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Institut für Geschichte Heinrichstraße 26 8010 Graz Seminar 505.027 Österreich im Jahr vor dem Ersten Weltkrieg Lehrveranstaltungsleiter Ao.Univ.-Prof. Dr.phil. tit.Univ.-Prof. Dieter A. Binder Der russisch-japanische Krieg im Spiegel zweier „österreichischer“ Tageszeitungen. Wintersemester 2013/14 Christian Rohrmoser B.A. Studium: Klusemannstrasse 34/3 4. Semester 8053 Graz [email protected] Mart.Nr.: 1114706
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Russo-Japanese war in Austrian Newspapers

Feb 28, 2023

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Sarah Mercer
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Page 1: Russo-Japanese war in Austrian Newspapers

Institut für GeschichteHeinrichstraße 26

8010 Graz

Seminar

505.027 Österreich im Jahr vor dem Ersten Weltkrieg

Lehrveranstaltungsleiter

Ao.Univ.-Prof. Dr.phil. tit.Univ.-Prof. Dieter A. Binder

Der russisch-japanischeKrieg im Spiegel zweier

„österreichischer“Tageszeitungen.

Wintersemester 2013/14

Christian Rohrmoser B.A. Studium: Klusemannstrasse 34/3 4. Semester8053 [email protected].: 1114706

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1. VorwortZuerst ein Überblick, eine allgemeine Einführung über die von mir gewählten Themenaspekte.

Danach, um einen fundierten Eindruck zu erhalten, folgen einige ausgewählte Zitate aus den beiden

Zeitungen, über die Berichterstattung innerhalb des behandelten Rahmens. Hier konzentriere ich

mich auf die, von der Zeitung selbst verfassten Artikel; Telegramme und Meldungen, die aus

anderen Zeitungen übernommen wurden, führe ich nur dann an, wenn sie mir besonders

erwähnenswert erscheinen.1 Zum Schluss jedes Kapitels fasse ich die Erkenntnisse nochmals

zusammen und untersuche sie nach Möglichkeit auf Parallelen zum Ersten Weltkrieg.

Auch will ich diese Arbeit nicht als eine Verherrlichung des Krieges, sondern vielmehr als Mahnung

vor dem Schrecken, der Unmenschlichkeiten und dem Leid verstanden sehen.

Inhaltsverzeichnis

1. Vorwort........................................................................................................................................2

2. Einleitung.....................................................................................................................................3

3. Grundlegendes:............................................................................................................................4

3.1. „Österreichische“ Tageszeitungen:......................................................................................64. Truppen:.......................................................................................................................................7

5. Kriegsschauplatz:.......................................................................................................................13

6. Versorgung:................................................................................................................................16

7. Kampfweise:..............................................................................................................................19

8. Doggerbank-Zwischenfall:........................................................................................................27

10. Schlussbetrachtungen:.............................................................................................................32

11. Bibliographie:..........................................................................................................................36

1 Mir ist durchaus bewusst, dass dies eine Gefahr der Subjektivierung beinhaltet, jedoch möchte ich ausdrücklichdarauf hinweisen, dass ich mir hier eine eigene Meinung und Interpretation vorenthalte und diese erst in deranschließenden Zwischenbetrachtung erlaube. Allerdings beinhaltet jede Auswahl bzw. Weglassung bereits dasMoment der Selektion und somit eine indirekte Einflussnahme. Dieses Dilemma ist mir vollauf bewusst und sollauch hier nochmals betont werden. Allein der Leser soll ein Bild davon erhalten, wie über die behandeltenZeiträume berichtet wurde; wer Näheres erfahren will, sei dazu angehalten in den Originalblättern nachzulesen. Zieldieser Arbeit soll es nicht sein, eine Rezeption zu liefern, was wann wer wo geschrieben hat, sondern vielmehr solles um einen Eindruck gehen, welches Bild eines modernen Kriegs in zwei auflagenstarken Zeitungen vermitteltwird und was zehn Jahre später, beim Ausbruch des Ersten Weltkriegs bekannt gewesen sei.

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2. Einleitung

Im Februar 1914 dachte in Europa noch niemand an einen großen Krieg.2 In der breiten

Bevölkerung und in den politischen Ämtern wurde noch nicht mit einem sich nahenden Konflikt

gerechnet und schon gar nicht daran gearbeitet. Dies sollte sich im Juli schlagartig ändern und eine

Kriegseuphorie erfasste ganz Europa.3 War diese Euphorie gerechtfertigt? Wir wissen heute, was

der Erste Weltkrieg an Leid verursachte, welche Schrecken er für Soldaten und den Menschen in

der Heimat bedeutete und wie er auf die Schicksale aller Betroffenen gewirkt hat. Der Erste

Weltkrieg gilt als die Urkatastrophe der modernen Menschheit, der sie völlig unvorbereitet getroffen

hat und mit dem niemand hat rechnen können. Doch war dem wirklich so? Auch in der aktuellen

Forschung ziehen vermehrt neue Ansätze und erweiterte Betrachtungen bzw. Revisionen ein.4

These: Am 8. Februar 1904 begann im Fernen Osten, in einer Bucht von Korea ein Krieg,

der all das vorweg nimmt, was zehn Jahre danach folgen sollte. Die meisten signifikanten

Eigenarten des Ersten Weltkrieges sind aus heutiger Sicht bereits im Russisch-Japanischen Krieg

erkennbar. Dies führt zur Frage, warum die Erfahrungen dieses Krieges kaum Eingang in Taktik

und Operationsführung, sowie in das kulturelle Gedächtnis, der Zeit kurz vor dem Ersten Weltkrieg

gefunden haben, obwohl er, der von militärischer Seite intensivst beobachtete Krieg, der neueren

Geschichte war.5

Es soll hier aber nicht um eine Schulddebatte, noch um anderweitige Anklage oder um

Ursachenforschung gehen. Ziel soll es sein, Parallelen zwischen dem Russisch-Japanischen Krieg

und dem Ersten Weltkrieg aufzudecken und Anregungen zu liefern, gewohnte Denkmuster, die mit

der Geschichtsschreibung über den Ersten Weltkrieges verknüpft sind, aufzubrechen. Dass dies mit

Hilfe von Meldungen in zwei österreichischen Tageszeitungen geschehen soll, hat den Grund,

allgemein zugängliche und weithin bekannte Berichte zu benutzen, um zu zeigen was an

Information zugänglich war. Damit soll dem Klischee der Unwissenheit der Gesellschaft, was ein

moderner Krieg bedeutet, getrotzt werden. Eine systematische Auswertung kann diese Arbeit nicht

leisten, vielmehr werden unterschiedliche Aspekte ausgewählt und einer näheren Betrachtung

unterzogen, um eventuell eine neue Sichtweise zu eröffnen.

2 Niemand ist vielleicht übertrieben, es gab in den Heeresleitungen der Großmächte durchaus Menschen, die sich mitAufmarschplänen und Kriegsszenarien beschäftigten.

3 Ganz Europa ist auch hier überzeichnet, da sich Italien aus dem Konflikt noch heraushält. Auch bin ich mir nichtsicher, wie die russische Bevölkerung über diesen Krieg dachte, jedoch fehlt es hier leider an der sprachlichenQualifikation dies näher zu überprüfen. Dies sei als Aufruf verstanden dieser Thematik einmal nachzugehen.

4 Vgl.: CLARK Christopher, Die Schlafwandler. Wie Europa in den Ersten Weltkrieg zog. München, 2013.5 WENGER Rupert, Lesson not learnd... Der Russisch-Japanische Krieg als Beispiel eines zu wenig analysierten

Konfliktes. In: Bundesministerium für Landesverteidigung (Hg.), Österreichische Militärische Zeitschrift (ÖMZ).6/2004. S. 703 – 714.

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3. Grundlegendes:

In dieser Arbeit schließe ich mich der Meinung von Edda Binder-Iijima an, die als Ausgangslage für

die Krisen der folgenden Jahre, die Niederlage Russlands im Krieg mit Japan sah. Zudem kommen

noch die strukturellen Konstanten der Schwäche des Osmanischen Reiches, Österreich-Ungarns und

eben Russlands hinzu, die sich krisenverstärkend auf die internationalen Beziehungen ausgewirkt

haben. In diesem Sinne sind die bosnische Annexionskrise von 1908/09 und die Julikrise von 1914

mit zu denken.6 Nach dem Urteil Gregor Schöllgens bewirkte die Niederlage Russlands in Ostasien

ein intensiveres Engagement im Vorderen Orient und auf dem Balkan, wodurch die

Interessengegensätze der verschiedenen Mächten, allen voran Österreich-Ungarn, das Osmanische

Reich, das Serbische Königreich und eben Russland sich zu verschärfen begannen.7 Insbesondere

war es Russland, das die ostasiatische und die mittelasiatische Option seiner äußeren Politik im

Gefolge der fernöstlichen Schlappe zurückstellte und dafür verstärkt seine südosteuropäischen Ziele

an den Meerengen und in Konstantinopel verfolgte.8 Auch für Japan stellt dieser Krieg eine Zäsur

dar, weil damit sein Anspruch als erste moderne asiatische Führungsmacht unterstrichen werden

sollte und zugleich ein End- sowie Ausgangspunkt bildete für die Entwicklung über ein autoritäres

Herrschaftssystem hin zu einer parlamentarischen Demokratie der heutigen Zeit.9 Es zeigt sich,

dieses Thema birgt viele Facetten, die es sich zu betrachten lohnt.

Anhand von zwei auflagenstarken Tageszeitungen soll gezeigt werden, was und wie über diesen

Krieg in Ostasien berichtet, wie die Einstellungen darüber waren und welche Erkenntnisse

gewonnen wurden. Mit Hilfe von Sekundärliteratur soll die Rezeption dieses Krieges gezeigt und

auf mögliche Lehren für den Ersten Weltkrieg hin untersucht werden. Zeitungen waren damals die

einzige Mediengattung, die eine große Anzahl der Bevölkerung erreicht haben und deshalb waren

sie auch maßgeblich in der Meinungsbildung. Ein Problem das bis heute am Zeitungsmarkt besteht

ist die Finanzierung. „Die Produktionskosten überstiegen meist die Einnahmen bei Weitem: ein

Problem, das einerseits durch umfangreiche, jedoch verpönte Annoncenteile beantwortet wurde,

sich andererseits ebenso durch großzügige „Zuwendungen“ von „Investoren“ die sich das

Wohlwollen einer Zeitung sichern wollten, lösen ließ – nachweislich wurde beispielsweise die

6 BINDER-IIJIMA Edda, Der Russisch-Japanische Krieg und die Orientalische Frage. In: SPROTTE Maik Hendrik /SEIFERT Wolfgang / LÖWE Heinz-Dietrich (Hgg.), Der Russisch-Japanische Krieg 1904/05. ANBRUCH einerneuen Zeit? Wiesbaden, 2007. S. 1 – 22.

7 SCHÖLLGEN, Das Zeitalter des Imperialismus. München, 1994. S. 74.8 HILDEBRAND Klaus, Eine neue Ära der Weltgeschichte. Der historische Ort des Russisch-Japanischen Krieges

1904/05. In: KREINER Josef (Hg.), Der Russisch-Japanische Krieg (1904/05). Göttingen, 2005. S. 40.9 SPROTTE Maik Hendrik, „Cry 'Havoc!' and let slip the dogs of war.“. Das japanische Kaisereich und der

Russisch-Japanische Krieg. In: SPROTTE Maik Hendrik / SEIFERT Wolfgang / LÖWE Heinz-Dietrich (Hgg.), Der Russisch-Japanische Krieg 1904/05. Anbruch einer neuen Zeit?. Wiesbaden, 2007. S. 108.

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„Neue Freie Presse“ von der Donaudampfschifffahrtsgesellschaft bis hin zur serbischen Regierung

auf diesem Weg finanziell ,unterstützt‘“.10 Diesen Aspekt gilt es immer auch mit zu betrachten,

wenn man sich mit Tageszeitungen auseinandersetzt. Ebenfalls zu beachten gilt es, woher die

Zeitungen ihre Meldungen bezogen. Damals gab es grundsätzlich vier Kanäle über die

Informationen übermittelt wurden: „mündlich durch einen Boten, schriftlich per Brief bzw. aus

einer anderen Zeitung, ab 1846 telegrafisch und ab 1892 auch telefonisch. Verbreitet wurden über

die Zeitungen in den meisten Fällen Nachrichten, die man aus anderen Zeitung übernahm.“11 An

wichtigen Orten oder Ereignissen fanden sich Korrespondenten ein, die mittels Telegramme

Nachrichten übermittelten. Der Typ des Kriegsberichterstatters tauchte erstmals im Krimkrieg von

1877/78 auf. Hauptaufgabe der Korrespondenten war es, für die damalige Leserschaft Sensationen

zu liefern; dennoch bleiben ihre Aufzeichnungen für den heutigen Betrachter eine notwendige

Quelle für eine objektivere Einordnung des Kriegsgeschehens. Ein erster Schritt in Richtung 'Krieg

als vornehmliches und manipulierbares Medienereignis' war getan.12 Jan Kusber in seinen

Darstellungen über den Russisch-Japanischen Krieg hat besonders hervorgehoben: „Viel

ausgeprägter, als im Krimkrieg, als zum ersten Mal der Typus des Kriegsberichterstatters in

Erscheinung trat, als dem viktorianischen Bürgertum, die vom Grauen des Geschehens getränkten

Reportagen eines William Howard Russell Tag für Tag in der Times präsentiert wurden und als auf

diese Art und Weise ganz ohne Zweifel öffentlicher Einfluss auf die bald zum Frieden tendierende

Stimmung der Bevölkerung ausgeübt werden konnte, war der Russisch-Japanische Krieg in

gewisser Hinsicht bereits ein ,Medienereignis‘.“13 Zahlreiche Korrespondenten der großen

europäischen und amerikanischen Blätter hielten sich vor Ort auf und versorgten die Welt mit

Sensationsmeldungen ebenso, wie mit einordnenden Betrachtungen, z. T. sogar schon durch

Photographien vom Krieg.14 Krieg wurde jetzt unter den Augen der Öffentlichkeit geführt, er wurde

zu einem Massenereignis, nicht nur was die Zahl an Soldaten betraf, sondern auch derjenigen, die

darüber informiert wurden.

10 KNAPPITSCH, (Nach-)Blicke auf die Kaiserin. S. 13.11 FUHRMANN Martina, Die Form der Grazer Tagespresse im 19. Jahrhundert. Ungedr. Dipl. Arbeit. Graz, 2013. S.

4512 KUSBER Jan, Der russisch-japanische Krieg 1904 -1905 in Publizistik und Historiographie. In: Hörsch Edgar

(Hrsg.), Jahrbuch für Geschichte Osteuropas. Bd. 42. Stuttgart, 1994. S. 223.13 KUSBER. Der russisch-japanische Krieg 1904-1905 in Publizistik und Historiographie. S. 223. 14 HILDEBRAND Klaus, Eine neue Ära der Weltgeschichte. Der historische Ort des Russisch-Japanischen Krieges

1904/05 . In: Josef Kreiner (Hg.) Der Russisch-Japanische Krieg (1904/05) . Göttingen, 2005. S. 45.

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3.1. „Österreichische“ Tageszeitungen:

3.1.1. Arbeiterzeitung15:

◦ Untertitel: Zentralorgan der österreichischen Sozialdemokraten◦ Seit 1895 Tageszeitung◦ Erscheinungszeitraum: 12. Juli 1889 – 12. Februar 1934 ; bis 1936: illegale Arbeiter-Zeitung;

danach vom 5. August 1945 – 31. Oktober 1991◦ Format 1895-1918: 45 mal 30 cm ◦ Auflage um 1900 von ca. 24.000 Exemplaren◦ Chefredakteur Friedrich Austerlitz

Die „Arbeiter-Zeitung“ im Juli 1889, wenige Monate nach der Neukonstituierung der Sozial-

demokratischen Partei von Victor Adler am „Hainfelder Parteitag“ gegründet, erschien zu Beginn

zweiwöchentlich, später dann in einem wöchentlichen Zyklus und ab 1895, unter Friedrich

Austerlitz als Chefredakteur des „Zentralorgan der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei“, täglich.

Dass es sich hierbei um ein höchst politisches Blatt handelt, spiegelt sich nicht nur in seinem

Hauptanliegen, der „ökonomischen, geistigen und politischen Befreiung der Arbeiterklasse“ wieder,

sondern zielte es bis 1906 auf die Durchsetzung des allgemeinen, gleichen und direkten Wahlrechts

ab. Im Gegensatz zu den meisten anderen Blättern der Jahrhundertwende setzte die

„Arbeiterzeitung“ jedoch nicht einen Leitartikel auf die erste Seite. Die Titelseite war stattdessen

von einem „redaktionell bearbeiteten Nachrichtenteil“ geprägt, darunter schloss wie allgemein

üblich das Feuilleton „unter dem Strich“ an.16

3.1.2. Neue Freie Presse:

◦ Großbürgerlich-Liberale Zeitung◦ Erschien 2x täglich◦ Erscheinungszeitraum: 1. September 1864 – 31. Jänner 1939◦ Format 1864-1918: 42,4 mal 27,5 cm ◦ 1904 eine Auflage von ca. 50.000 Exemplaren ◦ Chefredakteur: Eduard Bacher

Innerhalb der Redaktion der „Presse“ kam es 1864 vermehrt zu politischen Differenzen, als es

zudem noch Zurückhaltungen von Geldern für die Redakteure durch den Herausgeber Zank kam,

verließen die Journalisten Friedländer und Etienne das Blatt und gründeten eine neue Zeitung, die

„Neue Freie Presse“. Ihnen folgte fast das gesamte redaktionelle und administrative Personal der

alten „Presse“. Die „Neue Freie Presse“ entwickelte sich in den nächsten Jahrzehnten zu einer der

meistgelesensten Zeitung der Habsburgermonarchie, welche weit über die Grenzen von Wien

hinausreichte. Ein Grund dafür war ihre politischen Ausrichtung, denn sie verfolgte einen

15 PAUPIE, Handbuch der österreichischen Pressegeschichte, S 88. 16 KNAPPITSCH, (Nach-)Blicke auf die Kaiserin. S. 21 – 22.

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gesamtstaatlichen gemäßigten Liberalismus und sie deckte Nischen wie Wirtschaft und Literatur ab.

Für viele Literaten galt die „Neue Freie Presse“ als Inbegriff der liberalen Bourgeoisie .17 „Über

Jahrzehnte hinweg kennzeichnend für die Zeitung war der im pathetischen Stil gehaltene,

gewöhnlich sehr ausführliche Leitartikel, dessen Verfasser in der Regel Moriz Benedikt,

langjähriger Chefredakteur und Herausgeber der „Neuen Freien Presse“, war. Benedikt wurde

großer Einfluss auf die Politik zugeschrieben.“18

4. Truppen:

Allgemeines:

Bemerkenswert an den bekannten Fakten zur Truppenstärke der beiden Kontrahenten, sind die

kalkulierten Zahlen mit denen – nach wie vor noch – operiert werden muss. Sie befinden sich

bereits in einem zuvor ungeahnten Bereich; auch wenn, aufgrund der schwierigen Versorgungslage,

effektiv nie mehr als 350.000 Mann auf beiden Seiten einsetzbar waren19, so ist doch der Verbrauch

an Kräften und Leben um ein vielfaches höher, als z.B. zu Zeiten des deutsch-französischen

Krieges. „Der Krieg wurde mit Massenarmeen aus Wehrpflichtigen in bisher beispiellosen

geographischen Dimensionen geführt. Schlachten und Operationen dauerten nicht mehr Tage,

sondern Wochen und Monate und der Verbrauch militärischer Güter stieg in bisher ungeahnte

Dimensionen.“20

Die, durch den Sieg Deutschlands über Frankreich 1871, beeindruckten Japaner wandten sich in

ihrem Modernisierungsbestreben verstärkt den preußischen Ansichten und Methoden der

Kriegsführung zu. Die Einführung der allgemeinen Wehrpflicht und die Schaffung eines

unabhängigen Generalstabes standen dabei an primärer Stelle. Diese Maßnahmen zeigten etwa

zwanzig Jahre später im Sino-Japanischen Krieg von 1894/95 bereits ihre Wirkung und 1898

weiteten die Japaner ihr ehrgeiziges Ausbildungsprogramm aus, um die Zahl ihrer Armee

sukzessive zu erhöhen. Zu Ausbruch des russisch-japanischen Krieges verfügte das Japanisches

Kaiserreich über 850.000 trainierte Soldaten und die weitere Möglichkeit nahezu 4.250.000 Mann

noch zu trainieren und ins Feld zu schicken.21 Das Marschgepäck eines Infanteristen, bestehend aus

einem Überzieher, einem kleinen Zelt, event. Werkzeug, zwei Paar Socken, einem Unterwäscheset,

17 ZWEIG Stefan, Die Welt von gestern. Erinnerungen eines Europäers. Frankfurt, 2012. S 122. 18 KNAPPITSCH, (Nach-)Blicke auf die Kaiserin. S. 18.19 WENGER, Lessons not learned... S. 70420 http://www.docjordan.de/aufsatzsammlung/militaerhistorische-themen/der-russisch-japanische-konflikt/resuemee.ht

ml (Abgerufen am: 07.03.2014)21 CONNAUGHTON Richard M., The War of the Rising Sun and the Tumbling Bear: a history of the Russo-Japanese

War 1904-5. Cornwall. 2003. S. 26.

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Toilettenartikel, Näh- und Verbandszeug und zwei Tagesrationen, wog i.e. 28 kg.22 Ihre Bewaffnung

bestand standardmäßig aus dem 6,5mm 'Arisaka Typ 30' Gewehr mit einem Magazin von fünf

Schuss. Jeder Soldat hatte 210 Schuss bei sich. Nebenbei gab es noch den 8mm 'Murata' M1889

Karabiner, welcher hauptsächlich von der Kavallerie verwendet wurde. Ihre Artillerie bestand aus

7,5cm Feld- und Berggeschützen, sowie aus einigen 12cm Haubitzen. In der taktischen

Einsatzmöglichkeit und in ihrer Wirksamkeit waren sie den russischen Geschützen überlegen. Zu

Beginn des Krieges war das Maschinengewehr noch nicht weit verbreitet, jedoch bereits im Herbst

1904 wurde jeder Division zehn 'Hotchkiss' MG's zugeteilt.23

Es ist nicht restlos klar wie groß das Truppenkontingent der Russischen Armee zum Zeitpunkt des

Ausbruchs des Krieges im Februar 1904 in Ostasien gewesen ist. Connaughton geht von etwa

60.000 Mann Infanterie, 3.000 Mann Kavallerie und 164 Geschützen aus.24 Gesamtstärke aller

russischen trainierten Kräfte wird von Connaughton mit etwa 4.500.000 Mann beziffert. Die

russische Infanterie war mit einem modernen 7,5mm Gewehr ausgerüstet, das jedoch einen Manko

hatte: das Bajonett war fix darauf montiert. Dadurch wurde die Treffergenauigkeit drastisch

reduziert. Beim Generalstab der Russen galt nämlich noch immer die Devise, welche seit dem

Krimkrieg bestand, dem Bajonettangriff soll gegenüber dem gedecktem Vorstoßen der Vorrang zu

geben sein.25 Das Marschgepäck bestand aus zwei Paar Unterwäschesets, zwei Paar Schutzstrümpfe

für die Füße, einem Handtuch, einem Paar Handschuhe und Utensilien zum Reinigen der Waffe und

Reparieren der Uniform. Dieses Gepäck wog i.e. 30 kg. Interessantes hat Stefan Kurz in seiner

Diplomarbeit herausgearbeitet und zwar, dass die Kommunikation zwischen den einzelnen

Truppenteilen in der russischen Armee von Standesdünkel und Eitelkeiten geprägt war.26

In der Planung des k.u.k. Generalstabs, das im Jahr 1913 das letzte Truppenreglement vor dem

Kriegsbeginn herausbrachte, findet sich als Hauptwaffengattung die Infanterie. Sie sollte die

Entscheidung in der Schlacht durch einen kurzen massiven Sturmangriff herbeiführen. Ein Verbund

22 CONNAUGHTON, Rising sun and tumbling bear. S. 28.23 CONNAUGHTON, Rising sun and tumbling bear. S. 27.24 CONNAUGHTON, Rising sun and tumbling bear. S. 29.25 KURZ, Die Wahrnehmung des russischen Offizierskorps. S. 107.26 KURZ, Die Wahrnehmung des russischen Offizierskorps. S. 55: „Eine vom in der Mandschurei gewesenen

ungarischen Honvéd Rittmeister Spaits geschilderte Beobachtung scheint charakteristisch für das Verhältnisrussischer Offiziere unterschiedlicher Waffengattungen gewesen zu sein:„Über einen Aufklärungsvorstoß vonKosaken, an dem Spaits teilgenommen hatte, berichtete er, dass es zu einem Zusammentreffen des von ihmbegleiteten Kosakenregimentes mit einer Abteilung von Infanteristen gekommen sei, die zu einem der eigenenübergeordneten Generäle unterwegs war. Zum Verhalten der Kommandanten der beiden sich begegnendenFormationen stellte er fest: „Beide Kommandanten grüßten sich nicht und besprachen sich auch nicht über dieLage und vorhandene feindliche Kräfte“. Im Unterschied dazu stand ein am nächsten Tag erfolgtesAufeinandertreffen mit anderen Kosaken, bei dem sich die Kommandanten sowohl gegrüßt als auch Informationenausgetauscht hätten. An diesem Einzelfall zeigt sich deutlich, wie gering die gegenseitige Achtung der Offiziereunterschiedlicher Waffengattungen gewesen sein muss, zumal insbesondere bei Aufklärungsaufträgen im KriegInformationsaustausch und Absprachen unzweifelhaft von großer Bedeutung sind.“

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von verschiedenen Waffengattungen, wie Artillerie und/oder Kavallerie war nicht vorgesehen,

jedoch sollte es ein Zusammenwirken geben, das aber in der Realität keine Anwendung fand. Der

Artillerie kam überhaupt nur eine Nebenaufgabe im Gefecht selbst zu.27

Zeitungsartikel:

„Wenn japanische Staatsmänner vor Fachleuten die Dauer des Krieges auf mindesten zwei Jahre, seine Kostenauf mehr als zwei Milliarden Yen berechnen, trotzdem aber die Hoffnung auf den endlichen Sieg aufrechterhalten, so leitet sie zweifellos die Erwägung, daß es Japan gelingen muß, was Rußland auch anVerstärkungen nach dem Osten entsende, eine ebenbürtige, oder gar verhältnismäßig überlegene Kriegsmachtauf den Beinen zu halten. Das ist in der letzten Zeit vielfach und von sehr beachtenswerten Kritikern in Europabezweifelt worden; desto mehr verdient es Beachtung, daß man auch in Rußland überwiegend die Ebenbürtigkeitdes Gegners voraussetzt. Das militäroffiziöse Tagblatt 'Rußkij Invalid' zum Beispiel führt aus: 'Bei Beginn desKrieges nahm man, nach dem Informationsbureau des russischen Kriegsministeriums, an, Japan habe eineArmee von 350.000 Mann (13 Divisionen und 26 Reservebrigaden). Die Japaner zogen jedes Jahr 50.000Mann zu den Fahnen ein, ferner 100.000 Mann zur ersten und 50.000 Mann zur zweiten Reserve. Die erstenReserven übten fünf Monate lang und wurden als dem russischen Soldaten mit einjähriger Dienstzeit nur wenignachstehend betrachtet. Während der sieben Jahre vor dem Kriege, die dieses System in Kraf war, lieferte es500.000 Mann der ersten und 300.000 Mann der zweiten Reserve.' Zu einer ähnlichen Schätzung gelangt das' Rußkoje Slowo' bei einer allerdings nicht einwandfreien Vergleichung mit der Heereskraf der europäischenFestlandsstaaten und zieht daraus den Schluß, daß Rußland zum entscheidenden Siege in der Manschurei800.000 oder sogar eine Million Soldaten nötig habe. Da die sibirische Bahn bisher zur Beförderung einesArmeekorps durchschnittlich einen Monat brauchte, ihre Leistungsfähigkeit seit Herstellung der Baikalringbahn aufdas anderthalbfache gestiegen ist, so könnte eine Armee in der nötigen Stärke etwa erst im April oder Juli desnächsten Jahres in Ostasien sein.“28

„Die Japaner werden von der Beriberikrankheit dezimiert. Unter den Russen in Port-Arthur soll Typhusausgebrochen sein.“29

„Dreißigtausend Tote und Verwundete – so schätzt nicht der Gegner, so geben die Berichterstatter, die vonMukden unter russischer Kriegszensur ihre Nachrichten absenden, die Verluste des russischen Heeres an. DieBevölkerung einer Mittelstadt ist hingesunken in Tod und Siechtum: aber das war das Ergebnis des siebtenSchlachttages und nun ist der neunte vollendet. Und weiter wütet die ungeheure Feldschlacht in ungeschwächterGlut des Kampfes. Denn die Russen haben sich am Ufer des Schaho, wohin ihre von der Mandarinstraße, vonden Bergen von Jantai, vom Taitsiho zurückgeworfenen Scharen zusammengeflutet sind, zu verzweifeltemWiderstand versammelt und den siegreichen Vormarsch der Japaner einstweilen zum Stocken gebracht.“30

„Nach japanischen und englischen Schätzungen sollen die Russen in den Kämpfen am Schaho 68.000 und dieJapaner nur 30.000 Mann verloren haben. Gewiß ist der Verlust der Russen, da sie die Angreifer waren,größer als der Verlust der Japaner. Das aber der Unterschied in den Verlusten so groß ist, erscheint kaumglaublich. In London bezeichnet man auch die Schlacht am Schaho als die blutigste der Weltgeschichte, wasebenfalls eine Uebertreibung ist. Einer statistischen Zusammenstellung der Verluste in den Schlachten, die in denletzten hundert Jahren stattgefunden haben, ist zu entnehmen, daß [...] [w]enn am Schaho 350.000 Streitergekämpf haben und von diesen 98.000 Mann getötet und verwundet worden wären, was noch durchaus nichterwiesen ist, so würden die Verluste 28 Prozent betragen und die Schlacht am Schaho käme in der Reihe der seiteinem Jahrhundert geschlagenen blutigen Schlachten erst an dritter Stelle, da an der Moskwa und bei Jenaverhältnismäßig mehr Kämpfer kampfunfähig gemacht wurden als in der letzten Schlacht in der Mandschurei.“31

„So berichtet Gädke aus Mukden: 'Die russischen Verluste sind furchtbar; einzelne Regimenter zählen nur noch800 Gewehre. Das Regiment Wiborg […] verlor 20 Offiziere und 300 Mann an Toten. Die Stimmung istdementsprechend ernst. Die Verwundungen sind jetzt weit gefährlicher als früher, was zum Teile auf älterejapanische Gewehre mit abgeplatteten Kupfermantelgeschossen, zum Teile auf die dickere Kleidung der Soldatenzurückzuführen ist.' Ein französischer Berichterstatter im Mukdener Lager sagt über die Verluste der Russen:'Während der neun Tage des Kampfes betrugen die Verluste der Russen nicht weniger als 2000 Mann täglich.

27 Vgl. ORTNER Christian, Die Entwicklung des österreichisch-ungarischen Kampfverfahrens im Ersten Weltkrieg.In: DORNIK Wolfram / WALLECZEK-FRITZ Julia / WEDRAC Stefan (Hrsg), Frontwechsel. Österreich-Ungarns„Großer Krieg“ im Vergleich. Wien / Köln / Weimar. 2014. Seite 423.

28 Arbeiterzeitung vom 8. Oktober 1904. Nr. 279 – XVI. Jahrgang. S. 4.29 Neue Freie Presse vom 7. Oktober 1904 (Morgenblatt). S. 3.30 Arbeiterzeitung vom 18. Oktober 1904. Nr. 289 – XVI. Jahrgang. S. 1.31 Neue Freie Presse vom 22. Oktober 1904 (Abendblatt). S. 1.

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Die Spitäler sind nicht imstande, alle Verwundeten aufzunehmen. Die russischen Truppen raffen alles Holz, das sieauftreiben können, zusammen, um sich zu wärmen.' Danach wäre die Zahl der Verwundeten allein auf 20.000Mann zu schätzen, sie ist sicherlich weit höher. Ueber die Zahl der japanischen Opfer fehlt jede selbst für eineungefähre Schätzung brauchbare Angabe.“32

„Petersburg, 25. Oktober. Der Korrespondent der 'Virschewija Wjedomosti' meldet aus Tschifu unter demGestrigen: Nach verläßlichen Nachrichten ist Dalny voll von japanischen Verwundeten. Die Japaner geben zu,daß bei den Sturmangriffen sich das Verhältnis der gefallenen Russen zu den gefallenen Japanern wie 1:10 stelle.Die japanischen Soldaten, welche an den Stürmen teilgenommen haben, werden infolge ihrer kläglichenmoralischen Verfassung zur manschurischen Armee transferiert und durch frische Truppen ersetzt, da sich dieTeilnehmer an den früheren Sturmangriffen trotz ihres Fanatismus weigern, neuerlich zu stürmen.“33

„Die angebliche Demoralisation der japanischen Armee habe sich als Erfindung müßiger Optimisten erwiesen,welche das Buffet in Mukden füllten, statt zu kämpfen.“34

„Maßregeln gegen russische Deserteure. (Telegramme der „Neuen Freien Presse“.) Czernowitz, 20. Oktober. Dierussische Grenzbehörde in Rowosielitza verlautbart, daß das Ueberschreiten der Grenze allen Russen unter 50Jahren wegen der vielen Desertionen nicht mehr gestattet ist.“35

„Krakau, 24. Oktober. (Privat.) Der 'Naprzod' meldet aus Sosnowiew: Die ganze Garnison ist mobilisiert.Täglich kommen bis achtzig Desertionen vor.

„Boroslaw, 24. Oktober. (Privat.) Das 'Jaroslawer Wochenblatt' meldet aus Lubacow, daß dort eine ganze aussiebzig Mann bestehende Abteilung russischer Kosaken, welche desertierten, samt Pferden und Munitioneingetroffen ist. Die Pferde und das Geld, das die Abteilung mitführte, wurden von der Bezirkshauptmannschafmit Beschlag belegt und an die russische Behörde abgeliefert. Nach Angaben dieser Kosaken desertierten bisher vonder russische Armee 80.000 Mann. (?)“36

„Bychow (Gouvernement Mohilew), 27. Oktober. Gestern, am zweiten Mobilisierungstage, demoliertenReservisten alle jüdischen Magazine und Buden sowie einige Häuser. Am Abend wurden einige geplünderteBuden angezündet. Erst das Eintreffen eines Miliärkommandos aus Rogatschew ließ die Bevölkerung freiaufatmen und tat der Plünderung Einhalt. Der Schaden wird auf 200.000 Rubel geschätzt.

„Petersburg, 27. Oktober. Die Russische Telegraphenagentur meldet, daß judenfeindliche Ausschreitungen imeigentlichen Sinne des Wortes in Mohilew nicht stattgefunden haben. Eine Anzahl Bauern beging bei derAushebung von Soldaten Gewaltakte, indem sie in Geschäfe eindrang, Fensterscheiben einschlug und Juden sowieChristen gehörige Häuser bombardierte. Auch in anderen Orten des Gouvernements kam es zu Ruhestörungen.Jetzt ist die Ordnung wiederhergestellt.“37

Fazit:

Über die Gesamtzahl der Verwundeten und Getöteten fehlen selbst heute noch exakte Zahlen. Man

geht davon aus, dass bei der Einnahme von Port Arthur allein 40.000 Tote und nochmals 20.000

Verwundete zu beklagen sind.38 Die Schlacht am Schaho, die unentschieden am 15. Oktober

ausging, verursachte bei den Russen ca. 46.000 und bei den Japanern ca. 16.000 Verluste. Gut

ersichtlich ist hierbei bereits die mediale Inszenierung von Zahlen. Beide Parteien versuchen mit

ihren Aussendungen die eigenen Verluste als gering und die des Gegners als weitaus höher

darzustellen, als sie tatsächlich gewesen waren. Dies ist ein propagandistische Variante, die bis in

32 Arbeiterzeitung vom 23. Oktober 1904. Nr. 294 – XVI. Jahrgang. S. 4.33 Neue Freie Presse vom 26. Oktober 1904 (Morgenblatt). S. 4.34 Neue Freie Presse vom 18. Oktober 1904 (Morgenblatt). S. 4.35 Neue Freie Presse vom 21. Oktober 1904 (Morgenblatt). S. 4. 36 Arbeiterzeitung vom 25. Oktober 1904. Nr. 296 – XVI. Jahrgang. S. 4. 37 Arbeiterzeitung vom 28. Oktober 1904. S. 4.38 BREMM, Russlands Desaster im Fernen Osten. Der Russisch-Japanische Krieg 1904/05. In: ÖMZ 06/2004. S. 701.

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unsere Zeit noch verwendet wird.39 Ein aus dem Ersten Weltkrieg nur zu bekanntes Bild zeigt auch

eine Meldung der Agence Havas, die in der „Neuen Freien Presse“ abgedruckt wurde und in der

lange Züge von Verwundeten und Flucht der ortsansässigen Bevölkerung geschildert werden.40

Bemerkenswert ist auch die bildliche Darstellung der Stürme und Verwundeten. Das hier auch

Sensationsgier eine Rolle spielt, ist natürlich immer miteinzubeziehen, trotzdem zeigt es doch ein

anderes Bild, als das des heroischen Soldaten.41

Unzufriedenheit herrschte unter den neu einberufenen russischen Soldaten.42 Hier nimmt die

„Arbeiterzeitung“ eine – für sie günstige – Gelegenheit wahr, gegen das Russische Reich und den

Zarismus zu schreiben.43 Dieses Sujet wird von der „Arbeiterzeitung“ immer wieder aufgegriffen

und thematisiert, wohingegen es in der „Neuen Freien Presse“ kaum Erwähnung findet.

Bemerkenswert ist die Tatsache, dass es nur zu Aufständen im Aushebungsgebiet und in Moskau

kam, welche nach kurzer Zeit niedergeschlagen wurden, es an der Front allerdings zu keinerlei

39 Vgl. http://www.welt.de/politik/ausland/article10328885/77-000-Tote-Iraker-zweifeln-Opferzahlen-an.html (12. 03.2014)

40 Neue Freie Presse vom 27. Oktober 1904 (Morgenblatt). S. 4: „Paris, 26. Oktober. Die Agence Havas meldet ausMukden vom Gestrigen: Infolge der herrschenden Kälte haben die Truppen viel zu leiden. Die Gegend ist bis auf 30Werst südlich von Mukden verwüstet. Die Staßen bieten einen traurigen Anblick. Lange Züge von Verwundetenbewegen sich langsam vorwärts. Die gesamte einheimische Bevölkerung ist mit Weib und Kind vom Kriegsschauplatzgeflohen. Die frühere Wohlhabenheit ist verschwunden. Eine große Zahl von Hütten ist dem Erdboden gleichgemacht.Mukden ist von Hunderten von Familien, die das Nötigste entbehren und in den Straßen lagern, überfüllt. DieFeindseligkeiten sind noch immer unterbrochen. Das Vorgehen der Japaner zeigt von großer Ratlosigkeit. In den letztenTagen schienen sie erst entschlossen, auf Mukden vorzurücken, gaben aber plötzlich den Vormarsch ohne erkennbareUrsache auf.“

41 Neue Freie Presse vom 24. Oktober 1904 (Abendblatt). S. 5: „Im einzelnen ist noch hervorzuheben: Am 16. OktoberNachts stürmten die Schützenregimenter 19, 32 und 36, sowie die Regimenter Neuschlot, Petrow und Wilmansstrandden sogenannten Baumhügel, jetzt Putilowhügel, am Südüfer des Schaho gegen eine Brigade von Nodzus Armee. Eskam zum Kampf Mann gegen Mann, der sehr blutig wurde. Freund und Feind waren schwer zu unterscheiden. DieRussen erbeuteten sechs Feld- und fünf Gebirgsgeschütze, sowie ein Maschinengewehr. Der Gegner wurde eine Werstweit verfolgt. Kuropatkin besichtete mittags den Hügel, der noch voller Leichen war, die sich teilweise noch in derTodesstarre umfaßt hielten. Der General geriet hierbei selbst ins Geschützfeuer. Die Verwundungen sind infolge der meistbis zum Bajonettkampf durchgeführten Angriffe sehr schwer. Unaufhörlich befördern lange Güterzüge Verwundetenordwärts.“

42 Arbeiterzeitung vom 9. Oktober 1904. S. 2: „Die Russische Telegraphenagentur tritt heute mit zwei Dementis auf denPlan. Das eine klingt recht bescheiden. Daß bei der Aushebung der Rekruten in Südrußland Ausschreitungen geschehensind, wagen die hohen Auftraggeber des Bureaus nicht zu leugnen, aber sie behaupten, sie seien nicht an vielen, sondernan vier Orten geschehen und dann seinen an den Vorgängen überhaupt nur die Juden schuld. Einmal, weil jüdischeHändler durch ihre Preistreiberei die Erbitterung der Reservisten hervorgerufen hätten, zum anderen falle überhaupt dieVerantwortung für die Erregung der Leidenschafen größtenteils auf jüdische Sozialisten, die überall an denSammelpunkten der Reservisten Proklamationen gegen den Krieg verbreitet, aber nichts anderes hiedurch erreichthätten, als den Zorn der Christen gegen sich zu erregen. Uns scheint, die ...ckere Agentur will da etwas zu viel beweisenund mut.. den Juden eine gar zu vielseitige Rolle zu. Sowohl als Lebensmittelwucherer wie auch als Verteiler vonrevolutionären Proklamationen sollen die Juden den Haß der Reservisten auf sich gezogen haben. DieReservistenkrawalle wären also ein elementarer Ausbruch eines überwallenden Patriotismus? Während alle Welt dieMeinung hegte, die drückenden und rücksichtslos durchgeführten Aushebungen hätten die Revolten der Verzweiflunghervorgerufen, haben sie vielmehr in den Einberufenen einen so lebendigen Kriegseifer entzündet, daß diese schon in derHeimat den Kampf gegen die Feinde des Zarismus , die 'jüdischen Sozialisten', eröffneten. Es ist eigentlich ungerecht undunvernünfig, daß eine so nützliche und den höchsten Zwecken der Petersburger Politik dienenden Bewegung im 'Keimeunterdrückt wurde'. Werden die russischen Gendarmen nun schon gar aufgeboten, um die 'jüdischen Sozialisten' zubeschirmen?“

43 Arbeiterzeitung vom 4. Oktober 1904. S. 3: „Unzufriedenheit unter den einberufenen Soldaten. Seit dem Ausbruchdes Krieges ist das Militärgefängnis in Petersburg überfüllt. Die Soldaten ziehen es vor, statt eines 'glorreichen' Todesfür den Zaren und das Vaterland zu sterben, ins Gefängnis zu gehen. Viele, die in den Krieg ziehen sollen, begehenabsichtlich ein Verbrechen, um ins Gefängnis zu gelangen und so dem Kriege zu entgehen. Eine Menge von Soldaten istauf der Hauptwache untergebracht, bis Plätze im Militärgefängnis frei werden. Der Gefängnisdirektor hatte denSoldaten ins Gewissen geredet: 'Schämt ihr euch nicht, was wird der Feind sagen, wenn er erfährt, welch eine Anzahlvon Soldaten die Gefängnisse bergen; wird der Feind nicht sagen: So groß ist also der Wunsch der Soldaten, für denZaren und das Vaterland zu sterben!?'“

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erwähnten Aufständen oder Desertionen kam. Inwieweit das der tatsächlichen Realität entsprach,

vermochte ich leider nicht festzustellen. In der mir zugänglichen Literatur und auch in den

untersuchten Tageszeitungen fand ich zumindest keinen Hinweis darauf. Der Niederschlag der

Aufstände und Erhebungen wird in der „Arbeiterzeitung“ wieder extra betont, wohingegen in der

„Neue Freie Presse“ über strategische Operationen und Truppenverschiebungen geschrieben wird.

Aufschlussreich sind die Berichte über geistige Erkrankungen der Soldaten.44 Auch hier zeichnet

sich wieder ein Bild ab, welches den Ersten Weltkrieg vorweg nimmt. Leider fehlen genauere

Angaben über die Art der Erkrankungen und deren Symptome, jedoch hätte damals die Möglichkeit

bereits bestanden, sie zu untersuchen und Behandlungsmethoden zu finden. Ob dies in der

russischen und japanischen Medizin geschehen ist, dazu fehlen die nötigen Dokumente; in den

europäischen Ländern wurde diese Gelegenheit, wie so viele andere auch, auf Grund von

stereotypischen Ansichten nicht wahrgenommen.

Eine weitere Parallele zum Ersten Weltkrieg stellt die Missachtung des Roten Kreuzes dar.45 Im

Ersten Weltkrieg wurden Rot Kreuz Waggons als Munitionstransport verwendet und auch

beschossen, im Russisch-Japanischen Krieg galt das auch für Hospitalsschiffe, sowie für

Kriegskonterbande, die als Transporte von Verbandsmaterial und Versorgungsgüter getarnt wurden.

44 Neue Freie Presse vom 24. Oktober 1904 (Abendblatt). S. 5: „Infolge der großen Aufregungen und Entbehrungenwurde wiederholt das Auftreten geistiger Erkrankungen beobachtet, doch ist die Stimmung im russischen Heere festentschlossen, den Krieg ehrenvoll zu Ende zu führen. Andererseits ist der Wunsch nach Frieden allgemein. Man hofft, daß,wenn jetzt ein wirklich entscheidender Sieg der Russen erfolgt, ein Friedensschluß möglich sein werde, der für beideParteien annehmbar wäre, während ein ungünstiges Ergebnis die Aussichten des Friedens auf lange Zeit vernichtenwürde. Aus dem japanischen Operationsgebiet zurückkehrende Chinesen berichten von der völligen Verarmung derBevölkerung; es herrsche dort dasselbe Elend, wie es auch hier beobachtet wird. Zweifellos mißbilligen ja die höherenFührer beider Heere aufs schärfste die Ausschreitungen von Marodeuren, wodurch die unvermeidlichen Härten desKrieges ohne Not vermehrt werden.“

45 Arbeiterzeitung vom 23. Oktober 1904. S. 3: „Der Zerstörer 'Nastoropny' hat mit den amtlichen Nachrichten auchprivate Mitteilungen gebracht, darunter einen Brief des Generals Balaschow, Chef des Roten Kreuz-Korps in PortArthur, an den Berichterstatter des Reuterschen Bureaus. Darin beklagt sich der General, die Japaner hielten sich nichtan die Genfer Konvention. Sie hätten die Russen gezwungen, drei als Hospitalschiffe deutlich bezeichnete Fahrzeuge imStiche zu lassen. Diese Schiffe hätten fern von den russischen Kriegsschiffen geankert. Aber die Japaner, die Lufballonsverwenden, um das Feuer ihrer Artillerie zu dirigieren, hätten Granaten mit großer Genauigkeit gerade auf diese Stelledes Hafens verschossen. Sie hätten die Hospitalschiffe unmöglich für Schiffe der Kriegsflotte halten können, aber absichtlichdie verwundeten von den Schiffen getrieben, dem Anscheine nach zu den Zwecke, um die Schiffe zum Sinken zu bringen;dies sei auch wirklich geschehen. Ebenso hätten sie früher auch ihr Feuer auf die Teile der Stadt konzentriert, wo fastausschließlich Hospitäler gestanden hätten. Balaschow schließt den Brief mit der Bemerkung, er hätte noch anderesauszuführen, habe aber kaum Zeit zum Schreiben, kaum Zeit zum Essen und Schlafen, bitte jedoch, daß sein Brief alsProtest an die Welt veröffentlicht werde. So klagen Russen über die Grausamkeiten der Japaner und Japaner nichtanders über die Russen: daß sie nie Zeichen des Roten Kreuzes, ja nicht einmal die weiße Flagge beachteten, daß, alseinst die Ueberlebenden einer Sturmabteilung von 600 Japanern, die durch russisches Feuer furchtbar, dezimiert wordenwar, in hoffnungslos exponierter Stellung das Zeichen der Waffenstreckung gegeben haben, die Russen dennoch dasFeuer fortgesetzt hätten bis der letzte Mann gefallen sei. Daß sie of bei Ausfällen die verwundet vor den Forts liegendenJapanern mit Kolbenhieben totschlugen. Darum sei, so berichten japanische Generale, die Stimmung unter denjapanischen Belagerungstruppen so erbittert, daß man befürchten müsse, bei der Einnahme der Festung werden sich dieSoldaten nicht abhalten lassen, allen Russen den Garaus zu machen und keinem Pardon zu geben. Die entsetzlichenGreuel, zu denen im langwierigen Kampf aufs äußerste gesteigerte Erbitterung führt, treten uns aus beiden Anklagen,mögen im einzelnen Uebertreibungen unterlaufen, deutlich hervor. Aus dem Berichte Balaschows läßt sich überdies nochentnehmen, daß in Port Arthur die Unterbringung und Verpflegung der Verwundeten bereits auf die größtenSchwierigkeiten stößt.“

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5. Kriegsschauplatz:

Allgemeines:

In diesem Kapitel befasse ich mich mit den Meldungen über den Kriegsschauplatz selbst. Außer

Acht gelassen werden soll hier die topographischen Eigenheiten des Geländes, sondern es sollen

v.a. die allgemeinen Begebenheiten und Erkenntnisse angeführt werden, die sich aus der

Kampfweise ableiten lassen, beleuchtet werden.

Der Kriegsschauplatz ist in der heutigen Provinz Liaoling im Süden der Mandschurei gelegen. Er

liegt von Tokio i.e. 1.500 km und von St. Petersburg 6.200 km entfernt. Das Kriegsgebiet liegt zw.

dem 38. und 43. Breitengrad, somit in etwa der selbe Zone, in der Italien liegt. Vom Klima

allerdings ist es viel rauer und extremer; von heißen und regnerischen Sommern bis zu kalten

schneereichen Wintern.46 Im Zentrum ist ein gebirgiges Land mit viel Wald, welches nach

Südwesten hin in eine Ebene abfällt. Diese Ebene ist mit zahlreichen Flüssen durchzogen, welche

durchwegs schiffbar sind.47 In der Ebene wird in damaliger Zeit v.a. Getreide, wie Hirse und Weizen

angebaut, jedoch war der Ackerbau durch den größtenteils morastigen Boden generell schwierig.

Von einiger Bedeutung waren die Hülsenfrüchte wie z.B.: Erbsen und Bohnen. Noch zu erwähnen

ist der Anbau von Mohn, aus dem Opium gewonnen wird, welches als inoffizielles Zahlungsmittel

dient, da sein Preis ständig im steigen begriffen war.48

Die Kartographierung des Kriegsgebietes konnte unterschiedlicher nicht sein. Die Japaner mit

ihrem ausgezeichneten Spitzelwesen und Kundschaftsdienst hatten bereits lange vor

Kriegsausbruch die gesamte Gegend, sowie große Teile des Hinterlandes und entlang der

Transsibirischen Eisenbahn erkundet und verzeichnet. Die Russen waren hingegen, aufgrund ihrer

schwerfälligen Bürokratie und der weit verbreiteten Amtsträgheit, nur beschränkt mit

Kartenmaterial versorgt.49 Die meisten mussten erst während des Krieges hergestellt werden.50

Zeitungsmeldungen:

46 REVENTLOW, Der russisch-Japanische Krieg Bd.II. S. 6.47 REVENTLOW, Der russisch-Japanische Krieg Bd.II. S. 11.48 DÖRING, Korea – Rußland in Asien. - Die Mandschurei – Japan und China. In: REVENTLOW, Der

russisch-Japanische Krieg Bd.II. 1906. S. 7949 Neue Freie Presse vom 18. Oktober 1904 (Morgenblatt). S. 4: „Berichte russischer Blätter über die Vorgänge auf dem

Kampffelde. (Telegramm der „Neuen Freien Presse“) Der Korrespondent der 'Rußkoje Slowo', Lobyschenski, erklärt ineinem Mukdener Telegramme vom 19.d. das bisherige Mißlingen des Operationsplanes des russischen Ostflügels mitder Tatsache, daß das Terrain nicht nur schwierig, sondern auch unbekannt war.“

50 KURZ, Die Wahrnehmung des russischen Offizierskorps. S. 98: „So besaßen die Russen nur für die Gegendsüdlich von Liaojan genaue Karten. Nach der Niederlage bei Liaojan standen zunächst nur solche Karten zurVerfügung, die auf die wichtigsten Marschstrecken und Verbindungswege beschränkt waren. Ein großer Teil derGeneralstabsoffiziere war daraufhin zunächst damit beschäftigt, militärisch verwendbare Karten für das nördlicheGebiet herzustellen. Aus diesem Grund hielt Csicserics eine Offensive am Schaho zum Zeitpunkt, an dem siestattfand, für unwahrscheinlich.“

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„Woran soll nun Kuropatkin glauben, wo soll er seine Hauptkraf zur Begegnung des feindlichen Hauptstoßesbereitstellen? Die hierfür in Frage kommenden Räume sind 100 Kilometer – vier Tagmärsche von einanderentfernt. Irrt er in der Voraussetzung und verlegt seine Hauptkraf an jenen Flügel der nicht angegriffen wird,dann ist der Fehler der Gruppierung nicht mehr gut zu machen.“51

„Man könnte daher behaupten, daß alles, was nach dem für dieses Jahr festgestellten Kriegsplane anbeabsichtigten Operationen bis zum Eintritt der Kälte, das ist mitunter schon Ende Oktober, nicht geschah, bis zumnächsten Frühjahre unausgeführt bleibt. Den Winter dürfen beiden Armeen in befestigten Abschnitten, dieJapaner am Hunho, die Russen nördlich von Tjelin verbringen.“52

„Die Russen benützen Tjelin augenscheinlich als ihre Hauptbasis und hätten eine Reihe von Befestigungen zumSchutze von Tjelin auf den Höhenrücken im Südosten errichtet. Dem Vernehmen nach legten die Russen starkeVerschanzungen auch bei Ilu, 19 Meilen nördlich von Tjelin. Der Fluß, an dem die Stadt Tjelin liegt, seiunpassierbar. Fusan sei von einer starken russischen Streitmacht besetzt. Die Verteilung der russischen Streitkräfebestärkte die Ansicht, daß Kuropatkin nur beabsichtige, Ojama beim Ueberschreiten des Hunho aufzuhalten undein Schlachtfeld zu schaffen, das jetzt schleunigst befestigt werde.“53

„Die Japaner erwarten danach [aus englischen Quellen Anm. d. Autors] die russische Offensive in zum Teiltrefflich befestigten Stellungen am Taitsiho. Sobald es sich freilich darum handelt, diese Stellungen genauer zubestimmen, geraten die einzelnen Nachrichten miteinander und mit dem, was man über die Verteilung derjapanischen Streitkräfe bisher gehört hatte, in Widerspruch. Auffällig ist die Meldung, russische Kosaken hätten beiPönsiku den Taitsiho überschritten und andere Abteilungen der Russen hätten den Bahnhof von Jantaieingenommen. Wird doch andererseits wieder Jantai54 für den Kernpunkt der japanischen Stellungenausgegeben. Der Bahnhof liegt aber acht Kilometer westlich, Pönsiku zwölf Kilometer östlich von den Minen vonJantai. Eine solche Durcheinanderschiebung der feindlichen Streitkräfe, noch dazu ohne Kampf – von dem garnichts gemeldet wird - , ist undenkbar. 55

„Die Offensive ruht im Augenblick auf beiden Seiten. Nicht nur der Regen, auch die Notwendigkeit, dieAbgänge an Munition und Verpflegungsvorräten zu ergänzen, verursacht Gefechts- und Operationspausen. DasKriegführen ist leicht bei trockenem Boden, klarem Himmel und nicht zu warmer Temperatur – wie eben dasHerbstwetter nach Erfahrungen früherer Jahre in der Mandschurei geschildert wird. Bei Witterungsverhältnissenjedoch, wie solche das heurige Jahr über den ganzen Kontinent vom Stillen bis zum Atlantischen Ozean gebrachthat, hört sich die Poesie des Kriegslebens auf. Der Boden naß, von oben Nässe, Kleider und Rüstung naß,Viktualien und Brennholz in den Feldküchen naß, da wird auch der gute Mut bald zu Wasser. […] In denSchützen- und Deckungsgräben sammelt sich das Wasser, die Leute stehen stellenweise tagelang darin, wo eineAbleitung unmöglich ist.“ 56

„Die Kriegsführung wird daher auf beiden Seiten unter den außerordentlichen klimatischen Schwierigkeitenleiden, weil man nicht erwarten kann, daß Armeen bei Frösten von 20 bis 30 Grad, wie sie während dernächsten Monate selbst in der Südmandschurei vorkommen, nicht schlagfertig sein können. Besonders hart wirdder Winter wohl die Japaner treffen, da sie im Süden ihres Landes keinen Frost mehr kennen, während dieBewohner der Insel Jesso schon an strenge Kälte, wenn auch nicht im sibirischen Maßstab, gewöhnt sind. Ihnenwird schon der Winter von Niutschwang mit Frösten von – 23 Grad unangenehm werden. Friert doch im Winterdes Gelbe Meer bis auf weite Strecken hinaus zu und selbst der Hafen von Port Arthur bekommt vorWeihnachten eine Eisschicht, die nur von Eisbrechern zerstört wird. Viel ärger ist der Hafen von Wladiwostokdaran, der schon im November zuzufrieren beginnt, weil es dort schon starken Frost gibt. Das Hafeneis erreicht inder „Beherrscherin des Ostens“ im Weihnachtsmonat schon mehr als einen halben Meter Dicke, bei einerDurchschnittskälte von – 10 Grad Celsins. Es ist unter diesen Umständen ausgeschlossen, daß eine jetzt vonRußland abgehende Flotte noch in einen eisfreien russischen Hafen Ostasiens gelangt, weil sie kaum vor Mitte desWeihnachtsmonats dorthin käme. W– r.“57

„London, 27. Oktober. Der Korrespondent des Reuterschen Bureaus bei der russischen Westarmee meldet unterdem 26. d.: Die russischen und japanischen Vorposten stehen sich auf 600 bis 800 Meter gegenüber.“58

51 Neue Freie Presse vom 1. Oktober 1904 (Morgenblatt). S. 2.52 Neue Freie Presse vom 4. Oktober 1904 (Morgenblatt). S. 2.53 Arbeiterzeitung vom 7. Oktober 1904. S. 2.54 Heutiges Yantai55 Arbeiterzeitung vom 11. Oktober 1904. S. 2.56 Neue Freie Presse vom 22. Oktober 1904 (Morgenblatt). S. 3.57 Arbeiterzeitung vom 23. Oktober 1904. S. 4.58 Arbeiterzeitung vom 28. Oktober 1904. S. 4.

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Fazit:

Es zeigt sich in den Berichten schon ein ziemlich deutliches Bild vom Stellungskampf.59 Interessant

ist, dass trotz des unwegsamen Geländes, welches durch Hügel und Wälder gekennzeichnet ist, eine

räumliche Ausdehnung der Frontabschnitte über weite Strecken stattfand. Durchschnittlich kamen

etwa je Frontmeter zwei Gewehre60 und dies bei einer Front von beinahe 100 km. Hochgerechnet

auf europäische Verhältnisse, bei einer Mobilisierungsstärke von ca. 1,3 – 3,2 Millionen Mann,

wäre eine völlige Abdeckung der voraussichtlichen Fronten möglich gewesen.61 Dass es eine

unumgängliche Notwendigkeit war, bei einer solchen Distanz eine funktionierende Kommunikation

zu etablieren liegt auf der Hand. Das Straßennetz war nicht stark ausgebaut, zudem in einem

schlechten Zustand und nach den häufig auftretenden Regenfällen nicht zu gebrauchen, da sie sich

in eine Morastmasse verwandelten.62 Somit kamen die Straßen nur bedingt zu Verschiebungen und

Versorgung der Truppen in Frage. Dies beschränkte sich vorwiegend auf die Eisenbahn, in deren

Nahbereich auch die militärischen Operationen geführt wurden und deren Bahnhöfe wichtige

Stationen sowie Ziele von Operationen waren. Das Eisenbahnnetz war jedoch auch ziemlich

schwach ausgebaut. Für die Japaner kam noch die Tatsache hinzu, die eroberten Gleise erst auf ihr

schmäleres Gleissystem umzuspuren, um sie benützbar zu machen.63 In Europa war das

Eisenbahnnetz unvergleichlich dichter ausgebaut, somit war es leichter schneller zu agieren bzw.

reagieren und Truppen und Reserven zu verschieben. Dieser Tatbestand in Verbindung zu der

größeren Truppenstärke musste zwangsläufig zu einer frontal erstarrten Front und einem

Abnützungskrieg führen.64

Auch der Verweis auf von Artillerie65 verwüstete Landstriche, die durchzogen von Schützengräben66

59 Arbeiterzeitung vom 25. Oktober 1904. S. 4: „Im ganzen einen Situation, wie die Kriegsgeschichte nicht leicht eineähnliche darbietet. Denn die beiden ruhenden Heere, die eben noch auf Tod und Leben mit beispielloser Hartnäckigkeitgekämpf, stehen einander stellenweise nur durch den Zwischenraum von einigen hundert Schritten getrennt gegenüber.In Lingschöngpu liegt zwischen den Vorposten nur die breite Straße. Die vorgestern gemeldete Räumung Schahopusdurch die Japaner wird heute von den Russen selbst damit erklärt, daß die Japaner bloß eine weniger gebrochene Liniehätten herstellen wollen.“

60 WENGER, Lessons not learned... S. 704.61 WENGER, Lessons not learned... S. 713.62 REVENTLOW, Der russisch-Japanische Krieg Bd.II. 1906. S. 167.63 WENGER, Lessons not learned... S. 705.64 WENGER, Lessons not learned... S. 713.65 Neue Freie Presse vom 21. Oktober 1904 (Morgenblatt). S. 11: „London, 20. Oktober. Dem Reuterschen Bureau

wird aus Mukden vom Heutigen über Peking gemeldet: Die große Schlacht am Schaho endete damit, daß die beidenArmeen sich Front gegen Front gegenüberstehen, nur durch den Schaho getrennt. Der Artilleriezweikampf wurde am 18.und 19. den ganzen Tag über fortgesetzt. Das russische Zentrum rückt Tag für Tag unter einer hefigen Kanonade etwasvor. Auf ihrem linken Flügel halten die Russen seit dem 16.d. trotz der andauernden Beschießung und zahlreicherInfanterieangriffe eine ausgezeichnete Stellung auf einer Anhöhe besetzt, die den Schaho beherrscht. Auf dem rechtenFlügel wenden die Russen Mörser an, mittels deren die die Japaner von einem kleinen, in der Ebene liegenden Hügel zuvertreiben versuchen. Die letzten Regenfälle hatten ein Anschwellen der Flüsse zur Folge, so daß die Verwendung vonPontons erforderlich ist, da über den Schaho keine Brücke führt.“

66 Neue Freie Presse vom 2. Oktober 1904 (Morgenblatt). S. 2: „Die Russen stehen bis zum Scheitel gedeckt inVerschanzungen, die Japaner treffen ähnliche Anstalten, indem sie ihre gegenwärtigen Positionen gleichfalls befestigen.“

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sowie Untertunnelungen und mit Drahtverhauen67 gesichert sind, erinnert schon stark an die

bekannten Bilder der Westfront ab November 1914. Als damals völlig unglaublich wird von den

Zeitungsredakteuren die Situation empfunden, dass sich beide Armeen oft auf Schussweite oder

noch näher gegenüberstehen, eingegraben und darauf warten, dass der Gegner heran gestürmt

kommt.68 So etwas schien undenkbar, jedoch kannte man Kriege nur aus der Perspektive

vergangener Tage. Hier war v.a. der Deutsch-Französische Krieg von 1870/71 der Maßstab mit dem

gewertet wurde. An die Möglichkeit sich einzugraben und den defensiven Vorteil zu nutzen hatte

wenig mit den soldatischen Tugenden in dieser Zeit gemein. Das sich dies mit Einführung neuer

Waffen änderte zeigt sich auch schon sehr bald im Verlaufe der Landoperationen des

Russisch-Japanischen Krieges, dass sobald ein Gebiet erobert und gehalten werden konnte, mit dem

Ausbau von Befestigungen begonnen wurde. Bezeichnend ist hierfür, dass es die russische Armee

war, die im Ersten Weltkrieg damit begonnen hatte sich einzugraben. Die Russen verwendeten

zudem bei ihren Rückzügen bereits gestaffelte Stellungen, wie sie auch später von den Deutschen

angewendet wurden.69

6. Versorgung:

Allgemeines:

Es gibt viele Beispiele dafür, dass der Erfolg einer Kampagne auch von einem effektiven

Logistiksystem abhängig ist. Hierin waren die Japaner den Russen weit überlegen. Nicht nur durch

die weit kürzeren Wege, sondern auch durch eine straffe Organisation mit klaren

Kommunikationsstrukturen und Zuständigkeitsbereichen hatte der japanische Generalsstab einen

großen Trumpf in seiner Hand.70 Einerseits durch die Erkenntnis der Wichtigkeit und Notwendigkeit

einer funktionierenden Versorgung haben sich die Japaner einen Vorteil herausgearbeitet

67 Arbeiterzeitung vom 27. Oktober 1904. S. 5: „Petersburg, 26. Oktober. Die Russische Telegraphenagentur meldet ausMukden von heute: In der letzten Zeit gehen die Japaner sehr sparsam mit den Artilleriegeschossen um. [...] Diejapanischen Positionen sind in einer Ausdehnung von etwa 8 Kilometer mit Redouten, Schützengräben, Drahthindernissenund Wolfsgruben befestigt.“

68 Neue Freie Presse vom 28. Oktober 1904 (Morgenblatt). S. 4: „Eine nach modernen Kriegserfahrungen fastunverständliche Situation! Zwei große Armeen stehen sich seit Tagen in Schlachtfront gegenüber. Beide haben ihreStellungen stark verschanzt, und wenn nicht im Zwischenterrain oder an den Flügeln Zusammenstöße vonAufklärungsdetachements stattfänden, würde auf dem Schlachtfelde Ruhe herrschen. Daß die letzten Kämpfe am Schahokeine Entscheidung brachten, daß aus denselben keiner der Gegner als Sieger oder als Besiegter hervorging, beweist amdeutlichsten die gegenwärtige Situation; jeder behauptet sein Feld.“

69 Beihefte zu STREFFLEURS Milit. Zeitschrift, (= Organ der militärwissenschaftlichen Vereine), Die Kämpfe amSchaho. Die Schlacht: Ereignisse am 13. Oktober. (=Einzelschriften über den Russisch-japanischen Krieg Bd. VI.Heft 47.). Wien, 1912. S. 567: „Nach 2h nachmittags überbrachte der Generalstabshauptmann Schdanow demObersten Martynow den Befehl des Korpskommandos: »Das Infanterieregiment Nr. 9 ist in den Schützengräbensüdlich Hantschenpu postiert. Der Korpskommandant befiehlt Ihnen: Sobald der Rückzug der Truppen: des rechtenAbschnittes beginnt, haben Sie im Einklang mit diesen Truppen, und zwar hinter die Nachhutstellung zurückzugehen, ohne das Feuer zu maskieren.« “

70 CONNAUGHTON, Rising sun and tumbling bear. 2004. S. 28.

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andererseits waren sie von Anbeginn an besser auf die Verhältnisse in der Mandschurei vorbereitet.

Denn die russischen Truppen waren für einen Krieg in Europa ausgebildet und ausgerüstet und

mussten sich erst mühsam an die Verhältnisse in Ostasien anpassen.71 Die Versorgung der

japanischen Truppen erfolgte über den Seeweg. Deshalb war eine ungestörte Verbindung zwischen

dem Kriegsschauplatz und den japanischen Heimatinseln so wichtig. Die Aufgabe des Schutzes der

Transportlinien übers Meer übernahm die Flotte von Admiral Togo. Auf russischer Seite war durch

die Kontrolle der Japaner über die Meeresstraßen nur die Versorgung über den Landweg möglich.

Dies sollte mit der Transsibirischen Eisenbahn geschehen. Sie wurde zwar bereits 1903

fertiggestellt, jedoch war sie mit dermaßen vielen Mängel behaftet, dass es noch einmal einige

Millionen Rubel und viele Monate dauerte bis sie zuverlässig benützbar wurde. Auch fehlte noch

ein Teilstück rund um den Baikalsee. Die einspurige Transsibirische Eisenbahn konnte monatlich

nur rund 30.000 Mann aus Europa nach Ostasien transportieren72 und war dadurch in ihrer Kapazität

völlig ausgelastet. Die Reise von Moskau, wo Ende 1904 täglich zwischen neun und zehn Züge

abgingen,73 nach Mukden dauerte mit Glück etwa fünfzehn Tage, aber die Regel waren eher ein

Monat bis vierzig Tage.74 Es mussten ja nicht nur die Mannschaften zugeführt werden, eine

kriegstüchtige Armee zur damaligen Zeit benötigte eine große Anzahl an Versorgungsgütern wie

Verbandsmaterial, Kleidung und Verpflegung und hatte einen gewaltigen Tross von Pferden,

Geschützen, Munition, Material zum Barackenbau usw. - alles Dinge, die viel Platz benötigen und

eine Herausforderung für die Logistik darstellten - im Schlepptau. Der Vorteil der Russen

gegenüber den Japanern lag darin, dass die Bahn die Truppen und ihren Tross direkt zuführte, die

Japaner hingegen erst die Koreahalbinsel durchqueren mussten, nachdem sie ausgeschifft wurden.

Nahrung für die Truppen, wie frisches Fleisch, Getreide für frisches Brot, Tee, Zucker und Reis

wurde nach Möglichkeit aus der Umgebung bezogen.75 Dass dies eine Belastung für die örtliche

Bevölkerung darstellt scheint klar, jedoch profitierten sie auch durch den Verkauf, da bei weitem

höhere Preise erzielt werden konnten, als in Friedenszeiten. Wenn eine Versorgung durch die

Region nicht möglich war, wie das z.B. in Port Arthur der Fall war, wurde auf haltbar gemachte

Kost, wie Konserven oder getrocknetes Fleisch bzw. Wurst und Zwieback zurückgegriffen.

Weithin großes Lob bei den Kriegsberichterstattern und Militärbeobachtern fanden die russischen

Feldküchen, aber auch die Schnellkocher der Japaner wurden als Innovation gefeiert. Mit diesen

Schnellkochern könnte sich jeder japanische Soldat selbst, möglichst unkompliziert, schnell und bei

71 REVENTLOW, Der russisch-Japanische Krieg Bd.I. 1906. S. 239.72 BREMM, Russlands Desaster im Fernen Osten. Wien, 2004. S. 701.73 CONNAUGHTON, Rising sun and tumbling bear. S. 30.74 CONNAUGHTON, Rising sun and tumbling bear. S. 29.75 CONNAUGHTON, Rising sun and tumbling bear. S. 30.

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jeder Witterung eine Portion Reis zubereitet. Das war v.a. in unwegsamen Gelände und bei

Operationen abseits der Hauptlinie von großem Vorteil, weil es einfach war somit die Truppe ohne

großen Aufwand zu versorgen.

Zeitungsmeldungen:

„Indessen muß doch beigefügt werden, daß nach den Schilderungen des russischen Lieutenants Prinzen Radziwillund eines in Port Arthur weilenden Kaufmannes die Zustände in der Festung selbst durchaus nicht verzweifeltsind. Man leidet keine Not an Nahrungsmitteln. Bis vor kurzem kam fast täglich der Bedarf von frischem Fleischvon Tschifu auf Dschunken herüber, weshalb die Japaner jetzt den Versorgungshafen unter Aufsicht halten. Auchan Wasser fehlt es nicht. Der Destillierapparat der Stadt kann täglich 20.000 Eimer Wasser liefern, dazu habenauch die großen Kriegsschiffe ähnliche Apparate. Pferdefleisch wird nur ausgegeben, um die besseren Fleischsortenfür die Verwundeten zu sparen. Wie viel von diesen Angaben wohl Schönfärberei sein mag? Jedenfalls wagtsich in Rußland schon wieder die Hoffnung hervor, Port Arthur werde sich noch zwei bis drei Monate haltenkönnen, und die Ostseeflotte, die am 14. von Reval abfahren soll, also etwa zu Mitte Dezember nach Ostasiengelangen dürfe, werde die Stadt noch in russischen Händen finden.“76

„Kein Wasser, kein frisches Fleisch außer vom Pferd oder Esel, keine Konserven, dafür eine von unzähligen inVerwesung befindlichen Kadavern verpestete Luf – unter solchen Lebensbedingungen kämpf die BesatzungPort-Arthurs, um die Festung von einem Tage zum anderen zu verteidigen. Man sollte meinen, daß einederartige Existenz, die überdies jeden Augenblick durch das Bersten der feindlichen Granaten bedroht ist, für dieDauer unerträglich wird. Doch eigentümlicherweise verliert sie gerade durch die mit der Zeit sich einschleichendeGewohnheit alle jene Merkmale, die anfangs als Elend empfunden werden.“77

„Bemerkenswert ist, daß die Kavallerieergänzungen der drei Armeekorps infolge des begrenzten Möglichkeit,auf der sibirischen Eisenbahn Pferde zu befördern, stark eingeschränkt werden. Die Russen müssen es aufgeben,die Ueberlegenheit ihrer Kavallerie in der für ihre Entfaltung günstigen mandschurischen Ebene auszunützen, weil,wie deutschen Blättern aus Russland gemeldet wird, 'der Transport einer hinreichenden, völlig ausgerüsteteneuropäischen Kavalleriemacht nach Charbin die regelmäßige und schleunige Beförderung der Militärzüge, derGeschütz- und Munition- sowie der Lebensmitteltransporte, von denen die Truppen in der Mandschurei mehrdenn je abhängig sind, gefährlich verzögern würde'. Dieses Zugeständnis läßt am besten erkennen, wie diebeschränkte Leistungsfähigkeit der sibirischen Bahn die Operationen der russischen Armee einengt.“78

„Der Boden naß, von oben Nässe, Kleider und Rüstung naß, Viktualien und Brennholz in den Feldküchen naß,da wird auch der gute Mut bald zu Wasser. Mit Lagerfeuern bemüht man sich gar nicht, jedoch kochen möchte dieTruppe, um den Körper wenigstens innerlich zu erwärmen; wo aber nicht Ortschafen mit benützbarenFeuerstellen oder Material zur Ueberdeckung der Feldkochherde vorhanden sind, gelingt es schwer Feuer zumachen und zu erhalten. […] Konserven, wenn solche vorhanden sind, schützen gerade vor dem Verhungern,werden aber sonst, besonders in kaltem Zustande, bald zum Ekel. […] Selbstverständlich leidet unter solchenWitterungsverhältnissen jene Armee mehr, welche größere Bedürfnisse besitzt – das ist die russische. Der russischeSoldat braucht , wie jeder Europäer, Brot; dieser Artikel ist aber im Kriege ein großer Luxus. Der Russe kanneventuell auch von Brot und Thee alleine leben, das muß er aber haben, soll er nicht empfindlichen Mangelleiden. Die Deckung des täglichen Brotbedarfs für eine Armee von 200.000 Mann erfordert derartigeAusrüstungen, Vorbereitungen und Nachschubsmaßnahmen, daß nicht nur bei der russischen, sondern auch beiden übrigen europäischen Armeen im Kriege häufig Unterbrechungen in der Ausgabe dieses wichtigenNahrungsmittels eintreten, wonach dann der sehr unbeliebte Zwieback, der von den russischen Soldaten angeblichweggeworfen wird, Ersatz bieten muß.79 [...] Unvergleichlich leichter gestaltet sich die Verpflegung in derjapanischen Armee. Hier braucht der Soldat kein Brot, er kennt nur eine Mahlzeit, bestehend aus Reis, die er sichaus einer Reiskonserve auf einem Schnellsieder, den jeder Mann bei sich trägt, zubereitet. Diese Art derMenagebereitung ist die einfachste und feldmäßigste, da sie Kochkessel, Brennholz, Feldküchen und Köcheentbehrlich macht und von jedem Mann in detachierten Verhältnis bei jeder Witterung und zu jeder Zeitraschestens bewirkt werden kann. Hierin sind die Japaner allen europäischen Armeen voraus.“80

76 Arbeiterzeitung vom 4. Oktober 1904. S. 2.77 Neue Freie Presse vom 5. Oktober 1904 (Morgenblatt). S. 2.78 Arbeiterzeitung vom 8. Oktober 1904. S. 4.79 Neue Freie Presse vom 22. Oktober 1904 (Morgenblatt). S. 3.80 Neue Freie Presse vom 22. Oktober 1904 (Morgenblatt). S. 4.

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Fazit:

Augenscheinlich sind die Meldungen über die Versorgungslage, wie in den ersten beiden Beispielen

zu sehen, äußerst widersprüchlich. Hier ist sowohl die Zensur deutlich erkennbar, sowie das sich

durch den ganzen Krieg durchziehende russische Problem, dass interne Dinge nach Außen dringen.

Von japanischer Seite erfährt der/die ZeitungsleserIn nur oberflächliches, jedoch ist das nicht

einmal einen Bruchteil dessen, was über die russischen Zustände bekannt gemacht wird. Schön

ersichtlich wird in beiden Zeitungen gezeigt, welch gewaltiger Aufwand hinter der Versorgung einer

Massenarmee steckt und am Beispiel der Winterkleidung81 auch welche Auswirkungen es haben

kann, wenn falsch kalkuliert und Transporte und Ausrüstung nicht rechtzeitig abgeschickt werden,

aber auch was es bedeuten kann, wenn eine Stadt belagert wird, welche Engpässe und

Entbehrungen von der Zivilbevölkerung genauso wie von den kämpfenden Einheiten hingenommen

werden müssen. Generell ist jedoch für den beobachteten Zeitabschnitt zu bemerken, dass sich die

„Neue Freie Presse“ mehr um das Versorgungsthema als die „Arbeiterzeitung“ widmet. Die

Meldungen der „Arbeiterzeitung“ zielen eigentlich wieder nur auf einen Angriff auf die Zustände in

Russland ab, wohingegen die „Neue Freie Presse“ eher auch kleinere Details in ihre Artikel

übernimmt, die zwar von einem gewissen Informationsgehalt erfüllt sind, jedoch nicht der typischen

„Sensationslüsternheit“ entspricht.82 Ein spannendes Beispiel für damals gängige Stereotypen finde

ich den Artikel der „Neuen Freien Presse“ vom 22. Oktober, in dem die unterschiedlichen

Ernährungsgewohnheiten der beiden Völkern thematisiert werden.

7. Kampfweise:

Allgemeines:

Dem hier behandelten Konflikt kommt in der Militärhistorie meines Erachtens eine besondere

Bedeutung zu. Zu Bedenken gilt, dass seit dem Deutsch-Französischen Krieg von 1870/71 und dem

Krimkrieg von 1877/78 kein größerer Krieg mit Teilnahme einer oder mehreren Großmächten auf

Augenhöhe stattgefunden hat. In diesen ca. dreißig Jahren gab es lediglich Kolonialkriege, die

jedoch einen asymmetrischen Kriegscharakter hatten. In diesen dreißig Jahren aber entwickelte sich

die Organisation der Armeen, die Militärtechnologie sowie Strategie und Taktik, immens weiter.

Die Modernisierung der Gesellschaft und die zunehmende Industrialisierung leisteten hier

81 Neue Freie Presse vom 21. Oktober 1904 (Morgenblatt). S. 11: „Washington, 20. Oktober. (Reuter-Meldung.) DasStaatsdepartment übermittelte den japanischen Protest dagegen, daß russische Truppen chinesische Kleider getragen hätten,dem Geschäfsträger Eddie in Petersburg zur Ueberreichung an die russische Regierung. Es heißt hier, die Bekleidung seinicht gebraucht worden, um den Feind zu täuschen, sondern weil wegen des eingetretenen kalten Wetters warmeKleidung nötig gewesen sei. Es sei dies nur eine Verletzung der Kriegsgesetze im technischen Sinne.“

82 Neue Freie Presse vom 24. Oktober 1904 (Abendblatt). S. 5: „Die Japaner tragen jetzt Khakikleider über ihremTuchanzug; sie sind augenscheinlich noch ohne warme Winterkleidung. Heute herrscht zum erstenmal Frostwetter.“

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Vorschub. In diesen Kategorien muss der Russisch-Japanische Krieg ein direkter Vorläufer des

Ersten Weltkrieges gesehen werden. Um so erstaunlicher ist es, dass er der Militärhistoriographie

bis heute nur ein Randphänomen geblieben ist. Der Mangel an Informationen kann nicht dafür

verantwortlich gemacht werden, da dutzende Heeres- wie Marinebeobachter und

Kriegsberichterstatter verschiedenster Mächte den beiden involvierten Parteien ‚über die Schulter’

gesehen haben. Sie wurden Augenzeugen der neuen Facetten des modernen Krieges. Die

Seegefechte rund um Port Arthur und Tsushima machten die Mängel an den damaligen Torpedos,

aber auch die aktive Wirkung großkalibriger Schiffskanonen in Verbindung mit neuesten

Erkenntnissen im Bereich Sprengstoff (Schimose), Entfernungsmessung und Feuerleitzentren

ebenso deutlich wie passive Wirkung der Panzerplatten als Schutz vor diesen Treffern. Zu Lande

zeigte sich die ungeahnte Wirkung moderner Karabiner, der Maschinengewehre und

schnellfeuernder Artillerie. Als Antwort darauf und um die Verluste der eigenen Truppen möglichst

gering zu halten, war ein Eingraben und das Errichten von betonierten und mit Eisen bewährten

Unterständen unerlässlich geworden. Der Einsatz moderner Kommunikationsmittel wie

Feldtelegraph und Feldtelephon ermöglichte, zumindest in der Theorie, ein besseres gemeinsames

Vorgehen von Infanterie, Kavallerie und Artillerie. „Der Infanteriegeneral von Lignitz nennt

beispielsweise als neue Kriegsmittel bei Belagerungen: „Rauchschwaches Pulver, Brisanz-

Geschossladungen, 11'' Haubitzen, Maschinengewehre, Handgranaten, Dynamit-Bomben,

Panzerschutz der Sappeure, elektrisierte Drahthindernisse, Minen, Scheinwerfer, außerdem in den

Schutzbauten Anwendung von Panzerungen und Beton.“83 Durch den Einsatz von

Maschinengewehre wurden die Infanterieinformationen aufgelockert, es wurde gestaffelt und

zumeist im Schutze der Dunkelheit angegriffen; um Bedeckung davor zu finden wurden die

eigenen Stellungen eingegraben und befestigt.84 Mit der rasanten Entwicklung der Waffentechnik

wurde auch der Fernkampf ein anderer. Die Artilleriegeschütze mit Rohrrücklauf ermöglichten es in

kurzer Zeit ganze Räume mit Sperrfeuer zu belegen und durch ihre erhöhte Reichweite von bis zu

7,5 Kilometer vom Feind unentdeckt zu feuern. Dass hier eine funktionierende Kommunikation

zwischen den verschiedenen Truppengattungen, sowie eine genau nachrichtendienstliche

Erkundung wichtig waren, wurde bereits weiter oben erwähnt. Besonders bemerkenswert fand ich

die Erwähnung Wengers in seinem Aufsatz, dass es bereits Einsatz von giftigen Gasen von Seiten

der Japaner in der Belagerung der Festungen von Port Artur gab.85 Diese Behauptung konnte von

mir aus Mangel an Quellen nicht überprüft werden, sie wird auch sonst nicht wirklich erwähnt,

83 http://www.docjordan.de/aufsatzsammlung/militaerhistorische-themen/der-russisch-japanische-konflikt/militaerische-lehren.html (Abgerufen am 07.03.2014)

84 BREMM, Russlands Desaster im Fernen Osten. S. 69985 Vgl. WENGER, Lessons not Learned... FN 47 S. 714.

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allerdings wäre dies ein Aspekt dem es nachzuforschen lohnen würde. Trotz all dieser

Veränderungen war es für viele Militärs in den verschiedenen Generalstäben der Großmächte noch

nicht nachvollziehbar, dass die Zeit der großen Infanteriestürme, des klassischen Bajonettangriffe

und der Kavallerieattacken vorüber sein sollte oder sie wollten es vielleicht auch aus Gründen von

Standesdünkel nicht wahrhaben. Dies ist hier jedoch nicht der Raum um dies zu erörtern.

Japanischen Offiziere genauso wie der einfache Soldat hatten eine genaue Vorstellung darüber,

warum sie in diesem Krieg kämpften und worin die Ziele für Japan lagen. Dieser Kampf wurde bei

ihnen als elementar überlebenswichtig für Japan und seine Gesellschaft gesehen. Den russischen

Offiziere und Truppen hingegen war oft nicht klar, warum sie in diesem Konflikt standen. Für sie

war es ein Kampf um ein fremdes Land, weit weg von ihrer Heimat gegen einen Feind, auf den sie

hochnäsig herabsahen.86 Dass die Russen eigentlich lange in der Defensive bleiben mussten war

bereits damals schon Thema.87 Umso mehr verwundert es, dass Kuropatkin in die Offensive ging.

Von der Tendenz nach zu urteilen gehe ich davon aus, dass es nicht sein eigener Beschluss war, dies

zu tun, sondern schließe mich der bereits damals bei Zeitgenossen vertretenen Meinung an, dass es

ein Befehl aus oberer Führungsetage war, der ihn dazu veranlasste.88 Ein wichtiges Indiz, auf das ich

mich hierbei stütze, ist die Bemerkung von Reventlow, dass der pathetische Inhalt und die

ausschweifende Redewendungen des Erlasses zur Offensive so überhaupt nicht zu üblichen

Bekanntmachungen Kuropatkins passen.89 Hier wichtig erscheint mir die Erkenntnis von Stefan

Kurz, wenn er schreibt, dass im Gegensatz zur vereinfachenden Reduktion der Verantwortung für

die passive Kriegsführung Russlands gegen Japan, wie sie häufig in der wissenschaftlichen

Literatur festzustellen ist, nicht ausschließlich auf ihn zurückzuführen sind, denn es wurden

Passivität, fehlende Initiative und ein Mangel an „Willen zum Sieg“ von den k.u.k. Offizieren als

86 Neue Freie Presse vom 13. Oktober 1904 (Morgenblatt). S. 1: „Rußland wendet alle seine Kraf auf, um nach denschweren blutigen Niederlagen, die es seit acht Monaten erlitten hat, das Kriegsglück zu wenden, der 'unbeugsame Wille'des Zaren wird verkündet, den Japanern den Sieg zu entreißen, welche mit stiller Entschlossenheit zur Behauptung dergewonnen Erfolge in weiteren blutigen Kämpfen gerüstet sind. Und der Geschütze vor Mukden und Jantai, die hefigenZusammenstöße der Vortruppen leiten abermals ein wildes, erbarmungsloses Ringen ein, zu dem diesmal die Russendas Signal gegeben haben. Sie sind die Angreifer, nicht bloß 'weil man doch endlich siegen muß', sondern weil fürRußland ein ungeheurer Preis, die Zukunf seiner Machtstellung in der Welt, auf dem Spiele steht. Vielleicht hat mananfangs in Petersburg mit verhängnisvoller Unterschätzung des japanischen Gegners die unermeßliche Tragweite diesesKrieges verkannt und das Wort Molkes, man wisse nie, wo ein Krieg beginnt und wo er aufhört, in den Windgeschlagen.“

87 Neue Freie Presse vom 10. Oktober 1904 (Abendblatt). S. 2: „Das Grundprinzip der russischen Kiegsführung mußteder Rückzug sein. Nicht die tatenlose, panikartige Flucht, sondern ein Rückzug unter fortwährenden Kämpfen undGefechten, die im geeigneten Augenblicke, unmittelbar vor der Entscheidung abgebrochen und bei nächster Gelegenheit aneinem anderen Punkte wieder aufgenommen werden mußten. Nur auf diese Art kann ein numerisch untergeordnetesHeer den Gegener durch Verluste, sowie durch Verlängerung seiner Operationslinie schwächen.“

88 Arbeiterzeitung vom 11. Oktober 1904. S. 2: „Die ganze – scheinbare oder wirkliche – Verschiebung der Situation aufdem Kriegschauplatze läßt sich in ihren Ursachen und in ihrem Zusammenhang nicht überblicken. So begreif sich´s denn,daß das Gerücht auftaucht, die Vorrückung Kuropatkins sei nicht auf seinen eigenen Antrieb, sondern auf Befehl ausPeterhof, nicht aus militärischen, sondern aus politischen Ursachen geschehen, die Japaner aber seien entschlossen, denVorstoß der Russen zu benützen, um unter günstigen Bedingungen der Defensive dem Gegner den entscheidenden Schlagzu versetzen – eine Annahme freilich die bloß dem Bedürfnis, den weiteren Verlauf der Dinge mit dem bisherigen inEinklang zu bringen, entsprungen ist.“

89 Vgl. REVENTLOW, Der russisch-Japanische Krieg Bd.II. S. 322.

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grundlegende Prinzipien innerhalb der gesamten russischen Streitkräfte empfunden.90 Eher muss

dem eingestanden werden, dass Kuropatkin Zeit gewinnen wollte, um eine überlegene Streitmacht

zu sammeln und auch um Port-Arthur so lange wie möglich zu halten.91

Die russische Expansion nach Ostasien war eine politische Entscheidung, die für viele innerhalb der

russischen Bevölkerung nur am Rande ein Thema war. Über die Kriegsgründe will ich hier nicht

viele Worte verlieren, da sie sowieso in allen gängigen Arbeiten über diesen Konflikt thematisiert

und, wie ich meine, auch gut ausgeleuchtet werden.92

Zeitungsmeldungen:

„Ojama trete angeblich in die Defensive, befestige die Stellung bei Jantai u.s.w. Die Nachricht vonBefestigungsarbeiten auf günstigen Punkten des Vorrückungsfeldes wäre an sich noch kein Beweis dafür, daßdie Japaner die Offensive aufgegeben hätten, sondern stünde mit der ihnen eigentümlichen, vorsichtig tastendenVorwärtsbewegung im Einklang.“93

„Die Russen ließen bei dem Angriffe auf den Hohen Berg die Japaner ganz nahe herankommen und schossendann mit den Maschinengewehren ganze Reihen auf einmal nieder. Die Russen drangen, durch ihren Erfolgermutigt, hervor und stürmten ihrerseits die japanischen Gräben, aber jetzt antworteten die Japaner mit ihrenMaschinengewehren und brachten ihnen ebenfalls schwere Verluste bei. Am anderen Tage war die Berglehnemit Leichen bedeckt. Die Russen verfolgten den Kampf von den Forts aus einer Entfernung von kaumfünfhundert Metern. Die Japaner blieben in den Schützengräben.“94

„[d]ie Schilderung, die der Korrespondent des Reuterschen Bureaus, der sich bei der Armee Kuropatkins befindet,über die Ereignisse des 12. Oktobers bringt. Darin heißt es: 'Der hefige, entscheidende Kampf, der besonders ander Eisenbahnlinie tobte, erreichte heute seinen Höhepunkt, als die Russen nach dreitägigem kühnen Angriffklugerweise den Rückzug begannen und fünf Kilometer zurückgingen. Hunderte von verwundeten Russenströmten zu den Feldlazaretten. Ich beobachtete den Kampf vom Hungpashügel in der Nähe von Suilnitchu. DerBoden erzittert. Da die Ernte bereits vorüber ist, sind die Batterien nicht mehr maskiert wie bei Liaojang. GesternAbends nahmen die Russen eine früher verlorene Stellung mit dem Bajonett wieder, ohne einen Schußabzugeben. Heute wurde die Schlacht auf der ganzen Front mit voller Hefigkeit wieder aufgenommen. DerRauch der Granaten hängt in dichten Wolken auf einer Strecke von fünfzehn Meilen, die Infanterie einhüllend.Der Artilleriekampf wurde den ganzen Tag über fortgesetzt. Ein Regiment wurde unter Kreuzfeuer genommenund war in Gefahr, in wenigen Minuten vernichtet zu werden. Um die Stellung bei Pusanpu wogte der Kampf

90 KURZ, Die Wahrnehmung des russischen Offizierskorps. S. 110: „Csicserics beurteilte Generäle und Generalstabals schwerfällig, unsicher, kraftlos und nicht hinlänglich entschlussfreudig. Die Bereitschaft, alle Kräfte zurErreichung eines gesetzten Zieles einzusetzen sei nicht gegeben, dafür werde jedoch hartnäckigst an bereitserreichten Stellungen festgehalten, ungeachtet davon, wie sinnvoll dies für den größeren operativenZusammenhang ist. Auf Basis reicher Erfahrungen könne „passive Verteidigung“ mit Recht als wesentlicherBestandteil russischer Kriegsführung erkannt werden.“

91 Neue Freie Presse vom 25. Oktober 1904 (Morgenblatt). S. 5: „Das gegenwärtige Verhalten der russischen Armee ammandschurischen Kriegschauplatze macht den Eindruck, als würde Kuropatkin nach dem Scheitern seiner Offensive nurnoch trachten, für Port-Arthur Zeit zu gewinnen und die Japaner derart hinzuhalten, damit dieselben in beständigerErwartung eines neuen Angriffes sich nicht getrauen, von ihrer Streitmacht irgend einen Teil nach Port-Arthur behufsBeschleunigung der Einnahme zu detachieren. Würde er sich ohne weiteren Kampf über den Hunho oder dar in denTjelinabschnutt zurückziehen, wäre es nicht unwahrscheinlich, daß Ohama nur mit einem Teile der Streitmacht dieVerfolgung einleitet, den Rest aber zur Verstärkung der Belagerungsarmee verwendet. Durch Ausharren am Schahomacht Kuropatkin die unmöglich, da er durch die Gruppierung stets mit dem Angriffe droht. Dauert diese Haltunglänger, ohne daß ein Vorstoß erfolgt, könnten die Japaner die Absicht durchblicken und selbst den Angriff unternehmen.Derselbe würde auch in den Plan Kuropatkins passen, doch sollte er so spät als möglich erfolgen, da mit ihm die Lösungder gegenwärtigen Situation beginnt, die aber so lange als möglich hinauszuziehen wäre. Kuropatkin dürfe daher, umden Gegner über seine Absicht im Zweifel zu lassen, demonstrative Vorstöße unternehmen, ohne sich den Gefahren einesernsten Angriffes auszusetzen.“

92 Vgl. hierzu: SPROTTE Mail Hendrik / SEIFERT Wolfgang / LÖWE Heinz-Dietrich (Hgg.), Der Russisch-Japanische Krieg 1904/05. Anbruch einer neuen Zeit?. Wiesbaden, 2007. ; SCHULZ Stefan, Der Russisch-Japanische Krieg und sein Echo in der Historiographie. Diplomarbeit, Wien, 2008. ; KREINER Josef (Hrsg.), Der Russisch-Japanische Krieg, 1904/05, Göttingen, 2005.

93 Arbeiterzeitung vom 2. Oktober 1904. S. 2.94 Neue Freie Presse vom 7. Oktober 1904 (Morgenblatt). S. 3.

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bis Mittags, als Oberst Stakowitsch, der vier Tage lang in bewunderswerter Weise standgehalten hatte, sich nachdem Verlust von zwanzig seiner Offiziere vor dem furchtbaren Angriff des Feindes zurückzog. Um 11 UhrVormittags war der Kampf noch viel hefiger als am Tage vorher. Dichte Truppenmassen, die die Lücken derFront ausfüllten, machten es schwierig, die Aenderung in den Operationen zu erkennen, die Mittags begonnenwurden. Die Japaner entdeckten jedoch sofort sie für den Rückzug getroffenen Maßnahmen. Um 2 Uhr 20Minuten war die Armee allgemein auf dem geordneten Rückzuge in nördlicher Richtung nach dem Schakflußbegriffen. Um 4 Uhr 15 Minuten waren die Eisenbahn und die Wege angefüllt von der sich zurückziehendenArmee. Die Japaner machten hefige Gegenangriffe vom Süden und Südwesten. Granaten fielen gleichzeitiganderthalb Meilen von der Station Siulintzu. Der Eisenbahnzug, der die letzten Soldaten sammeln wollte, mußtediesen Versuch aufgeben und sich nach Norden zu in Bewegung setzen. Der Sanitätszug des Roten Kreuzes warin Siulintzu den ganzen Tag tätig. Andere Züge brachten fortwährend volle Wagen mit Verwundeten zurück.Siulintzu wurde bis Mitternacht gehalten, bis alle Bagage und alle Verwundeten fortgebracht waren.'“95

„Der Unterschied, welcher sich in den Gefechten zwischen einst und jetzt durch die unverhältnismäßig längere Dauergeltend macht, geht aus der geänderten Kampfesweise der Infanterie hervor, diese wurde aber durch die neueFeuerwaffe bedingt. Die infolge der erweiterten Rasanz gesteigerte Treffwahrscheinlichkeit auf größere Distanzenhat zur Folge, daß der Angreifer der feindlichen Stellung nicht mehr wie früher auf drei- bis vierhundert Schrittenahekommt, um den eigentlichen Feuerkampf durchzuführen, sondern von derselben auf sechs- bis achthundertSchritte abbleibt, wenn die Gestaltung des Terrains nicht eine gedeckte Annäherung auf geringere Entfernungermöglicht. Die Treffsicherheit der modernen Gewehre bildet ferner in der Truppe den Instinkt für Benützungund Schaffung von Deckungen in erstaunlicher Weise aus. Die Reglements können leicht sagen, der Soldat mußbei Wahl seines Platzes zuerst auf Ausschuß und dann auf Deckung sehen, in Wirklichkeit ist es doch umgekehrt,und das ist auch das Natürliche. Denn erst wenn der Infanterist im Vorlaufen eine guten Deckung gefunden hatund nicht mehr um sein teures Leben zittern muß, beginnt er wieder an den Ausschuß zu denken. Findet er keineDeckung, dann steckt er die Nase in den Boden und zielt – wenn er schießt – in das große blaue Auge desHimmels. Der Selbsterhaltungstrieb läßt daher die Feuerlinien, die bei Manövern sich dem Gegner auf Hundertevon Schritten zeigen, in den Erdboden verschwinden, daß selbst der Zuseher derselben nicht gewahr wird. DieFeuerschnelligkeit schließt endlich den Sturmanlauf, wenn derselbe nicht, durch Terrain begünstigt, ausunmittelbarer Nähe erfolgen kann, fast gänzlich aus, benimmt also dem Angreifer das frühere Normalmittel, dieEntscheidung durch das Bajonett herbeizuführen.96

„Zur Aufgabe der Artillerievorbereitung des Angriffes gehört auch die Zerstörung der Hinderniszone, doch ist diesmit Flachbahngeschossen fast gar nicht durchzuführen. Auch geworfene Spitzbomben eignen sich hierzuwenig.Dieselben dringen vermöge ihrer großen Durchschlagskraf, die für feste Objekte berechnet ist, zu tief in denweichen Boden des Glacis oder der Hinderniszone ein und ersticken, ohne eine Wirkung hervorzubringen. Amzweckmäßigsten hiefür wären die alten Rundbomben mit Brandröhren, welche aus glatten Mörsern geworfenwurden. Sie dringen in den Boden nicht zu tief ein und erzeugen vermöge ihrer großen Sprengladung einenbedeutenden Trichter, wodurch einerseits die umliegenden Hindernisse, wie Drahtnetze, Verhaue, Spickpfähle,Sturmbretter und dergleichen zerstört, Wolfsgruben verschüttet, andererseits Deckungen für die Stürmendengeschaffen werden. Auch Minen können hiedurch unschädlich gemacht werden, indem entweder die Ladunggleichzeitig mit der Bombe explodieren, was allerdings nur bei einem Zufallstreffer vorauszusetzen ist, oder dieelektrischen Leitungen zerstört werden.“97

„Der Krieg in Ostasien. Fortsetzung des Artilleriezweikampfes am Schaho. London, 20. Oktober. DemReuterschen Bureau wird aus Mukden vom Heutigen über Peking gemeldet: Die große Schlacht am Schahoendete damit, daß die beiden Armeen sich Front gegen Front gegenüberstehen, nur durch den Schaho getrennt.Der Artilleriezweikampf wurde am 18. und 19. den ganzen Tag über fortgesetzt. Das russische Zentrum rückt Tagfür Tag unter einer hefigen Kanonade etwas vor. Auf ihrem linken Flügel halten die Russen seit dem 16.d. Trotzder andauernden Beschießung und zahlreicher Infanterieangriffe eine ausgezeichnete Stellung auf einer Anhöhebesetzt, die den Schaho beherrscht. Auf dem rechten Flügel wenden die Russen Mörser an, mittels deren die dieJapaner von einem kleinen, in der Ebene liegenden Hügel zu vertreiben versuchen. Die letzten Regenfälle hattenein Anschwellen der Flüsse zur Folge, so daß die Verwendung von Pontons erforderlich ist, da über den Schahokeine Brücke führt.“98

95 Arbeiterzeitung vom 16. Oktober 1904. S. 3. 96 Neue Freie Presse vom 19. Oktober 1904 (Morgenblatt). S. 3.97 Neue Freie Presse vom 5. Oktober 1904 (Morgenblatt). S. 3.98 Neue Freie Presse vom 21. Oktober 1904 (Morgenblatt). S. 11.

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Fazit:

Es wurde auf die zunehmende Komplexität moderner Schlachten hingewiesen,99 aus denen erst

Erkenntnisse gezogen werden mussten, um auf die Veränderungen in der neuen Art der

Kriegsführung reagieren zu können. Damals sah man es als Lehrbeispiel für künftige Kriege an.100

Wie wir heute wissen und wie auch dies Arbeit zeigen will, wurden diese Lehren nicht

berücksichtigt und keine allgemeinen Schlüsse daraus gezogen. In der k.u.k. Armee wurde nach wie

vor noch der Angriff postuliert. Dies sollte v.a. durch die Infanterie geschehen101 und beruhte auf

den Ansichten, die Conrad v. Hötzendorf als Generalstabschef vertrat.102 Aufmerksamkeit wurde

auch von der (Fach-) Öffentlichkeit für den Angriff mit dem Bajonett entgegengebracht. Suvorovs

Ausspruch von der „Kugel als Törin und dem Bajonett als Königin“ war in der russischen Armee

noch weit verbreitet, entsprach aber bei weitem nicht mehr den Anforderungen.103 Trotzdem waren

auch in dem Reglement von 1911104 noch der Angriff mit dem Bajonett vorgesehen, obwohl die

Japaner bereits wussten, dass mit dem Bajonett nichts großes mehr auszurichten sei.105 Die große

99 Arbeiterzeitung vom 14. Oktober 1904. S. 2: „Die Schlacht am nördlichen Ufer des Taitsiho ist in vollem Gange und dieOperationen nehmen nach dem Bericht Ojamas einen für die Japaner günstigen Verlauf. Diesem Urteil wird eigentlichauch von der amtlichen russischen Depesche nicht widersprochen, wenn sie schon von einzelnen Teilerfolgen der Russenredet. Soweit ließe sich also ein Gesamtüberblick über die Lage auf dem Kampfplatze bieten. Doch wissen wir nichts,woraus wir schließen dürfen, daß der Kampf für den einen oder anderen Teil bereits entschieden wäre. […] Schwer fälltes, aus den vorliegenden Nachrichten einen allgemeinen Begiff von den Vorgängen der Schlacht zu geben. Nicht nur,weil die Berichte unzulänglich sind, die Karten uns zumeist im Stiche lassen, sondern auch, weil eine moderne Schlacht,besonders in ihren vorbereitenden Kämpfen in zahlreiche Gefechte an verschiedenen Punkten zerfallend, einen Ueberblickaußerordentlich erschwert.“

100 Neue Freie Presse vom 19. Oktober 1904 (Morgenblatt). S. 3: „Eine blutige, grauenvolle Quadrille bei dem Chor derKanonen. Abwechselnd seht eine Front gegen die andere vor, bisweilen nähern sich beide gleichzeitig und begegnen sichauf halben Wege, doch immer wieder erfolgt die Trennung, um dem andern die Tour zu überlassen. Wann und wiewird das Finale kommen? - Wir leben in einer Epoche des Umschwunges der ganzen Kriegsführung, der durchEinführung der neuen Feuerwaffen bedingt wurde. In der Hand der Armeekommandanten befindet sich ein neues, nochunerprobtes Instrument, welches bei den Friedensversuchen unter bisher noch unbestätigten Voraussetzungen seinerWirkungsfähigkeit nicht mit Rücksicht auf ein Ziel, sondern in Bezug auf das große Ganze verwendet wurde. DieErfahrungen, welche sich nach der Neubewaffnung der Armeen aus den Schießübungen und den Friedensmanövernergeben, sind für den Krieg gerade soviel wert, wie ein theoretischer Unterricht im Tanzen für den Ball. Es mußte eingroßer Krieg kommen, um Erfahrungen zu liefern, welche als reelle Grundlagen für die künfige Taktik betrachtetwerden können. Die an diesem ersten Kriege beteiligten Armeen zahlen selbstverständlich des Schuldgeld.“

101 ORTNER, Die Entwicklung des österreichisch-ungarischen Kampfverfahrens. S. 422: „Im Mittelpunkt derVorkriegsausbildung stand daher die Schulung und Ausbildung des Rekruten zum „Plänkler“, worunter der Dienstin der Schwarm- beziehungsweise Feuerlinie verstanden wurde. Dem Plänker oblag die Erzwingung derKampfentscheidung, die er entweder durch das Feuergefecht oder nötigenfalls durch den Bajonettkampfherbeizuführen hatte.“

102 Vgl. ORTNER, Die Entwicklung des österreichisch-ungarischen Kampfverfahrens. S. 423: „ConradsTaktik-Handbuch („Zum Studium der Taktik [veröffentlicht1898]) beruhten auf Erkenntnisse aus den Kriegen von1866 und 1870/71.“

103 KURZ, Die Wahrnehmung des russischen Offizierskorps. S. 108.104 ORTNER, Die Entwicklung des österreichisch-ungarischen Kampfverfahrens. S. 422: „Die letzte vor dem Krieg

ausgearbeitet und zur Anwendung gebrachte allgemeine Dienstvorschrift, in der österreichischen Diktion als„Exerzierreglement“ bezeichnet, wurde 1911 bei der Infanterie eingeführt. Darin wurde als wichtigste Kampfformder „Angriff um jeden Preis“ unbedingt der Vorzug gegeben, der „Angriff“ als beste und allein den Erfolgversprechende Kampfführung gesehen, wodurch einerseits unmittelbar während des Gefechts beziehungsweise derSchlacht die Initiative bei der eigenen Führung erhalten bleiben, andererseits die Entscheidung im Großenherbeigeführt werden sollte.“

105 Neue Freie Presse vom 7. Oktober 1904 (Morgenblatt). S. 3: „Die Japaner geben jetzt amtlich zu, daß siezurückgeworfen wurden und daß mit dem Bajonett nichts auszurichten ist. Man muß die Festung in Geduld durchBeschießung und Aushungerung zu bezwingen suchen.

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Wirksamkeit der modernen Geschütze gegen nicht gedeckte Ziele musste die russische Artillerie

schon in der ersten Schlacht des Krieges am Jalu erkennen, als sie ungedeckt aufgefahren war und

erhebliche Verluste erlitt.106 Die gleiche Erfahrung machte die k.u.k Armee in den ersten Gefechten

an der Ostfront gegen die russischen Stellungen. Weiter ist zu beobachten, dass es den Russen, trotz

ihrer gewaltigen Kavalleriemassen nicht gelang dauernd dem Gegner auf der Spur zu bleiben,

sondern ihn immer wieder verloren und neu mit der Aufklärung beginnen mussten.107 Aber generell

war die Zeit der großen Kavallerie vorbei. Grund dafür war u.a. die rasante Zunahme an

Maschinengewehren.108 Dies zeigen auch die beiden Artikel recht deutlich:

„Eine vom Unterleutenant Turgenjew geführte Patrouille wurde auf eine Distanz von 200 Schritten mitMaschinengewehren beschossen. Alle Pferde der Kosaken wurden getötet oder verwundet. Turgenjew selbst retteteeinen verwundeten Kosaken, indem er ihn auf sein Pferd hob und davonritt.“109

„Ihr Erfolg wird durch eine Meldung der russischen Telegraphenagentur vom Heutigen charakterisiert, welchesagt: 'Unsere Kavallerie zerstreute zwei feindliche Patrouillen und nahm ihnen eine bedeutende Menge Vieh ab.'Das wird als Leistung der mächtigen russischen Kavallerie, die ganz Europa imponierte, veröffentlicht!“110

Dass mit einer Zunahme der Dauer und Komplexität von Schlachten auch die Berichterstattung

über dieselben zunehmend komplexer und verwirrender wird, beklagen beide Zeitungen

eingehend.111 Sinnbildlich auch die Ansicht der „Neuen Freien Presse“, dass Krieg dem Frieden

diene und es noch einen klaren Sieger geben müsse, der dem Besiegten seine Bedingungen

diktieren könne.112 Diese Ansicht scheint noch aus einer anderen Zeit zu stammen und ist aus

106 KURZ, Die Wahrnehmung des russischen Offizierskorps. S. 105.107 REVENTLOW, Der russisch-Japanische Krieg Bd.II. S. 319.108 Arbeiterzeitung vom 21. Oktober 1904. S. 4: „London, 20. Oktober. Der Berichterstatter des „Standard“ meldet unter

dem 18.d., beim Ueberschreiten des Taitsiho sei ein russisches Bataillon vernichtet worden. Das Bataillon sei von Japanerneingeholt und durch Maschinengewehre fast vollständig aufgerieben worden. Dies sei die erste bemerkenswerte Leistungder Maschinengewehre in diesem Kriege.“

109 Arbeiterzeitung vom 21. Oktober 1904. S. 3.110 Neue Freie Presse vom 1. Oktober 1904 (Morgenblatt). S. 3.111 Arbeiterzeitung vom 15. Oktober 1904. S. 2: „Ueber die Kämpfe im Zentrum am 12. und 13. Oktober lauten dagegen

die Berichte aus japanischer und russischer Quelle verschieden. Nach der Meldung Ojamas nahm die Armee NodzusDienstag um Mitternacht den Vormarsch wieder auf und hatte Donnerstag Früh die Positionen zwischen Santschiasu biszur Hügelkette nordwestlich von Sankualtschichan besetzt. Ojama spricht die Meinung aus, daß Nodzu am Mittwoch dieVerfolgung des Gegners bereits aufgenommen habe. Dagegen läßt ein Bericht, den der 'Lokalanzeiger' aus Mukdenerhält, die Russen bei Jantai, also im Zentrum der japanischen Stellung, in der Rolle der Angreifer auftreten. Denganzen Mittwoch über habe der blutige Kampf gewährt, den Russen sei es gelungen, mehrere von den Japanern besetztePunkte wieder einzunehmen, wenn auch unter ungeheuren Verlusten. Jantai sei zwar noch nicht genommen, dochrückten die russischen Angriffskolonnen kaltblütig in dem furchtbaren Hagel der japanischen Geschosse vor. Einigejapanische Reitereskadronen, die zwei russische Bataillone in der Flanke und im Rücken angefallen hätten, seienbuchstäblich weggefegt worden. Keiner sei zurückgekehrt. Es muß indes bemerkt werden, daß der offizielle russischeBericht, der doch gewiß die Wirkung der auf dem rechten Flügel erlittenen Niederlage durch Erfolge im Zentrum gerneausgleichen würde, von alldem wenig zu erzählen weiß, demnach die Darstellung Ojamas auch hier wie für die amMittwoch errungenen Erfolge der Armee Kurokis schwerer ins Gewicht fällt.“

112 Neue Freie Presse vom 14. Oktober 1904 (Morgenblatt). S. 1: „Worauf richtet sich den in diesem wie in jedem Kriegedie durch jeden neuen Waffengang immer wieder angefachte Erwartung? Doch nur, ob er die Aussicht auf den Friedennäher rückt und ob der eine der beiden Kriegführenden so entscheidend geschlagen wird, daß der andere ihm imFriedensschlusse seine Bedingungen zu diktieren vermag. Aber diese vieltägigen Schlachten des ostasiatischen Kiregesscheinen etwas ganz Neues in der Kriegegeschichte darzustellen, es sind Schlachten in denen mit dem Aufwande allermodernen Kriegsmittel fast bis zum saigner à blanc gekämpf wird, Schlachten, welche die furchtbarsten Opfer heischen,so furchtbare, daß nach jeder auf beiden Seiten tiefste Erschöpfung bis zur Unbeweglichkeit sich einstellt und wochenlangeErholungspausen, sozusagen selbstauferlegte Waffenstillstände, den Gang der Kriegsoperationen unterbrechen. Aber dieseSchlachten sind entscheidungslose Schlachten, sie haben keine greifbaren Folgen für die Kampffähigkeit der Gegner, diesich in ihnen messen, sie beschleunigen nicht das Ende des Krieges und die Möglichkeit des Friedens.“

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heutiger Perspektive auf einen modernen Krieg nicht mehr anzuwenden, jedoch damals noch in den

Denkmustern vorhanden. Auch bei der „Arbeiterzeitung“ sind solche Denkmuster zu erkennen.113

Meines Erachtens ein schönes Beispiel auch für die Naivität, mit der man 1914 in den Krieg zog.

Dafür umso unverständlicher, weil die Opfer, die Entbehrungen und Verhältnisse hingegen sehr

eindringlich beschrieben wurden.

Die Japaner haben ohne Ausnahme auf eine konsequente Verschleierungstaktik gesetzt.114 Niemals

drang etwas über Truppenbewegungen, Manöver oder sonstige Informationen über Truppenstärke

hinaus. Die Zensur war eisern, sowohl der eigenen, wie der weltweiten Öffentlichkeit gegenüber.

Alles wurde kontrolliert, ob auch ja kein Geheimnis verraten wurde. Anders hingegen verhielt es

sich bei den Russen, sie konnte niemals ihre Bewegungen richtig verschleiern. Im Gegenteil,

oftmals posaunten sie ihre Pläne in die Welt hinaus, verrieten Geheimnisse in Zeitungsartikel, wie

z.B. Klado es machte, als er genaue Auskunft über die Gefechtstärke und Mängel der baltischen

Flotte angab. Russische Offiziere gaben später selbst zu, dass sie viele Misserfolge nur aufgrund der

Tatsache, dass Geheimnisse nicht lange geheim blieben, erlitten haben.115 Die schwerwiegendsten

Schwächen der russischen Streitkräfte waren im Bereich der Kommunikation und Aufklärung zu

finden. Häufig wussten russische Offiziere nicht einmal wo ihre eigenen Truppen genau lagen; bei

Aufklärung von Position und Stärke des Gegners versagten sie zumeist vollständig.116

„Beeinträchtigt wurde die Fähigkeit der russischen Streitkräfte, zu einer kohärenten Einschätzung

der strategischen Lage zu kommen, wiederum durch Kompetenzkonflikte.“117 Japan hingegen hat

bereits vor dem Krieg ein umfangreiches Agentennetz errichtet, welches sie im Verlaufe der

Kämpfe mit zuverlässigen Daten versorgte.

113 Arbeiterzeitung vom 25. Oktober 1904. S. 4: „Im ganzen einen Situation, wie die Kriegsgeschichte nicht leicht eineähnliche darbietet. Denn die beiden ruhenden Heere, die eben noch auf Tod und Leben mit beispielloser Hartnäckigkeitgekämpf, stehen einander stellenweise nur durch den Zwischenraum von einigen hundert Schritten getrennt gegenüber.In Lingschöngpu liegt zwischen den Vorposten nur die breite Straße. Die vorgestern gemeldete Räumung Schahopusdurch die Japaner wird heute von den Russen selbst damit erklärt, daß die Japaner bloß eine weniger gebrochene Liniehätten herstellen wollen.“

114 Neue Freie Presse vom 1. Oktober 1904 (Morgenblatt). S. 2: „Kuropatkin dürfe über die vom Gegner wirklichgeplanten Hauptangriffsrichtung ebensowenig wissen, wie wir in Europa. Die Japaner schließen ihre Operationsfrontfast hermetisch ab, wodurch den Russen jeder Einblick in die rückwärts stattfindenden Truppenverschiebungen, nachwelchen die Stoßrichtung beurteilt werden könnte, benommen wird.“

115 REVENTLOW, Der russisch-Japanische Krieg Bd.II. S. 323.116 KURZ, Die Wahrnehmung des russischen Offizierskorps. S. 95.117 KURZ, Die Wahrnehmung des russischen Offizierskorps. S. 94: „Zahlreiche Vorkommnisse, beispielsweise in

Berichten über die Schlachten bei Liaojan und am Schaho, zeigen, wie häufig es Kommandanten von Truppen abder Regimentsebene unterließen sich, gegenseitig über ihre eigenen Aktivitäten zu informieren oder sichwechselseitig zu unterstützen.“

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8. Doggerbank-Zwischenfall:

Allgemeines:

Die Baltische Flotte war eine Idee des Zaren persönlich und er wollte sie mit allen Mitteln

verwirklicht sehen, obwohl ihm von seitens seiner Ratgeber davon abgeraten wurde.118 Mitte März

wurde die Idee geboren und am 30. April 1904 wurde der offizielle Befehl verkündet, dass es zu

einer Gründung eines „Zweiten Pazifischen Geschwaders“ kommt. Der Plan war, dass Ende Juli

einige neu gebaute Großkampfschiffe mit einem Verbund älterer Schiffe, welche modernisiert

worden sind, von der Ostsee nach Ostasien entsendet werden. Am 5. Mai 1904 wurde

Konteradmiral Sinowi Petrowitsch Roschestwensky119 (11. November 1848 - 14. Januar 1909) zum

Befehlshaber ernannt. Roschestwensky drängte von Anfang an auf ein baldiges Auslaufen der neu

formierten Flotte. Aus unterschiedlichsten Gründen wurde das Auslaufen jedoch immer wieder

verzögert. Die Flotte umfasste im Gesamten 42 Schiffe. Für diese Schiffe wurde 12.000 Mann an

Offizieren und Besatzung benötigt, zum größten Teil handelte es sich dabei um Reservetruppen und

neu ausgehobenen Mannschaften.120 Die Einzigen mit Kampferfahrung waren jene Offiziere und

Seemänner, die von neutralisierten Schiffen der 'Ersten Pazifischen Flotte' ihren Weg zur neuen

'Zweiten Pazifischen Flotte' gefunden haben.121 Die Ausbildung des Personals war nicht das einzige

Problem mit dem sich der Admiral auseinandersetzten musste; zudem ging es um die Versorgung

der Mannschaft und vor allem die Frage nach dem Nachschub der lebenswichtigen Kohle für die

Überfahrt. Auch die Fertigstellung der neuen Schiffe und die Modernisierung der älteren wollte

überwacht sein, da damals in Russland vieles schlecht organisiert und Korruption und

Misswirtschaft Gang und Gäbe waren. Am Besten beschreibt es wohl Frank Thiess, wenn er

schreibt: „[v]or ihm [Roschestwensky] lag ein ungeheures Werk; gelang es, war Rußland Sieger und

Japans Großmachttraum zerplatzt“. Wie dem auch sei, ganz Russland blickte auf dieses ungeheure

Unterfangen, russische Schiffe auf russischen Werften mit russischen Händen erbaut sollten das

Kriegsglück wenden und Japan in die Knie zwingen. Der Plan war verwegen und er hatte durchaus

theoretische Chancen auf Erfolg, jedoch war es dazu unbedingt von Nöten keine Zeit zu verlieren,

dies wusste auch Roschestwensky.122 Somit drängte er zum Auslaufen aller brauchbaren Schiffe.

118 THIESS, Tsushima. S. 65.119 Russisch: Зиновий Петрович Рожественский, wiss. Transliteration Zinovij Petrovič Rožestvenskij, Aufgrund

unterschiedlicher Transkriptionen wird der Name im Deutschen auch als Roshestwenski, Roschestwenskij oder Roshestwenskij wiedergegeben. Für diese Arbeit verwende ich die Schreibweise 'Roschestwenski', da es diejenige ist, welche die Zeitungen verwendeten.

120 CONNAUGHTON, Rising sun and tumbling bear. S. 297.121 Unter ihnen befand sich auch Wladimir SSEMENOW (1867-1910), der mit seinem Werken: 'Rassplata' , 'Schlacht

bei Tsuschima' und 'Unser Lohn' ein nach wie vor oft rezipiertes Bild der damaligen Ereignisse lieferte.122 CONNAUGHTON, Rising sun and tumbling bear. S. 297.

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Die langsamen Schiffe mit nur geringem Gefechtswert weigerte er sich mitzunehmen.

Am 14. Oktober lief die Flotte aus Libau /(lett.:) Liepāja aus, kam jedoch nur langsam voran, da ein

Schiffe, die 'Ssissoi', ihren Anker im Hafen verloren hatte und ihn zuerst suchen musste, bevor es

sich dem Geschwader wieder anschließen konnte.123 In der ersten Nacht wurde Wache bei den

Kanonen und Scheinwerfern befohlen, da man durch Geheimdienstberichte und auch Gerüchten

von bevorstehenden Anschlägen der Japaner erfahren hatte – so glaubte man zumindest. U-Boote

zum Beispiel waren damals bereits entwickelt und es bestanden auch Möglichkeiten, dass sie

verwendet wurden.124 Im Laufe der nächsten Tage sollten noch einige solcher Meldungen von

gelegten Minen und unbekannten Torpedobooten auftauchen.125 Die Stimmung auf dem

Geschwader war angespannt. Am 21. Oktober lag ein dichter Nebel über der See, das

Werkstattsschiff 'Kamtschatka' verlor den Kontakt mit die Flotte und meldete sich erst abends

wieder mit einem Funkspruch, dass es von mehreren Torpedobooten unbekannter Nation verfolgt

werde.126 Auf den Schiffen der ersten Division wurde die Mannschaft an die Geschütze und

Scheinwerfer gerufen. Kurz nach Mitternacht passierte die Division die Fischgründe der

Doggerbank, auf denen sich gerade eine englische Fischerflottille befand und in der irrigen

Annahme, Torpedoboote des japanischen Feindes vor sich zu haben, eröffneten die russischen

Schiffe das Feuer.127 Die russischen Offiziere versicherten später, dass sich wirklich Torpedoboote

unter den Fischern befunden hätten und auch, dass sie den Unterschied deutlich erkannten.128 Sie

trafen die englische Fischerboote, versenken eines von ihnen und töteten zwei britische

Staatsbürger. Dieses Missgeschick drohte einen großen Krieg zu auszulösen. Die englische

Regierung unternahm sogleich alles, um die aufgepeitschte Stimmung, welche durch die Presse

hervorgerufen wurde, zu beruhigen. Den Engländern ging es offensichtlich darum, den russischen

Diplomaten, soweit es ihnen in ihrer Ehre möglich war, entgegen zu kommen, um später einmal mit

dem Zarenreich, wie König Eduard VII. forderte, »auf besseren Fuß zu kommen«.129 Dies zeigte

sich auch in der deeskalierenden Art und Weise, mit der die englischen Würdenträger ihre

Forderungen an die russische Regierung und an den Zar insbesondere adressierten. „Die Entrüstung

im Lande richtete sich, erstaunlich und bezeichnend in einem, vielmehr gegen das Deutsche Reich.

123 SSEMENOW, Rassplata. S. 274.124 Arbeiterzeitung vom 25. Oktober 1904. S. 4: „London, 24. Oktober. Das Reutersche Bureau meldet aus New-York:

Nach einer Mitteilung amerikanischer Zeitungen hat der von New-York nach Europa bestimmte Dampfer 'Belgravia'zwei Unterseeboote für Wladiwostok an Bord. Die Boote sollen einen Teil der Unterseeboote bilden, die, wie es heißt, inAmerika für Rußland gebaut werden.“

125 SSEMENOW, Rassplata. S. 299.126 THIESS, Tsushima. S. 148.127 REVENTLOW, Der russisch-Japanische Krieg Bd.II. S. 356.128 Ein damals gängiges Torpedoboot hatte i.e. eine Wasserverdrängung von 350 - 400 Tonnen und in der Regel drei

Schornsteine. Ein Fischerboot hingegen eine max. Wasserverdrängung von 100 Tonnen und nur einen Schornstein.129 HILDEBRAND Klaus, Eine neue Ära der Weltgeschichte. Der historische Ort des Russisch-Japanischen Krieges

1904/05. In: KREINER Josef (Hg.) Der Russisch-Japanische Krieg (1904/05) . Göttingen, 2005. S. 37

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Ihm wurde, zu Unrecht übrigens, Mitschuld am Doggerbank-Zwischenfall vorgeworfen. Die aus der

Luft gegriffene Unterstellung lautete, hinterlistig hätten die Deutschen Engländer und Russen in

einen Krieg treiben wollen.“130

Das Schiedsgericht fand Ende Februar 1905 einen Kompromiss: Die Vorsichtsmaßnahmen

Roschestwenskys wurden gebilligt und der Befehl zum Feuern wurde im Hinblick auf den

Kriegszustand gebilligt und unter Berücksichtigung der vorliegenden Umstände und der

Unmöglichkeit zur genaueren Überprüfung der Meldungen für richtig angesehen.131 Es ist bis heute

umstritten, ob wirklich japanische Torpedoboote anwesend gewesen sind oder nicht. Interessant

finde ich hier die Haltung aller beteiligten Nationen, wie mit diesem Zwischenfall umgegangen

wurde. Auch, und vor allem in Hinblick auf die Kriegstreibeierei, die zehn Jahre später nach der

Ermordung Franz Ferdinands stattgefunden hat. Vor diesem Hintergrund habe ich auch die

folgenden Zeitungsausschnitte gewählt.

Zeitungsmeldungen:

„Gleichzeitig [zum Tagesbefehl von Kuropatkin. Anm. d. Autors] setzt sich die baltische Flotte zur Fahrt nach denostasiatischen Gewässern in Bewegung, nachdem der Zar und die Zarin ihr in Reval132 persönlich denAbschiedsgruß entboten haben. Es ist wiederum in diesem an Ueberraschungen reichen Kriegsschauspiele einerjener dramatischen Momente, in welchem ein neuer Akt beginnt und die Erwartung einer möglichen Peripetieder zuschauenden Welt beinahe den Atem versetzt. Rußland wendet alle seine Kraf auf, um nach den schwerenblutigen Niederlagen, die es seit acht Monaten erlitten hat, das Kriegsglück zu wenden, der 'unbeugsame Wille'des Zaren wird verkündet, den Japanern den Sieg zu entreißen, welche mit stiller Entschlossenheit zurBehauptung der gewonnen Erfolge in weiteren blutigen Kämpfen gerüstet sind. 133

„Petersburg, 16. Oktober. Die Russische Telegraphenagentur meldet aus Libau vom 15.d.: Um 1 Uhr Morgenshat das baltische Geschwader den Hafen verlassen und ist in See gegangen.“134

„Die baltische Flotte, die gestern nachmittags Dover passierte, hat, noch bevor die in die sogenannte 'Tiefe Rinne'der Straße Dover-Calais einfuhr, ein großes Unglück angerichtet. In der Nacht vom Freitag auf den Samstagstieß sie auf der Höhe von Hull auf zahlreiche englische Fischerboote. Von diesen sind, nach einer offiziellen Depesche,zwei überfahren und zum Sinken gebracht worden, wobei achtzehn Fischer ertranken. Solche Unglücksfälleereignen sich im Kanal sehr häufig und es sind dort schon Panzerschiffe am hellen Tage durch andere Panzerschiffein den Grund gebohrt worden. Die Strömung scheint im Kanal sehr mächtig zu sein, und der Fall läßt sich, wennderselbe auch bedauerlich ist, immerhin erklären. Dagegen gibt es dafür, daß ein Teil der russischen Schiffe ausFurcht vor japanischen Minenbooten plötzlich das Feuer auf friedliche Fischerboote eröffneten, keine Entschuldigung.Die Art und Weise der Angriffe der Japaner zur See hat die russischen Seeleute so mißtrauisch gemacht, daß siebeim Anblick der Fischerboote jede Besinnung verloren haben und gleichsam blind darauf losfeuerten. DerUnglücksfall wird übrigens zu diplomatischen Erörterungen Anlaß geben und Rußland schwere Buße dafürleisten müssen, daß die Führer seiner Schiffe kopflos und unüberlegt vorgegangen sind. Bedauerlicherweise wirddas Unglück von Hull kaum dazu beitragen, die ohnehin schon gespannte Beziehungen zwischen den beidengroßen Rivalen in Asien zu verbessern.“135

„London, 25. Oktober. Der Ton der Presse gegenüber Russland ist heute schärfer als gestern. Die Blättererklären, Entschuldigungen und Erklärungen würden nicht als genügend anzusehen sein. Man müsse dieBestrafung der schuldigen Offiziere und die Einstellung der Fahrt des baltischen Geschwaders verlangen, da sonstEngland genötigt wäre, den internationalen Handel gegen 'mörderische Launen' zu schützen. Mehrere Zeitungen

130 HILDEBRAND, Eine neue Ära der Weltgeschichte. S. 228 f .131 THIESS, Tsushima. S. 161.132 Heutiges Tallinn.133 Neue Freie Presse vom 13. Oktober 1904 (Morgenblatt). S. 1.134 Arbeiterzeitung vom 17. Oktober 1904. S. 2.135 Neue Freie Presse vom 24. Oktober 1904 (Abendblatt). S. 4.

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finden es befremdend, daß Kaiser Nikolaus nicht seine Sympathie für die Opfer des Zwischenfalls telegraphischzum Ausdruck gebracht habe.“136

„Wie sehr sich im Laufe des heutigen Tages die Situation zugespitzt hat, welche durch den Zwischenfall von Hullerzeugt worden ist, kann man an der Tatsache ermessen, daß für morgen der englische Kabinettsrat einberufen ist.Es erhellt aus dieser Tatsache zwar, daß das Gerücht, als ob die englische Regierung der russischen ein Ultimatumgestellt hätte, verfrüht ist, daß aber in London der feste Wille besteht, eine weitere Verzögerung der russischenEntschließung nicht zuzulassen. Der Gedanke ist nicht auszudenken, zu welch ungeheuerlichen Folgen nicht bloß fürEngland und Rußland, sondern für die ganze Welt es führen könnte, wenn Rußland sich weigern sollte, die vierenglischen Forderungen der Entschuldigung, der Entschädigung, der Bestrafung der schuldigen Offiziere und derBürgschaf gegen die Wiederholung ähnlicher Zwischenfälle zu akzeptieren. Aber man braucht gerade deshalb,weil die Wirkung in so unbegreiflichen Mißverhältnisse zur Ursache stehen würde, mit der Eventualität vonübermorgen sich noch nicht zu befassen, denn trotz der drohenden Anzeichen erscheint es geradezu widersinnig,anzunehmen, daß Rußland durch beharrliche Weigerung, die englischen Forderungen zu erfüllen, vor der ganzenWelt sich ins Unrecht setzen und nur, um von einigen Seeoffizieren die zweifellos verdiente Strafe für einunerhörtes Verschulden abzuwenden, das gesamte zivilisierte Erdenrund in eine unabsehbare Katastrophemitreißen sollte. Nein, was sich in jener schlimmern Nacht vor dem Hafen von Hull ereignete, das kann nichtzum Grunde und zum Ausgangspunkte einer die ganze Welt in eine schicksalsschwere Verwicklung stürzendenKatastrophe werden; es muß eine Episode bleiben, wenn anders nicht böser Wille das leitende Motiv werden soll,welches den Frieden der Staaten und der Völker, den Bestand und die Sicherheit der Zivilisation gefährdet.“137

„Der russische Kaiser ist bereit, jede Genugtuung und jede Entschädigung zu bieten, er wird auch jederzeit russischeOffiziere, die sich vergangen haben, der Bestrafung zuführen, aber das Ansinnen, daß er auf Verlangen einerfremden Macht russische Offiziere bestrafen lasse, weist er als Eingriff in seine souveräne Rechte zurück.[...] Diebritische Regierung hat sich bisher, man kann es nicht leugnen, großer Besonnenheit und Zurückhaltungbefleißigt. Wenn sie außer der Entschädigung für die Betroffenen Bestrafung der Schuldigen und volleGenugtuung verlangt, so ist das nicht mehr, als die Ehre Englands fordert. Denn unmöglich kann der Staat,dessen Stolz und Größe auf seiner meerbeherrschenden Stellung ruht, machen, daß sich Ungeschicklichkeit undfrivole Fahrlässigkeit fremder Seeoffiziere an Leben und Eigentum seiner seefahrenden Mitbürger vergreif,unmöglich dem Verdacht Raum geben, daß die Rücksicht auf die Sicherheit Indiens ihn hindere, in den heimischenGewässern, im Angesicht der Küste Englands Gewalttaten und Uebergriffe wirksam zurückzuweisen. Es ist,abgesehen von der Empörung über die Brutalität des Ueberfalles, vor allem diese Erwägung, was die Erregungdes englischen Volkes nicht zur Ruhe kommen läßt und die englische Presse bestimmt, die sofortige Erledigung desStreitfalles, wenn nötig, ein tatkräfiges Eingreifen zu fordern. Das britische Kabinett hat gleichwohl bisher denWeg der Mäßigung eingehalten, sie hat ihrer Note, wie sie heute ausdrücklich erklären läßt, keineswegs dieForm des Ultimatums gegeben, also den Schein des Zwanges vermieden und zu friedlich schlichtendenVerhandlungen Zeit und Raum gewährt. […] Um so hirnrissiger erscheint aber das Benehmen der PetersburgerMachthaber. Fragwürdige Ehrbegriffe, ein überspannter Monarchendünkel, dazu der Widerstreit der niemalszusammenstimmenden höchsten Verwaltungsstellen greifen mit persönlichen Rücksichten und Beweggründen indie Schlichtung eines Streitfalles ein, bei dem die höchsten Interessen des Reiches mit ins Spiel kommen. Es isthier wieder, wie es vor dem Kriege mit Japan war. England dirigiert, indessen erfolglos die Noten gewechseltwerden, seine Flotten gegen den Kurs des baltischen Geschwaders; sie sind stark genug, es wie ein Ei in der Handzusammenzudrücken. Und wenn es ernst wird, wenn auf das englische Halt der russische Admiral seine Fahrteinstellen muß, wird der russische Kaiser diese Demütigung mit einer Kriegserklärung beantworten? […] Aberoffenbar würde dann ein Rückzug das Ansehen Rußlands weit härter treffen als heute, wo es frei und auseigenem Antrieb Genugtuung bieten kann. Es ist doch nun wirklich so, daß auch der letzte Ruhm des russischenAbsolutismus, als wisse er die Geschichte des Reiches zu dessen Ruhm und Machterhöhung zu lenken, in nichtszerflattert, daß er sich ebenso unfähig erweist, seines Volkes Größe zu fördern, wie er dessen Wohlfahrt schmählichin den Staub tritt.“138

„Indem durch die Verweisung an ein Schiedsgericht jeder schroffen und einseitigen Zuspitzung des Streitfallesvorgebeugt und eine ruhige und unparteiische Erledigung desselben verbürgt wird, kommt zugleich ein in seinerallgemeinen Tragweite kaum zu überschätzendes Präzedens zu stande, das Präzedenz nämlich, daß zum erstenmalzwei Großmächte in einem Konflikt, der sie knapp an den Rand des Krieges zu drängen schien, sich lautgemeinsamer Entschließung freiwillig der schiedsgerichtlichen Entscheidung unterwerfen. Um aber auf dieseEntscheidung keinerlei äußeren Druck auszuüben, stellt England seine Rüstungen und Kriegsvorbereitungen ein,und dieser wichtige Punkt der Vereinbarungen ist der emsigen Intervention Frankreichs zu danken, das sich durchdieselbe ein großes Verdienst um die friedliche Lösung des russisch-englischen Konflikts erworben und zugleich alswahrer Freund sowohl Rußlands wie Englands bewährt hat. Man mag immerhin sagen, daß Frankreich damitsich selbst den größten Dienst geleistet hat, denn es stand als Alliierter Rußlands vor der Gefahr desBündnisfalles, wenn der Konflikt zwischen England und Rußland nicht durch eine friedliche Lösung beendetworden wäre. Es ist doch trotzdem ein höchst dankenswertes Verdienst auch um den allgemeinen Frieden, dessen

136 Neue Freie Presse vom 25. Oktober 1904 (Abendblatt). S. 1.137 Neue Freie Presse vom 28. Oktober 1904 (Morgenblatt). S. 1.138 Arbeiterzeitung vom 28. Oktober 1904. S. 1.

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Frankreich sich rühmen darf, indem es dem Leiter seiner auswärtigen Politik gelang, das eigenste nationaleInteresse in glücklicher Weise mir der russischen Allianz und der englischen Freundschaf in Einklang zu bringen.“139

Fazit:

Zu Beginn herrschte in beiden Zeitungen noch der Glaube, dass es mit Bußzahlungen und

Entschuldigungen von Seiten der russischen Regierung getan sein wird.140 Die gespannte Lage war

jedoch schon klar ersichtlich; zwar spricht die „Arbeiterzeitung“ von einem Missverständnis, dies

wird aber nicht die Zahl der Kriegsteilnehmer erhöhen. Die „Arbeiterzeitung“ betrachtet es

vielmehr einfach als eine demütige Erfahrung für Russland.141 Es wird auf die Angst der Russen vor

einem japanischen Angriff verwiesen.142 Die „Neue Freie Presse“ hingegen verweist auf das tiefe

Misstrauen zwischen England und Russland und, dass der Angriff so Nahe an der englischen Küste

auf Unbehagen innerhalb der englischen Bevölkerung stieß.143 Dies zeigt sich auch in der englischen

Presse, die zunehmend aggressiver reagiert, auch weil der Zar nicht umgehend sein Bedauern und

eine Entschuldigung abgibt. In diesem Zuge verändert sich auch der Ton in den österreichischen

139 Neue Freie Presse vom 29. Oktober 1904 (Morgenblatt). S. 1.140 Neue Freie Presse vom 25. Oktober 1904 (Morgenblatt). S. 2: „Was England fordern kann, ist förmliche

Entschuldigung Rußlands und Entschädigung für die unschuldigen Opfer. Und in Petersburg wird man sich zweifellosbeeilen, diesen Forderungen in ihrem ganzen Umfange nachzukommen. Es handelt sich um keinen absichtlichenVölkerrechtsbruch, um keinen bewußten Akt heraus-fordernder Feindschaf. Ein trauriges Mißverständnis ist es, einunvorhergesehener Zwischenfall, den man in Rußland noch viel mehr als in England zu bedauern hat. Er vermehrt dieniederschmetternden Erfahrungen dieses unglücklichen ostasiatischen Krieges, die dem Zarenreiche schon seit neunMonaten, unausgesetzt beschieden sind, er wirf auch ein unheimliches Licht auf die Gefahren, welchen der friedlicheVerkehr auf dem Meere durch diesen Krieg ausgesetzt ist; aber daran, daß er die Zahl der aktiven Teilnehmer an demKriege vermehren, daß der Krieg aufhören könnte, isoliert zu sein und auf seinen ostasiatischen Schauplatz beschränkt zubleiben, ist nicht zu denken. Mit dem Schicksal der armen Fischer von Hull ist weder die Ehre noch das InteresseEnglands verknüpf. Nur Rußland, welches Genugtuung und Entschädigung für die ganz unbegreifliche Verschuldungseines baltischen Geschwaders zu leisten hat, ist um eine bittere und demütigende Erfahrung reicher.“

141 Arbeiterzeitung vom 27. Oktober 1904. S. 5: „Uebrigens scheint die englische Regierung jetzt entschlossen, mit demnötigen Nachdruck zu verfahren. Im Seehafen von Portsmouth wird fleißig an der Ausrüstung von Kreuzern gearbeitetund sowohl das Mittelmeer- als das Kanalgeschwader sollen Auftrag erhalten haben, sich bei Gibraltar zu versammelnund eine Demonstration gegen die Ostseeflotte zu veranstalten. Man hält in London die Behauptung Lambsdorffs, daßRoschdestwensky noch keine Nachricht über das furchtbare Vorkommnis an die vorgesetzte Stelle geschickt habe, fürrichtig.“

142 Arbeiterzeitung vom 25. Oktober 1904. S. 3: „London, 24. Oktober. Der Sekretär der russischen Botschaf erklärteeinem Vertreter der 'Daily News', die Russen seien schon vor Wochen vor einem japanischen Anschlag in der Nordseegewarnt werden. Die russischen Offiziere dürfen deshalb geglaubt haben, daß diese Dampfer mit Torpedorohrenausgestattet seien. Die 'Affociated Press' meldet von der Insel Wight, daß die russische Flotte gestern Nachmittags dortgesehen worden sei und englische Dampfer angehalten habe.“

143 Neue Freie Presse vom 26. Oktober 1904. S. 3: „Es ist klar, daß die Beschießung der Fischerboote von Hull durch dasbaltische Geschwader, wie aufreizend sie auch in England wirken mußte, an und für sich die Stimmung des englischenVolkes nicht so hefig und bis auf den Grund augewirbelt [sic!] hätte, wenn die Voraussetzungen und Bedingungen dazunicht schon vorhanden gewesen wären. Das unerhörte Vorkommnis war nur der Funke, der die Explosion bescheunigte.[…] Der Zwischenfall wird auf diplomatischem Wege in einer nach beiden Seiten hin entsprechenden Weise erledigtwerden. Er wird, aus dem Gesichtspunkte des gegenwärtigen Augenblickes betrachtet, zu einer Episode, freilich zu einersehr merkwürdigen und sonderbaren Episode in der Reihe der Distanzwirkungen zusammenschrumpfen, deren schon jetzteine Fülle durch den ostasiatischen Krieg angehäuf ist. […] Was eine Annäherung zwischen England und Rußland für dieganze Welt bedeuten würde, darüber aus dem jetztigen Anlasse zu sprechen, wäre kaum angebracht. Eine totaleVeränderung der Weltphysiognomie! […] Die ungeheure Aufregung in England, welche das baltische Geschwader mitseinen Schüssen auf die englischen Fischerboote entfacht hat, zeigt beredter, als es alle Kommentare zu tun vermöchten,daß das englische Volk von unüberwindlichem Mißtrauen gegen Rußland erfüllt ist und daß die Gegensätze zwischen denbeiden Mächten unüberbrückbar sind. Der Zwischenfall wird friedlich erledigt werden, aber für absehbare Zeit wird erseine bleibenden Konsequenzen behalten, und das ist seine große politische Bedeutung. Er hat die Kluf des Mißtrauensund der unlösbaren Gegensätze zwischen England und Rußland erweitert. Auch das ist eine der weltpolitischenWirkungen des ostasiatischen Krieges, keine unmittelbare zwar, aber eine Wirkung welche durch die jetzigeVolksstimmung in England greifbar zur Erscheinung gebracht wird.“

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Zeitungen; sie nehmen immer mehr die Sichtweise der englischen Presse an,144 von einer

ausgewogenen Berichterstattung kann keine Rede mehr sein. Allen voran die „Arbeiterzeitung“,145

die sich sowieso auf den Zarismus eingeschossen hat, sieht in der Machtdemonstration Englands

eine „heilsame Demütigung“.146 Die Entscheidung einem Schiedsgericht die Untersuchung

durchführen zu lassen, wird gelobt und es folgt auch eine Huldigung an Frankreich für die

Vermittlung desselben. Es wird an ein 'role model' geglaubt, den dieser Fall ergäben habe.

Geheimverträge habe ohne Zweifel damals schon bestanden. Das Bündnissystem war zwar noch

nicht ganz so ausgeprägt wie zehn Jahre danach, jedoch in Ansätzen durchaus schon vorhanden. Für

Historikerinnen und Historiker stellt sich die Frage zwar eigentlich nicht, in diesem Fall drängt sie

sich jedoch förmlich auf: „WAS WÄRE WENN GEWESEN?“ Dieser Zwischenfall zeigt klar, dass

es damals Mittel und Wege gab einen (Welt-) Krieg vom Zaun zu brechen, wenn er gewollt worden

wäre. Der Auslöser war gegeben. Ebenso wie zehn Jahre später. Von einem Pulverfass, wie das oft

beschrieben wird, kann hier jedoch (noch) nicht die Rede sein, wie die Lösung des

Doggerbank-Zwischenfalls zeigt.

10. Schlussbetrachtungen:Aus dem Studium der beiden Zeitungen ist, aus heutigem Standpunkt aus betrachtet, die

Vorwegnahme des Ersten Weltkrieges bereits herauszulesen. Aufmerksamen Lesern, die es zu der

144 Arbeiterzeitung vom 28. Oktober 1904. S. 3: „Wenn Roschdestwensky und seine Unterkommandanten sich weigern,eine Schuld zu bekennen, wenn sie fortfahren, die Spukbilder ihrer furchterregten Phantasie als wahrgenommeneTatsachen auszugeben, besteht nicht die Gefahr, daß der Kaiser die Meinung faßt, er dürfe seine Offiziere, die nur ihrePflicht erfüllt hätten, nicht preisgeben? Freilich würde dies voraussetzen, daß man in Petersburg, den Ernst der Situationverkennend, mit der Gefahr spielen möchte; aber ähnlich war ja die Haltung der russischen Regierung auch vor demjapanischen Krieg, und wie damals scheint es auch jetzt der verderbliche Streit der Ressorts, dieses Grundübel allerabsolutistischen Verwaltung, der der verantwortliche leitende Minister fehlt, die Petersburger Politik verhängnisvoll zubeeinflussen;“

145 Arbeiterzeitung vom 25. Oktober 1904. S. 3: „Noch steht nicht genau fest, welche Verheerungen die wahnwitzige Untatder baltischen Flotte unter den englischen Fischerbooten im Kanal angerichtet hat. Man weiß nur gewiß, daß dreiDampfer zerstört, mehrere Boote beschädigt, zwei Menschen getötet und neunzehn verletzt sind. […] So sind also dieOpfer, die der Ueberfall eines Kriegsgeschwaders auf eine friedliche Fischerflotte verursacht hat, geradezu entsetzlich, unddaß Groll, Schmerz und Empörung die ganze britische Oeffentlichkeit ergriffen haben, ist nur zu begreiflich: aber es stehtzugleich fest, daß es sich nicht um ein aus welchem Grunde immer erklärliches Mißverständnis handelt, nicht um einenunseligen Zufall, den Nebel, dunkle Nacht oder sonst eine Verwicklung unglücklicher Umstände entschuldigen könnten,sondern um eine Tat von Fahrlässigkeit und aus Furcht entspringender Fassungslosigkeit, die dem Verbrechen desplanvollen Mordes nahekommt. […] Die englische Presse empfängt – begreiflicherweise – die Nachricht von derentsetzlichen Untat mit einem Schrei der Empörung. Fast einstimmig wird verlangt, daß die Flotte oder wenigstens derenFührer zurückgerufen werden müsse. Die Regierung wird aufgefordert, in der energischen Weise Genugtuung zufordern, mit der bloßen Entschuldigung und mit Entschädigungen dürfe man sich nicht zufriedengeben.“

146 Arbeiterzeitung vom 26. Oktober 1904. S. 4: „Zweierlei ist an dem Vorgehen der englischen Regierungbemerkenswert: vor allem, daß sie von Rußland ausdrücklich eine schleunige Erklärung fordert und eine Verzögerung indieser Frage als unstatthaf hinstellt. Und dann, daß die offiziöse britische Presse mit allem Nachdruck betont, keinerleiEntschuldigung und keinerlei Entschädigung würden England vermögen, auf die strengste Untersuchung des Falles unddie Bestrafung der Verantwortlichen zu verzichten. […] Jetzt wird eine bestimmte Frist gesetzt, um die Verzögerungen undHinhaltungen, mit denen sich die russische Diplomatie in bösen Situationen durchhilf, von vornherein unmöglich zumachen und eine bedingungslose Entschuldigung zu erzwingen. Die russische Regierung wird also diesmal um eineheilsame und wohlverdiente Demütigung nicht herumkommen. Doch wird es allenthalben für zweifellos, ja fürselbstverständlich angesehen, daß der 'englisch-russische Zwischenfall' bald einen freundlicheren und befriedigenderenAusgang nehmen werde. Wen die englische Regierung mit so auffallender Energie auftritt, so dich wohl zum Teil auchdeshalb, um die bedenklich erregte öffentliche Meinung in England zu beruhigen und das Vertrauen zu erzeugen, daßfür die Ehre der Nation Genugtuung und für die Sicherheit der britischen Staatsbürger ausreichende Bürgschafenwerden geschaffen werden.“

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damaligen Zeit vermutlich genauso gegeben hat, wie heute, müsste eigentlich zehn Jahre später klar

gewesen sein, was auf sie zukommen würde. Natürlich hatte man keine Vorstellung wie es wirklich

war; vermutlich ähnlich wie es sich heute niemand wirklich vorstellen kann, was Krieg bedeutet,

der in den Friedenszeiten unserer westlichen Gesellschaft aufgewachsen ist; trotz der breiten

medialen Aufbereitung heutiger kriegerischer Konflikte. Jedoch ist das Argument, dass damals

niemand wusste, was ein moderner Krieg bedeutet völlig ad absurdum geführt. Vielmehr gehe ich

davon aus, dass eine gewisse Naivität in der Bevölkerung genauso, wie in den Generalstäben

vorhanden war und man die Auswirkungen eines Krieges kollektiv einfach nicht sehen wollte.

Militärisch wurden im Russisch - Japanischen Waffengang eine Reihe von Besonderheiten sichtbar,

durch welche sich der Krieg 1904/05 als erster aus der Reihe von ‚imperialistischen‘ Kriegen zu

den Kabinettskriegen aus den vergangen Tagen Europas unterschied: Das militärische Potential der

beteiligten Kontrahenten wurde weitaus mehr als früher, durch ihre ökonomische Leistungsfähigkeit

bestimmt, aber es war noch nicht der Volkskrieg der Gesellschaften, der ein aus den Motiven der

Vernunft, also der Staatsräson, geschlossenes Ende gar nicht mehr kennt und sein ruinöses Finale

erst dann zu finden vermag, wenn totale Erschöpfung alle und alles besiegt hat.147 Theorieansätze

wie bei John W. Steinberg bezeichnen diesen Russisch-Japanischen Krieg deshalb auch als „World

War Zero“.148 Soweit möchte ich nicht gehen, denn es bleibt zu bemerken, dass innerhalb des

„Konzert der Mächte“ eine streng eingehaltene und auch überwachte Neutralität gewahrt wurde,

diese, auch als Sinnbild für 1914, später nicht mehr vorhanden war bzw. eingehalten werden wollte.

Folgende Erkenntnisse werden in der (militärischen) Fachliteratur149 einstimmig angeführt:

• Raum und Zeitbedarf für die Schlachten des Krieges wachsen stark an.

• Die Wirkung der Schusswaffen ist durch die Einführung der Mehrlade- und

Maschinengewehre, neu eingeführten Handgranaten und Minenwerfern im Stellungssystemdes Verteidigers, sowie der Schnellfeuergeschütze dramatisch gestiegen.

• Die Artillerie kämpft nicht mehr aus offenen Stellungen im direkten Richtverfahren, sondern

vorwiegend aus verdeckten im indirekten.

• Artillerie in offenen Feuerstellungen wird rasch niedergekämpft.

• Dauer und Intensität des Artilleriebeschusses nehmen zu.

• Der Soldat hat sich am Gefechtsfeld möglichst gedeckt zu bewegen und unsichtbar zu

bleiben. Uniformen mit Tarnwirkung wurden forciert.

• Die Auflockerung der Kräfte stieg mit zunehmendem Kriegsverlauf.

147 HILDEBRAND, Eine neue Ära der Weltgeschichte. S. 34.148 STEINBERG, John W., Was the Russo-Japanese War World War Zero?. In: The Russian Review. 67, 2008. S.1 – 7.149 WENGER, Lessons not Learned. S. 713

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• Frontalangriffe führen nur mehr in Ausnahmefällen zum Erfolg.

Niemand, der es wohl nicht selbst am eigenen Leib erfahren hat, mag wirklich begreifen, was es

bedeutet in einem Schützengraben zu stehen, jedoch ist die kulturelle Repräsentanz, die den

Schützengraben mit dem Ersten Weltkrieg und hier vor allem die Westfront verknüpft, eindeutig

konstruiert. Denn wie zahlreiche Berichte alleine in den Tageszeitungen150 151, ganz zu schweigen

von den Kriegsbeobachtern zeigen, war dieses Phänomen bereits zehn Jahre davor Alltag bei der

Gefechtsführung. Unglaublich scheint es, dass trotz der Tatsache, dass sich im

Russisch-Japanischen Krieg die Auseinandersetzung im Schützengraben abgespielt hatte, von den

deutschen und österreichischen Generalstäben 1914 noch immer davon ausgegangen wurde, nach

klassischen historischen Vorbildern die Vernichtung des Gegners jeweils in großen

Entscheidungsschlachten mit Hilfe einer zahlenmässig überlegenen Großarmee auf offener Fläche

stattfinden würde. Die Truppen beider Mächte waren für eben diese kurze Maximalanstrengung

EINER Schlacht ausgerichtet und ausgerüstet; monatelanges Herumliegen und Herumziehen in

stetiger Kampfbereitschaft kam nicht in ihrer Planung vor. Auch die psychische Motivation war auf

große Landschlachten ausgerichtet und nicht auf den aufreibenden, Monate dauernden

Stellungskrieg in Schützengräben und Unterständen. Nach wie vor hatte in der Planung des k.u.k.

Generalstabs die schlachtentscheidende Kavallerie daher einen traditionellen Stellenwert, während

man der Artillerie viel geringeres Augenmerk zuwandte und den technischen Innovationen – wie

Flugzeug oder gar gepanzerte Fahrzeuge – eine ganz untergeordnete Rolle zumaß.152 Zudem wurde

150 Neue Freie Presse vom 19. Oktober 1904 (Morgenblatt). S. 3: „Das Bild eines Gefechts auf dem Kriegsschauplatzewird demnach durch folgende Momente gekenntzeichnet. Die beiden Gegner sind auf bedeutende Entfernungen voneinander entwickelt; Deckungen entziehen beide dem gegenseitigen Blicke; der Sturm ist nur ausnahmsweise möglich, derGegner muß aus seiner Position herausgeschossen werden. Hieraus ergibt sich in erster Linie, daß ein Gefecht für dasAuge ein Bild überhaupt nicht mehr bietet. Selbst die Artillerie ist bestrebt, die Geschütze zu decken oder wenigstens zumaskieren. Sturmangriffe werden nur von europäischen Truppen, die erst die Feuertaufe empfangen, ausgeführt. Nachden ersten vernichtenden Erfahrungen lassen sie von dieser Doktrin ab. Das Feuergefecht nimmt mangels an sichtbarenZielen einen hinhaltenden Charakter langweiligster Art an, es erstirbt zeitweilig ganz, wird aber sofort lebhafer, wie derGegner nur das Geringste zeigt. Die frontale Waffenwirkung verzögert sich und zieht das Gefecht auf Tage hinaus, sodaß die Truppen in der Gefechtslinie essen und schlafen. Die Verluste sind während des Feuerkampfes in den Positionenäußerst gering, erreichen aber enorme Ziffern während der Bewegung ungedeckter Abteilungen, besonders aberwährend des Sturmes. Die Entscheidung eines Gefechtes oder einer Schlacht kann nur durch ganz bedeutendeUebermacht oder durch taktische Manöver herbeigeführt werden.“

151 Neue Freie Presse vom 22. Oktober 1904 (Morgenblatt). S. 4: „Die Offensive ruht im Augenblick auf beiden Seiten.Nicht nur der Regen, auch die Notwendigkeit, die Abgänge an Munition und Verpflegungsvorräten zu ergänzen,verursacht Gefechts- und Operationspausen. Das Kriegführen ist leicht bei trockenem Boden, klarem Himmel und nichtzu warmer Temperatur – wie eben das Herbstwetter nach Erfahrungen früherer Jahre in der Mandschurei geschildertwird. Bei Witterungsverhältnissen jedoch, wie solche das heurige Jahr über den ganzen Kontinent vom Stillen bis zumAtlantischen Ozean gebracht hat, hört sich die Poesie des Kriegslebens auf. Der Boden naß, von oben Nässe, Kleider undRüstung naß, Viktualien und Brennholz in den Feldküchen naß, da wird auch der gute Mut bald zu Wasser. MitLagerfeuern bemüht man sich gar nicht, jedoch kochen möchte die Truppe, um den Körper wenigstens innerlich zuerwärmen; wo aber nicht Ortschafen mit benützbaren Feuerstellen oder Material zur Ueberdeckung der Feldkochherdevorhanden sind, gelingt es schwer Feuer zu machen und zu erhalten. […] Konserven, wenn solche vorhanden sind, schützengerade vor dem Verhungern, werden aber sonst, besonders in kaltem Zustande, bald zum Ekel. […] In den Schützen-und Deckungsgräben sammelt sich das Wasser, die Leute stehen stellenweise tagelang darin, wo eine Ableitung unmöglichist. Und dennoch gewöhnt sich auch der Mensch an dieses durchwässerte Leben. Die Empfindlichkeit stumpf sich ab, sogarder Schlaf tritt, wenn es nicht gar zu hefig plätschert, wieder in sein Recht, und zu wundern ist nur, daß die Mehrzahlder Leute dabei gesund bleibt.“

152 MAGENSCHAB Hans, Der Krieg der Großväter. 1914-1918. Wien, 1988. S.78.

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die Kommunikation untereinander immer wichtiger. Auch hier ist innerhalb des österreichischen

Generalstabes153 mangelnde Bereitschaft zu erkennen, sich an die veränderten Umstände

anzupassen, wie die im Verlauf der Ostkämpfe am Beispiel der Artillerie ersichtlich wird.154

153 ROTHENBERG Gunther E., The Army of Francis Joseph. West Lafayette, 1976. S. 143: „Conrad regarded theoffensive as the superior element. The work ,Zum Studium der Taktik‘, soon supplemented by a series ofteach-it-yourself exercise books, sold well and went throuth several editions. And thougt in the following yearsConrad wrote a number of other books on tactics, mainly ,Die Gefechtsausbildung‘ der Infantrie, which had fiveeditions, he never changed his basic concepts.“

154 ORTNER. Die Entwicklung des österreichisch-ungarischen Kampfverfahrens im Ersten Weltkrieg. S. 430: „DieArtillerie führte ihr Gefecht ebenfalls nach den in den Vorkriegsmanövern praktzierten Grundsätzen; sie fuhr offenauf (soweit es sich um Feldkanonenbatterien handelte) und versuchte, durch direktes Feuer auf erkannte Ziele inden Feuerkampf einzugreifen. Feuerleitung und Stellungswahl oblagen dem Kommandanten des eingesetzenArtilleriekörpers. Dieser beurteilte Angriffsziel und Terrain nach eigenem Ermessen und disponiertedementsprechend seine Batterien.“

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Page 36: Russo-Japanese war in Austrian Newspapers

11. Bibliographie:

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