5/13/2018 Skript Statik.und.Festigkeitslehre
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SKRIPTUM ZUR VORLESUNG
Statik und Festigkeitslehre
von
Prof. Dr.-Ing. habil. G. Kuhn
Prof. Dr.-Ing. habil. P. Steinmann
LEHRSTUHL FR TECHNISCHE MECHANIK
UNIVERSITT ERLANGEN - NRNBERG
Stand: WS 2010/2011
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i
Das vorliegende Skriptum ist zum Ge-
brauch neben der Vorlesung gedacht;
es kann den Besuch der Lehrveranstaltungund das selbstndige Erarbeiten des Vorle-
sungsinhaltes nicht ersetzen.
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ii Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis
1 Statik 1
1.1 Grundlagen und Grundbegriffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1
1.1.1 Die Kraft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1
1.1.2 Einteilung der Krfte und Schnittprinzip . . . . . . . . . . . . . . 3
1.1.3 Die Axiome der Statik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4
1.2 Zentrale ebene Krftegruppe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6
1.2.1 Reduktion der zentralen Krftegruppe . . . . . . . . . . . . . . . 7
1.2.2 Zerlegung einer Kraft in zwei Richtungen . . . . . . . . . . . . . . 8
1.2.3 Gleichgewicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8
1.3 Allgemeine ebene Krftegruppe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9
1.3.1 Das Krftepaar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9
1.3.2 Moment einer Kraft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10
1.3.3 Reduktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10
1.3.4 Gleichgewicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11
1.4 Rumliche Krftegruppe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11
1.4.1 Momentenvektor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11
1.4.2 Gleichgewichtsbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13
1.5 Der Schwerpunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13
1.5.1 Krfteschwerpunkt von parallelen Krften . . . . . . . . . . . . . 13
1.5.2 Massenschwerpunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14
1.5.3 Flchen und Linienschwerpunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15
1.6 Auflagerreaktionen ebener Tragwerke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17
1.6.1 Elemente eines Tragwerks . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17
1.6.2 Belastungs und Lagerungsarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17
1.6.3 Statische Bestimmtheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19
1.6.4 Bestimmung der Auflagerreaktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . 211.6.5 Mehrgliedrige Tragwerke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22
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Inhaltsverzeichnis iii
1.7 Schnittreaktionen eines Balkens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25
1.7.1 Definition der Schnittreaktionen in der Ebene . . . . . . . . . . . 25
1.7.2 Gerader Balken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 261.7.3 Rahmentrger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30
1.7.4 Bogentrger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32
1.7.5 Definition der Schnittreaktionen im Raum . . . . . . . . . . . . . 33
1.8 Reibung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34
1.8.1 Haftreibung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35
1.8.2 Gleitreibung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35
1.8.3 Reibkegel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36
2 Elastostatik und Festigkeitslehre 41
2.1 Grundlagen und Grundbegriffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41
2.1.1 Einfhrende Bemerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41
2.1.2 Spannungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42
2.1.3 Verschiebungen und Verzerrungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46
2.1.4 Stoffgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50
2.2 Zug und Druckbeanspruchung von Stben . . . . . . . . . . . . . . . . . 55
2.2.1 Statisch bestimmte Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55
2.2.2 Statisch unbestimmte Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56
2.2.3 Mehrbereichsaufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60
2.3 Biegebeanspruchung gerader Balken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 612.3.1 Flchenmomente 2. Ordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61
2.3.2 Spannung bei gerader Biegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69
2.3.3 Spannung bei schiefer Biegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71
2.3.4 Biegeverformung gerader Balken (Elastische Linie) . . . . . . . . . 73
2.4 Torsion gerader Stbe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81
2.4.1 Kreis und kreisringfrmiger Querschnitt . . . . . . . . . . . . . . 812.4.2 Dnnwandige geschlossene Querschnitte . . . . . . . . . . . . . . 84
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iv Inhaltsverzeichnis
2.4.3 Dnnwandige offene Querschnitte . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88
2.5 Energiemethoden der Elastostatik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89
2.5.1 Spezifische Formnderungsenergie . . . . . . . . . . . . . . . . . . 902.5.2 Formnderungsenergie eines Balkens . . . . . . . . . . . . . . . . 91
2.5.3 Kombinierte Beanspruchung und Mehrbereichsaufgaben . . . . . . 93
2.5.4 Prinzip der virtuellen Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94
2.5.5 Verfahren von Castigliano . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95
2.6 Beurteilung des Beanspruchungszustandes . . . . . . . . . . . . . . . . . 103
2.6.1 Materialprfung und Werkstoffkennwerte . . . . . . . . . . . . . . 103
2.6.2 Spannungstransformation und Hauptspannungen . . . . . . . . . 105
2.6.3 Spezifische Volumen und Gestaltnderungsenergie . . . . . . . . 111
2.6.4 Festigkeitshypothesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113
2.7 Stabilitt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116
2.7.1 Stabilittsprobleme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116
2.7.2 Knicken im elastischen Bereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117
2.7.3 Die vier EULERschen Knickflle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121
3 Empfohlene Literatur 124
A Anhang 125
A.1 Torsionstrgheitsmomente It und Torsionswiderstandsmomente Wt . . . . 125
A.2 Flchentrgheitsmomente Iyy, Izz , Iyz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126
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Statik 1
1 Statik
1.1 Grundlagen und Grundbegriffe
1.1.1 Die Kraft
Aus der tglichen Erfahrung ist bekannt, dass sich Krfte in Gre, Richtung und An-griffspunkt unterscheiden knnen.
Eine Kraft stellt somit einen gebundenen Vektor dar, der durch Betrag (Gre),Richtung und Angriffspunkt gekennzeichnet ist. Grafisch wird die Kraft durch einenPfeil dargestellt (Bild 1.1.1).
|F|
F
f
P
Bild 1.1.1
Es bedeuten: | F| = F Betrag der Kraft (beschrieben durch die Pfeillnge nacheinem gewhlten Krftemastab),f Wirkungslinie der Kraft.
Entsprechend der Vektorsymbolik wird ber Vektorgren ein Pfeil gesetzt. Wenn auseiner Zeichnung die Richtung der Kraft (Wirkungslinie) eindeutig hervorgeht, gengtauch der Betrag zur Kennzeichnung der Kraft.
Die Bedeutung des Angriffspunktes einer Kraft wird durch die unterschiedliche Reaktiondes starren Klotzes nach Bild 1.1.2 verdeutlicht.
F F
P P
Bild 1.1.2
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2 Statik
In kartesischen Koordinaten (x , y, z) mit den Einheitsvektoren ex, ey, ez als Basis ergibtsich
F = Fx + Fy + Fz = ex Fx + ey Fy + ez Fz , (1.1)
Fx, Fy, Fz Komponenten der Kraft F,Fx, Fy, Fz Koordinaten der Kraft F.Fr den Betrag der Kraft gilt
| F| = F =
F2x + F2y + F
2z . (1.2)
Die Richtung der Kraft ist bestimmt durch
cos =FxF ; cos =
FyF ; cos =
FzF . (1.3)
FFy
Fx
F
Fy
Fx
Fz
y
x
z
x
y
ez
ex ex
eya a
bb
g
a) KraftFim Raum b) KraftFin derx-y-Ebene
ey
Bild 1.1.3
(1.3) eingesetzt in (1.2) liefert die Beziehung zwischen den Winkeln
cos2 + cos2 + cos2 = 1 . (1.4)
Fr die Kraft in der Ebene ist aus Bild 1.1.3 b) abzulesen + =
2und
Fx = F cos Fy = F sin . (1.5)
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Grundlagen und Grundbegriffe 3
1.1.2 Einteilung der Krfte und Schnittprinzip
Krfte lassen sich nach verschiedenen Gesichtspunkten einteilen.
Krfte, die ber das Volumen verteilt angreifen, nennt man Volumenkrfte. Beispielehierfr sind die Schwerkraft (Gewichtskraft), magnetische und elektrische Krfte.
Treten Krfte nur an Oberflchen von Krpern oder an Berhrungsflchen zweier Krperauf, so spricht man von Flchenkrften. Beispiele hierfr sind Krfte durch Wind oderWasserdruck oder auch eine Schneelast.
Ist die Berhrung zweier Krper nahezu linien bzw. punktfrmig, erhlt man Linienoder Streckenlasten bzw. Punkt oder Einzelkrfte. Eine Linienlast entsteht z.B.zwischen einer ebenen Unterlage und einem Zylinder. Eine Punktlast liegt nherungs-weise vor, wenn eine Last ber eine scharfe Kegelspitze aufgebracht wird.
Linien und Punktlasten sind Idealisierungen, da eine bestimmte, wenn auch sehr kleineFlche immer zur bertragung von Krften notwendig ist.
dG
V
dV
FF
g
a) Volumenkraft b) Flchenkraft
c) Linienkraft d) Punktlast
Bild 1.1.4
Weiterhin kann man unterscheiden zwischen eingeprgten Krften und Reaktions-krften. Unter eingeprgten Krften versteht man physikalisch vorgegebene (also ein-geprgte) Krfte wie Gewicht, Schneelast usw. Reaktionskrfte entstehen infolge einge-
prgter Krfte durch die Behinderung der Bewegungsfreiheit des Krpers. Ein Auflager,das z.B. die Bewegung eines durch eingeprgte Krfte belasteten Balkens verhindert,bt auf diesen eine Reaktionskraft aus.
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4 Statik
Der letzte Satz weist auf das Schnittprinzip hin, denn Reaktionskrfte knnen erstdurch das gedankliche Lsen des betrachteten Krpers von den geometrischen Bindungenzu den benachbarten Krpern veranschaulicht werden.
Das geschieht durch einen geschlossenen Schnitt.
Bild 1.1.5 a) zeigt als wirkliches System einen geraden Balken, der durch die eingeprgteKraft F belastet ist und durch die Auflager A und B in seiner Bewegungsfreiheit be-hindert wird. Nach dem Lsen der geometrischen Bindungen durch einen geschlossenenSchnitt (Freischneiden) werden im freigemachten System die Reaktionskrfte A undB sichtbar.
A
F
B A
F
B
a) wirkliches System b) freigeschnittenes System
Bild 1.1.5
Ein weiteres Einteilungskriterium ist die Unterscheidung in uere und innere Krfte.Betrachtet man ein System aus mehreren starren Krpern, die miteinander verbunden
sind, mu man die Krfte zwischen den einzelnen starren Krpern des Systems als innereKrfte zhlen. Schneidet man aber einen oder auch mehrere Krper des Systems frei,werden die inneren Krfte des Gesamtsystems zu ueren Krften des Teilsystems.
Als innere Krfte bezeichnet man auch die Schnittgren bzw. Schnittreaktionen,die beim Schnitt durch einen starren Krper entstehen (siehe dazu Kap. 1.7).
1.1.3 Die Axiome der Statik
Die aus der Erfahrung abgeleiteten, aber nicht bewiesenen Grundtatsachen einer Na-
turwissenschaft nennt man Axiome. Die Statik starrer Krper basiert auf folgenden 4Axiomen:
1. Gleichgewichtsaxiom
Zwei an einem Punkt eines Krpers angreifende Krfte F sindim Gleichgewicht, wenn sie entgegengesetzt gerichtet (gleiche Wir-kungslinie) und gleich gro (gleicher Betrag) sind.
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Grundlagen und Grundbegriffe 5
PF
F
Bild 1.1.6
Man spricht auch von einer Gleichgewichtsgruppe. Eine Gleichgewichtsgruppehat keine Wirkung auf einen starren Krper.
2. Linienflchtigkeitsaxiom
Der Angriffspunkt einer Kraft kann auf der Wirkungslinie beliebigverschoben werden, ohne dass sich an der Wirkung auf den starrenKrper etwas ndert.
P1F
P2F
P1
P2
Bild 1.1.7
Dieses Axiom gilt nicht beim deformierbaren Krper.
3. Wechselwirkungsgesetz (actio = reactio)
Krfte, die zwei Krper aufeinander ausben, sind gleich gro,entgegengesetzt gerichtet und liegen auf einer Wirkungslinie, d.h.,
Krfte treten stets paarweise auf.
Fr sich berhrende Krper (Bild 1.1.8 a)) ist dies sehr anschaulich. Es gilt aberauch fr Krper in grerer Entfernung, wie das in Bild 1.1.8 b) fr das Beispielder Anziehungskraft zwischen Erde und Mond gezeigt ist.
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6 Statik
F1 F2
FG
F4 F5
F3
F4 F5
F2F3
F1 FG
a) b)
Bild 1.1.8
4. Axiom vom Krfteparallelogramm
Zwei an demselben Punkt angreifende Krfte knnen zu einer sta-tisch quivalenten resultierenden Kraft zusammengefat werden, in-dem man die Diagonale des von den beiden Kraftvektoren aufge-spannten Parallelogramms bildet. Dabei gengt es, eines der beiden
Krftedreiecke zu zeichnen.
F1
F2 FR
F1
F2F2F1
FR
FR
a) Krfteparallelogramm b) Krftedreiecke
Bild 1.1.9
1.2 Zentrale ebene Krftegruppe
Eine ebene Krftegruppe liegt vor, wenn alle Krfte in einer Ebene (z.B. xyEbene)liegen. Zentral ist die ebene Krftegruppe dann, wenn sich die Wirkungslinien smt-licher Krfte in einem Punkt schneiden. Nach dem Linienflchtigkeitsaxiom lassen sichdann alle Krfte so verschieben, dass sie an einem Punkt angreifen.
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Zentrale ebene Krftegruppe 7
1.2.1 Reduktion der zentralen Krftegruppe
Als Reduktion bezeichnet man die Zusammenfassung aller Krfte zu einer statisch qui-
valenten Resultierenden. Die Zusammenfassung kann sowohl grafisch als auch analy-tisch erfolgen. Die grafische Reduktion ist in Bild 1.2.1 gezeigt.
FR
F1
F2
FR
F3
Lageplan Krfteplan
F1
F2
F3
A
E
1 N1 m
ex
ey
a2
a3
a1
Bild 1.2.1
Die analytische Reduktion folgt aus der Vektorgleichung
FR = F1 + F2 + F3 =3
i=1
Fi . (1.6)
Nach (1.1) und (1.5) gilt
Fi = Fix + Fiy = exFix + eyFiy
= ex(Fi cos i) + ey(Fi sin i)FR = FRx + FRy = exFRx + eyFRy .
(1.7)
Durch Einsetzen von (1.7) in (1.6) erhlt man
exFRx + eyFRy = ex3
i=1
Fix + ey3
i=1
Fiy . (1.8)
Verallgemeinert man von 3 auf n Krfte und beachtet, dass zwei Vektoren nur danngleich sind, wenn jede ihrer Komponenten bereinstimmt, folgt aus (1.8)
FRx =n
i=1
Fix =n
i=1
Fi cos i
FRy =
ni=1
Fiy =
ni=1
Fi sin i .
(1.9)
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8 Statik
FRF
Ry
y
x
aR
FRx
Bild 1.2.2
Nach (1.2) folgt fr den Betrag der Re-sultierenden
FR = F2Rx + F
2Ry .
Die Richtung der Resultierenden ergibtsich aus
tan R =FRyFRx
.
1.2.2 Zerlegung einer Kraft in zwei Richtungen
In der Ebene ist die Zerlegung einer Kraft in zwei Richtungen eindeutig mglich. Die
Lsung kann wieder grafisch oder analytisch erfolgen. Besonders einfach und anschaulichist die grafische Lsung, wie Bild 1.2.3 zeigt.
FRFR
F2
1
2
F1
Bild 1.2.3
Meist erfolgt die Zerlegung in zwei senkrecht aufeinander stehende Komponenten, wiees analytisch in (1.5) getan wurde.Die Zerlegung einer Kraft in mehr als zwei Richtungen ist nicht eindeutig.
1.2.3 Gleichgewicht
Eine zentrale Krftegruppe ist im Gleichgewicht, wenn die statisch quivalente Resul-
tierende verschwindet.Das bedeutet
a) fr den grafischen Lsungsweg:Der Krfteplan mu sich schlieen.
b) fr den analytischen Lsungsweg:
FR = 0
FRx =n
i=1
Fix = 0
FRy =n
i=1
Fiy = 0 .
(1.10)
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Allgemeine ebene Krftegruppe 9
(1.10) bezeichnet man als Krftegleichgewichtsbedingungen (in diesem Fall fr dieKraftkomponenten in x und yRichtung).
1.3 Allgemeine ebene Krftegruppe
Bei der allgemeinen Krftegruppe schneiden sich nicht mehr alle Wirkungslinien in einemPunkt. Man spricht in diesem Falle auch von einer nichtzentralen Krftegruppe. Esist notwendig, auch die Momentenwirkung der Krfte zu bercksichtigen.
1.3.1 Das Krftepaar
Als Krftepaar bezeichnet man zwei gleich groe, entgegengesetzt
gerichtete, aber auf parallel zueinander verlaufenden Wirkungslini-en liegende Krfte.
F
F
a
Bild 1.3.1
Man erkennt, dass das Krftegleichgewicht(1.10) zwar erfllt ist, dass aber das Krfte-paar eine Drehwirkung erzeugt. Die Drehwir-kung ist proportional der Kraft F und demAbstand a. Damit entsteht das Moment desKrftepaares
M = a F (
+) .
Der Drehsinn des Krftepaares wird im mathematisch positiven Sinn (entgegen dem
Uhrzeigersinn) mit dem positiven Vorzeichen (
+ ) und im mathematisch negativen Sinn
(im Uhrzeigersinn) mit dem negativen Vorzeichen ( ) beschrieben. Ein Krftepaar ist
durch Angabe des Betrages und des Drehsinns des Moments eindeutig bestimmt.
Fr das Krftepaar gelten folgende Aussagen:a) Das Moment eines Krftepaares ist gleich der Summe der Momente der beiden
Einzelkrfte bez. eines beliebigen Bezugspunktes (siehe hierzu Kap. 1.3.2).
b) Ein Krftepaar darf in seiner Wirkungsebene beliebig verschoben werden, ohnedass sich seine Wirkung auf den starren Krper ndert.
c) Das resultierende Moment mehrerer Krftepaare folgt aus der algebraischen Sum-me der Momente der einzelnen Krftepaare (unter Beachtung des Drehsinns). Istdie Summe Null, herrscht Gleichgewicht.
Da ein Moment im Raum ein Vektor ist, von dem bei einer ebenen Krftegruppe nureine Komponente brigbleibt, wird im Kapitel 1.4.1 behandelt.
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10 Statik
1.3.2 Moment einer Kraft
FFy
Fx
y
xaA xF
yF
Bild 1.3.2
Eine Kraft F bewirkt bez. eines nicht auf sei-
ner Wirkungslinie liegenden beliebigen Be-zugspunktes A ein Moment vom Betrag
MA = a F (
+) . (1.11)
Der senkrechte Abstand a des Bezugspunk-tes A von der Wirkungslinie wird Hebel-arm genannt. In Komponentendarstellunggilt:
MA = a F = xFFy yFFx (1.12)
Die Parallelverschiebung der Kraft F um den Abstand a bedingt demnach die Hinzu-nahme eines Momentes M = a F (Bild 1.3.3).
x
y
F
M= a F
x
Fy
a
=
Bild 1.3.3
1.3.3 Reduktion
Mehrere Krfte ergeben das Moment
MA =i
ai Fi =i
(xiFiy yiFix) . (1.13)
Will man die Krfte Fi zu einer Resultierenden FR zusammenfassen, so mu die Resul-tierende die gleiche Momentenwirkung haben wie die einzelnen Krfte, d.h.
MA = aR FR = xRFRy yRFRx =i
ai Fi . (1.14)
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Rumliche Krftegruppe 11
Bei der analytischen Reduktion einer allgemeinen ebenen Krftegruppe folgen somit dieKomponenten FRx und FRy aus (1.10) und die Wirkungslinie der Resultierenden yR(xR)aus (1.14).
1.3.4 Gleichgewicht
Die Gleichgewichtsbedingungen der ebenen Statik lauten:
FR = 0 und MA = 0 , (1.15)
wobei der Bezugspunkt A beliebig gewhlt werden kann. In Komponentendarstellungfolgt:
FRx =n
i=1
Fix = 0
FRy =n
i=1
Fiy = 0
MA =n
i=1
MAi =i
(xiFiy yiFix) = 0 .
(1.16)
Hufig ist es vorteilhafter, die beiden Krftegleichgewichtsbedingungen in x und yRichtung durch zwei weitere Momentengleichgewichtsbedingungen um voneinander ver-schiedene neue Bezugspunkte B und C zu ersetzen. Dabei mssen aber die neu eingefhr-ten Bezugspunkte gewisse Bedingungen erfllen. Werden beide Krftegleichgewichtsbe-dingungen ersetzt, so drfen z.B. die drei Bezugspunkte nicht auf einer gemeinsamenGeraden liegen. Wird nur eine Krftegleichgewichtsbedingung ersetzt, so darf der neueBezugspunkt nicht auf einer parallel zur ersetzten Kraftrichtung durch den BezugspunktA verlaufenden Geraden liegen.
1.4 Rumliche Krftegruppe
Wir wollen die rumliche Krftegruppe nur in dem Umfang behandeln, wie es zumVerstndnis der in der Festigkeitslehre betrachteten Beanspruchungsarten eines Trgerserforderlich ist.
1.4.1 Momentenvektor
Bei der ebenen Krftegruppe traten nur zwei Komponenten des Kraftvektors und eineKomponente des Momentenvektors auf.
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12 Statik
Bei der rumlichen Krftegruppe knnen alle Komponenten sowohl des Kraftvektorsals auch des Momentenvektors vorkommen.
In einem kartesischen Koordinatensystem bedeutet das
Fx y
Fy
Fz
F
r
z
x
0
M
Bild 1.4.1
F = exFx + eyFy + ezFzM = exMx + eyMy + ezMz
(1.17)
Das Moment M einer Kraft F bez. ei-nes Punktes 0 (Bild 1.4.1) lautet
M = r F= (exxF + eyyF + ezzF) (exFx + eyFy + ezFz)= (yFFz zFFy)ex + (zFFx xFFz)ey + (xFFy yFFx)ez
=
ex ey ez
xF yF zF
Fx Fy Fz
.(1.18)
Man erkennt, dass sich (1.18) mit Fz = 0, z = 0 fr die ebene Krftegruppe auf
M = (xFFy yFFx)ez
reduziert, was in bereinstimmung mit (1.12) ist.
Vom physikalischen Charakter unterscheiden sich Kraft und Momentenvektor dadurch,dass
F ein gebundener bzw. ein linienflchtiger Vektor ist, der bez. der Wirkung aufeinen starren Krper nur entlang seiner Wirkungslinie verschoben werden darf,
M ein freier Vektor ist, der beliebig im Raum parallel verschoben werden darf, ohneseine Wirkung auf einen starren Krper zu ndern.
In der Darstellung wird fr den Momentenvektor hufig ein Doppelpfeil benutzt.
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Der Schwerpunkt 13
1.4.2 Gleichgewichtsbedingungen
Ein Krper befindet sich im Gleichgewicht, wenn resultierende Kraft und resultierendes
Moment Null sind. Das bedeutet
FR = 0 n
i=1
Fi = 0
MR = 0 n
i=1
Mi = 0
ni=1
Fix = 0
ni=1
Fiy = 0
ni=1
Fiz = 0
ni=1
Mix = 0
ni=1
Miy = 0
ni=1
Miz = 0
(1.19)
1.5 Der Schwerpunkt
1.5.1 Krfteschwerpunkt von parallelen Krften
Wir betrachten eine Gruppe von n parallelen Krften F1, , Fi, , Fn, die alle in derxyEbene liegen und parallel zur yAchse wirken (Bild 1.5.1). Fat man die Krfte Fi
zur Resultierenden FR =n
i=1
Fi zusammen, dann ergibt sich fr den Krftemittelpunkt
xR = xs =1
FR
n
i=1 Fixi . (1.20)
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14 Statik
xR
xx
y y
xnxi
x1
F1
FR
Fn
Fi
Bild 1.5.1
In Verallgemeinerung von (1.20) bedeutet das
xs =1
FR
ni=1
Fixi
ys =1
FR
ni=1
Fiyi
zs =1
FR
ni=1
Fizi
bzw. rs =1
FR
ni=1
Firi . (1.21)
1.5.2 Massenschwerpunkt
x
y
S.dm
z
rS
r
Bild 1.5.2
Wir denken uns eine ber ein bestimm-tes Volumen verteilte Masse m in unend-lich viele differentiell kleine Massen dm zer-legt (Bild 1.5.2). Ordnet man diesen dif-ferentiell kleinen Massen die Schwerkrftedm g zu, erhlt man wieder den im vorigenKapitel behandelten Fall paralleler Krfte.Allerdings ist jetzt die Summe differentiellkleiner Gren zu bilden, das bedeutet, dieSummen sind durch Integrale zu ersetzen.
Bei konstantem Schwerefeld kann dabei noch durch g gekrzt werden, und man erhlt
xs =1
m
(m)
x dm
ys =1
m
(m)
y dm
zs = 1m
(m)
z dm
bzw. rs =1
m
(m)
r dm . (1.22)
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Der Schwerpunkt 15
Fr homogene Krper mit konstanter Dichte kann (1.22) durch gekrzt werden, undman erhlt den geometrischen Schwerpunkt
rs = 1V
(V)
r dV (1.23)
mit den entsprechenden Komponenten analog (1.22).
Lt sich die Masse m in Teilmassen mi mit bekannten Teilschwerpunkten rsi aufteilen,so folgt der Schwerpunkt aus
rs =1
m i rsi mi . (1.24)Fr die Aufteilung des Gesamtvolumens V in Teilvolumina Vi gilt
rs =1
V
i
rsi Vi . (1.25)
1.5.3 Flchen und Linienschwerpunkt
dAy
z
x
hS .
rS
Bild 1.5.3
Fr einen flchenhaften Krper (z.B. dnnesBlech) mit konstanter Wanddicke h und kon-stanter Dichte (Bild 1.5.3) ist
dm = h d A ,
und aus (1.22) wird
xs =1
A
(A)
x dA
ys =1
A
(A)
y dA
zs =1
A (A) z dAbzw. rs =
1
A
(A)
r dA . (1.26)
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16 Statik
In der Festigkeitslehre ist vor allem der Schwerpunkt ebener Flchen (Querschnittsfl-chen) von Bedeutung.
(A)
xdA, (A)
y dA, (A)
z dA bezeichnet man als Flchenmomente 1. Ordnung.
Merke:
Die Flchenmomente 1. Ordnung verschwinden in Bezug auf ein imSchwerpunkt verankertes Koordinatensystem.
Bei bekannten Teilflchen Ai mit den Teilschwerpunkten rsi erhlt man
rs =1
A
i
Airsi bzw.
xs =1
A
i
Ai xsi
ys =1
A
i
Ai ysi
zs =1
A
i
Aizsi .
(1.27)
Bei linienfrmigen Krpern (z.B. schlanker Trger) mit konstanter Querschnittsflche Aund konstanter Dichte (Bild 1.5.4) gilt dm = A d s und
y
z
x
rS
.S
s dsL
Bild 1.5.4
rs =1
L
(L)
r ds mit L =(L)
ds .
(1.28)
Bei bekannten Teillinien Li mit den Teilschwer-punkten rsi folgt
rs =1
L iLirsi bzw.
xs =1
L
i
Lixsi
ys =1
L iLiysi
zs = 1Li
Lizsi .
(1.29)
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Auflagerreaktionen ebener Tragwerke 17
1.6 Auflagerreaktionen ebener Tragwerke
1.6.1 Elemente eines Tragwerks
Allgemein versteht man unter einem Tragwerk ein aus mehreren Elementen zusam-mengesetztes Bauwerk, dessen Beweglichkeit durch geometrische Bindungen (Auflager,bertragungselemente) eingeschrnkt ist und das in der Lage ist, eingeprgte Krfteaufzunehmen.
Die Elemente eines Tragwerks werden entsprechend ihrer Form und Beanspruchungsartin verschiedene Klassen eingeteilt.
Unter einem Stab versteht man ein Bauteil, dessen Querschnittsabmessungen sehr vielkleiner sind als seine Lngsabmessung und das nur in seiner (geraden) Stabachse bean-
sprucht wird. Treten auch Momenten- und Querbeanspruchungen auf, so spricht manvon einem geraden Balken, wenn die Lngsachse gerade, vom Bogentrger, wenn dieLngsachse gekrmmt und von Rahmen, wenn mehrere Balken mit unterschiedlichenAchsrichtungen zusammengesetzt sind. Alle diese Tragwerke fat man auch (unabhngigvon ihrer Beanspruchung) unter dem BegriffLinientragwerk zusammen.
Ebene Bauteile, bei denen die Dickenabmessung sehr viel kleiner ist als die sonstigen Ab-messungen, werden als Scheiben bezeichnet, wenn sie nur in der Scheibenebene belastetwerden und als Platten, wenn sie auch Momenten- und Querbelastungen aufnehmen.Handelt es sich um gekrmmte Elemente, so spricht man von Schalen. Scheiben, Plattenund Schalen werden zusammenfassend auch als Flchentragwerke bezeichnet.
1.6.2 Belastungs und Lagerungsarten
Eingeprgte Krfte belasten ein Tragwerk, Auflager und Verbindungselemente verhin-dern die Beweglichkeit und ergeben die Reaktionskrfte.
Werden nur Linientragwerke betrachtet, so kommen als Belastungen Krfte, Momenteund Streckenlasten (Linienlasten) in Frage. In den Gleichgewichtsbedingungen (1.16)erscheinen jedoch nur Krfte und Momente. Es wird daher im folgenden gezeigt, welche
Kraft und Momentenwirkungen Streckenlasten haben.Die resultierende Kraft der Streckenlast q(x) im Bereich 0 x l betrgt
|Fq| =l
0
q(x) dx . (1.30)
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18 Statik
Das Moment um den Bezugspunkt A folgt aus
|Mq| =
l
0
x q(x) dx . (1.31)
A
lx
q (x)
Bild 1.6.1
In der Tabelle 1.1 sind einige typische Lagerungsarten und ihre Symbole zusammen-gefat. Man unterscheidet ein, zwei und dreiwertige Lager. Die statische Wertigkeit(Fesselwirkung) wird mit ai bezeichnet.
verschiebl.
Lager, Los-
lager, Rollen-
lager
Pendel-
sttze
Festes
Gelenk,
Festlager
Doppel-
sttze
1
1
2
2
Wertigkeit
aiSymbol
Statische
Lagerreaktionen
Ausfhrung
(Beispiele)Lagertyp
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Auflagerreaktionen ebener Tragwerke 19
Parallel-
fhrung
Schiebe-
hlse
feste
Einspannung
2
2
3
Wertigkeit
aiSymbol
Statische
Lagerreaktionen
Ausfhrung
(Beispiele)Lagertyp
Tabelle 1.1
1.6.3 Statische Bestimmtheit
Ein aus einem Element bestehendes ebenes Tragwerk besitzt ohne Bindungen den Frei-heitsgrad f = 3. Die Lagerungen mit den entsprechenden Wertigkeiten ai vermindernden Freiheitsgrad entsprechend
f = 3 a mit a =i
ai . (1.32)
Die notwendige Bedingung, dass das Tragwerk tragfhig ist (Starrheitsbedingung), lautet
a 3 bzw. f 0 .
Diese Bedingung ist jedoch nicht hinreichend. Dazu werden spter noch Beispiele ge-nannt.
Das aus einem Element bestehende ebene Tragwerk ist statisch bestimmt gelagert,wenn die drei Gleichgewichtsbedingungen der Ebene ausreichen, die drei unbekann-ten Auflagerreaktionen zu bestimmen. Treten mehr als drei Auflagerreaktionen auf, sospricht man von einem statisch unbestimmt gelagerten Tragwerk.
So sind beispielsweise die Balken a) und b) in Bild 1.6.2 statisch bestimmt gelagert, derBalken c) hingegen einfach statisch unbestimmt.
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20 Statik
F F F
a) b) c)
Bild 1.6.2
Die notwendige Bedingung fr die statische Bestimmtheit fr ein Element in der Ebenelautet demnach
a = 3 bzw. f = 0. (1.33)
Nachstehend sind einige Ausnahmeflle gezeigt, fr die die notwendige Bedingung derstatischen Bestimmtheit erfllt ist, die sich aber trotzdem nicht mit Hilfe der Gleichge-wichtsbedingungen lsen lassen.
Bild 1.6.3
Ausnahmeflle liegen vor, wenn
a) die Wirkungslinien aller drei Auflagerkrfte durch einen Punkt gehen,
b) die Wirkungslinien aller drei Auflagerreaktionen parallel verlaufen,
c) die Auflagerreaktionen aus einem Moment und zwei Krften bestehen und diesezueinander parallel sind.
Fr f < 0 (statisch unbestimmte Lagerung) reichen die Gleichgewichtsbedingungen freine eindeutige Bestimmung der Auflagerreaktionen nicht aus.
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Auflagerreaktionen ebener Tragwerke 21
Zum Beispiel wrde fr den in Bild 1.6.4 skizzierten Fall einer einfach statisch unbe-stimmten Lagerung fr jeden auf der Wirkungslinie von F liegenden Schnittpunkt derKrfte eine statisch mgliche Lsung existieren. Beim statisch unbestimmten Problemmu man die Idealisierung starrer Krper aufgeben, um eine eindeutige Lsung zuerhalten.
Bild 1.6.4
1.6.4 Bestimmung der Auflagerreaktionen
Bei statisch bestimmten Aufgaben werden die Auflagerreaktionen mit Hilfe der Gleich-
gewichtsbedingungen bestimmt. Dies kann sowohl analytisch als auch grafisch erfolgen.
Beispiel: analytische Bestimmung der Auflagerreaktionen
A
a1
F1F2 F1
AH
AV
F2
a2l
a1a2
l
a) wirkliches System b) freigeschnittenes System
B B
Gleichgewichtsbedingungen:
AH F2 cos = 0 AV + B F1 F2 sin = 0
A Bl F1a1 F2 a2 sin = 0
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22 Statik
Aus den 3 Gleichungen ergeben sich die 3 Unbekannten:
AH = F2 cos
AV = F1 1 a1l + F2 sin 1 a2l B = F1
a1l
+ F2 sin a2l
Durch ein Momentengleichgewicht um B
B AVl + F1(l a1) + F2 sin (l a2) = 0
anstelle des Gleichgewichts der vertikalen Krfte lt sich gleich ein entkoppeltesGleichungssystem bilden.
Man kann das Aufstellen einer weiteren Momentengleichgewichtsbedingung auch alsKontrolle der Berechnung benutzen.
1.6.5 Mehrgliedrige Tragwerke
Es sind mehrere Tragwerkselemente durch Verbindungselemente miteinander gekoppelt.Die Verbindungselemente bertragen Krfte bzw. Momente und schrnken die Beweg-lichkeit der Elemente ein. Die Wertigkeit der Verbindungselemente wird mit zi bezeich-net. Die Tabelle 1.2 zeigt drei Verbindungselemente.
Wertigkeit ziVerbindungs-element
Ausfhrung bertragbare Krfte
Pendelsttze
Gelenk
Parallel-
1
2
2fhrung
Tabelle 1.2
Jedes Element hat zunchst 3 Freiheitsgrade. Bei n Elementen sind dies f = 3nFreiheitsgrade. Durch die Lagerungen werden hiervon a =
ai und durch die Verbin-dungselemente z =
zi Freiheitsgrade eingeschrnkt.
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Auflagerreaktionen ebener Tragwerke 23
Somit gilt:
f = 3n
(a + z) (1.34)
Die notwendige Bedingung fr die Tragfhigkeit des Systems lautet f 0. Einstatisch bestimmtes System mu die Bedingung f = 0 erfllen.
Es knnen jedoch auch hier wieder Ausnahmeflle auftreten. Dies wird in Bild 1.6.5verdeutlicht.
Beispiel: Prfung auf statische Bestimmtheit
F
z = 2
a = 3
a = 1a = 3
z = 2
a = 1a = 1
a = 1
z = 2
a = 3
F
F
a) b)
c)
Bild 1.6.5
Bild 1.6.5 a): f = 3n (a + z) = 3 2 (4 + 2) = 0 stat. bestimmtBild 1.6.5 b): f = 3n (a + z) = 3 2 (5 + 2) = 1 1-fach statisch
unbestimmt
Bild 1.6.5 c): f = 3n (a + z) = 3 2 (4 + 2) = 0 Ausnahmefall!
Fr das Tragwerk 1.6.5 c) gilt zwar der Gesamtfreiheitsgrad f = 0, der linke Balkenist aber statisch unbestimmt gelagert und der rechte ist beweglich.
Zwei typische Vertreter mehrgliedriger Tragwerke sind der Dreigelenkbogen und derGerbertrger.
Der Dreigelenkbogen ist in Bild 1.6.6 dargestellt. Er ist immer dann statisch be-stimmt, wenn die 3 Gelenke A, B und G nicht auf einer Geraden liegen. Die analytischeErmittlung der Auflager und Gelenkreaktionen erfolgt durch Freischneiden der beidenTrgerteile. Den 6 Auflager und Gelenkreaktionen stehen dann die 2 3 = 6 Gleich-gewichtsbedingungen gegenber.
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24 Statik
G
A BAH AV
GV
GH
BV
BH
F1 F2GH
GV
F2F1
a) Dreigelenkbogen (wirkliches System) b) freigeschnittenes System
Bild 1.6.6
Gerbertrger entstehen dadurch, dass bei sehr langen Trgern Zwischenlager einge-fhrt werden, andererseits aber auch zustzliche Gelenke eingebaut werden, so dass diestatische Bestimmtheit erhalten bleibt. Durch geschickte Wahl der Zwischengelenke kanndie Momentenbeanspruchung des Trgers minimiert werden.
Beispiel: Gerber-Trger
2
1
a) Gerbertrger (Gelenktrger) b) freigeschnittenes System
G
BA
AH
MA AV
GV
GH
GH
GV
F
F
B
l l l
l
l l
Gleichgewichtsbedingungen und Ergebnisse fr die beiden Balken 1 und 2 lauten:
a) Balken 2:
G
F l + B 2l = 0
B =
1
2
F
GH = 0 GH = 0 B GV F = 0 GV = 1
2F
b) Balken 1: AH + GH = 0 AH = GH = 0 AV + GV = 0 AV = GV = 1
2F
A MA + GVl = 0 MA = GV l = 12
F l
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30/131
Schnittreaktionen eines Balkens 25
1.7 Schnittreaktionen eines Balkens
1.7.1 Definition der Schnittreaktionen in der Ebene
Zur Erfassung der inneren Krfte mssen wir einen gedanklichen Schnitt durch denBalken legen. Der Schnitt erfolgt senkrecht zur Balkenachse. Die resultierende Wirkungder inneren Krfte ergibt die Schnittreaktionen (Schnittgren). In der Ebene sind daszwei Komponenten der Schnittkraft, die Normalkraft N(x) und die Querkraft Q(x),sowie ein Schnittmoment M(x). Ohne Begrndung an dieser Stelle wollen wir denQuerschnittsschwerpunkt als Bezugspunkt der Reduktion whlen (Bild 1.7.1).
xz
q(x) q(x)
A B BAV
AH
F F
Bild 1.7.1
Gem dem Wechselwirkungsgesetz sind die Schnittreaktionen an beiden Schnittufernjeweils entgegengesetzt gerichtet. War vor dem Schnitt das Gleichgewicht fr den gesam-
ten Balken erfllt, so mssen nach dem Schnitt beide durch den Schnitt entstandenenTeile im Gleichgewicht sein. Das sind die Bestimmungsgleichungen fr die Schnittreak-tionen, wobei sowohl der linke als auch der rechte Balkenteil benutzt werden kann.
Eine hufig verwendete Vorzeichenregel, der wir uns hier anschlieen wollen, ist die inBild 1.7.2 dargestellte:
xex
z
ez N(x)Q(x)
n
M(x)
positives negativesSchnittufer
n
M(x) Q(x)
N(x)
Bild 1.7.2
Die Vorzeichenregel orientiert sich an einem Koordinatensystem, bei dem die xAchse inRichtung der Balkenachse und die zAchse nach unten weist. Der auf den Schnittufern
jeweils vom Material nach auen gerichtete Normalenvektor n definiert ein positives (nin Richtung von ex) und ein negatives (n entgegen der Richtung von ex) Schnittufer.
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26 Statik
Die Regel lautet:
Positive Schnittgren zeigen am positiven Schnittufer in positi-
ve Koordinatenrichtungen und am negativen Schnittufer in ne-gative Koordinatenrichtungen.
0
q(x)
n(x)
M(x)
N(x)
M(x+dx)=M(x)+dM(x)
N(x+dx)=N(x)+dN(x)
Q(x+dx)=Q(x)+dQ(x)
Q(x)x dx
Bild 1.7.3
Schneidet man ein differentiell klei-nes Teilchen des Balkens herausund stellt die Gleichgewichtsbedin-gungen fr dieses Teilchen auf, er-hlt man einen differentiellen Zu-sammenhang zwischen Strecken-last q(x), Querkraft Q(x) undMoment M(x).
N(x) + [N(x) + dN(x)] + n(x)dx = 0 Q(x) [Q(x) + dQ(x)] q(x)dx = 0
0 M(x) + [M(x) + dM(x)] Q(x) dx2
[Q(x) + dQ(x)] dx2
= 0
(1.35)
Daraus folgt:
dN(x) + n(x)dx = 0
dQ(x) + q(x)dx = 0
dM(x) Q(x)dx = 0
dN(x)
dx= n(x)
dQ(x)
dx= q(x)
Q(x) =
q(x) dx
dM(x)
dx= +Q(x)
M(x) = + Q(x) dx .
(1.36)
(1.36) ermglicht die Ermittlung der Schnittgren Q(x) und M(x) durch ein bzw.zweimalige Integration der Streckenlast q(x).
1.7.2 Gerader Balken
Bei geraden Balken liegen alle Querschnittsschwerpunkte auf einer Geraden. Als Bela-stung knnen Einzelkrfte, Momente und kontinuierlich verteilte Lasten (Streckenlasten)
vorkommen. Schrge Einzellasten zerlegt man zweckmigerweise in Komponenten inLngs und Querrichtung des Balkens.
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32/131
Schnittreaktionen eines Balkens 27
Zur Bestimmung der Schnittreaktionen dienen entweder die Gleichgewichtsbedingungenfr den linken oder den rechten Balkenteil nach einem entsprechenden Schnitt oder dieBeziehungen (1.36). Beide Vorgehensweisen werden an je einem Beispiel erklrt.
Beispiel: Bestimmung der Schnittreaktionen (I)
Ein gerader Balken der Lnge 3l ist durch eine konstante Streckenlast q, eineEinzelkraft F (unter 45o) und ein Moment M0 belastet.
Gegeben: q, l, F =
2 ql, M0 = ql2.
Gesucht: Auflager und Schnittreaktionen.
Die Bestimmung der Auflagerreaktionen aus den Gleichgewichtsbedingungen fr den
gesamten Balken fhrt auf die in Bild 1.7.4 b) dargestellten Ergebnisse.
qlql2
ql ql
qlql
M0q
l ll
l ll
F
q
x1
z3z2z1
x2 x3
A B
45
a)
1. Bereichb)
32
2. Bereich 3. Bereich
12
Bild 1.7.4
Wegen der Unstetigkeiten der Belastungen kann nicht nur je eine Gleichung N(x), Q(x)und M(x) fr den gesamten Balken aufgestellt werden, sondern der Balken ist in Be-reiche zu unterteilen. Die Unstetigkeiten der Belastungen (Angreifen einer Einzelkraftoder eines Momentes oder eine unstetige nderung der Streckenlast) kennzeichnen dieBereichsgrenzen. In jedem Bereich ist einmal zu schneiden, und fr jeden Bereich istein Formelsatz N(xi), Q(xi), M(xi) zu berechnen.
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28 Statik
1. Bereich: 0 x1 < l
M(x1)q
ql
32
ql
N(x1)
Q(x1)
x1z1
N(x1) =
ql
Q(x1) = 32
ql qx1
x1 M(x1) =3
2qlx1 q x
21
2
2. Bereich: 0 x2 < l
12l-x2
x2
z2
ql
l
ql
ql
Q(x2)
N(x2)
M(x2)
Bild 1.7.5
N(x2) = ql
Q(x2) = 1
2 ql + ql =1
2 ql
x2 M(x2) =1
2ql(2l x2) ql(l x2) = 1
2qlx2
3. Bereich: 0 x3 < l
ql12
l-x3
Q(x3)
N(x3)x3
z3
M(x3)
Bild 1.7.6
N(x3) = 0
Q(x3) = 12
ql
x3 M(x3) =1
2ql(l x3)
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Schnittreaktionen eines Balkens 29
N(x) Q(x)
- ql
ql32
ql
qlqlM(x)
12
ql12
12
- -
+
+
+
Bild 1.7.7
Die grafische Darstellung der Schnittreaktionen zeigt Bild 1.7.7. Positive Momentesind dabei nach unten aufgetragen. Diese Art der Darstellung ist allgemein blich,da man so die Momente auf der Zugseite des auf Biegung beanspruchten Balkenseingezeichnet hat.
Eine ein bzw. zweimalige Integration der Streckenlast q(x) zur Ermittlung von Quer-kraft Q(x) und Moment M(x) nach (1.36) wird zweckmigerweise dann vorgenommen,wenn die Ermittlung der resultierenden Kraft und Momentenwirkung der Streckenlastohnehin eine Integration erfordert. Bei dieser Vorgehensweise mssen die Auflagerreak-tionen nicht vorher bestimmt werden.
Beispiel: Bestimmung der Schnittreaktionen (II)
lx
z
A B
Bild 1.7.8
Gegeben: q0, l,
q(x) = q0
2x
l
x
l
2Gesucht:Auflager und Schnittreaktionen.
Q =
q(x) dx = q0lx
l
2 1
3
xl
3+ C1
M = +
Q(x) dx = q0l2
1
3
xl
3 1
12
xl
4+ C1
xl
+ C2
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35/131
30 Statik
Die Integrationskonstanten C1 und C2 folgen aus den Randbedingungen
M(x = 0) = 0 und M(x = l) = 0 .
Das fhrt aufC2 = 0 und C1 = 14
sowie
Q = q0l
1
4x
l
2+
1
3
xl
3
M = q0l2
1
4
xl
1
3
xl
3+
1
12
xl
4.
Die Auflagerkrfte lassen sich aus dem Querkraftverlauf berechnen.
A = Q(x = 0) =
1
4q0l
B = Q(x = l) = 512
q0l
Die grafische Darstellung der Schnittreaktionen zeigt Bild 1.7.9.
- +
+
Q(x)
M(x)
0,08967 q0l
A= q0l1
4
B= q0l
0,55 l
0,55 l5
12
Bild 1.7.9
1.7.3 Rahmentrger
Unter Rahmen werden Tragwerke verstanden, die aus mehreren Balken zusammengesetzt
sind, deren Balkenachsen nicht auf einer Geraden liegen.
Abwinklungen oder Verzweigungen stellen geometrische Unstetigkeiten dar, die getrenn-te Bereiche zur Ermittlung der Schnittreaktionen erfordern. Fr jeden Bereich des Rah-mens wird ein lokales Koordinatensystem (xi, zi) eingefhrt. Die xiKoordinate zeigtin Balkenrichtung, die ziKoordinate ist dazu im Uhrzeigersinn um 90o gedreht (letz-tere in Bild 1.7.10 nicht eingezeichnet). Die Schnittgren orientieren sich am lokalenKoordinatensystem, wobei die gleiche Vorzeichenregel wie beim geraden Balken gilt.
5/13/2018 Skript Statik.und.Festigkeitslehre
36/131
Schnittreaktionen eines Balkens 31
Beispiel: Rahmentrger
x1
z1
x2z2
x3 z3
F F
aa
aa
aa
F
F
AV
AHA
B
B
a) wirkliches System b) freigeschnittenes System
Bild 1.7.10
1) Auflagerreaktionen:
A F2a + F a + Ba = 0 B = F F + B + AV = 0 AV = 0 F + AH = 0 AH = F
2) Schnittreaktionen:
x1z1
x2z2
z3
x3
a-x2
F
F
F
F
Q(x1)
Q(x2)
Q(x3)
N(x1)
N(x2)
N(x3)
M(x1)M(x2)
M(x3)
Damit lauten die Normalkraft, Querkraft und Momentenverlufe:
Schnittgre Bereich 1 Bereich 2 Bereich 3
N(xi) F 0
F
Q(xi) 0 F FM(xi) 0 F(a x2) F x3
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37/131
32 Statik
Zur Probe wird das Gleichgewicht fr das Knotenstck aufgestellt.
M(x1
=a)
N(x1=a)
Q(x1=a)
Q(x2=0)
N(x2=0)
N(x3=a)
Q(x3=a)
M(x3=a)
M(x2
=0)
N(x1 = a) Q(x3 = a) + N(x2 = 0) = 0 Q(x1 = a) Q(x2 = 0) N(x3 = a) = 0
I M(x1 = a) + M(x2 = 0) M(x3 = a) = 0
Grafische Darstellung der Ergebnisse:
Normalkraftverlauf Querkraftverlauf Momentenverlauf
F
F -Fa
-F
+ _+
_ _
_
-F
1.7.4 Bogentrger
Wir betrachten einen halbkreisfrmigen Bogentrger, der an einem Ende eingespannt
und am anderen Ende durch eine Einzelkraft F belastet ist.
Als Koordinate zur Kennzeichnung der Schnittstelle kann die Kreisbogenkoordinate soder der Winkel benutzt werden, wobei
s = r
gilt. Damit kann jede Stelle des Trgers erfat werden, d.h., es gibt nur einen Bereich.
5/13/2018 Skript Statik.und.Festigkeitslehre
38/131
Schnittreaktionen eines Balkens 33
s
et
enj
r
F
F
j
Q(j)
M(j) N(j)
F
a) wirkliches System b) freigeschnittenes System
Bild 1.7.11
Da die Schnittkraft wie bisher in eine Komponente N normal zur Schnittflche und eineKomponente Q in der Schnittflche zerlegt werden soll, wird ein lokales en, et Systemeingefhrt.
Fr den linken Trgerteil gilt:
N() Fsin = 0Q() F cos = 0M() F r sin = 0
N() = Fsin Q() = Fcos M() = F r sin
Auf die grafische Darstellung der Schnittgren fr den Bogentrger soll hier verzichtetwerden.
1.7.5 Definition der Schnittreaktionen im Raum
Wie beim ebenen Kraftsystem wird auch bei rumlich belasteten Balken zur Ermitt-lung der Schnittreaktionen ein gedachter Schnitt durch den Balken gefhrt, und an derSchnittstelle werden die mglichen Krfte und Momente angetragen. Im rumlichen Fallsind das alle 3 Komponenten einer Kraft und alle 3 Komponenten eines Momentes.
In Bild 1.7.12 sind die Schnittreaktionen bei ebener und rumlicher Belastung einesBalkens gegenbergestellt.
5/13/2018 Skript Statik.und.Festigkeitslehre
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34 Statik
x x
z z
yy
Mby
Mbz
MtQz
Qy N
NMb
Q
a) eben b) rumlich
xN
Mb
z
Q
oder
Bild 1.7.12
Rumliche Schnittreaktionen am Balken sind
1 Normalkraft (Lngskraft), 2 Querkrfte (Unterscheidung durch Index),
1 Torsionsmoment,
2 Biegemomente (Unterscheidung durch Index).
Die Berechnung der 6 Schnittreaktionen erfolgt durch Aufstellen und Lsen der 6 Gleich-gewichtsbedingungen fr einen der beiden durch den Schnitt entstandenen Balkenteile.
1.8 Reibung
Reale Krper besitzen eine Oberflchenrauhigkeit und knnen infolge dessen bei Berh-
rung auch Tangentialkrfte (Reibkrfte) bertragen.
Wir betrachten einen Klotz vom Ge-wicht G auf einer rauhen schiefen Un-terlage, bei der wir den Neigungswinkel stufenlos verstellen knnen.
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Reibung 35
1.8.1 Haftreibung
Im Winkelbereich 0 < max stellt sich die Haftkraft so ein, dass der Klotz in Ruhe
bleibt. In diesem Bereich ist die Haftkraft eine Reaktionskraft.
G
G cos
G sin
N
H
Schneiden wir den Klotz frei, so gilt:
: H = G sin : N = G cos
Fr = max stellt sich die maximal mglicheGrenzkraft Hmax ein. Das Coulombsche Reib-gesetz lautet:
Hmax = HN
Aus der Gleichgewichtsbedingung fr den Grenzfall des Haftens, d. h. = max folgt
Hmax = G sin max = HG cos max H = tan max.Der Winkel max wird auch als Haftreibungswinkelbezeichnet.
1.8.2 Gleitreibung
Fr > max reicht die maximale Haftkraft nicht mehr aus um den Krper im Gleichge-wicht zu halten. Der Krper fngt an sich zu bewegen. Es wirkt weiterhin eine Reibkraft,die nun aber keine Reaktionskraft sondern eine eingeprgte Kraft darstellt. Nach Cou-lomb gilt:
R = GN
Die Gleitreibung ist immer der Bewegung entgegengesetzt gerichtet, was durch
R = v
|v
|
GN
ausgedrckt werden kann.
Die Reibungskoeffizienten H bzw. G hngen im wesentlichen von der Werkstoffpaarungund der Rauhigkeit der berhrenden Flchen und weniger von der Gre ab.
Werkstoffpaarung Haftreibungskoeffizient H Gleitreibungskoeffizient GStahl/Stahl 0,1 . . . 0,5 0,1 . . . 0,3
Stahl/Kunststoff 0,04 0,04
Stahl/Eis 0,03 0,015
Holz/Holz 0,4 . . . 0,6 0,3Gummireifen/Strae 0,6 . . . 0,9 0,5 . . . 0,7
5/13/2018 Skript Statik.und.Festigkeitslehre
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36 Statik
1.8.3 Reibkegel
max
FR
H
N
n
W
Zeichnet man um die senkrecht zurBerhrflche stehende Normale neinen Rotationskegel mit dem hal-ben ffnungswinkel max, so wirddadurch der sog. Haftreibungskegeldefiniert.Verluft die Wirkungslinie der ein-geprgten resultierenden Kraft FRinnerhalb des Kegels, ist Gleichge-wicht mglich. Liegt die Wirkungs-linie von FR auf dem Kegelman-tel, so ist gerade der Grenzfall desHaftens erreicht. Verluft die Wir-kungslinie von FR auerhalb desHaftreibungskegels, so ist Haftennicht mehr mglich. Der Krperwird sich beschleunigt bewegen.
Beispiel: an Wand gelehnte Leiter (analytische und graphische Lsung)
Eine Leiter ist in der gezeichneten Weise unterdem Winkel schrg an eine Wand gestellt.Bis zu welcher Stelle x darf eine Person vomGewicht G steigen, bis die Leiter wegrutscht?Das Leitergewicht sei vernachlssigbar klein.Folgende Fallunterscheidungen sind zu untersu-chen:
1. Boden rauh (Haftreibungskoeffizien H)und Wand glatt
2. Boden und Wand rauh (Haftreibungsko-effizient jeweils H)
5/13/2018 Skript Statik.und.Festigkeitslehre
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Reibung 37
1. Fall: (Boden rauh und Wand glatt)
analytische Lsung
HA
NB
NA x
G
h
Gleichgewicht:
: HA NB = 0 : NA G = 0
A : NBh Gx = 0
Daraus folgt:
NB = HA
NA = G
x = hNBG
= hHAG
Die Haftbedingung lautet: HA HNA = HG
Damit folgtx Hh
graphische Lsung
maxmax
NB
x
M
A
G Die Leiter ist gerade noch im Gleichgewicht, wenndie Wirkungslinie der Auflagerkraft A auf der Man-tellinie des Haftreibungssektors liegt. Ferner ms-sen sich die Wirkungslinien der drei Krfte in ei-nem Punkt (zentrales Kraftsystem) schneiden. Da-mit sind die Wirkungslinien der Auflagerreaktionenbekannt. Die Wirkungslinie von G mu durch dengemeinsamen Schnittpunkt M gehen. Daraus ergibtsich der Grenzabstand x.
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38 Statik
2. Fall: (Boden und Wand rauh)
analytische Lsung
HA
HB
NB
NA xh tan
G
h
Die Aufgabe ist einfach statisch unbe-stimmt. Den vier unbekannten Reaktions-krften stehen nur drei Gleichgewichtsbe-dingungen gegenber.Fr den Grenzfall, dass an beiden Aufla-gern A und B die maximale Haftkraft aus-gentzt wird, lt sich die Aufgabe den-noch eindeutig lsen. Den insgesamt 5 Un-bekannten (4 Reaktionskrfte und der Ab-
stand x) stehen dann die drei Gleichge-wichtsbedingungen und die beiden Cou-lombschen Reibbeziehungen gegenber.
(1) : NA + HB G = 0(2) : HA NB = 0(3)
A : Gx + NBh + HBh tan = 0
(4) HA = HNA
(5) HB = HNB
) )
Mit (1) und (5) NA + HNB = G 1 HMit (2) und (4) HNA NB = 0 H (1)
NA =1
1 + 2H
G; NB =H
1 + 2H
G
Mit (5) eingesetzt in (3) folgt
x = hNBG
(1 + H tan ) =H(1 + H tan )
1 + 2Hh
5/13/2018 Skript Statik.und.Festigkeitslehre
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Reibung 39
graphische Lsung
2max
2max
x
G
Trgt man an den beiden Auflager-punkten die Haftreibungssektoren an,so stellt der schraffierte berlappungs-bereich den geometrischen Ort al-ler mglichen Lagen des gemeinsamenSchnittpunktes M der drei Wirkungs-linien dar, fr den Gleichgewicht mg-lich ist. Der Punkt, fr den der maxi-
male Abstand x folgt, ist hieraus leichtzu entnehmen.
Beispiel: aufgehngtes Bild
B
C
A H
h
G
Ein Bild soll an einer Schnur so auf-gehngt werden, dass es sich ohne einezustzliche Absttzung in der gezeich-neten Lage gegen eine rauhe Wandlehnt. Die Schnur ist im Punkt C amBild befestigt. In welchem Abstand hmu die Schnur an der Wand befestigtwerden?
5/13/2018 Skript Statik.und.Festigkeitslehre
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40 Statik
Wir wollen hier nur die graphische Lsung betrachten.
S
h
hmax
hmin
G
2max
Das Bild ist im Gleichgewicht, wenn sichdie drei Wirkungslinien der GewichtskraftG, der Fadenkraft S und der AuflagerkraftA in einem gemeinsamen Schnittpunktschneiden und dieser innerhalb des Haft-reibungssektors des Auflagers A liegt. DieGrenzzustnde ergeben sich dann, wenn dieWirkungslinie der Kraft A gerade auf demRand des Sektors liegt.
hmin h hmax
5/13/2018 Skript Statik.und.Festigkeitslehre
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Elastostatik und Festigkeitslehre 41
2 Elastostatik und Festigkeitslehre
2.1 Grundlagen und Grundbegriffe
2.1.1 Einfhrende Bemerkungen
Innerhalb der Statik starrer Krper haben wir uns mit der Ermittlung der Schnittgren,die die resultierende Wirkung der inneren Krfte im Balken darstellen, zufriedengegeben. Innerhalb der Elastostatik und Festigkeitslehre wollen wir einen Schritt weiter-gehen und uns ber die Verteilung der inneren Krfte ein Bild verschaffen. Fernerinteressieren wir uns dafr, wie der Krper unter Einwirkung uerer Lasten seine Formndert. Hierzu mssen wir die Idealisierung starrer Krper verlassen und zur Statikder deformierbaren Krper bergehen.
Wir wollen uns im Rahmen dieser Betrachtungen auf elastische Krper beschrnken (Ela-stostatik) und homogenes (ortsunabhngiges), isotropes (richtungsunabhngiges) Ma-terialverhalten voraussetzen. Ferner wollen wir nur kleine Verformungen zulassen, d.h.,die Verformungen sollen klein gegenber den Bauteilabmessungen sein. Bei der Aufstel-lung der Gleichgewichtsbedingungen knnen wir dann in der Regel von der Geometriedes unverformten Krpers ausgehen (Theorie 1. Ordnung). Eine Ausnahme davonwerden wir im Kapitel ber Stabilitt kennenlernen.
Die Betrachtung der Verformungen der Krper ermglicht es, auch statisch unbestimmteAufgaben zu lsen.
Die folgende Abbildung zeigt einen berblick ber die grundlegenden Beanspruchungs-arten eines Bauteils. Die Zug-/Druckbeanspruchung wird in Kapitel 2.2, die Biegebean-spruchung wird in Kapitel 2.3 und die Torsionsbeanspruchung wird in Kapitel 2.4 nherbetrachtet. Die Schubbeanspruchung ist hier nur der Vollstndigkeit halber aufgefhrtund soll in diesem Skript nicht weiter untersucht werden.
F
Zug
deformiert
undeformiert
Torsion Schub
Biegung
F
F
F
MbMb
Mt
Mt
5/13/2018 Skript Statik.und.Festigkeitslehre
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42 Elastostatik und Festigkeitslehre
2.1.2 Spannungen
Um den tatschlichen an der Trennflche vorhandenen lokalen Krftebertragungsme-
chanismus besser zu erkennen, betrachten wir ein Flchenelement A der gedanklichenTrennflche (Bild 2.1.1).
A
DA
DF
DM
Bild 2.1.1
ber dieses Flchenelement werde gerade die resultierende Kraftwirkung F und dieresultierende Momentenwirkung M bertragen. Diese jeweils auf die Flcheneinheitbezogenen Schnittreaktionsanteile bezeichnet man im Grenzfall A 0 als
Spannungsvektor = limA0
F
A=
d F
dA
bzw. Momentenspannungsvektor m = limA0
M
A=
d M
dA
Innerhalb der klassischen Mechanik wird der Momentenspannungsvektor m vernachls-sigt und nur der bereits von Cauchy eingefhrte Spannungsvektor bercksichtigt. Damitlassen sich auch die Schnittmomente beschreiben. Die Einbeziehung des Momentenspan-nungsvektors wrde auf die sog. CosseratTheorie fhren, die von einer verfeinertenMaterieauffassung ausgeht.
Die Spannung hat die Dimension Kraft/Flche, die im SISystem allgemein durch dasPascal (Pa) gem 1Pa = 1 Nm2 angegeben wird. In der Mechanik wird hufig dieDimension Nmm2 verwendet.
Es gilt: 1N
mm2= 106
Nm2
= 1MPa.
Fr die weitere Beschreibung des Spannungsvektors verwenden wir ein lokales Basissy-stem ex, ey, ez, das wir so einfhren, dass ex mit der vom Material nach auen gerichtetenFlchennormalen bereinstimmt (Bild 2.1.2)
5/13/2018 Skript Statik.und.Festigkeitslehre
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Grundlagen und Grundbegriffe 43
Bild 2.1.2
Den auf das nun mit dAx bezeichnete Flchenelement bezogenen Spannungsvektor wollenwir mit x kennzeichnen. Die senkrecht zur Schnittflche wirkende Komponente xx wirdals Normalspannung und die in der Schnittflche wirkenden Komponenten xy und xzwerden als Tangential oder Schubspannungen bezeichnet.
x = exxx + eyxy + ezxz (2.1)
Man erkennt, dass der erste Index der Spannungskomponente die Orientierung des Fl-chenelementes beschreibt und der zweite Index die Richtung der Spannungskomponenteangibt. Die Normalspannungskomponente wird durch gleiche Indizes, die Schubspan-nungskomponenten durch ungleiche Indizes charakterisiert.
Um den allgemeinen rumlichen Spannungszustand in einem Innenpunkt des Krperszu erfassen, trennt man gedanklich ein infinitesimales Volumenelement dV mit den Kan-tenlngen dx, dy und dz aus dem belasteten Krper heraus (Bild 2.1.3).
ey
ezex
y
z
x
dx
dz
dy
syy
syz syx
sy
szz szx
szszy
sxzsxx
sxsxy
Bild 2.1.3
5/13/2018 Skript Statik.und.Festigkeitslehre
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44 Elastostatik und Festigkeitslehre
An den Schnittflchen dAx, dAy und dAz greifen die Spannungsvektoren x, y und zan, deren Komponentendarstellung durch
x = exxx + eyxy + ezxz
y = exyx + eyyy + ezyz
z = exzx + eyzy + ezzz
kurzi =
j
ejij = ejij
(i, j = x,y,z)(2.2)
gegeben ist. Durch die Angabe der drei Spannungsvektoren bzw. deren Koordinaten istder Spannungszustand in dem betrachteten Punkt eindeutig beschrieben.
Mit dieser Darstellung (je ein Vektor in jeder der drei Raumrichtungen) ergibt sich dieSpannung allgemein als Tensor 2. Stufe.
Man fat die 9 Spannungskomponenten bezglich einer gewhlten Basis zum Span-
nungstensor zusammen.
[ij] =
xx xy xzyx yy yz
zx zy zz
(2.3)
In der technischen Anwendung, in der auf die abkrzende Indexschreibweise verzichtetwird, hat sich die Bezeichnung fr Normalspannungen und fr Tangentialspannungeneingebrgert. Bei den Normalspannungen gengt dann ein Index zur Kennzeichnung. Esgilt
xx = x xy = xy
yy = y yz = yz
zz = z zx = zx .
Als nchstes wollen wir die Bedingungen fr das Gleichgewicht eines Spannungszustandesherleiten. Dazu denken wir uns wieder ein infinitesimales Volumenelement dV = dxdydzaus dem Krper herausgetrennt. Das Element mu unter Einwirkung aller angreifendenSpannungskomponenten in Krfte und Momentengleichgewicht sein. Wir wollen fernereine auf das Volumen bezogene Kraft f = f(x,y,z) zulassen.
Bei der vorzeichenrichtigen Eintragung der Spannungskomponenten in die Abbildung ha-ben wir zwischen positiven und negativen Schnittufern zu unterscheiden. Fr die Span-nungskomponenten gelte die gleiche Vorzeichenregel wie fr die Schnittgren.
Vorzeichenregel: Am positiven Schnittufer zeigen positiveSpannungskomponenten in positive Koordinatenrichtung, am ne-gativen Schnittufer in negative Koordinatenrichtung.
Wir gehen bei der weiteren Betrachtung von einem stetigen, ortsabhngigen Spannungs-zustand ij = ij(x,y,z) aus. Fr den zu dem Punkt P(x,y,z) infinitesimal benachbar-ten Punkt P(x + dx,y + dy,z + dz) gilt
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Grundlagen und Grundbegriffe 45
ij(x + dx,y + dy,z + dz) =
ij(x,y,z) +ij(x , y, z)
x
dx +ij(x , y, z)
y
dy +ij(x , y, z)
z
dz .(2.4)
In Bild 2.1.4 sind aus Grnden der bersichtlichkeit nur alle in xRichtung wirkendenSchnittkrfte eingezeichnet.
y
x
z
dx
dz
dy
(syx + d y ) d z d xsyx
y
(szx + d z ) d x d yszx
z
(sxx + d x ) d y d zsxx
x
sxx
dy dz
syx dx dz
szx dx dy
fx dx dy dz
Bild 2.1.4
Das Krftegleichgewicht in xRichtung liefert:
xxx
+yx
y+
zxz
+ fx = 0 . (2.5)
Analog folgt fr das Gleichgewicht in y und zRichtung:
xyx
+yy
y+
zyz
+ fy = 0 ,
xzx
+yz
y+
zzz
+ fz = 0 .(2.6)
Die drei Gleichgewichtsbedingungen (2.5) und (2.6) lassen sich in der Form
j
jij
+ fi = 0 mit i, j = x,y,z (2.7)
zusammenfassen.
Das Momentengleichgewicht stellen wir um Achsen auf, die zu den Koordinatenrichtun-gen parallel sind und die durch den geometrischen Mittelpunkt des Volumenelementes
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46 Elastostatik und Festigkeitslehre
verlaufen. Die fr das Momentengleichgewicht um die zur xAchse parallele Achse ma-gebenden Schnittkrfte sind in Bild 2.1.5 eingezeichnet.
.I
x
y
z
Bild 2.1.5
Das Momentengleichgewicht um die Bezugsachse I lautet
yz +
yzy
dy
dxdzdy
2+ yzdxdz
dy
2
zy + zyz
dz
dxdydz
2 zydxdy dz
2= 0 .
(2.8)
Daraus erhlt man yz = zy .Eine analoge Aussage ergibt sich aus dem Momentengleichgewicht um die zur y undzRichtung parallelen Achsen.
Damit gilt: Das Momentengleichgewicht ist erfllt, wenn
ij = ji mit i, j = x,y,z (2.9)
gilt, d.h., wenn die Schubspannungskomponenten symmetrisch sind.
2.1.3 Verschiebungen und Verzerrungen
a) Eindimensionales Verschiebungsfeld:
Wir betrachten einen elastischen Stab, der durch die Kraft S belastet wird. Die Verfor-mung des Stabes werde durch das eindimensionale Verschiebungsfeld
u = u(x) = exu(x) (2.10)
beschrieben. Um die lokale Dehnung x eines Stabelementes dx zu erfassen, betrachtenwir die Verformung zweier infinitesimal benachbarter Punkte A(x) und B(x + dx).
5/13/2018 Skript Statik.und.Festigkeitslehre
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Grundlagen und Grundbegriffe 47
A B. .
A' B' SS. .
u u+du
x dx
du+dx
l Dl
undeformierter Zustand
deformierter Zustand
Bild 2.1.6
Der Punkt A erfhrt eine Verschiebung u(x), der infinitesimal benachbarte Punkt B dieVerschiebung u(x + dx) = u(x) + du.
Die Dehnung x des Stabelementes dx ist definiert als der dimensionslose Quotient ausVerlngerung des Elementes zu ursprnglicher Lnge, d.h.
x =AB AB
AB=
(dx + du) dxdx
=du
dx. (2.11)
b) Zweidimensionales Verschiebungsfeld:
Wir wenden uns der ebenen Verformung einer elastischen Scheibe zu, die durch daszweidimensionale Verschiebungsfeld
u = u(x, y) = exux(x, y) + eyuy(x, y) (2.12)
beschrieben werde. Um die lokalen Dehnungen und Winkelnderungen eines Scheiben-elementes zu erfassen, betrachten wir das von den Punkten A(x, y), B(x + dx,y) undC(x, y + dy) aufgespannte Zweibein vor der Verformung, das nach der Verformung diePunkte A, B und C einnimmt. Der Punkt A verschiebt sich um ux bzw. uy, der Punkt
B um ux +uxx
dx bzw. uy +uyx
dx und der Punkt C um ux +uxy
dy bzw. uy +uyy
dy
(Bild 2.1.7).
5/13/2018 Skript Statik.und.Festigkeitslehre
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48 Elastostatik und Festigkeitslehre
b
a
A
A'
B'
B
C
C'
y
y
xx
dy
uy
ux dx
Bild 2.1.7
Die Verschiebungskomponenten der Punkte A, B und C lauten:
Punkt A:ux(x, y)
uy(x, y)
Punkt B:ux(x + dx,y) = ux(x, y) +
ux(x, y)
xdx
uy(x + dx,y) = uy(x, y) +uy(x, y)
xdx
Punkt C:ux(x, y + dy) = ux(x, y) +
ux(x, y)
ydy
uy(x, y + dy) = uy(x, y) +uy(x, y)
ydy
Fr kleine Verformungen entnimmt man Bild 2.1.7
x =AB AB
AB=
dx +uxx
dx dxdx
=uxx
y =AC AC
AC=
dy +uyy
dy dydy
=uyy
.
(2.13)
Damit sind die Dehnungen in xRichtung (x) und in yRichtung (y) durch die Ver-schiebungsableitungen ausgedrckt.
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Grundlagen und Grundbegriffe 49
Die nderung des rechten Winkels wird als Schiebung xy bzw. die halbe Winkelnde-rung als Verzerrung xy bezeichnet.
Es gilt
xy = 2xy = + tan + tan =uyx
dx
dx +uxx
dx
+
uxy
dy
dy +uyy
dy
.
Unter Beachtung vonuxx
1 und uyy
1 erhlt man
xy =1
2 uxy
+uyx . (2.14)
c) Dreidimensionales Verschiebungsfeld:
Die allgemeine rumliche Verformung wird durch das dreidimensionale Verschiebungsfeld
u = u(x,y,z) = exux(x,y,z) + eyuy(x , y, z) + ezuz(x , y, z) (2.15)
beschrieben. Zur Erfassung der lokalen Dehnungen wird ein infinitesimales Dreibein vorund nach der Verzerrung verglichen. Die Herleitung der VerzerrungsVerschiebungsBeziehungen verluft wie beim ebenen Fall.
Man erhlt
x =uxx
xy = 2xy =uxy
+uyx
y =uyy
yz = 2yz =uyz
+uzy
z =uzz
zx = 2zx =uzx
+uxz
.
(2.16)
(2.16) lt sich zu
ij =1
2
uij
+uji
i, j = x,y,z (2.17)
zusammenfassen.
Der allgemeine Verzerrungszustand wird wie der allgemeine Spannungszustand durcheinen Tensor 2. Stufe dargestellt. Die ij bezeichnet man als die Komponenten desVerzerrungstensors oder kurz als die Verzerrungskomponenten. Bei gleichen Indizes han-
delt es sich um eine Dehnung, bei unterschiedlichen Indizes um die halben Schiebungen(auch Winkelnderungen genannt).
5/13/2018 Skript Statik.und.Festigkeitslehre
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50 Elastostatik und Festigkeitslehre
Aus (2.17) erkennt man die Symmetrie der Winkelverzerrungen
ij = ji (2.18)
Analog zum Spannungstensor fat man die dimensionslosen Verzerrungskomponentenzum symmetrischen Verzerrungstensor
[ij] =
xx xy xzyx yy yz
zx zy zz
(2.19)
zusammen. In der praktischen Anwendung hat sich die Bezeichnung fr Dehnungenund fr Schiebungen eingebrgert. Es gilt
xx = x
yy = y
zz = z
2xy = xy
2yz = yz
2zx = zx .
Nach den 6 Komponenten des Spannungstensors haben wir in diesem Kapitel6 Komponenten des Verzerrungstensors und 3 Komponenten des Verschie-bungsvektors kennengelernt.
2.1.4 Stoffgesetz
Das Stoffgesetz beschreibt den Zusammenhang zwischen dem Spannungs und dem Ver-zerrungszustand. Es mu fr den jeweiligen Werkstoff durch das Experiment ermitteltwerden.
Dl
S
x
l
Bild 2.1.8
Hierzu dient meist der einfache Zugversuch als ein Grund-versuch der Materialprfung (Bild 2.1.8). Er liefert einen ex-perimentellen Zusammenhang zwischen der Belastung S undder Stabverlngerung l eines geeigneten Probestabes. Die ge-
messene KraftVerlngerungskurve wird in eine SpannungsDehnungskurve umgerechnet. Dabei wird bei der Spannungs-berechnung die Stabkraft auf den unverformten Stabquer-schnitt bezogen.
Bild 2.1.9 zeigt zwei typische SpannungsDehnungslinien, wiesie fr weiche Bausthle bzw. hochfeste Sthle gemessen wer-den.
5/13/2018 Skript Statik.und.Festigkeitslehre
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Grundlagen und Grundbegriffe 51
Bild 2.1.9
Beim weichen Baustahl zeigt sich eine ausgeprgte Fliegrenze. Anschlieend kommt es
zunchst zu einer Verfestigung, der eine lokale Einschnrung und schlielich der Bruchfolgen. Der vermeintliche Spannungsabfall zwischen der Maximalspannung Rm und derBruchspannung erklrt sich damit, dass trotz der Einschnrung (aktuelle Querschnitts-verminderung) die Stabkraft nach wie vor auf den Ausgangsquerschnitt A0 bezogen wird.
Bis zur Spannung Rp 0,01 (Elastizittsgrenze) verhlt sich das Material elastisch, d.h.,es bleiben keine mebaren (unter 0,01 %) plastischen Verformungen nach der Entla-stung zurck. Bis zu einer Spannung unterhalb Rp 0,01 besteht eine lineare Abhngigkeitzwischen Spannung und Dehnung, d.h., das Material verhlt sich linearelastisch.
Beim hochfesten Stahl fehlt die ausgeprgte natrliche Fliegrenze. Als Ersatzgre fhrt
man per Definition die 0,2 % Dehngrenze (d.h. 0,2 % bleibende plastische Verformungnach der Entlastung) ein.
Werkstoffe zeigen im Verhalten deutliche Unterschiede.
Bei elastischem Verhalten verschwinden die Verformungen nach der Entlastung. SindSpannungen und Dehnungen proportional, spricht man von linearelastischem, sonst vonnichtlinearelastischem Werkstoffverhalten.
s s
e ea) linear-elastisch b) nichtlinear-elastisch
Bild 2.1.10
Bleiben nach der Entlastung plastische Verformungen bestehen, so spricht man vonplastischem Materialverhalten. Idealisierungen stellen das starrplastische und daslinearelastischidealplastische Materialverhalten dar.
5/13/2018 Skript Statik.und.Festigkeitslehre
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52 Elastostatik und Festigkeitslehre
I I I
A A AApl Apl Apl
c) plastisch mit
Verfestigung
d) starr-plastisch e) linearelastisch-
idealplastisch
Bild 2.1.11
Bei Kunststoffen bereits bei Raumtemperatur und bei Metallen unter hoher Temperaturwird ein stark zeitabhngiges Werkstoffverhalten beobachtet. Man unterscheidet dannzwischen dem Kriechversuch (S = konst.) und dem Relaxationsversuch (l bzw. =konst.) und spricht vom viskoelastischen Verhalten des Werkstoffes.
t t
Dl S
S = konst. Dl = konst.
a) Kriechversuch b) Relaxationsversuch
Bild 2.1.12
Im Rahmen der Grundvorlesung Elastostatik wird linearelastisches Werkstoffverhaltenvorausgesetzt.
Es gilt das Hookesche Gesetz
= E (2.20)
mit dem Elastizittsmodul E. Er kann als Tangens des Winkels zwischen der , Linie und der Achse im , Diagramm gedeutet werden.
Im weiteren wollen wir die xAchse in Richtung der Stabachse legen. Das HookescheGesetz lautet dann
x =1
Ex . (2.21)
5/13/2018 Skript Statik.und.Festigkeitslehre
58/131
Grundlagen und Grundbegriffe 53
Beobachtet man whrend der Versuchsdurchfhrung neben der Axialdehnung x auchdie Querdehnungen y und z, so findet man den Zusammenhang
y = x =
Ex, z = x =
Ex . (2.22)
Man erkennt, dass der einachsige Zugversuch einen rumlichen Verformungszustandhervorruft. Die dimensionslose Proportionalittskonstante wird als Querdehnzahl(PoissonZahl) bezeichnet.
Fr Stahl gelten mittlere Werte E = 2 105 Nmm2 und = 0,3. Sie knnen in einembegrenzten Bereich als temperaturunabhngig angesehen werden.
Um den Zusammenhang zwischen Schubspannungen und Schiebungen zu erhalten, muman einen reinen Scherversuch (z.B. Torsionsversuch) durchfhren.
. .
. .
y
x
txy
Bild 2.1.13
Innerhalb der Proportionalittsgrenze stellt man wieder einen linearen Zusammenhangfest.
= G bzw. xy = Gxy (2.23)
Die Proportionalittskonstante G wird als Schubmodul bezeichnet. Der Schubmoduldarf nicht unabhngig von Eund gesehen werden, vielmehr besteht der Zusammenhang
E = 2G(1 + ). (2.24)
Wegen des linearen Zusammenhanges zwischen den Normalspannungen und den Deh-nungen sowie den Schubspannungen und den Schiebungen drfen die einzelnen Bean-spruchungsflle berlagert werden (es gilt das Superpositionsprinzip), und man erhltfr den allgemeinen dreidimensionalen Fall das verallgemeinerte Hookesche Gesetz
x = +1
Ex
Ey
Ez
y =
E
x +1
E
y
E
z
z = E
x E
y +1
Ez
xy =1
Gxy
yz =1
G
yz
zx =1
Gzx .
(2.25)
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54 Elastostatik und Festigkeitslehre
Mit E = 2G(1 + ) und ij = 2ij sowie unter Benutzung des KroneckerSymbols
ij = 1 fr i = j0 fr i = jlassen sich die 6 Beziehungen (2.25) zu einer gemeinsamen Formel
ij =1
2G
ij ij
1 + s
i, j = x , y, z und s = xx + yy + zz
(2.26)
zusammenfassen.ndert sich die Temperatur eines Krpers, so dehnt er sich aus, und die thermischenDehnungen berlagern sich den bisher behandelten elastischen Dehnungen. Man sprichtdann von einem thermoelastischen Problem. Bei linearer Temperaturausdehnung gilt imFalle der Isotropie
x = y =
z = (2.27)
mit als Temperaturdifferenz (positiv bei Temperaturerhhung) gegenber dem Aus-
gangszustand und als Temperaturausdehnungskoeffizient. In einem begrenzten Bereichkann als temperaturunabhngig angesehen werden.
Innerhalb eines Temperaturbereiches von 0 bis 100 C gilt z.B.
Eisen, rein 12 106 1/KStahl (9 19) 106 1/KAluminium 24 106 1/K
Das verallgemeinerte Hookesche Gesetz fr den Fall der Thermoelastizitt ergibt sichaus der berlagerung der elastischen und der thermischen Dehnungen zu
ij =1
2G
ij ij
1 +
s 2Gi, j = x,y,z und s = xx + yy + zz .
(2.28)
Mit (2.7) (3 Gleichungen), (2.17) (6 Gleichungen) und (2.26) bzw. (2.28) (6 Gleichungen)stehen insgesamt 15 Gleichungen fr die 15 Unbekannten ij (6), ij (6) und ui (3)
zur Verfgung. Lsungen dieses Gleichungssystems existieren jedoch nur fr einfacheSonderflle.
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Zug und Druckbeanspruchung von Stben 55
2.2 Zug und Druckbeanspruchung von Stben
Wir betrachten in diesem Abschnitt Stbe mit gerader Achse, die durch Krfte belastet
werden, deren Wirkungslinien mit der Stabachse zusammenfallen (zentrische Kraftein-leitung). Ist der Stabquerschnitt konstant (prismatischer Stab) oder nur wenig vernder-lich, so knnen wir (in gengender Entfernung von der Krafteinleitungsstelle) annehmen,dass die Spannung gleichmig ber den Querschnitt verteilt ist. Es treten nur Nor-malspannungen in Stablngsrichtung auf, es handelt sich daher um einen einachsigenSpannungszustand (xx = ).
2.2.1 Statisch bestimmte Aufgaben
Bei statisch bestimmt gelagerten Tragwerken lassen sich die Schnittgren allein mitHilfe der Gleichgewichtbedingungen berechnen.
Ist die Normalkraft auf diese Weise bestimmt, lassen sich anschlieend Spannung undVerformung berechnen.
Am einfachsten lt sich das bei einem Stab mit konstanter Normalkraft und kon-stantem Querschnitt verfolgen.
F F
S(x)
S(x)x
l
,
l
Bild 2.2.1
Fr den in Bild 2.2.1 skizzierten prismatischenStab unter der Wirkung der Kraft F sollen Span-nung und Verlngerung berechnet werden.
1. Gleichgewicht:
S(x) F = 0 S(x) = F = konst.
=S(x)
A=
F
A= konst. (2.29)
2. Kinematik:
=du
dx=
l
l= konst. (2.30)
3. Stoffgesetz: =
E(2.31)
Durch Einsetzen von (2.29) und (2.30) in (2.31) folgt
l
l=
F
EA l = F l
EA.
Die Gre E A nennt man Dehnsteifigkeit. Der Ausdruck c =EA
lstellt die Federstei-
figkeit des Stabes dar. Bei einer gleichfrmigen Temperaturnderung des betrachteten
Stabes giltl =
F l
EA+ l .
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56 Elastostatik und Festigkeitslehre
Auf die Spannung hat die Temperaturausdehnung in diesem Fall keinen Einflu, da derStab statisch bestimmt gelagert ist und die thermische Dehnung somit nicht behindertwird.
Wir betrachten nun den allgemeineren Fall, dass Lngskraft, Flchenquerschnitt undTemperaturnderung Funktionen der xKoordinate sind, d.h. S = S(x), A = A(x), = (x). Die Vernderlichkeit der Normalkraft resultiert aus einer kontinuierlichenLast n(x) (z.B. Eigengewicht). Es sollen wieder Spannung und Verlngerung bestimmtwerden.
S(x)x
l
S(x)
n(x)
A(x)
(x)
n()
d
l
FF
Bild 2.2.2
1. Gleichgewicht:
S(x) F l
=x
n() d = 0
S(x) = F +
l=x
n() d
(x) =S(x)
A(x)(2.32)
2. Kinematik:
(x) =du(x)
dx
(2.33)
3. Stoffgesetz:
(x) =(x)
E+ (x) (2.34)
Einsetzen von (2.32) und (2.33) in (2.34) liefert
du(x)
dx=
S(x)
EA(x)+
u(x) =
x
0 S(x
)
EA(x
)+ (x)dx + u0
bzw.
l =
l0
S(x)EA(x)
+ (x)
dx . (2.35)
2.2.2 Statisch unbestimmte Aufgaben
Bei statisch unbestimmten Aufgaben reichen die statischen Betrachtungen (Gleichge-wichtsbedingungen) nicht aus, Auflager und Schnittreaktionen zu bestimmen. Die Ver-formungen mssen zur Lsung der Aufgabe mit herangezogen werden, auch wenn bei
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Zug und Druckbeanspruchung von Stben 57
der speziellen Aufgabe die Verformungen nicht gesucht sind. Jede gegenber statischbestimmten Aufgaben fehlende statische Randbedingung wird durch eine geometrischeRandbedingung ersetzt.
Betrachten wir zuerst wieder einen sehr einfachen Fall. Ein gerader Stab ist an beidenEnden starr befestigt und wird um = konst. erwrmt. Gesucht sind die Auflagerkrfteund die Spannung im Stab.
S(x)
lx
x
B
B
C
CEA,
Bild 2.2.3
1. Gleichgewicht:
S(x) = S = B = C ; = SA
(2.36)
2. Kinematik:
=du
dx=
l
l= 0 (2.37)
3. Stoffgesetz: =
E+ (2.38)
Setzt man (2.36) und (2.37) in (2.38) ein, so erhlt man
l
l=
S
EA+ = 0,
und durch Auflsung folgt
S =
EA =
B =
C . (2.39)
Fr die Spannung erhlt man
=S
A= E . (2.40)
Es wird deutlich, dass nicht die statische sondern die geometrische Betrachtung zurLsung der Aufgabe fhrt.
Als allgemeineren Fall betrachten wir nun wieder einen Stab, dessen Normalkraft, Quer-schnittsflche und Temperaturnderung von der Koordinate x abhngen. Beide Endendes Stabes sind unverschieblich (siehe Bild 2.2.4).
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58 Elastostatik und Festigkeitslehre
x
l
dx
n(x)
A(x)
(x)
n(x)dx
S(x+dx)=
S(x)+dS(x)
S(x)
Bild 2.2.4
1. Gleichgewicht:
Wir wollen das Gleichgewicht in diesemFall am infinitesimalen Stabelement der
Lnge dx aufstellen. S(x) (S(x) + dS(x)) n(x)dx = 0
dS(x)
dx= n(x) (2.41)
2. Kinematik:
(x) =du(x)
dx(2.42)
3. Stoffgesetz:
(x) =(x)
E+ (x) (2.43)
Setzt man (2.42) und (x) = S(x)/A(x) in (2.43) ein, so folgt
du(x)
dx= x =
S(x)
EA(x)+ (x)
und durch Differenzieren nach x und Einsetzen von (2.41) erhlt man
d
dx
EA(x)
du(x)
dx
= n(x) + d
dx
EA(x)(x)
. (2.44)
eine Differentialgleichung 2. Ordnung fr u(x), bei deren Lsung die Integrationskon-stanten den Randbedingungen angepat werden mssen. Fr das Beispiel nach Bild2.2.4 gilt u(0) = u(l) = 0.
Lngskraft S(x) und Spannung (x) folgen aus den Beziehungen
S(x) = EA(x)du(x)
dx (x)
(2.45)
und
(x) =S(x)
A(x)= E
du(x)
dx (x)
. (2.46)
Man erkennt, dass bei statisch unbestimmter Lagerung die Lsung ber die Aufstel-
lung einer Differentialgleichung fr die Verschiebung u(x) gefunden werden kann. EineTemperaturnderung wirkt sich auf die statischen Gren (Krfte und Spannungen)aus.
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Zug und Druckbeanspruchung von Stben 59
Beispiel: statisch unbestimmt gelagerter Stab
x
l
C
A0,0 = konst
n(x)=A0= konst
B
Wir betrachten den beidseitig eingespannten, hngen-den Stab (A0 = konst.) unter Eigengewicht und gleich-frmiger Temperaturverteilung (0 = konst.).
Gegeben: A0, l , , , 0, E.
Gesucht: B , C , (x) und u(x).
Fr A0 = konst. und 0 = konst. geht die Gleichung(2.44) ber in
d2u(x)
dx2
=
n(x)
EA0
=
E
.
Zweimalige Integration ergibt
u(x) = E
x2
2+ C1x + C2.
Die Randbedingungen liefern
x = 0 : u(0) = 0 C2 = 0x = l : u(l) = 0 C1 =
E
l
2.
Damit folgt
u(x) =
E
lx
2
1 x
l
.
Mitdu(x)
dx=
E
l
2
1 2 x
l
in (2.45) erhlt man den Verlauf der Stabkraft
S(x) =A0l
2
1 2 x
l
EA00
bzw. fr den Verlauf der Stabspannung
(x) =l
2
1 2x
l
E0.
Mit dem Gesamtgewicht des Stabes A0l = G folgen die Auflagerreaktionen zu
B = S(l) = G2
+ EA00, sowie C = S(0) = G2
+ EA00.
Die durch die gleichfrmige Temperaturverteilung hervorgerufenen Anteile der statischunbestimmten Auflagerreaktionen betragen
Bth = Cth = EA00.
Bth und Cth sind gerade die Krfte, die bentigt werden, um die thermische Dehnungzu verhindern.
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60 Elastostatik und Festigkeitslehre
2.2.3 Mehrbereichsaufgaben
Bisher haben wir ber die gesamte Stablnge konstante oder kontinuierlich verteilte
Gren betrachtet. Treten im Stab geometrische (diskontinuierliche Querschnittsnde-rungen), statische (Einleitung von Einzelkrften) oder stoffliche (nderung des Materi-als) Unstetigkeiten auf, ist der Stab in einzelne Bereiche zu unterteilen.
In jedem Bereich gilt im allgemeinen Fall die Beziehung (2.44). Bei n Bereichen stehensomit n Differentialgleichungen 2. Ordnung zur Verfgung. Die 2n Integrationskonstan-ten lassen sich aus den 2 Randbedingungen und den 2(n 1) bergangsbedingungenermitteln.
l 1
l 2
ui(li) ui+1 (0) Si(li)
Si+1(0)
Fi Fi
l i
l i+
1
xi+
1
xi
Fi
Bild 2.2.5
Die geometrische bergangsbedingung lautet
ui(xi = li) = ui+1(xi+1 = 0) . (2.47)
Die statische bergangsbedingung ergibt sich aus dem Gleichgewicht fr das gedanklichherausgetrennte, infinitesimale Zwischenstck
Si(xi = li) Si+1(xi+1 = 0) = Fi . (2.48)
Es sei noch einmal daran erinnert, dass die gleichmige Spannungsverteilung ber denQuerschnitt nur in ausreichender Entfernung von einer pltzlichen Querschnittsnderungoder einer Einzelkrafteinleitung gilt.
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Biegebeanspruchung gerader Balken 61
2.3 Biegebeanspruchung gerader Balken
Wir werden uns ausschlielich mit der sog. Technischen Biegelehre beschftigen, in
der einige vereinfachende Annahmen getroffen werden. Im folgenden wird vorausgesetzt: der Balken ist im unbelasteten Zustand gerade, der Balken ist schlank (Querschnittsabmessungen Lngenabmessung), der Bereich des Hookeschen Gesetzes wird an keiner Stelle verlassen, die Verformungen sind klein, und die Gleichgewichtsbedingungen knnen am un-
verformten Balken aufgestellt werden (Theorie 1. Ordnung).
2.3.1 Flchenmomente 2. Ordnung
In den Gleichungen zur Bestimmung der Biegespannung, die in den folgenden Abschnit-ten hergeleitet werden, tauchen bestimmte Terme, die sogenannten Flchenmomente2. Ordnung, auf. Diese Terme sollen zunchst genauer betrachtet werden.
Es sei daran erinnert, dass bei der Berechnung des Flchenschwerpunktes (Kapitel 1.5.3)die Flchenmomente 1. Ordnung
(A)
x dA,(A)
y dA und(A)
z dA vorkamen.
Die Flchenmomente 2. Ordnung, mit denen wir uns hier beschftigen wollen, sind fol-gendermaen definiert:
Iyy =(A)
z2 dA Izz =(A)
y2 dA Iyz = (A)
yzdA (2.49)
Iyy und Izz werden als axiale Flchentrgheitsmomente bezeichnet, Iyz nennt manDeviations oder Zentrifugalmoment.
Bei der Torsion von Trgern mit Kreisquerschnitt wird uns noch das polare Flchen-trgheitsmoment
Ip = (A)
r2 dA (2.50)
begegnen, fr das wegen r2 = y2 + z2 die Beziehung Ip = Iyy + Izz gilt.
Die axialen Flchentrgheitsmomente sind stets positiv; das Deviationsmoment kannpositiv, negativ oder Null sein. Ist mindestens eine der beiden Achsen y oder z eineSymmetrieachse, so gilt Iyz = 0.
Die Flchentrgheitsmomente 2. Ordnung lassen sich mittels der IndexSchreibweise inkompakter Form darstellen
Iij = (A)
(r2
ij ij) dA i, j = y, z ij = 1 fr i = j0 fr i = j . (2.51)
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62 Elastostatik und Festigkeitslehre
Die Flchenmomente einiger einfacher Flchen werden im folgenden berechn