26 | Bauwelt 21 2004 Architekten: LIN, Finn Geipel und Giulia Andi, Paris, Berlin Mitarbeiter: Daniel Keppel, David Letellier, Guy Corbaz, Frédéric Fourrichon, Elies Garnaoui, Francisco Mexia Alves, Sofia Muzio, Amélie Poncéty, André Schmid, Marie Taveau, Martin Tervoort Lichtkonzept: Ove Arup, London Andy Sedgwick, Jeffrey Shaw Bauherr: Pavillon de l’Arsenal Sebastian Redecke Pavillon de l’Arsenal, Paris Der Pavillon de l’Arsenal am Boulevard Mor- land genießt als Pariser Informations- und Do- kumentationszentrum für Städtebau und Ar- chitektur weltweit hohe Anerkennung. Am 17. Dezember 2003 wurde zum 15. Jahrestag der Einrichtung die völlig neu gestaltete ständige Ausstellung „Paris, Visite guidée – la Ville, Histoire et Actualités“ eröffnet. Der Hallenbau entstand im Jahr 1878 und diente ursprünglich als Museum für die Gemälde des Holzhänd- lers und Kunstsammlers Louis Borniche. Vor genau fünfzig Jahren ging das Gebäude in den Besitz der Stadt über und wurde bis zur Grün- dung des Zentrums als Archiv genutzt. Die ersten Umbauten von 1988 plante das Büro Rei- chen & Robert (Heft 16–17/1994). Ziel der Neu- gestaltung im letzten Jahr war es, der Ausstel- lung innerhalb der Halle einen eigenständigen, deutlich von der gusseisernen Architektur des 19. Jahrhunderts losgelösten Raum zu geben. Zu Beginn des Entwurfkonzepts vom Büro LIN, Finn Geipel und Giulia Andi, stand der Wunsch von Ann-José Arlot, der inzwischen ins Kul- turministerium gewechselten Leiterin des Pa- villons, nach einer „Peau minérale“, einer ho- mogenen „mineralischen Haut“, die die rund 1000 Quadratmeter Ausstellungsfläche umhül- len sollte. Außerdem war es ihr wichtig, den zu- vor etwas abseits gelegenen Nebenraum zur Rue Agrippa d’Aubigné in das Gesamtkonzept zu integrieren und so eine einheitliche Aus- stellungsfläche entstehen zu lassen. Das Büro entwickelte ein Bausystem von dün- nen und leichten Wand-, Boden- und Decken- tafeln aus dem mit Metallfasern verstärkten Beton Ductal der Firma Lafarge. Das gesamte Erdgeschoss wurde mit diesem Material aus- gefüllt. Der Besucher gelangt über eine flache Bauwelt 21 2004 | 27 Rampe, die einen Höhenunterschied von zehn Zentimetern überwindet, in einen durchge- hend dunkelgrauen Raum mit abgerundeten Ecken und einer Höhe von nur 2,51 Metern. Der Einbau steht meist in einem Abstand von 80 Zentimetern vor den eigentlichen Wänden der Halle. Die Zwischenzonen sind für den Be- sucher einsehbar, da an den beiden seitlichen Treppen und an den hinteren Ausgängen die Enden der Konstruktion offen bleiben. Die dort stehenden U-förmigen Stahlrahmen, an denen die Betonhaut mit ihren Abrundungen veran- kert wurde, lassen eine temporäre Installation vermuten. Die 1,8 Zentimeter starken Boden-, Wand- und Deckentafeln sind auf ihren Rück- seiten in Rippen auf 7,5 Zentimeter verstärkt. Das sorgt für die nötige Stabilität. Die alten gusseisernen Stützen der Halle stehen im Aus- stellungsraum mit ihren achteckigen Sockeln im neuen Boden. Alt und Neu wurde hier nicht voneinander abgesetzt, sondern verschmilzt zu einer Einheit. Für die 2,50 x 2,50 Meter großen, im Raster ge- fügten Module wurden sechs verschiedene Gussformen angefertigt. Der ausführenden Be- tonfirma – sie stellt normalerweise Röhren her – gelang es mit einem speziellen Verfahren, aus den besonders feinkörnigen Komponenten ei- nen Beton zu gießen, der an jeder Stelle der Tafeln, auch an den heiklen Krümmungen, die gleiche Qualität aufweist. Schwierig waren der Transport und die Montage, da die Gefahr be- stand, dass Ecken abbrechen. In Zwischenzo- nen wurden kleine Sonderformen erforderlich, deren Farbtönung leicht von der der Fertigteile abweicht. Die Mitte der zentralen Halle bleibt nach oben offen – mit Blick ins große Rund der gussei- sernen Fachwerkträger ins Glasdach und auf die umlaufende Galerieebene mit der Brücke. Auf dieser zweiten Ebene finden weiterhin Wechselausstellungen zur Architektur und zur Stadtplanung statt. Unten, zentral in der Hal- le, steht an gleicher Stelle wie vorher das ak- tualisierte Stadtmodell im Maßstab 1 : 2000, jetzt nicht mehr auf einem Podest, sondern na- hezu bündig in den neuen Betonboden einge- fügt – sozusagen zu Füßen des Besuchers. Ein zweites Stadtmodell – aus Holz – steht in der Mitte des hinteren Raumteils. Das Ausstellungskonzept stammt vom Kura- tor Philippe Simon. Entlang einer Zeitschiene wird in zwölf Abschnitten die Pariser Bauge- schichte vom 13. Jahrhundert bis ins Jahr 1977 dargestellt. Der zweite Teil befasst sich dann mit der Stadtplanung und Architektur unserer Tage, von der Pariser Metropole als Ganzes bis hin zum Maßstab einer Straße oder Blocks. Die Ausstellung ist so konzipiert, dass Teile problemlos ausgetauscht werden können. Die Architekten lieferten die Idee, die Ausstel- lungstafeln auf 0,8 Millimetern hauchdünner Elektrolumineszensfolie zu drucken und auf die Betonwände zu legen. Das Kabel für den Alles begann 1988 in Paris, als dort eine fünfzig Jahre zuvor in den Besitz der Stadt gelangte Halle mit einer wunderbaren Gusseisenkonstruktion zu einem Informations- und Dokumen- tationszentrum über den Stadtumbau der französischen Hauptstadt wurde. Nun hat das fast schon traditionsrei- che Haus ein neues Gesicht bekom- men, eine vereinheitlichende „Peau minérale“, die rund 1000 Quadratme- ter Ausstellungsfläche umhüllt. Entree mit Stadtmodell, Anschlussde- tail Fußpunkt Stütze – Bodentafel aus metallfaserverstärktem Beton. Schnittperspektive ohne Maßstab; der neu gestaltete Ausstellungsbereich ist grau unterlegt.