Röchling-Gruppe Richard-Wagner-Straße 9 D-68165 Mannheim Tel.: 0621-4402-0 Fax: 0621-4402-284 E-Mail: [email protected]www.roechling.de Internet-Auftritt neu gestaltet: Röchling-Gruppe startet moderne und informative Web-Site Erfolgsweg eingeschlagen: Gossen-Metrawatt kommt mit der Neuausrichtung voran Zukunft gesichert: Seeber Systemtechnik baut neue Produktionshalle in Worms 1/ 2003 magazin Das Magazin der Röchling-Gruppe
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manager magazin Kets de Vries: Manager ohne Maß 32
32
Management
Francotyp-Postalia-Gruppe
GMC-Gruppe
BEA-Gruppe12
5
14
17
25
31
29
20
Die Geschäftsführer der Gossen-Metrawatt GmbH im Gespräch 5
DeTeWe vereinbart langfristige Zusammenarbeit mit IBM 9
Neue Gesellschafter für Röchling Getriebe KG 10
Tarifverträge – besser als ihr Ruf 11
Moderner Auftritt im Internet 12
Aktuell4 5
Vorwort
Redaktion: Beschreiben Sie bitte
kurz das Produkt- und Leistungs-
spektrum von Gossen-Metrawatt.
Dr. Becker: Elektrische Installatio-
nen, Anlagen und Geräte müssen
nach ihrer Fertigstellung und auch
später während des Betriebs geprüft
werden, um ihre Sicherheit zu ge-
währleisten. Dafür stellt GM alle er-
forderlichen Mess- und Prüfgeräte,
die dazugehörige Software sowie die
notwendigen Dienstleistungen wie
Reparatur, Service und Schulungen
zur Verfügung. Darüber hinaus
liefert GM mess-, steuer- und rege-
lungstechnische Geräte und Pro-
blemlösungen sowie Stromversor-
gungen für industrielle Kunden.
Wir haben jahrzehntelange Erfah-
zinischer Geräte hat unser Haus
innerhalb weniger Jahre mit dem
SECUTest SIII die Marktführerschaft
in Deutschland errungen.
Bei den Laborstromversorgungen
hat der Gossen Konstanter seit seiner
Einführung Anfang der sechziger
Jahre Geschichte geschrieben und
wird unter anderem wegen seiner
unübertroffenen Genauigkeit und
Regelgeschwindigkeit geschätzt.
Redaktion: Wie sah die wirtschaftli-
che Situation bei GM bei Ihrem
Eintritt in das Unternehmen aus?
Dr. Ruegenberg: Ende November
2001 war die wirtschaftliche Lage
der Gossen-Metrawatt kritisch, ge-
kennzeichnet durch hohe operative
Verluste im laufenden Geschäftsjahr
sowie einen hohen Finanzbedarf für
die nächsten Jahre. Vorausgegangen
war die Ausgliederung des Produkt-
bereichs Analoge und Digitale An-
zeigegeräte sowie die Trennung von >
Klaus Greinert ist Vorsitzender des Familien-rates der Röchling’schenFamiliengemeinschaft.
Danke im Namen der Gesellschafter
an alle Mitarbeiter unserer Röchling-
Gruppe für die außerordentlich gute
Arbeit, die in 2002 geleistet wurde!
Dies verdient ganz besondere Beto-
nung, wenn wir uns erinnern, wo
wir vor knapp zwei Jahren gestartet
sind und in welchem – auch stim-
mungsmäßig – schwierigen Umfeld
wir uns weiterhin bewegen.
Leider waren wir in Bereiche gera-
ten, die bei weitem nicht unserem
unternehmerischen Anspruch auch
nur nahe kamen.
Nun können wir uns auf gesicherter
Grundlage in Richtung „Tabellen-
spitze“ – in der Liga der erfolgrei-
chen Unternehmen – bewegen. Wir
müssen immer besser werden ...
Auf das Erreichte sind wir stolz – es
ist aber gleichermaßen für uns alle
Verpflichtung und Herausforderung
in 2003 und für den weiteren Weg.
Wir wollen langfristige Erfolge, die
allen Beteiligten zur Sicherung unse-
rer Zukunft nutzen.
Wie lautet unsere gemeinsame Ziel-
setzung? Auf einer möglichst kurzen
Zeitachse ein Portfolio zu haben, bei
dem wir unsere ganzen Kräfte dafür
einsetzen, die guten und starken
Unternehmen noch besser zu machen.
Hierzu gehört, dass wir permanent
die eigene Leistung kritisch hinter-
fragen, unseren Weg – unbeeindruckt
von den sehr oberflächlichen und
zum Teil irreführenden Medien-
berichten zur Situation – mit Freude,
Begeisterung, Intelligenz und Pfiffig-
keit gehen – das ist die Garantie zum
Erfolg!
Wir hier in Mannheim tragen eine
sehr große Verantwortung für unsere
Unternehmen, wir haben die Vor-
bildfunktion für den Stil, die Kultur
und den Umgang miteinander.
Ich verweise hier auf den Artikel
„Manager ohne Maß“ auf Seite 32.
Es gibt nur einen echten Luxus, das
sind die menschlichen Beziehungen
– im Grunde sind es immer die Ver-
bindungen mit Menschen, die dem
Leben seinen Wert geben.
Worin liegen die eigentlichen Auf-
gaben des Managements?
1. Auf unsere Stärken konzentrieren
2. Die Wirkung von Kosten-/
Leistungsreduktionen auf den Ertrag
prüfen
3. Die Wertschöpfungskette opti-
mieren
4. Das Management-Team über-
prüfen, reflektiert an den ständigen
Veränderungen unseres Umfelds
5. Die Liquidität steuern
6. In die Zukunft investieren
7. Intelligentes Reagieren auf Verän-
derungen und die Kunst, andere
Menschen zu motivieren und erfolg-
reich zu machen
Die alles entscheidende Kraft in
Unternehmen entsteht aus Vertrauen.
Wer Vertrauen schenkt, bekommt
auch Vertrauen zurück. Vertrauen
beansprucht aber Berechenbarkeit,
Zuverlässigkeit und Geradlinigkeit.
Vertrauensbildung ist ein langsamer,
evolutionärer Prozess, der Zeit
braucht. In diesem Sinne: Nutzen
wir die Zeit – es lohnt sich.
Lassen Sie mich mit einem Wort von
Antoine de Saint-Exupéry enden:
„Wenn du einen Freund willst, so
zähme mich!“, sprach der Fuchs.
„Was muss ich dafür tun?“, fragte
der kleine Prinz. „Du mußt sehr ge-
duldig sein“, antwortete der Fuchs.
„Du setzt dich zuerst ein wenig
abseits von mir ins Gras. Ich werde
dich verstohlen so aus dem Augen-
winkel anschauen, und du wirst
nichts sagen. Die Sprache ist eine
Quelle von Missverständnissen, aber
jeden Tag wirst Du dich ein bisschen
näher setzen können.“
Ihr Klaus Greinert
Danke „Wir haben mehr als nur einen Etappenerfolg erreicht“Ein Interview mit den Geschäftsführern Dr. Horst-
Achim Ruegenberg, Dr. Hans-Peter Opitz und Dr. Peter
Becker über die erfolgreiche Restrukturierung und
die Aussichten der Gossen-Metrawatt GmbH (GM).
„Der konsequente Sparkurs sowie eine detaillierte Ausgabenkontrollehaben in allen Bereichen schnell Erfolge gezeigt.“Dr. Horst-Achim Ruegenberg
rungen in allen Fragen rund um das
Thema Elektrizität. Im Vordergrund
steht die Verfügbarkeit, Qualität, Si-
cherheit und der ressourcenschonen-
de Einsatz von elektrischer Energie.
Redaktion: Mit welchen Produkten
bringt man GM in Verbindung?
Dr. Becker: Da ist an aller erster Stel-
le die Mess- und Prüftechnik sowie
die Stromversorgungstechnik zu
nennen. GM liefert zum Beispiel die
digitalen Vielfachmessgeräte
METRAHit, die zu den sichersten
Multimetern weltweit zählen. Wenn
es um die Prüfung elektrischer
Installation in Häusern, Gebäuden
oder Anlagen geht, haben wir mit
dem Prüfgerät PROFITest Maßstäbe
gesetzt. Bei der Überprüfung medi-
6 7
>
der Beteiligungsgesellschaft, die für
die Software im Bereich Energie-
management verantwortlich war. Bei-
des hatte erhebliche Überkapazitäten
zur Folge, deren Abbau einen zu-
sätzlichen Finanzbedarf erforderlich
machte. Für den Standort Nürnberg
war ein Investitionsstopp verfügt,
die Altersstruktur der Mitarbeiter
war bedenklich. Notwendige Pro-
duktinnovationen hatten nicht mehr
im erforderlichen Maße stattgefun-
den, neue Produkte fehlten nahezu
ganz. Kurzum, eine dramatische
Situation, die hohen Handlungsbe-
darf erforderte.
Redaktion: Welche Maßnahmen
haben Sie daraufhin eingeleitet?
Dr. Ruegenberg: Zunächst galt es,
eine Planung zur Stabilisierung der
betriebswirtschaftlichen Situation zu
erstellen. Dies war nur möglich
durch einen Stellenabbau am Stand-
ort Nürnberg um zirka 100 Arbeits-
plätze sowie weitere Maßnahmen
zur deutlichen Reduzierung des sich
für 2002 abzeichnenden Verlustes.
Dabei haben wir uns zunächst auf
die zügige Umsetzung des Personal-
konzepts, die Reduzierung der Ma-
terialquote in der Produktion sowie
bracht und zu deutlichen Qualitäts-
fortschritten in der Fertigung ge-
führt. Des Weiteren wurden durch
erhebliche Anstrengungen aller an
der Entwicklung beteiligten Mitar-
beiter der Innovationsstau deutlich
abgebaut sowie wichtige Neuent-
wicklungen auf den Weg gebracht.
Redaktion: Es gibt aber bestimmt
Dinge, an denen auch in Zukunft
noch gearbeitet werden muss.
Dr. Ruegenberg: Natürlich können
wir mit der Situation insgesamt noch
nicht zufrieden sein. Die Ergebnis-
lage muss weiterhin stabilisiert und
nochmals deutlich verbessert wer-
den. In der Entwicklung sind trotz
der erheblichen, sichtbaren Erfolge
noch ebenso erhebliche Anstrengun-
gen notwendig, um die Versäum-
nisse der Vergangenheit zu kompen-
sieren.
Redaktion: Welche Auswirkungen
hatten die beschriebenen Restruktu-
rierungen auf die Mitarbeiter?
Dr. Ruegenberg: Der erhebliche
Stellenabbau machte es erforderlich,
die Unternehmensprozesse in allen
Bereichen neu zu strukturieren und
zu ordnen. Gerade hier haben alle
Mitarbeiter am Standort Nürnberg
einen bedeutenden Beitrag geleistet,
galt es doch, sich von lange prakti-
zierten Gepflogenheiten und Abläu-
fen zu verabschieden, um die Pro-
duktivität im gesamten Unterneh-
men wirksam zu steigern.
Die Mitarbeiter haben diese Heraus-
forderungen angenommen und sich
den veränderten Anforderungen ge-
stellt. Der Personalabbau war sicher-
lich in der Betriebsöffentlichkeit die
bitterste Maßnahme, welche das Be-
triebsklima und die innerbetriebliche
Zusammenarbeit lange belastet hat.
Auf der anderen Seite ist es uns ge-
lungen, wieder Stabilität und Ord-
nung herzustellen. Viele ‚Baustellen’
konnten aufgelöst oder soweit ge-
ordnet werden, dass sich dadurch
keine neuen Risiken für die Zukunft
mehr ergeben. Wichtig sind dabei
die Klärung von Produktions- und
Vertriebsvereinbarungen mit ver-
bundenen Unternehmen sowie die
Beendigung von vertraglichen Ver-
pflichtungen mit Dritten, die in der
Vergangenheit zum Teil mit deut-
lichen Verlusten verbunden waren.
Dr. Opitz: Auch der Vertrieb in
Deutschland war von der Verände-
rung der Mitarbeiterzahl unmittel-
bar berührt und hat dies zum Anlass
genommen, seine Struktur komplett
neu anzupassen. Seit 1. Januar 2003
gibt es nun eine klare Teilung in den
Vertrieb Test & Measurement sowie
Industrie. Wir erreichen damit eine
Redaktion: Was erwarten denn die
Kunden von Ihrem Unternehmen?
Dr. Becker: Bei den Produktanfor-
derungen, die unsere Kunden
stellen, rangieren an erster Stelle
Genauigkeit, Reproduzierbarkeit,
Langlebigkeit und Zuverlässigkeit
der Messtechnik. Mit geringem Ab-
stand folgen die einfache Bedienung
und eine gute und leicht verständ-
liche Dokumentation. Die Kunden
schätzen an den Produkten von
Gossen-Metrawatt vor allem die ho-
he Qualität, Zuverlässigkeit, Robust-
heit und Langlebigkeit. Bei den An-
bieteranforderungen werden von
unseren Kunden an erster Stelle die
Lieferbereitschaft und -treue ge-
nannt. Eine schnelle Reklamations-
abwicklung und eine ausgezeichne-
te Beratung sind weitere wichtige
Entscheidungsfaktoren für unsere
Kunden.
drückt sich auch im hohen Bekannt-
heitsgrad unserer Markennamen
GOSSEN und METRAWATT aus.
Redaktion: Welche Anforderungen
stellen Sie an Ihre Mitarbeiter?
Dr. Opitz: Die neue, schlankere
Unternehmensstruktur ist Chance
und Herausforderung zugleich. Wir
brauchen hierfür Mitarbeiter, die
offen sind für Neues, Flexibilität täg-
lich leben sowie verantwortungsvoll
und selbstständig in Richtung auf
die gesetzten Ziele handeln. Wir
wollen auf diese Weise nicht nur im
Wettbewerb bestehen, sondern den
Wettbewerb in sportlich verstande-
ner Konkurrenz zu unseren Gunsten
entscheiden, wo immer dies möglich
ist und Nutzen bringt. Wer daran
mitarbeiten, mitgestalten will, der
gehört in unser Team.
Redaktion: Und wie sollte die
Unternehmenskultur aussehen?
„Wir brauchen Mitarbeiter, die offensind für Neues, Flexibilität täglich leben sowie verantwortungsvoll undselbstständig in Richtung der gesetz-ten Ziele handeln.“Dr. Hans-Peter Opitz
Aktuell
>
Redaktion: Ihr Unternehmen hat
also auch große Stärken. Worin
liegen diese vor allem?
Dr. Becker: Unsere Mitarbeiter
haben über viele Jahrzehnte eine
hohe Kompetenz in der Lösung an-
spruchsvoller messtechnischer Pro-
bleme und deren Umsetzung in
hochwertige und zuverlässige Pro-
dukte aufgebaut. Diese Kompetenz
Einsparungen im Sachgemeinkos-
tenbereich konzentriert. Parallel
dazu wurden Maßnahmen zur Be-
standsreduzierung eingeleitet.
Nachdem mit dem Betriebsrat eine
Einigung über den Stellenabbau her-
beigeführt werden konnte, wurde
die Planung für das Jahr 2002 mit
Röchling einvernehmlich abge-
stimmt, und der Investitionsstopp
wurde aufgehoben. Die dann für
2002 geplanten und genehmigten In-
vestitionen beinhalteten auch erheb-
liche Mittel für die Produkterweite-
rung und -neuentwicklung sowie
Investitionen in die Infrastruktur der
Fertigung.
Redaktion: Was haben Sie durch
diese Restrukturierungen erreicht?
Dr. Ruegenberg: Die größten Fort-
schritte zeigen sich zweifellos in der
betriebswirtschaftlichen Konsolidie-
rung. Im Jahr 2002 hat Gossen-Me-
trawatt ein ausgeglichenes Ergebnis
nur knapp verfehlt – vor dem Hin-
tergrund der extrem schwierigen
Situation sicherlich mehr als nur ein
Etappenerfolg. Dabei wirkten sich
insbesondere der konsequente Spar-
kurs sowie eine detaillierte Aus-
gabenkontrolle aus. Außerdem hat
unsere Lötanlage, die im Juni 2002 in
Betrieb genommen wurde, einen
erheblichen Produktivitätsschub ge-
„Unsere Kunden schätzen vor allemdie hohe Qualität, Zuverlässigkeit, Robustheit und Langlebigkeit unsererProdukte.“Dr. Peter Becker
klarere Fokussierung auf die unter-
schiedlichen Kundengruppen und
Wettbewerber als bisher. Parallel
hierzu wird insbesondere im Bereich
Test & Measurement der indirekte
Vertrieb durch eine Intensivierung
des Absatzes über den Elektrogroß-
handel gestärkt. Beides fordert von
allen Mitarbeitern größere Flexibili-
tät und größeres Engagement bei der
Erfüllung von Kundenwünschen.
8 998
Dr. Horst-Achim Ruegenberg, Vorsitzender derGeschäftsführung, hat seit dem 25. November2001 die Gesamtverantwortung für die Gossen-Metrawatt und ist direkt zuständig für die BereicheProduktion, Konstruktion, Finanzen und Personal.Der promovierte Eisenhüttenmann ist 57 Jahre alt,verheiratet und hat zwei Kinder.
Dr. Hans-Peter Opitz, Vorsitzender der Geschäfts-führung der GMC-Instruments Holding, ist seit 1. Juli 2002 verantwortlich für die Holding sowieden Vertrieb Deutschland. Dr. Opitz trat am 1. Juli 1986 bei Rheinmetall in die Röchling-Gruppeein und war seitdem in verschiedenen Funktionentätig. Der promovierte Regelungstechniker ist 45 Jahre alt, verheiratet und hat zwei Kinder.
Aktuell
> Dr. Ruegenberg: Unternehmenskul-
tur ist ganz wesentlich durch die
Kommunikation in und mit allen Be-
reichen des Unternehmens gekenn-
zeichnet und geht einher mit einem
Führungsstil, der Selbstverantwor-
tung aller Mitarbeiter, Achtung vor
dem Mitmenschen, ganzheitliches
Denken und Handeln und die Ein-
haltung von Vereinbarungen voraus-
setzt. Dabei entsteht ganz konse-
quent eine Kunden-, Mitarbeiter-
und Aufgabenorientierung, welche
die Interessen aller Beteiligten be-
rücksichtigt und das Unternehmen
so deutlich nach vorne bringt. Diese
‚weichen Faktoren’ sind die Basis für
eine auf Dauer angelegte und erfolg-
reiche Unternehmensarbeit. Dazu
besteht am Standort noch Nachhol-
bedarf, die schmerzhaften Verände-
rungen der vergangenen 16 Monate
haben Wunden hinterlassen. Be-
triebsrat und Geschäftsführung wol-
len diese Problematik gemeinsam
aufarbeiten.
Redaktion: Statt weicher Faktoren
nun harte Fakten: Wie sieht die ak-
tuelle wirtschaftliche Situation aus?
Dr. Ruegenberg: Natürlich belastet
uns die konjunkturelle Schwäche in
allen für uns bedeutsamen Industrie-
regionen. Rückläufige Auftragsein-
gänge waren auch bei uns zu ver-
zeichnen. Trotzdem können wir fest-
stellen, dass wir insbesondere im
Bereich Mess- und Prüftechnik in den
für uns wichtigen Märkten unsere
Position halten konnten. Für 2003
haben wir uns vorgenommen, das
Ergebnis des Vorjahres zu halten.
Die ersten Monate des angelaufenen
Jahres ermutigen uns hierbei.
Redaktion: Welche wesentlichen
Aufgaben liegen in diesem Jahr noch
vor GM?
Dr. Opitz: Wir haben uns vertrieb-
lich vorgenommen, den Elektrogroß-
handel auszubauen, ohne unsere bis-
herigen Vertriebskanäle zu vernach-
lässigen. Nach dem problematischen
Verlauf des Jahres 2002 für alle Han-
delsketten in Deutschland ist dies
sicher ein Ziel, das wir nur mit
großem Einsatz erreichen können.
Der weitere konjunkturelle Verlauf
ist gewiss eine große Unbekannte.
Redaktion: Wie kann jeder Mitarbei-
ter dazu beitragen, dass die gesteck-
ten Ziele erreicht werden?
Dr. Becker: Eine kompromisslose
Kundenorientierung, verbunden mit
mutiger, unternehmerisch orientier-
ter Eigeninitiative und Einsatz,
würde ich da an erster Stelle nennen.
Bürokratische Altlasten abwerfen,
pragmatisch vorgehen und über alle
Bereichsgrenzen hinweg um profita-
ble Aufträge und zufriedene Kunden
zu kämpfen, sollte die Handlungs-
maxime aller Mitarbeiter sein.
Redaktion: Wo sehen Sie Potenzial
für weiteres Wachstum in der Zu-
kunft?
Dr. Becker: Das Wachstum für GM
liegt zum einen im Ausland, speziell
in Europa, aber auch in Osteuropa
und Südostasien. Gerade in den
letztgenannten Regionen konnten
wir in den vergangenen Jahren über-
proportionale Zuwächse verbuchen.
Neue Anwendungsfelder für unsere
Mess- und Prüftechnik sind die
Marktsegmente Medizintechnik und
Facility Management. Da elektrische
Energie wieder teurer wird, ist das
Marktsegment Energiemanagement
von zentraler Bedeutung.
Dr. Peter Becker ist Geschäftsführer der BereicheMarketing und Entwicklung. Vor seinem Eintrittam 1. Oktober 2000 war er Geschäftsführer Marketing bei der Endress & Hauser Flowtec AG.Zu seinen früheren Berufserfahrungen gehören Managementaufgaben in Deutschland, den USAund der Schweiz. Becker ist 48 Jahre alt,verheiratet und hat drei Kinder.
Neue Tochtergesellschaft
in Tschechien
Die Röchling Haren KG hat den bisherigenGeschäftsbereich Kunststoffe des tsche-chischen Textilfaserherstellers SILON AGübernommen und mit dem Namen Röch-ling Techniké Plasty s.r.o. in die interna-tional tätige Röchling Haren-Gruppe inte-griert. Der Firmensitz des neuen Unter-nehmens wird weiterhin auf dem Arealder SILON AG in Planá nad Luznicí, süd-lich von Tábor, sein.
Die SILON AG trennt sich von ihrem Ge-schäftsbereich „Plasty“, um sich stärkerauf ihr Kerngeschäft, die Herstellung vonTextilfasern, konzentrieren zu können.
Die Röchling Techniké Plasty s.r.o. produ-ziert extrudierte Platten und Schweiß-drähte aus Polyethylen und Polypropylen.Das bestehende Lieferprogramm wirdzukünftig um die Produkte der RöchlingHaren-Gruppe erweitert.
Ludger Bartels, Vorsitzender der Ge-schäftsführung der Röchling Haren KG:„Durch die Übernahme verstärken wirunsere Position als führender Anbietervon thermoplastischen Kunststoffhalbzeu-gen in den ost- und mitteleuropäischenMärkten maßgeblich.“
Mit der neuen Gesellschaft in Tschechiensetzt die Röchling Haren-Gruppe ihre er-klärte Expansionsstrategie, wonach dasUnternehmen aus eigener Kraft und durchstrategische Akquisitionen weiter wach-sen will, konsequent fort. Zuletzt warenim vergangenen Jahr zwei Gesellschaftenin China gegründet worden.
DeTeWe und IBM vereinbaren langfristigeZusammenarbeit
jahresvertrag über die Bereitstellung von IT-Dienst-
leistungen unterzeichnet.
Die vereinbarte langfristige Zusam-
menarbeit sieht überdies vor, dass
Teile der discon GmbH, einer IT-
Tochtergesellschaft von DeTeWe, an
die IBM Mittelstand Systeme GmbH
übertragen werden – vorbehaltlich
der Zustimmung des Bundeskartell-
amts. 95 der 113 discon-Mitarbeiter
werden durch die IBM Mittelstand
Systeme GmbH übernommen. Die
verbleibenden 18 discon-Mitarbeiter
setzen ihre bisherige Tätigkeit inner-
halb der DeTeWe-Unternehmens-
gruppe fort.
Für 2003 ist die Beauftragung eines
Dienstleistungsvolumens in Höhe
von acht Millionen Euro in den
Bereichen SAP, Desktop Service und
Full-Service-Betrieb an die IBM
Mittelstand Systeme GmbH geplant.
Darüber hinaus haben beide Unter-
nehmen vereinbart, bei Systemlö-
sungen mit SAP-Integration bundes-
weit zu kooperieren.
IBM Mittelstand Systeme GmbH, die
neue Tochtergesellschaft der Dienst-
leistungssparte IBM Global Services,
beschäftigt deutschlandweit 450 Mit-
arbeiter und firmierte aus der bis
zum 31. Dezember 2002 bestehenden
§:-)Auf Grund ihrer langjährigen Tätig-
keit in leitenden Positionen der
Röchling Getriebe KG kennen die
neuen Gesellschafter das Unterneh-
men, die Märkte und das Umfeld
genau. „Wir können ohne Anlaufpro-
bleme durchstarten und sofort die
Weichen für eine erfolgreiche Zu-
kunft stellen“, sagte Geschäftsführer
Suelmann.
Die bisherigen Gesellschafter – die
Gebr. Röchling als persönlich haften-
der Gesellschafter ohne Kapitalanteil
sowie die Röchling KG als Komman-
ditistin mit einer Einlage von zwei
Millionen Euro – sind vollständig
aus der Röchling Getriebe KG ausge-
schieden.
Sowohl das dreiköpfige MBO-Team
als auch die Geschäftsführung der
Gebr. Röchling KG in Mannheim
sind überzeugt, durch den Gesell-
schafterwechsel beste Voraussetzun-
gen für eine erfolgreiche Zukunft
des Unternehmens und für den Er-
halt aller Arbeitsplätze geschaffen zu
haben. „Die Röchling Getriebe KG
gehört seit einigen Jahren nicht mehr
zum Kerngeschäft der Gebr. Röch-
ling KG. Der Gesellschafterwechsel
war deshalb ein folgerichtiger Schritt,
und wir hoffen sogar, in Meppen
weitere Arbeitsplätze zu schaffen“,
so Suelmann.
Das besondere Vertrauen, das die
Gebr. Röchling KG in die neuen Ge-
sellschafter, die Mitarbeiter der
Röchling Getriebe OHG und in die
Zukunftsaussichten des Unterneh-
mens hat, zeigt sich nicht zuletzt
daran, dass der neuen Gesellschaft
für eine Übergangszeit gestattet
sein wird, den Namenszug Röchling
im Firmennamen zu führen und
auch das Röchling-Wappen zu nut-
zen. Darüber hinaus wird die Röch-
ling-Gruppe einen bedeutenden
langfristigen Kredit zur Verfügung
stellen.
Neue Gesellschafter für Röchling Getriebe KG
Freuen sich über die Vertragsunter-zeichnung (v.l.n.r.): René Benz (Konzern-controlling), Hermann Wolters (MBO-Gesellschafter), Anton Suelmann(MBO-Gesellschafter), Georg Duffner(Vorsitzender der Röchling-Geschäfts-führung), Karlheinz Pleus (MBO-Gesell-schafter), Heinrich Baukelmann (Justiziarder Röchling-Gruppe).
Die Röchling Getriebe KG hat einen Gesellschafter-
wechsel vollzogen: Im Wege eines Management-
Buy-Out (MBO) hat der bisherige Geschäftsführer,
Anton Suelmann, 51 Prozent des Unternehmens
erworben; Karlheinz Pleus und Hermann Wolters
haben sich mit jeweils 24,5 Prozent beteiligt. Das neue
Unternehmen firmiert unter Röchling Getriebe OHG.
Euro-Betriebsrat trifft sich
In Mannheim haben sich die Mitgliederdes Europäischen Betriebsrats (EBR) zu ihrer jüngsten Tagung getroffen.Dort kamen sie mit Georg Duffner, demVorsitzenden der Röchling-Geschäfts-führung, zusammen. Seit Novembervergangenen Jahres ist auch dieSchweiz im EBR durch Max Hüsser(vierter von rechts) repräsentiert.
der Gewerkschaftsmitglieder hat im
Zuge der allgemeinen gesellschaft-
lichen Entwicklung viele soziale
Konflikte gelöst.
Ein Tarifvertrag endet mit Zeitab-
lauf, mit Aufhebung oder fristgemä-
ßer Kündigung. Mit Ablauf des
Tarifvertrags enden die Rechte und
Pflichten zwischen den Tarifver-
tragsparteien, seine Regelungen gel-
ten aber weiter. Warum? Der Status
quo, der tarifliche „Besitzstand“, soll
erhalten bleiben und gesichert wer-
den. So schreibt es das Tarifvertrags-
gesetz vor.
Der in letzter Zeit öfter gehörte Vor-
wurf, Tarifverträge seien zu starr, ist
durch eine Studie des Wirtschafs-
und Sozialwissenschaftlichen Insti-
tuts der Hans-Böckler-Stiftung
widerlegt worden, nach der 35 Pro-
zent aller Betriebe und 22 Prozent
aller öffentlichen Dienststellen die in
Tarifverträgen vorgesehenen Öff-
nungsklauseln zur Standortsiche-
rung nutzen.
Den Schutz und den ordnungspoliti-
schen Rahmen, den Tarifverträge für
Arbeitnehmer und Arbeitgeber mit
sich bringen, wollen die Vertreter
der Beschäftigten aufrechterhalten
und weiterentwickeln.
Wolfgang KrauseKonzernbetriebs-ratsvorsitzenderTel. 0511/[email protected]
Schutz und ordnungspolitischer Rahmen für Arbeitnehmer und Arbeitgeber
Tarifverträge – besser als ihr Ruf
Tarifverträge regeln Fragen des Loh-
nes oder Gehaltes, der Eingruppie-
rung nach Tätigkeit und Qualifika-
tion, der Dauer der täglichen und
der wöchentlichen Arbeitszeit, des
Urlaubs und zusätzlicher, bezahlter
freier Tage, der Einstellungen und
Kündigungen sowie der Weiterqua-
lifizierung, um einige Beispiele zu
nennen. Tarifverträge legen immer
nur die Mindestnormen fest, zusätz-
liche Leistungen von Seiten des
Arbeitgebers sind möglich.
Damit erfüllt ein Tarifvertrag drei
Funktionen: die Ordnungsfunktion,
die Schutzfunktion und die Gestal-
tungsfunktion. Tarifverträge regeln
also die Art und Weise, wie die An-
gehörigen der Tarifvertragsparteien
zusammenarbeiten und miteinander
umgehen. Der Schutz durch Tarif-
verträge richtet sich überwiegend an
die Arbeitnehmer; er ist aber auch
für den Arbeitgeber vorhanden.
Insoweit haben Tarifverträge für den
Arbeitgeber auch ordnungspoliti-
sche Ansätze, da Tarifverträge dort,
wo sie existieren und angewandt
werden, zu vergleichbaren Bedin-
gungen für unternehmerisches Han-
deln beitragen. Denn wenn die Be-
zahlung der Beschäftigten tariflich
geregelt ist, entfällt die Konkurrenz,
bei der einer den anderen bei Löh-
nen und Gehältern unterbietet. Die
Unternehmen können sich darauf
verlassen, dass tarifliche Bezahlung
gleiche Wettbewerbsbedingungen
für alle herstellt. Weil die Bezahlung
der Belegschaft damit eine feste Grö-
ße auf der Ausgabenliste des Unter-
nehmens ist und planbar wird, kön-
nen die Firmen zugleich die Preise
für ihre Produktangebote am Markt
zuverlässig kalkulieren. Angebote zu
Dumpingpreisen setzen einen ruinö-
sen Wettbewerb in Gang und schrän-
ken letztlich die Handlungsfähigkeit
der Unternehmen ein.
Betriebsräte dürfen keine Tarifver-
träge abschließen. Ableitend besagt
dies auch das Neutralitätsgebot, dem
der Betriebsrat nach dem Betriebs-
verfassungsgesetz unterliegt. Der
Gesetzgeber geht aber davon aus,
dass Tarifforderungen letztlich durch
Streik durchgesetzt werden können.
Daraus folgt, dass nur solche Arbeit-
nehmervereinigungen als Gewerk-
schaften anzusehen sind, die in ihrer
Satzung als Ultima Ratio das Streik-
recht niedergeschrieben haben.
Arbeitnehmer haben in den zurück-
liegenden Jahrzehnten immer wie-
der die Erfahrung gemacht: Gemein-
same Interessen lassen sich besser
durchsetzen, wenn man sich zu-
sammenschließt. Die Gemeinschaft
Tarifverträge regeln die Bedingungen des Arbeits-
lebens, den Schutz der Beschäftigten und die Entloh-
nung. Sie sind ein rechtsverbindliches Abkommen
zwischen Arbeitgebern einerseits und Gewerkschaf-
ten andererseits – und für die Mitglieder der vertrag-
schließenden Parteien bindend.
Aktuell
Betriebsrat1110
Aktuell
Röchling-Gruppe
1312
Namen undNachrichten
Dr. Reinhard Volk ist in den Vorstandder DeTeWe AG & Co. KG berufenworden. Damit leitet der Aufsichtsrateinen Generationswechsel an derSpitze des Unternehmens ein. DerVorstand von DeTeWe besteht nunüber-gangsweise aus drei Mitgliedern:
Der 61-jährige Finanz-experte Brunke – seitfast 30 Jahren beiDeTeWe in leitendenkaufmännischen
Positionen – wird seine Funktionenschrittweise an Volk abgeben. Zuerstübernimmt das neue Vorstandsmit-glied die Bereiche Finanzen, Control-ling, Personal und Recht. Am 30. Juni2003 wird Brunke auch die Funktiondes Arbeitsdirektors sowie die Verant-wortung für Presse und Kommunika-tion an Volk übergeben und in denRuhestand treten.
Der Verantwortungsbereich von Dr. Winfried Jerono, Vorstand Vertriebund Technik, bleibt von der Neube-rufung unberührt. Jerono übernimmtab 1. Juli 2003 die Funktion des Sprechers im Vorstand von DeTeWe.
Die Röchling-Gruppe präsentiert sich seitwenigen Wochen mit einer benutzer-freundlichen und inhaltsreichen Websiteim Internet – von der Geschichte desUnternehmens bis zu den neuesten Job-angeboten.
Der Schlossberg 5 in Saarbrückens
Zentrum ist der Ort, wo alles begann.
Hier eröffnete im Jahr 1822 Friedrich
Röchling ein Kohlegeschäft. Es sollte
die Urzelle des Unternehmens
Röchling werden.
14 Jahre später stirbt der Unterneh-
mensgründer Friedrich im Alter von
62 Jahren. Da er selbst keine Kinder
hat, setzt er seine vier Neffen Theo-
dor, Ernst, Carl und Fritz als Erben
des Unternehmens ein. Vor allem bei
Carl, dem zielstrebigsten Charakter
und bedeutendsten Unternehmer un-
ter den vier Brüdern, tritt das Röch-
lingsche Erfolgsprinzip deutlich zu
Tage: Es ist die fruchtbare Verbin-
dung zwischen Geschäftstüchtigkeit,
einem ausgeprägten Familiensinn
und sozialem Engagement. Sie macht
aus der kleinen Kohlenhandlung
in Saarbrücken eines der angesehens-
ten europäischen Unternehmen.
Das Handelshaus in Ludwigshafen
Die Geschäfte entwickeln sich gut.
1850 wird ein zweites Handelshaus
in Ludwigshafen eröffnet. Hier wird
zunächst mit Kohle und Koks, später
auch mit verschiedenen Eisensorten
und Blechen gehandelt.
Die beiden Handelshäuser in Saar-
brücken und Ludwigshafen expan-
dieren sehr schnell. In kurzer Zeit ist
Röchling mit Niederlassungen in
ganz Deutschland, Frankreich sowie
in der Schweiz, England und in
Italien vertreten. Ziel ist es, eine
europaweite Präsenz aufzubauen.
Vom Handel zur Produktion
Der erste Schritt in Richtung indus-
trielle Produktion wird bereits Mitte
des 19. Jahrhunderts mit dem Ein-
stieg in die Koksproduktion vollzo-
gen. Hier wird Kohle zu Koks verar-
beitet – ein unverzichtbarer Energie-
Die Geschichte der Röchling-Gruppe: Teil 2
Wie alles begann...Im zweiten Teil der Röchling-Historie berichten wir Ihnen von den
Anfängen des Unternehmens und wie die Familie Röchling es
erreichte, bereits vor dem Ersten Weltkrieg in ganz Europa sowie
in Übersee tätig zu sein. Die drei Säulen Handel, Rohstoffabbau
und industrielle Produktion stehen für den Unternehmenserfolg.
lieferant für den Schmelzprozess in
der Eisenverhüttung. Mit der Über-
nahme der Koksofenanlage in Alten-
wald bei Sulzbach beginnt sich die
Produktpalette des Unternehmens
zu erweitern. Unter der Verwaltung
von Theodor Röchling wird hier
zusätzlich eine Benzoefabrik errich-
tet. Neben Koks werden nun auch
Gas und chemische Substanzen
erzeugt und vertrieben. Altenwald
bleibt bis 1963 in Röchlingschem
Besitz. Neben dem Handel beginnt
sich das zweite Unternehmensstand-
bein zu etablieren: die Produktion.
Eigene Rohstoffe
für eine günstige Produktion
Schon bald nach dem Eintritt in das
Familienunternehmen verfolgt Carl
Röchling das ehrgeizige Ziel, in ein
besonders lukratives Geschäft der
damaligen Zeit einzusteigen: die
industrielle Eisenverarbeitung. Um
Röchling-Gruppe
Historie14 eigene Handelsnetz europa-, ja sogar
weltweit, vermarktet werden.
Das erste Standbein des Unterneh-
mens, der Handel, ist erfolgreich
etabliert. Eigene Bodenschätze sind
mittlerweile auch in Firmenbesitz.
Die Voraussetzungen für eine erfolg-
reiche Produktion sind somit
geschaffen.
Erste Firmenbeteiligungen in
Frankreich und Deutschland
Mit der Beteiligung an der Eisenhüt-
te in Pont-à-Mousson in Lothringen
1862 beginnt nun das industrielle
Zeitalter im Unternehmen Röchling.
Carl ist an seinem Ziel angelangt.
Um die Hütte unangreifbar für die
Konkurrenz zu machen, baut er
diese komplett um. Die werkseigene
Eisengießerei gehört schon bald zu
den größten des Kontinents. Inner-
halb kurzer Zeit nehmen die hier
erzeugten Produkte in Frankreich
eine Monopolstellung ein.
Politische Spannungen mit Frank-
reich führen allerdings dazu, dass
sich die Familie Röchling Anfang der
Neunzigerjahre von der Hütte
trennen muss.
Parallel jedoch beteiligen sich die
Röchlings an den Rheinischen Stahl-
werken in Meiderich an der Ruhr.
Die Rheinischen Stahlwerke sind
in große wirtschaftliche Schwierig-
keiten geraten und stehen kurz vor
dem Aus. Hohe Schulden sind bei
dem Handelshaus in Ludwigshafen
aufgelaufen, das die Stahlwerke mit
englischem und schottischem Roh-
eisen versorgt hat. Carl Röchling ent-
schließt sich zu dem mutigen Schritt,
die Außenstände der Stahlwerke in
Aktien umzuwandeln.
Mit der Zeit übernimmt die Unter-
nehmerfamilie immer mehr Anteile
auch von anderen Gläubigern. Die-
ser geschickte Schachzug sollte sich
wirtschaftlich auszahlen.
Als 1879 die deutsche Schutzzoll-
politik greift und verhindert, dass
billige ausländische Produkte den
deutschen Markt überschwemmen,
beginnen die Rheinischen Stahlwerke
zu florieren.
Völklingen
1881 kauft Carl Röchling die Eisen-
hütte in Völklingen, die seit 1879
wegen Zahlungsunfähigkeit ge-
schlossen ist. Die Zeit ist günstig, die
wirtschaftlichen Rahmenbedingun-
gen stimmen. Erfahrungen mit
Eisenhüttenwerken sind bereits vor-
handen, die deutsche Schutzzollpoli-
tik verhindert ausländische Konkur-
renz auf dem heimischen Markt, die
Nachfrage nach Eisenwaren steigt
stetig an, und der in Altenwald pro-
duzierte Koks kann hier eingesetzt
werden.
Unter der Regie der drei Brüder
Theodor, Carl und Fritz Röchling
Das Verwaltungsgebäude der Gewerkschaft Röchling in Algringenim Jahre 1912 (oben). In Algringen,
zwischen Luxemburg und Metz, unterhält man firmeneigene Erzfelder.
Die Carlshütte in Diedenhofen im Jahr 1914.
15
aber eine kostengünstige Produktion
aufbauen zu können, muss das
Unternehmen eigene Kohle- und
Erzvorkommen besitzen. Damit hat
man die wesentlichen Bestandteile
für ein begehrtes Produkt in der
damaligen Zeit: Roheisen.
Die ersten Hüttenanteile kommen
als Mitgift in das Unternehmen, als
Carl Röchling und Alwine Vopelius
heiraten. Sie erhalten so genannte
„Kuxe“ an der Kohlegrube „Hosten-
bach“. Mit der Zeit erwerben die
Röchlings eine Mehrheitsbeteiligung
an dieser Grube, bis Carl schließlich
1899 alleiniger Geschäftsführer ist.
Unter seiner Führung steigt die För-
dermenge enorm. 1909 arbeiten hier
schon 924 Bergarbeiter, die geförder-
te Kohlemenge beträgt rund 146.000
Tonnen jährlich.
Im letzten Drittel des 19. Jahrhun-
derts beginnt Carl mit dem systema-
tischen Aufkauf von Bodenschätzen.
Zahlreiche Kohle- und Eisenerzfel-
der in Deutschland, Frankreich und
Luxemburg werden erworben. Das
dritte wirtschaftliche Standbein, die
Rohstoffgewinnung, ist erfolgreich
aufgebaut.
Auf dem Weg in die
eisenverarbeitende Industrie
Unabhängigkeit von Dritten, das
war schon sehr früh die erklärte Fir-
menstrategie der Röchlings: der
Aufbau eines in sich geschlossenen
Unternehmenskreislaufs. Die Pro-
duktion sollte mit firmeneigenen
Rohstoffen versorgt, und die fertigen
Erzeugnisse sollten über das firmen-
>
Das Geschäftshaus an der Ludwigstraße inLudwigshafen (oben) wird 1850 eröffnet.
Zur Goldenen Hochzeit von Carl und AlwineRöchling 1907 versammeln sich zahlreicheFamilienmitglieder.
1897 errichtet Hermann Röchling ein Eisen-hüttenwerk in Diedenhofen (unten), das zuEhren seines Vaters Carlshütte genannt wird.
17
expandiert die Hütte schnell. Die
Völklinger Hütte wird im Laufe der
Zeit zu einem zentralen Produktions-
ort im Firmengeflecht der Familie
Röchling.
1995 ernennt die UNESCO die Völk-
linger Hütte zum Weltkulturerbe.
Laut Dr. Bernd von Droste zu Hüls-
hoff, dem ehemaligen Direktor des
Welterbezentrums der UNESCO in
Paris, gibt es auf der „gesamten
westlichen Hemisphäre“ kein erhal-
tenes Industriewerk, „bei dem alle
Stufen der Eisen- und Stahlerzeu-
gung bis hin zur Weiterverarbeitung
an einem Standort voll integriert
vorhanden sind wie in Völklingen“.
(Aus: Günter Funk, siehe unten.)
In einer der kommenden Ausgaben
des Röchling-Magazins werden wir
Sie ausführlich über die Völklinger
Hütte informieren.
Verstärkte Aktivitäten
in Lothringen
Nach dem deutsch-französischen
Krieg werden das Elsass und Teile
Lothringens dem deutschen Reich
angegliedert. Dadurch ergeben sich
für die Unternehmerfamilie Röch-
ling neue wirtschaftliche Chancen.
Die Region Lothringen ist schon
lange ein wichtiger Rohstofflieferant
für die Unternehmen der gesamten
Saarregion. Erze und Kohle werden
hier gewonnen und ins Saarland
importiert.
Röchling braucht den Rohstoff Eisen
in immer größeren Mengen. Seine
Produktion stellt das Unternehmen
Röchling vor immense logistische
Probleme, die viel Geld kosten.
Brauchte man doch damals für die
Produktion von einer Tonne Roh-
eisen drei Tonnen Erze und eine
Tonne Kohle.
Daher entschließen sich die verant-
wortlichen Gesellschafter, die Akti-
vitäten in Lothringen zu verstärken
und gleich dort das Roheisen zu
gewinnen. 1897 errichtet Hermann
Röchling, der Sohn Carls, in Dieden-
hofen ein Eisenhüttenwerk, das zu
Ehren seines Vaters „Carlshütte“
genannt wird.
Literatur:
Günter Funk, Aus der Geschichtedes Weltkulturerbes „Alte VölklingerHütte“, Teil 1, Hg.: HeimatkundlicherVerein Warndt e.V., Im Waldeck 2, 66333 Völklingen-Ludweiler
Meinrad Maria Grewenig (Hg.), Die Völklinger Hütte, Völklingen2001
D. Richard Nutzinger, Das Haus Röchling in Ludwigshafen a. Rh.,1849-1929, Ludwigshafen a. Rh.,1929
D. Richard Nutzinger u.a., 50 JahreRöchling Völklingen, SaarbrückenVölklingen 1931
Gerhard Seibold, Röchling Konti-nuität im Wandel, Stuttgart 2001
Für den Kohletransport von der GrubeHostenbach zur Völklinger Hütte wirdeine Seilbahn eingesetzt (oben links).
Die ersten Anteile an der KohlegrubeHostenbach (oben rechts) kommen alsMitgift in das Unternehmen, als CarlRöchling und Alwine Vopelius 1857 heiraten. Mit der Zeit erwerben die Röchlings eine Mehrheitsbeteiligung.
Ein nicht nur beruflich erfolgreichesLeben: Carl Röchling war ein reicher Kindersegen beschert. Das Bild (links)zeigt ihn mit seinen beiden Enkeln Richard und Ernstgünther.
In der Kokerei Alten-wald werden nebenKoks auch Gas undchemische Substanzenerzeugt und vertrieben.
Porträt
Seeber-Gruppe
Die Seeber Systemtechnik KG in
Worms – eines von neun Unterneh-
men der Seeber-Gruppe – versteht
sich als Entwicklungs-, Fertigungs-
und Logistikpartner ihrer Kunden.
Das bedeutet: Gemeinsam mit den
Auftraggebern werden immer leich-
tere, formbeständigere, innovativere
oder einfacher zu fertigende Pro-
duktgenerationen entwickelt und
anschließend bei Seeber in Serie pro-
duziert. Ausgeklügelte Logistikkon-
zepte sorgen dafür, dass der Kunde
immer genau das Teil am Fließband
hat, das er gerade braucht.
Der Beginn dieses Jahres war für
Seeber Worms besonders turbulent.
Positiv ausgedrückt: Das Unterneh-
men hat für den neuen 5er BMW
und den neuen A3 die Zulieferung
über eine komplette Fahrzeuggene-
ration übernommen. In Zusammen-
arbeit mit den Auftraggebern muss-
ten neue Teile und Produktions-
werkzeuge entwickelt werden, mit
denen bestmögliche Resultate erzielt
werden können. „Routine wird sich
in diesen Produktionslinien erst Ende
des Jahres einstellen“, sagt Ulrich
Mauß, Geschäftsführer in Worms.
In den vergangenen zehn Jahren hat
das Unternehmen seinen Umsatz,
der heute bei 135 Millionen Euro
liegt, verachtfacht, und auch für die
nächsten Jahre ist man bei Seeber
optimistisch: „Wenn die Prognosen
der Automobilhersteller, für die wir
tätig sind, halbwegs eintreten, sind
wir bis Ende 2005 gut ausgelastet“,
so Mauß, der vor 17 Jahren als Werks-
leiter an den Standort Worms kam.
Dies sei der Vorteil, wenn man als
Zulieferer für die Autoindustrie
arbeite: „Man hat in der Regel eine
klare Planungsgrundlage.“ Dafür
muss sich das Unternehmen aber
auch immer wieder in einem extrem
harten Markt behaupten.
So setzt der Kunde bei seinen Zulie-
ferern Qualität und Liefertreue, eine
Seeber Systemtechnik KG in Worms am Rhein erfüllt als Entwicklungs-, Fertigungs- und Logistikpartner die Wünsche ihrer Kunden
Leicht, leise undleistungsstarkWelcher Besitzer eines 5er BMW macht sich schon
Gedanken darüber, wie leicht der Unterboden seines
Fahrzeugs ist? Und welcher Audi A3-Fahrer beschäf-
tigt sich mit den einzelnen Komponenten, aus denen
sich seine Autotür zusammensetzt? Eines aber steht
fest: Systeme aus modernen Kunststoffen bringen
zahlreiche Vorteile für ein Fahrzeug – und stammen
häufig aus dem Hause Seeber.
Der Standort Worms
Der Standort von Seeber in Wormsgeht auf die Delta-Werke GmbH zu-rück, die 1911 gegründet wurde, bis zu650 Mitarbeiter dort beschäftigte undvor allem Düngerprodukte und Pappeherstellte. Aus den Pappeproduktenwurden Ende der Siebzigerjahre Ver-kleidungsteile und Hutablagen für dieAutomobilindustrie produziert. 1980übernahm die Elastogran/BASF einenTeil des Standorts und firmierte ihn inDeltaplast-Kunststofftechnik GmbHum. In den Achtziger- und Neunziger-jahren wurde das 80.000 Quadratmetergroße Firmengelände durch den Bauneuer Produktionshallen weitererschlossen; alte Gebäude wurden sa-niert und Logistikflächen erweitert. BeiSeeber Worms konzentriert man sichauf Fließpressprozesse mit glasmatten-verstärkten Thermoplasten (GMT) unddie Spritzgusstechnologie. 1996 wurdeein Werk in Ingolstadt und 1997 einWerk in Wackersdorf gegründet.
Im Industriepark Wackersdorf unterhält Seeber Worms einWerk (Foto) zur Herstellung von Spritzguss-Teilen. Hauptkundeist BMW.
Im Werk Ingolstadt beschäftigt die Seeber SystemtechnikWorms zirka 100 Mitarbeiter. Türverkleidungen werden dortfertig montiert und „just in time“ ans Band bei Audi geschickt.
Fertigung von GMT-Teilen auf einerautomatisierten 2.000-Tonnen-Presse in Worms.
An dieser Fertigungsstraße im Werk in Ingolstadt werden Türverkleidungenexakt in den vom Kunden abgerufenenVarianten fertig montiert.
Bei Seeber in Worms entstehenTürverkleidungsträger aus ABSmit PC-Anteil und Naturfaser-formstoff für den Audi A3.
Geschichte
Im Jahr 1956 gründete WilliSeeber die Seeber S.r.l. inRentsch bei Bozen. 1962 fertig-te er den ersten Kunststofflüf-ter in Polypropylen für die Auto-mobilindustrie. Damit beganndie Erfolgsgeschichte desUnternehmens. 1986 wurde dieSeeber S.r.l. von Röchling über-nommen. 1992/1993 erwarbRöchling das BASF/ElastogranKunststofftechnik-Werk inWorms – heutiger Standort derSeeber Systemtechnik KGWorms – und kurz darauf auchdie Kasimir Kast-Gruppe. 1993wurde die Seeber KG gegrün-det; 1997 erfolgte die Umfirmie-rung zur Seeber AG & Co. KG.
>
Vor der Küste Angolas, südlich der
Flussmündung des Kongo, liegt eine
Offshore-Flüssigasfabrik vor Anker.
Über die angeschlossenen Leitungs-
systeme erhält sie ein Mischgas von
zwei Plattformen, die Öl aus dem
Meeresboden des
Ölfeldes „Block 0“ fördern. Mit 260
Metern Länge, einer Breite von
49 Metern und einer Höhe von fast
30 Metern ist sie die größte ihrer
Art weltweit.
Rund um die Uhr ist eine 60-köpfige
Crew damit befasst, das Gas in
Propan und Butan zu trennen, zu ver-
flüssigen und in den sechs giganti-
schen, zusammen 135.000 Kubikme-
ter fassenden Tanks zu lagern. Tank-
schiffe legen an und werden für den
Abtransport zu den Märkten der
Welt mit dem eiskalten Energieträger
befüllt.
Eine Vision wird Realität
Bis jetzt noch eine
Vision, die aber
2005 Realität sein
wird. Die SANHA
LPG FPSO (LPG =
Liquid Petroleum
Gas; FPSO = Floa-
ting production,
storage and off-loading
unit), so heißt die geplante
Offshore-Fabrik, ist bereits auf
der Kure-Werft des japanischen
Schwerindustriekonzerns Ishikawa-
jima-Harima Heavy Industries Co.,
Ltd (IHI) im Bau und soll bis Mitte
2004 fertiggestellt sein. Danach soll
sie 20 Jahre lang ihren Dienst vor der
afrikanischen Küste tun.
Die Röchling Haren KG erhielt den
Auftrag, für diesen Neubau mehrere
tausend Tankstützlager aus Ligno-
stone® L II/2 zu liefern. Die unter-
schiedlichen, bis zu zwei Meter lan-
gen Blöcke wiegen zwischen 500
und über 800 Kilogramm, sind zu-
21
Technische Kunststoffe
Röchling Haren-Gruppe
Lignostone®-Tanksupportsfür die SANHA LPG FPSO
sätzlich mit Stahlbolzen verstärkt
und mit einem Speziallack gegen
Feuchtigkeitsaufnahme geschützt.
Einfrieren unerwünscht
Die Lagerung von Flüssiggas stellt
besondere Anforderungen an das
Design von Tankschiffen. Die Gase
Propan und Butan werden bei einer
Temperatur von –49 °C im flüssigen
Zustand bei atmosphärischem Druck
und unter Kühlung gelagert.
Auf Grund dieser niedrigen Tempe-
ratur dürfen die Spezialtanks nicht
mit der Außenhülle des Schiffs in
Kontakt kommen. Der Tanker würde
ganz einfach einfrieren, und der
Energieverlust wäre enorm.
Tragende Aufgabe
Damit das nicht passieren kann,
ruhen die riesigen Tanks auf Tank-
stützlagern aus Lignostone®. Sie
übernehmen die thermische Isola-
tion zwischen den kalten Behältern
und der Schiffswand, die der sengen-
den Hitze der afrikanischen Sonne
ausgesetzt ist.
Neben der Isolation haben diese
Stützlager aber noch eine weitere
wichtige Aufgabe: Durch die starken
Temperaturschwankungen verän-
dern die Tanks und auch der Schiffs-
Die Röchling Haren KG liefert Tankstützlager aus dem
Offshore-Fabrik: Die 135.000 Kubikmeterfassenden Tanks dürfen die Schiffswandnicht berühren.
Ertragen viel: Auf den bis zu zwei Meter langen und 800 Kilogramm schweren Lignostone®-Tankstützlagern ruhen die Flüssiggastanksder weltgrößten Offshore-Lagerstätte.
20
Unübertroffene
Eigenschaften
Das Material, das auf Grund seiner
herausragenden elektrisch isolieren-
den Eigenschaften auch für den
Bau von Hochspannungstrans-
formatoren unentbehrlich ist,
bietet für den Einsatz als Stütz-
lager ideale Voraussetzungen.
Holz leitet keine Temperaturen –
durch die unzerstörten Holzkapilla-
ren mit durchgehenden Fasern er-
zielt Lignostone® aber auch unüber-
troffene mechanische Festigkeiten,
die durch die Schichtrichtung der
Furniere und unterschiedliche Ver-
dichtungsstufen optimal auf die
jeweilige Anwendung abgestimmt
werden können.
Auf Grund seiner physikalischen
Eigenschaften bietet Lignostone® für
23
Technische Kunststoffe
Sustaplast-Gruppe22
Die U-Bahn-Züge der Hamburger
Hochbahn AG werden mit Gleich-
strom (1.000 Volt) betrieben. Ihren
Strom erhalten die Züge durch paral-
lel zu den Gleisen führende Strom-
schienen aus Eisen. Diese Strom-
schienen sind durch ein U-Profil aus
glasfaserverstärkten Kunststoffen
(GFK) geschützt, nur die Unterseite
der Stromschiene bleibt unbedeckt.
Die Stromabnahme erfolgt durch
Stromabnehmer aus Eisen, die an
den U-Bahn-Zügen befestigt und
federnd gelagert sind. Diese Strom-
abnehmer gleiten unter der Strom-
schiene hindurch und versorgen so
den Triebwagen permanent mit
Strom.
Bau- und Reparaturarbeiten an den
Gleisanlagen konnten aus Sicher-
heitsgründen bisher nur in wenigen
Nachtstunden durchgeführt werden,
wenn keine Züge verkehren und der
Strom ohnehin abgeschaltet ist. Das
Abdecksystem der Firma Runge
macht es nun möglich, Reparaturar-
beiten auch bei eingeschaltetem
Strom auszuführen. Das System be-
ruht auf L-Profilen (Sonderprofil
SUSTAMID 6 KHV) von Sustaplast
und wird von Runge konfektioniert,
das heißt mit einer Abdeckfolie, Be-
festigungsbändern und Tragegriffen
versehen. Anschließend ist das Bau-
teil fertig für den Einsatz. Es deckt
die Stromschiene nach unten ab, so-
dass in Kombination mit dem beste-
henden U-Profil eine rundum ge-
schlossene Isolierung entsteht – der
absolute Berührungsschutz. Die
Stromabnehmer der U-Bahn-Züge
gleiten unter dem Profil (Gleitsohle)
hindurch.
Da in dem total isolierten Bereich
keine Stromabnahme möglich ist,
darf diese Strecke nicht zu lang sein
– sonst würden die Züge stillstehen.
Ein U-Bahn-Zug verfügt jedoch über
mehrere Stromabnehmer, sodass
die im hinteren Teil angebrachten
Stromabnehmer den Zug noch mit
Strom versorgen, während die vor-
deren bereits isoliert unter dem Pro-
fil hindurchgleiten. Wenn der letzte
hintere Stromabnehmer unter
die Isolationszone gleitet, hat der
vordere bereits wieder den nicht
mehr isolierten Abschnitt erreicht.
Der isolierte Bereich kann maximal
30 Meter lang sein. Dafür müssen
30 L-Profile, die jeweils einen Meter
lang sind, hintereinander auf Stoß
verlegt werden. Durch das Wechseln
der Profile von hinten nach vorne
kann das System mit einer Wander-
baustelle mitwandern.
Die Sustaplast KG ist mit der Pro-
duktion von SUSTAMID 6 KHV-Pro-
filen beauftragt, von denen ein Teil
bereits geliefert wurde. Alle Profile
SUSTAPLAST entwickelt Sonderprofil „SUSTAMID 6 KHV“ für den Einsatz an Gleisanlagen
Arbeiten unter StromSonderprofile der Sustaplast KG sorgen dafür, dass
die Hamburger Hochbahn AG Bau- und Reparatur-
arbeiten an den Gleisanlagen auch bei laufendem
Betrieb ausführen kann.
Kurze Drehung, hohe Sicherheit
Die Bayerschmidt Kunststoffe GmbHhat den Prototyp eines Blindenstocksentwickelt – in Zusammenarbeit miteinem Blinden. Josef Kellerer, Inge-nieur bei Siemens und später Gründereiner eigenen Firma, war auf Grundeiner Kriegsverletzung auf einem Augeblind. Jahrzehnte später verlor er durcheinen Tumor auch das zweite Auge.Von nun an war Kellerer auf einen Blin-denstock angewiesen.
„Mit dem, was es auf dem Markt gab,war Kellerer nicht besonders zufrie-den“, berichtet Gerhard Bayerschmidt,Geschäftsführer der BayerschmidtKunststoffe GmbH, an der die Susta-plast KG mehrheitlich beteiligt ist. EinBlindenstock, der sich aus zwei Teles-koprohren zusammensetzt, muss sichvor allen Dingen schnell, leicht und miteiner ganz kurzen Drehung lösen undin der Länge verstellen lassen, erläu-tert Bayerschmidt. In der Wohnungbeispielsweise, wo die Wege kurz
sind, wählt der Blinde eine andereLänge als auf der Straße, wo er Hin-dernisse frühzeitig feststellen muss.Sobald der Blindenstock auf die pas-sende Länge eingestellt ist, müssendie beiden Teile wieder fest einrasten,denn beim Auftreffen auf ein Hinder-nis darf er nicht nachgeben.
Die mangelhafte Verstellbarkeit undbesonders das hohe Gewicht warendas große Manko der herkömmlichenBlindenstöcke. Für Josef Kellerer stand schon nach kurzer Zeit fest,„dass er mit dem, was auf dem Marktverfügbar war, nicht den Rest seinesLebens durch die Gegend laufen wür-de“, erzählt Bayerschmidt. Als Ingeni-eur machte sich Kellerer daran, mitHilfe anderer Firmen – darunter auchBayerschmidt – einen neuen Blinden-
stock zu entwickeln. Bayerschmidt gelangbei der Funktionalität des Klemm-elements, das die Verstellbarkeitregelt, der entscheidende Durchbruch. Das Unternehmen hat sich auf dieZerspanung hochgenauer Einzel- undSerienteile mit Toleranzen bis zu 0,02 Millimetern spezialisiert.
Auf verschiedenen Messen und Kon-gressen, auf denen Kellerer den Blin-denstock präsentierte, wurde man aufden Prototyp aufmerksam und starteteeine professionelle Produktion undVermarktung. Dieser Typ Blindenstockwird auch heute in Serie gefertigt, pro-duziert und in ganz Europa vertrieben.
An einen Blindenstock werden hoheAnforderungen gestellt: Er muss leichtverstellbar sein, aber auch sofort wiederfest einrasten. Bayerschmidt hat dasdazu notwendige Klemmelement (oben)entscheidend verbessert.
Eine rundum geschlossene Isolierung: Das Sonderprofil von Sustaplast decktdie Stromschiene nach unten ab und ermöglicht so Reparaturen an Gleisanlagenbei laufendem Betrieb.
Seeber Systemtechnik KG in Worms investiert in neue Produktionshalle
Die Zukunft sichernDie Seeber Systemtechnik KG in Worms erweitert
ihre Kapazitäten: Nach siebenmonatiger Bauzeit wird
eine neue Produktionshalle in Betrieb genommen,
die sicherstellt, dass die hohen Kundenanforderun-
gen in den nächsten Jahren erfüllt werden.
Die neue Produktionshalle inWorms setzt Zeichen: Mit hoch-modernen Maschinen werdendort künftig Unterbodenverklei-dungen und Mikrofiltergehäusefür den neuen 5er BMW sowieTürrahmenverkleidungen für den Ford Minivan hergestellt.
Elektronik
Francotyp-Postalia-Gruppe25
Spritzgussmaschinen installiert wer-
den, ist mit einem 50-Tonnen-Kran
für das Handling der schweren Pro-
duktionswerkzeuge ausgerüstet.
„Bei der Halle handelt es sich um
einen reinen Zweckbau“, so Mauß.
Lediglich die Bodenplatte sei eine
Besonderheit, da sie auf Grund des
Seeber-Standorts in unmittelbarer
Rheinnähe mit einem Meter Dicke
üppig dimensioniert sei. Das bringt
Zielgruppe der von Francotyp-Postalia neu entwickeltenFrankiermaschine ist das mittlere Segment
Mit der Entwicklung der neuen Frankiermaschine
ultimail hat Francotyp-Postalia eine Lücke in einem
zentralen Produktbereich geschlossen. Die Deutsche
Post AG hat dem Gerät gerade die Zulassung erteilt.
Optimale Bedingungen für die ultimail
gefallen. Ziel: in kurzer Zeit eine
für FP profitable Frankiermaschine
für das mittlere Segment bereitzu-
stellen, die auch die deutlich gestie-
genen Sicherheitsanforderungen
der großen Postgesellschaften an
Frankiermaschinen berücksichtigt.
Das heißt: Die Geldwerte in den
Frankiermaschinen müssen vor
Missbrauch sicher, der Abdruck
muss einzigartig sein.
Insgesamt zeichnet sich das Produkt-
konzept der neuen ultimail durch
Modularität aus. Verschiedene Er-
weiterungsoptionen können auch
später ergänzt werden: ein automa-
tischer Streifengeber für die Versen-
dung von ungewöhnlichen Brief-
formaten, eine integrierte Briefwaage
zur Platz sparenden und preis-
günstigen Ermittlung des korrekten
Portos, eine Schließeinrichtung zum
bequemen Verschließen von nicht
Mit der ultimail kann Francotyp-Postalia eine neueZielgruppe bedienen: die Nutzer von Frankierma-schinen, die einen täglichen Postausgang von 50 bis150 Briefen haben.
Zielgruppe der neuen ultimail sind
Nutzer von Frankiermaschinen, die
im Durchschnitt einen täglichen
Postausgang von 50 bis 150 Briefen
haben. Auch kleinere Mailings von
bis zu 2.000 Briefen zweimal im
Monat gehören zum Nutzungsspek-
trum. Die Standardvariante ultimail
60 ist für den unteren Bereich ge-
dacht; für die Nutzer mit größerem
Volumen steht die schnellere ulti-
mail 90 zur Verfügung, die mit einer
automatischen Zuführung betrieben
werden kann. Durch die Anlage von
Briefstapeln kann eine höhere Ver-
arbeitungsgeschwindigkeit erzielt
werden.
Nach umfangreichen Recherchen
in Ländern mit FP-eigenen Vertriebs-
organisationen war Ende 2000 der
Startschuss für das Projekt ultimail >
Elektronik
GMC-Gruppe27
selbstklebenden Umschlägen. Ein
großes hintergrundbeleuchtetes Dis-
play erteilt Auskunft über alle
Maschinenfunktionen und sorgt für
eine optimale Bedienbarkeit des Sys-
tems. Neu ist eine integrierte Hilfe-
funktion, die Bedientipps im Display
gibt und das Nachschlagen in einer
Bedienanleitung immer häufiger
überflüssig macht.
Die ultimail arbeitet mit bewährter
Tintenstrahl-Drucktechnologie eines
großen internationalen Herstellers.
Zwei Druckköpfe sorgen dafür, dass
ein Frankierabdruck von bis zu
165 Millimetern Länge und 24 Milli-
metern Höhe auf einer Vielfalt von
unterschiedlichen Umschlagarten
präzise aufgebracht werden kann.
Möglich ist der Abdruck in den Far-
ben, die in den jeweiligen Ländern
postalisch vorgeschrieben sind, das
heißt blau in Deutschland und
Österreich, rot fluoreszierend in den
USA und Niederlanden, rot in den
meisten anderen Ländern.
Die Entwicklungsarbeit erfolgte in
verschiedenen Teams. FP-intern wur-
den Hardware und Elektronik entwi-
ckelt, für die Software kooperierte
man mit einem externen Partner. Ko-
ordiniert wurden diese Teams von
Projektleiter Dr. Michael Schmidt-
Kretschmer, der auch das Gesamt-
Projektbudget von rund 9,6 Millionen
Euro verwaltete. Innerhalb eines
Kernteams arbeiteten Mitarbeiter der
Bereiche Einkauf, Qualitätssicherung,
Marketing, Arbeitsvorbereitung, Lo-
gistik und Patentabteilung sowie der
betroffenen Entwicklungsabteilungen
fachübergreifend zusammen.
Von Kunden und dem eigenen Ver-
trieb wurden regelmäßig Reaktionen
eingeholt; im Oktober 2001 fand ein
Akzeptanztest und im September
2002 ein so genannter Usability-Test
statt, bei dem Kunden quasi unter
Laborbedingungen typische Auf-
gabenstellungen an Prototypen-
Geräten ausführten und wertvolles
Feedback gaben. Im Januar und
Februar 2003 erfolgte ein erfolgreicher
Feldtest unter Echtbedingungen –
und rechtzeitig zur CeBIT 2003 erhielt
man die Zulassung der Deutschen
Post AG.
Das sind optimale Bedingungen, um
die ultimail zu einem erfolgreichen
Produkt aus dem Haus Francotyp-
Postalia zu machen. Die Marktein-
führung hat in Deutschland begon-
nen, ab Mitte des Jahres werden die
USA und anschließend weitere
Schlüsselländer folgen.
Ludger Bornemann
Tel. 03303/ 525 384 www.francotyp.de
Elektronik
Francotyp-Postalia-Gruppe26
Vorrangiges Ziel ist es, durch den
direkten Zugang zum Elektrogroß-
handel den Umsatz zu steigern. Der
neue Kanal stellt große Herausforde-
rungen, vor allem für den Vertrieb
von Gossen-Metrawatt, dar. „Unser
Unternehmen verfügt über eine
technisch hochqualifizierte und mo-
tivierte Vertriebsmannschaft, die so-
wohl fachliche Unterstützung bieten
als auch Fachvorträge auf Hausmes-
sen des Elektrogroßhandels, bei den
Berufsgenossenschaften und Innun-
gen halten kann“, sagt Uli Rosa,
Vertriebsleiter der Sparte Mess- und
Prüftechnik.
Durch die direkte Bearbeitung wür-
den zusätzliche Synergien im Hand-
werk und im Industriebereich ge-
schaffen. Die Partner profitierten von
der erweiterten technischen Kompe-
tenz, der sachkundigen Beratung
und dem schnellen Lieferservice.
Neben den bewährten Mess- und
Prüfgeräten wie beispielsweise VDE-
Prüfgeräte (Verband der Elektrotech-
nik, Elektronik und Informations-
technik) oder Multimeter werden
auch ausgewählte Produkte der in-
dustriellen Messtechnik vertrieben,
zu denen unter anderem elektrische
Energiezähler, Messumformer und
Regler zählen. Darüber hinaus bietet
Gossen-Metrawatt eine ganze Palette
von Dienstleistungen wie Kalibrier-
dienst, Prüfmittelmanagement oder
Seminare mit Praktika an.
Um dieses Portfolio zu präsentieren,
ist eine Broschüre mit dem Titel
„Leitfaden zum richtigen Mess- und
Prüfgerät“ aufgelegt worden.
Darüber hinaus stehen neue Ausstel-
lungseinheiten für Verkaufsräume
Gossen-Metrawatt übernimmt Alleinvertrieb in den Elektrogroßhandel
Kurze Wege gehenAls Partner von Handel und Industrie liefert
Der Bergbau in Deutschland verändertsich. Für die FHF Bergbautechnik GmbHsind Russland und China die Zukunfts-märkte.
Kalibrierlabor neu akkreditiert
Das Kalibrierlabor von Gossen-Metra-watt ist nach der neuen, für alle Prüf-und Kalibrierlaboratorien weltweit gül-tigen Norm DIN EN ISO/IEC 17025akkreditiert worden. Die Akkreditie-rungsstelle des Deutschen Kalibrier-dienstes (DKD) bestätigte die Erfüllungder Norm mit einer Urkunde.
Gossen-Metrawatt betreibt seit Juni1997 ein Kalibrierlabor für elektrischeGrößen, das durch die PhysikalischTechnische Bundesanstalt nach DINEN 45001 akkreditiert war. In einemKalibrierlabor wird ein reproduzierbarerZusammenhang zwischen einer Aus-gangs- und Eingangsgröße festge-stellt, zum Beispiel zwischen der
Am Produktionsstandort Nürnberg-
Langwasser hat das Unternehmen,
das als einer der führenden Anbieter
von Produkten und Lösungen der
Mess-, Steuer- und Regelungstechnik
gilt, eine neue Stickstoff-Wellenlötan-
lage in Betrieb genommen. Mit einer
Investitionssumme von rund 160.000
Euro ermöglicht die Anlage die voll-
automatische Lötung elektronischer
Bauteile auf Leiterkarten unter-
schiedlicher Größe und Bestückung.
Durch die individuelle Einstellung
Gossen-Metrawatt verbessert Wettbewerbsfähigkeit und Umweltschutz
Anzeige eines Messgeräts und derMessgröße. Kalibrieren bedeutet alsoso viel wie einmessen.
Die neue Akkreditierung bescheinigt,dass das Labor von Gossen-Metrawattsowohl über messtechnische Kompe-tenz als auch über ein eigenes Qua-litäts-Management-System verfügt.Dies ist die Voraussetzung für diegegenseitige Anerkennung der Euro-pean Cooperation for Accreditationund ihren außereuropäischen Partnern.
Bei den akkreditierten Größen handeltes sich um Gleichspannung, Gleich-stromstärke, Gleichstromwiderstand,Isolationswiderstand, Wechselspan-nung, Wechselstromstärke, Wirkleis-tung, Scheinleistung, Gleichstromleis-
tung, Kapazität, Frequenz und Tempe-raturanzeige.
Gossen-Metrawatt ist der erste undbisher einzige Hersteller von elektri-schen Messgeräten, der im Rahmenseiner Fertigung serienmäßig sogenannte DKD-Kalibrierscheineerstellt. Sie bestätigen, dass die Gerä-te den internationalen Normen ent-sprechen. Einmalig in Deutschland istauch, dass im Kalibrierlabor von Gos-sen-Metrawatt eine staatlich anerkann-te Prüfstelle zur Eichung von Zählernfür elektrische Energie integriert ist.
In Wörth bei Karlsruhe produziert DaimlerChrysler täglich bis zu 360 Lkw.Mit Hilfe der BEA ist die Lackierkabine 2auf Roboterbetrieb umgestellt worden.
Ein Funknetz kann noch so abhörsichersein – wenn die Stromversorgung nichthundertprozentig gewährleistet ist, nutztdies wenig. Voigt & Haeffner ist beieinem Projekt in Österreich genau fürdiese Stromversorgung verantwortlich.
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Management32
mm: Enron, Tyco, Worldcom – im-
mer wenn die Wirtschaft in den ver-
gangenen Monaten einen Skandal
gerade einigermaßen verdaut hatte,
folgte der nächste Schlag. Raffgierige
Unternehmer und CEOs haben rei-
henweise Firmen ruiniert, hundert-
tausende von Arbeitsplätzen ver-
nichtet und selbst Millionen geschef-
felt. Haben die Manager jedes
Gefühl für Anstand und Verantwor-
tung verloren?
Kets de Vries: Ich frage mich auch,
wie aus den netten, selbstbewussten,
aber durchaus selbstkritischen jun-
gen Männern, die einst die MBA-
Klassen von Harvard, Insead oder
anderen Business-Schools besucht
haben, wenige Jahre später rück-
sichtslose Monster werden konnten.
mm: Zu welchem Schluss sind Sie
gekommen?
Kets de Vries: Um wirklich bis ganz
an die Spitze großer Unternehmen
zu gelangen, braucht ein Manager
neben Talent und Ehrgeiz eine gehö-
rige Portion Narzissmus.
mm: Eitelkeit – in Maßen – ist
ja keine schlechte Charak-
tereigenschaft.
Kets de Vries: Die Betonung liegt
auf „in Maßen“. Ich habe aber sehr
oft festgestellt, dass erfolgreiche jun-
ge Manager auf ihrem Weg nach
oben von ihren Mitarbeitern, Kolle-
gen und auch wohlmeinenden Vor-
gesetzen idealisiert werden. Viele
Menschen projizieren ihre Fantasien
und Träume in die begabten Aufstei-
ger. Sie schmeicheln ihnen und
überschütten sie mit Bewunderung.
Solche Nettigkeiten hört der künftige
Unternehmenschef nur zu gern –
und irgendwann glaubt er sie selbst.
Nach und nach verliert er den Kon-
takt zur Wirklichkeit und die kriti-
sche Distanz zur eigenen Person. Je
weiter er nach oben steigt, desto
mehr ist er schließlich von seiner
Einzigartigkeit überzeugt. Stören-
friede werden umgehend aus dem
schönen Selbstbild entfernt.
mm: Haben Sie ein Beispiel?
Kets de Vries: Leider viele. Aus
Deutschland fällt mir nicht als einzi-
ger, aber als prägnanter Fall Jürgen
Schrempp ein. Nachdem er
scheinbar unaufhaltsam an die Spit-
ze des DaimlerChrysler-Konzerns
gelangt war, zeigte er sich taub für
die Ratschläge und Meinungen
anderer. Auf Grund der Rückschläge
bei der Formierung seiner Welt AG
hat er gerade noch rechtzeitig er-
kannt, auf welch gefährlichem Weg
er sich befand. Seit einiger Zeit
arbeitet er daran, sich offener darzu-
stellen.
mm: Wie viel tragen äußerliche
Privilegien, die die Topmanager vom
Fußvolk in den Firmen unterschei-
den, zur Selbstüberschätzung bei?
Kets de Vries: Ich fürchte, eine gan-
ze Menge. Exklusivität bedeutet
Ausschluss in beide Richtungen. Der
normale Mitarbeiter weiß nichts von
der Welt des Chefs und umgekehrt.
Beim Besuch in der Zentrale eines
großen Konzerns bin ich kürzlich ge-
fragt worden, ob ich den privaten
Aufzug des CEO benutzen wollte;
von der Tiefgarage direkt in die
Chefetage. Bis ich, umflattert von
ehrerbietigen Hofschranzen, das
Büro des großen Mannes erreicht
hatte, war ich vollkommen
eingeschüchtert. Dabei arbei-
tete ich nicht mal für ihn. Ich
halte diese Abschottung für
grotesk. Wer sich als Top-
manager so verhält, verliert
nicht nur den Kontakt zur Basis,
sondern jegliches Augenmaß für
die Belange seines Unternehmens
und der Menschen, die für die Firma
arbeiten. Er bewegt sich in einer her-
metisch abgeschlossenen Welt mit
eigenen Kodizes.
mm: Erklären persönliche All-
machtsfantasien allein, warum gera-
de jetzt so viele Manager den schma-
len Pfad der Tugend verlassen?
Kets de Vries: Nein, natürlich nicht.
Da sind verschiedene Faktoren
zu einer unheilvollen Melange zu-
sammengekommen, vor allem in
den USA. Es ist in amerikanischen
Unternehmen keineswegs unge-
wöhnlich, wenn die Aufgaben des
CEO, des Chairman of
the Board und des
President von ein
und derselben Per-
son wahrgenom-
men werden. Das
bedeutet eine ungeheure Machtfülle
und zugleich den Verlust sämtlicher
Kontrollmechanismen.
mm: Und die anderen Faktoren?
Kets de Vries: Aktienoptionen! Mei-
ner Ansicht nach das fatalste Instru-
ment zur Selbstbedienung, das seit
langem erfunden wurde. Es ist eine
Binsenweisheit, dass der Aktienkurs
eines Unternehmens nicht allein von
der tatsächlichen Leistung seiner
Manager abhängt, sondern noch viel
stärker von psychologischen Fakto-
ren. Genau auf deren Beeinflussung
haben sich die besonders gewieften
Unternehmenslenker konzentriert.
Statt sich um Umsätze und Gewinne
zu kümmern, haben sie ihre Energie
auf die Manipulation des Aktien-
kurses verwandt.
mm: Woher kommt diese Gier?
Ein Topmanager hat oft gar nicht
die Zeit, die angehäuften Reich-
tümer zu genießen, sein Geld
auszugeben.
Und selbst
wenn – ab
einem bestimm-
ten Grad ist der Lust-
gewinn durch zusätzli-
chen Luxus nur noch
marginal.
Kets de Vries: Auch das hat wieder
mit der Realitätsferne vieler hoch-
karätiger Führungskräfte zu tun. Sie
messen sich und ihre Bedürfnisse
nicht mehr am wirklichen Leben,
sondern nur an dem, was in ihren
geschlossenen Kreisen üblich ist.
Wenn Kollege X vom Konzern Y so
viel verdient, muss ich mindestens
auch so viel verlangen. Wenn er ein
Privatflugzeug hat, will ich auch
eines …
mm: Das Haben bestimmt das Sein?
Topmanager betonen doch immer
wieder, dass Geld nicht ihre Trieb-
feder ist.
Kets de Vries: Geld ist nur ein Sym-
bol, der Ausweis ihrer Einzigartig-
keit. Ich habe vor einigen Jahren ein
Gespräch mit Percy Barnevik von
ABB geführt. Dabei hat er mehrfach
betont, dass Geld keinen Antrieb für
ihn bedeute. Dann kamen vor eini-
gen Monaten diese enormen Pen-
sionszahlungen ans Licht, die er sich
selbst genehmigt hatte. Ich halte Bar-
nevik immer noch für einen außer-
gewöhnlich fähigen Manager. Aber
sein übersteigertes Selbstwertgefühl
hat ihn dazu verführt, sich für seine
Leistungen ungerechtfertigt hoch
zu belohnen.
mm: Wie gut darf, wie böse muss
ein Manager sein, um Erfolg zu
haben? Gibt es den entscheidenden
Schritt über eine imaginäre morali-
sche Grenze, nach dem alles egal ist?
Kets de Vries: Die
Grenze wird jeden Tag
ein bisschen weiter
verschoben. Man probiert
Manager ohne MaßEthik: Anheuern, abgreifen, abhauen – sieht so die