgelehnt wurde und der ja nichts anderes wollte als sagen: Was geistig ist, kann Materie werden. Eine grössere Pro-vokation gab’s ja eigentlich nicht für die damaligen sowjetischen Machthaber und ihren sozialistischen Realismus. Und trotzdem hat er diesen Film machen können. Das ist die eine filmhistorische Seite. Die andere ist: [...] Die westliche Filmwirtschaft war in vielen Ländern überhaupt nicht in der Lage, einen solchen Film, der geistige Ansprüche stellt, zu ver-mitteln. Der Film ist hier erst Ende der 70er-Jahre ins Kino gekommen.

Nicole Müller: Aber er hat ja doch die gol-dene Palme bekommen.

Martin Girod: Ja, das Festival ist das eine ...Jakob Tanner: Wichtig ist, dass Tarkowskij den

Film sehr stark zusammengeschnitten hat, [...] um auf unter drei Stunden zu kommen. Der Film wäre eigent-lich viel länger. [...] Ich finde das als Historiker sehr spannend: die Produktionsbedingungen in einem sol-chen System. Was die machen konnten, was einfach anderswo gar nicht gegangen wäre, zum Beispiel mu-sikalisch, was ich eine sehr spannende Seite dieses Filmes finde. Ich meine, da waren Ressourcen da, die einfach irgendwie benutzt werden konnten, mit einer Grosszügigkeit und mit [...] perfektionistischen An-sprüchen, etwas noch mal zu machen, das noch mal zu variieren, dann noch mal drüber zu gehen, das mit Synthesizern – den ersten Synthesizern, die es in der Sovjetunion gab – irgendwie zu verbinden ... Das war eine experimentelle Atmosphäre, die ich für sehr spannend halte ...