D 14667 Fachmagazin für die Sicherheitswirtschaft DER SICHERHEIT SDIENST 3 | 2018 security essen & Sicherheitstechnik Postvertriebsstück – DPAG – Entgelt bezahlt | DSA GmbH · Postfach 1201 · 61282 Bad Homburg Wir freuen uns auf Ihren Messebesuch – Sie finden uns in Halle 1, Stand 1B29.
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security essen & Sicherheitstechnik · Karriereforum in Halle 1 ab. Teilnehmerinnen und Teilnehmer können Kontakte zu möglichen Arbeitgebern aus der Sicherheitswirtschaft knüpfen.
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Transcript
D 14667
Fachmagazin für die SicherheitswirtschaftDER SICHERHEITSDIENST
Mehr Sicherheit,mehr Passagierkomfort.Der neue Körperscanner von Rohde & Schwarz erhöht die Flugsicherheit, ohne den Passagierkomfort zu schamälern. Unnatürliche Körperhaltungen in engen Gerätekabinen sind mit ihm Vergangenheit. Innovative Millimeter-wellen-Technologie und künstliche Intelligenz finden in Sekunden verbor-gene Objekte, die die Sicherheit gefährden.
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3 | 2018 DER SICHERHEITSDIENST
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Die Leitmesse für Sicherheit 25. – 28. September 2018, Essen
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INHALT
EDITORIAL 2
SICHERHEITSTECHNIK 4
» Stefan Rauschen: Fachausschuss Technik ................................ 4
» Privatsphäre und Datenschutz .................................................... 6
Zuverlässiger Perimeterschutz muss zukünftig den Luftraum miteinschließen.
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3 | 2018DER SICHERHEITSDIENST
SICHERHEITSTECHNIK
Ergebnis zu präsentieren. Bestehende
Systeme und bereits installierte Bauteile
finden ebenso Beachtung wie vorhan-
dene Netzwerk infrastrukturen. Nach der
qualifizierten Prüfung dieser Strukturen
werden konkrete Konzepte zur Umsetzung
erarbeitet.
Optimales Schutzniveau
Alle eingesetzten Bauteile sollten zuvor
getes tet werden. Sie müssen aktuelle
Normen erfüllen, um das optimale Schutz-
niveau gewährleisten zu können. Zu einem
hochwertigen Sortiment gehören Qualitäts-
kameras verschiedenster Ausprägungen,
von Fixkameras über Schwenk-Neige-
Kameras bis hin zu 360-Grad-Dome-
Kameras. Die Wahl der Kamera muss im
Einklang mit der Beleuchtung stehen.
Um Eindringlingen keine zusätzliche
Hilfe zu bieten, ist es ratsam, Infrarot-
strahler einzusetzen. Sie leuchten das
Gelände vollständig aus, was jedoch nur
für die Kamera und nicht für das mensch-
liche Auge wahrnehmbar ist. Die Anbrin-
gung der Kameras und der Strahler sollte
an einem stabilen Ort erfolgen. Letztlich
taugen die beste Kamera und die beste
Lichtquelle für keine Videobild analyse,
wenn sie durch Erschütterungen beein-
flusst werden. Dabei spielen stabile Masten
eine entscheidende Rolle. Sie müssen
Wind und Wetter trotzen.
Ist die Positionierung der Kameras
geklärt, werden Kabelwege und die Netz-
werkinfrastruktur effizient auf die Örtlich-
keiten abgestimmt. Ob große oder kleine
Serverlandschaft – die Möglichkeit zur
Skalierung einer Anlage sollte von einem
modernen System jederzeit gewährleistet
sein, um dem Anwender auch zu einem
späteren Zeitpunkt die Nachrüstung und
Erweiterung zu garantieren. Mit durch-
dachten Lösungen für die Netzwerkin-
frastruktur ist eine Aufschaltung zu einer
externen Notruf- und Serviceleitstelle
jederzeit möglich, selbst eine Ferneinwahl
über das Internet stellt kein Problem dar.
Der Kunde ist mobil und kann rund um die
Uhr seine Anlage kontrollieren. Eigene,
direkt beim Kunden angesiedelte Leit-
stande, sind ebenfalls möglich.
Mehrwert intelligente Videobildanalyse
Die wahre Herausforderung für die
Hersteller beginnt bei den Videobildana-
lysen, die unerwünschte Ereignisse auto-
matisch detektieren können. Videobilder
intelligent durch Software algorithmen
auswerten – das klingt einfach, ist es
aber nicht. Störgrößen, also Umweltein-
flüsse wie vorbeiziehende Wolken, sich
bewegende Blätter der Bäume oder auch
Wasseroberflächen stellen die Entwick-
ler vor große Herausforderungen. Das Ziel
ist stets, diese Störgrößen herauszufiltern,
um eine möglichst geringe Täuschungsa-
larmrate zu erwirken.
Des Weiteren beanspruchen diese Analy-
sen die IT-Struktur und damit das Budget.
Je effizienter ein Algorithmus arbeitet,
desto kleiner kann die Serverlandschaft
geplant werden – das spart Kosten für
Anschaffung, Betrieb und Wartung. Intel-
ligente Videobildanalysen überwachen
Objekte nicht einfach nur – sie schützen
sie, erkennen unerwünschte Ereignisse
automatisch und gewinnen dadurch die
Zeit zur schnellen oder unmittelbaren
Intervention.
„Die wahre Heraus-forderung für die
Hersteller beginnt bei den Video bildanalysen,
die unerwünschte Ereignisse automatisch
detektieren können.“
Im Falle von Securiton werden die intelli-
genten Videobildanalysen in eigenen Unter-
nehmen in Deutschland entwickelt. Für
das Videomanagementsystem IPS Video-
Manager und die zugehörigen Analyse-
module bedeutet dies ein Team, das sich
ausschließlich um die Weiterentwicklung
dieser Software kümmert. Abgestimmt auf
Kundenwünsche, wird die Software konti-
nuierlich verbessert und erhält mit jedem
neuen Release Aktualisierungen und neue
Funktionen.
Die Basis ist ein durchdachtes Perimeterschutz-
konzept am Boden.
Intelligente Videobildanalyse: Der IPS Video Manager erkennt Eindringlinge automatisch.
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3 | 2018 DER SICHERHEITSDIENST
SICHERHEITSTECHNIK
Mit der Übergabe einer ausgereiften und funktionstüchtigen
Anlage ist die Arbeit eines spezialisierten Sicherheitsunter-
nehmens aber noch nicht beendet. Service-Techniker gewähr-
leisten durch regelmäßige Wartung der Hard- und Software eine
ordnungsgemäße Funktion der Anlage. Sollten dennoch Probleme
auftreten, darf der Kunde nicht im Regen stehen. Eine 24-Stunden-
Hotline bietet selbst am Wochenende schnelle Hilfe und liefert
kompetente Antworten und Unterstützung zu auftretenden Fragen
und Problemen.
Videobildanalyse und Drohnendetektion – ein starkes Duo
So entsteht eine umfassende und durchdachte Videosicherheits-
lösung, die den Perimeter am Boden rund um die Uhr und stets
mit höchster Aufmerksamkeit sichert. Wird diese Analyse nun mit
modernen Drohnendetektionssystemen kombiniert, entsteht ein
starkes Duo. Doch das Thema Drohnendetektion ist nicht ganz
trivial. Der Anwender muss wissen, was er tatsächlich detektieren
möchte. Es stehen unterschiedliche Technologien zur Auswahl –
und die optimale Lösung bedeutet für jeden Kunden etwas anderes.
Die eingesetzte Technik entscheidet die maximale Detektions-
distanz und auch die Detektionsgenauigkeit sowie die mitgelieferten
Informationen. Manche Detektionssysteme können den genauen
Typ einer Drohne identifizieren und geben so Auskunft über Größe,
Gewicht und Tragfähigkeit. Wichtig sind auch die zur Verfügung
stehenden Frequenzen. Beim Einsatz von Radarsystemen sind nicht
alle Frequenzen für eine zivile Nutzung freigegeben.
Im Idealfall lassen sich Drohnen bereits vor dem Start in die Luft
detektieren – und zwar in mehreren Kilometern Entfernung. Dazu
empfängt das Detektionssystem den ersten Funkverbindungsauf-
bau zwischen Drohne und Steuereinheit. Empfindliche Antennen
können dies bereits in Entfernungen über 15 Kilometern erfassen,
detektieren mit einer 360-Grad-Rundumsicht und orten dazu noch
die exakte Richtung. Kleinere Systeme haben eine Detektions-
entfernung von etwa zwei Kilometern. Ihr Erfassungswinkel ist
eingeschränkter. Dafür gibt es transportable Varianten, die sogar
am Körper getragen werden können. <
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3 | 2018DER SICHERHEITSDIENST
WIRTSCHAFT UND POLITIK
> Die Abbruchquote der Auszubildenden
zur Fachkraft für Schutz- und Sicherheit ist in
Deutschland sehr hoch und stellt für die privaten
Sicherheitsdienstleister einen akuten Handlungs-
bedarf dar, wenn weiterhin eigener Nachwuchs
in der Branche gefördert werden soll. Mit Hilfe
der nachfolgenden Handlungsempfehlungen
soll dem Bewachungsgewerbe eine Möglichkeit
aufgezeigt werden, wie der Ausbildungsberuf zur
Fachkraft für Schutz- und Sicherheit für Auszu-
bildende attraktiver gestaltet werden kann.
Die Berufswahl ist ein komplexer und individu-
eller Prozess und wird durch psychologische,
gesellschaftliche und wirtschaftliche Einflüsse
gesteuert. Daraus ist abzuleiten, dass die
Berufswahl im hohen Maße von der Attraktivität
eines Berufes abhängt. Für die Berufsentschei-
dung sind insbesondere folgende Faktoren
entscheidend:
» die beruflichen Ausbildungsmöglichkeiten
» die Berufsanforderungen
» der Arbeitskräftebedarf
» die Verdienstmöglichkeiten und
» das Image der Berufe.
Daraus ist abzuleiten, dass sich die Berufs-
wahl stark nach Prestige, Verdienst und Status
orientieren. Jedoch ist in unsicheren Zeiten der
Arbeitsmarktlage zu erkennen, dass ein Wett-
bewerb um attraktive Berufe zu beobachten
ist. Besser qualifizierte Bewerber verdrängen
Bewerber mit niedrigeren Abschlüssen und
nehmen deren Positionen ein. Das heißt: Abitu-
rienten verdrängen Personen mit einem Real-
schulabschluss und diese wiederum diejenigen
mit einem Hauptschulabschluss. Die Folge ist,
dass die Situation auf dem Arbeitsmarkt nur
eine eingeschränkte Berufswahl zulässt und für
einige Bewerber wenig Wahlmöglichkeiten bei
der Ergreifung eines Berufes ermöglicht. Jeder
Mensch hat jedoch einen „Traumberuf“, der aber
häufig aufgrund fehlender Qualifikationen nicht
realisiert werden kann. Oftmals werden dann
Berufe aus dem gleichen Sektor mit niedrigeren
Qualifikationen zum Wunschberuf.
Seriöses Auftreten
Es ist mittlerweile bekannt, dass private
Sicherheitsdienstleister wesentlich zur Aufrecht-
erhaltung der inneren Sicherheit beitragen, was
jedoch gut ausgebildete Sicherheitsmitarbeiter
voraussetzt. Seriöses Personal bedingt aber eine
sorgfältige Mitarbeiterauswahl. Ein gepflegtes
äußeres Erscheinungsbild ist für die Akzeptanz
und die Wertschätzung gegenüber Sicherheits-
mitarbeitern unabdingbar, um als freundlicher
und kompetenter Sicherheits mitarbeiter wahr-
genommen zu werden. Mit Hilfe von Koope-
rationsvereinbarungen mit der Polizei können
die privaten Sicherheitsdienstleister die Poli-
zisten entlasten und zur eigenen Wertsteige-
rung und zur Förderung des Selbstbewusstseins
beitragen. Die Zusammenarbeit mit der Polizei
ist besonders für Auszubildende interessant,
die nicht eine Laufbahn bei der Polizei anstre-
ben konnten, aber das Tätigkeitsfeld spannend
finden und sich dafür interessieren. Jedoch
müssen rechtliche Grundlagen geschaffen und
ausschließlich qualifizierte Sicherheitsmitar-
beiter eingesetzt werden, damit die Kooperation
noch intensiver erfolgen kann.
Technik will bedient sein
Neben der Qualifizierung der Sicherheits-
mitarbeiter stellen Forschung und Entwick-
lung im Bewachungsgewerbe den wesent-
lichen Baustein für potenzielle Innovationen dar.
Zukünftig wird die Kombination von Technik und
Sicherheit immer stärker zunehmen. Jedoch
setzt der Einsatz moderner Technik geschulte
und qualifizierte Sicherheitsmitarbeiter voraus,
damit die eingesetzte Technik bedient werden
kann. Diese Chance sollte genutzt werden, denn
heutzutage sind die Auszubildenden technisch
affiner und begeisterungsfähig.
Sicherheitsdienstleister – attraktiver werden!
Von Lydia Limpach
LYDIA LIMPACH
ist Vizepräsidentin und
Prokuristin der Sicherheits-
akademie Berlin.
Die Erstveröffentlichung
des Beitrags erfolgte in der
Ausgabe 6/2018 der Zeitschrift
PROTECTOR & WIK.
Wir bedanken uns für die
Abdruckgenehmigung.
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3 | 2018 DER SICHERHEITSDIENST
WIRTSCHAFT UND POLITIK
Es wird auch dringend empfohlen, dass
ausschließlich seriöse, nicht vorbestrafte
und sicherheitsüberprüfte Personen ein
Sicherheitsgewerbe eröffnen dürfen, die
zudem ein Mindestmaß an branchenspezi-
fischen Qualifikationen vorweisen können.
Dies hätte eine Qualitätssicherung zur
Folge, da der Gewerbezugang zum Bewa-
chungsgewerbe erschwert wird, und dient
als Anreiz, eine Ausbildung im Bewa-
chungsgewerbe abzuschließen. Wenn ein
Betrieb selber ausbildet, dürfen dafür nur
Personen eingesetzt werden, die dafür
fachlich und persönlich geeignet sind.
Auch die Bereitschaft, mit der Berufs-
schule zu kooperieren und sich aktiv am
Ausbildungsprozess zu beteiligen, ist eine
wichtige Voraussetzung. Denn neben der
Berufsschule hat auch der Betrieb eine
wichtige Integrations- und Bildungsfunk-
tion sowie einen Erziehungsauftrag.
Aus- und Weiterbildung
Außerdem kann durch individuelle
Entwicklungsmöglichkeiten und aner-
kannte Weiterbildungs- und Aufstiegs-
möglichkeiten das Bewachungsgewerbe
ebenfalls an Attraktivität gewinnen und
könnte zu einer durchaus begehrten
Berufsgruppe für Auszubildende werden.
Gesetzliche Regularien, Ausbildungen und
Qualitätsstandards tragen zur Professio-
nalität im Bewachungsgewerbe und somit
zur besseren Wahrnehmung für Auszubil-
dende bei. Das Bewachungsgewerbe sollte
sich daran orientieren und aktiv werden.
Denn nur mit Hilfe dieses Grundbausteines
kann eine höhere Bezahlung von qualifi-
zierten Sicherheitsmitarbeitern vertreten
und ein neuer Anreiz für eine Berufsaus-
bildung geschaffen werden. Denn jeder
Mensch hat Grundbedürfnisse, ohne die
er nicht überlebensfähig ist, sowie das
Bedürfnis nach finanzieller Sicherheit.
Die angemessene und gerechte Entloh-
nung der Arbeitsleistung führt zu materi-
eller Sicherheit und zu einem zufriedenen
Mitarbeiter. Denn motivierte Auszubildende
beteiligen sich stärker, und das wiede-
rum führt zu einer besseren Leistungsfä-
higkeit und Verständnis für die gestellten
Aufgaben.
Motivierte Mitarbeiter sind häufig der
Schlüssel für eine positive Außenwirkung.
Sie sind als Repräsentanten des Unterneh-
mens oft erster Ansprechpartner und damit
die „Visitenkarte“ des jeweiligen Sicher-
heitsdienstleisters. Aber auch Anreize wie
familienfreundliche Einsatzzeiten können
Sicherheitsmitarbeiter – insbesondere die
weiblichen – motivieren und die Attraktivi-
tät des Berufes erhöhen. Weiterhin sollte
unbedingt bei erfolgreich geleisteter Arbeit
mit Lob und Anerkennung gearbeitet
werden, um Auszubildende zu motivieren
und deren Selbst vertrauen zu stärken.
Mediale Darstellung verbessern
Um die Darstellung der Berufsbranche
positiv zu beeinflussen, sollte mit Hilfe
modernen Medien die Gesellschaft mit
Informationen versorgt werden. Um die
gesellschaftliche Wahrnehmung positiv
zu beeinflussen, sind nicht nur Medien zu
verwenden, die von der eigenen Berufs-
branche genutzt werden, sondern auch
solche, die die breite gesellschaftliche
Masse erreichen. Broschüren, Internet,
Radio spots oder auch Plakate sind geeig-
nete Kanäle zur Darstellung des Bewa-
chungsgewerbes. Besonders die Nutzung
von sozialen Netzwerken wie Facebook
oder Instagram sprechen junge Menschen
an und können optimal als Werbefläche
genutzt werden. Öffentlichkeitsarbeit ist
ein geeignetes Mittel, um die positiven
Seiten der Arbeit und ihre Tätigkeits-
bereiche darzustellen. Folglich sollten
sich die privaten Sicherheitsdienstleister
dieser Hilfsmittel bedienen, um gezielte
Öffentlichkeitsarbeit zu betreiben. Denn
durch Transparenz kann das Vertrauen
der Gesellschaft gewonnen und damit die
Wahrnehmung positiv beeinflusst werden.
Ein Image kann positiv oder negativ
dargestellt werden. Deshalb beeinflusst
die Berichtserstattung der Medien das
Erscheinungsbild der Unternehmen. Denn
es signalisiert der Öffentlichkeit, ob die
Unternehmen den persönlichen Bedürf-
nissen und Erwartungen der Gesellschaft
gerecht werden, was wiederum zur Image-
bildung beiträgt und Auszubildende für die
Branche begeistert. <
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3 | 2018DER SICHERHEITSDIENST
WIRTSCHAFT UND POLITIK
> Sicherheit in der Zukunft
Beim 7. Bayerischen Sicherheitstag von BDSW
und BVSW in München standen die großen
Fragen der Sicherheitswelt auf der Agenda:
Wie entwickelt sich die Branche? Was sind die
rechtlichen Rahmenbedingungen? Wo liegen
die Sicherheitsrisiken von morgen? Und warum
sehen wir Donald Trump nie lachen?
Unter dem Motto „Sicherheit in der Zukunft
– Vertrauen, Verantwortung, Verlässlichkeit“
fand am 9. Juli der 7. Gemeinsame Bayerische
Sicherheitstag vom Bundesverband der Sicher-
heitswirtschaft BDSW und dem Bayerischen
Verband für Sicherheit in der Wirtschaft BVSW
statt. Über 100 Sicherheitsexperten aus Indus-
trie, Wirtschaft, Politik und Polizei trafen sich
im Audi Training Center am Flughafen München,
um dort mehr über den aktuellen Stand der
Sicherheit, die Herausforderungen der Zukunft –
auch hinsichtlich des Fachkräftemangels in der
Sicherheitsbranche – , um mehr über die poli-
tischen Stellschrauben zu erfahren, und um mit
Kollegen zu diskutieren und zu netzwerken.
Auf der Höhe der Zeit und vor der Lage bleiben
Zur Begrüßung gab Gastgeberin Andrea
Gebbeken, Geschäftsführerin Commercial Acti-
vities und Security der Flughafen München
GmbH, den Teilnehmern den Tipp, nicht nur auf
der Höhe der Zeit, sondern stets vor der Lage
zu bleiben. Risikomanagement und Geheimhal-
tung sind Themen, die Peter Zieten, Leiter des
Audi Training Centers der Audi AG, immer im
Blick hat, wenn beispielsweise 120 „e-tron“-
Fahrzeuge zu Schulungszwecken angeliefert
werden, die es vor den Blicken und Linsen der
Journalisten zu verbergen gilt.
In den Blickpunkt der Öffentlichkeit wollte
hingegen Alexander Borgschulze, Vorstands-
vorsitzender des BVSW und Leiter Konzern-
sicherheit am Flughafen München, die Themen
des Tages wie Digitalisierung, europäische
Datenschutz-Grundverordnung und gesetzliche
Regulierung rücken, die die Sicherheitsbranche
nachhaltig verändern werden. Nicht zu verges-
sen seien das Sicherheitsgesetz, der Mindest-
lohn, die Praxis der Auftragsvergabe und die hohe
Ausbildungsabbrecherquote, kündigte Gerhard
Ameis, Vizepräsident BDSW und Geschäftsfüh-
rer der NWS GmbH, weitere Punkte der Veran-
staltungsagenda an.
Warum Donald Trump nie lacht
Moderatorin Katrin Degenhardt bat anschlie-
ßend Dr. Gunter Schmid, ehemaliger Professor
für internationale Politik und Sicherheit beim
Bundesnachrichtendienst, ans Mikrofon. Der
nicht nur den Teilnehmern der jährlichen
BVSW-Wintertagung wohlbekannte Referent
kündigte nichts Geringeres als eine bevorste-
hende Zeitenwende in der internationalen Politik
an. „Uns stehen drei Stresstests der globalen
Architektur mit unmittelbaren Auswirkungen
bevor“, fasste Dr. Schmid zusammen.
„Erstens: Donald Trump testet das demokra-
tische System in den USA, er nimmt Abschied von
der globalen demokratischen Führungsrolle der
USA und den gemeinsamen westlichen Werten.“
Er setze den Wettbewerb in einer Kampfarena
über die Gemeinschaft. Aktuelle Biografien gäben
überdies einen interessanten Einblick in die
Persönlichkeit des amerikanischen Präsidenten.
Dass Donald Trump auf Fotos niemals lacht,
werde beispielsweise als Ausdruck der fehlenden
eigenen Souveränität gesehen. Auch lesen oder
sein Weltbild zu verändern gehöre den Biografen
zufolge nicht zu seinen Stärken.
Deutschland ist Reaktionsweltmeister
Als zweiten Stresstest definierte Dr. Schmid,
dass Russland, China und die USA die Belast-
barkeit der politischen Weltordnung austesten.
„Jeder versucht, die Spielregeln zu seinen
eigenen Gunsten zu verändern.“ Der dritte
Stresstest komme im globalen Macht- und
Gestaltungs anspruch Chinas daher, erkennbar
nicht nur in der technikbasierten Gesellschafts-
kontrolle, sondern darüber hinaus im Seiden-
straßenprojekt und Großinvestitionen in Europa,
wie beispielsweise in Griechenland, Tschechien,
Ungarn und Bosnien. „Indirekt wird damit die
Willensbildung in der Europäischen Union und
7. Bayerischer Sicherheitstag von BDSW und BVSW
Von Britta Kalscheuer
BRITTA KALSCHEUER
ist stellvertretende Chef-
redakteurin der Zeitschrift
PROTECTOR & WIK.
www.sicherheit.info
Die Erstveröffentlichung des
Beitrages erfolgte in der
Ausgabe 7-8/2018 der Zeit-
schrift PROTECTOR & WIK.
Wir bedanken uns für die
Abdruckgenehmigung.
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3 | 2018 DER SICHERHEITSDIENST
WIRTSCHAFT UND POLITIK
der Nato beeinflusst, denn diese Länder
werden keine Abstimmungen gegen chine-
sische Interessen vornehmen“, so die
Bedenken von Dr. Schmid.
Während der Migrationsdruck zunehme
und Polen und Ungarn einen Weg zur
Abschaffung des Rechtsstaats einge-
schlagen hätten, ohne Angst haben zu
müssen, aus der EU ausgeschlossen zu
werden, sei Deutschland inzwischen zum
„Reaktions weltmeister“ aufgestiegen, der
viel bewegen aber wenig verändern wolle.
Bayern als sicherer Standort
Dass vor Ort noch kein Anlass für Kata-
s trophenstimmung gegeben sei, stellte
Joachim Herrmann, Bayerischer Staats-
minister des Innern und für Integration,
fest. Die Kriminalitätsbelastung in Bayern
sei nicht nur die niedrigste in Deutsch-
land, sondern sie sinke sogar. „Bayern hat
ein stabiles Sicherheitsniveau. München
und Augsburg sind die Großstädte mit
der niedrigsten Kriminalitätsrate“, fasste
Herrmann zusammen. Er lobte die gute
und wichtige Zusammenarbeit von Polizei
und privaten Sicherheitsdienst leistern und
wünschte sich einen ähnlich intensiven
Informationsaustausch für die europa-
weiten Sicherheitsbehörden. Er begrüßte,
dass in Bayern nun im Bedarfsfall ein
Einsatz der Bundeswehr im Innern möglich
sei, um die Polizei unterstützen zu können,
merkte jedoch an, dass dies zuvor geübt
werden müsse, um reibungslos zu funktio-
nieren. Für eine weitere Entlastung der
Polizei sorgten zudem die privaten Sicher-
heitsdienstleister, die für den Schutz von
Asylunterkünften sorgen, selbst wenn dort
weiterhin noch ein bis zwei Polizei einsätze
am Tag notwendig seien.
Die Polizei – beliebt und bedroht
Herrmann betonte, dass der Schutz von
Einsatzkräften, die nur aufgrund ihrer Funk-
tion attackiert werden – dies betreffe inzwi-
schen nicht nur Polizisten, sondern immer
öfter auch Feuerwehr und Rettungsdienste
–, Priorität haben müsse. Er sprach das neue
Polizeiaufgabengesetz an und stellte vor,
wie neue Dienst waffen, Multicopter, Taser,
Bodycams und der Ausbau der Videoüber-
wachung die Sicherheit erhöhen sollen. Der
Bayerische Innenminister bezifferte 500 neue
Stellen, die bei der bayerischen Polizei bis
2020 jährlich besetzt werden dürfen, wobei
er sich besonders über die vielen Bewerber
freue, die ein Beweis für die Wertschätzung
des Berufes in der Gesellschaft seien.
Viele Sicherheits-Azubis springen ab
Einen Überschuss qualifizierter Bewer-
ber und ein positives Image in der Öffent-
lichkeit sind Ziele, an denen die privaten
Sicherheitsdienstleister mitunter noch zu
arbeiten haben. Das wurde ebenfalls in
der Podiumsdiskussion zur Verantwortung
gegenüber Auszubildenden in der Sicher-
heit deutlich. Wie PROTECTOR & WIK
bereits berichtete (www.sicherheit.info/
artikel/2110054), gibt es bei der Ausbil-
dung zur Fachkraft sowie zur Service-
kraft für Schutz und Sicherheit über-
durchschnittlich hohe Absprungraten
(www.sicherheit.info/artikel/2109846),
Moderatorin Katrin Degenhardt führte die 100 Teilnehmer
durch den 7. Gemeinsamen Bayerischen Sicherheitstag von
BDSW und BVSW
Begrüßung durch die Veranstalter: Gerhard Ameis, BDSW-Vizepräsident (links), und Alexander
Borgschulze, BVSW-Vorstandsvorsitzender
Andrea Gebbeken, Geschäftsführerin
Commercial Activities und Security
der Flughafen München GmbH
Peter Zieten, Leiter Audi Trainings
Center München der AUDI AG
Dr. Gunter Schmid, ehem. Prof. für
internationale Politik und Sicherheit
beim BND München / Berlin
Joachim Herrmann, Bayerischer
Staatsminister des Innern und für
Integration
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3 | 2018DER SICHERHEITSDIENST
WIRTSCHAFT UND POLITIK
die ihre Ursachen (www.sicherheit.info/
artikel/1142263) unter anderem in Doppel-
schichten, Nachtschichten vor dem Berufs-
schulunterricht oder unqualifizierten
Ausbildern haben.
Florian Kaiser von der IHK München/
Oberbayern beschrieb den bundesweit
einheitlichen Standard, dass ausbildende
Firmen anfangs von der IHK beispielsweise
auf geeignetes Ausbildungspersonal hin
überprüft werden. So konnten bisher rund
10.000 Azubis ihre Ausbildung im Sicher-
heitssektor erfolgreich abschließen.
Zwischen Übermüdung und Monotonie
Dennoch gibt es Missstände und Gründe
für die hohe Abbrecherquote, die Dr.
Harald Olschok, Hauptgeschäfts führer
des BDSW, bei der Podiums diskussion zur
Sprache brachte: „Wir haben das Problem
der Ausbeutung der Azubis. Sie werden als
billige Arbeitskräfte missbraucht, müssen
sich ihre Arbeitskleidung zu überhöhten
Preisen selbst kaufen oder werden als
Schichtarbeiter eingesetzt, denen keine
Zeit mehr für die Berufsschule bleibt.“ Eine
Erfahrung, die Heinrich Weiss, Geschäfts-
führer des BVSW und langjähriger Berufs-
schullehrer, bestätigen konnte: „Einige
Auszubildende kommen zwar in die
Berufsschule, schlafen dort aber schlicht-
weg ein, weil sie aufgrund von Nacht-
schichten völlig übermüdet sind.“
Unrealistische oder unklare Vorstel-
lungen vom Berufsbild – hier wären Kam -
pagnen wie Werbefilme auf Social- Media-
Plattformen ein denkbarer Lösungs weg
– tragen ebenfalls dazu bei, dass einige
Mitarbeiter ihre Sicherheits-Ausbildung
abbrechen. „Azubis werden oft in schlechten
und langweiligen Positionen eingesetzt.
Das tägliche Bedienen einer Schranke
entspricht nicht dem Ausbildungsniveau,
das sich die jungen Leute von diesem Beruf
erhofft haben“, betonte Ernst Steuger,
Geschäftsführer des Ausbildungsbetriebs
NWS. Wobei klar sein müsse, dass nicht
jeder nach der Ausbildung direkt zur
Führungskraft werden könne. Zudem steige
mit der höheren Anzahl schwächer quali-
fizierter Bewerber der individuelle Betreu-
ungsaufwand, wie Wolfgang Fürst von der
Berufsschule Neuburg an der Donau bestä-
tigen konnte.
Dass es keine kontrollierbare Qualitäts-
kennzeichnung der Ausbildungsbetriebe
gebe, erschwere die Situation. „Die Azubis
wissen oft nicht, wo sie hingehen sollen.
Manch einer hat mir von einem Ausbil-
dungsbetrieb erzählt, von dem ich zuvor
noch nie gehört hatte“, so Weiss weiter.
Masse statt Klasse bei
Sicherheits unternehmen
Immerhin gibt es rund 6.500 Sicher-
heitsunternehmen in Deutschland, die
das gesamte Qualitätsspektrum abdecken
dürften. Die Zugangsvoraussetzungen sind
niedrig, und dies schlägt sich häufig nicht
nur negativ auf die Ausbildung, sondern
auch auf die beim Kunden erbrachte Sicher-
heitsdienstleistung aus. Durch §127 GWB
(Gesetz gegen Wettbewerbsbeschrän-
kungen), der bei Ausschreibungen besagt,
dass qualitative Aspekte berücksichtigt
(vl.) Gerhard Ameis, BDSW-Vizepräsident, Andreas Borgschulze, BVSW-Vorstandsvorsitzender, Ernst
Steuger, Geschäftsführer der NWS GmbH, und Joachim Herrmann, Bayerischer Staatsminister des Innern
und für Integration
Prof. Dr. Dirk Heckmann, Mitglied des Bayerischen
Verfassungsgerichtshofs, Institut für IT-Sicherheit
und Sicherheitsrecht
RA Prof. Dr. Armin Herb, Daten-
schutzbeauftragter des SWR
Schlussworte und Verabschiedung: (vl.) Gerhard Ameis, BDSW-Vizepräsident,
und Heinrich Weiss, BVSW-Geschäftsführer
RA Andreas Paulick, BDSW-
Geschäftsführer
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3 | 2018 DER SICHERHEITSDIENST
WIRTSCHAFT UND POLITIK
werden können (aber nicht müssen),
würden Billiganbietern Tür und Tor geöff-
net, so Andreas Paulick. Der Rechtsanwalt
und Geschäftsführer des BDSW nahm im
Rahmen des 7. Bayerischen Sicherheits-
tages die Auftragsvergabe und Qualitäts-
kriterien nach DIN 77200 und dem Best-
bieterprinzip unter die Lupe.
„Der Status Quo ist immer noch, dass
der billigste Anbieter oft den Zuschlag
erhält und Qualität zu wenig berücksichtig
wird. Sicherheit und Qualität sind jedoch
nicht zum billigsten Preis erhältlich“,
gab Paulick zu bedenken. Er beschrieb,
wie einzelne, konkrete Elemente aus der
neuen DIN 77200 in Leistungsbeschrei-
bungen enthalten sein können, wenn sie
sich auf die Eignung (Leistungsfähig-
keit, Fachkunde) beziehen, ohne damit
vergabe rechtswidrig zu werden oder gegen
EU-Recht zu verstoßen. Der Rechtsanwalt
schlüsselte das Bestbieterprinzip auf,
nach dem der Preis mit 40 Prozent und die
Qualität mit 60 Prozent zur Entscheidungs-
findung beitragen sollten. Apropos Qualität:
Eine Zertifizierung nach DIN 77200-1:2017
fordert vom Sicherheitsdienstleister
neben der jährlichen Unbedenklichkeits-
bescheinigung, der Berücksichtigung
von Datenschutz, Risiko- und Beschwer-
demanagement auch einen erweiterten
Haftpflichtversicherungs schutz. Hürden,
die die „schwarzen Schafe“ der Branche
selten überspringen.
EU-DSGVO bei der Videoüberwachung
Als Hürde wurde die im Mai dieses
Jahres in Kraft getretene EU-Datenschutz-
Grundverordnung (DSGVO) von Unter nehmen
wahrgenommen. Was bei perso nen bezo -
genen Geschäftsdaten als Fort schritt galt,
hat die Videoüberwachung in Deutschland
auf den Stand von 1978 zurückgeworfen.
Das Bundesdatenschutz gesetz gilt ergän-
zend, eine spezielle Regelung für die
Video daten gibt es in der DSGVO nicht, die
Landes-Datenschutz gesetze sind unein-
heitlich. Dennoch seien anlassunabhängige
Kontrollen durch den Datenschutzbeauf-
tragten und Einzelfall- Entscheidungen
möglich, erklärte Prof. Dr. Armin Herb,
Rechtsanwalt und Datenschutzbeauftrag-
ter des SWR. Notwendig sei in jedem Falle
des Einsatzes von Video überwachung eine
Datenschutz-Folgenabschätzung nach Arti-
kel 35 der EU-DSGVO, ein umfassendes
Dokument, das enthält, welche Kamera-
typen welche Bereiche zu welchem Zweck
beobachten, welche Speicherdauer und
Löschfrist zugrunde liegt und wer auf die
Bilder zugreifen darf (Rollennutzungskon-
zept). Wo bisher ein einfaches Piktogramm
auf den Einsatz von Kameras aufmerk-
sam machen durfte, müssten heute
eigentlich Plakate samt aller Kontakt-
daten und rechtlichen Hinweise ausge-
hängt werden. Die Videoüberwachung
öffentlich zugänglicher Räume muss nach
§4 BDSG (Bundesdatenschutzgesetz) ein
berechtigtes Interesse (Vermeidung von
Beschädigung, Diebstahl oder Körperver-
letzung), Erforderlichkeit (Alternativen wie
bessere Beleuchtung oder der Einsatz von
Wachpersonal) und eine Interessensabwä-
gung (Ausschluss von Freizeit- und Sanitär-
bereichen) berück sichtigen.
Unreife Bananen- Software
der IT-Hersteller
Nicht minder sensibel ist die Verfüg-
barkeit der aufgezeichneten Daten für
Berechtigte – eine Herausforderung,
die aus der IT-Sicherheit bekannt ist.
„IT- Experten sagen, dass IT per Definition
unsicher ist“, gab Prof. Dr. Dirk Heckmann
vom Lehrstuhl für Öffentliches Recht,
Sicherheitsrecht und Internet der Univer-
sität Passau, zu bedenken. IT-Sicherheits-
lücken vom besonderen elektronischen
Anwaltspostfach „beA“ bis hin zur elek-
tronischen Gesundheitskarte zeigten,
dass IT-Sicherheit eine gemeinsame
Aufgabe von Staat, Wirtschaft und Gesell-
schaft sein müsse. Die Risiken unsicherer
Informations technik reichten zwar von
Haftung, Schaden ersatz, Bußgeldern bis
hin zu Kriminalstrafen, doch die Frage sei,
ob wir auf IT als die Lebensader der digi-
talen Gesellschaft verzichten können – und
wollen. Er warnte vor der „Bananen-Soft-
ware der IT-Hersteller, die erst noch beim
Kunden reifen muss“ und erinnerte daran,
dass der Bundestag als IT-Gesetzgeber
seine eigene IT-Sicherheit nicht im Griff
hat. Trotz Sicherheits- Updates, Pass-
wörtern und Schulungen sei die größte
Schwachstelle bei der Sicherheit immer
noch der Mensch. „Dieser tappt gerne in
die Plug-and-Play-Falle, denn einfache
und spielerisch nutzbare Anwendungen
sind ein Einfallstor für Kriminelle“, erläu-
terte Prof. Dr. Heckmann. Ein doku-
mentiertes IT-Sicherheitskonzept sei
demnach Chefsache und unentbehrlich.
Denn Sicherheit in der Zukunft hat, wie
das bereits eingangs erwähnte Motto des
7. Bayerischen Sicherheitstags verriet,
auch viel mit Verantwortung zu tun. <
Podiumsdiskussion zum Thema „Verantwortung gegenüber Auszubildenden in der Sicherheit“: (vl.) Wolfgang Fürst, Berufsschule Neuburg a.d. Donau, Heinrich
Weiss, BVSW-Geschäftsführer, Florian Kaiser, Vertreter der IHK für München und Oberbayern, Moderatorin Katrin Degenhardt, Ernst Steuger, Geschäftsführer der
NWS GmbH und Dr. Harald Olschok, BDSW-Hauptgeschäftsführer
28
3 | 2018DER SICHERHEITSDIENST
WIRTSCHAFT UND POLITIK
> Der Bundesverband der Sicherheitswirtschaft
BDSW und der Bayerische Verband für Sicherheit in
der Wirtschaft BVSW waren in diesem Jahr erstmals
mit einer gemeinsamen Messepräsenz auf der Sicher-
heitsExpo in München vertreten.
Damit haben die beiden Sicherheitsverbände ein
neues Kapitel ihrer Zusammenarbeit aufgeschlagen.
Seit 2011 veranstalten BDSW und BVSW gemeinsam
den Bayerischen Sicherheitstag. In diesem Jahr war
zum wiederholten Male der Staatsminister für Inneres
und Integration, Joachim Herrmann, der prominen-
teste Redner.
Ziel der SicherheitsExpo ist es, Sicherheitstechnik
zu demonstrieren, die Firmen, Private und den öffent-
lichen Bereich vor kriminellen Angriffen von innen und
sowie „Cyber Security/Wirtschaftsschutz“. Das Programm startet
jeden Morgen mit einer Keynote und endet abends mit einer Live-
Demo.
Premiere für das Karriereforum
Eine weitere Premiere im Rahmenprogramm der security
essen feiert das Karriereforum am 25. September in Halle 1.
Studenten, Auszubildende, Umschüler und Absolventen treffen
dort auf Unternehmen der Sicherheitswirtschaft. Das Karriere-
forum umfasst unter anderem eine Podiumsdiskussion, Präsen-
tationen von Ausstellern und ein Job-Board mit Stellenanzeigen.
Hier knüpfen Bewerber Kontakte zu möglichen Arbeitgebern und
Aussteller besetzen konkrete Stellen.
„Gesprächskreis Innere Sicherheit NRW“
Im Rahmen der Messe werden die Ergebnisse der ersten
Essener Sicherheitskonferenz, die der „Gesprächskreis Innere
Sicherheit NRW“ und die Messe Essen in Leben gerufen haben,
präsentiert. Themen der Konferenz im Juni mit hochrangigen
Vertretern aus Polizei, Wirtschaft und Kommunen waren unter
anderem die Video überwachung im öffentlichen Raum und der
Schutz von Groß-Events.
Brandschutztag
Der Messe-Donnerstag (27. September) steht ganz im Zeichen
von Brand-Prävention und -Bekämpfung. Am Brandschutztag
zeigen die Feuerwehr Essen und Aussteller aufwendige Rettungs-
maßnahmen und Innovationen, die Bränden vorbeugen oder
helfen, sie wirkungsvoll zu bekämpfen.
Cyber Security/Wirtschaftsschutz neue Preiskategorie für
SECURITY INNOVATION AWARD
2018 wird eine neue vierte Kategorie für den SECURITY
INNOVATION AWARD eingeführt.
Cyber Security und Wirtschaftsschutz bilden einen eigenen
Themenschwerpunkt auf der security essen 2018. Der Schutz vor
Angriffen auf die IT-Sicherheit und Industriespionage gewinnt in
der Sicherheitswirtschaft seit Langem an Bedeutung. Diesem
trägt die Messe mit der neuen strategischen Ausrichtung des
Preises, aber auch mit einem eigenen Themenschwerpunkt plus
Fachkongress auf der Messe Rechnung.
Auch für die Besucher der Messe steht das Thema Cyber Security
stärker im Fokus als zuvor. Viele Aussteller der security essen
2018 werden Sicherheitslösungen anbieten, in denen die Infor-
mationstechnik eine zentrale Rolle spielt. Überwachung, Analyse,
Kommunikation und Dokumentation sind ohne Mikro prozessoren,
ohne Softwareunterstützung und ohne Netzanbindung nicht mehr
denkbar. Entsprechend steht auch bei vielen Anbietern von klas-
sischen Sicherheitslösungen das Thema Cyber-Sicherheit im
Fokus. Sowohl bei ihren angebotenen Lösungen für die Kunden
als auch im eigenen Interesse, denn Nachrüsterfordernisse, etwa
weil Überwachungskameras leicht zu kapern sind, Hotelschließ-
anlagen ausgetrickst werden können oder Alarmsysteme sabotiert
werden können, sind schlecht fürs Image und meist auch für das
Unternehmensergebnis.
Geführte Messerundgänge
Für den kompakten und informativen Messebesuch bietet die
security essen in Zusammenarbeit mit der Deutschen Gesell-
schaft für wirtschaftliche Zusammenarbeit geführte Messerund-
gänge für Planer, Errichter und Betreiber an. Täglich um 10.30 Uhr
und um 14 Uhr werden die Besucher in kleinen Gruppen fachlich
moderiert über die Messe geführt und erhalten einen schnellen
Überblick über die Höhepunkte der Messe, Neuheiten und inno-
vative Lösungen. <
Weitere Highlights
der security essen 2018
SECURITY ESSEN 2018
34
3 | 2018DER SICHERHEITSDIENST
> Der letztes Jahr gegründete Bundesver-
band der Luftsicherheitsunternehmen BDLS
präsentiert sich dieses Jahr zum ersten Mal auf
der security essen – der Leitmesse für Sicher-
heit. Auf dem gemeinsamen Messestand infor-
miert der BDLS neben den Schwesterverbänden
BDSW und BDGW über die neusten Trends und
Entwicklungen im Bereich der Luftsicherheit.
Über 223 Millionen Passagiere und 4,6 Milli-
onen Tonnen Luftfracht sowie hunderttausende
Beschäftigte werden an den deutschen Flug-
häfen jährlich, mit steigender Tendenz, von den
mehr als 23.000 privaten Sicherheitskräften
kontrolliert und geschützt. Die außergewöhn-
lichen Wachstumsraten der letzten Jahre stel-
len somit auch eine Herausforderung für die
Sicherheitsorganisation und das Dienstleis-
tungsspektrum der beauftragten Unternehmen
dar. Moderne Technik und zeitgemäße Prozesse
sollen dabei nicht nur die Sicherheit auf einem
höchstmöglichen Maß gewährleisten, sondern
auch die einwirkenden Effekte auf die Effizi-
enz der Luftfahrt möglichst gering halten und
ebenso einen größtmöglichen Komfort für
die Kunden und Fluggäste sicherstellen. Eine
enge Vernetzung zwischen den beauftragten
Sicherheits unternehmen, den Flughafenbetrei-
bern und Luftverkehrsgesellschaften sowie den
zuständigen Luftsicherheitsbehörden ist dabei
unerlässlich und wird durch die Arbeit des BDLS
maßgeblich unterstützt. Diese Notwendig keit
möchte der BDLS auch auf der security essen
2018 Rechnung tragen und informiert inte-
ressierte Besucher vor Ort deshalb über die
neusten Technologien in der Passagier- und
Gepäck kontrolle sowie über das Berufsbild des
Luft sicherheitsassistenten.
Zur Erklärung und zum Austausch werden
erfahrene Luftsicherheitsassistenten der I-SEC
Deutsche Luftsicherheit GmbH am Messestand
präsent sein und dort neben den Ausbildungs-
wegen im Bereich der Luftsicherheit auch den
neusten „Quick Personnel Security Scanner“ der
Firma Rohde & Schwarz sowie den Einsatz einer
Gepäckprüfanlage und eines Sprengstoffspür-
gerätes der Firma Smiths Detection vorführen
und erklären.
Wie wichtig die Entwicklung und der Einsatz
einer modernen, authentischen und nach-
haltigen Aus-, Fort- und Weiterbildung in der
Luft sicherheit sind, verdeutlicht der BDLS
zusammen mit Vertretern des BDLS-Mitglieds-
unternehmens STI Security Training Interna-
tional GmbH anhand derer neuen Software-
Trainingslösung, welche Anfang des Jahres die
offizielle behördliche Anerkennung zur Nutzung
innerhalb der Fortbildung von Luftsicherheits-
assistenten in der Röntgenbildauswertung
erhalten hat und natürlich auch auf Trainings-
inhalte für andere Bereiche der Luftsicherheit
erweiterbar ist.
Der BDLS und seine Mitgliedsunternehmen
unterstreichen mit ihrem Engagement auf der
security essen 2018 ihren hohen Qualitäts-
anspruch bei der Sicherstellung der Luftsicher-
heit in Deutschland. Als anerkannte und
etablierte Partner stellen sich die Mitgliedsunter-
nehmen des BDLS den aktuellen und kommen-
den Herausforderungen der Luftsicher heit. Die
auf dem Messestand präsentierten Technolo-
gien und das qualitativ sehr gut ausgebildete
Personal der Luftsicherheitsunternehmen sind
bereits heute bundesweit an allen größeren Flug-
häfen im Einsatz und stellen somit gemeinsam
mit den zuständigen Luftsicher heitsbehörden
heute und zukünftig den reibungslosen Betrieb
der Flug häfen und Luftfahrtunternehmen auf
einem weltweit anerkannt hohen Niveau sicher.
Ziel des BDLS ist es aber auch, seine
Mitglieds unternehmen als zuverlässige und
attraktive Arbeitgeber in einem interessanten
und zukunftsfähigen Berufsumfeld zu präsen-
tieren, damit diese den durch die hohen Wachs-
tumsraten in der Luftfahrtindustrie zwingend
notwendigen Personalaufwuchs quantitativ und
qualitativ bewerkstelligen können. <
BDLS präsentiert sich erstmals
auf der security essen 2018
BDLS
ist der Bundesverband der
Luftsicherheitsunternehmen
www.bdls.aero
SECURITY ESSEN 2018
35
3 | 2018 DER SICHERHEITSDIENST
SECURITY ESSEN 2018
Wir bedanken uns bei den Firmen:
www.rohde-schwarz.com www.smithsdetection.com
für die Bereitstellung des „Quick Personnel Security Scanners“, der Gepäckprüfanlage sowie des Sprengstoffspürgerätes während der
security essen 2018. <
Weitere Informationen:
I-SEC DEUTSCHE LUFTSICHERHEIT GMBH
www.i-sec.com
Die Firma I-SEC Deutsche Luftsicherheit GmbH ist eine hundert-
prozentige Tochter der I-SEC International B. V. mit Sitz in
Amsterdam (Niederlande). Die I-SEC Unternehmensgruppe ist
seit über zehn Jahren weltweit als spezialisierter Dienstleister im
Bereich der Luftsicherheit tätig und bietet in diesem Geschäfts-
bereich unterschiedliche Dienstleistungen für Flughafenbetreiber,
Behörden oder Luftverkehrsunternehmen an. Derzeit führt I-SEC
mit über 2.700 Mitarbeitern verschiedene Luftsicherheitsdienst-
leistungen an den Flughäfen Frankfurt am Main, Hamburg und
Hannover durch. <
STI SECURITY TRAINING INTERNATIONAL GMBH
www.sti-training.com
Die STI Security Training International GmbH ist ein erfolg-
reiches mittelständisches Unternehmen mit Firmenhauptsitz in
Wiesbaden und beschäftigt derzeit rund 350 Mitarbeiter.
Das Angebot der STI GmbH umfasst Online-Schulungen, Trainings-
software, Passagier- und Frachtkontrollen, Sicherheitsberatungen
sowie Präsenzseminare. <
36
3 | 2018DER SICHERHEITSDIENST
BDSW-JAHRESMITGLIEDERVERSAMMLUNG
> Am 17. Mai 2018 lud der Bundesverband der
Sicherheitswirtschaft zur 51. Jahresmitglieder-
versammlung ins Kurhaus der Hessischen
Landeshauptstadt Wiesbaden ein. Im öffent-
lichen Teil der Veranstaltung stellte, nach der
Begrüßung der rund 200 anwesende Gäste durch
BDSW-Präsident Gregor Lehnert, Wiesbadens
Bürgermeister Dr. Oliver Franz die Stadt, das
Kurhaus und auch die für die Stadt wichtigen
Sicherheitsaspekte vor. Steffen Kampeter, Haupt-
geschäftsführer der BDA Bundesvereinigung der
Deutschen Arbeitgeberverbände, referierte über
die Wichtigkeit von Tarifverträgen, die Sozial-
partnerschaften zwischen Arbeitgebern und
Gewerkschaften sowie das Instrument der Allge-
meinverbindlichkeitserklärung abgeschlossener
Tarifverträge. Dabei ging Kampeter vor allem
auch auf die Bedeutung gesetzlicher Regelung
versus Tarifautonomie ein. Denn die vermehrte
Notwendigkeit der Nutzung von Allgemeinver-
bindlichkeitserklärungen sei entstanden, da
sich die Gewerkschaften einer verantwortungs-
vollen Nutzung der den Sozialpartnern übertra-
genen Aufgabe der tarifautonomen Gestaltung
von Arbeitsbeziehungen verweigern. Außerdem
stellte er die Positionen der BDA zu den Themen
Tarifbindung, Arbeitnehmerüberlassung, Wett-
bewerbsrecht und Integration von Langzeit-
arbeitslosen vor.
Dirk Pollert, Hauptgeschäftsführer der Verei-
nigung der Hessischen Unternehmerverbände,
stellte in seiner Rede die Sicherheit aus Perspek-
tive der hessischen Wirtschaft in den Mittelpunkt.
Aber er machte auch deutlich, dass aus seiner
Sicht die Bewältigung aktueller und künftiger
Sicherheitsherausforderungen eines gesamt-
gesellschaftlichen, alle relevanten Sicherheits-
facetten erfassenden Sicherheitsverständnisses
bedarf. Gemeinsame Sicherheitsinteressen und
die Mittel zu ihrer Verfolgung müssten durch
Politik, Wirtschaft und Gesellschaft definiert und
ausgestaltet werden. Aufgrund seiner beson-
deren Wirtschaftsstruktur habe Hessen auch
besondere Sicherheitsanfor derungen. Da sei
zum einen Deutschlands großer Weltflughafen in
Frankfurt mit jährlich 60 Millionen Passagieren,
der zugleich Deutschlands größte Arbeitsstätte
mit 80.000 direkt am Flughafen beschäftigten
Menschen ist. Dies mache den Flughafen auch
zur zentralen Logistik drehscheibe von Luftfracht
nach Deutschland und aus Deutschland heraus.
Er ist deshalb ein herausragender Ort für Risiken:
von Terrorismus über „normale Wirtschafts-
kriminalität“ bis hin zu technischer Sicherheit. Er
ist einer der größten Konzentrations punkte von
Sicherheitsdienstleistung in Deutschland. Zum
anderen ist das Frankfurter Bankenzentrum der
zentrale Finanzplatz Deutsch lands. Er benötigt
51. Jahresmitgliederversammlung
des BDSW in Wiesbaden
Von Silke Wollmann
SILKE WOLLMANN
ist Pressesprecherin des
BDSW Bundesverband der
Sicherheitswirtschaft.
Begrüßung der 200 Teilnehmer der Jahresmitgliederversammlung des BDSW:
Gregor Lehnert, Präsident des BDSW
Dr. Oliver Franz, Bürgermeister der Landeshauptstadt Wiesbaden
37
3 | 2018 DER SICHERHEITSDIENST
BDSW-JAHRESMITGLIEDERVERSAMMLUNG
neben der besonderen Sicherheit von Finanzströmen auch immer
tatkräftigen Schutz gegen Attacken aggressiver Protestorgani-
sationen wie Blockupy. Bei der Bewältigung dieser besonderen
Sicherheitsaufgaben habe sich die private Sicherheitswirtschaft
zu einem kompetenten Partner der Wirtschaft entwickelt.
Im Rahmen der Mitgliederversammlung ehrte BDSW-Vize-
präsident Lutz Kleinfeldt außerdem mit der Verleihung des
3. BDSW-Mitarbeiterpreises an drei Sicherheitskräfte deren
außergewöhnlichen Einsatz über ihren regulären Dienst hinaus.
Den öffentlichen Teil der 51. Jahresmitgliederversammlung
schloss der Vorsitzende der Landesgruppe Hessen im BDSW, Dirk
H. Bürhaus.
BDSW-Präsident Gregor Lehnert stand im Anschluss an den
öffentlichen Teil der Versammlung gemeinsam mit Steffen
Kampeter und Dirk Pollert im Rahmen eines Pressegesprächs
Rede und Antwort zu den aktuellen Entwicklungen sowie Heraus-
forderungen der Sicherheitswirtschaft. Der Schwerpunkt des
Gesprächs waren die Forderung des BDSW nach einer Neuord-
nung der Regelungen für das private Sicherheitsgewerbe in einem
eigenständigen Gesetz und die Sicherheit für den Wirtschafts-
standort Hessen. Aus Sicht des BDSW hat sich das lange Warten
auf eine neue Bundesregierung gelohnt. Der Grund dafür sind
die Ausführungen in der Koalitionsvereinbarung zur Bedeutung
Dirk Pollert, Hauptgeschäftsführer der Vereinigung der Hessischen Unter-
nehmerverbände VhU
Ehrung für 50-jährige Unternehmertätigkeit für Gerhard Flemisch, KALKA
Dienstleistungs GmbH (Mitte), durch Gregor Lehnert (links) und Dr. Harald
Olschok (rechts)
Dirk Pollert, Hauptgeschäftsführer der Vereinigung der Hessischen Unter-
nehmerverbände VhU
Steffen Kampeter, Hauptgeschäftsführer der BDA Bundesvereinigung der Deut-
schen Arbeitgeberverbände
Dirk H. Bürhaus, Vorsitzender der Landesgruppe Hessen im BDSW
38
3 | 2018DER SICHERHEITSDIENST
BDSW-JAHRESMITGLIEDERVERSAMMLUNG
Ehrung der Jubilare auf der diesjährigen Jahresmitgliederversammlung
Wir danken den Ausstellern der Jahresmitgliederversammlung für ihre Teilnahme und Produktpräsentationen:
QualidataZertifizieren mit WERT
BITE AG
www.bite.de
Qualidata GmbH
qualidata.de
E.S.I. European Systems Integration
www.esi-fernueberwachung.de
SequriX
www.sequrix.de
Messe Essen GmbH
www.security-essen.de
VDQ Business Solutions GmbH
www.logpro.de
KFM Alarmanlagen GmbH
www.kfm-alarm.de
TEWI GmbH & Co. KG
www.tewi.de
Autohaus Karl + Co. GmbH & Co. KG
www.bmw-karl-co.de
münz GmbH
www.muenz.de
der privaten Sicherheit. Der Verband
sieht damit ein wichtiges Verbandsziel –
die Erhöhung der Sicherheitsstandards –
erreicht und die Umsetzung in greifbarer
Nähe. Seit vielen Jahren weist er darauf
hin, dass das Gewerberecht bei weitem
nicht (mehr) ausreicht, um der faktischen
Bedeutung der privaten Sicherheitsdienste
für die Innere Sicherheit in Deutschland
gerecht zu werden. Die Branche wächst
stetig und beschäftigt mittlerweile rund
260.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
in vielen unterschiedlichen Bereichen.
Am Beispiel des Wirtschaftsstandortes
Hessen erläuterten Gregor Lehnert und
Dirk Pollert sowohl das Spektrum der
Einsatzgebiete privater Sicherheitsunter-
nehmen als auch die Notwendigkeit ihres
Einsatzes. In einem wirtschaftlich so gut
aufgestellten Bundesland zeigt sich aber
auch deutlich, dass die Eigenvorsorge
der Wirtschaft gefördert und die Sicher-
heitswirtschaft gestärkt werden muss, um
Deutschland sicherer zu machen. Konti-
nuierliche Optimierung der Tätigkeiten
und Ausbildung sowie effiziente rechtliche
Rahmenbedingungen sind die Basis einer
qualifizierten Sicherheitsdienstleistung auf
höchstem Niveau. <
39
3 | 2018 DER SICHERHEITSDIENST
BDSW-JAHRESMITGLIEDERVERSAMMLUNG
> Auf seiner 51. Jahresmitgliederversamm-
lung verlieh der Bundesverband der Sicherheits-
wirtschaft zum dritten Mal den BDSW-Mitarbei-
terpreis an drei Sicherheitskräfte, die im Jahr
2017 mit besonderen Leistungen hervorgetreten
sind. „Das Thema Sicherheit ist allgegenwär-
tig und für alle Lebensbereiche immens wichtig
geworden. Es ist für uns besonders wichtig, dass
die Menschen, die diese Sicherheitstätigkeiten
ausüben, eine entsprechende Wertschätzung
erfahren“, so Lutz Kleinfeldt, Vizepräsident des
BDSW. Aus diesem Grund würdige der BDSW
die herausragende Arbeit von drei Sicherheits-
kräften stellvertretend für zehntausende enga-
gierte Beschäftigte der Branche.
Die ausgewählten Gewinner haben die Jury
durch ihren außergewöhnlichen Einsatz, über-
durchschnittliches Engagement und Umsichtig-
keit überzeugt. „Diese drei Mitarbeiter und
Mitarbeiterinnen zeigen, wie wichtig es ist, quali-
fiziertes Personal einzusetzen, das über den
‚normalen‘ Dienst hinaus aufmerksam agiert“,
so Kleinfeldt. „Wir danken nicht nur den Preis-
trägern, sondern allen Sicherheitsmitarbeite-
rinnen und -mitarbeitern in Deutschland, die
tagtäglich unter schwierigen Bedingungen ihren
Dienst leisten und zusätzlich die Augen stets
offenhalten, um anderen Menschen zu helfen“,
so Kleinfeldt.
1. Platz:
Sabine Düthorn, Mitarbeiterin der Firma Fair
Guards Security, rettete während ihres Dienstes
im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge in
Nürn berg einem Antragsteller das Leben. Der
Mann hatte sich erhängen wollen, Frau Düthorn
ent deckte ihn, befreite ihn aus seiner Lage und
leitete erfolgreich Wiederbelebungsmaßnahmen
ein.
2. Platz:
Kai Redieske, Revierfahrer bei Power Personen-
Objekt-Werkschutz GmbH, sichtete am 15.
Oktober 2017 bei der Verfolgung eines Alarms
zwei Personen im Objekt, meldete dies der
Zentrale und konnte in Abstimmung mit seiner
Zentrale nach einer Verfolgung einen Täter stop-
pen und vorläufig festnehmen. Der andere stellte
sich später. Durch sein beherztes Eingreifen trug
Herr Redieske dazu bei, dass eine Straftat in
kürzester Zeit aufgeklärt und der Schaden für
den Kunden sehr klein gehalten werden konnte.
3. Platz:
Dieter Chapellier, Mitarbeiter der Pond Security
Service GmbH, rettete am 3. November 2017 einem
anderen Sicherheitsmitarbeiter in der Hessischen
Erstaufnahmestelle für Flüchtlinge in Gießen das
Leben. Der Kollege war ohne Fremdeinwirkung
zusammengebrochen und hatte keinen feststell-
baren Puls. Herr Chapellier leitete erfolgreich die
Reanimation des Kollegen ein, die andauerte, bis
der Notarztwagen eintraf. <
BDSW verleiht Mitarbeiterpreise 2018
1. Preis: SABINE DÜTHORN
ist Mitarbeiterin der Firma
Fair Guards Security
2. Preis: KAI REDIESKE
ist Revierfahrer bei Power
Personen-Objekt-Werkschutz
GmbH
3. Preis: DIETER CHAPELLIER
ist Mitarbeiter der Pond
Security Service GmbH
(vl.) BDSW-Vizepräsident Lutz
Kleinfeldt mit den Preisträgern des
BDSW-Mitarbeiterpreises: Dieter
Chapellier, Sabine Düthorn und Kai
Redieske
40
3 | 2018DER SICHERHEITSDIENST
BDSW-JAHRESMITGLIEDERVERSAMMLUNG
> Sicherheit für den Wirtschaftsstandort
Sicherheit ist in jeder Gesellschaft für Wohl-
stand, politische und soziale Stabilität von
grundlegender Bedeutung. Wir Deutschen sind
wahrscheinlich noch ein wenig risikosensibler
– Stichwort „German Angst“ – und demzufolge
auch sicherheitsbewusster als andere Völker.
Deshalb ist es uns z. B. bei der Technischen
Sicherheit mit den TÜVen gelungen, daraus
sogar einen Exportartikel zu machen. Dazu
später mehr.
Globalisierung und technischer Fortschritt
eröffnen dem Industrieland Deutschland und
der besonders exportorientierten hessischen
Wirtschaft hervorragende Chancen. Sie bergen
aber auch neue, komplexe Sicherheitsheraus-
forderungen. International vernetzte Wertschöp-
fungsketten und Infrastrukturen werden zuneh-
mend verwundbar für Angriffe und Störungen
Dritter.
Die Bewältigung aktueller und künftiger
Sicherheitsherausforderungen bedarf deshalb
eines gesamtgesellschaftlichen, alle relevanten
Sicherheitsfacetten erfassenden Sicherheits-
verständnisses. Gemeinsame Sicherheits inte r-
essen und die Mittel zu ihrer Verfolgung müssen
durch Politik, Wirtschaft und Gesellschaft
definiert und ausgestaltet werden.
Dabei muss die sicherheitspolitische Rolle
und der bedeutende Beitrag der deutschen Wirt-
schaft und ganz besonders der Industrie zu unser
aller Sicherheit stärker berücksichtigt werden.
Die deutsche Industrie übernimmt bereits heute
im Bereich des Wirtschaftsschutzes, der Cyber-
sicherheit und der Sicherheit in Handels- und
Logistikketten die primäre Verantwortung für
ihren Eigenschutz, den Schutz ihrer Mitarbeiter
und für die Sicherheit der durch sie betriebenen
90 Prozent aller Infrastrukturen. Als Hersteller
leistungsfähiger Sicherheitstechnologie ist sie
zudem für die sicherheitspolitische Handlungs-
fähigkeit und Souveränität unseres Staates
unerlässlich.
Das private Sicherheitsgewerbe ist als Pro -
blemlöser und notwendiges Komplement zur
öffentlichen Sicherheit gleichermaßen Partner,
Unterstützer, Dienstleister der Wirtschaft in
Sicherheitsfragen und selbst ein wichtiger Wirt-
schaftszweig.
Sicherheitsherausforderungen in Hessen
Hessen hat aufgrund seiner besonderen Wirt-
schaftsstruktur auch besondere Sicherheits-
anforderungen.
Da ist zum einen Deutschlands großer Welt-
flughafen in Frankfurt mit jährlich 60 Millio-
nen Passagieren. Er ist zugleich Deutschlands
größte Arbeitsstätte mit 80.000 direkt am Flug-
hafen beschäftigten Menschen. Das macht den
Flughafen auch zur zentralen Logistikdreh-
scheibe von Luftfracht nach Deutschland und
aus Deutschland heraus. Er ist deshalb ein
herausragender Ort für Risiken: von Terrorismus
über „normale Wirtschaftskriminalität“ bis hin
zu technischer Sicherheit. Er ist einer der größ-
ten Konzentrationspunkte von Sicherheitsdienst-
leistung in Deutschland.
Zum anderen ist das Frankfurter Bankenzen-
trum der zentrale Finanzplatz Deutschlands. Er
benötigt neben der besonderen Sicherheit von
Finanzströmen auch immer tatkräftigen Schutz
gegen Attacken aggressiver Protestorganisa-
tionen wie Blockupy.
Diese besonderen Schwerpunkte verstärken
das Sicherheitsbedürfnis in Hessen über das
ansonsten in Deutschland übliche Maß hinaus
zusätzlich.
Deshalb ist Hessen auch das einzige Bundes-
land, in dem es mehr private beschäftigte Sicher-
heitskräfte als Landespolizisten gibt: 28.000
privat beschäftigten Sicherheitskräften stehen
18.000 Beschäftigte der Landespolizei gegen-
über. Seit 2014 verzeichnet das private Sicher-
heitsgewerbe einen Zuwachs von 5.000 Sicher-
heitskräften, was vor allem mit dem großen
Flüchtlingsstrom 2015 zusammenhängt. […]
Auszug aus der Rede
von Dirk Pollert im Rahmen der
BDSW Jahresmitgliederversammlung
DIRK POLLERT
ist Hauptgeschäftsführer der
Vereinigung der hessischen
Unternehmerverbände e. V.
41
3 | 2018 DER SICHERHEITSDIENST
BDSW-JAHRESMITGLIEDERVERSAMMLUNG
Eigenleistung der Wirtschaft
Als die erste industrielle Revolution
Mitte des 19. Jahrhunderts in den damals
noch nicht vereinigten Länder Deutsch-
lands Fahrt aufnahm, war die sie trei-
bende Dampftechnik technisch noch nicht
völlig ausgereift. Viele Dampfkessel explo-
dierten bei laufender Produktion, verur-
sachten Sachschäden, nicht selten aber
auch Verletzungen von Menschen in den
Betrieben, gelegentlich auch in der Nach-
barschaft – und manchmal endete das
eben auch tödlich.
Die neue Technologie bekam ein echtes
Akzeptanzproblem, das die Industrie lösen
musste. Dazu gründete sie in den industrie-
starken Regionen sogenannte „Dampf-
kesselrevisionsvereine“, die Vorläufer der
heutigen TÜVs. Die darin angestellten
Ingenieure hatten eine einzige Aufgabe,
die Dampfkessel und die Dampftechnik
insgesamt sicherer zu machen, sie regel-
mäßig zu kontrollieren, Sicherheitsnormen
zu entwickeln und deren Einhaltung zu
prüfen. Innerhalb zweier Jahrzehnte waren
die Sicherheitsprobleme gelöst und die
Akzeptanz der Dampftechnik gesichert.
Später kamen an vielen Stellen neue
Sicherheitsprüfungen hinzu, 1926 z. B. die
Autoprüfungen, die ebenfalls auf diesem
Weg Sicherheit schufen. Der TÜV Süd,
zu dem der TÜV Hessen gehört, ist heute
ein Sicherheitskonzern mit über 20.000
Beschäftigten und einem Jahresumsatz von
über 2 Milliarden Euro – und einem hohen
Anteil an Auslandsgeschäft. So werden
z. B. die meisten Hauptunter suchungen an
Autos nicht in Süddeutschland durch-
geführt, sondern in der Türkei. […]
Die private Sicherheitswirtschaft:
Problemlöser, Partner und Teil
der hessischen Wirtschaft
Mit ihren hochspezialisierten Dienst-
leistungen und -produkten ist die private
Sicherheitswirtschaft bei all diesen
Herausforderungen ein unverzichtbarer
Problemlöser und Partner für die hessi-
sche Wirtschaft. Dabei hat sie sich in den
letzten Jahren immer mehr zu einem
Allrounder entwickelt: mit maßgeschnei-
derten Sicherheitslösungen nicht nur,
aber gerade auch für die deutsche und
hessische Wirtschaft.
Sicherheit ist eine Vertrauensfrage. Nur
wem ich vertraue, dem vertraue ich auch
meine Sicherheit an. Das macht eine hohe
Qualität bei der Ausbildung ihrer Beschäf-
tigten absolut erfolgsentscheidend für die
Sicherheitsbranche. Der BDSW setzt sich
daher seit Jahren dafür ein, die Qualität
und das Leistungsspektrum der Sicher-
heitsdienstleistung in Deutschland ständig
und nachhaltig zu verbessern.
Dazu zählt die vollständige Neuordnung
der Qualifizierung seit 2002 und das Entwi-
ckeln der Ausbildungsberufe Servicekraft
und Fachkraft für Schutz und Sicherheit.
Der BDSW war an der Neuordnung der
Aufstiegsfortbildung ebenso beteiligt wie
an der Entstehung mehrerer Studiengänge
„Privates Sicherheitsmanagement“ an
deutschen Polizeihochschulen. Ebenfalls
ein Erfolg ist das Zertifizierungssystem
für Sicherheitsfachschulen mit bereits
über 20 zertifizierten Bildungsträgern. In
zehn Bundesländern gibt es Kooperati-
onsvereinbarungen mit den Landespolizei-
behörden, unter anderem in Hessen.
Das sind Erfolge, die sich wirklich sehen
lassen können! Die Sicherheitswirtschaft
111 Tätigkeiten in der Sicherheitswirtschaft
Ein interessanter Job. Mit Sicherheit!
Die Neuauflage der Broschüre 111 Tätigkeiten
in der Sicherheitswirtschaft ist erschienen!
Mit dieser Broschüre wollen der BDSW, die BDGW und der
BDLS Menschen in den Blickpunkt rücken, die einen Teil
der vielschichtigen Aufgaben der Sicherheitswirtschaft
wahrnehmen. Diese reichen von „A“ wie Alarmaufschal-
tung, über „G“ wie Geld- und Werttransporteure bis „Z“
wie Zugbewachung.
Die Broschüre finden Sie unter www.bdsw.de,
www.bdgw.de und www.bdls.aero zum Download.
Sollten Sie die Broschüre in gedruckter Form wünschen,
können Sie diese in der Geschäftsstelle anfordern.
42
3 | 2018DER SICHERHEITSDIENST
BDSW-JAHRESMITGLIEDERVERSAMMLUNG
braucht aber auch Unterstützung durch
die Politik: mit entsprechenden rechtlichen
Rahmenbedingungen, die ihre Arbeit auf
unbürokratische Art auf eine neue und zeit-
gemäße gesetzliche Grundlage stellen. Das
im Koalitionsvertrag der Großen Koalition
angekündigte eigenständige „Sicherheits-
gesetz“ ist ein Schritt in die richtige Rich-
tung.
Ich bin mir sicher, dass sich der BDSW
mit seinem fundierten Wissen weiter-
hin mit dem Ziel aktiv in den politischen
Prozess einbringen wird, qualifizierte
Sicherheitsdienstleistungen auf höchstem
Niveau zu ermöglichen!
Unterstützung politischer Kern-
forderungen des BDSW
Der BDSW weist seit Jahren darauf hin,
dass das Gewerberecht nicht in der Lage
ist, der faktischen Bedeutung der privaten
Sicherheitsdienste für die Innere Sicher-
heit in Deutschland gerecht zu werden.
Deshalb unterstützt die VhU den BDSW
und die in ihm organisierten Unternehmen
bei ihrer Initiative, Qualität und Leistungs-
spektrum der privaten Sicherheitsdienst-
leistung ständig und nachhaltig zu ver -
bessern.
Wir unterstützen als hessische Wirt-
schaft diese Forderung des BDSW und
fordern deshalb auch die Landesregierung
in Hessen auf, die privaten Sicherheits-
dienste auf eine neue rechtliche Grundlage
zu stellen.
Dazu gehören auch Veränderungen im
Vergaberecht und im Arbeitnehmerüber-
lassungsgesetz.
Um Hessen und Deutschland sicherer
zu machen, muss die Eigenvorsorge geför-
dert und die Sicherheitswirtschaft gestärkt
werden. […]
Meine sehr verehrten Damen und Herren,
wenn wir all das erreichen wollen, wenn
wir den Generationenvertrag sichern und
unser Land für die Zukunft gut aufstellen
wollen, dann brauchen wir eine wachs-
tumsfreundliche Stimmung in Deutsch-
land. Der Koalitionsvertrag der großen
Koalition aus CDU, CSU und SPD lässt
diese auf schmerzliche Weise vermissen
und enthält eine erhebliche Schlagseite
wachstumsbremsender Umverteilung.
Das beginnt mit schädlichen Einschrän-
kungen befristeter Arbeitsmöglichkeiten
und endet noch lange nicht bei renten-
politischen Versprechen zulasten der
jüngeren Generation.
Wir wollen, dass die Politik mehr Zukunft
wagt. Dass sie die großen Wachstums-
chancen des digitalen Strukturwandels
nutzt. Und dass sie der nächsten Gene-
ration mehr Sicherheit und somit bessere
Chancen gibt, sich frei zu entfalten, statt
ihr immer neue Lasten aufzubürden. <
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3 | 2018 DER SICHERHEITSDIENST
GELD UND WERT
> Die Mitglieder der Bundesvereinigung
Deutscher Geld- und Wertdienst e (BDGW)
haben auf ihrer diesjährigen Mitgliederver-
sammlung am 19. Juni in Frankfurt einen
neuen Vorstand gewählt. Michael Mewes,
Vorstand der Cash Logistik Security AG, ist
erneut zum Vorsitzen den gewählt worden.
Mewes ist seit 2002 Vorstandsmitglied und
seit nunmehr zehn Jahren Vorsitzender
des Verbandes. „Unsere Industrie ist mit
einer herausfordernden Marktsituation
konfrontiert. Die Festigung und Aner-
kennung unserer bedeutenden Rolle im
Bargeldkreislauf, der Abbau von staatli-
chem Wettbewerb und unsere Mission,
Bargeld mit fortschrittlicher und effizienter
Arbeit wirtschaftlich und sicher im Umlauf
zu halten, werden für die kommende Amts-
zeit des Vorstandes die Schwerpunktthe-
men der Verbandsarbeit sein“, so Mewes.
Gemeinsam mit seinen sechs Vorstands-
kollegen werde er diese Themen angehen.
Die Vorstands kollegen kämen aus kleinen,
mittleren und den großen Unternehmen
der Branche und entsprächen damit exakt
der Struktur der Mitglieder der BDGW, so
Mewes.
Die Mitglieder würdigten auch die Arbeit
der stellvertretenden Vorsitzenden
» Hans-Jörg Hisam, Geschäftsführer der
Ziemann Sicherheit GmbH,
» Heath White, Geschäftsführer der Prosegur
Cash Services Germany GmbH, und
» Wolf-Rüdiger Wirth, Geschäftsführer
der ITT Industrie- und Transportschutz
Thüringen GmbH,
durch deren Wiederwahl.
Neu in den Vorstand des Verbandes
gewählt wurden Ingo Hartmann, Geschäfts-
führer der DWSI Geld- und Wert-Logistik
GmbH & Co., Dr. Markus Lehnert,
Geschäftsführer der BS Beck Sicherheits-
dienst GmbH & Co. KG, und Uwe Wendorf,
Geschäftsführer der ExSiRo GmbH
Rostock. <
> Der Vorsitzende der BDGW, Michael Mewes,
hat dem langjährigen Sicherheitsbeauftragten
Udo Thomas auf der Mit glieder versammlung
des Verbands am 19. Juni im Namen des
Vorstandes, der Geschäfts führung sowie aller
Mitgliedsunternehmen für viele Jahre enga-
gierte Arbeit gedankt. Zuvor hatte Thomas
seinen Rücktritt vom Amt des Sicherheitsbeauf-
tragten mitgeteilt.
Thomas habe durch seine Fachkompetenz
und sein großes Engagement maßgeblich zur
Entwicklung der Sicherheitsvorschriften der
Bundesvereinigung beigetragen. „Udo Thomas
ist ein ausgewiesener Fachexperte für alle
baulichen und technischen Sicherheitsanforde-
rungen, die für die Geld- und Wertdienstleis-
tungsbranche von Bedeutung sind“, so Mewes.
Auf sein Engagement gehe die Einführung zahl-
reicher Sicherheitsmaßnahmen und -systeme
in den Sicherheitsvorschriften der Bundesver-
einigung zurück. Hervorzuheben sei die Einfüh-
rung der sogenannten Werteraumsicherung in
Geldtransportfahrzeugen vor fast 15 Jahren.
Gemeinsam mit Vertretern aus den Sachversi-
cherungsunternehmen, der Berufsgenossen-
schaft und den anderen Sicherheitsbeauftragten
habe er in den letzten 25 Jahren dazu beige-
tragen, dass deutsche Geldtransporte die mit
Abstand sichersten in Europa sind, so Mewes
abschließend. <
BDGW wählt neuen Vorstand
Michael Mewes erneut wiedergewählt
BDGW dankt Udo Thomas
Der neugewählte Vorstand der BDGW (vl.): Uwe Wendorf, Dr. Markus Lehnert, Ingo Hartmann, Dr. Harald
Olschok (Hauptgeschäftsführer), Michael Mewes (Vorsitzender), Wolf-Rüdiger Wirth, Andreas Paulick
(Geschäftsführer) und Hans-Jörg Hisam. Nicht auf dem Bild: Heath White
Udo Thomas
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3 | 2018DER SICHERHEITSDIENST
LUFTSICHERHEIT
> Ein knappes Jahr nachdem der Bundes-
verband der Luftsicherheitsunternehmen in
Berlin ins Leben gerufen wurde, möchte ich
einen Einblick in die bisherigen Aktivitäten und
Entwicklungen des Verbandes geben.
Der Luftverkehr ist einer der sensibelsten
Bereiche kritischer Infrastrukturen. Sein sicherer
und zuverlässiger Betrieb ist ein unverzicht-
barer Baustein für den wirtschaftlichen Erfolg
unseres Landes. Die Beschäftigten der privaten
Luftsicher heitsunternehmen kontrollieren jedes
Jahr über 223 Millionen Passagiere und 4,6 Milli-
onen Tonnen Luftfracht sowie hunderttausende
Beschäftigte an den deutschen Flughäfen - und
das mit stetig steigender Tendenz.
Der BDLS ist im Herbst letzten Jahres mit
23 Unternehmen gestartet und kann schon
jetzt einen nennenswerten Mitgliederzuwachs
verzeichnen. Mit Stand August 2018 sind 30
Unternehmen Mitglied im Verband – dies ist eine
beachtliche Entwicklung. Die Luftsicherheits-
unternehmen an den Flughäfen in Deutschland
beschäftigen bundesweit rund 23.000 Sicher-
heitsmitarbeiterinnen und -mitarbeiter. Im Jahr
2017 wurde dabei ein Umsatz von ca. 840 Milli-
onen Euro erzielt. Die im BDLS organisierten
Unternehmen erwirtschaften mit ca. 650 Millio-
nen Euro einen Marktanteil von ca. 78 Prozent.
Sie beschäftigen rund 15.000 Sicherheitsmit-
arbeiterinnen und -mitarbeiter in den Bereichen
§§ 5, 8, 9 und 9a Luftsicherheitsgesetz (LuftSiG)
sowie bei Servicedienstleistungen. Rund 8.700
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind als
Luftsicher heitsassistentinnen und -assistenten
beschäftigt, etwa 5.000 als Luftsicherheits-
kontrollkräfte, und rund 1.300 Kräfte sind mit
Servicetätigkeiten befasst.
Da sich die Aufgabenerfüllung in der Luft-
sicherheit in vielen Aspekten deutlich von den
anderen Tätigkeitsbereichen der privaten Sicher-
heitsdienstleistung unterscheidet, hat sich der
BDLS zum Ziel gesetzt, die speziellen Belange des
Branchensegmentes zu vertreten und als Stimme
der Luftsicherheitsunternehmen zu fungieren.
Neben der Formulierung und Durchsetzung der
wirtschaftlichen und wirtschafts politischen Inte-
ressen der Mitgliedsunternehmen, kommt der
Vertretung der fachlichen Interessen der Unter-
nehmen auf nationaler und europäischer Ebene
eine ebenso große Bedeutung zu. In vielen Gesprä-
chen mit anderen Verbänden der Luftverkehrs-
wirtschaft, in Ministerien und mit Behördenver-
tretern in den vergangenen zwölf Monaten wurde
deutlich, dass der Verband mit der Neugründung
den richtigen Weg gegangen ist. Einhellig wurde
auch bestätigt, dass sich das Modell der Privati-
sierung seit vielen Jahren eindrucksvoll bewährt
hat. Gleichwohl gibt es viele Bereiche und Aspekte
in diesem hochkomplexen Tätigkeitsfeld, die einer
kontinuierlichen und konsequenten Verbesserung
bedürfen.
Neben den wirtschaftspolitischen und fach-
lichen Aspekten übernimmt der BDLS in seiner
Funktion als Arbeitgeberverband auch die tarif-
politischen Belange der Mitgliedsunternehmen
– beispielsweise die Koordinierung der Tarifver-
handlungen, den Abschluss von Tarifverträgen
und gegebenenfalls die Beantragung von Allge-
meinverbindlichkeitserklärungen.
Bezüglich der Erreichung der fachlichen Ziele
haben sich die Verbandsmitglieder konkrete
Ziele gesteckt, um aktiv an der Optimierung der
Luftsicherheit mitzuarbeiten. Hierzu gehören
u. a. die Vereinheitlichung und Vereinfachung
der gesetzlichen und behördlichen Rege-
lungen im Bereich der Luftsicherheit – sowohl
im Hinblick auf Zuständigkeitsregelungen als
auch auf Verfahren, die Erarbeitung einheitlicher
nationaler und europäischer Standards für den
Aufgabenvollzug, eine verbindliche Festlegung
dieser Standards durch entsprechende Normen
und Zertifikate sowie die Vereinheitlichung
aller Schulungs-, Prüfungs- und Auditierungs-
verfahren. Vor allem aber setzt sich der BDLS
für die ständige Weiterentwicklung der Kontroll-
verfahren, insbesondere unter Berücksichtigung
der Entwicklungen in der Sicherheits-, Überprü-
fungs- und Kontrolltechnik, sowie der Möglich-
keiten, die sich aus der zunehmenden Digitali-
sierung ergeben, ein.
Ein Jahr BDLS –
Rückblick und Ausblick
Von Udo Hansen
UDO HANSEN
ist Präsident des BDLS
Bundesverband der Luft-
sicherheitsunternehmen.
45
3 | 2018 DER SICHERHEITSDIENST
LUFTSICHERHEIT
Um die angestrebten Ziele zu erreichen,
hat der BDLS in den ersten zwölf Monaten
seit seiner Gründung zahlreiche Arbeits-
kreise und Arbeitsgruppen ins Leben
gerufen. Beispielsweise beschäftigt sich
der Arbeitskreis „Fracht“, unter Leitung
von Peter Haller, Vizepräsident des BDLS
und Geschäftsführender Gesellschafter
der Allservice Sicherheitsdienste GmbH,
mit den Problemen und Belangen der
Tätigkeiten im gesamten Fracht bereich
der Flughäfen und den damit verbundenen
Vorgängen. Hierbei wird ein regelmä-
ßiger Kontakt zum Luftfahrtbundesamt als
zuständiger Behörde gepflegt. Ein weiterer
ständiger Arbeitskreis ist der AK „Weiter-
entwicklung der Dienstleistungen im
Bereich der Luftsicherheit“. Als Sprecher
wurde Oliver Damer, Geschäftsführer der
I-SEC Nord GmbH, gewählt. Die stetig stei-
genden Anforderungen in der Luftsicher-
heit bringen es mit sich, dass sich auch
die Dienstleister den Veränderungen
anpassen müssen. Innovative Ideen, insbe-
sondere im Hinblick auf Effizienz und die
Servicequalität für Reisende, stehen dabei
im Fokus dieses Arbeitskreises. Daneben
wurden weitere Arbeitsgruppen gegrün-
det, die sich mit sehr konkreten Einzel-
projekten befassen. Beispielsweise erar-
beitet die Arbeitsgruppe „Gütesiegel“
unter meiner Leitung ein branchenspezi-
fisches Qualitäts siegel. Die Arbeitsgruppe
„Verhaltenskodex“, unter Führung der
Leiterin Verbandskommunikation, Silke
Wollmann, befasst sich mit vereinbarten
Grundsätzen des Zusammenarbeitens,
insbesondere in Konkurrenz- oder Wett -
bewerbssituationen. Die von unserer
Geschäftsführerin Cornelia Okpara beglei-
tete Arbeitsgruppe „Entwicklung standar-
disierter Ausschreibungs verfahren /stan-
dardisierter Verträge“ bemüht sich um eine
erhöhte Transparenz der Branche. In allen
Arbeitskreisen und Arbeitsgruppen sind,
neben den BDLS-Mitgliedsunter nehmen,
auch die anderen Verbände der Luftver-
kehrswirtschaft, Ministerien, Behörden
und Bundespolizei zur Teilnahme einge-
laden. Die genannten Gremien haben ihre
Tätigkeiten bereits aufgenommen und
planen, erste Ergebnisse zum Jahres-
ende vorzulegen. Mit den Ergebnissen
dieser Arbeitsgruppen und -kreise wollen
wir unseren Beitrag zur Neustrukturie-
rung und Optimierung der Luftsicherheit
leisten.
Diese Neustrukturierung ist aus Sicht des
BDLS dringend erforderlich. Hierzu gibt es
gerade in letzter Zeit sehr viele Beiträge
unterschiedlichster Qualität und aus den
unterschiedlichsten Richtungen. Bei all
diesen Überlegungen und Diskussionen
darf jedoch nicht vergessen werden, dass
alle Optimierungsmaßnahmen sowohl
einen tatsächlichen Mehrwert für die
Sicherheit und eine Erleichterung für
die Passagiere sowie andere betroffene
Parteien erzielen müssen. Individuelle
Interessen haben sich diesen Gesamtzielen
unterzuordnen. Daher sind reine Schuld-
zuweisungen zwischen den unterschied-
lichen Akteuren keinesfalls zielführend. <
> BDLS-Präsident Udo Hansen überreichte dem Vorsitzenden
der Bundespolizei-Stiftung, Sven Hüber, einen Scheck in Höhe von
5.000 Euro. Die Bundespolizei-Stiftung leistet im Ernstfall unbüro-
kratische, praktische Hilfe, die von offizieller Seite oftmals nicht
gewährt wird: Hilfe bei Gesundheitsschädigungen, Notlagen und –
wenn es ganz schlimm kommt – für die Hinterbliebenen.
Wenn auch Sie die Bundespolizei-Stiftung unterstützen möchten,
spenden Sie an:
Bundespolizei-Stiftung
Sparda-Bank West eG
IBAN: DE51 3706 0590 0000 6836 80
BIC: GENODED1SPK <
BDLS spendet 5.000 Euro an Bundespolizei-Stiftung
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3 | 2018DER SICHERHEITSDIENST
AUS- UND WEITERBILDUNG
> Mehr Aufgaben, anspruchsvollere
umfassendere Dienstleistungen und daraus
erwachsende neue Spezialisierungs erwar-
tungen – kaum eine Branche hat sich so
stürmisch fortentwickelt wie die gewerb-
liche und die betriebliche Sicherheit.
Früher überwiegend dem Schutz privaten
Eigentums dienend, ist sie heute zu einer
festen und unverzichtbaren Komponente
der deutschen Sicherheitsarchitek tur
geworden. Mit dieser Entwicklung hat
auch die berufliche Aus- und Weiterbil-
dung auf geradezu beispielhafte Weise
Schritt gehalten. Im gleichen Maße, wie
in den vergangenen Jahren die Bedeutung
und der Umfang des privaten Sicherheits-
gewerbes gewachsen sind, hat sich auch
die berufliche Qualifizierung verändert.
Ein plakatives Beispiel dafür ist, dass die
Wissenschaft längst Einzug in die Ausbil-
dungsgänge der gewerblichen/betrieb-
lichen Sicherheit gehalten hat. Akade-
mische Grade sind für Experten dieser
Tätigkeitsfelder Sicherheit schon längst
keine Besonderheit mehr. Studierte Fach-
leute gab es zwar früher schon, doch
stammten diese aus anderen Studienrich-
tungen, beispielsweise aus den Rechts-
oder Wirtschaftswissenschaften. Es ist als
Durchbruch zu betrachten, dass es schon
seit Jahren „passgenaue“ Sicherheitsma-
nagement-Studiengänge gibt. Zumal quasi
bei null angefangen werden musste, denn
im Gegensatz zu anderen Berufsfeldern
gab es in puncto Sicherheitsmanagement
kaum Vorgängerinstitutionen, auf die
zurück gegriffen werden konnte.
Ein Meilenstein für die Entwicklung
dieser neuen Studienangebote war die
Etablierung des sogenannten Bologna-
Prozesses im Hochschulwesen, der Anfang
der 2000er-Jahre zu einer neuen Vielfalt
an unterschiedlichsten Studienangeboten
führte. Dabei soll aber auch nicht uner-
wähnt bleiben, dass es schon im Verlauf
der 1990er Jahre eine verstärkte Netz-
werkbildung von Sicherheitsbeauftrag-
ten aus Unternehmen gab, die auch die
Verbindung zu Hochschulen einschloss.
Beispiele hierfür sind Veranstaltungen
der Uni Lüneburg oder die Gründung der
Forschungsstelle Sicherheitsgewerbe im
Jahr 1999 an der Universität Hamburg.
Bei einem Blick auf die unterschied-
lichen Studienangebote lassen sich heute
grundsätzlich zwei Schwerpunktsetzungen
unterscheiden. Auf der einen Seite finden
sich Studiengänge, deren Studieninhalte
ein eher generalistisches Studium unter-
schiedlicher Aspekte des Sicherheits-
managements bieten. Auf der anderen
Seite stehen Studiengänge, die sich auf
bestimmte Aspekte – zum Beispiel Sicher-
heitstechnik, Katastrophenschutz, Arbeits-
schutz oder Compliance – konzentrieren.
Eine weitere Unterscheidung kann
hinsichtlich des Studienabschlusses
getroffen werden. Hier stehen Bachelor-
abschlüsse, die als erster berufsqualifi-
zie render Abschluss den Einstieg in
das Berufsleben ermöglichen, neben
Masterabschlüssen, die eine fachspezi-
fische Weiterqualifizierung beinhalten.
Sicherheitsmanagement an der
Northern Business School
Der Studiengang Sicherheitsmanage-
ment an der Northern Business School in
Hamburg steht beispielhaft für die Entwick-
lung der akademischen Angebote für das
Sicherheitsgewerbe. Seine Ursprünge
gehen auf ein Studienangebot der dama-
ligen Hochschule der Polizei in Hamburg
zurück, die wie in anderen Bundesländern
gemeinsam mit der Sicherheitswirtschaft
nach Möglichkeiten suchte, nicht zuletzt im
Hinblick auf die alltäglichen Kooperations-
erfordernisse eine gemeinsame Qualifi-
zierungsmöglichkeit für künftige Verant-
wortungsträger im Sicherheitsgewerbe zu
entwickeln. Infolge einer Umstrukturie rung
der polizeilichen Bildungseinrichtungen
wird der Studiengang seit 2014 durch die
staatlich anerkannte NBS Hochschule für
Mehr Aufgaben, mehr Akademiker
Weshalb es gut und richtig ist, dass die Wissenschaft Einzug in die
berufliche Qualifizierung der privaten Sicherheit gehalten hat
Von Klaus Henning Glitza, Prof. Dr. Wilma Merkel und Prof. Dr. André Röhl
Keine überfüllten Hörsäle, keine Massenvorlesungen: Blick in den Vorlesungssaal der Northern Business
School – Hochschule für Sicherheit und Management. Foto: NBS
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3 | 2018 DER SICHERHEITSDIENST
AUS- UND WEITERBILDUNG
KLAUS HENNING GLITZA
ist ehemaliger Redakteur der Hanno-
verschen Allgemeinen Zeitung, Träger
des Deutschen Förderpreises Kriminal-
prävention (Stiftung Kriminalprävention,
Münster) und seit 2003 als Fachjournalist
für Sicherheitsfragen tätig.
PROF. DR. WILMA MERKEL
war als Leiterin eines Zentrums für
akademische Weiterbildung im Security
Management eine Vorreiterin der Positio-
nierung dieses Themenfeldes an deut-
schen Hochschulen. Als Research Fellow
der NBS arbeitet sie gemeinsam mit Prof.
Röhl an einem Forschungsprojekt.
PROF. DR. ANDRÉ RÖHL
ist seit 1. März 2017 als Nachfolger von
Prof. Dr. Reimer Eggers Studiengangs-
leiter für Sicherheitsmanagement an
der NBS tätig. Vor seiner Professur
war der ehemalige Marineoffizier unter
anderem als Referent im Innenausschuss
und im Inneren Dienst des Landtages
Mecklenburg-Vorpommern sowie als
Unter nehmensberater tätig.
Management und Sicherheit als staat-
lich akkreditierter Bachelor-Studiengang
weitergeführt, wobei es weiterhin eine
enge Zusammenarbeit mit der jetzigen
Akademie der Polizei auf der einen wie mit
der Sicherheitswirtschaft auf der anderen
Seite gibt. Sowohl die Polizei Hamburg als
auch unterschiedliche Sicherheitsdienst-
leistungsunternehmen, Hersteller von
Sicherheitstechnik und Konzernsicher-
heitsabteilungen haben Vertreter in einen
Beirat entsandt, der die Entwicklung des
Studienganges begleitet und fördert.
Derzeit gibt es rund 100 Studierende im
Studiengang Sicherheitsmanagement, von
denen die ersten erfolgreich ihren Ab -
schluss und den Einstieg ins Berufs leben
absolviert haben.
Der Studiengang ist generalistisch
angelegt und vermittelt neben unter-
schiedlichen Themen des Sicherheits-
managements – von Arbeitsschutz über
Informationssicherheit, Kriminal wissen-
schaften, Konzernsicherheit oder Krisen-
management – auch allgemeine betriebs-
wirtschaftliche Managementkenntnisse
– z. B. Controlling oder Rechnungswe-
sen – sowie soziale Kompetenzen wie
den Umgang mit Belastungen oder das
Führen von Mitarbeitern. Hinzu kommen
grundlegende Themenstellungen wie etwa
wissenschaftliches Arbeiten oder Stati-
stik. Eine Besonderheit besteht darin,
dass der Studiengang in zwei unterschied-
lichen Zeitmodellen angeboten wird. Die
Studierenden haben die Möglichkeit,
sich zwischen einem klassischen Voll-
zeitstudium und einem Teilzeitstudium
zu entscheiden und können dabei auch
beide Zeitmodelle kombinieren. Damit
soll insbesondere Studieninteressierten,
die bereits im Sicherheitsgewerbe tätig
sind, die Möglichkeit geboten werden,
berufsbegleitend zu studieren. Berufliche
Erfahrungen und Qualifizierungen können
zudem zu einer Reduzierung der Pflicht-
module führen, wenn sie inhaltlich mit den
formulierten Modulzielen übereinstimmen.
Nach Erfahrungen aus den bereits
absolvierten und gegenwärtig laufenden
Studiengängen lassen sich die Studien-
interessenten heute grob in drei Gruppen
aufteilen: Neben Studierenden, die direkt
nach dem Abitur ihr Studium aufnehmen,
gibt es Studierende aus der Sicherheits-
wirtschaft, die über das Studium ihre
Karriereperspektiven verbessern wollen.
Hinzu kommen Zeitsoldaten der Bundes-
wehr, die die Möglichkeiten der Förderung
eines Studiums durch den Berufsförde-
rungsdienst wahrnehmen.
Aus Gesprächen mit Unternehmen lässt
sich feststellen, dass die Nachfrage nach
Sicherheitsmanagern stark steigt. Daraus
ergibt sich für die NBS die Herausfor-
derung, mehr Studieninteressierte, die
zwar alle schon einmal etwas von BWL
oder Jura gehört haben, aber noch nie
etwas von Sicherheitsmanagement, für
die Inhalte und Perspektiven des Studien-
ganges zu begeistern, um auch perspek-
tivisch der Nachfrage der Unternehmen
entsprechen zu können.
CONRIS-Netzwerktreffen an der NBS. CONRIS ist ein Netzwerk internationaler Hochschulen, das sich der
Weiterentwicklung und Internationalisierung des Studienganges „Sicherheitsmanagement“ auf akade-
mischer Ebene widmet. Die NBS ist Mitglied des Netzwerks und war im Jahr 2016 Ausrichter des jährlich
stattfindenden CONRIS-Netzwerktreffens. Foto: NBS
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3 | 2018DER SICHERHEITSDIENST
AUS- UND WEITERBILDUNG
Perspektiven der akademischen
Ausbildung
Aus wissenschaftstheoretischer Sicht
kommt es in den nächsten Jahren darauf
an, die bestehenden Studienangebote zu
konsolidieren und im Sinne einer einheit-
lichen Disziplin stärker untereinander
zu vernetzen. Dass dies durchaus auch
eine praktische Relevanz hat, wird an der
Schnittstelle zwischen Forschung und
Praxis deutlich. Erst ein abgestimmtes
Verständnis von Definitionen und Bedarfen
aus Sicht der Sicherheit ermöglicht eine
zielgerichtete Forschung.
Forschungsthemen gibt es genug. Zum
einen spielt hier die relativ geringe Dauer
der wissenschaftlichen Befassung aus
Blick des Sicherheitsmanagements eine
Rolle, wodurch im Vergleich zu anderen
Forschungsfeldern ein gewisser Nach-
holbedarf besteht. Zum anderen verän-
dern sich Möglichkeiten und Herausforde-
rungen mit einer großen Geschwindigkeit,
wodurch neues Forschungsinteresse
entsteht.
Beispielhaft hierfür ist der Bereich der
Wirtschaftskriminalität. Vorhandene Lage-
bilder können jeweils nur Teile dieses
Deliktfeldes beschreiben oder erklären.
Hinzu kommt die Verknüpfung von tech-
nischen Entwicklungen etwa im Cyber-
umfeld mit klassischem konspirativem
Verhalten gegenüber Personen, wie sie
sich etwa in der Begehung von CEO-Fraud
wiederfindet. Für Lehre und Forschung
kommt es darauf an, durch zeitnahe
Auswertung verfügbarer Lagebilder und
durch engen Kontakt mit der Praxis früh-
zeitig Entwicklungen zu erkennen und
Erkenntnislücken zu schließen. Ziel sollte
neben der Wissensvermittlung dabei auch
das kritische Hinterfragen bestehender
Modelle und Definitionen sein.
Mit der Frage, welche Anforderungen
künftig auf Sicherheitsmanager zukom-
men und welche Themen entsprechend
verstärkt auch innerhalb von Studien-
gängen Berücksichtigung finden sollten,
befasst sich die Studie „Stellenforecast
Sicherheitsmanagement 2018“, die gemein-
sam von der Northern Business School und
dem Unternehmen HRForecast erstellt
wurde. Im Mittelpunkt der Studie stehen
weltweite Big Data-Analysen von Stellen-
anzeigen mit Bezug zum Sicherheits-
management sowie Patentanmeldungen
im Bereich der Sicherheitstechnik. Dabei
werden über künstliche Intelligenzen
große Datenmengen zu den spezifischen
Themenbereichen erfasst, strukturiert und
systematisch ausgewertet. Die grundsätz-
liche Annahme ist, dass aktuelle Stellen-
Feierliche Eröffnung des Wintersemesters 2017/18 der NBS Northern Business School an der Helmut-Schmidt-Universität in Hamburg. Foto: NBS
Im Jahr 2017 erhielten Studierende des Studienganges „Sicherheitsmanagement (B.A.)“ an der NBS die
Möglichkeit, eine Evakuierungsübung auf dem weitläufigen Gelände der Otto Group in Hamburg abzuhalten.
Foto: NBS
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3 | 2018 DER SICHERHEITSDIENST
AUS- UND WEITERBILDUNG
anzeigen kurz- und mittelfristig relevante
Anforderungen an Sicherheitsmanager,
Patentanmeldungen langfristig wirksame
Anforderungen an Sicherheitsmanager
widerspiegeln. Insgesamt wurden welt-
weit 500 Stellenportale und sechs globale
Patentdatenbanken ausgewertet.
Aus der Verknüpfung der Inhalte der
analysierten Stellenangebote wurden fünf
typische Stellenprofile für das Sicher-
heitsmanagement abgeleitet. Neben Risk
Management und Safety sind dies Crime
Detection und Forensics, Protection und
Surveillance sowie Audits und Prevention,
denen dann jeweils weitere Merkmale
zugeordnet werden konnten. Klar domi-
nierend waren jedoch Stellenanzeigen
zum Thema Cyber Security, deren Anzahl
die der fünf benannten Kategorien um
ein Vielfaches überstieg. Für die Autoren
ergibt sich daraus die Frage, wie in einem
genera listischen Sicherheitsmanagement-
studien gang damit umzugehen sei.
Empfehlung der Autoren ist, hier
tatsächlich klar zwischen einer Speziali-
sierung im Themenfeld Cyber Security
und den eher klassischen Stellenpro-
filen des Sicherheits managements zu
unterscheiden. Ein Sicherheitsmanager
sollte immer die Fähigkeit haben, mit IT -
Experten zusammenarbeiten und Cyber-
risiken zu berücksichtigen. Gleichzeitig
dürfen andere Studieninhalte aber nicht
überlagert werden.
Eine weitere Erkenntnis der Auswertung
der Stellenprofile ist der große Einfluss
der rechtlichen Rahmenbedingungen auf
das Sicherheitsgewerbe. Insbesondere die
Frage nach behördlicher Aufgabenüber-
tragung könnte sich maßgeblich auf die
Anforderungen an das Sicherheitsge-
werbe auswirken. In diesem Zusammen-
hang verweisen die Autoren auf die von der
Großen Koalition in ihrem Koalitionsvertrag
formulierte Absicht, ein eigenes Gesetz für
das Sicherheitsgewerbe zu schaffen.
Eine weitaus größere Herausforderung
sehen die Autoren aber infolge der tech-
nischen Entwicklung. Seit dem Jahr 2010
sei die Anzahl der Patentregistrierungen
mit einem Bezug zum Sicherheitsmanage-
ment drastisch angestiegen. Selbst wenn
nicht alle der angemeldeten Patente
Markt reife erreichen würden, entstehe
doch aus der Gesamtzahl neuer Lösungen
zur Sicherheitstechnik ein erheblicher
Innova tionsdruck, der sich auch in neuen,
integrierten Sicherheitskonzepten nieder-
schlagen werde. Hierauf müssten künftige
Sicherheitsmanager besonders vorbereitet
werden.
Weshalb Sicherheitsmanagement
studieren?
Gründe für ein professionelles Sicher-
heitsmanagement gibt es viele. Neben der
Vermeidung unmittelbarer Schäden durch
entsprechende Maßnahmen im Safety-
und Security-Bereich spielt hier auch die
gestiegene Bedeutung der verlässlichen
Leistungserbringung in Unternehmen eine
Rolle. Auch hier kann das Sicherheitsma-
nagement mittelbar zur Verringerung von
Kosten beitragen, wenn Ausfälle verringert
und Kontinuität gewährleistet wird.
Trotz aller technologischen Entwick-
lung ist Sicherheit daher keine rein tech-
nische oder ausschließlich auf Standar-
disierung beruhende Aufgabe. Vielmehr
hat sich Sicherheitsmanagement in
vielen Unternehmen zu einer Manage-
ment- und Governancefunktion entwi-
ckelt, die Potenziale schützt, Geschäfte
ermöglicht und Risikobewusstsein für die
strategische Ausrichtung schafft. Dies
kann weder durch Technik noch durch
behördliche Sicherheitsakteure umge-
setzt werden. Die Bedeutung des Sicher-
heitsmanagements als Studienfachrich-
tung mit den unterschiedlichsten Facetten
dürfte daher in den nächsten Jahren weiter
zunehmen. Dabei sind Interdisziplinarität,
rationale Problemorientierung und die
Verknüpfung von strategischen und opera-
tiven Erwägungen nur einige Aspekte,
die den besonderen Reiz des Berufsfeld
Sicherheits management ausmachen.
Nähere Informationen zum Studiengang
Sicherheitsmanagement an der Northern
Business School Hamburg erhalten Sie
unter www.nbs.de oder 040 35 700 340. <
Beim jährlich an der NBS stattfindenden „Forum Sicherheit“ referieren diverse Fachvertreter zu aktuellen Themen der Sicherheitsbranche und stehen den teil-
nehmenden Studierenden zum anschließenden Networking zur Verfügung. Foto: NBS
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3 | 2018DER SICHERHEITSDIENST
> Sozialer Dialog:
Themen auf europäischer Ebene
Auf der letzten Sitzung des Sozialen Dialogs
am 18. Mai in Brüssel wurden insbesondere
zwei Projekte der EU diskutiert. Zum einen
der Vorschlag für eine Richtlinie des Europä-
ischen Parlaments und des Rates über trans-
parente und verlässliche Arbeitsbedingungen
in der Europäischen Union. Es handelt sich
quasi um die Fortführung der „Richtlinie über
die Pflicht des Arbeitgebers zur Unterrichtung
des Arbeitnehmers über die für seinen Arbeits-
vertrag oder sein Arbeitsverhältnis geltenden
Bedingungen“, die in Deutschland durch das
Gesetz über den Nachweis der für ein Arbeits-
verhältnis geltenden wesentlichen Bedingungen
(Nachweisgesetz) umgesetzt wurde. Die neue
Richtlinie soll sichere und verlässliche Beschäf-
tigung fördern und gleichzeitig die Anpassungs-
fähigkeit des Arbeitsmarktes erhalten und die
Lebens- und Arbeits bedingungen verbessern.
Um dieses Ziel zu erreichen, sollen der Zugang
der Arbeit nehmerinnen und Arbeitnehmer zu
Informationen betreffend ihre Arbeitsbedin-
gungen erleichtert und die Arbeitsbedingungen
für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitneh-
mer, vor allem für die in neuen und atypischen
Beschäftigungsverhältnissen Tätigen, unter
Wahrung eines Spielraums für Anpassungs-
fähigkeit und Innovation am Arbeitsmarkt
verbessert werden. Darüber hinaus soll auch
die Einhaltung der Normen für die Arbeitsbedin-
gungen durch verstärkte Durchsetzung verbes-
sert werden. Schließlich soll eine größere Trans-
parenz am Arbeitsmarkt unter Vermeidung
unnötigen Aufwands für Unternehmen jeder
Größe erreicht werden.
Zum anderen wurde unter dem Titel „Buying
Social“ ein an öffentliche Auftraggeber gerich-
teter Leitfaden der Generaldirektion für Arbeit,
Soziales und Gleichstellung der Europäischen
Kommission vorgestellt. Dieser Leitfaden soll
es den öffentlichen Auftraggebern ermöglichen,
bei der Vergabe öffentlicher Aufträge soziale
Gesichtspunkte in das öffentliche Beschaffungs-
wesen zu integrieren, wobei gleichzeitig ein
gleichberechtigter Zugang für alle interessierten
europäischen Bieter und eine effiziente Verwen-
dung öffentlicher Gelder gewährleistet wird.
Darüber hinaus wurde über den Stand der
Europäischen Gesetzgebung in Bezug auf
den Einsatz von Drohnen, die Entwicklungen
bei der Bargeldnutzung in den Europäischen
Ländern und verschiedene europäische Projekte
informiert.
Securitas: Überlegungen zum Sicherheits-
dienstleistung der Zukunft
Auf der Webseite www.securitasfuturelab.com
teilt die Firma Securitas ihre Überlegungen und
Ideen zur Zukunft der Sicherheitsdienst leis-
tung auf internationaler Ebene mit. Unter Über-
schriften wie „The New Face of Security“ wird
dargestellt, wie die Kombination aus personeller
Sicherheitsdienstleistung und Sicherheitstech-
nik eingesetzt werden kann, um das Sicherheits-
bedürfnis der Kunden nach Meinung des Unter-
nehmens optimal zu befriedigen. Hierzu müssten
die Mitarbeiter Hand in Hand mit Datenexperten
und Statistikern arbeiten.
Auf der Webpräsenz werden beispielsweise
Lichttechnik und Beleuchtung, Digitalisierung
und Datenanalyse, Technikeinsatz beim Brand-
schutz, Kameraeinsätze in Kombination mit
Sensorentechnologie, Warenschutztechnologie
im Handel und Drohneneinsätze thematisiert
und dargestellt.
USA: Sicherheitskonzept für Krankenhäuser
Auch in den USA wird aggressives Verhalten in
Krankenhäusern und Gesundheitseinrichtungen
zunehmend zum Problem. Neben Bedrohungen
des Personals werden in vermehrtem Maße
Drogen- und Diebstahlsdelikte sowie Probleme
mit Gangs registriert. Auch Verstöße gegen
Datenschutzregelungen – sowohl in Bezug auf
personenbezogene als auch auf gesundheits-
bezogene Daten – sind ein Thema.
Internationale Neuigkeiten
Von Ass. jur. Martin Hildebrandt
ASS. JUR.
MARTIN HILDEBRANDT
ist stv. Geschäftsführer des
BDSW Bundesverband der
Sicherheitswirtschaft.
INTERNATIONALES
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3 | 2018 DER SICHERHEITSDIENST
Bei der Bekämpfung dieser Bedro-
hungen stehen die Institutionen dabei vor
dem Dilemma, dass einerseits Sicher-
heitsmaßnahmen dringend notwendig
sind, andererseits die offene, freundliche
Atmosphäre nicht beeinträchtigt werden
soll, um das Wohlbefinden der Patienten
möglich wenig zu beeinträchtigen.
Die Firma G4S in Palm Beach Gardens,
Florida, hat in diesem Zusammenhang
ein Sicherheitskonzept für ein Kinder-
krankenhaus erarbeitet. Aufgabe war es,
potenzielle Sicherheitslücken zu identifi-
zieren und zu reduzieren, um das Risiko
für Patienten und Mitarbeiter zu mini-
mieren. Hierbei sollten unter Zugrunde-
legung vertretbarer Kosten die positive
Atmos phäre und das freundliche Umfeld
nicht beeinträchtigt werden. Bei der
Analyse wurde fest gestellt, dass es Mängel
im Zusammenhang mit der Zugangs-
kontrolle, der Bewachung von Patienten
und der Verwendung und Lagerung von
Patientendaten gab. Darüber hinaus war
das Verständnis für das Thema Gewalt am
Arbeitsplatz und Verhaltensweisen bei der
Bedrohung durch Amokläufer nur begrenzt
vorhanden. Das Unternehmen machte
daher Vorschläge, wie die Zugangskon-
trolle mit sehr geringem Kosteneinsatz
verbessert werden konnte. Es wurden auch
Empfehlungen zu einer Verbesserung der
Personalplanung gemacht, wobei durch
eine Erhöhung der Anzahl der Mitarbeiter
die Sicherheitslage verbessert und der
Betrieb der Sicherheitszentrale effizienter
gestaltet werden konnte. Dadurch können
Sicherheitsrisiken früher erkannt werden,
wobei die Zugangskontrolle weiterhin
durchgeführt wird und der Schutz von
Gästen, Personal und Patienten gewähr-
leitet bleibt.
Im Zeitraum der Durchführung der
Risiko analyse kam es tatsächlich zu einem
Zwischenfall, bei dem der Anschein eines
Amoklaufs bestand, der sich aber als
falscher Alarm herausstellte. Dadurch
wurde aber deutlich, wie notwendig und
richtig die Ergebnisse der Arbeit der
Experten waren.
Da sich die Analyse von G4S als erfolg-
reich herausstellte, wurde das Unterneh-
men beauftragt, auch in zehn weiteren
Gesundheitseinrichtungen tätig zu werden.
Auch hier konnten Schwachstellen auf ge-
deckt und die Sicherheitslage verbessert
werden. <
INTERNATIONALES
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3 | 2018DER SICHERHEITSDIENST
SICHERHEITSFORSCHUNG
> 7. Sicherheitsforum – HWR Berlin
Am 4. Mai 2018 fand zum siebten Mal das
Sicherheitsforum an der Hochschule für Wirt-
schaft und Recht (HWR) in Berlin statt. Die
Veranstaltung stand dieses Jahr unter dem
Titel „(Groß-)Veranstaltungen in Zeiten des
Terrorismus“. Vertreter der Sicherheitswirt-
schaft, der Polizei und der Wissenschaft refe-
rierten in diesem Zusammenhang über die aktu-
elle Bedrohungslage und die daraus folgenden
Konsequenzen für das Handeln von Polizei und
privaten Sicherheitsdiensten. Ein besonderer
Schwerpunkt lag dabei auch auf dem Thema
Crowd Management.
Neue Herausforderungen für die
Veranstaltungssicherheit
Zum Auftakt trug Sabine Funk (Geschäfts-
führerin, IBIT GmbH) zu den „Anforde-
rungen an eine moderne Sicherheitsplanung“
vor. Diese hätten sich, z. B. hinsichtlich der
Organisation von Einlassprozessen, grundsätz-
lich nicht verändert. Anders verhalte es sich
aber in Bezug auf die Herausforderungen für
die Veranstaltungs sicherheit. Funk erinnerte
an einzelne Anschläge der vergangenen Jahre
und fasste die daraus gewonnenen Erkennt-
nisse zusammen. So müsse man nun im öffent-
lichen Raum mit Anschlägen rechnen, bei denen
Attentäter Fahrzeuge als Waffe einsetzen (Nizza,
Berlin). Veranstalter könnten zudem nicht mehr
ausschließen, dass auch verhältnismäßig kleine
Veranstaltungsräume (Bataclan, Paris) und
Orte (Ansbach) zum Ziel terroristischer Angriffe
werden, ebenso wie die Auslassbereiche von
Veranstaltungen (Manchester).
Polizeiliche Maßnahmen der Terrorabwehr
und Crowd Management
Mario Hornig (Leiter Einsatzkräftesteuerung
Direktion Einsatz, Polizei Berlin) erläuterte
anschließend, wie sich die Polizei diesen Heraus-
forderungen stellt. Er wies zunächst auf die hohe
Anzahl von Veranstaltungen unterschiedlichs-
ter Größe hin, mit der die Berliner Polizei täglich
konfrontiert sei. Durchschnittlich handelte es
sich dabei von 2015 – 2017 um 47 Einsätze pro
Tag (inkl. kleiner Streifendienste). Großveranstal-
tungen früherer Jahrzehnte mit hunderttausen-
den Besuchern seien dabei deutlich friedlicher
verlaufen als Veranstaltungen heute. Hornig
ging anschließend näher auf einzelne Abwehr-
maßnahmen ein, die von der Polizei angesichts
der gegenwärtigen terroristischen Gefahren
getroffen werden. Dazu zählen der Einsatz von
Videotechnik sowie von mobilen und statio-
nären Sperren, mit denen im Ernstfall Fahrzeuge
gestoppt werden sollen. Abschließend stellte
Hornig dar, wie mithilfe des Crowd Manage-
ments die Sicherheit von Veranstaltungen, neben
den beschriebenen Maßnahmen der polizeilichen
Terrorabwehr, gestärkt werden kann.
Marcel Altenburg (Enterprise Delivery Fellow,
Manchester Metropolitan University) beschrieb
anschließend detailliert die einzelnen Schritte
bei der Prognose von Besucherströmen.
Wesentliche Fragen bezüglich route, area,
movements und people seien dabei: Aus welcher
Richtung, wie bzw. mit welchen Verkehrsmitteln
und wann reisen die Besucher einer Veranstal-
tung an? Reichen die vorgesehenen Flächen
für die erwarteten Besuchermassen aus? Wie
bewegen sich die Besucher im Laufe der Veran-
staltung voraussichtlich? Welches Publikum ist
zu erwarten? Handelt es sich um Besucher eines
Volksfestes oder eines Rockkonzerts? Altenburg
illustrierte seine Ausführungen mit zwei Bei -
spielen aus der Praxis, der Vereidigung von
Donald Trump zum US-Präsidenten sowie dem
Women’s March im Januar 2017.
Grenzen der Sicherheitsgewährleistung bei
Veranstaltungen und Handlungsbedarfe
aus der Sicht privater Sicherheitsdienste
Die Vorträge von Marc Wohlrabe (Vorstand
und Co-Gründer Clubkommission Berlin) und
Arne Fritsche (Geschäftsführer, PTB Sicher-
heitsmanagement GmbH) schlugen den Bogen
Wissenschaft und Praxis im Dialog zur
Sicherheitslage, Handlungsbedarfen
und Zukunftsthemen
Von Kirsten Wiegand
KIRSTEN WIEGAND
ist Referentin für
Sicherheitsforschung des
BDSW Bundesverband der
Sicherheitswirtschaft.
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3 | 2018 DER SICHERHEITSDIENST
SICHERHEITSFORSCHUNG
von Washington, D. C. zurück nach Berlin.
Wohlrabe wies darauf hin, dass insbeson-
dere die Betreiber kleinerer Clubs oftmals
nicht über die finanziellen Ressourcen für
die Erstellung von Sicherheitskonzepten
verfügten. Fritsche erinnerte anschlie-
ßend an die Grenzen der Befugnisse von
Sicherheitsmitarbeitern bei Veranstal-
tungen im öffentlichen Raum. Er ging
auch auf die Qualifikation von Mitarbeitern
ein, die bei Veranstaltungen zur Erbrin-
gung von Sicherheitsdienstleistungen und
Ordnungsdiensten eingesetzt werden. So
werden veranstaltungsspezifische Qualifi-
zierungsinhalte im Rahmen der Wissens-
vermittlung nach § 34a Gewerbeordnung
(GewO) bekanntlich nicht vermittelt.
Fritsche verwies in diesem Zusammen-
hang noch einmal auf die Bemühungen
des BDSW, diesbezüglich ein einheitliches
Schulungskonzept aufzubauen. Auch die
geringen Zugangsvoraussetzungen zum
Sicherheitsgewerbe sowie Probleme
bei der Überprüfung der Zuverlässigkeit
von Mitarbeitern beleuchtete Fritsche
in seinem Beitrag. Diese und weitere
Themen beherrschten auch die Debatten
der FORSI-Konferenz Ende Mai.
18. FORSI Security Days –
Europa-Universität Viadrina
Vom 24. – 25. Mai 2018 trafen sich Wirt -
schaftsvertreter, Wissenschaftler, Politiker
und Behördenvertreter in Frankfurt (Oder)
zu den 18. FORSI1 Security Days. Mehrfach
würdigten die Redner die Bedeutung
der Veranstaltung, die vor 18 Jahren als
Sicherheitsgewerberechtstag in Hamburg
begründet wurde. Der Präsident der
Europa- Universität Viadrina, Prof. Dr.
Stephan Kudert, schloss sich dem schrift-
lichen Grußwort von Bundesinnenminister
Seehofer an und gratulierte zur „Volljährig-
keit“ der Tagung. BDSW-Präsident Gregor
Lehnert lobte in seiner Begrüßung den
Beitrag des FORSI dazu, dass heute auch
in der Öffentlichkeit die Akzeptanz dafür
geschaffen sei, dass der Staat zwar das
Gewalt-, aber nicht das alleinige Sicher-
heitsmonopol habe.
Qualität und Zuverlässigkeit privater
Sicherheitsdienstleister
Im Zusammenhang mit der aktuellen
Diskussion um ein eigenes Sicherheits-
gesetz für private Sicherheitsdienstleister
hob Lehnert anschließend einige der wich-
tigsten Positionen des Verbandes noch
einmal besonders hervor. Er wiederholte
Forderungen, die Hürden für den Gewerbe-
zugang zu erhöhen und für einzelne Auf-
gabengebiete spezialgesetzliche Rege-
lungen zu schaffen. Auch der Wunsch nach
einer stärkeren Gewichtung von Qualitäts-
gesichtspunkten gegenüber preislichen
Aspekten in öffentlichen Ausschreibungen
wurde von Lehnert bekräftigt. Insbeson-
dere dieser Punkt, wurde von den nach-
folgenden Rednern immer wieder aufge-
griffen. Marco Wilde (Geschäftsführer, GSE
Protect) verwies in diesem Zusammenhang
auch auf die Bedeutung von Verbandsmit-
gliedschaften und Zertifizierungen, die
einem Auftraggeber angesichts der Viel-
zahl der Unternehmen in Deutschland als
Ausweis für die Qualität eines Dienstleis-
ters dienen könnten. Das für Anfang 2019
geplante Bewacher register stand auch
immer wieder im Zentrum der Diskus-
sionen. Alle betroffenen Akteure äußerten
die Hoffnung auf wesentliche Erleichte-
rungen hinsichtlich des Verwaltungsauf-
wandes, insbesondere im Zusammenhang
mit den Zuverlässigkeitsüberprüfungen
von Sicherheitsmitarbeitern.
Sicherheitswirtschaft und Sicherheits-
forschung vor gemeinsamen Aufgaben
Beschlossen wurde der erste Tag mit
einer Panel-Diskussion unter dem Titel
„Neue Gefahren = neue Aufgaben für die
Sicherheitswirtschaft“. Einen besonderen
Schwerpunkt bildete dabei das Thema
Wirtschaftsschutz. Zwar sei die deutsche
Wirtschaft zunehmend für diese Proble-
matik sensibilisiert, aber nicht immer
würden daraus auch die entsprechenden
Konsequenzen für das eigene Unter-
nehmen gezogen und in die Sicherheit
angemessen investiert. Die Diskutanten
um Gregor Lehnert und Prof. Dr. Patrick
Sensburg, MdB, betonten angesichts dieser
1 FORSI: Forschungsinstitut für Compliance, Sicherheitswirtschaft und Unternehmenssicherheit, Europa-Universität Viadrina
BDSW-Präsident Gregor Lehnert begrüßt die Gäste
der FORSI Security Days
(vl.) Martin Hildebrandt (BDSW), Catherine Piana (CoESS) und Kirsten Wiegand (BDSW) auf den 18. FORSI
Security Days in Frankfurt (Oder)
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3 | 2018DER SICHERHEITSDIENST
SICHERHEITSFORSCHUNG
und weiterer neuer Bedrohungen noch
einmal die Relevanz der zivilen Sicherheits-
forschung und ihres Beitrags zur Bewälti-
gung dieser Gefahrenlagen. Dabei seien
auch die Kooperation und der Austausch
von Wissenschaft, Wirtschaft und der
Politik von entscheidender Bedeutung.
Geschäftsmodelle und Sicherheitsrisiken
im Digitalisierungszeitalter
Der zweite Konferenztag widmete sich
zunächst ganz den Themen „Big Data,
Digitalisierung und Cyber Security“. Bernd
Weiler (Leiter Kommunikation & Marke-
ting, Securitas) zeigte Möglichkeiten für
zukünftige Sicherheitsdienstleistungen auf,
die sich durch die Kombination und Analyse
einer Vielzahl von Daten ergeben könnten.
Auch die Mitarbeiter von Sicherheits-
dienstleistungsunternehmen müssten ent -
sprechend für den Umgang mit neuen
Technologien qualifiziert werden. Richard
Huber (Fraunhofer FOKUS) betonte noch
einmal die Bedeutung der Schaffung eines
entsprechenden Gefahrenbewusstseins
gegenüber Cyberangriffen. Er verdeutlichte
dabei, unter Einbeziehung des Publikums,
wie verwundbar jeder Einzelne für Attacken
aus dem Cyberraum immer noch ist.
Die Rahmenbedingungen für die Arbeit
privater Sicherheitsdienstleister in
Europa im Vergleich
Zum Abschluss der Tagung moderierte
Dr. Tim Stuchtey (Geschäftsführender
Direktor, BIGS) ein internationales Panel
mit Catherine Piana (Director General,
CoESS, Brüssel) und Prof. Mark Button
(Director of the Centre for Counter Fraud
Studies, Institute of Criminal Justice
Studies, University of Portsmouth) zur
Privatisierung von Sicherheit in Europa.
Wie bereits in der letzten Ausgabe
erwähnt, konnten so bisherige Erkennt -
nisse des OSiMa-Forschungsprojekts2 noch
einmal vertieft werden. Zunächst skizzierte
Mark Button die Entwicklung in Großbritan-
nien. So haben private Sicherheitsdienst-
leister dort mancherorts umfangreiche
Aufgaben von der Polizei übernommen.
Dazu zählen u. a. Tätigkeiten in Polizei-
dienststellen und der Transport von Gefan-
genen. Die Kosten für diese Aufgaben
seien dadurch deutlich gesunken. Ein
weiteres Phänomen sei, dass die Wirtschaft
(z. B. Versicherungen, Banken) zuneh-
mend private Ermittler engagiere, wenn
es um die Verfolgung von Betrugsdelikten
ginge. Die Polizei habe für entsprech ende
Ermittlungen oftmals keine ausreichenden
Ressourcen. Catherine Piana hob die
Diskussion anschließend noch einmal auf
die europäische Ebene. Zwar gebe es teil-
weise große Unterschiede in Bezug auf
die Arbeitsbedingungen der Sicherheits-
mitarbeiter und auf die jeweiligen natio-
nalen gesetzlichen Rahmenbedingungen,
die Gefahren, denen sich die Akteure
stellen müssten, seien jedoch dieselben.
In diesem Zusammenhang verwies Piana
u. a. auf die Auswirkungen der Flücht -
lingskrise, terroristische und Insider -
Bedrohungen. Am Ende ihres Beitrags
griff sie noch einmal die Eingangsthemen
der Konferenz auf. So ist es auch auf
europäischer Ebene ein großes Problem,
dass bei der Auftragsvergabe oftmals der
Preis und nicht die Qualität das entschei-
dende Kriterium ist. Dabei sind qualitativ
hochwertige Dienstleistungen von großer
Bedeutung für das in die Sicherheits-
dienstleister gesetzte Vertrauen.
Fazit
Staatliche und private Sicherheits akteure
sehen sich permanent mit zahlreichen
Herausforderungen konfrontiert, insbe-
sondere terroristische Bedrohungen gilt es
abzuwehren. Gleichzeitig mahnen private
Sicherheitsdienstleister die Umsetzung
von Maßnahmen an, die dazu beitragen
die Qualität ihrer Dienstleistungen einheit-
lich zu garantieren und zu verbessern.
Die Wissenschaft leistet ebenfalls ihren
Beitrag zur Verbesserung der Sicherheits-
lage. Durch den kontinuierlichen Dialog mit
Vertretern von Wirtschaft und Sicherheits-
behörden in unterschiedlichsten Formaten
wird der Praxisbezug der Sicherheitsfor-
schung gewährleistet. <
Ausblick
Am 20. Juni 2018 hat das Bundeskabinett das nunmehr dritte Rahmenprogramm der Bundesregierung zur „Forschung für die
zivile Sicherheit 2018 – 2023“ verabschiedet. Über die Forschungsschwerpunkte und einzelne Bekanntmachungen wird in den
kommenden Ausgaben informiert werden. Das Programm ist abrufbar unter:
2 OSiMa – Die Ordnung des Sicherheitsmarktes: vom BMBF gefördertes Forschungsprojekt im Rahmen der Bekanntmachung „Neue ökonomische Aspekte“ des
Programms „Forschung für die zivile Sicherheit“ der Bundesregierung. www.bmbf.de/de/sicherheitsforschung-forschung-fuer-die-zivile-sicherheit-150.html;
www.bmbf.de/foerderungen/bekanntmachung-991.html.
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3 | 2018 DER SICHERHEITSDIENST
SICHERHEITSFORSCHUNG
> Wenn private Akteure in Wirtschafts sektoren
eingebunden werden sollen, die konventionell
als Staatsaufgabe aufgefasst werden, wird
schnell Kritik laut. Das gilt bei Weitem nicht nur
für den Bereich der Sicherheit, aber eben gerade
auch dort. Dabei ist natürlich stets ein genaues
Hinsehen wünschenswert, da es ja um das Wohl
der Gesellschaft geht. Allerdings braucht es
eine hinreichende Differenzierung in der Sach-
frage, damit das Wohl der Gesellschaft wirklich
adressiert wird.
Eine gewisse Schwierigkeit besteht für die
Debatte, wenn unter der Formel „Privatisie-
rung der Sicherheit“ ganz unterschiedliche
Phänomene diskutiert werden. Eine sach-
liche Bewertung der institutionellen Balan-
cierung von staatlicher und privater Verant-
wortung ist (erst) dann möglich, wenn man die
Bereiche der Bereit stellung und der Herstellung
klar voneinander unterscheidet.1 Mit Blick auf
die Bereitstellung wird gefragt, wer über Art,
Qualität und Umfang der Schutzleistungen im
Lichte knapper Ressourcen (d. h. bei gegebenen
Preisen) entscheidet. Hier richtet sich der Blick
auf die Nachfrageseite des Sicherheitsmarktes,
in Frage kommt entweder der Staat oder der
Bürger (private Unternehmen bzw. Haushalte).2
Institutionen ökonomisch kann man auch formu-
lieren: Wer soll Sicherheits- Prinzipal (Auftrag-
geber) sein? Insoweit der Staat der Sicher-
heits-Prinzipal ist, wird auch vom Staat als
(Sicherheits-)Garanten3 bzw. von staatlicher
Gewährleistung4 gesprochen.
Sicherheits-Prinzipal und Sicherheits-Agent
Mit dem Begriff der Herstellung verbindet sich
hingegen – der Bereitstellung nachgeordnet –
die Frage, wer die vom Sicherheits-Prinzipal
gewünschte und definierte Leistung denn nun
tatsächlich erstellt. Institutionenökonomisch
gesprochen ist dies die Frage nach dem Sicher-
heits-Agenten. Auch hier gibt es zwei Möglich-
keiten: Entweder erbringt der Prinzipal die
Leistung selbst oder aber er lässt die Leistun-
gen von einem privaten Anbieter von Schutzleis-
tungen (Sicherheitsdienstleistungen und/oder
-technik) erstellen. Der Prinzipal muss sich also
die einfache Frage stellen: Make or buy – Kaufen
oder Selbermachen?5
Über beide Ebenen betrachtet, ergeben sich
somit – vereinfacht ausgedrückt – vier mögliche
institutionelle Arrangements:
1. Der Staat ist Prinzipal und Agent, so wie man
es von der Polizei kennt.
2. Der Staat ist Prinzipal, lässt die Leistungen
aber durch private Sicherheitsanbieter aus-
führen (z. B. Fluggastkontrolle).
3. Private Unternehmen/Haushalte sind Prinzipal
und zugleich Agent (z. B. unternehmen seigener
Wachschutz).
4. Private Unternehmen sind Prinzipal und fragen
die gewünschten Leistungen bei Sicherheits-
dienstleistern nach (z. B. von Unternehmen
eingekaufter Wachschutz).
Gesellschaftlich stellt sich nun die Frage,
welches dieser institutionellen Arrangements
für eine bestimmte Schutzleistung vorzugs-
würdig ist. Dabei ist zunächst festzuhalten, dass
„vorzugswürdig“ aus institutionenökonomischer
Perspektive bedeutet: Gesellschaftlich effizient
unter institutionellen Nebenbedingungen – wie
es, gerade im Bereich Sicherheit, in der Verfas-
sung niedergelegte Grundrechte darstellen.
Dabei ist die Vorzugswürdigkeit von dem einen
oder anderen Sicherheits-Prinzipal (Bereit-
stellung) und dem einen oder anderen Sicher-
heits-Agenten (Herstellung) jeweils gesondert
zu bestimmen.
Auf der Ebene der Bereitstellung ist aus ökono-
mischer Sicht der Staat bei solchen Schutz-
leistungen als Prinzipal (mithin Garant) gefragt,
bei denen sich keine private Zahlungsbereitschaft
(Nachfrage) am Markt entfaltet. Das wiederum
ist immer dann der Fall, wenn unweigerlich
auch jene Bürger von der Schutzleistung profi-
tieren, die nicht zahlen (Exkludierbarkeitsdefizit
bzw. Trittbrettfahrerproblem). In diesem Fall
zahlt wegen strukturellen Ausbeutungsrisikos
Die Unterscheidung von Bereitstellung
und Herstellung – zur Versachlichung
der Privatisierungsdebatte1
Von Dr. Wolfgang Bretschneider
DR. WOLFGANG
BRETSCHNEIDER
ist wissenschaftlicher
Mitarbeiter am Lehrstuhl
für Wirtschaftspolitik an
der Friedrich-Schiller-
Universität Jena sowie am
Brandenburgischen Institut
für Gesellschaft und Sicher-
heit (BIGS), Potsdam.
Er arbeitet seit 2016 im
BMBF-Projekt „Die Ordnung
des Sicherheitsmarktes“
(OSiMa).
Dieser Beitrag basiert auf
der längeren Studie W.
Bretschneider/A. Freytag/
J.P. Rieckmann/T.H. Stuchtey
(2018), Sicherheitsverant-
wortung zwischen Markt und
Staat. Eine ordnungsöko-
nomische Analyse, Branden-
burgisches Institut für Gesell-
schaft und Sicherheit, BIGS
Studie, im Erscheinen.
Für wertvolle Hinweise zu
einer früheren Version des
vorliegenden Textes danke ich
Johannes P. Rieckmann.
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3 | 2018DER SICHERHEITSDIENST
SICHERHEITSFORSCHUNG
gar kein Bürger mehr, sodass der Staat
einspringen muss. Das dürfte cum grano
salis jedenfalls für die Strafverfolgung, die
Gefährderbeobachtung und die Sicherheit
im öffentlichen Raum gelten. Die Bürger
(private Unternehmen und Haushalte)
sollten umgekehrt dort Prinzipale sein,
wo es sich um marktgängige Schutzleis-
tungen handelt. Und das sind typischer-
weise Leistungen, die „nahe am Schutzgut“
wirken (z. B. Alarmanlagen, Werkschutz)
bzw. auch solche, bei denen sich private
Risikogemeinschaften zusammen finden
(z. B. Schutzinitiativen in Nachbarschaften,
von Einzelhändlern).
Kriterien für die Zuweisung von
Bereitstellungs- und Herstellungs-
verantwortung
Auf der Ebene der Herstellung ist der
Sicherheits-Prinzipal bei der make or
buy-Frage gehalten, die Kosteneffizienz
in den Blick nehmen und sich entspre-
chend für jene Alternative zu entscheiden,
bei der eine bessere Qualitäts-Kosten-
Kombination vorliegt. Gerade im Falle einer
staatlichen Bereitstellungsverantwortung
ist zu betonen, dass sich die Qualität dabei
– jedenfalls konzeptionell – durchaus defi-
nieren lässt und auf der Grundlage per Mini-
malprinzip die geringen Kosten aufgesucht
werden können. Neben den eigentlichen
Produktionskosten sind auch die Trans-
aktionskosten einer privat öffentlichen
Partner schaft einerseits („Kaufen“) bzw.
der staatlichen Verwaltungs hierarchie
andererseits („Selber machen“) zu berück-
sichtigen. Allerdings ist gerade für den
Bereich der Sicherheit noch eine dritte
Kostenart zu berücksichtigen. Mit dem –
etwas umständlichen – Begriff der soge-
nannten Verfahrenspräferenzkosten sind
Kosten gemeint, die vom „Wie“ der Leis-
tungserstellung herrühren.6
Ein wichtiges Problem liegt darin, dass
Schutzleistungen die Grundrechte eines –
auch nur potenziellen – Täters berühren,
d. h. repressiv wirken können. Dabei gibt
es unproblematische Schutzleistungen,
die ihrer Natur nach nicht repressiv
wirken, wie die abgeschlossene Haus-
tür oder einbruchsichere Fenster. Es gibt
aber auch potenziell repressive Schutz-
leistungen, indem beispielsweise fest-
gehalten, zurückgedrängt, ein Strom-
schlag versetzt, festgenommen, der
Freiheit beraubt, des Platzes verwie-
sen, geschlagen oder sogar geschos-
sen wird. Staatliche Sicherheits-Agenten
sind hier dem Übermaß verbot (insbes.
Verhältnismäßigkeitsprinzip) verpflichtet.
Bei einer Übertragung von Schutzleis-
tungen durch den Staat an private Sicher-
heitsdienstleister ist die Sicherung einer
derart beschriebenen Qualitäts eigenschaft
ein kritischer Punkt. Und genau eine solche
Debatte um eine Qualitätssicherung und
-regulierung der Sicherheitsbranche lässt
sich derzeit verfolgen.
In dynamischer Perspektive stellt sich
das Kriterium der Kosteneffizienz zudem
als Flexibilitätskriterium dar. Der kurz-
i. ii. iii. iv.
Betrachtete Ebene Marktseite Zu ermitteln ist der … Entscheidungs alternativen Entscheidungs kriterium
Tabelle 1: Die Unterscheidung von Bereitstellung und Herstellung von Schutzleistungen
Beauftragen ...
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3 | 2018 DER SICHERHEITSDIENST
SICHERHEITSFORSCHUNG
fristige staatliche Bedarf nach Schutz-
leistungen in Verbindung mit der Flücht-
lingskrise 2015/16 ist dafür ein beredtes
Beispiel.
Die Tabelle 1 fasst die Unterscheidung
von Bereit- und Herstellung zusammen.
Wann immer die Balance zwischen staat-
licher und privater Sicherheitsverantwor-
tung diskutiert wird, ist es sinnvoll, sich
zu vergegenwärtigen, auf welche dieser
beiden Ebenen dies sich jeweils bezieht.
Bereitstellungs- oder
Herstellungs privatisierung?
Wenn nun eine „Privatisierung der
Sicherheit“ thematisiert wird, ist entspre-
chend zu unterscheiden, ob es sich um
eine Bereitstellungs- oder Herstellungs-
privatisierung handelt. Letztere würde
eine tendenzielle Zunahme privater
Herstellungs verantwortung im Rahmen
staatlicher Sicherheitsgewährleistung
bedeuten (Staat als Sicherheits- Prinzipal).
Eine Bereitstellungs privatisierung bezieht
sich dagegen auf eine tendenziell und relativ
stärkere Bedeutung der Bürger (private
Unternehmen/ Haushalte) als Sicherheits-
Prinzipale. Das ist ein komplex eres
Phänomen, da dieser Prozess nicht etwa
nur in einem möglichen (teilweisen) „Rück-
zug des Staates“ (als Prinzipal) resultie-
ren kann. Vielmehr kann eine steigende
Schutzleistungsnachfrage privater Sicher-
heits-Prinzipale auch in einer steigenden
Bedrohung, einer steigenden Bedrohungs-
wahrnehmung, einem steigenden Einkom-
men oder sinkenden Preisen von Schutz-
leistungen (z. B. Überwachungskameras)
begründet sein.
Vor dem Hintergrund dieser Überlegun-
gen lassen sich jedenfalls die folgenden
Schlussfolgerungen ziehen. Erstens
produzieren private Sicherheitsdienst-
leister im Gegensatz zur landläufigen
Meinung durchaus öffentlich bereitge-
stellte Güter, nämlich dann, wenn der
Sicherheits- Prinzipal und damit Bereit-
steller der Staat ist. Zweitens lässt sich die
Balance zwischen staatlicher und privater
Sicherheitsverantwortung nicht gut am
empirischen Verhältnis von der Anzahl
an Polizisten zur Anzahl der Mitarbeiter
von privaten Sicherheitsdienstleistern
ausmachen. Hilfreicher mögen Maße sein,
bei denen die unterschiedlichen Prinzipale
berücksichtigt werden. Und drittens lässt
sich vor dem Hintergrund von Effizienz-
verbesserungen die Funktion des Staats
als Sicherheitsgarant durch staatliche
Vergabe an private Dienstleister (Herstel-
lungsprivatisierung) – so kontra- intuitiv
dies zunächst erscheinen mag – sogar
stärken. Das heißt sicherlich nicht, dass
die Vergabe leichtfertig geschehen soll.
Abzuwägen ist hierbei immer zwischen
diesen Effizienzgewinnen und den Möglich-
keiten, die Qualität der Schutzleistung zu
gewähren und (folglich) die gesellschaft-
liche Akzeptanz zu sichern. <
1 Im Anschluss etwa an H. Grossekettler (2007), Öffentliche Finanzen, in: Autorenkollektiv, Vahlens Kompendium der Wirtschaftstheorie und Wirtschaftspolitik,
Bd. 1, 9. A., München: Vahlen, S. 561–715, und ders. (1998), Staatsaufgaben aus ökonomischer Sicht, Volkswirtschaftliche Diskussionsbeiträge der Westfälischen
Wilhelms-Universität Münster Nr. 274.
2 Um private Sicherheitsdienstleister geht es auf der Ebene der Bereitstellung also nicht.
3 Vgl. D. Schmidtchen (2007), Privatisierung der Kriminalitätskontrolle und innere Sicherheit. Darf alles zur Ware werden?, in: G. Britz, H. Koriath, K.-L. Kunz, C.
Momsen, E. Müller, H. Müller-Dietz, H. Radtke (Hrsg.), Festschrift für Heike Jung, Baden-Baden: Nomos, S. 843–863, S. 844; sowie H. Grossekettler (1998), a.a.O., S. 3.
4 Vgl. R. Stober (1998), Quo vadis Sicherheitsgewerberecht?, in: R. Pitschas und R. Stober (Hg.), Quo vadis Sicherheitsgewerberecht?, Köln u. a.: Carl Heymanns,
S. 35–63, S. 43.
5 Vgl. A. Shleifer (1998), State versus Private Ownership, Journal of Economic Perspectives 12 (4), S. 133–150, und R. H. Coase (1937), The Nature of the Firm,
Economica 4, S. 386–405.
6 Vgl. H. Grossekettler (1998), a.a.O., S. 11f.
7 Vgl. Y. Gruchmann/T.H. Stuchtey (2016), Die Sicherheitswirtschaft in Deutschland 2015 – Auswirkungen der Digitalisierung und der Flüchtlingskrise auf die Sicher-
heitswirtschaft, Brandenburgisches Institut für Gesellschaft und Sicherheit, BIGS Essenz Nr. 16 (Juli 2016).
... oder selber machen.
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5858
RECHT§§
Arbeitsrecht in Kürze
Von Rechtsanwältin Cornelia Okpara
Rückzahlung einer tarifvertraglichen
Sonderzuwendung bei Ausscheiden
bis zum 31. März des Folgejahres
> In Tarifverträgen kann der Anspruch auf
eine jährliche Sonderzahlung vom Bestand des
Arbeitsverhältnisses zu einem Stichtag außer-
halb des Bezugszeitraums im Folgejahr abhän-
gig gemacht werden.
Der Beklagte arbeitete seit 1995 als Busfahrer
in dem Verkehrsunternehmen der Klägerin. Auf
das Arbeitsverhältnis fand aufgrund einzelver-
traglicher Bezugnahme ein Tarifvertrag Anwen-
dung, der einen Anspruch auf eine bis zum
1. Dezember zu zahlende Sonderzuwendung
vorsieht. Diese dient auch der Vergütung für
geleistete Arbeit. Die Sonderzuwendung ist vom
Arbeitnehmer zurückzuzahlen, wenn er in der
Zeit bis zum 31. März des folgenden Jahres aus
eigenem Verschulden oder auf eigenen Wunsch
aus dem Beschäftigungsverhältnis ausscheidet.
Der Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis im
Oktober 2015 zum Januar 2016. Mit der Abrech-
nung für den Monat November 2015 zahlte die
Klägerin an ihn die tarifliche Sonderzuwendung
in Höhe eines Monatsentgelts. Nachdem das
Arbeitsverhältnis geendet hatte, verlangte die
Klägerin die Sonderzuwendung nach der tarif-
vertraglichen Regelung zurück. Der Beklagte
lehnte das ab, weil die Tarifvorschrift unwirk-
sam sei. Sie verstoße als unverhältnismäßige
Kündigungs beschränkung gegen das Grund-
recht auf Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG.
Die Vorinstanzen haben der Klage statt-
gegeben. Die Revision des Beklagten hatte vor
dem Zehnten Senat des Bundesarbeitsgerichts
keinen Erfolg.
Die Rückzahlungsregelung wäre nach der
Rechtsprechung des Senats allerdings unwirk-
sam, wenn sie als arbeitsvertragliche Allge-
meine Geschäftsbedingung einer Klauselkon-
trolle nach § 307 Abs. 1 BGB zu unterziehen
wäre. Arbeitsvertraglich in ihrer Gesamtheit
einbezogene Tarifverträge unterliegen jedoch
keiner solchen Inhaltskontrolle.
Die Rückzahlungsverpflichtung des Beklagten,
die sich aus der tarifvertraglichen Stichtags-
regelung ergibt, verstößt nicht gegen höher-
rangiges Recht. Sie verletzt insbesondere
nicht Art. 3 Abs. 1 und Art. 12 Abs. 1 GG,
die die Tarifvertragsparteien bei der tarif-
lichen Normsetzung zu beachten haben. Den
Tarifvertrags parteien steht dabei aufgrund der
durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützten Tarifauto-
nomie ein weiter Gestaltungsspielraum zu, über
den Arbeitsvertrags- und Betriebsparteien nicht
in gleichem Maß verfügen. Ihnen kommt eine
Einschätzungsprärogative zu, soweit die tatsäch-
lichen Gegeben heiten, die betroffenen Interes-
sen und die Regelungsfolgen zu beurteilen sind.
Darüber hinaus verfügen sie über einen Beur-
teilungs- und Ermessensspielraum hinsichtlich
der inhaltlichen Gestaltung der Regelung. Die
Tarifvertragsparteien sind nicht verpflichtet, die
zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste
Lösung zu wählen. Es genügt, wenn es für die
getroffene Regelung einen sachlich vertretbaren
Grund gibt.
Die tarifvertragliche Regelung, die der Senat
anzuwenden hatte, greift zwar in die Berufs-
freiheit der Arbeitnehmer ein. Art. 12 Abs. 1 GG
schützt auch die Entscheidung eines Arbeit-
nehmers, eine konkrete Beschäftigungsmöglich-
keit in einem gewählten Beruf beizubehalten
oder aufzugeben. Die Einschränkung der Berufs-
freiheit der Arbeitnehmer ist hier aber noch
verhältnismäßig. Die Grenzen des gegenüber
einseitig gestellten Regelungen in Allgemeinen
Geschäftsbedingungen erweiterten Gestaltungs-
spielraums der Tarifvertragsparteien sind nicht
überschritten.
Bundesarbeitsgericht
Urteil vom 27. Juni 2018
10 AZR 290/17 <
RA CORNELIA OKPARA
ist stv. Haupt geschäftsführerin
des BDSW Bundesverband der
Sicherheitswirtschaft.
59
3 | 2018 DER SICHERHEITSDIENST
RECHT §§
Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall –
gesetzlicher Mindestlohn –
Ausschlussfristen
Die Geltendmachung des Anspruchs auf
Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall nach
§ 3 Abs. 1 EFZG kann trotz seiner Unab-
dingbarkeit (§ 12 EFZG) grundsätzlich einer
tariflichen Ausschlussfrist unterworfen
werden. Eine tarifliche Ausschlussfrist ist
jedoch nach § 3 Satz 1 MiLoG unwirksam,
soweit sie auch den während Arbeitsun-
fähigkeit nach § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 EFZG
fortzuzahlenden gesetzlichen Mindestlohn
erfasst.
Der Kläger war seit dem Jahre 2012
bei dem beklagten Bauunternehmen als
gewerblicher Arbeitnehmer beschäftigt.
Sein Stundenlohn betrug zuletzt 13,00 Euro
brutto. Mit Schreiben vom 17. September
2015 kündigte die Beklagte das Arbeitsver-
hältnis ordentlich zum 31. Oktober 2015.
Nach Erhalt der Kündigung meldete sich
der Kläger arbeitsunfähig krank und legte
der Beklagten Arbeitsunfähigkeitsbe-
scheinigungen vor. Während die Beklagte
dem Kläger für den Monat September
2015 Vergütung zahlte, verweigerte sie die
Entgeltfortzahlung für den Folgemonat. Mit
einem der Beklagten am 18. Januar 2016
zugestellten Schriftsatz hat der Kläger von
dieser Entgeltfortzahlung im Krankheits-
fall für den Monat Oktober 2015 verlangt.
Er hat vorgetragen, in diesem Zeitraum
arbeitsunfähig krank gewesen zu sein und
gemeint, sein Anspruch sei nicht verfallen.
Die Ausschlussfristenregelung des für
allgemeinverbindlich erklärten § 14 Abs.
1 BRTV-Bau, wonach – zusammengefasst
formuliert – alle beiderseitigen Ansprüche
aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die
mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung
stehen, verfallen, wenn sie nicht inner-
halb von zwei Monaten nach der Fällig-
keit gegenüber der anderen Vertragspartei
schriftlich erhoben werden, sei insgesamt
unwirksam, weil sie den Anspruch auf den
gesetzlichen Mindestlohn nicht ausnehme.
Das Arbeitsgericht hat die Klage bezüg-
lich des den gesetzlichen Mindestlohn von
seinerzeit 8,50 Euro je Stunde überstei-
genden Anteils der Forderung abgewiesen.
Der Anspruch sei insoweit nach § 14 BRTV
verfallen. Im Umfang des gesetzlichen
Mindestlohns hat es der Klage entspro-
chen. Das Landesarbeitsgericht hat die
Berufung der Beklagten zurückgewiesen.
Die Revision der Beklagten hatte vor dem
Fünften Senat des Bundesarbeitsgerichts
keinen Erfolg. Der Entgeltfortzahlungs-
anspruch des Klägers für die Zeit seiner
krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit
folgt aus § 3 Abs. 1 iVm. § 4 Abs. 1 EFZG.
Danach hat der Arbeitgeber dem Arbeit-
nehmer für die Zeit, die infolge krankheits-
bedingter Arbeitsunfähigkeit ausfällt, das
Entgelt zu zahlen, das er ohne den Arbeits-
ausfall bei Erbringung der Arbeitsleistung
erhalten hätte. Damit hat der Arbeit-
nehmer auch während der Dauer der
Arbeitsunfähigkeit Anspruch auf Entgelt-
fortzahlung in Höhe des gesetzlichen
Mindestlohns. Der Anspruch folgt jedoch
nicht unmittelbar aus § 1 MiLoG, weil nach
dieser Bestimmung der Mindestlohn nur
für tatsächlich geleistete Arbeit zu entrich-
ten ist. Da der Arbeitnehmer im Falle der
Arbeitsunfähigkeit jedoch so zu stellen ist,
als hätte er gearbeitet, bleibt ihm auch der
Mindestlohn als untere Grenze des fort-
zuzahlenden Entgelts erhalten. Zugleich
gebietet es der Schutzzweck des § 3 Satz
1 MiLoG, nach Maßgabe dieser Norm den
Entgeltfortzahlungsanspruch in Höhe des
gesetzlichen Mindestlohns entsprechend
zu sichern. Das hat zur Folge, dass Verein-
barungen, welche die Geltendmachung des
fortzuzahlenden Mindestlohns iSd. § 3 Satz
1 MiLoG beschränken, insoweit unwirksam
sind. Zu solchen Vereinbarungen gehören
nicht nur arbeitsvertragliche, sondern
auch tarifliche Ausschlussfristen. Anders
als bei Ausschlussfristen, die arbeitsver-
traglich in Allgemeinen Geschäftsbedin-
gungen vereinbart sind, unterliegen Tarif-
regelungen gemäß § 310 Abs. 4 Satz 1 BGB
indes keiner Transparenzkontrolle.
Bundesarbeitsgericht
Urteil vom 20. Juni 2018
5 AZR 377/17 <
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3 | 2018DER SICHERHEITSDIENST
6060
VERGABERECHT§§
(Reine) Empfangsdienste sind
keine Bewachungsleistungen!
VK Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 14.02.17 – 2-VK-LSA19/16
Von Rechtsanwalt Alexander Nette, LL.M
> 1. Sachverhalt
Die VK Sachsen-Anhalt musste sich im Nach-
prüfungsverfahren mit der Frage auseinander-
setzen, ob die Vergabe des ausgeschriebenen
Auftrags an ein Unternehmen, das keine Gewerbe-
erlaubnis nach § 34a GewO vorweisen konnte,
zulässig war. Der das Nachprüfungsverfahren
einleitende Bieter, der als Zweit platzierter im
Verfahren nicht zum Zuge gekommen war, hatte
geltend gemacht, dass für die Ausführung von
Bewachungsleistungen eine entsprechende
Gewerbeerlaubnis erforderlich sei, die beim Best-
bieter nicht vorliege. Daher könne der Zuschlag
auf dieses Angebot nicht erteilt werden.
Gegenstand des Vergabeverfahrens waren
Empfangsdienstleistungen, die in einem offenen
Verfahren gemäß VgV ausgeschrieben worden
waren. Bewachungsdienstleistungen für die-
selbe Liegenschaft waren hingegen in einem
anderen Verfahren ausgeschrieben worden.
2. Entscheidungsgründe
Der Nachprüfungsantrag hat keinen Erfolg.
Die Vergabekammer stellt in ihrem Beschluss
fest, dass es sich bei den konkret ausgeschrie-
benen Leistungen – die zu erfüllenden Aufgaben
waren in der Leistungsbeschreibung detailliert
aufgeführt – nicht um Leistungen handelt, die
dem Bewachungsgewerbe zuzuordnen seien. Aus
diesem Grund sei eine Gewerbeerlaubnis im Sinne
des § 34a GewO für die Ausführung des Auftrages
auch nicht erforderlich. Diese Erlaubnis solle zum
Schutz der Allgemeinheit gerade dazu dienen,
sicherzustellen, dass die Wachleute insbeson-
dere für das Einschreiten gegen Dritte rechtlich,
menschlich und technisch geschult seien. Die
Bewachung müsse jedoch die tätigkeitsprägende
Hauptpflicht des Vertragsverhältnisses darstel-
len, damit eine entsprechende Gewerbeerlaubnis
zur Ausführung des Auftrages erforderlich sei.
Sofern eine bewachungsähnliche Tätigkeit jedoch
die bloße Erfüllung einer Nebenpflicht aus einem
anderen Vertragsverhältnis darstelle, sei keine
Bewachung anzunehmen.
Der Schwerpunkt der Leistungen lag im
streitgegenständlichen Vergabeverfahren in
Tätigkeiten wie dem Empfang von Besuchern,
der Ausgabe von Besucherausweisen, der
Entgegen nahme und Weiterleitung von Gesprä-
chen, der Schlüsselausgabe und -rücknahme,
der Annahme des Posteingangs, etc. Lediglich
mit einer untergeordneten Bedeutung waren
Tätigkeiten vorgegeben, die im Zusammenhang
mit Aufgaben der Bewachung stehen, z. B. die
Einweisung von Rettungsdiensten und Kontakt
mit der Sicherheitsleitstelle. Im vorliegenden
Fall schloss die Vergabekammer insbesondere
auch aus dem Umstand, dass ein weiteres Unter-
nehmen originär mit Bewachungsleistungen
beauftragt war, dass die hier ausgeschriebenen
Empfangsdienste dem Bewachungsgewerbe
nicht zuzuordnen sind und es sich mithin um
einen Dienstleistungsauftrag handelt, für den
eine Gewerbeerlaubnis im Sinne des § 34a GewO
nicht erforderlich sei. Der Nachprüfungsantrag
des zweitplatzierten Bieters war daher folge-
richtig zurückgewiesen worden.
3. Praxishinweise
Die Frage, ob Bewachungsleistungen Gegen-
stand des Vergabeverfahrens sind oder hiervon
abweichend andere Dienstleistungen, ist insbe-
sondere für die Frage entscheidend, welcher
Schwellenwert gem. § 106 GWB für das Vergabe-
verfahren einschlägig ist. Bewachungsleistungen
sind „andere besondere“ Dienstleistungen im
Sinne des § 64 VgV. Für diese Vergabeverfahren
gilt der Schwellenwert des Art. 4 lit. d) der Richt-
linie 2014/24/EU in Höhe von 750.000 Euro. Dies
bedeutet, dass Bewachungsdienstleistungen
erst dann in einem EU-weiten Vergabeverfahren
auszuschreiben sind, wenn der Auftragswert
750.000 Euro erreicht oder übersteigt. Für
reine Empfangsleistungen, die eine Dienstleis-
tung im Sinne des § 103 Abs. 4 GWB sind, ist
hingegen der Schwellenwert des Art. 4 lit. c) der
Richt linie 2014/24/EU einschlägig, der derzeit
221.000 Euro beträgt.
RA ALEXANDER NETTE,
LL.M, NETTE Rechts-
anwälte, Recklinghausen,
ist Fach anwalt für Bau- und
Architekten recht und auf die
Beratung von Bietern und
öffentlichen Auftraggebern in
Vergabe- und Nachprüfungs-
verfahren spezialisiert.
Weitere Informationen
erhalten Sie unter:
www.rae-nette.de
61
3 | 2018 DER SICHERHEITSDIENST
VERGABERECHT §§
Mithin sind „reine“ Empfangsdienste
bereits bei deutlich geringeren Auftrags-
werten in einem EU-weiten Vergabe-
verfahren auszuschreiben. Für die Bieter
gelten damit die sich aus dem GWB und
der VgV ergebenden Bieterrechte bereits
bei sehr viel niedrigen Auftragswerten.
Sofern in einem Auftrag verschie-
dene Dienstleistungen miteinander ver -
woben werden, z. B. wenn sowohl Bewach-
ungsleis tungen als auch Empfangs dienst-
leis tungen ausgeschrieben werden, ist
es gem. § 110 Abs. 2 GWB entscheidend,
welcher Auftragsteil jeweils den höheren
Wert ausmacht. § 110 Abs. 2 GWB bestimmt
insoweit, dass bei Aufträgen, die teilweise
Dienstleistungen zum Gegenstand haben,
die den „anderen besonderen“ Dienstleis-
tungen im Sinne des § 130 GWB zuzuord-
nen sind, zu ermitteln ist, welchen Anteil
am Gesamtauftragswert diese Dienstleis-
tungen haben. Wenn dies der höchste
Anteil am Auftragswert ist, gelten die
Regelungen für andere besondere Dienst-
leistungen, sofern es sich hierbei ledig-
lich um einen geringen Auftragsanteil
handelt, gelten allgemeine vergaberecht-
liche Regelungen. Dies bedeutet, wenn nur
zu einem geringen Teil auch Empfangs-
dienste Bestandteil des Bewachungs-
auftrages sind, so gilt auch weiterhin
der Schwellenwert für andere besondere
Dienstleistungen ebenso wie die Sonder-
regelungen z. B. für die Verfahrenswahl.
Sofern der Schwerpunkt des ausgeschrie-
benen Auftrages jedoch „eher“ im Bereich
der Empfangsdienste oder anderer Dienst-
leistungen liegt und nur zu einem geringen
Teil auch Bewachungsdienstleistungen
geschuldet werden, gelten die allgemeinen
vergaberechtlichen Regelungen.
Da bereits die falsche Wahl der Verfah-
rensart einen den Bieter benachteili-
genden Vergabeverstoß darstellt, kann es
sich lohnen, den konkreten Gegenstand
des ausgeschriebenen Auftrages genau
zu bestimmen und entsprechend zu über-
prüfen und hierbei auf den Schwerpunkt
der Leistung abzustellen. <
Reiner Empfangsdienst wird nach dem Urteil nicht als Bewachungsleistung angesehen. Eine Gewerbeerlaubis ist hierfür nicht zwingend nötig, wenn die Bewachung
nicht die tätigkeitsprägende Hauptpflicht des Vertragsverhältnisses darstellt.
Die Gewerbeerlaubnis im Sinne des § 34a GewO soll zum Schutz der Allgemeinheit sicherstellen, dass die
Wachleute insbesondere für das Einschreiten gegen Dritte rechtlich, menschlich und technisch geschult