-
1Solarbrief 4/05Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V.
Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V.
Solarbrief 4/05
EnBW AG: Jetzt fürErneuerbare EnergienArgumentative
Unterstützungauch für den Fortbestanddes EEG
Seite 6 - 7
EnergieeffizienzAber wie?Zu einem intellektuellenVersäumnis
derUmweltbewegung
Seite 8
Kassieren ohneModernisierenStromnetzbetreibernfehlen
staatlicheAufsichtund Sanktionen
Seite 23 - 24
Foto: Christoph Ueberfeld
-
2Solarbrief 4/05
Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V.
Impressum
Solarenergie-FördervereinDeutschland e.V.
(SFV)BundesgeschäftsstelleHerzogstraße 652070 AachenTel.: 0241 / 51
16 16Fax: 0241 / 53 57 86E-mail: [email protected]:
http://www.sfv.deBürozeiten: Mo-Fr 8.00 bis 13.00
Abopreis:6 Euro/pro Solarbriefmax. 4 Solarbriefe im Jahr
Für Mitglieder ist der Bezugspreisdes Solarbriefes im
Mitgliedsbeitragenthalten.
SFV-Mitgliedschaft:Jahresbeitrag: 61,36 Euroermäßigter Beitrag:
23,01 Euro
(Unsere Mitgliedsbeiträge sindsteuerabzugsfähig.)
Nächste Mitgliederversammlung:11.11.2006, 19.00 Uhr in
Aachen
Bankverbindung:Pax-Bank Aachen, BLZ 370 601 93KtoNr.: 100 541 50
19BIC: GENODED1PAXIBAN: DE16 37060193 1005415019
Beiträge von:Johannes BrennerWolf von Fabeck (WvF)Hans-Josef
FellJürgen GrahlHans-Peter GäßlerPetra Hörstmann-Jungemann
(PHJ)Susanne Jung (SJ)Stefan LieserAribert PetersBertold RugeAlfons
SchulteEberhard WaffenschmidtAlfred Winter
Verantwortlich:Wolf von Fabeck (V.i.S.d.P.)
Layout:Susanne Jung
Auflage: 5000
Erscheinungsdatum:Dezember 2005
Druckerei:Moeker-Merkurgedruckt auf 100 % Recyclingpapier
ISSN 0946-8684
Titelbild:Christoph Ueberfeld
Wenn ein Vereinsmitglied zusätzlich einer der Info-Stellen
zugeordnet seinmöchte, so fließen seine Spenden und ein Drittel
seines Beitrages dieser Info-Stelle direkt zu. Die
Bundesgeschäftsstelle bleibt zentraler Ansprechpartner.
Amberg / Amberg Sulzbach
Vorsitz: Hans-Jürgen Frey, Manfred Klemm, Reichstr. 11, 92224
Amberg,Tel.: 09621-320057 (Mo 18 - 19 Uhr), Fax.: 09621-33193,
http://www.solarverein-amberg.de, e-mail:
[email protected], e-mail: [email protected]
Düsseldorf
Vorsitz: Peter Köhling, Sebastiansweg 32, 40231 DüsseldorfTel.:
0211-227095 Fax: 0211-227076, e-mail: [email protected]
Nordbayern
Vorsitz: Hermann Bähr, Reinhard Ebert, Hechlinger Str.23,91719
Heidenheim, Tel.: 09833-989255, Fax.: 09833-989257e-Mail:
[email protected], Feste Bürozeit: Montags 17-19.00
Uhr
Rheine
Vorsitz: Michael Reiske, Schorlemer Str. 29, 48429 RheineTel.:
05971-84988,Fax.: 05971-805919, e-mail:
[email protected]
Würzburg
Vorsitz: Jürgen Grahl, Manfred Dürr, Friedrich-List-Str. 4,
97218 Gerbrunn,Tel 0931-4677652,
[email protected] jeden 2. Donnerstag im
Monat 20 Uhr in Gaststätte „Brückenbäck”,Zellerstr.2 in
Würzburg.
Infostellen des SFV
Sie wollen unsere Arbeit unterstützen?
Energiemails zu allgemeinen Fragen der Energiewende und der
Energie-besteuerung zur Verminderung der Arbeitslosigkeit
Rundmails (auch ohne Mitgliedschaft, kostenlos)
Betreibermails zu technischen, rechtlichen und steuerlichen
Problemender Solaranlagenbetreiber
Pressemitteilungen zu allgemeinen Fragen der Energiewende und
derEnergiebesteuerung
Name:
....................................................................................
Straße:
......................................................................................
Ort/PLZ:
......................................................................................
Tel.: .................................. Fax.:
..............................................
E-Mail:
Unterschrift: ........................... (bitte deutlich
schreiben)
Per Post, Fax oder E-Mail an: Solarenergie-Förderverein
Deutschland e.V.,Herzogstr. 6, 52070 Aachen, Fax: 0241-535786,
[email protected]
Ich will stimmberechtigtes Mitglied im SFV werden.
Der Jahresbeitrag beträgt 61,36 Euro 23,01 Euro (ermäßigt)
Meine Firma will Fördermitglied im SFV werden (nicht
stimmberechtigt).
Der Jahresbeitrag beträgt (Höhe selbst bestimmen)Euro
Beitritt zum Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V.
Abbuchungsermächtigung:
BLZ Kto-Nr.:
-
3Solarbrief 4/05Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V.
Editorial
Viele von uns denken bei diesem Gedicht andas unbeschreibliche
Elend in der dritten Welt,andere denken daran, dass sogar bei uns
imLand die Kluft zwischen Reich und Arm im-mer größer wird. Wie
sollen wir helfen, wennunser Gemeinwesen noch nicht einmal die
vie-len Probleme im eigenen Land lösen kann? FünfMillionen
Arbeitslose! Die Staatseinnahmenbröckeln weg.
Geld fehlt an allen Ecken und Enden.Ratlos suchen Politiker nach
neuen Geldquel-len; vielleicht die Mehrwertsteuer, oder besser die
Renten-beiträge, oder vielleicht gar die Kopfpauschale? Oder die
Au-tobahnen verkaufen? Man könnte ja auch noch bei Hartz IVetwas
kürzen!? Die Suche erfolgt so unsystematisch, dass manan der
Kompetenz der Akteure zweifeln könnte.
Wer Lasten gerecht verteilen will, sollte zunächst die
Leis-tungsfähigkeit der möglichen Lastenträger berücksichtigen.
Bisher tragen Arbeiter und Angestellte bei weitem die höch-ste
Steuer- und Abgabenlast. Das stammt noch aus der Zeit alses hieß
„Alle Räder stehen still, wenn dein starker Arm es will.“Dieser
Kampfruf aus dem Jahr 1863 sollte die Arbeiter zumsolidarischen
Zusammenstehen ermutigen. Er signalisiert un-geheure Macht im
Produktionsprozess, zeigt aber nur einenkleinen Aspekt der
Wirklichkeit. Arbeiter können alle Räderzum Stillstand bringen. Es
ist ihnen aber unmöglich, auch nureine einzige Maschine ohne die
Hilfe von Energie anzutrei-ben.
Zum Antrieb der Maschinen und zur Speisung der Schmelz-und
Hochöfen braucht die Wirtschaft Energie. Ohne Energiebewegt sich
rein gar nichts. Die gesamte Geschichte der Tech-nik demonstriert
die Überlegenheit der Energie gegenüber demPersonal. Der
Produktionsfaktor Energie ist im produzieren-den Bereich nicht nur
mächtiger als der Produktionsfaktor Per-sonal, sondern auch
billiger. Dennoch wird die Energie kaumzur Besteuerung
herangezogen. Seit dem Aufstand der Bild-zeitung und des ADAC
gegenüber einer langsamen Anhebungder Benzin-Besteuerung bis auf 5
DM pro Liter ist das Thematabu. Energie muss billig sein, heißt es
statt dessen.
Dabei ist billige Energie die Hauptursache der
Arbeitslosig-keit. Schon seit Jahren müssen personalintensive
Betriebeschließen - und auf der anderen Seite blühen
energieintensiveBetriebe auf.
Energieintensiv bedeutet menschenleere Fabrikhallen, be-deutet
Einsatz von Automaten, bedeutet Verarbeitung von Halb-
Fast ein GebetVon Rainer Kunze
Wir haben ein Dachund Brot im Fachund Wasser im Hausda hält
man’s aus.
Und wir haben es warmund haben ein Bett.O Gott, dass doch
jederdas alles hätt.
PS: Eine zukunftsfähige Wirtschaft im Dienst der gesam-ten
Gesellschaft ist nur zu möglich, wenn die
ungeheureProduktionsmächtigkeit der Energie auch für soziale
Zweckemobilisiert wird, dazu ist ihre angemessene Besteuerung
un-umgänglich. Wir werden dieses brennend wichtige Themaauch in
diesem und den folgenden Heften immer wieder vonanderen Seiten
beleuchten. Sie, liebe Leser, werden dabei hof-fentlich weitere
neue Aspekte kennen lernen.
zeugen (Kupferdraht, Aluminiumprofile,Stahlblech usw.) am
laufenden Band. Halb-zeuge werden aus Grundstoffen hergestellt,und
diese werden unter ungeheuremEnergieeinsatz aus Rohstoffen
gewonnen.Billige Energie bedeutet deshalb billigeGrundstoffe, und
billige Grundstoffe be-günstigen die weitere Automatisierung.
Ar-beitsplätze werden durch Automatisierungallerdings nicht
geschaffen - im Gegenteil!
Auf der anderen Seite stehen die personal-intensiven Unternehmen
bereits mit dem Rücken zur Wand.Handwerksbetriebe, Kindergärten,
Schulen, Universitäten,Forschungseinrichtungen, soziale und
kulturelle Einrichtun-gen, fast der gesamte Dienstleistungsbereich
ist betroffen. Die-se Unternehmen müssen nicht nur die Nettolöhne
zahlen, son-dern ihr Personaletat wird indirekt auch noch durch die
Lohn-steuer und die Lohnnebenkosten belastet. In ihrer Not
entlas-sen sie Personal oder sie schließen ganz.
Ein Vergleich der jährlichen Steuer- und Abgabenlast in
derBundesrepublik zeigt, dass der Produktionsfaktor Arbeit
(Per-sonal) mehr als zehnmal so viel belastet wird wie die
Energie:
513 Mrd. Euro gegenüber 48 Mrd. Euro. Wer
Personal-Neu-einstellungen will, muss deshalb die
personalintensiven Be-triebe steuerlich und abgabenmäßig entlasten.
Die energie-intensiven Betriebe aber müssen zum Ausgleich eine
höhereSteuerlast übernehmen!
Wer mehr tun will als beten, sollte deshalb bei jeder
Gele-genheit darauf bestehen, dass Energie stärker besteuert
wer-den muss.
-
4Solarbrief 4/05
Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V.
Arbeitsplätze und soziale Verantwortung3 ..... Editorial - Die
steuerpolitische Unterschätzung der Energie
Der Kampf um die Energiewende6 ..... EnBW - Jetzt für
Erneuerbare Energien!
Neue Position der Energie Baden-Württemberg AG - Dieser
Kurswechsel ist ernst gemeint: W. v. Fabeck
7 ..... Auszug aus dem Positionspapier der EnBW zu den
Erneuerbaren EnergienDaseinsvorsorge - Versorgungssicherheit -
Unabhängigkeit - Zukunftschancen
8 ..... Energieeffizienz - aber wie?Zu einem intellektuellen
Versäumnis der Umweltbewegung: Wolf von Fabeck
9 ..... Solare Baupflicht für Neubauten - Nachrüstpflicht für
AltbautenÄnderung des Baugesetzbuchs ist besser als
Marktanreizprogramme für Solarthermie: W. v. Fabeck
10 ... Bürgerantrag „Solare Baupflicht“ in Aachen einen
wichtigen Schritt weiterAktueller Stand und nachträgliche Änderung
des Bürgerantrags: Susanne Jung
11 ... Wortlaut des vorgeschlagenen Ratsbeschlusses
12 ... Erdöl für alle - diese Zeit ist vorbei Hans-Josef
Fell
13 ... Fair FutureEin Report des Wuppertal Institut für Klima,
Umwelt, Energie: Alfons Schulte
14 ... 12 Argumente für die Windkraft im BinnenlandMit Fakten
gegen Vorurteile - Windkraft im Binnenland unverzichtbar: Eberhard
Waffenschmidt
20 ... Biogas ins Erdgasnetz einspeisenInformationen von Petra
Hörstmann-Jungemann
21 ... Keine Steuerbefreiung für Biokraftstoffe mehr?Kommentar
zu einer Vereinbarung im Koalitionsvertrag: Wolf von Fabeck
22 ... Stimmungsmache gegen PhotovoltaikFAZ vertritt kritiklos
Position der strukturkonservativen Stromwirtschaft: Wolf von
Fabeck
Vernachlässigte Stromnetze23 ... Kassieren ohne
Modernisieren
Ein Staat, der Daseinsvorsorge privatisiert, muss die Aufsicht
behalten. Haftungsbeschränkungenverführen Stromversorger zur
Sorglosigkeit: Wolf von Fabeck
23 ... "Hei, wie Splitter brach das Gebälk entzwei"Leserbrief
und SFV-Antwort
24 ... Offener Brief an Angela MerkelBund der Energieverbraucher
fordert Änderung der Haftungsregelungen für Netzbetreiber
Inhaltsverzeichnis
-
5Solarbrief 4/05Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V.
Inhaltsverzeichnis
Verbraucherschutz25 ... Protest bei überhöhten Angaben zu den
Kosten der Erneuerbaren Energien
Einbehalten eines Teilbetrages - die wirkungsvollste Maßnahme:
Wolf von Fabeck
26 ... Wenn Solarmodule Flügel bekommen...Überprüfung der
Registriernummern kann Diebesgut entlarven: Wolf von Fabeck
26 ... Anschlussverzögerung zu Silvester kommt teuerNutzen Sie
die Chance, den Betriebsbeginn Ihrer Anlage noch im alten Jahr
durchzusetzen:Wolf von Fabeck
27 ... Nicht unterschreiben!Erklärung der Netzbetreiber zu § 115
EnWG irreführend: Wolf von Fabeck
27 ... Haben Sie Streit mit Ihrem Netzbetreiber?SFV bereitet
Beschwerde bei der Europäischen Kommission vor
28 ... Brandschutz - Erste InformationenWas ist zu beachten,
wenn Solaranlagen brennen: Wolf von Fabeck
Lernspiel für Kinder29 ... Blue MissionPlanat - das
Kinderquiz
Getestet von Petra Hörstmann-Jungemann
Internes29 ... EUROSOLAR-Sonderpreis für Wolf von Fabeck
Würdigung für langjähriges persönliches Engagement bei der
Einführung und NutzungErneuerbarer Energien in Deutschland
30 ... Bericht über Mitgliederversammlung 2005Von Bertold
Ruge
30 ... Termin Mitgliederversammlug 2006
31 ... Vorstellung des SFV-Vorstandes
32 ... SFV-MailinglisteDiskutieren Sie mit uns: Stefan
Lieser
Nachrichten, Kommentare, Leserbriefeab Seite 33: Zur
Internationalen Konferenz der Erneuerbaren Energien in Peking, zu
ver.di und seiner
Stellung zum Atomausstieg und zu Erneuerbaren Energien, zur
EU-Zielvorgaben, zu PV-Freiflächenanlagen
-
6Solarbrief 4/05
Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V.
Überraschender Kurswechsel derEnergie Baden-Württemberg
(EnBW)Unerwartete Unterstützung der Erneuerbaren Energien durch
einen der viergroßen Stromversorger DeutschlandsVon Wolf von
Fabeck
Von der Öffentlichkeit kaum bemerkt,hat der viertgrößte deutsche
Strom-versorger einen Kurswechsel gegenüberden Erneuerbaren
Energien und demEEG vollzogen, der an Radikalität kaumzu überbieten
ist.
Auf der Internetseite der Energiever-sorgung Baden Württemberg
AG(EnBW) finden sich seit dem 9.11.05 ineinem Positionspapier mit
Bezug auf dieErneuerbaren Energien Überschriftenwie:
- Daseinsvorsorge,- Versorgungssicherheit,- Unabhängigkeit,-
Zukunftschancen.
Den Text im Zusammenhang findenSie anhängend.
Damit steigt die EnBW aus der Pha-lanx der Gegner aus und
bekennt sicheindeutig zur energiepolitischen Ver-nunft.
Die ganze Brisanz des EnBW-Textesergibt sich nicht nur aus dem
Inhalt desPapiers, sondern noch viel mehr aus sei-nem Zusammenhang
mit den politischenEreignissen. Das Positionspapier wurdeam 9.11.05
veröffentlicht - während derKoalitionsverhandlungen, wenige Tagevor
der Entscheidung, ob die große Ko-alition das
Erneuerbare-Energien-Gesetz
(EEG) beibehalten oder beenden würde.Der Verband der Deutschen
Elektrizitäts-wirtschaft, dem auch die EnBW ange-hört, hatte erst
wenige Tage zuvor - na-türlich ebenfalls mit Blick auf die
Ko-alitionsverhandlungen - gefordert, dieErneuerbaren Energien
sollten nichtmehr nach dem EEG vergütet, sondern„in den Markt
eingebunden“ werden -wobei natürlich allen Eingeweihten klarist,
dass es sich nicht um einen freienMarkt mit gleichen Chancen für
die Er-neuerbaren handelt.
Befürworter und Gegner der Erneuer-baren Energien zerbrechen
sich seitdemden Kopf, welche möglicherweise un-ausgesprochene
Absicht hinter derEnBW-Veröffentlichung stecken mag.Eine Sprecherin
der FDP-Bundestags-fraktion unterstellte gar, es ginge demKonzern
ausschließlich darum, zukünf-tig große Wasserkraftanlagen nach
demEEG vergütet zu bekommen. Doch alsTauschangebot - etwa in der
Art: EnBWerkennt das EEG an, wenn sie im Ge-genzug EEG-Geld für den
Ausbau derWasserkraft bekommt - ist das Positions-papier überhaupt
nicht geeignet. DieAussagen zu den Erneuerbaren Energi-en sind dort
nämlich ohne Bedingungformuliert, eher wie Lehrsätze. Sie wur-den
veröffentlicht und sind nicht mehr
wie ein „Tauschobjekt“ rückholbar.
Der unschätzbare politische Wert die-ser Aussagen liegt darin,
dass sie beiMenschen mit geringer energietech-nischer Fachkompetenz
letzte Zweifelam Sinn der Erneuerbaren Energien aus-räumen.
Aus diesem Grund empfehlen wir, die-se gut gezielte Vorlage
aufzunehmen undbei jeder Gelegenheit weiterzuspielen.
Dem Vorstand der EnBW gratulierenwir zu seiner mutigen
Entscheidung, ausder Front der Verweigerer auszubrechen.
Ein Wort noch an dieSolaranlagenbetreiber imNetzgebiet der
EnBW
Wir rechnen nicht damit, dass sogleichalle Schikanen von
EnBW-Mitarbeiterngegenüber Betreibern oder Anschluss-willigen
aufhören werden, denn esbraucht immer Zeit, bis eine so
radikaleKursänderung auch beim letzten Mitar-beiter angekommen ist.
Wir empfehlenIhnen aber, mit dem Positionspapier zu„winken“, falls
es noch Probleme gibt.Wenn „Winken“ nicht hilft, bitten wir
umInformation und werden uns - gegebe-nenfalls - an den
EnBW-Vorstand wen-den.
Die EnBW Baden-Württemberg AG spricht sich für den Ausbau der
Stromproduktion aus erneuerbaren Quellen aus. Siebefürwortet die
weitere Förderung neuer Anlagen auf Basis des Erneuerbare Energien
Gesetz (EEG), verbunden mitForderungen an seine Novellierung.
Unsere Grundsatzposition
Die Erneuerbaren Energien sind eine der Schlüsseltechnologien
für das 21. Jahrhundert. Gemeinsam mit Energieeffizienz-techniken
und emissionsarmen konventionellen wie Kern-Kraftwerken werden sie
künftig wichtiger Bestandteilder weltweiten Energieversorgung sein.
Ihr Ausbau ist aus mehreren Gründen sinnvoll und nötig:
>>
Auszüge aus dem Positionspapier der Energie Baden-Württemberg
AG(Oktober 2005)
Der Kampf um die Energiewende
-
7Solarbrief 4/05Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V.
• Daseinsvorsorge: Die regenerativen Energien übernehmen eine
wichtige Rolle bei der schrittweisen Verringerung
derKohlendioxidemissionen in der Energieproduktion.
• Versorgungssicherheit: Fossile Energieträger sind endlich,
gleichzeitig wächst der Weltenergiebedarf. Die Erneuer-baren
Energien müssen deshalb einen stetig wachsenden Anteil an der
Weltenergieproduktion übernehmen. Ihr Ausbaumuss rechtzeitig,
vorausschauend und verlässlich erfolgen.
• Unabhängigkeit: Wasser, Biomasse, Erdwärme, Wind und Sonne
sind heimische Energieträger, die die Liefer- undPreisrisiken des
Weltenergiemarktes für Wirtschaft und Verbraucher längerfristig
relevant mindern können.
• Zukunftschancen: Deutschland kann weltweit eine führende Rolle
beim schrittweisen und langfristigen Ausbau derErneuerbaren
Energien übernehmen. Dadurch wird seine Wirtschaftskraft gestärkt
und es entstehen neue Arbeitsplätze.
Die EnBW Energie Baden-Württemberg AG hat eine lange und
führende Tradition in der Nutzung Erneuerbarer Energi-en, vor allem
der Wasserkraft. Der Neubau des Wasserkraftwerks Rheinfelden durch
die EnBW ist das mit Abstand größtedeutsche Bauvorhaben im Bereich
der Erneuerbaren Energien.
Unsere Position zur Förderpolitik der erneuerbaren Energien
Noch müssen die Erneuerbaren Energien gefördert werden, bis
technische und ökonomische Fortschritte es ermögli-chen, Strom aus
erneuerbaren Energiequellen zu marktfähigen Kosten zu
produzieren.
Diese Förderung muss verlässlich sein und in ausreichender Höhe
erfolgen, um die nötigen Investitionen anzureizen. Siemuss
andererseits möglichst effizient sein, um die Belastungen für
Industrie und Verbraucher vertretbar zu halten.
Dazu gehört, dass die Förderung zeitlich befristet ist und
degressiv erfolgt, die Fördersummen pro erzeugter Kilowatt-stunde
also kontinuierlich sinken.
Gleichzeitig sollte ein möglichst breiter Mix an Techniken
weiter entwickelt werden, um vielfältige Optionen auf
einegesicherte und preisgünstige Stromerzeugung zu haben.
Unter diesen Kriterien hat sich die Förderung der Erneuerbaren
Energien durch das Erneuerbare Energien Gesetz(EEG) im Großen und
Ganzen bewährt.
Die EnBW Energie Baden-Württemberg AG spricht sich deshalb dafür
aus, dieses Förderinstrument auf absehbare Zeitbeizubehalten und es
durch regelmäßige Überprüfung jeweils an die Notwendigkeiten der
Situation anzupassen.
Das Ziel muss sein, die volle Wirtschaftlichkeit und damit
Marktfähigkeit der Erneuerbaren Energien möglichst rasch
zuerreichen - dazu wird die Preissteigerung der fossilen
Energieträger mit beitragen.
In diesen Kontext gehört auch, dass zukünftig mögliche, massive
Belastungen für Energie-Versorger und Netzbetreiber -z. B. durch
die erforderliche Online-Aufschaltung von Regelenergie bei
forciertem Ausbau der Offshore-Windkraft - inder zukünftigen
Energiepolitik berücksichtigt werden.
Als Alternativen zum EEG werden Quoten- und
Zertifizierungssysteme diskutiert. Die EnBW lehnt diese Systeme
nichtab. Sie kann aber zum jetzigen Zeitpunkt in der Praxis keine
grundsätzliche Überlegenheit dieser Systeme gegenüber
dergarantierten Einspeisevergütung des EEG erkennen.
Der mögliche größere Nutzen neuer Fördersysteme erfordert eine
grundsätzliche wirtschafts- und energiewissenschaftlicheDiskussion,
rechtfertigt es nach unserer Auffassung aber nicht, die Risiken
eines Systemwechsels jetzt in Kauf zu nehmen.Bei den Verhandlungen
über das Regierungsprogramm der großen Koalition sollte deswegen am
EEG festgehalten wer-den und eine Novellierung des Gesetzes wie
vorgesehen im Jahr 2007 erfolgen.
Unsere Erwartungen an eine Novellierung des EEG
Von einer Novellierung des EEG erwartet die EnBW Energie
Baden-Württemberg AG auch, dass bestehende Benachtei-ligungen der
Großen Wasserkraft gegenüber anderen regenerativen Energieträgern
abgebaut werden. So sollte die zeit-liche Befristung der Förderung
von Modernisierungsmaßnahmen bis 2012 aufgehoben werden, um die
Ausbau- undModernisierung und die Erzeugung auch von bestehenden
Potentiale bestmöglich zu nutzen und die Erzeugung
vonGrundlaststrom aus erneuerbaren Quellen zu stärken. Der Ausbau
und die Modernisierung vorhandener Anlagen führtzu einem Mehr an
emissionsfrei erzeugtem Strom und zu einem verbesserten Schutz des
Ökosystems Fluss und der darinlebenden Organismen. (...)
Quelle:
http://www.enbw.com/content/de/presse/pressemitteilungen/2005/11/pm_20051109_cu_mw01/index.jsp
Der Kampf um die Energiewende
-
8Solarbrief 4/05
Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V.
Energieeffizienz - aber wie?An die konzeptionellen Vordenker der
UmweltbewegungVon Wolf von Fabeck
Würde man alle Appelle zur effizien-ten Verwendung von Energie
und zumEnergiesparen, die seit der ersten Ölkri-se 1973 gedruckt
wurden, aufeinander-legen, so würde der Papierstapel
wahr-scheinlich schon den Mond erreichen.Ein Grund zum Stolz ist
dies keinesfalls.Nach über 30 Jahren sollten wir liebereinmal
Bilanz ziehen, was die Appelleeigentlich gebracht haben.
Optimisten weisen hier gerne aufWirkungsgradverbesserungen im
Kraft-werksbereich hin und auf Verminderungdes Strombedarfs bei
Kühlschränken undWaschmaschinen. Aber schon die Auf-summierung des
Stromverbrauchs allerdeutscher Standby-Schaltungen lässtZweifel am
Konzept aufkommen. Wersich durchgreifende Erfolge erhofft hat-te,
wurde bitter enttäuscht. Die sichselbst tragende Effizienzbewegung
istausgeblieben - Warum eigentlich?
Bei den Erneuerbaren Energien imWärme- oder im Verkehrsbereich
und beider Energieeffizienz wird jeder wesent-liche Fortschritt
ausgebremst, weil En-ergie zu billig ist. Niedrige Energieprei-se
sind die wichtigste Ursache dafür, dassLeute sich heute noch immer
7- oder 10-Liter-Autos kaufen, Elektroboiler undGas- oder
Ölheizungen einbauen, dasWort "Passivhaus" für einen Witz haltenund
die Zimmertemperatur durch Öffnender Fenster regeln.
Die Schlussfolgerung ist eigentlichganz einfach: Energie muss
teurer wer-den; nicht zögerlich und in ungewisserZukunft durch die
steigende Nachfrageaus Indien und China, sondern jetztgleich und
ernsthaft durch eine radikaleErhöhung der Energiesteuern!
Aber nicht einmal die Umwelt-verbände wagen es, diese Forderung
öf-fentlich zu stellen. Der Grund ist weni-ger die Angst vor der
Bildzeitung odervor dem Verlust von Mitgliedern, son-dern hinter
ihrer Unsicherheit steckt eineargumentative Schwäche, nämlich
die
nicht zu Ende geführte intellektuelleAuseinandersetzung mit dem
Totschlag-argument: "Teure Energie kostet Arbeits-plätze".
Wer davon ausgeht, dass teure Ener-gie Arbeitsplätze kostet - es
zumindestfür denkbar hält - der kann natürlich nichtmit gutem
Gewissen höhere Energie-steuern fordern. Die grundsätzliche Lö-sung
bleibt ihm deshalb verwehrt. Soprobieren es die Umweltfreunde mit
maleinem Förderprogramm hier und mal ei-ner Subvention dort, mit
Einrichtung vonEnergieagenturen und mit weiteren
Auf-klärungsprogrammen zur Energieeffi-zienz. Seit über 30
Jahren!
"Teure Energie kostet Arbeitsplätze".Die Tatsache, dass hinter
dieser Behaup-tung handfeste Interessen der Energie-wirtschaft zu
vermuten sind, müsste ei-gentlich zum kritischen Nachdenken
füh-ren. Aber die Aussage wird überhauptnicht mehr als eine
nachprüfbare - undggf. auch widerlegbare - Behauptungempfunden. Sie
ist vielmehr wie einGlaubenssatz tief ins kollektive
Unter-bewusstsein eingedrungen, so dass kei-ner mehr auf die Idee
kommt, die zuGrunde liegenden Argumente herauszu-suchen, sie zu
entwirren und kritisch zuEnde zu denken. Die Folge ist eine
Läh-mung der Umweltbewegung.
Doch fehlerhafte Glaubenssätze beste-hen glücklicherweise nicht
ewig. Fastunbeachtet von der Öffentlichkeit hat
eininterdisziplinäres Team aus Volkswirt-schaftlern, Physikern,
Mathematikernund Ingenieuren eine Argumentenketteentwickelt, die
zum eindeutigen Schlussführt:
Nicht billige, sondern teure Energieschafft Arbeitsplätze. Eine
rasche Erhö-hung der Energiesteuern ist dringend undüberfällig!
Obwohl sie kein einziges ökologischesArgument verwendet, kommt
die jetztaufgestellte Argumentenkette mit rein
ökonomischen(!) Begründungen zu ähn-lichen Ergebnissen wie schon
die alteökologische Steuer- und Finanzreform.Aus beiden Gründen -
sowohl aus öko-nomischer als auch aus ökologischerSicht - ist eine
Anhebung der Energie-steuern dringend erforderlich. Damit lei-stet
die neue Theorie gleichzeitig einenbahnbrechenden Beitrag zur
Versöhnungvon Ökologie und Ökonomie.
Der Solarenergie-Förderverein Deutsch-land hat sich dem neuen
interdisziplinä-ren Energiesteuer-Team angeschlossenund für die
praktische Umsetzung dreikonkrete Forderungen aufgestellt, dieweit
über die Forderungen der ökologi-schen Steuerreform
hinausgehen:
1. Ersatz des bisherigen Arbeitgeberan-teils zur
Sozialversicherung durch eineEnergiesteuer von zunächst 12 Cent/kWh
auf Endenergie,
2. Dauerhafte Gewährung eines Ener-giegeldes von 100 Euro pro
Kopf undMonat,
3. Durchführung der Energiesteuer-reform so schnell dies
überhaupt mög-lich ist, um weiteres Ausbluten von Staatund
Sozialsystemen zu beenden.
Informieren Sie sich über unsereArgumentationskette unter
http://w w w. s f v . d e / l o k a l / m a i l s / w v f
/arbeitun.htm oder über unser Solarbrief-Sonderheft "Arbeitsplätze
und sozialeGerechtigkeit - Aber wie?". Wir sendenIhnen gern auch
mehrere kostenlose Ex-emplare zu.
Falls Sie unserem Vorschlag zustim-men, helfen Sie bitte mit,
die Aktiven derverschiedenen Umweltverbände zu über-zeugen, dass
sie endlich die Frage derEnergieeffizienz vom Grundsatz her
inAngriff nehmen.
Der Kampf um die Energiewende
-
9Solarbrief 4/05Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V.
Solare Baupflicht für Neubauten -Nachrüstpflicht für
AltbautenÄnderung des Baugesetzbuchs ist besser als ein
Marktanreiz-programm für Solarthermie von Wolf von Fabeck
100 % Erneuerbare Energien! Im Zielsind sich die Solarfreunde
einig, aber dieVorstellungen, wie dieses Ziel erreichtwerden soll,
können unterschiedlicherkaum sein. Auf der einen Seite steht
dieForderung des SFV nach einer Bau- undeiner Nachrüstpflicht für
ErneuerbareEnergien im Baugesetzbuch (nicht nurfür Solarwärme und
nicht nur bei Neu-bauten). Auf der anderen Seite forder-ten am
5.11.2005 in Fürstenfeldbrucküber 200 Solarinitiativen nach
derRegioSolar-Konferenz die Bundesregie-rung auf, das
Marktanreizprogramm zurFörderung der Wärmeerzeugung aus
Er-neuerbaren Energien schnellstmöglichwieder in Gang zu setzen und
dazu dieFinanzmittel ausreichend aufzustocken.
Es ist kaum damit zu rechnen, dassPolitiker sich für beide
Forderungen ein-setzen werden. Es geht also um eineEntscheidung
entweder für die Bau- undNachrüstpflicht oder für das
Markt-anreizprogramm.
SFV-Bedenken gegen das Markt-anreizprogramm Solarthermie
1. Solarthermie ist eine ausgereifteTechnik. Ihre Nutzung ist
ein Gebot wirt-schaftlicher Vernunft. Dass sie dennochnur in
beschränktem Umfang erfolgt, istals Fehlentwicklung anzusehen. Es
istaber nicht Aufgabe des Staates, wirt-schaftliche
Fehlentwicklungen mit Hil-fe von Subventionen zu berichtigen,
son-dern er hat die Rahmenbedingungen(Spielregeln) so festzulegen
und zu be-aufsichtigen, dass die Akteure im ge-wünschten Sinne
tätig werden. DerSchiedsrichter schießt nicht selber
dieElfmeter.
2. Steuermittel erlauben keine nach-haltige Förderung von
Massentechniken,da sie begrenzt sind und unregelmäßigfließen. Sie
sind zumeist Ende des Som-
mers verbraucht und werden - wennüberhaupt - erst im Frühjahr
nach Ver-abschiedung des Haushaltes neu freige-geben. Insbesondere
darf niemand aufdie Verfügbarkeit von Steuermitteln hof-fen,
nachdem die Bundesrepublik bereitsmehrfach gegen die
Maastricht-Kriteri-en verstoßen hat. Einer durch Subven-tionen in
Gang gesetzten Bautätigkeitfehlt deshalb die notwendige
Verläss-lichkeit und Planbarkeit. Sie leidet unterder ständigen
Ungewissheit sowie untereinem verhängnisvollen STOP und Go.
3. Zur Gegenfinanzierung verweisendie Solarinitiativen auf die
Einnahmenaus der Ökosteuer auf Erneuerbare En-ergien. Derzeit
flössen nur ca. 35 % derÖkosteuer auf Erneuerbare Energien indas
Marktanreizprogramm. Es müsstenalso weitere 65 % zur Verfügung
gestelltwerden. Die Tatsache, dass dem Markt-anreizprogramm die
ursprünglich zuge-sagten Mittel vorenthalten wurden, stelltin der
Tat einen Vertrauensbruch dar. DieSolarinitiativen sollten aber
gerade dar-aus lernen, wie unsicher der Grund ist,auf den sie ihre
Hoffnung bauen. Die Zu-sage einer Subvention kann mit
jederHaushaltssperre wieder rückgängig ge-macht werden. Es gibt
keinen Rechtsan-spruch und keine Grundlage für die Ent-wicklung
eines Wirtschaftszweiges.
Bau- und Nachrüstpflicht fürAnlagen zur NutzungErneuerbarer
Energien
Der Vorschlag einer Baupflicht fürAnlagen der Erneuerbaren
Energien imBundesbaugesetz wurde vom Solarener-gie-Förderverein
Deutschland schon vorJahren gestellt. Bereits seit vergangenemJahr
können aufgrund einer ersten Än-derung im Bundesbaugesetz
Kommunenin ihrem Bereich den Einsatz erneuer-barer Energien
vorschreiben. Dies ist
zwar erst eine Vorstufe der angestrebtenÄnderung, der
Solarenergie-Förderver-ein Deutschland regt aber an, bereits die-se
gesetzliche Möglichkeit im Vorfeld zunutzen. Er hat dazu in Aachen
einen ent-sprechenden Bürgerantrag gestellt, dererstmals im
Solarbrief 2/05 auf Seite 12erläutert wurde und nochmals auf Seite8
dieses Solarbriefes zu finden ist.
Die endgültige Einführung einer Bau-pflicht im Bundesbaugesetz
ist inzwi-schen in erreichbare Nähe gerückt. Somacht sich z.B. der
SPD-Bundestagsab-geordnete Ulrich Kelber (einer der
stell-vertretenden Fraktionsvorsitzenden) fürdieses Instrument
stark. Die Tatsache,dass die große Koalition im Bundesratdie
Mehrheit hat, macht die Verwirkli-chung ohne Abstriche möglich.
Um auch den Altbaubestand einzube-ziehen, schlägt der SFV
zusätzlich eineNachrüstpflicht für Altbauten vor.
Die Änderungen des Bundesbaugeset-zes kosten keine Steuermittel
und verur-sachen eine gleichmäßige nachhaltigeEinführung der
Erneuerbaren Energien.Wir sollten uns auf diese
wesentlicheForderung konzentrieren.
Bauvorschriften erfüllt?gezeichnet von Eberhard
Waffenschmidt
Der Kampf um die Energiewende
-
10Solarbrief 4/05
Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V.
Kommunale Baupflicht fürEE-Anlagen bei Neubauten
Stand: Dezember 2005
Aachen
Vellmar
München
Bürgerantrag gestelltRatsbeschluss
Bürgerantrag „Solare Baupflicht“einen wichtigen Schritt
weiterNachträgliche Änderung des SFV-Bürgerantrags Von Susanne
Jung
Am 18.07.2005 stellten MitarbeiterIn-nen des SFV in Aachen den
Bürgeran-trag, die Nutzung von Erneuerbaren En-ergien in neu
auszuweisenden oder ge-änderten Baugebieten in Zukunft ver-bindlich
vorzuschreiben. Den genauenWortlaut dieses Bürgerantrags
ein-schließlich Begründung haben wir noch-mals auf der
geegnüberliegenden Seiteabgedruckt.
Die Intention
Eine umfassende Integration von Er-neuerbaren-Energie-Techniken
im Haus-bau soll künftige Investoren vor den ab-sehbaren, enormen
Erdöl- und Erdgas-Preissteigerungen schützen. Zudem be-absichtigt
der SFV, aus klimapolitischenGründen sowie zur Einsparung von
Res-sourcen und zur Verringerung derImportabhängigkeit im
Energiebereicheinen beispielgebenden Impuls für dieBundesrepublik
Deutschland sowie ei-nen Qualifizierungsanreiz für die örtli-che
Architekten- und Handwerkerschaftzu geben.
Erster Teilerfolg
Am 15.12.2005 fand die erste öffent-liche Anhörung im Bürger-
undBeschwerdeausschuss der Stadt Aachenstatt. Hier sollte über die
Plausibilität un-seres Antrages entschieden werden, umdiesen ggf.
an die zuständigen Fachaus-schüsse weiterreichen zu können.
Zu diesem Zeitpunkt lag uns bereitsder für diesen Ausschuss
erarbeiteteBeschlussvorschlag der StadtverwaltungAachen vor. In ihm
wurde dargelegt, dassder Bürgerantrag „angesichts
rechtlicherBedenken“ zurückzuweisen sei. EineGrundsatzentscheidung
dürfe nicht diesachgerechte Abwägung in jedem Ein-zelfall unmöglich
machen. Die Verwal-tung empfahl jedoch trotz dieses Einwan-des, den
Bürgerantrag in den jeweiligenFachausschüssen zu diskutieren, da
es
sich um eine zukunftsweisende Ideehandelt.
Diese erste Stellungnahme der Stadt-verwaltung nahmen wir zum
Anlass,unseren Antrag wie folgt zu modifizie-ren: In der unter
Punkt 1 genannten For-derung wurde das Wort „grundsätzlich“wie
folgt eingefügt:
„1. Die Stadt/Gemeinde beschließt,bei allen zukünftigen
Bebauungsplan-vorhaben sowie Vorhaben- und Er-schließungsplänen
sowie bei zukünf-tigen Änderungen von Bebauungsplä-nen
grundsätzlich für die betroffenenGebiete den Einsatz erneuerbarer
En-ergien in Neubauten verbindlich fest-zuschreiben.“
Diese Formulierungsänderung soll esermöglichen, dass die
Verwaltung in be-rechtigten Ausnahmefällen vom Grund-satz der
„Solaren Baupflicht“ abweichenund Ausnahmen zulassen kann.
In Gesprächen mit SPD- und CDU-Vertretern machten wir im Vorfeld
zurSitzung am 15.12.05 auf diese Formu-lierungsänderung aufmerksam.
Trotz-dem wurde uns hier deutlich, dass nocherhebliche
Überzeugungsarbeit nötig istund großer Aufklärungsbedarf
besteht.
Allein hoffnungsvoll stimmte uns dieaufmunternde Bemerkung des
CDU-Ratsherrn Hans Herff, dass wir mit un-serem Antrag „mal wieder
10 Jahre zufrüh“ gekommen wären.
Der Initiative des Herrn Herff war esdann schlussendlich auch zu
verdanken,dass eine positive Entscheidung des Bür-ger- und
Beschwerdeausschusses mög-lich wurde. Da man sich erwartungsge-mäß
uneinig war, wie die im Beschluss-entwurf der Stadtverwaltung
dargelegtenrechtlichen Bedenken zu handhaben sei-en, schlug Herr
Herff - ebenso wie Aus-schussmitglied Roland Jahn, Bündnis 90/Die
Grünen - vor, diese strittige Passageeinfach zu streichen. Auf
diese Weise
wurde es nach vielen spannenden Minu-ten doch noch möglich, dass
derBeschwerdeausschuss einstimmig derVorlage unseres Bürgerantrags
bei denzuständigen Fachausschüssen (Umwelt-und Planungsausschuss)
zustimmte.
Motiviert gehen wir jetzt also in die„zweite Runde“. In einer
der nächstenUmweltausschuss-Sitzungen 2006 wirderstmals über den
Bürgerantrag beraten.Im Vorfeld werden wir nichts unversuchtlassen,
mit weiteren Argumenten dieMitglieder des Ausschusses und
Politi-ker für unsere Idee zu begeistern.
Wir werden zum Beispiel auf eine Bro-schüre des
BINE-InformationsdienstesKarlsruhe aufmerksam machen, in derbereits
2001 umfassend über Möglich-keiten der Langzeit-Wärmespeicher
undüber solare Nahwärme berichtet wurde.(Ein kostenloser Bezug
dieser Broschü-re profiinfo 1/01 - auch in größerer Stück-zahl -
ist übrigens unter 0228-92379-0möglich.)
Bremen
Bad Harzburg
Der Kampf um die Energiewende
-
11Solarbrief 4/05Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V.
Wortlaut unseres Vorschlags: Bürgerantrag "Solare
Baupflicht"
Unter Bezug auf § 9, Absatz 1, Nr. 23 b des Baugesetzbuchs, der
die Kommunen ermächtigt, in Bebauungsplanvorhaben aus
städtebaulichen GründenGebiete festzulegen, in denen bei der
Errichtung von Gebäuden bestimmte Maßnahmen für den Einsatz
erneuerbarer Energien getroffen werdenmüssen, stelle ich /stellen
wir den Antrag, der Stadtrat / Gemeinderat möge folgenden Beschluss
fassen:
1. Die Stadt / Gemeinde beschließt, bei allen zukünftigen
Bebauungsplanvorhaben sowie Vorhaben- und Erschließungsplänen sowie
bei zukünftigenÄnderungen von Bebauungsplänen für die betroffenen
Gebiete grundsätzlich den Einsatz erneuerbarer Energien in
Neubauten verbindlich festzuschreiben.
2. Die Festsetzung lässt den Bauherren Entscheidungsspielraum,
die Gebäude auszustatten mit eigenen Anlagen zur Wärmeversorgung
aus erneuer-baren Energien oder solche Anlagen gemeinschaftlich mit
anderen Bauherren zu errichten und zu nutzen. Zur Auswahl
stehen
a. thermische Solaranlagen zur Heizungsunterstützung mit
Saisonspeicher und zur Erwärmung des Brauchwassers,
b. Anlagen zur Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien nach §
3, Absatz 1 des Gesetzes zur Neuregelung des Rechts der
Erneuerbaren Energien imStrombereich (EEG) in der Fassung vom
21.07.2004, die in Kraft-Wärmekopplung betrieben werden können,
c. sonstige Anlagen zur Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien
nach § 3, Absatz 1 des Gesetzes zur Neuregelung des Rechts der
ErneuerbarenEnergien im Strombereich (EEG) in der Fassung vom
21.07.2004, insbesondere Anlagen zur Stromerzeugung aus solarer
Strahlungsenergie.
3. Anlagen nach 2 a oder 2 b können auch in Kombination
eingesetzt werden. In jedem Fall ist eine Deckungsrate für den
jährlichen Heizungs- undWarmwasserbedarf von mindestens 60 Prozent
aus erneuerbaren Energien nachzuweisen.
4. Falls Anlagen nach 2 c gewählt werden, müssen diese eine
Erzeugung von mindestens 2000 kWh elektrischer Energie jährlich pro
100 Quadratmeterüberbauter Grundfläche erwarten lassen.
5. Für Neubauten, die gemäß dem Bemessungsverfahren nach der
Energieeinsparverordnung (EnEV) die Anforderungen des sog.
„Passivhaus-Stan-dards“ erfüllen (Heizwärmebedarf ? 15 kWh/(m2/a)),
kann eine Befreiung von den Bestimmungen der Punkte 1 - 4 erteilt
werden.
6. Die örtlichen Kreditinstitute werden gebeten zu prüfen, ob
sie die Maßnahmen nach Punkt 2 bis 5 durch Kredite zu
Sonderkonditionen unterstützenkönnen.
Vorschlag für eine Begründung:
Die Stadt XYZ will ihren laufend entstehenden Bestand neuer
Gebäude an die absehbare Entwicklung auf dem Weltenergiemarkt
anpassen und ausklimapolitischen Gründen sowie zur Einsparung von
Ressourcen und zur Verringerung der Importabhängigkeit im
Energiebereich einen beispielgeben-den Impuls für die
Bundesrepublik Deutschland sowie einen Qualifizierungsanreiz für
die örtliche Architektenschaft bewirken.
Innerhalb der nächsten 10 Jahre ist aufgrund der wachsenden
Volkswirtschaften in China und Indien mit einem nachfragebedingten
wesentlichenAnstieg des Rohölpreises zu rechnen. So hat z. B. in
diesen beiden Ländern die Massenmotorisierung begonnen. Schon jetzt
wird teilweise mitÖlpreissteigerungen von über 100 Prozent
gerechnet. Die Preissteigerungen werden sich in der Folgezeit
fortsetzen, da ein entsprechender Anstieg derRohöl-Fördermengen
nicht mehr zu erwarten ist. Infolge von Substitutionsvorgängen
(Erdöl wird - wo dies möglich ist - durch Erdgas oder
durchElektrizität ersetzt) werden die Preissteigerungen auch auf
die anderen Energieformen übergreifen. Dies trifft insbesondere die
Nutzer langlebigerWirtschaftsgüter mit hohem Energieverbrauch, da
eine vorzeitige Ersatzbeschaffung kaum möglich und eine technische
Nachbesserung unverhältnis-mäßig aufwendig ist. Wohnungen, deren
Wärmedämmung nicht dem heute schon möglichen Dämmstandard
entspricht und deren Wärmeversorgungauf konventionellen
Energieträgern basiert, werden die Sanierungsfälle von morgen sein.
Sofern die Rückzahlung der Investitionssumme noch nichtbeendet ist
- also bei der großen Mehrzahl aller Neubauten - stellt der Anstieg
der Energiepreise auch ein Risiko für die Rückzahlung von
Baudarlehendar. Nicht nur die Eigentümer selbstgenutzter Wohnungen,
sondern auch die Mieter und sogar die Kreditgeber sind gefährdet.
Da die Nutzungsdauervon Wohnungen in der Größenordnung eines
Jahrhunderts liegt, ist hier eine vorausschauende Planung von
besonderer Wichtigkeit.
Erläuterung zu den vorgesehenen Techniken:
Die Wahlmöglichkeit zwischen verschiedenen Techniken und ihre
mögliche Kombination erhöht die Effektivität und die Akzeptanz.
Zu 2) Die zugrunde liegende Bestimmung des Baugesetzbuches, dass
aus städtebaulichen Gründen (ganze) Gebiete festgesetzt werden,
erlaubt auchden Einsatz solcher Techniken der erneuerbaren
Energien, die ihre volle Wirtschaftlichkeit erst bei größeren
Anlagen bzw. bei gemeinschaftlicherNutzung größerer Anlagen - z.B.
bei einer gemeinsamen Nahwärmeversorgung - entfalten. Hier bietet
sich auch die Kombination verschiedenerTechniken, z.B. nach 2 a und
2 b an, um eine bessere jahreszeitliche Bedarfsdeckung zu
erzielen.
Zu 2 a) Falls thermische Solaranlagen gewählt werden, wird die
Heizungsunterstützung mit Saisonspeicher ausdrücklich
vorgeschrieben. Diese Kom-bination stellt die konsequenteste
Anwendung von Solartechnik im Wärmebereich dar. Ihre Effektivität
übersteigt die einer einfachen Brauchwasser-Solaranlage um ein
Vielfaches, da hier insbesondere die Solarwärme der Sommermonate
und auch der Urlaubswochen für die kalte Jahreszeit nutzbargemacht
wird. Da die Effektivität eines Wärmespeichers mit seiner Größe
steigt, ist das Zusammenwirken mehrerer Wohneinheiten mit einem
Zentral-speicher von Vorteil. Nach heutiger Technik kann die
geforderte solare Deckungsrate von 60 Prozent in Norddeutschland
mit einer Kollektorfläche vonmindestens 20 Prozent der beheizten
Wohnfläche und mit einem Zentralspeicher zur Heizungsunterstützung
mit einem Volumen von mindestens 60Kubikmetern pro Wohneinheit
erreicht werden.
Zu 2 b) Abgesehen von der Photovoltaik, der Windenergie und der
Geothermie lassen sich Anlagen nach dem EEG auch in
Kraft-Wärmekopplungbetreiben. Die Einspeisevergütung für den
erzeugten Strom ist deutlich höher als bei Kraft-Wärmekopplung mit
fossilen Energien. Die gleichzeitigeErzeugung von Strom und Wärme
stellt die beste Ausnutzung der wertvollen stofflichen
Energieträger dar. Solche Kraft-Wärmekopplung ist in derRegel mit
der gegenwärtig zur Verfügung stehenden Technik erst in größeren
Einheiten wirtschaftlich, so dass sich auch hier ein
Zusammenschlussmehrerer Wohneinheiten zu einem Nahwärmenetz
anbietet. Infrage kommen z. B. pflanzenölgetriebene
Blockheizkraftwerke, Kraft-Wärmekopplungim Zusammenhang mit
Holzvergasung. Auch der Antrieb eines Klein-Blockheizkraftwerks mit
Biogas aus dem Erdgasnetz ist möglich, wenn anderen-orts nach
vertraglicher Vereinbarung die gleiche Menge Biogas in das Gasnetz
eingespeist und „durchgeleitet“ wird. Eine Verbrennung von
Biomassezur Wärmeerzeugung ohne gleichzeitige Stromerzeugung (z. B.
eine Holzpelletsheizung) steht ausdrücklich nicht zur Wahl
Zu 2 c) Die Stromerzeugung aus Anlagen zur Nutzung der solaren
Strahlungsenergie, d. h. üblicherweise Photovoltaik, stellt eine
Wahlmöglichkeit z.B. für Lager- und Montagehallen dar, sowie für
einzelne Gebäude, die nicht in ein Nahwärmenetz mit anderen
Gebäuden eingebunden werden sollenoder können.
Zu 5) Die vorgesehene Befreiungsmöglichkeit für Gebäude mit
Passivhausstandard berücksichtigt, dass bei diesen Gebäuden der
Energiebedarf äu-ßerst gering ist.
Der Kampf um die Energiewende
-
12Solarbrief 4/05
Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V.
Erdöl für alle - diese Zeit ist vorbeivon Hans-Josef Fell,
Mitglied des Deutschen Bundestages, Forschungs- und
technologiepolitischer Sprecher Bundes-tagsfraktion Bündnis 90/Die
Grünen.
Erdöl für alle - diese Zeit ist vorbei.Es ist eine Mär zu
glauben, es gäbe fürden Verbrauch noch für Jahrzehnte ge-nügend
Erdöl in der Welt. Die Realitätsieht anders aus. Das Erdöl wird
knappund zwar bald, sehr bald sogar. Diesmusste und muss
verschleiert werden. Zudiesem Zweck wurden unzählige Exper-tisen
geschrieben, scharenweise Vorträ-ge gehalten, Interviews gegeben.
Haupt-verschleierungskünstler sind die Interna-tionale
Energieagentur (IEA), die Mine-ralölkonzerne und die
amerikanischeUSGS (United States GeologicalSurvey), die den
Statistischen Unterbauliefert, auf den sich die meisten
Energie-experten beziehen. Da die meisten Ex-perten auf die
gleichen Zahlen zugrei-fen, kommen auch die meisten zu demgleichen
Ergebnis, dass es noch lange ge-nügend Erdöl gäbe.
Wer hinter den Ölschleier sehen will,betrachtet am besten die
Analysen derASPO (Association for the Study of PeakOil & Gas).
Die ASPO sagt schon seitJahren für den jetzigen Zeitraum das
Er-reichen des Maximums der Erdölförde-rung voraus.
Doch selbst die ASPO wurde in denletzten Jahren noch von der
Realitätüberholt. Grund ist die stark gestiegeneglobale Nachfrage
nach Erdöl. Alleineder Anstieg im letzten Jahr überschrittden
Verbrauch Deutschlands.
Alle 3-4 Jahre müsste ein neu-es Saudi-Arabien aus dem Bo-den
gebohrt werden, um diesenNachfrageanstieg zu befriedi-gen.
Dabei hat Saudi-Arabien schon genü-gend damit zu tun, den
Förderrückgangder Nordsee und anderer Gebiete aufzu-fangen. Das
OPEC-Land Indonesien istdieses Jahr zum Importland gewordenund hat
mit Unruhen aufgrund der Erdöl-preisanstiegs zu tun. Iran versucht
aufErdgas und Atom umzusteigen, da es
seine Erdölförderung zurückfahrenmuss. Und Saudi-Arabien
produziert anseiner Kapazitätsgrenze. Die jüngste Stu-die des
Analysten Simmons geht davonaus, dass Saudi-Arabien schon bald
sei-ne Erdölförderung wird senken müssen.Kritisch über die
Möglichkeiten Saudi-Arabiens äußert sich mittlerweile sogarder
frühere Chef des staatlichen saudi-arabischen Ölkonzerns Aramco in
New-York Times Magazin vom 21.August.
Der französische Premier-MinisterDominique de Villepin sagte am
1. Sep-tember, dass es Zeit ist, sich der Ener-gie-Realität zu
stellen: „Wir sind in dasPost-Erdölzeitalter eingetreten. Ichmöchte
alle Konsequenzen ziehen undeinen richtigen Schwung in
Energie-sparen und erneuerbare Energien ge-ben“.
Doch noch sind die beschwichtigen-den Stimmen in der Überzahl -
leidernicht ohne Folgen: Die jahrelangen Fehl-einschätzungen der
Erdölanalysten ha-ben gravierende Auswirkungen auf diePlanungen der
Staatshaushalte und In-vestitionen der Wirtschaft sowie der
Pri-vathaushalte.
Alle Jahre wieder werden aufgrundutopischer Annahmen über
Erdöl-
reserven für das Folgejahr niedrigereÖlpreis prognostiziert.
Halb aus Spaß,halb mit Ernst hatte ich am 19.10.2004in einer
Pressemitteilung folgende Pro-gnose abgegeben: „Für 2005 rechnendie
Wirtschaftsweisen vollkommen welt-fremd mit 37 Dollars je Barrel
Rohöl. Inden letzten 6 Jahren lag der Olpreis imSchnitt um 50 %
über der Prognose vonAnalysten, wie eine Untersuchung derDeutschen
Bank zeigte. Wird dies be-rücksichtigt, ergibt sich ein Ölpreis
vondurchschnittlich 55 Dollars je Barrel.D.h., dass der Olpreis
sich im nächstenJahr vermutlich über längere Zeiträumeüber 60
Dollars je Barrel aufhaltenwird.“
Letztes Jahr schwankte der Rohölpreisim August zwischen 40 und
45 Dollar jeBarrel. Damals wurden die Spekulantenund die Krisen in
Venezuela und Nige-ria dafür verantwortlich gemacht. DieKrisen sind
verschwunden und derErdölpreis liegt zwischen 60 und 70Dollar je
Barrel - auch schon vor denHurrikan-Schäden.
Jetzt, wo das Erdöl knapp wird, wärees das Verkehrteste, die
Mineralölsteuerzu senken und damit erneut falsche Kauf-anreise zu
setzen. Leider genügt es auch
Der Kampf um die Energiewende
-
13Solarbrief 4/05Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V.
nicht, alleine aufs Energiesparen zu set-zen und etwa
5-liter-Erdöl-Autos zurNorm zu machen. Diese Maßnahmensind
zweifellos wichtig. Entscheidend istaber der Wechsel der
Energieträger - Weg
von endlichen Ressourcen - hin zu un-erschöpflichen Erneuerbaren
Energien.Besser sind also 3-Liter-Pflanzelölautosoder
1-Liter-Solarautos, so wie ich esfahre. Und es ist sicher auch
wichtig,Altbauten besser zu dämmen. Aber in die
Heizung des Niedrigenenergiealtbaus ge-hören dann Holzpellets
und nicht Erdölund auch nicht das Erdgas, das sich alsnächstes
verknappen wird, wie wir inAmerika bereits sehen konnten.
"Die Welt hat genug für jedermanns Bedürfnisse,aber nicht genug
für jedermanns Gier."
Mahatma Gandhi
Fair FutureEin Report des Wuppertal Instituts für Klima,
Umwelt,Energie Rezension von Alfons Schulte
Im Zentrum des Reports steht die Fra-ge, wie in einer Welt
begrenzter Ressour-cen eine globale Gerechtigkeit hergestelltwerden
kann.
Am Anfang erfolgt eine fundierte Be-standsaufnahme, die dem
Leser scho-nungslos die Augen öffnet: Die Welt, wiesich uns derzeit
darstellt, ist alles andereals gerecht. Der wirtschaftliche
Abstandzwischen reichen und armen Staaten –gemessen im BIP – hat
sich in der Reali-tät vergrößert; ausgenommen hiervonsind nur
einige Schwellenländer wieChina und Indien.
In der offiziellen Entwicklungspolitikwird die These
vorgebracht, die Armutkönne nur durch Wachstum und Einbin-dung in
die globale Weltwirtschaft er-reicht werden. Diese These – so
eineKernaussage des Reports – ist mit Blickauf die "Fortschritte"
in vielen ärmerenTeilen der südlichen Hemisphäre höchstfragwürdig.
Als zentrales Problem wirdsich, so die Autoren, jedoch die Frageder
begrenzten natürlichen Ressourcenstellen: Die Welt, damit ist die
Biosphä-re gemeint, sei schon jetzt mit der Lastaus der
Inanspruchnahme von Ressour-cen in ihrer Regenerationsfähigkeit
über-strapaziert. Der Hauptgrund liege in derübermäßigen Nutzung
durch die Indu-strieländer sowie aufkommenderSchwellenländer.
Als logische Folge verbietet es sich -dies ist eine weitere
Kernaussage des Bu-ches - dass Entwick-lungspolitik als die Ko-pie
des westlichen Wohl-stands- und Konsummo-dells verstanden
wird.Diese würde die Bio-
sphäre innerhalb kürzester Frist restlosüberfordert.
Das Autorenteam versucht vor diesemHintergrund darzulegen, was
globale Ge-rechtigkeit ist. Ausgehend von den Er-kenntnissen der
europäischen Aufklä-rung (Kant) wird eine Grundthese ent-wickelt,
die unter globaler Gerechtigkeiteine Entwicklung versteht, die die
Rech-te anderer Menschen respektiert undnicht einschränkt. In einem
System be-grenzter Ressourcen kann dies nur hei-ßen, dass die
westlichen Staaten sich aufein "verträgliches Maß" an
Ressourcen-nutzung beschränken. Gleichzeitig wirdden ärmeren
Staaten, insbesondere in dersüdlichen Hemisphäre, ein
Mehrver-brauch zugestanden. Eine Entwicklungauf Effizienz,
Konsistenz und Suffizienzhin stellt das Leitmotiv dar: dahinter
ver-stehen die Autoren eine effiziente Nut-zung der Ressourcen,
aber nur in demMaße, wie sie zur Befriedigung vonGrundbedürfnissen
notwendig sind(Suffizienz). Das Konsistenzprinzip
sollsicherstellen, dass industrielle Prozessedie natürlichen nicht
nachhaltig negativbeeinflussen.
Die genannten Prinzipien müssen –das ist das Ziel der Autoren –
die Basisder Politik bilden.
An vielen praktischen Beispielen wirderläutert, wie
Fehlentwicklungen wirkenund was praktisch getan werden muss,damit
sich die Welt auf eine gerechte,
Fair Future - Begrenzte Ressourcenund globale Gerechtigkeit
Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Ener-gie GmbH, Verlag C.H.
Beck oHG, MünchenMai 2005, Broschiert, 278 Seiten mit 23
Ab-bildungen und 7 Tabellen, 19,90 Euro,ISBN 3-406-52788-4
ressourcenleichte Zukunft hin orientiert.Die Autoren setzen sich
am Schluss desReports mit der politischen Gegenwartauseinander.
Sie zeigen auf, dass gerade die euro-päische Politik
aufgefordert ist, hier Zei-chen zu setzen und die Rolle des
Vorrei-ters zu übernehmen.
Fazit: Fair Future ist ein aufschluss-reiches und wichtiges
Buch, das demLeser hilft, die aktuellen Entwicklungenund Probleme,
die insbesondere aus demGlobalisierungsgedanken heraus deut-
lich werden, besser zu ver-stehen. Ein empfehlenswer-tes
Geschenk für jeden poli-tisch Interessierten.
Der Kampf um die Energiewende
-
14Solarbrief 4/05
Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V.
12 Argumente fürdie Windkraft im Binnenland
Mit Fakten gegen Vorurteile: Von Eberhard Waffenschmidt
Bild 1: Der Windpark in Aachen-Vetschau trägt zur
sauberenEnergieversorgung von Aachen bei.
Die Entwicklung der Windkraft in denletzten Jahren ist ein
beispielhafter Er-folg für den Ausbau erneuerbarer Ener-gien.
Innerhalb weniger Jahre hat derAnteil der Windenergie an der
Stromer-zeugung den der Wasserkraft überholt.Das
Stromeinspeisungsgesetz von 1991mit seinem Nachfolger, dem
Erneuer-bare-Energien-Gesetz, hat bewirkt, dassdie Windkraft einen
soliden Grund-bestandteil aus erneuerbaren Energienunserer
elektrischen Energieversorgungdarstellt. Inzwischen werden über
6%des deutschen Stromes aus Windkrafthergestellt.
Während jedoch noch vor wenigenJahren die Windkraft euphorisch
als sau-ber und effizient gepriesen wurde,scheint sich in der
Wahrnehmung der Be-völkerung das Blatt zu wenden. Kritik-los werden
verdrehte Tatsachen, absur-de Behauptungen oder gar
regelrechteLügen verbreitet. Die Aachener Zeitungkonnte sogar
kürzlich in einer Liste vonThemen für die geplante Große Koaliti-on
die Frage aufnehmen: "Werden dieWindkrafträder jetzt alle wieder
abge-baut?" Die Antwort lautete zum Glück"nein", denn alle Parteien
hätten ihrenNutzen eingesehen, aber vor ein oderzwei Jahren wäre
sicherlich allein einesolche Frage schon absurd gewesen. Siezeigt,
wie weit es gekommen ist.
Tatsächlich kommen Windenergie-gegnern häufig mit Halb- und
Unwahr-heiten, was vor allem bei technischenDingen, bei denen ein
normalgebildeterBürger sachlich nicht mithalten kann,leicht fällt.
Aber das muss ja nicht sobleiben.
1. Behauptung:"Windenergie und überhaupt erneuer-bare Energien
werden zu hoch subven-
tioniert und kostenuns zuviel!"
Falsch! Windkraftwird nur aufgrund
desErneuerbare-Energi-en-Gesetzes durchfestgelegte Preise
fürWindstrom unter-stützt, und Strom auserneuerbarer Energiekostet
einem durch-schnittlichen 3-Personenhaushalt ge-rade mal 1,50 •
zusätzlich pro Monat.
Windräder hingegen werden nicht vonden Steuerzahlern, sondern
von den Ei-gentümern bezahlt. Der Betrieb rentiertsich, weil die
Energieversorger für denWindstrom etwa 0,6 Cent mehr bezah-len
müssen, als Strom durchschnittlichkostet. Diese sogenannte
"kostendecken-de Vergütung" wird nicht aus der Staats-kasse
finanziert, sondern auf die Ver-braucher von Strom umgelegt. So
zah-len nur die viel, die auch viel Strom ver-brauchen.
Neben dieser Vergütung für geliefer-ten Windstrom gibt es nach
Wissen desAutors keine Subventionen im eigentli-chen Sinne. In der
umfangreichen Bro-schüre "Geld vom Staat - für Energie-sparen und
erneuerbare Energien", her-ausgegeben vom Bundesministerium
fürUmwelt, Naturschutz und Reaktor-sicherheit, in der über 100
Förderpro-gramme aufgelistet sind, finden sich au-ßer einem kleinen
Förderprogramm derStadt Bremen und einem Teilprogrammim Saarland,
keine Hinweise auf Förde-rungen vom Staat für den Bau von
Wind-anlagen.
Es gibt Mittel für die Erforschung derWindenergie, sie sind
jedoch nicht hö-
her als für andere Zukunftstechnologienund werden praktisch nur
an Universi-täten und Forschungseinrichtungen ver-geben.
Windkraftunternehmen und Be-treiber bekommen davon nichts. Ande-re
Erneuerbare Energien wie Biomasse,Geothermie und zum Teil auch
Solaren-ergie (zum Heizen und zur Warmwasser-bereitstellung) werden
subventioniert.Das wird immer wieder schon mal in Zei-tungsartikeln
und Diskussionen fälsch-lich mit der Windenergie in einen
Topfgeworfen.
Aber wie sieht das mit Steuervortei-len für Investoren von
Windrädern aus?
Nach Auskunft der Bundesregierungin der schon genannten "Antwort
derBundesregierung auf die Kleine Anfra-ge Mehrfachförderung von
Windkraftan-lagen", Drucksache 15/4547, gilt: "MitAusnahme der
Stromsteuerbefreiung(Anmerkung des Autors: Des Stromszum
Eigenverbrauch!) erhalten Betrei-ber von Windenergieanlagen keine
spe-ziellen Steuervergünstigungen, die vonanderen gewerblichen
Bereichen nichtauch in Anspruch genommen werdenkönnen".
In dem Zusammenhang ist es durch-aus erwähnenswert, dass die
Bundesre-gierung 4,7 Milliarden Euro Steuergel-
Der SFV fordert: Ausbau der Windenergie auch im Binnenland
Der Kampf um die Energiewende
-
15Solarbrief 4/05Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V.
Bild 2: Erzeugte Energie aus Windkraft im Jahr 2004, nach
Bundesländern geordnet.Das Binnenland NRW (weiß) kann bei der
Windenergieerzeugung gut mit den Küstenlän-dern (hellgrau)
mithalten.
der pro Jahr für Braun- und Steinkohle-subventionen ausgibt, wie
Greenpeaceauf ihrer Website mitteilt Demnach ar-beiten derzeit im
Kohlebergbau und inden Kraftwerken insgesamt noch 93.000Menschen.
Gleichzeitig stellen die er-neuerbaren Energien (wobei die
Wind-kraft einen erheblichen Anteil hat) schonheute 130.000
Arbeitsplätze. Macht eswirklich Sinn, Mittel in dieser
Größen-ordnung zu verwenden, um den Klima-wandel zu sponsern?
Übrigens, wie Herr Dr. Knüfer ausJülich in einem Leserbrief in
der Aache-ner Zeitung am 15.10.05 bemerkt: "Diemaßlosen
Jahresbezüge für 2004 alleindes RWE-Vorstandsvorsitzenden vonrund
31.000 Euro pro Tag (!) müssenebenfalls vom Stromkunden bezahlt
wer-den."
2. Behauptung:"Windräder im Binnenland erzeugenlange nicht so
viel Energie wie an derKüste. Wir können daher darauf
verzich-ten."
Falsch! Die Hälfte der Windenergiewird in Binnenländern erzeugt.
In NRWwird mehr Windstrom als in Mecklen-burg-Vorpommern erzeugt,
worauf wirnicht verzichten wollen.
Diese Antwort und die folgende stüt-zen sich auf die Zahlen, die
das Deut-sche Windenergie-Institut (DEWI) inWilhelmshaven
veröffentlicht. Unterwww.dewi.de finden sich Pressemittei-lungen
dazu. Aus den dort veröffentlich-ten Zahlen zur
Windenergieerzeugungsind die Graphiken in Bild 2 und Bild 3erstellt
worden.
Bild 2 zeigt deutlich, dass 2004 imBinnenland
Nordrhein-Westfalen(NRW) mehr Windstrom als im Küsten-land
Mecklenburg-Vorpommern und fastsoviel wie in Schleswig-Holstein
erzeugtwurde. Insgesamt wurde in den Binnen-ländern die Hälfte der
gesamten Wind-energie erzeugt. Es wäre demnach einherber Verlust,
würde man die Windrä-der im Binnenland abbauen.
Ein weiterer Grund für Windräder imBinnenland ist eine damit zu
erzielendegleichmäßige Grundenergieerzeugung.Stünden alle Windräder
nur in einer Re-gion, wäre die Windenergieerzeugungdurch die
starken Schwankungen der
dortigen lokalen Wetterverhältnisse be-stimmt. Wichtig für eine
gute Grund-versorgung ist daher nicht nur, dassWindräder da stehen,
wo viel Wind weht.Fast noch wichtiger ist - und das wird inder
Diskussion fast nie berücksichtigt -dass die Windräder gut verteilt
stehen,sodass immer ein Teil in Betrieb ist,wenn anderswo gerade
Flaute ist. Auchdaher brauchen wir die Windräder imBinnenland
dringend.
3. Behauptung:"Aber man braucht im Binnenland we-sentlich mehr
Windräder für dieselbeWindenergie."
Falsch! Windräder in Binnenland brin-gen mehr als 90% der
Leistung vonWindrädern an der Küste. Es werdendarum kaum mehr
Windräder für die sel-be Leistung gebraucht.
Auch hier helfen die Zahlen vomDEWI weiter. Bild 3 (siehe
nachfolgen-de Seite) zeigt den Ausnutzungsgrad vonWindrädern in
verschiedenen Bundes-ländern. Der Ausnutzungsgrad be-schreibt, wie
groß die tatsächliche mitt-lere (Jahres) Leistung einer
Windkraft-anlage in Bezug auf ihre installierte Lei-stung ist. Im
Mittel beträgt der Ausnut-
zungsgrad für alle Binnenländer 20,9 %und für alle Küstenländer
23,0 %, d. h.ein Windrad im Binnenland bringt imDurchschnitt 91 %
der Energie wie ei-nes in einem Küstenland.
Wie kommt das, wo doch jeder weiß,dass an der Küste der Wind
stärker weht?Der Grund ist, dass seit geraumer ZeitWindanlagen im
Binnenland speziell fürdie dort vorherrschenden
schwächerenWindverhältnisse entworfen werden.Vereinfacht gesagt,
haben sie größereRotorblätter. Solche Windräder würdenan der Küste
bei stärkerem Wind dau-ernd abschalten und hätten dort
einenschlechten Ausnutzungsgrad.
Weiterhin hat natürlich jeder Windrad-eigentümer ein ureigenstes
Interesse, einWindrad nur dort aufzubauen, wo auchgenügend Wind
weht. Seine Anlage fi-nanziert sich ja ausschließlich über
denerzeugten Windstrom.
4. Behauptung:"Windenergie ist unzuverlässig, denn derWind weht
ja nicht immer."
Falsch! etwa 40% der im Mittel er-zeugten Leistung aus
Windgeneratoren,zählt als "statistisch garantierte Lei-
Der Kampf um die Energiewende
-
16Solarbrief 4/05
Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V.
Bild 4: Tabelle gesicherte Leistung aus der DENA Studie.
stung", bei einem Niveau derVersorgungssicherheit von 99 %.
In einer Studie der Deutschen Ener-gieagentur (DENA) von Anfang
2004zur Zukunft der Windenergie in Deutsch-land wurde unter anderem
untersucht,wie zuverlässig Windenergie vorhandenist und sein wird.
Mitglieder der Projekt-steuerungsgruppe dieser Studie
warenNetzbetreiber wie RWE, E.ON oderVattenvall Europe, Verbände
der Ener-giewirtschaft und Windkraftbetreiber.Details zu dieser
"DENA-Netzstudie"sind im Internet unter
http://www.deutsche-energie-agentur.de/page/index.php?id=2764&type=5
zu finden.
Wie die Tabelle in Bild 4 zeigt, kommtdie Studie zu dem
Ergebnis, dass im Jahr2003 je nach Jahreszeit 889 MW bis1245 MW als
"statistisch garantierteLeistung" (etwa 40% der durchschnitt-lich
erzeugten Leistung) aus Wind-generatoren zur Verfügung stand.
Eskönnten dafür sogar entsprechend kon-ventionelle Kraftwerke
abgerissen wer-den.
Der Grund dafür ist, dass irgendwoimmer der Wind weht. Wichtig
für einegute Grundversorgung ist daher nichtnur, dass Windräder da
stehen, wo vielWind weht. Fast noch wichtiger ist - unddas wird in
der Diskussion fast nie be-rücksichtigt - dass die Windräder
gutverteilt stehen, sodass immer ein Teil inBetrieb ist, wenn
anderswo gerade Flauteist. Daher brauchen wir die Windräderim
Binnenland dringend.
Zusätzlich zu der sicheren Grundlastkorreliert ein nicht
unerheblicher Teil dererzeugten Windstromerzeugung mit derLast. So
weht im Winterhalbjahr, wennmehr Strom gebraucht wird, der
Windstärker. Oft ist der Wind tagsüber undbesonders Mittags wegen
der erhöhtenThermik durch Sonneneinstrahlung pas-send zum
Stromverbrauch am stärksten.
5. Behauptung"Es müssen immer konventionelle Kraft-werke
mitlaufen, damit bei FlautenStrom da ist. Darum sparen
Windräderkeinen Krümel Kohle ein."
Falsch! Die vielen Windparks inDeutschland reagieren in der
Summe solangsam, dass man im Bedarfsfall be-quem Reservekraftwerke
hochfahren
Bild 3: Ausnutzungsgrad von Windkraftanlagen im Jahr 2004, nach
Bundesländern geordnet.Der Ausnutzungsgrad beschreibt, wie groß die
tatsächliche mittlere Leistung einer Windkraftan-lage in Bezug auf
ihre installierten Leistung ist. Anlagen im Binnenland NRW (weiß)
sind genauso gut ausgenutzt wie die in Küstenländern
(hellgrau).
kann. Darum brauchen sie nicht dauerndmit zu laufen.
Die Behauptung enthält gleich vierFehler.
Erstens treten keine "plötzlichen"Leistungsausfälle durch
Windmangelauf. Das mag noch für ein einzelnesWindrad gelten, das
Reaktionszeiten aufWindänderungen von einigen Sekundenaufweist.
Aber schon für einen kleinenWindpark - wie z. B. in AachenVetschau,
siehe Bild 1 - gleichen sich dieLeistungsschwankungen der
einzelnenWindräder teilweise aus. Die Reaktions-zeit verlängert
sich dadurch schon aufein bis zwei Minuten. Noch wesentlich
freundlicher sieht das für eine ganze ver-netzte Region wie z.B.
das Rheinlandaus. Hier ist mit Reaktionszeiten im
Ein-Stundenbereich zu rechnen. Für ganzDeutschland gleichen sich
die Anteileder Regionen sogar so stark aus, dass40% der im Mittel
erzeugten Wind-leistung immer vorhanden sind. Es bleibtalso
reichlich Zeit, auch träge Kraftwer-ke zu- und abzuschalten, um die
Strom-versorgung stabil zu halten.
Zweitens lassen sich die mittlerenWindgeschwindigkeiten in
größeren Re-gionen gut vorhersagen, so dass man dasZu- oder
Wegschalten von Kraftwerkensogar im Voraus planen kann.
Der Kampf um die Energiewende
-
17Solarbrief 4/05Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V.
Drittens ist es falsch, dass die mit ver-minderter Leistung
mitlaufenden Kraft-werke für den Ausfall von
Windanlagenbereitgehalten werden. Ihr Hauptzweckist es,
einzuspringen, wenn sich mal wie-der ein Kernkraftwerk wegen eines
Stör-falls von einer Sekunde zur nächstenvom Netz
verabschiedet.
Viertens ist es eine Fehlinformation,dass die "gedrosselt
mitlaufenden" Kraft-werke genau so viel Brennstoff benöti-gen wie
bei Volllast. Eine Halbierung derKraftwerksleistung bedeutet
nahezuauch eine Halbierung des Brennstoffver-brauchs, denn der
Wirkungsgrad derKraftwerke verringert sich im "gedros-selten"
Betrieb lediglich um etwa 1%-Punkt. Im übrigen können
konventionel-le Kraftwerke aus dem Teillastbetriebinnerhalb von
Sekunden von halber Kraftauf "Vollgas hochgefahren" werden,wenn es
nötig sein sollte. Siehe
auchhttp://www.sfv.de/lokal/mails/wvf/windunoe.htm.
6. Behauptung:"Windenergie ist eh nur ein 'Tropfen aufden heißen
Stein'"
Falsch! Es wird soviel Windstrom er-zeugt, wie mehrere
Bundesländer, z. B.Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vor-pommern und
Sachsen-Anhalt, zusam-men an Strom verbrauchen.
Der Anteil der Windenergie an derStromerzeugung betrug 6,17 % im
Jahre2004, siehe Jahrespressekonferenz 2004DEWI im Internet. Hier
gibt es auch Zah-len für den Stromverbrauch der Länder(siehe Bild
5), leider nur für 2001, aberseitdem hat sich der
Stromverbrauchnicht grundlegend erhöht.
Wenn die gesamte Stromerzeugungeine Literflasche darstellt, ist
der Anteilder Windenergie immerhin ein großesSchnapsglas (ca. 60
ml) voll. Das istmehr als nur ein Schluck, und auf jedenFall mehr
als ein kleiner Tropfen.
7. Behauptung:"Wir sollten das Geld für die Windräderbesser in
effizientere Kohlekraftwerkeinvestieren, das bringt eine größere
Ent-lastung der Umwelt."
Falsch! Soviel Energie, wie in abseh-barer Zukunft mit
Windenergie erzeugtwird, lässt sich nicht mit Effizienz-
steigerungen von konventionellen Kraft-werken einsparen.
Schon jetzt beträgt der Anteil derWindenergie an der
Stromerzeugungüber 6 %. In Kürze, wenn die sich in derschon
konkreten Planung befindlichenOff-Shore-Windparks ans Netz
gehenwerden, wird der Anteil auf über 10%steigen. Durch weiteren
Ausbau und denErsatz von Altanlagen durch größereNeuanlagen
(Repowering) kann undwird der Anteil auch in Zukunft nochweiter
steigen. Der Anteil fossiler Ener-gieerzeugung an der
Gesamtstrome-rzeugung liegt dann bei etwa 75%. 10%Windenergie
gegenüber 75% Fossil-energie sind etwa 14 %. Die Windenergiespart
also ca. 14 % der fossilen Brenn-stoffe in der Stromerzeugung ein.
Ange-nommen, wir wollten diese 14 %Brennstoffreduktion durch eine
Wir-kungsgrad-Verbesserung erzielen. Beieinem jetzigen typischen
Wirkungsgradvon 40 % von fossilen Kraftwerkenmüsste der
Wirkungsgrad um etwa 7 %-Punkte auf 47% gesteigert werden, undzwar
für alle Kraftwerke. Wenn man be-denkt, dass
Wirkungsgradsteigerungenvon 5 % heutzutage schon als
technischeWunderleistung gehandelt werden, isteine Steigerung, wie
sie notwendig wäre,insbesondere für den gesamtenKraftwerkspark,
technisch illusorischund finanziell mit Sicherheit teurer
alsWindenergie.
Außerdem verbauen uns große Inve-stitionen in fossile Kraftwerke
den Wegzu einer nachhaltigen Wirtschaft undbetonieren für weitere
30 Jahre den Ver-brauch an fossilen Energieträgern.
8. Behauptung:"Die Stromnetze sind jetzt schon durchWindenergie
überlastet und ihr Ausbauist unbezahlbar."
Falsch! Der Ausbau der Netze wirdmit höchstens 0, 05 Cent je kWh
zu Bu-che schlagen.
Muss Windenergie tatsächlich einmalüber eine Region hinaus
transportiertwerden, so existiert ein gut ausgebautes"Rückgrat" an
Leitungen von Nordennach Süden quer durch die Republik. EinTeil
davon im Norden wurde unter an-derem angelegt, um das
KernkraftwerkStade bei Hamburg anzuschließen und
um die Stadt Hamburg bei einem plötz-lichen Ausfall des
Kraftwerkes weiter-hin versorgen zu können. Davon könnenjetzt
Windparks in Ost- und Nordfries-land profitieren.
Trotzdem ist ein Ausbau des Leitungs-netzes notwendig, um den
weitern Aus-bau der Windenergie insbesondere durchOff-Shore
Windparks nicht zu blockie-ren. In der Studie der Deutschen
Ener-gieagentur (DENA) von Anfang 2004zur Zukunft der Windenergie
in Deutsch-land wurde dies ausführlich untersucht.Sie kommt zu dem
Schluss: "Durch dienotwendigen Netzneubaumaßnahmenbis zum Jahr 2015
wird das bereits be-stehende Höchstspannungsüber-tragungsnetz um
insgesamt 850 km er-weitert. Das entspricht einem Anteil von5%
bezogen auf die bereits vorhandenenHöchstspannungstrassen." Dabei
müsseninsbesondere Lücken in der Verbindungzwischen West- und
Ostdeutschland ge-schlossen und die schwach erschlosse-ne Region
Ostfriesland besser angebun-den werden.
Dieser Ausbau soll im Wesentlichendurch die Netzbetreiber
finanziert wer-den, die die Kosten an ihre Kunden wei-tergeben.
Insgesamt ergeben sich jedochfür einen normalen
Endkundenvernachlässigbare Aufschläge auf denStrompreis. Laut
DENA-Studie "steigengegenüber dem Jahr 2003 die
Netz-nutzungsentgelte nur durch die Netzaus-baukosten bis zum Jahr
2007 um 0,05Cent je kWh, bis zum Jahr 2010 um0,015 Cent je kWh und
bis zum Jahr2015 um 0,025 Cent je kWh."
Dass die Netze im Hinblick auf diestärkere Nutzung Erneuerbarer
Energi-en ausgebaut werden müssen, hat auchdie neue Bundesregierung
erkannt undim Koalitionsvertrag
(http://www.erneuerbare-energien.de/inhalt/36266/4590/)
beschlossen, für die Er-neuerbaren Energien "die Rahmenbedin-gungen
(zum Beispiel Ausbau der Strom-netze) [zu] verbessern".
Im Übrigen stellt die DENA-Studiefest: "Der größere
Verdichtungsgrad desHöchstspannungsübertragungsnetzeskönnte in
Zukunft auch für zusätzlicheAktivitäten im Stromhandel genutzt
wer-den." Damit profitieren nicht nur Wind-energieerzeuger von
einem ausgebauten
Der Kampf um die Energiewende
-
18Solarbrief 4/05
Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V.
Netz, sondern auch große Strom-konzerne, die dadurch
beispielsweisebesser billige Wasserkraft aus Skandina-vien in
Deutschland verteilen können.
9. Behauptung:"Die vielen Windräder tragen mit ihrenFundamenten
erheblich zur Boden-versiegelung bei."
Falsch! Großkraftwerke benötigen einMehrfaches an Grundfläche im
Ver-gleich zu Windrädern mit der gleichenLeistung.
Es gab Ende 2004 16543 Windräderin Deutschland. Bei einer
Grundflächevon schätzungsweise 5 m x 5 m ergibtdas einen Verbrauch
an Grundfläche von41,4 ha. Das entspricht einem Feld mit ei-ner
Kantenlänge von etwa 650 m x 650 m.Allein das
Braunkohle-Großkraftwerk inEschweiler-Weisweiler ist mit einer
Grund-fläche von geschätzten 0,5 km x 1 kmetwa so groß. Dabei sind
die grob ge-schätzten insgesamt über 100 km²(=10.000 ha) für die
Braunkohletage-baue noch gar nicht mitgerechnet.
10. Behauptung:"Windräder sind lebensgefährlich. We-gen der
vielen Unfälle gehören sie ab-geschafft."
Falsch! Außer geringfügigen Sach-schäden haben bisher keine
Unbeteilig-ten unmittelbar durch Windräder körper-lichen Schaden
erlitten.
Es passieren tatsächlich immer wie-der mal Unfälle an
Windrädern. Blitz-schläge, Brände durch heißgelaufeneLager oder
Generatoren, abgerisseneRotorblätter und vor allem Eisschlagsorgen
für spektakuläre Zeitungsberich-te. Auf der Webseite http://members
.ao l . com/ f swemed ien /ZZUnfalldatei.htm ist das ganze
Horror-szenario aufgelistet. Demnach hält manbei Gewitter oder
Sturm vielleicht dochbesser etwas Abstand von Windrädern.
Es gibt auch vereinzelt Unfälle mitPersonenschäden, sogar mit
tödlichemAusgang, jedoch waren davon immer nurdirekt Beteiligte der
Windkraftfirmenbetroffen, z. B. bei Reparaturen oder
In-stallationsarbeiten. Unfälle, bei denenunbeteiligte Personen
körperlich geschä-digt wurden, sind auf der genanntenWebseite nicht
zu finden.
Als Schlussfolgerung aus den 57 Er-eignissen zwischen 2003 und
2005 magman durchaus der Forderung nach einerbesseren technischen
Überprüfung vonWindrädern zustimmen, aber damit die
Windkraft insgesamt zu verdammen,steht jenseits aller
Relation.
Man vergleiche nur die Anzahl und dieWirkung der "Ereignisse"
mit denen inkonventionellen Kraftwerken oder vonKernkraftwerken,
die ja ohne Windräderals Alternative in Frage kämen. Nebender
technischen Wirkung - bei einemStörfall in einem Kraftwerk liegen
un-mittelbar hunderte Megawatt still, beimAusfall eines Windrades
laufen alle an-deren weiter - ist die gesundheitlicheAuswirkung
eines einzigen Störfalls ineinem Kernkraftwerk unkalkulierbar
fürtausende oder möglicherweise millionenbetroffene Bürger.
11. Behauptung:"Der von Windkraftanlagen verursach-te
Infraschall ist gesundheitsschädlich"
Falsch! Ausführliche Untersuchungenhaben keine gesundheitliche
Beeinträch-tigung durch Infraschall nachweisenkönnen.
Windenergiegegner benutzen gele-gentlich das Thema
"Infraschall", um beider Bevölkerung Ängste vor Windenergieanlagen
zu schüren. Der den mei-sten Menschen nicht geläufige Begriff
isthierzu besonders geeignet, da Unbekann-tes sehr leicht Furcht
und Misstrauenerregt. Daher zunächst die Erklärung
desungewöhnlichen Begriffes, der ein ganzgewöhnliches Phänomen
bezeichnet:
Als Infraschall bezeichnet man Luft-schallwellen unterhalb des
menschlichenHörbereiches. Der menschliche Hörbe-reich liegt
zwischen einer Schallfrequenzvon 20 (sehr tiefe Töne) und 20000
Hertz(sehr hohe Töne). Infraschall wird durcheine große Anzahl
natürlicher wie auchkünstlicher Geräuschquellen erzeugt.Eine
allgegenwärtige natürlicheInfraschallquelle ist z. B. der Wind.
Ver-einfacht kann man sagen, dass nahezujede Geräuschquelle auch
Infraschallerzeugt. Einige Tierarten kommunizierensogar mit Hilfe
der für Menschen unhör-baren und energiearmen Infraschall-wellen.
Menschen können Infraschallnicht mit den Ohren wahrnehmen.
Sehrstarker Infraschall kann aber körperlich,z. B. mit dem
Brustkorb gespürt werden.Infraschallwellen zeigen keine
Wechsel-wirkung mit lebendem Gewebe und kön-nen damit auch keine
physiologische
Bild 5: Jahresstromverbrauch in den einzelnen Bundesländern in
2001 und gesamte in Deutsch-land 2004 erzeugte Windenergie (weiß).
Es gibt mehrere Bundesländer, die man jeweils alleinmit Windenergie
versorgen könnte (hellgrau). Der Stromverbrauch hat sich seit 2001
nicht we-sentlich geändert.
Der Kampf um die Energiewende
-
19Solarbrief 4/05Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V.
Wirkung auf Organis-men ausüben, genausowenig, wie das norma-le
Schallwellen kön-nen.
Eine psychologischeWirkung kann natürlichnur auftreten, wenn
derInfraschall wahrge-nommen wird. Es be-steht also kein Grund,sich
vor unhörbaremInfraschall zu fürchten.Der von Windanlagenerzeugte
Infraschallbleibt aber selbst innächster Nähe unter-halb der
Wahrneh-mungsschwelle undnimmt außerdem starkmit der Entfernung
wei-ter ab.
Die ständige Präsenzvon Infraschallwellenim menschlichen
Lebensbereich führteschon früh zu einer Untersuchung durchdas
Bundesgesundheitsamt. Auch be-schäftigte sich die
Berufsgenossenschaftfür Feinmechanik und Elektronik mit
denAuswirkungen von Infraschall auf denMenschen. Fazit: "Von einer
unter-schwelligen, gesundheitsschädlichenGefährdung durch
Infraschall ist nichtauszugehen." (Quelle: Bundesgesund-heitsamt
1982, Zeitschrift für Lärmbe-kämpfung 1999). Speziell auf
Infraschallvon Windanlagen geht die Veröffentli-chung
"Sachinformationen zuGeräuschemissionen und -imissionen"ein (zu
finden u. a. auf der Website derWindkraftanlage "Ewiger
Fuhrmann",von der auch Teile dieses Kapitels über-nommen sind,
http://www.ewiger-fuhrmann.de/homepage/geruechte-und-tatsachen).
Sie enthält eine weitere um-fangreiche Untersuchung des
Landesum-weltamtes des Landes NRW zum The-ma Schall und Infraschall
von Wind-energieanlagen. Auch diese Untersu-chung kommt zu dem
Ergebnis, dass vondem Infraschall einer Windenergieanlagekeinerlei
Gefahr oder Beeinträchtigungausgeht.
12. Behauptung:"Windräder verspargeln dieLandschaft. Wie sieht
dasdenn aus? Ich möchte so einDing nicht vor der Türe ste-hen
haben."
Deutschland ist seit Jahr-hunderten eine vom Men-schen geprägte
Kulturland-schaft und das Landschafts-bild ist Gewöhnungssache.
Über Geschmack lässtsich ja bekanntlich trefflichstreiten. Aber
man solltedoch die folgenden Dingebedenken:
Zuerst: Keiner bekommt"So ein Ding vor die Türe"gesetzt. Das
Erneuerbare-Energien-Gesetz und die Er-lasse der Landesregierun-gen
schreiben einen Min-destabstand von mindesten
einem halben Kilometer zu Siedlungenvor, um Licht- und
Lärmbelästigungenzu vermeiden. Notfalls muss ein Wind-rad sogar zu
bestimmten Zeiten stillge-legt werden, um den "Discoeffekt"
durchSchattenwurf zu vermeiden. Es gibt bei-spielsweise im Windpark
Aachen-Vetschau ein Windrad, das an einigenWintertagen in den
frühen Abendstun-den, wenn die Sonne tief steht, abge-schaltet
wird, damit die Anwohner nichtvon dem oszillierenden Schattenwurf
ge-nervt werden.
Des Weiteren: Deutschland ist eineKulturlandschaft. Seit
Jahrhundertenwächst hier kein Hälmchen, ohne dassMenschen es
zulassen. Wälder wurdengerodet, Städte erbaut, Straßen und
Au-tobahnen asphaltiert, Fabriken errichtet,Halden aufgeschüttet
und Hochspan-nungsleitungen gezogen. Ich zum Bei-spiel finde im
Vergleich dazu die schlan-ken, eleganten, sich majestätisch
drehen-den Windräder regelrecht ästhetisch. Inden benachbarten
Niederlanden standenbis vor wenigen Jahrzehnten in einerähnlichen
Dichte Wind-"Mühlen", ei-gentlich Windpumpen, zum Entwässern
des unter dem Meeresspiegel liegendenLandes. Heute jubeln die
Touristen überjede einzelne Windmühle. Es ist vermut-lich vor allem
eine Gewöhnungssache,ob uns Windräder schön vorkommen. Inein paar
Jahren werden Windräder ge-nauso selbstverständlich zur
Landschaft"gehören" wie heute Überlandleitungen,Fabrikschornsteine,
Autobahnbrückenoder Bauernhöfe. Wann mögen wohl beiuns die ersten
Windräder unter Denkmal-schutz gestellt werden? Vielleicht kön-nen
wir dann auch den ersten Offshore-Windpark als "Kulturdenkmal
derMenschheit" von der UNESCO schützenlassen, ähnlich wie das alte
Stahlwerk"Dillinger-Hütte" im Saarland.
Und zu guter Letzt: Wie sieht denn dieAlternative aus? Ist ein
Großkraftwerk,das dem benachbarten Ort mit seinenKühldampfwolken
den größten Teil desJahres die Sonne vorenthält, angeneh-mer? Sind
an die 100km² durchBraunkohletagebau weggebaggerteLandschaft
schöner? Die Hochspan-nungsleitungen? Die Fördertürme derZechen?
Was ist mit den verstrahltenMenschen im Uranbergbau?
Wetter-kapriolen, Versteppung und Meeres-spiegelerhöhung durch den
Klimawan-del, der durch die Verbrennung fossilerBrennstoffe
angeheizt wird?
Vielleicht ist das alles weit genug wegund zum Glück nicht vor
meiner Haus-türe, und der Strom kommt bei mir im-mer aus der
Steckdose.
Aber, ehrlich gesagt, mir ist wohlerums Herz, wenn ich vom
Dreiländereckbei Aachen an die hundert Windräderzählen kann, als
wenn ich dasBraunkohlekraftwerk Weisweiler passie-re.
Weitere (und auch ähnliche) Fragensamt Antworten zur Windenergie
sindleicht verständlich auf einer Webseite desBundesministeriums
für Umwelt, Natur-schutz und Reaktorsicherheit
(BMU)aufgelistet:
http://www.erneuerbare-energien.de/inhalt/4573/20049/. Die Seite
ist durch-aus empfehlenswert.
Bild 6: Künstlerisch be-malte Windräder in LübowFoto: Windpark
Lübow KG
Der Kampf um die Energiewende
-
20Solarbrief 4/05
Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V.
Weitere Informationen
•
http://www.energiekonsens.de/Downloads/Service/Gutachten_Biogasnutzung.pdf
•
http://www.stawag.de/presse/meldungen/biogas_bauantrag.html
Biogas ins Erdgasnetzeinspeisen
Informationen von Petra Hörstmann-Jungemann
Der Einsatz von Biogas als Primär-energie ist vielfältig:
Erzeugung vonStrom, Erzeugung von Wärme, Einsatzals Treibstoff.
Gegenwärtig wird das erzeugte Biogas- zu fast 100 Pozent -
direkt zur Produk-tion von elektrischer Energie in
Block-heizkraftwerken (BHKW) eingesetzt.Leider wird die dabei
entstehende Wär-me häufig nur unzureichend genutzt, daAbnehmer
fehlen. Energetisch und wirt-schaftlich sinnvoller wäre es, Biogas
ört-lich dort einzusetzen, wo es auch Abneh-mer für die
Wärmeenergie gibt, wie z. Bin Siedlungsgebieten aber auch in
Kran-kenhäusern u.s.w.
Die Herstellung von Biogas erfolgtaber am optimalsten eindeutig
in ländli-chen Gebieten. Sowohl die Beschaffungdes "Rohstoffs"
Biomasse als auch dieNutzung der Restprodukte als wertvol-ler
Dünger ist dort gegeben. Eine Ein-speisung ins öffentliche
Erdgasnetz istdann die beste Lösung. Eine finanzielleRegelung ist
auch vorhanden. Seit derNovellierung des
Erneuerbare-Energien-Gesetzes erhält man für den eingespei-sten
Strom aus einer KWK-Anlage dieentsprechende Regelvergütung für
Stromaus Biomasse (§ 8 EEG), wenn derenEinsatz von Erdgas als
Brennstoff miteiner Biogaseinspeisung an einer ande-ren Stelle
korrespondiert.
Es ist also der gleiche Anspruch aufeine im EEG festgelegte
Regel-versorgung gegeben, wie eine BHKW-Anlage, die direkt mit
Biogas versorgt
wird. Die Einspeisung ins Erdgas-netz setzt aber eine
Aufbereitungdes Biogases auf Erdgasqualitätvoraus. Sie erfolgt nach
den aner-kannten Regeln der Technik, dievon der Deutschen
Vereinigungdes Gas- und Wasserfaches e.V.(DVGW) veröffentlicht
werden.
Stadtwerke Aachen planterste Anlage
Nach einer Pressemitteilung pla-nen die Stadtwerke Aachen
AG(STAWAG) ein entsprechendesProjekt: in Erdgasqualität
aufbereitetesBiogas wird am Standort Kerpen in einErdgasnetz
eingespeist; in Aachen wirdeine adäquate Menge wieder entnom-men.
Es sollen dann mit dem produzier-tem Biogas ab Ende 2006 über
mehrereBHKW ca. 5200 Aachener Haushaltemit Strom versorgt werden.
Die Wärmesoll je nach Standort der Anlagen direktzur
Wärmeversorgung von Wohneinhei-ten, als Wärme in industriellen
Prozes-sen genutzt oder in ein Nahwärmesystemeingespeist
werden.
Nach eigenen Angaben wird dieSTAWAG bundesweit der erste
Energie-versorger sein, der Biogas ins Erdgasnetzeinspeist. Die
Investition in Eigener-zeugungsanlagen wie die
geplanteBiogasanlage, auf der Basis von nach-wachsenden Rohstoffen,
sei ein wichti-ger Schritt der STAWAG zu mehr Unab-hängigkeit von
den fossilen Energien Ölund Erdgas. Die STAWAG plane lang-
fristig weitere Investitionen in Biogas-anlagen. Zusätzlich
werden Arbeitsplät-ze geschaffen und der Landwirtschaftwerde eine
Zukunftsperspektive gege-ben.
Fazit
Durch die dezentrale Biogaserzeugungund Einspeisung ins
öffentliche Gasnetzwerden bestehende Strukuren optimalgenutzt, um
schnell und effizient Ener-gie aus Erneuerbaren Energien an
denVerbraucher weiterzuleiten. Außerdemführt die zusätzliche
Verwendung derWärme zu einer wesentlich effizienterenNutzung des
Biogases.
Biogasanlage,Foto: Christoph Andreas, GBZ Straelen
Der Kampf um die Energiewende
100 % Erneuerbare Energien
-
21Solarbrief 4/05Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V.
Keine Steuerbefreiung mehrfür Biokraftstoffe?
Kommentar zur einer Vereinbarung im Koalitionsvertrag Von Wolf
von Fabeck
Im Koalitionsvertrag steht unter 5.3folgende Vereinbarung:
"Kraftstoffe und Rohstoffe ausBiomasse können einen wichtigen
Bei-trag zur Energie- und Rohstoffversor-gung und zum Klimaschutz
leisten. Wirwerden daher:· die Kraftstoffstrategie mit dem Ziel
wei-terentwickeln, den Anteil von Bio-kraftstoffen am gesamten
Kraftstoffver-brauch bis zum Jahr 2010 auf 5,75% zusteigern;· die
Mineralölsteuerbefreiung fürBiokraftstoffe wird ersetzt durch
eineBeimischungspflicht."
Unser Kommentar:
Zwar begrüßen wir das Vorhaben derschwarz-roten Koalition, den
Anteil derBiokraftstoffe zu steigern. Wir sind je-doch enttäuscht
von den ungeeignetenInstrumenten, mit denen das Ziel erreichtwerden
soll. Die Festlegung auf 5,75 %bis 2010 ist unsinnig. Gleichgültig,
obman die Menge als zu gering oder als zuhoch ansieht, haben
Mengen-festlegungen (Quoten) erhebliche Nach-teile: Entweder wirken
sie wie eine obe-re Begrenzung und bremsen die mögli-che
Entwicklung, oder aber sie führenzu einem unverhältnismäßig
hohenPreisanstieg, wenn sich herausstellt, dasssie sich sonst nicht
erfüllen lassen. Au-ßerdem ist schlecht vorhersehbar, wie
diejährlichen Steigerungsraten aussehenmüssen, damit das
vorgegebeneWachstumsziel bis zum 1.1.2010 exakterreicht wird. Erst
im letzten Jahr kannman einigermaßen zuverlässig abschät-zen, ob
man das Ziel erreichen wird.Dann aber ist es für eine Korrektur
zuspät.
Folgendes Beispiel soll unsere Beden-ken erläutern: Stellen Sie
sich vor, El-tern würden beschließen, ihr Baby so zu
ernähren, dass es mit 5 Jah-ren ein Gewicht von 19 kg er-reicht.
Sinnvoll wäre es da-gegen, das Kind nach seinenBedürfnissen zu
ernähren.
Auf Biokraftstoffe ange-wendet: Ein Preisanreiz, z.B. eine
Steuererleichterungoder eine Festpreisregelung,ist allemal besser
als einestarre Mengenregelung. Dashätten die Koalitionäre be-reits
aus dem Erneuerbare-Energien-Gesetz lernen können. Ärger-lich ist
auch der letzte Satz der Verein-barung. Hier wird die Initiative
aller der-jenigen zunichte gemacht, die sich derdezentralen Nutzung
von reinem Pflan-zenöl für den Fahrzeugverkehr oder
fürKraft-Wärme-Kopplung verschriebenhaben.
Betroffen sind die Werkstätten, diesich auf die Umrüstung von
Diesel-fahrzeugen zu pflanzenöltauglichenFahrzeugen spezialisiert
haben.
Betroffen sind die Fahrzeughalter, dieaufgrund der
Steuerbefreiung fürBiotreibstoffe und im Vertrauen auf die-se
Regelung ihr Fahrzeug für einen Preisvon ca. 2.000 Euro haben
umrüsten las-sen. Für sie kommt die Regelung einerEntwertung ihres
Eigentums gleich.
Zu fragen bleibt auch, ob zukünftigdas Betanken von Autos mit
Speiseölstrafbar sein wird. Zur Vermeidung vonSteuerhinterziehung
müsste man dannkonsequenterweise das steuerbefreiteSpeiseöl mit
einem Farbstoff kennzeich-nen, damit man es im Tank von
Steuer-sündern nachweisen könnte.
Auch ist schwer verständlich, dassklimaschädliches Erdgas zum
Fahrzeug-antrieb weiter von der Mineralölsteuerverschont bleibt,
während dies nicht fürBiogas gelten soll.
Umweltminister Gabrielverkennt die Macht dezentralerLösungen
Am 24.11.05 äußerte Minister Gabri-el In einem Interview der
ZEIT unteranderem: "Wir wollen im industriellenMaßstab Öl ersetzen.
Diesel aus Rapskann dazu nur sehr begrenzt beitragen -wohl aber
können es moderne Kraftstoffeaus Biomasse. Wenn dann noch die
Au-tos effizienter werden, dann kommen wirwirklich weg vom Öl und
sorgen gleich-zeitig für neue Jobs. Umweltpolitik istfür mich
deshalb immer wiederInnovationsmotor..."
Minister Gabriel sieht - sicherlich zuRecht - ein Mengenproblem.
Er geht al-lerdings von der irrigen Vorstellung aus,dass
Anstrengungen im "industriellemMaßstab" größere Mengen
bereitstellenkönnen als dezentrale Lösungen. DieUmweltverbände
sollten ihm gegenüberin dieser Hinsicht Aufklärungs-
undÜberzeugungsarbeit betreiben.
Anmerkung: Wir würden Minister Ga-briel gerne unser altes
Flugblatt zeigen,in dem vorgerechnet wird, dass die
de-zentralisierte Honigherstellung durchMillionen von Bienen
durchaus mit derMarmeladenherstellung einer
zentralenindustriealisierten Marmeladenfabrikmithalten kann.