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.. INTERNATIONALE ARCHAOLOGIE lirbeitsgemeinsc.huft. Tugung. Kongress Hund 4 Herausgegeben von Claus Dobiat und Klaus Leidorf
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Ritual - Opfer - Totenkult: Zur Kontroverse um die nacheiszeitliche Höhlennutzung, 2003

Jan 30, 2023

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Doris Fischer
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Page 1: Ritual - Opfer - Totenkult: Zur Kontroverse um die nacheiszeitliche Höhlennutzung, 2003

INTERNATIONALE ARCHAOLOGIE

lirbeitsgemeinschuft ~ymposium Tugung Kongress

Hund 4

Herausgegeben von Claus Dobiat und Klaus Leidorf

Rituale in der Vorgeschichte Antike und Gegenwart

Studien zur Vorderasiatischen Praumlhistorischen und Klassischen Archaumlologie Aumlgyptologie

Alten Geschichte Theologie und Religionswissenschaft

Interdisziplinaumlre Tagung vom 1-2 Februar 2002

an der Freien Universitaumlt Berlin

herausgegeben von

Carola Metzner-Nebelsick

unter Mitherausgeberschaft von

Ortwin Dally AmulfHausleiter Elke Kaiser Heidi Peter-Roumlcher

Inken Prohl Joachim Friedrich Quack und Frank Rumscheid

~~

Verlag Marie Leidorf GmbHmiddot RahdenlWestf

2003

Ritual - Opfer - Totenkult Zur Kontroverse um die nacheiszeitliche HoumlhJennutzung

Heidi Peter-Roumlcber

Schlagwoumlrter Mitteleuropa Jungsteinzeit Bronzezeit Eisenzeit Houmlhlen menschliche Skelettreste Bestattungen Rituale Opfer Deutungsproblematik

Keywords middle Europe Neolithic Bronze Age Iron Age caves human remains burials rituals sacrifices problems of interpretation

Rituale Opfer heilige Plaumltze

Die Erforschung der religioumlsen Gedankenwelt vershygangener Zeiten ist fuumlr Praumlhistorische Archaumlologen schon seit dem 19 Jahrhundert ein faszinierendes Thema Bei der Interpretation der zur Verfuumlgung stehenden Quellen den Funden und Befunden also stummen Uumlberresten von Handlungen und Ereignisshysen ganz unterschiedlichen Charakters muszligte und muszlig zwangslaumlufig die Gedankenwelt der jeweiligen Forscher eine wichtige Rolle spielen Zeitgeist Modeerscheinungen ErkeIU1tnisse und Theorien anderer Faumlcher persoumlnliche Vorlieben und Erwartunshygen bestinunen bereits das ErkeIU1en von Befunden bzw deren Ansprache viel mehr noch ihre Auswershytung

Glaubensvorstellungen und damit in Zusammenshyhang stehende Rituale lassen sich anhand archaumlologishyscher QueIien nur muumlhsam und indirekt erschlieszligen weIU1 uumlberhaupt materielle Uumlberreste zuruumlckgeblieshyben sind Dabei wird nicht selten von Fakten gesproshychen wo es sich lediglich um Vermutungen handelt

Die Leichtfertigkeit im Umgang mit Begriffen wie Opfer und Kult uumlberrascht immer wieder ebenso die lange Zeit beliebte TreIU1ung von sakral und proshyfan die dazu fiihrte einen - aus welchen Gruumlnden und mit welcher Bedeutung auch inuner - als Kultshystaumltte definierten Fundort ausschlieszliglich mit der Vershyehrung von Goumlttern oder houmlheren Wesen in Verbinshydung zu bringen Diese Annahme schloszlig oftmals andere Funktionen aus etwa Wohnen oder Bestatten und erschwerte andererseits Kriterien fuumlr die Identishyfizierung ritueller Handlungen in Siedlwlgen zu entshywickeln l

Vieles hat sich in dieser Hinsicht inzwischen geshywandelt beispielsweise durch die ErkeIU1tnis daszlig eisenzeitliche Graumlberfelder bzw Grabhuumlgel offenbar nicht nur Bestattungszwecken dienten sondern zushygleich Bestandteil von heiligen oder Kultbezirken waren Genannt seien in diesem Zusammenhang Vix

1 Vgl zu entsprechenden Deponierungen Czyborra 1997 Stapel 1999 allgemein Peter-Roumlcher 1994 32ff 1997a

am Mont Lassois und der Glauberg in Hessen2 Ein

weiteres Beispiel sind spaumltkeltische sogenaIU1te Viershyeckschanzen deren Funktion als Heiligtuumlmer seit den ersten umfangreichen Grabungen in Holzhausen kaum mehr in Zweifel stand die neuen Ergebnissen zufolge jedoch als oder auch als Herrenhoumlfe oder Mittelpunkte von Siedlungskammern gesehen werden kOumlIU1en was die Darbringung von Opfern und damit eine rituelle oder kultische Funktion keineswegs ausschlieszlige

Macht und Herrschaft muumlssen legitimiert werden und sie duumlrften sowohl in der Hallstatt- als auch in der Lat~mezeit sakral begruumlndet oder mit sakralen Funktionen verbunden worden sein wofur neben den reich ausgestatteten sogenannten Fuumlrsten- oder Prunkgraumlbern und Grabhuumlgeln wie dem Magdalenenshyberg die oben erwaumlhnten heiligen Bezirke sprechen die im Zusammenhang mit einem Ahnen- oder Heroshyenkult stehen kOumlIU1ten In der spaumlten Latenezeit [mdet sich diese Legitimierung kaum mehr im Grab ausgeshydruumlckt - lediglich die geographische Naumlhe von Viershyeckschanzen zu aumllteren Grabhuumlgeln auf die verschieshydentlich aufmerksam gemacht wurde kOumlIU1te hier noch eine vielleicht gewuumlnschte Beziehung andeuten Womoumlglich ist unter diesen Gesichtspunkten der Streit um die Fill1ktion von Viereckschanzen uumlbershyfluumlssig da sie sowohl Herrenhoumlfe als auch heilige Bezirke oder Zentren sein koumlnnen Aus dem Gesagten ergibt sich die Moumlglichkeit einer zwanglosen Kombishy

2 Zu Vix ChaumeOlivierlReinhard 1995 ChaumelReinhard 2002 zum Glauberg Hemnann 2002 J Vgl Wieland 1999 RieckhoffIBiel 2001 227ff zu Holzhausen s Schwarz 1962 Bei dem bekarmten sogenannten Kultschacht in der Viereckschanze von Fellbach-Schmiden scheint es sich um einen mit Stallmist aufgefuumlllten Wld somit vergifteten Brurmen zu handeln Auch fuumlr die Schaumlchte von Holzhausen ist eine Deutung als Brurmen anzWlehmen Hohe Phosphatkonzentrationen die auf blutige Opfer wiesen und die Einordnung als Kultschaumlchte rechtshyfertigten sind wohl als Fehlbestimmungen einzustufen Vgl RieckhofflBiel 200 I 228f Andererseits lassen die houmllzernen Plastiken (Goumltter) im Schacht von Fellbach-Schmiden und Rinshyder- und Waffeoopfer in den Viereckschanzeo von Nordheim (ebd 23 3) eine uumlber reine Wohnfunktionen weit hinausgehende Bedeushytung der Anlagen vermuten

Heidi Peter-Raumlcher

nation von Wohnsitz und Opferstaumltte Bestattungsshyplatz und Heiligtum wie dies auch fuumlr franzoumlsische FundsteIlen so etwa Ribemont-sur-Ancre inzwishyschen angenommen wird (Brunaux 1999 ders 2002 Cadoux 1996)

Insbesondere die ethnologische Forschung konnte herausstellen daszlig der Begriff Opfer fuumlr sich genomshymen wenig aussagt denn Opfer sind in der Regel in komplizierte Prozesse eingebunden in Rituale die die Lebenswelt strukturieren und keineswegs nur der Kommunikation mit Goumlttern dienen Erinnert sei an Geburt Initiation Heirat und Tod an Totenerinneshyrungsfeste und Ahnenverehrung an Kriegsvorbereishytungen und Friedensverhandlungen an Siegesfeiern an Gastlichkeit die Pflege von Handels- und Tauschshybeziehungen an jahreszeitliche Feste und an Krisenshybewaumlltigung Goumltter koumlnnen hier einbezogen sein oder auch nicht die Darbringung von Opfern duumlrfte regelhaft Bestandteil verschiedener Rituale gewesen sein Diese erschlieszligen sich dem Archaumlologen uumlber materielle Reste uumlber Bestattungen Opfer Baulichshykeiten und bildliche Darstellungen jedoch nicht von selbst sondern aufgrund analogischer Interpretation

Zur Funktion von Houmlhlen

In manchen Bereichen haben sich bestimmte Inshyterpretationsmuster wie gezeigt werden konnte stark gewandelt in anderen hingegen so verfestigt daszlig sie nahezu unwidersprochen als Tatsachen dargestellt werden und auch neuen Erkenntnissen gegenuumlber resistent erscheinen Dazu gehoumlrt die Identifizierung vieler Houmlhlen als Opferplaumltze die angeblich vom Neolithikum bzw schon vom Mesolithikum bis in die Spaumltlatenezeit der Verehrung chthonischer Gottheiten dienten denen sowohl Menschen als auch Tiere und Sachguumlter dargebracht worden sein sollen4

bull

Tatsaumlchlich setzt sich das aus Houmlhlen stammende Material der genannten Zeiten sofern ausreichend bekannt in der Regel aus Menschen- und Tierknoshychen Schmuck Gefaumlszligen Geraumlten und Waffen in unterschiedlicher Anzahl und Kombination zusamshymen was keineswegs eine Deutung als Opfer implishyziert sondern an Beigaben erinnert und daher eine solche als Bestattung nahelegt zumal haumlufig beide Geschlechter und alle Altersgruppen vertreten sind Bereits RA Maier (1977 29f) wies anlaumlszliglich der Publikation des Fundmaterials aus einer Felsspalte und einer Schachthoumlhle der Fraumlnkischen Alb auf die Analogien zwischen vermeintlichen Opferbraumluchen in Houmlhlen und den jeweiligen Bestattungssitten hin ohne daraus die entsprechenden Konsequenzen zu ziehen 1m allgemeinen werden Bestattungen mit dem

Vgl zB Schauer 198 1 Rind 1996 Bockisch-BraumluerZei tler 1996 Stoll-Tucker 1997 FlindtlLeiber 1998 Kossack 1999 85 132f Graf 2000 Vgl dagegen die kritische wld differenzierte DarstelllU1g bei Bernhard[ 1995 Baum 1999 ferner zB J Biel in RieckhofflBiel 2001 337f

Argument ausgeschlossen daszlig die regulaumlren Bestatshytungen der entsprechenden Zeiten bekannt seien und es sich deshalb nicht um solche handeIn koumlnne was wiederum zirkelschluszligartig jede derartige Moumlglichshykeit der Deutung ausschlieszligt Dabei ist die Kategorie der regulaumlren Bestattung eine apriori defmierte und zwar in Anlehnung an uns vertraut erscheinende Formen im Umgang mit Toten wodurch ein Erkenshynen anderer Fonnen grundsaumltzlich erschwert ershyscheint Nur so laumlszligt sich erklaumlren daszlig etwa der Geshydanke an Sekundaumlrbestattung schwer Eingang in die Forschung fand ebenso die Vorstellung von gleichshyzeitig existierender unterschiedlicher Handhabung der Koumlrper Verstorbener lmd ihrer Deponierung an verschiedenen Plaumltzen beispielsweise sowohl extrashymural als auch innerhalb von Siedlungen Unbewuszligt duumlrfte dabei eine Gleichsetzung der Bestattung mit dem Totenritual zugrunde liegen obwohl uns von jenem nur die geringen AusscIUlitte sichtbar werden die sich im Umfeld der oder direkt bei den Bestatteshyten erhalten haben (vgl Peter-Roumlcher 1997b)

Eine groszlige Rolle spielt vermutlich aber auch die auszligerordentliche Faszinationskraft der Vorstellung von Menschenopfern und der Wunsch solche zu identifizieren Dies geschieht gerne uumlberall dort wo vermeintlich nicht von regulaumlren Bestattungen geshysprochen werden kann also insbesondere im Bereich von Siedlungen von als Heiligtuumlmern definierten Plaumltzen und von Houmlhlen Auch Doppel- und Mehrshyfachbestattungen werden gerne mit Menschenopfern und Totenfolge in Verbindung gebracht obwohl ein Nachweis nur schwer moumlglich ist und diverse andere Deutungen denkbar sind Eine Uumlberpruumlfung der Grundlagen fur diese Vorstellung erfolgte nicht

Nun zeichnen sich gerade Houmlhlen ob im Sauershyland auf der Schwaumlbischen und Fraumlnkischen Alb im maumlhrischen Karst in Kaumlrnten oder im Harz dadurch aus daszlig heutigen Anspruumlchen genuumlgende Grabungen und Dokumentationen weitgehend fehlen Uumlber ihre nacheiszeitliche Nutzung kann daher in der Regel keine fundierte Aussage getroffen werden Charakteshyristisch sind zufallige Aufsammlungen wie etwa die Mitnahme von Schaumldeln oder Bronzeschmuck durch Spaziergaumlnger und zwar interessanterweise sogar aus schwer zugaumlnglichen Schachthoumlhlen wie dem Dieshytersbergschacht (Baum 1999 83) Fundbergungen durch Spelaumlologen ohne archaumlologische Fachkenntshynisse alte Grabungen mit unzureichenden Bergungsshyund Dokumentationsmethoden weitgehend oder teilweise verschollene Sammlungen und Aufzeichshynungen fehlende Publikation von Grabungsergebnisshysen usw Mithin bleibt die urspruumlngliche Zusammenshysetzung des Fundmaterials sowie das zeitliche Vershyhaumlltnis von Menschen- und Tierknoehen zu den andeshyren Funden oft im Dunkel All diese Unzulaumlnglichshykeiten verhindern jedoch nur selten eine Ansprache als Kult- bzw Opferhoumlhle zumindest wenn es sich um Fundmaterial von der Jungsteinzeit bis in die Eisenzeit handelt

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1ishy

Ritual- Opfer - Totenkult

Fuumlr spaumltere Zeiten hingegen wird eine Vielfalt an Deutungen in Erwaumlgung gezogen von denen einige hier genaill1t seien Houmlhlen koumlill1en als Bestattungsshyplaumltze Kirchen und Kloumlster5

als Wohnstaumltten und als Verstecke in Kriegszeiten dienen als Unterkunft fur Gesetzlose Auszligenseiter Handwerker Heilkundige Einsiedler und Arme sie koumlill1en zur Vorratshaltung und als Kuumlhlschrank zur Abfall- Kadaver- und Leishychenbeseitigung genutzt werden alles Moumlglichkeiten die fur vorgeschichtliche Zeiten offenbar zu profan erscheinen um ernsthaft erwogen zu werden

Ein Beispiel dafuumlr ist die Kleine Jettenhoumlhle im Harz in der die groszligteils durch Raubgraumlber zerstoumlrten Befunde und Funde der Latimezeit an Siedlungsreste erinnern Sie werden deill10ch als Opfergaben bzw Reste von entsprechenden Zeremonien bezeichnet da aufgrund des beschwerlichen Zugangs des feuchten Houmlhlenklimas und des schlechten Rauchabzugs eine regulaumlre Wohnnutzung mit dem Betrieb einer Feuershystelle unwahrscheinlich sei (F1indtlLeiber 1998 30f) Die naheliegende Moumlglichkeit der gelegentlichen Nutzung in Zeiten der Gefahr in denen ein angenehshymes Umfeld kaum eine Rolle gespielt haben duumlrfte wurde hingegen nicht in Erwaumlgung gezogen

Analyse der Befunde aus Houmlhlen

Die Vorstellung von Opfern war bei Untersushychungen in Houmlhlen von Anfang an praumlsent wenn auch nicht beherrschend So wurden die 1908 entshydeckten und in das Mesolithikum datierten Kopfbeshystattungen in der Groszligen Ofnet-Houmlhle in Bayem (Abb l) zwar vom Ausgraumlber RR Sdunidt (1912 37) als Bestattungen bezeichnet nicht aber von andeshyren Forschern die schnell den Gedanken an Menshyschenopfer und Massaker in die Diskussion brachten Alters- und Geschlechtszusammensetzung sprechen jedoch eindeutig fur eine Bestattungspopulation (Peshyter-Roumlcher 2002) (Abb 2) Ein weiteres Beispiel ist die erstmals Ende des 19 Jahrhunderts untersuchte Rothesteinhoumlhle im Ith (Harz) Die hier angetroffenen menschlichen Skelettreste wurden trotz fehlender Spuren an den Knochen als Opfer k3ill1ibalischer Mahlzeiten bezeichnet eine zu dieser Zeit und teilshyweise bis heute populaumlre Interpretation Sie erfolgte mit der Begruumlndung daszlig keineswegs die aumluszligerste Ausnutzung der Markknochen vorauszusetzen sei da es sich um die Vollziehung eines religioumlsen Aktes handele (Nehring 1884 [93]) womit das Fehlen von Spuren eine fur den damaligen Bearbeiter offenbar befriedigende Erklaumlrung fand Das Material ist weitshygehend verschollen die anthropologische Untersushychung der menschlichen Reste spaumlterer Grabungen ergab eine Altersverteilung die auch auf einem Friedhof zu erwarten gewesen waumlre (M Schultz in

5 Vgl zB Benz 1954 FlindtILeiber 1998 33ff zur Steinkircbe bei Scharzfeld im Harz

Geschwinde 1988 129) Als Opferstaumltte gilt die Houmlhshyle deill1och entweder der fruumlhen Bronze- oder auch der Eisenzeit6

Drei Untersuchungen haben maszliggeblich dazu beigetragen Houmlhlen nahezu ausschlieszliglich als Opfershybzw Kultstaumltten zu sehen und diese Interpretation in der Forschung dauerhaft zu etablieren die in der Jungfernhoumlhle bei Tiefenellem nahe Bamberg (Kunshykel 1955) die im Dietersbergschacht bei Egloffstein auf der Fraumlnkischen Alb (Er 1953) und die im Kyffshyhaumluser bei Bad Frankenhausen im Harz Auf die von G Behm-Blancke (1956 1958) phantasievoll beshyschriebenen blutigen Opferrituale und kaill1ibalischen Festrnaumlhler der Bronze- und Eisenzeit im Kyffhaumluser wird zwar zu Vergleichszwecken gerne zuruumlckgegrifshyfen mangels wissenschaftlicher Veroumlffentlichung der Grabungsergebnisse lassen sich Befunde und Funde jedoch nicht beurteilen Die genannten Untersuchunshygen dienten als Vorbilder um einerseits aumlltere Befunshyde neu zu deuten so beispielsweise diejenigen aus der B)Ci skala-Houmlhle in Maumlhren oder der sogenaill1shyten Knochenhoumlhle im istrischen Karst und anderershyseits Neufunde entsprechend zu veroumlffentlichen

Kleebergschacht Ein prominentes Beispiel fur einen solchen Neushy

fund ist der Kleebergschacht auf der Fraumlnkischen Alb (Leja 1987) in dem sich ein in die Urnenfelderzeit datiertes Skelett fand das als Menschenopfer gesehen vmrde und so in die Literatur einging Da es sich hierbei um einen Einzelfall handelt und zudem um einen gestoumlrten Befund weil Houmlhlenforscher bereits ohne Dokumentation einen Teil der Funde darunter Schaumldelteile geborgen hatten muszlig jedoch jede Intershypretation zweifelhaft bleiben Ergraben und dokushymentiert werden kOill1ten vom Skelett eines als maumlill1shylich bestimmten Individuums die Oberschenkel das Becken und einige Wirbel ferner ein Geweihhammer und eine Silexpfeilspitze (Abb 3) Es fanden sich keine Spuren an den Knochen deill10ch wird eine Zerlegung angenonunen Einige Schaumldelteile wiesen innen auszligen und an den Bruchraumlndern Brandspuren auf der Torso zeigte Kleintierverbiszlig Weiterhin fanshyden sich der Schaumldel ein Teil des Brustkorbes und die Vorderbeine eines Hundes besonders der Schaumldel wies leichte Verwitterungsspuren auf so daszlig er eine gewisse Zeit an der Oberflaumlche gelegen haben koumlnnshyte Aufgrund der Brandspuren ist davon auszugehen daszlig der Tierkadaver auf eine noch schwelende Glut gelegt oder geworfen wurde (K-H Rieder in ebd 57 58) Die Schaumldel von Hund und Mensch erscheishynen zertruumlmmert Ein Mann koumlnnte also zusanunen mit seinem Hund in der Naumlhe der Houmlhle erschlagen auf einer Feuerstelle liegengelassen oder zusaumltzlich noch gefleddert und unbestinunte Zeit spaumlter im Schacht bestattet bzw beseitigt worden sein Im Licht

6 Geschwinde 1988 125f Zur Deutung al s Bestattungsplatz vgJ Peter-Roumlcher 1994 74ff

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Heidi Peter-Roumlcher

4-shy ~liom--+

~ ~ J

1 ~

Abb 1 Groszlige Ofnet-Houmlhle schematisches Querproftl mit den Kopfbestattungen (nach Schmidt 1912 Textfig 6)

Angaben in absoluten Zahlen (n = 34)

~------------------------------------------------------------~

o I =-==--- ~ infans I infansII juvenil fruumlhadult spaumltadult matur-senil

20

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10

5

Abb 2 Groszlige Ofnet-Houmlhle Alterszusammensetzung (nach Orschiedt 1999 138)

des Befundes soweit noch beurteilbar eine plausible Deutung denn auch fuumlr vorgeschichtliche Zeiten ist ntit profanen Vorkorrunnissen zu rechnen die ihre Spuren hinterlassen kOumllmen

Jungfernhoumlhle Besser zu beurteilen sind die in die Linienbandkerashymik datierbaren und mit qualitaumltvollen Beigaben ausgestatteten Skelettreste aus der JungfemhoumlWe bei Tiefenellern Die bereits auf der Grundlage der inshyformationen in der Publikation von O Kunkel vorgeshynommene Deutung als Sekundaumlrbestattungen (PetershyRoumlcher 1994 99ff) konnte durch die erneute Untershy

suchung des Skelettmaterials durch J Orschiedt (1999 175ff) bestaumltigt werden Bei der Jungfemhoumlhshyle handelt es sich denmach um einen Bestattungsshyplatz

Dietersbergschacht J R Er (1953 275) lehnte fuumlr die menschlichen Skelettreste aus dem im Jahr 1928 von ihm untershysuchten Dietersbergschacht eine Deutung als regulaumlre Bestattungen ab weil die Aufuahme der Schachthoumlhshylenbestattung einen voumllligen Wandel der Anschauunshygen uumlber Tod und Jenseits zur Voraussetzung haumltte und eine Spaltung der religioumlsen Grundanschaustelshy

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Ritual - Opfer - Totenkult

Abb 3 Kleebergschacht Lage der Skelettreste (I) des Geweihhammers (2) der Holzkohle und des gestoumlrten Bereichs ohne Maszligstab (nach Leja 1987)

lungen angenommen werden muumlszligte da viele gleichshyzeitige regulaumlre Bestattungen in der Umgebung der Schachthoumlhlen existierten Vor allem aber betonte er die bedeutungsvolle Eigenart der Fundstaumltte selbst die ihn an einen Opferplatz denken lieszlig Eingebracht wurden mit Beigaben (Schmuck Perlen eine Lanshyzenspitze eine Schale7

) versehene Erwachsene Jushygendliche Kinder Kleinkinder und Foumlten und zwar als ganze Leichen Diese Details fanden nicht immer Beachtung ist doch zuweilen aufgrund des nicht vollstaumlndig erhaltenen Skelettmaterials von einer Zerstuumlckelung der Opfer und dem Einbringen von Leichenteilen die Rede (RieckhofflBiel 2001 195) Eine derartige sprachliche Verdeutlichung des Opfershygedankens findet sich nicht selten beispielsweise im Fall der Jungfernhoumlhle wo trotz fehlender Spuren von Toumltung und Zerstuumlckelung gesprochen wurde ebenso im Fall der Esperhoumlhle bei Leutzdorf wo sich Einwirkungen stumpfer Gewalt an einigen Schaumldeln die beim Einwerfen der Toten in den Schacht entshystanden sein koumlnnen zu Hiebverletzungen umgewanshydelt fmden (AbeIs in ebd 350)

Die spaumlthallstatt-fruumlhlatenezeitlichen Funde aus dem Dietersbergschacht wurden kuumlrzlich durch N Baum (1999) neu vorgelegt und mit guten Gruumlnden als Bestattungen interpretiert Er konnte wahrscheinshylich machen daszlig die heutige luumlckenhafte Zusammenshysetzung des Skelettmaterials vorwiegend auf eine bewuszligte Auswahl des Ausgraumlbers zuruumlckzufuumlhren ist der sich auf die fuumlr die Auswertung wichtigen Knoshychen konzentrierte Die demographische Zusammenshy

7 VgL Baum 1999 Abb 5-6

setzung entspricht einer normalen Friedhofspopulatishyon (Abb 4) Damit entfaumlllt auch hier die interpretatishyon als Opfer (vgl ebenso bereits Peter-Roumlcher 1994 43)

Esperhoumlhle Ahnlieh luumlckenhaft zusammengesetzt ist das Mashy

terial einer weiteren Grabung von IR Erl die er in der bereits erwaumllUlten Esperhoumlhle bei Leutzdorf durchgefiihrt hatte und deren Ergebnisse erst kuumlrzlich aus den noch vorhandenen Unterlagen und Funden zusammengestellt und als Nachweis von Opfern interpretiert wurden (GrafiRivera 1996 Schroumlter 1996) Da sich an den Knochen keine Schnitt- oder Hackspuren fanden die urspruumlngliche Zusammensetshyzung des Skelettrnaterials unbekannt ist und Erl vershymutlich bereits selbst eine gewisse Auswahl getrofshyfen hat erscheint die Annahme der Bearbeiter daszlig nur Teile von Mensch und Tier in den Schacht geshyworfen wurden jedoch wenig uumlberzeugend Auffaumlllig ist dagegen die Altersstruktur denn fuumlnf der acht als maumlnnlich bestinunten Individuen wiesen matures Alter auf ein im Vergleich mit Graumlberfeldern ungeshywoumlhnlich hoher Anteil Ferner konnten zwei Frauen zwei weitere Erwachsene zwei Jugendliche und drei Kinder bestimmt werden Da Erl zudem haumlufig Reste von Kleinkindern und Foumlten erwaumlhnte liegt der Geshydanke an Seuchen Epidemien oder Hungersnoumlte nahe in deren Folge zuerst die wenig Widerstandsfaumlshyhigen sterben vor allem Kinder und alte Menschen aber auch Schwangere Angesichts der luumlckenhaften Uumlberlieferung bleibt eine solche Uumlberlegung jedoch

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Heidi Peter-Roumlcher

Angaben in Prozent (n = 43)

30 ~

25 -20

rshy15

I10 r-rshy -5 no

fetal infans I infans II juvenil fiiihaduJt spaumltadult fruumlhmatur

Abb 4 Dietersbergschacht Alterszusammensetzung (nach Baum 1999 94f)

spekulativ Weniger auffaumlllig ist der houmlhere Anteil an Maumlrm ern der sich auch in Friedhoumlfen zuweilen beshymerkbar macht (ausfuumlhrlicher zur EsperhoumlhJe PetershyRoumlcher 1998 24ff) Die Toten waren wie im Dieshytersbergschacht nur mit am Koumlrper getragenem Schmuck ausgestattet nicht mit Fibeln Nadeln oder Guumlrtelbestandteilen weshalb es sich um Opfer nicht um Bestattungen handeln soll Ein Vergleich mit Graumlberfeldern zeigt aber daszlig eine solche Ausstattung keineswegs als ungewoumlhnlich anzusehen ist (ebd 26 Baum 1999 104) Auch im Fall der Esperhoumlhle hanshydelt es sich also um einen Bestattungs- nicht um einen Opferplatz Festzuhalten bleibt nur daszlig die Oberschicht in diesem Gebiet offensichtlich andere Bestattungsplaumltze bevorzugte

ByCi skala-Houmlhle Im maumlluischen Karst zeigt sich ein anderes Bild

Hier nutzte nach Ausweis der Funde und Befunde gerade die reiche Oberschicht eine Houmlhle die ByCi skala- oder StierfelshoumlhJe als Bestattungsplatz Wld Heiligtum (Peter-Roumlcher 1998) Die Ausgrabungen fanden bereits in den Jahren 1869 und 1872 statt und die Informationen uumlber die Ergebnisse sind duumlrftig Der Ausgraumlber H Wanke I (1882) sah eine Haumluptshylingsbestattung mit Menschenopfern andere eine Gruft fuumlr Kollektivbestattungen (Angel i 1970) einen Unfallort (Nekvasi IPodborsk)l 1991 3Off ) oder einen Opferplatz (BergIRolleSeemarm 1981 ParzinshygerlNekvasilBarth 1995) Um einen solchen duumlrfte es sich zweifellos auch gehandelt haben da im Rahmen von Totenritualen und Ahnenverelmmg Opfer dargeshybracht wurden die sich auf Graumlberfeldern nicht imshymer nachweisen lassen Ansonsten spricht jedoch nichts gegen einen Bestattungsplatz Im Gegenteil sind gleichzeitige Graumlber herkoumlmmlicher Art also Grabhuumlgel oder Flachgraumlber die der vergleichbar ausgestatteten reichen Oberschicht im Westen zu gleichen Zwecken dienten aus Suumldmaumlhren kaum bekarmt

Durezza-Schachthoumlhle Sehr wichtig fuumlr die Frage nach der Funktion von

Houmlhlen sind modem untersuchte weitgehend ungeshystoumlrte Fundstellen Eine solche ist die 198990 entshydeckte Durezza-Schachthoumlhle am Tscheltschnigkogel bei Warmbad Villach in Kaumlrnten (Jahrbuch Villach 1997 mit Rezension Peter-Roumlcher) Hier fanden sich die Uumlberreste von mindestens 138 menschlichen Skeletten neben Tierknochen und Trachtbestandteishylen die sich uumlberwiegend in die spaumlte Hallstattzeit (Ha D2 - Lt A1B1) datieren lassen Bedauerlichershyweise waren vor Beginn der wissenschaftlichen Doshykumentation im Sommer 1996 bereits ca zwei Drittel der Befunde und Funde bzw des Schuttkegels durch Mitglieder des Landesvereins fuumlr Houmlhlenkunde unshysachgemaumlszlig untersucht oder besser entfernt worden etwa ein Drittel wurde aber noch ungestoumlrt angetrofshyfen und entsprechend ausgegraben Auch ein Teil des alten Aushubs kormte gesichtet und gesiebt werden Interessant dabei war vor allem daszlig die Houmlhlenforshyscher vornehmlich groszlige und auffaumlllige Knochen gesammelt hatten waumlhrend kleinere und fragmentiershyte im Abraum verblieben (Galik in Jahrbuch Villach 1997 19f) Dieser Umstand ist generell aufschluszligshyreich hinsichtlich der Beurteilung von Fundbergunshygen aus Houmlhlen derm aus einer vermeintlichen Doshyminanz von Schaumldel- und Langknochen wird nicht selten auf Zerstuumlckelung geschlossen Daszlig ein solcher Schluszlig unzulaumlssig ist zeigt dieses Beispiel in aller Deutlichkeit ebenso wie schon das von lR Erl anshygewandte Auswahlverfahren das aufgrund der Zushysammensetzung des noch erhaltenen Skelettmaterials auch von H Wankel in der Stierfelshoumlhle praktiziert worden sein koumlrmte

Die anthropologische Untersuchung ergab eine Mindestindividuenzahl von 138 bestatteten Personen in einer demographischen Zusammensetzung die einem ganz normalen Friedhof entspricht (Abb 5) Die Bearbeiter bezeichneten die Fundsituation als

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Ritual - Opfer - Totenkult

karneraumllmlich wobei die Knochen nicht wie in Beinshyhaumlusern sorgfaltig geschichtet sondern durchmischt und vielfach auch zerbrochen waren Dies ist der fiir eine Schachthoumlhle zu erwartende Befund da die Toten uumlber einen laumlngeren Zeitraum dw-ch den wie ein Trichter wirkenden Einwurfspalt (Doline) in die Houmlhle kamen und so immer wieder die bereits darin befmdlichen stoumlrten Hinzu kamen vermutlich Bergshystuumlrze Wassereinbruumlche und Steinschlaumlge (S Fabrishyzii-ReuerfE Reuer in Jahrbuch Villach 1997 125ff)

Die Analyse der Tierknochen zeigte das lTberwieshygen von Haustieren Neben Knochen von Pferden und SchafenZiegen lieszligen sich Rind und Schwein nachshyweisen vor allem aber mindestens 45 meist adulte Hunde zahlenmaumlszligig eine interessante Uumlbereinstimshymung mit den 41 als maumlnnlich bestimmten erwachseshynen Bestatteten Die Tiere scheinen ganz wie beishyspielsweise ein Rind oder in groumlszligeren Teilen eingeshybracht worden zu sein und duumlrften sowohl Beigaben als auch Opfer repraumlsentieren wofiir insbesondere das gleiche Sterbealter der infantilen Tiere einige der SchafeZiegen Pferde und Schweine im MaiJuni spricht (A Galik in Jahrbuch Villach 1997 87ff) Dabei koumlnnte beispielsweise an Feiern fur die Vershystorbenen bzw Ahnen gedacht werden die mehr oder weniger regelmaumlszligig aber immer zu einer bestinunten Jahreszeit abgehalten wurden

Eine bronzene Kalmfibel mit Armbrustkonstruktishyon eine ostalpine Tierkopffibel ein gewissermaszligen in situ an Unterarmknochen befindlicher Spiralarmshyreif drei Fingerringe elf bandfoumlrmige Haarringe aus Bronzeblech zwei Spiralringe und drei Glasperlen davon eine an einem Bronzekettchen repraumlsentieren neben einigen Webgewicht- und Keramikfragmenten den noch vorhandenen Fundbestand Laut P Gleirshyscher (in Jahrbuch Villach 1997 31ff mit Abb 213ff) lassen sich die Trachtbestandteile auf zwei bis drei Frauengarnitw-en aufteilen woraus er folgerte daszlig die Toten nicht wie bei Bestattungen uumlblich in wer Tracht sondern in Tuumlcher gehuumlllt oder nackt in den Schacht geworfen wurden Die ostalpine Tiershykopffibel gehoumlrt jedoch im allgemeinen zur Maumlnnershytracht und der anthropologischen Untersuchung zufolge konnten an den Knochen aus allen Schichten in gleichmaumlszligiger Verteilung GruumlnverHirbungen beoshybachtet werden so daszlig ein Teil der w-spruumlnglich vorhandenen Trachtausstattung offenbar fehlt Naumlher eingrenzen laumlszligt sich der Verlust nicht da keine Knoshychen- bzw Individuenanzahl genannt ist Ob mit einem derartigen Verlust in Houmlhlen zu rechnen ist oder sich hier die grobe Vorgehensweise der Houmlhlenshyforscher bemerkbar macht auch wenn das von ilmen geborgene Material darunter die Trachtbestandteile fuumlr die Auswertung zur Verfugung stand oder sich noch Funde in dem zur Verfullung der Doline benutzshyten Aushub nach Einbringung eines verschlieszligbaren Kunststoffrohres im Jahr 1991 befmden laumlszligt sich anband der Publikation nicht entscheiden

Bisher wurde fur die Durezza-Houmlhle eine Deutung als Opferschacht der als Begraumlbnisschacht vorgezoshygen und zwar mit Bezug auf andere gleichzeitig oder auch zu anderen Zeiten genutzte Houmlhlen wie dem Kleebergschacht dem Dietersbergschacht oder der Esperhoumlhle die bereits Erwaumllmung fanden (P Gleirscher in Jahrbuch Villach 1997 2J3ff Fashybrizii-ReuerGalikiGleirscherlReuer 1998) Funde und Befunde stinunen jedoch am besten mit einer Interpretation als Bestattungen uumlberein und die vershygleichsweise hervorragende Untersuchung der Dushyrezza-Houmlhle kann umgekehrt als Vorbild fur eine uumlberzeugendere Einordnung weiterer Houmlhlen dienen fuumlr die weniger Informationen vorliegen

Knochenhaumlhle Dazu gehoumlrt beispielsweise die bereits erwaumlhnte

Knochenhoumlhle (Okostna jama) bei St KanzishyanSkocjan im istrischen Karst geographisch gesehen der Dw-ezza-Houmlhle sehr viel naumlher als die bayerischen Houmlhlen und heute ebenso wie diese haumlufig als Opfershyhoumlhle in Anspruch genommen Fuumlr 1 Szombatby der die Ausgrabungen im Jahre 1911 leitete und den damit beauftragten Herrn Savini betreute handelte es sich hier jedoch ohne jeden Zweifel um Bestattungen und dies aus guten Gruumlnden Allerdings konnten nwshyeinige Schnitte angelegt werden bevor die Untersushychung aufgrund der immer wieder abrutschenden Scbuttmassen abgebrochen werden muszligte so daszlig nur ein kleiner Einblick in die Sachlage moumlglich war wie Szombathy betonte (1937 173)

Die Fundverhaumlltnisse sind ganz aumlhnlich wie in der Durezza-Houmlhle was aufgrund der schachthoumlhlenartishygen Situation auch nicht verwundert (Abb 6) Die fundfuhrenden Bereiche (Schichten 4 und 5 Abb 7) bestanden aus regellos verteilten Menschen- und Tierknochen Metallgegenstaumlnden Kalksteinschutt und Erde Neun nahezu vollstaumlndig erhaltene Bronzeshylanzenspitzen und sechzehn Fragmente drei Lanzenshyschuhe eine eiserne Lanzenspitze ein eisernes Lapshypenbeil elf Bronzeknoumlpfe ein Bronzesichelfragment eine Bronzespiralrolle Fragmente eines Bronzegefaumlshyszliges und einige Scherben kamen zu seiner Kenntnis wie Szombathy es formulierte (1937 175)

Nach Abbruch der Grabungen uumlbergab Savini noch einige zunaumlchst von ihm einbehaltene Funde angeblich aus einem Grab dessen genaue Position nicht mehr feststellbar war Da auch die zugehoumlrishygen Knochen nicht von einem einzigen Skelett stammten (ebd 184) duumlrfte Savini bei seiner Raubshygrabung eine aumllmJiche Situation angetroffen haben wie sie sich auch sonst zeigte Eine Certosafibel eine Bronzepinzette zwei noch an den Knochen befmdlishyche Fingerringe drei Fragmente eines Armreifs sowie eine zerdruumlckte Bronzesitula mit Inschrift ergaumlnzen den verhaumlltnismaumlszligig reichen Fundbestand der eine Nutzung wohl uumlber die gesamte Hallstattzeit belegt (ebd 176f Fig 187-191)

91

Heidi Peter-Roumlcher

Angaben in absoluten Zahlen (n = 138)

40 35

30 25 20 15 10 5 O~-LmiddotI----~-L____~~

45 ~------------~~--------------~

infans I infansII juvenil adult matur erWltlchsen

[]gesamt

bull davon veiblich

[] davon maumlnnlich

Abb 5 Durezza-Houmlhle Alters- UIld Geschlechtszusa=ensetzung (nach Jahrbuch Villacb 1997 141 Tab 4)

J(

B

s

Abb 6 Knochenhoumlhle GrUIldriszlig- UIld Laumlngsschnittskizze ohne Maszligstab (nach Szombatby 1937)

6 5

5

l

Abb 7 Knochenhoumlhle Profilskizzen der Schnitte c-d (links) UIld g-h Maszligstab 1 100 (nach Szombatby 1937)

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Ritual- Opfer - Totenkult

8emdmiddot Saal

N

HeinfriedshyMille

CJ ArcMoJogischer Teil

Sm

Abb 8 LichtensteinhoumlhJe archaumlologisch relevanter Beshyreich (nach Flindt 2002)

Die geborgenen Menschenknochen teils ganz teils in Bruchstuumlcken umfaszligten 11 Schaumldel 19 Oberarm- 27 Unterannknochen 20 Oberschenkelshyknochen 9 Schienbeine und das sei betont da zuweishylen vom Einbringen von Leichen- oder Skeletteilen die Rede ist8

in entsprechender Anzahl Reste des uumlbrigen Skelettes (Szombathy 1937 180) Es karm daher wohl vom Einbringen ganzer Leichen ausgeshygangen werden Die einwurzeligen Zaumlhne waren zum Teil postmortal ausgefallen wie zu erwarten nicht absichtlich ausgebrochen9

Szombathy (1937 184) zufolge handelte es sich um Maumlnner zwischen 18 und 40 Jahren beim Schaumldel des Savini-Skelettes um einen Mann zwischen 40 und 60 Jahren mit vier vershyheilten Hiebverletzungen Ob bei der Knochenhoumlhle von einem Bestattungsplatz vorwiegend fuumlr Maumlrmer

8 ZB ParzingerlNekvasiJlBarth 1995 195 9 Vgl ebd

oder Krieger gesprochen werden karm laumlszligt sich schwer sagen da nur Ausschnitte bekarmt sind Inteshyressant ist in diesem Zusammenhang jedoch die Anashylyse der Tierknochen die einen hohen Anteil an Rinshydern und Hunden bzw Woumllfen ergaben (Szombathy 1937189 Jahrbuch Villach 1997223) Dies erinnert wiederum an die Durezza-Houmlhle

Fliegenhaumlhle Auf die Funde aus der nahe der Knochenhoumlhle geshy

legenen Fliegenhoumlhle (Musja jama) soll an dieser Stelle nicht naumlher eingegangen werden da das in die spaumlte Bronze-Urnenfelderzeit zu datierende und damit aumlltere Material eine andere Zusammensetzung aufweist und zudem Menschenknochen fehlen J Szombathy (1937 134) wies lediglich auf verstreute Holzkohlerestchen und wenige (wohl kalzinierte) Knochen hin wobei unklar bleibt ob von Mensch oder Tier Aus dieser Angabe auf potentielle Menshyschenopfer zu schlieszligen 10 erscheint gewagt die Intershypretation als Opfer hingegen nicht (vgl Turk 1997 49 TerzanTurk im Druck)

Lichtensteinhaumlhle Eine weitere Houmlhle muszlig jedoch ausfuumlhrlicher Erwaumlhshynung finden und zwar die erst 1980 entdeckte und Mitte der neunziger Jahre archaumlologisch untersuchte Lichtensteinhoumlhle im Harz (zuletzt F1indt 2002) Hier fanden sich in mehreren durch sehr enge Gaumlnge verbundenen Kammern (Abb 8) die Uumlberreste von -nach derzeitigem Forschungsstand - 38 Individuen zusammen mit diversen Beigaben (vor allem Schmuck und Trachtbestandteile aber auch Keramik sowie zwei Bronzepfeilspitzen) die eine Datierung in die Urnenfelderzeit ermoumlglichen und einen Nutshyzungszeitraum von rund 200 Jahren zwischen 1000 und 700 v ehr nahelegen Im sogenannten BerndshySaal in den der heute verschuumlttete ehemalige Zugang muumlndete wurden auszliger mehreren teils uumlbereinandershyliegenden Feuerstellen Nahrungsreste ganze und zerscherbte Gefaszlige verbrannte Feldfruumlchte ua angeshytroffen In den uumlbrigen Kammern fanden sich menschliche Skelettreste samt Beigaben ganz uumlbershywiegend nicht mehr im anatomischen Verband sonshydern beiseite geschoben - auch dies ein Hinweis auf wiederholte Begehungen Vennutlich gegen Ende der Belegungszeit wurde der Bemd-Saal ebenfalls fuumlr Bestatttmgen genutzt Geschlechtsshy und Alterszushysammensetzung weisen keine Besonderheiten auf die hier bestatteten Individuen wurden weder getoumltet noch zerlegt sie waren mit Beigaben versehen und ausweislich der Spuren im Bemd-Saal im Rahmen von angemessenen Totenrirualen in der Houmlhle beigeshysetzt

Funde und Befunde legen also zweifellos eine Deutung der Lichtensteinhoumlhle als Bestattungsplatz nahe Dennoch wurde sie schon kurz nach der

10 Vgl ebd

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Heidi Peter-Roumlcher

Angaben in absoluten Zahlen (n = 23)

7

6

5 IJgesamt

4 - bull davon ~iblich 3 r- odavon maumlnnlich 2

I - o infans I infansll juvenil adult matur-senil

Abb 9 Lichtensteinhoumlhle Alters- und Geschlechtszusamrnensetzung (nach FlindtILeiber 199884 Tab I)

Entdeckung als Opferstaumltte bezeiclmet da es aufshygrund der Enge der Durchgaumlnge unmoumlglich sei Leishychen einzubringen (MaierlLinke 1987 33 ebenso noch FlindtfLeiber 1998 56 77) Als weitere Argushymente dienten ein angeblicher Mangel an Beigaben die kultischen Handlungen im Bernd-Saal und eine vermeintlich ungewoumllmliche Alters- und Geshyschlechtszusammensetzung mit einem Uumlberwiegen von Maumlnnern l - bei naumlherer Betrachtung allerdings nur in den Altersklassen Infans I und II (Abb 9)

Neuerdings wird jedoch wenngleich widershyspruumlchlich und inkonsequent auch die Moumlglichkeit der Deutung als Bestattungsplatz in Erwaumlgung gezoshygen zumindest fuumlr einen Teil der Raumlume und die Schluszligphase der Nutzung (Flindt 2002 13) da die Untersuchung der DNA die zu erwartenden - von den Bearbeitern aber offenbar nicht vermuteten - vershywandtschaftlichen Bindungen der dort niedergelegten Individuen ergeben hat Es wird von einer Groszligfamishylie oder einem Clan ausgegangen Aufgrund des inshyzwischen als reich angesehenen Schmuckinventars und des robusten auf eine gute Ernaumlhrung weisenden Koumlrperbaus soll es sich um Angehoumlrige einer privileshygierten Bevoumllkerungsgruppe handeln die moumlglichershyweise auf der nahegelegenen Pipinsburg ansaumlssig war (ebd)

Die Frage ist jedoch ob sich allein mit dem Arshygument Verwandtschaft die Deutung als Menshyschenopfer ausschlieszligen laumlszligt Wer koumlnnte als Opfer gedient haben wer opferte Wie war die Gesellschaft strukturiert die Menschenopfer darbrachte Vielshyleicht wurden zur Opferbeschaffung Doumlrfer der naumlheren Umgebung uumlberfallen deren Einwohner durch Heiratsbeziehungen eng miteinander verbunshyden waren Auch damit lieszlige sich Verwandtschaft erklaumlren Entscheidend rur eine Interpretation als Bestattungen sind die Funde der Befund und vor

Flindt 1996 1997 FlindtlLeiber 1998 mit Rezension PetershyRoumlcher ferner dies 1998 IOf

allem die demographische Zusammensetzung nicht die Ergebnisse der DNA-Analyse die jedoch rur eine Eroumlrterung der Sozialstruktur der bestattenden Geshymeinschaft ungemein wichtige Erkenntnisse liefert und damit ein neues Forschungsfeld eroumlffnet interesshysant hinsichtlich der Nutzung von Houmlhlen waumlre aber die Untersuchung der Frage ob bestimmte Gemeinshyschaften sei es in der Stein- der Bronze- oder der Eisenzeit jeweils sowohl Graumlberfelder als auch Houmlhshylen oder nur eine der beiden Moumlglichkeiten als Beshystattungsplatz genutzt haben und nach welchen Krishyterien eine solche Wahl erfolgte J2

Dies wuumlrde auch den im Zusammenhang mit Houmlhlen gerne verwendeshyten Begriff Sonderbestattung zu schaumlrfen helfen J3

bull

Ergebnisse

Viele Funde und Befunde aus Houmlhlen sind aufshygrund mangelhafter Dokumentation teilweise verloshyrengegangener Unterlagen und Funde spezifischer Bergungsgewohnheiten der Ausgraumlber fehlender moderner anthropologischer Untersuchungen etc kaum noch beurteilbar Sofern ausreichende informashytionen vorliegen zeigt sich jedoch immer ein Beigashybencharakter der Funde und eine demographische Zusammensetzung die mit der gleichzeitiger Friedshyhoumlfe uumlbereinstimmt oder sie ergaumlnzt Das haumlufig geshygen Bestattungen verwendete Argument des weitgeshyhenden Fehlens anatomischer Zusammenhaumlnge der Skelettreste aus Houmlhlen laumlszligt sich nicht zugunsten der

12 So dachte N Baum (1999 101 ) beispielsweise aufgrund seiner palaumlodontologisch-anthropologischen Untersuchungsergebnisse fuumlr den Dietersbergschacht an eine Gruppe oder einen Familienvershyband von Wald- bzw Wildirnkern Auch Siedlungsbestattungen waumlren hier einzubeziehen IJ Je mehr Houmlhlen als Bestattungsplaumltze erkannt werden desto gewoumlhnlicher erschetnt ein solcher Ort und desto unzutreffender die Definition als Sonderbestattung ein Begriff der ohnehin in der Art wie er oft angewendet wird problematisch wirkt

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Ritual- Opfer - Totenkult

Opferinterpretation verwenden da diese gar nicht zu erwarten sind nicht in Horizontalboumlhlen wenn die Toten lediglich auf den Boden gelegt worden sind und schon gar nicht in Schachthoumlhlen in die die Toshyten eingeworfen wurden Fuumlr die Annahme einer anthropogenen Einwirkung waumlren zumindest Schnittshyspuren notwendig die in der Regel fehlen und bei denen eine Entscheidung zwischen Opfer und Sekunshydaumlrbestattung nur unter Beachtung der Beifunde und der demographischen Zusammensetzung getroffen werden koumlnnte Hinzu kommt in Houmlhlen ein gegenshyuumlber einzelnen Graumlbern moumlglicherweise erweitertes Fundspektrum - Uumlberreste verschiedener Rituale die mit Tod Bestattung Verpflichtungen gegenuumlber Verstorbenen Abwehr Ahnenverehrung Bitten um Beistand etc in Zusammenhang stehen moumlgen Dies kann Tier- oder generell Speiseopfer zerscherbte Gefaszlige Brandreste Steine ferner beispielsweise auch als Votivgaben zu bezeichnende Gegenstaumlnde umfassen um nur einige Moumlglichkeiten zu nennen Wie eingangs dargestellt sind Bestattungsplaumltze zuweilen mehr als nur Deponierungsorte fiir die Toshyten Erinnert sei in diesem Zusammenhang lediglich an christliche Kirchen mit ihren Gruumlften Friedhoumlfen und Beinhaumlusern

Auch die numinose Ergriffenheit die heutige Houmlhlenbesucher zuweilen erfaszligt also die von IR ErI betonte bedeutungsvolle Eigenart der FundsteIlen selbst kann fiir eine Interpretation keine Rolle spieshylen Ob die damaligen Nutzer vergleichbare Empfmshydungen hatten oder nicht wird fiir immer unbekannt bleiben Daszlig Houmlhlen generell oder zumindest Schachthoumlhlen als Zugang zu einer unterirdischen jenseitigen chthonischen Welt aufgefaszligt wurden ist moumlglich mag sich aber von einem Verbringen in die Erde bedeutungs maumlszligig gar nicht unterschieden hashyben Sofern Funde und Befunde keine profane Deushytung nahelegen handelt es sich also sehr wohl um heilige Orte die jedoch im Zusammenhang mit Toshytenritual und Ahnenkult zu sehen sind

Die verbreitete Vorstellung von Opferhoumlhlen in denen zahlreich Maumlnner Frauen und Kinder jeden Alters chthonischen oder Fruchtbarkeitsgoumlttern darshygebracht wurden laumlszligt sich angesichts der Erkenntnisshyse moderner Grabungen und der Analysen aumllterer Untersuchungen kaum mehr aufrechterhalten Eine solche Interpretation muumlszligte im Einzelfall jeweils begruumlndet werden beispielsweise mit relevanten Unterschieden zum gleichzeitigen vermeintlich regushylaumlren Grabbrauch und im Vergleich zu bekannten Opferbraumluchen an anderen Orten

Genannt seien etwa Brandopferplaumltze die ein gaumlnzlich anderes Bild ergeben naumlmlich in der Regel vor allem verbrannte Haustierknochen und Gefaszligresshyte - wo Menschenknochen auftreten wie am Rungger Egg1

weisen Baulichkeiten und Funde auf Bestatshy

14 Gleirscher 1992 und Vortrag im Institut fuumlr Prahistorische AIshychaumlologie der Freien Universitaumlt Berlin im Juni 2000 allgemein zu Brandopferplaumltzen zB Weiss 1997

tungen vielleicht in Verbindung mit einem Heiligtum Jedoch steht die Forschung hier erst am Anfang Im Graben des eingangs genannten Heiligtums von Vix fanden sich diverse Schalen sowie Haustierknochen darunter ein sehr hoher Anteil an Schaumldel- und Kieshyferknochen und zwar von Rind SchafZiege Schwein und Hund Die Funde aus Viereckschanzen lassen sich ebensowenig mit denen aus Houmlhlen vershygleichen Fuumlr Menschenopfer gibt es keine Hinweise insbesondere nicht in den Schaumlchten oder Brunnen lediglich die auch in antiken Quellen genannten Schaumldeltrophaumlen lassen sich zuweilen belegen ferner Einzelknochen die mit den Funden im Oppidum von Manching und anderen Oppida vergleichbar sind und ebenso wie die Schaumldel wohl als Sekundaumlrbestattunshygen oder Trophaumlen gelten koumlnnen l5

An einem Opfershyplatz wie dem Heidentor bei Egesheim auf der Schwaumlbischen Alb fand sich fast ausschlieszliglich Schmuck und zwar uumlberwiegend Fibeln (BaushyerKuhnen 1995) Kurz zusammengefaszligt Auffaumlllige Uumlbereinstimmungen mit dem Fundbestand aus Houmlhshylen sind nicht feststellbar

Auch antike Schriftquellen wenn einmal von eishynem Urteil uumlber ihre Glaubwuumlrdigkeit hinsichtlich der Darbringung von Menschenopfern bei den Kelten abgesehen wird (vgl ZB Whimster 1981 177) lasshysen sich in dieser Hinsicht nicht auswerten derm es ist von heiligen Hainen und Plaumltzen die Rede Ledigshylich Pomponius Mela erwaumlhnt Houmlhlen und zwar im Zusammenhang mit Druiden die die Edelsten des Volkes lange Zeit im Verborgenen unterweisen in einer Houmlhle oder in abgelegenen Bergwaumlldern Dies duumlrfte dazu gedient haben einen urtuumlmlichen Charakshyter des gallischen Priesterwesens zu unterstreichen (Maier 2001 157f)

Immerhin scheint sich das schriftlich uumlberlieferte Geloumlbnis der Kelten nach erfolgreicher Schlacht die Kriegsbeute zu opfern archaumlologisch zu bestaumltigen etwa im zu Beginn bereits erwaumllll1ten Heiligtum von Ribemont-sur-Ancre Daszlig zu dieser Beute auch Geshyfangene oder in der Schlacht Gefallene gehoumlrten die ebenso geopfert wurden ist gut denkbar Am selben Ort scheinen aber offenbar auch die eigenen Krieger im Rahmen komplizierter Rituale bestattet worden zu sein wiederum ein Hinweis darauf daszlig heilige Orte keine eindimensionale Betrachtungsweise verdienen

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Wieland 1999 G Wieland (Hrsg) Keltische Viereckshyschanzen Einem Raumltsel auf der Spur (Darm stadt 1999)

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Page 2: Ritual - Opfer - Totenkult: Zur Kontroverse um die nacheiszeitliche Höhlennutzung, 2003

Rituale in der Vorgeschichte Antike und Gegenwart

Studien zur Vorderasiatischen Praumlhistorischen und Klassischen Archaumlologie Aumlgyptologie

Alten Geschichte Theologie und Religionswissenschaft

Interdisziplinaumlre Tagung vom 1-2 Februar 2002

an der Freien Universitaumlt Berlin

herausgegeben von

Carola Metzner-Nebelsick

unter Mitherausgeberschaft von

Ortwin Dally AmulfHausleiter Elke Kaiser Heidi Peter-Roumlcher

Inken Prohl Joachim Friedrich Quack und Frank Rumscheid

~~

Verlag Marie Leidorf GmbHmiddot RahdenlWestf

2003

Ritual - Opfer - Totenkult Zur Kontroverse um die nacheiszeitliche HoumlhJennutzung

Heidi Peter-Roumlcber

Schlagwoumlrter Mitteleuropa Jungsteinzeit Bronzezeit Eisenzeit Houmlhlen menschliche Skelettreste Bestattungen Rituale Opfer Deutungsproblematik

Keywords middle Europe Neolithic Bronze Age Iron Age caves human remains burials rituals sacrifices problems of interpretation

Rituale Opfer heilige Plaumltze

Die Erforschung der religioumlsen Gedankenwelt vershygangener Zeiten ist fuumlr Praumlhistorische Archaumlologen schon seit dem 19 Jahrhundert ein faszinierendes Thema Bei der Interpretation der zur Verfuumlgung stehenden Quellen den Funden und Befunden also stummen Uumlberresten von Handlungen und Ereignisshysen ganz unterschiedlichen Charakters muszligte und muszlig zwangslaumlufig die Gedankenwelt der jeweiligen Forscher eine wichtige Rolle spielen Zeitgeist Modeerscheinungen ErkeIU1tnisse und Theorien anderer Faumlcher persoumlnliche Vorlieben und Erwartunshygen bestinunen bereits das ErkeIU1en von Befunden bzw deren Ansprache viel mehr noch ihre Auswershytung

Glaubensvorstellungen und damit in Zusammenshyhang stehende Rituale lassen sich anhand archaumlologishyscher QueIien nur muumlhsam und indirekt erschlieszligen weIU1 uumlberhaupt materielle Uumlberreste zuruumlckgeblieshyben sind Dabei wird nicht selten von Fakten gesproshychen wo es sich lediglich um Vermutungen handelt

Die Leichtfertigkeit im Umgang mit Begriffen wie Opfer und Kult uumlberrascht immer wieder ebenso die lange Zeit beliebte TreIU1ung von sakral und proshyfan die dazu fiihrte einen - aus welchen Gruumlnden und mit welcher Bedeutung auch inuner - als Kultshystaumltte definierten Fundort ausschlieszliglich mit der Vershyehrung von Goumlttern oder houmlheren Wesen in Verbinshydung zu bringen Diese Annahme schloszlig oftmals andere Funktionen aus etwa Wohnen oder Bestatten und erschwerte andererseits Kriterien fuumlr die Identishyfizierung ritueller Handlungen in Siedlwlgen zu entshywickeln l

Vieles hat sich in dieser Hinsicht inzwischen geshywandelt beispielsweise durch die ErkeIU1tnis daszlig eisenzeitliche Graumlberfelder bzw Grabhuumlgel offenbar nicht nur Bestattungszwecken dienten sondern zushygleich Bestandteil von heiligen oder Kultbezirken waren Genannt seien in diesem Zusammenhang Vix

1 Vgl zu entsprechenden Deponierungen Czyborra 1997 Stapel 1999 allgemein Peter-Roumlcher 1994 32ff 1997a

am Mont Lassois und der Glauberg in Hessen2 Ein

weiteres Beispiel sind spaumltkeltische sogenaIU1te Viershyeckschanzen deren Funktion als Heiligtuumlmer seit den ersten umfangreichen Grabungen in Holzhausen kaum mehr in Zweifel stand die neuen Ergebnissen zufolge jedoch als oder auch als Herrenhoumlfe oder Mittelpunkte von Siedlungskammern gesehen werden kOumlIU1en was die Darbringung von Opfern und damit eine rituelle oder kultische Funktion keineswegs ausschlieszlige

Macht und Herrschaft muumlssen legitimiert werden und sie duumlrften sowohl in der Hallstatt- als auch in der Lat~mezeit sakral begruumlndet oder mit sakralen Funktionen verbunden worden sein wofur neben den reich ausgestatteten sogenannten Fuumlrsten- oder Prunkgraumlbern und Grabhuumlgeln wie dem Magdalenenshyberg die oben erwaumlhnten heiligen Bezirke sprechen die im Zusammenhang mit einem Ahnen- oder Heroshyenkult stehen kOumlIU1ten In der spaumlten Latenezeit [mdet sich diese Legitimierung kaum mehr im Grab ausgeshydruumlckt - lediglich die geographische Naumlhe von Viershyeckschanzen zu aumllteren Grabhuumlgeln auf die verschieshydentlich aufmerksam gemacht wurde kOumlIU1te hier noch eine vielleicht gewuumlnschte Beziehung andeuten Womoumlglich ist unter diesen Gesichtspunkten der Streit um die Fill1ktion von Viereckschanzen uumlbershyfluumlssig da sie sowohl Herrenhoumlfe als auch heilige Bezirke oder Zentren sein koumlnnen Aus dem Gesagten ergibt sich die Moumlglichkeit einer zwanglosen Kombishy

2 Zu Vix ChaumeOlivierlReinhard 1995 ChaumelReinhard 2002 zum Glauberg Hemnann 2002 J Vgl Wieland 1999 RieckhoffIBiel 2001 227ff zu Holzhausen s Schwarz 1962 Bei dem bekarmten sogenannten Kultschacht in der Viereckschanze von Fellbach-Schmiden scheint es sich um einen mit Stallmist aufgefuumlllten Wld somit vergifteten Brurmen zu handeln Auch fuumlr die Schaumlchte von Holzhausen ist eine Deutung als Brurmen anzWlehmen Hohe Phosphatkonzentrationen die auf blutige Opfer wiesen und die Einordnung als Kultschaumlchte rechtshyfertigten sind wohl als Fehlbestimmungen einzustufen Vgl RieckhofflBiel 200 I 228f Andererseits lassen die houmllzernen Plastiken (Goumltter) im Schacht von Fellbach-Schmiden und Rinshyder- und Waffeoopfer in den Viereckschanzeo von Nordheim (ebd 23 3) eine uumlber reine Wohnfunktionen weit hinausgehende Bedeushytung der Anlagen vermuten

Heidi Peter-Raumlcher

nation von Wohnsitz und Opferstaumltte Bestattungsshyplatz und Heiligtum wie dies auch fuumlr franzoumlsische FundsteIlen so etwa Ribemont-sur-Ancre inzwishyschen angenommen wird (Brunaux 1999 ders 2002 Cadoux 1996)

Insbesondere die ethnologische Forschung konnte herausstellen daszlig der Begriff Opfer fuumlr sich genomshymen wenig aussagt denn Opfer sind in der Regel in komplizierte Prozesse eingebunden in Rituale die die Lebenswelt strukturieren und keineswegs nur der Kommunikation mit Goumlttern dienen Erinnert sei an Geburt Initiation Heirat und Tod an Totenerinneshyrungsfeste und Ahnenverehrung an Kriegsvorbereishytungen und Friedensverhandlungen an Siegesfeiern an Gastlichkeit die Pflege von Handels- und Tauschshybeziehungen an jahreszeitliche Feste und an Krisenshybewaumlltigung Goumltter koumlnnen hier einbezogen sein oder auch nicht die Darbringung von Opfern duumlrfte regelhaft Bestandteil verschiedener Rituale gewesen sein Diese erschlieszligen sich dem Archaumlologen uumlber materielle Reste uumlber Bestattungen Opfer Baulichshykeiten und bildliche Darstellungen jedoch nicht von selbst sondern aufgrund analogischer Interpretation

Zur Funktion von Houmlhlen

In manchen Bereichen haben sich bestimmte Inshyterpretationsmuster wie gezeigt werden konnte stark gewandelt in anderen hingegen so verfestigt daszlig sie nahezu unwidersprochen als Tatsachen dargestellt werden und auch neuen Erkenntnissen gegenuumlber resistent erscheinen Dazu gehoumlrt die Identifizierung vieler Houmlhlen als Opferplaumltze die angeblich vom Neolithikum bzw schon vom Mesolithikum bis in die Spaumltlatenezeit der Verehrung chthonischer Gottheiten dienten denen sowohl Menschen als auch Tiere und Sachguumlter dargebracht worden sein sollen4

bull

Tatsaumlchlich setzt sich das aus Houmlhlen stammende Material der genannten Zeiten sofern ausreichend bekannt in der Regel aus Menschen- und Tierknoshychen Schmuck Gefaumlszligen Geraumlten und Waffen in unterschiedlicher Anzahl und Kombination zusamshymen was keineswegs eine Deutung als Opfer implishyziert sondern an Beigaben erinnert und daher eine solche als Bestattung nahelegt zumal haumlufig beide Geschlechter und alle Altersgruppen vertreten sind Bereits RA Maier (1977 29f) wies anlaumlszliglich der Publikation des Fundmaterials aus einer Felsspalte und einer Schachthoumlhle der Fraumlnkischen Alb auf die Analogien zwischen vermeintlichen Opferbraumluchen in Houmlhlen und den jeweiligen Bestattungssitten hin ohne daraus die entsprechenden Konsequenzen zu ziehen 1m allgemeinen werden Bestattungen mit dem

Vgl zB Schauer 198 1 Rind 1996 Bockisch-BraumluerZei tler 1996 Stoll-Tucker 1997 FlindtlLeiber 1998 Kossack 1999 85 132f Graf 2000 Vgl dagegen die kritische wld differenzierte DarstelllU1g bei Bernhard[ 1995 Baum 1999 ferner zB J Biel in RieckhofflBiel 2001 337f

Argument ausgeschlossen daszlig die regulaumlren Bestatshytungen der entsprechenden Zeiten bekannt seien und es sich deshalb nicht um solche handeIn koumlnne was wiederum zirkelschluszligartig jede derartige Moumlglichshykeit der Deutung ausschlieszligt Dabei ist die Kategorie der regulaumlren Bestattung eine apriori defmierte und zwar in Anlehnung an uns vertraut erscheinende Formen im Umgang mit Toten wodurch ein Erkenshynen anderer Fonnen grundsaumltzlich erschwert ershyscheint Nur so laumlszligt sich erklaumlren daszlig etwa der Geshydanke an Sekundaumlrbestattung schwer Eingang in die Forschung fand ebenso die Vorstellung von gleichshyzeitig existierender unterschiedlicher Handhabung der Koumlrper Verstorbener lmd ihrer Deponierung an verschiedenen Plaumltzen beispielsweise sowohl extrashymural als auch innerhalb von Siedlungen Unbewuszligt duumlrfte dabei eine Gleichsetzung der Bestattung mit dem Totenritual zugrunde liegen obwohl uns von jenem nur die geringen AusscIUlitte sichtbar werden die sich im Umfeld der oder direkt bei den Bestatteshyten erhalten haben (vgl Peter-Roumlcher 1997b)

Eine groszlige Rolle spielt vermutlich aber auch die auszligerordentliche Faszinationskraft der Vorstellung von Menschenopfern und der Wunsch solche zu identifizieren Dies geschieht gerne uumlberall dort wo vermeintlich nicht von regulaumlren Bestattungen geshysprochen werden kann also insbesondere im Bereich von Siedlungen von als Heiligtuumlmern definierten Plaumltzen und von Houmlhlen Auch Doppel- und Mehrshyfachbestattungen werden gerne mit Menschenopfern und Totenfolge in Verbindung gebracht obwohl ein Nachweis nur schwer moumlglich ist und diverse andere Deutungen denkbar sind Eine Uumlberpruumlfung der Grundlagen fur diese Vorstellung erfolgte nicht

Nun zeichnen sich gerade Houmlhlen ob im Sauershyland auf der Schwaumlbischen und Fraumlnkischen Alb im maumlhrischen Karst in Kaumlrnten oder im Harz dadurch aus daszlig heutigen Anspruumlchen genuumlgende Grabungen und Dokumentationen weitgehend fehlen Uumlber ihre nacheiszeitliche Nutzung kann daher in der Regel keine fundierte Aussage getroffen werden Charakteshyristisch sind zufallige Aufsammlungen wie etwa die Mitnahme von Schaumldeln oder Bronzeschmuck durch Spaziergaumlnger und zwar interessanterweise sogar aus schwer zugaumlnglichen Schachthoumlhlen wie dem Dieshytersbergschacht (Baum 1999 83) Fundbergungen durch Spelaumlologen ohne archaumlologische Fachkenntshynisse alte Grabungen mit unzureichenden Bergungsshyund Dokumentationsmethoden weitgehend oder teilweise verschollene Sammlungen und Aufzeichshynungen fehlende Publikation von Grabungsergebnisshysen usw Mithin bleibt die urspruumlngliche Zusammenshysetzung des Fundmaterials sowie das zeitliche Vershyhaumlltnis von Menschen- und Tierknoehen zu den andeshyren Funden oft im Dunkel All diese Unzulaumlnglichshykeiten verhindern jedoch nur selten eine Ansprache als Kult- bzw Opferhoumlhle zumindest wenn es sich um Fundmaterial von der Jungsteinzeit bis in die Eisenzeit handelt

4

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1ishy

Ritual- Opfer - Totenkult

Fuumlr spaumltere Zeiten hingegen wird eine Vielfalt an Deutungen in Erwaumlgung gezogen von denen einige hier genaill1t seien Houmlhlen koumlill1en als Bestattungsshyplaumltze Kirchen und Kloumlster5

als Wohnstaumltten und als Verstecke in Kriegszeiten dienen als Unterkunft fur Gesetzlose Auszligenseiter Handwerker Heilkundige Einsiedler und Arme sie koumlill1en zur Vorratshaltung und als Kuumlhlschrank zur Abfall- Kadaver- und Leishychenbeseitigung genutzt werden alles Moumlglichkeiten die fur vorgeschichtliche Zeiten offenbar zu profan erscheinen um ernsthaft erwogen zu werden

Ein Beispiel dafuumlr ist die Kleine Jettenhoumlhle im Harz in der die groszligteils durch Raubgraumlber zerstoumlrten Befunde und Funde der Latimezeit an Siedlungsreste erinnern Sie werden deill10ch als Opfergaben bzw Reste von entsprechenden Zeremonien bezeichnet da aufgrund des beschwerlichen Zugangs des feuchten Houmlhlenklimas und des schlechten Rauchabzugs eine regulaumlre Wohnnutzung mit dem Betrieb einer Feuershystelle unwahrscheinlich sei (F1indtlLeiber 1998 30f) Die naheliegende Moumlglichkeit der gelegentlichen Nutzung in Zeiten der Gefahr in denen ein angenehshymes Umfeld kaum eine Rolle gespielt haben duumlrfte wurde hingegen nicht in Erwaumlgung gezogen

Analyse der Befunde aus Houmlhlen

Die Vorstellung von Opfern war bei Untersushychungen in Houmlhlen von Anfang an praumlsent wenn auch nicht beherrschend So wurden die 1908 entshydeckten und in das Mesolithikum datierten Kopfbeshystattungen in der Groszligen Ofnet-Houmlhle in Bayem (Abb l) zwar vom Ausgraumlber RR Sdunidt (1912 37) als Bestattungen bezeichnet nicht aber von andeshyren Forschern die schnell den Gedanken an Menshyschenopfer und Massaker in die Diskussion brachten Alters- und Geschlechtszusammensetzung sprechen jedoch eindeutig fur eine Bestattungspopulation (Peshyter-Roumlcher 2002) (Abb 2) Ein weiteres Beispiel ist die erstmals Ende des 19 Jahrhunderts untersuchte Rothesteinhoumlhle im Ith (Harz) Die hier angetroffenen menschlichen Skelettreste wurden trotz fehlender Spuren an den Knochen als Opfer k3ill1ibalischer Mahlzeiten bezeichnet eine zu dieser Zeit und teilshyweise bis heute populaumlre Interpretation Sie erfolgte mit der Begruumlndung daszlig keineswegs die aumluszligerste Ausnutzung der Markknochen vorauszusetzen sei da es sich um die Vollziehung eines religioumlsen Aktes handele (Nehring 1884 [93]) womit das Fehlen von Spuren eine fur den damaligen Bearbeiter offenbar befriedigende Erklaumlrung fand Das Material ist weitshygehend verschollen die anthropologische Untersushychung der menschlichen Reste spaumlterer Grabungen ergab eine Altersverteilung die auch auf einem Friedhof zu erwarten gewesen waumlre (M Schultz in

5 Vgl zB Benz 1954 FlindtILeiber 1998 33ff zur Steinkircbe bei Scharzfeld im Harz

Geschwinde 1988 129) Als Opferstaumltte gilt die Houmlhshyle deill1och entweder der fruumlhen Bronze- oder auch der Eisenzeit6

Drei Untersuchungen haben maszliggeblich dazu beigetragen Houmlhlen nahezu ausschlieszliglich als Opfershybzw Kultstaumltten zu sehen und diese Interpretation in der Forschung dauerhaft zu etablieren die in der Jungfernhoumlhle bei Tiefenellem nahe Bamberg (Kunshykel 1955) die im Dietersbergschacht bei Egloffstein auf der Fraumlnkischen Alb (Er 1953) und die im Kyffshyhaumluser bei Bad Frankenhausen im Harz Auf die von G Behm-Blancke (1956 1958) phantasievoll beshyschriebenen blutigen Opferrituale und kaill1ibalischen Festrnaumlhler der Bronze- und Eisenzeit im Kyffhaumluser wird zwar zu Vergleichszwecken gerne zuruumlckgegrifshyfen mangels wissenschaftlicher Veroumlffentlichung der Grabungsergebnisse lassen sich Befunde und Funde jedoch nicht beurteilen Die genannten Untersuchunshygen dienten als Vorbilder um einerseits aumlltere Befunshyde neu zu deuten so beispielsweise diejenigen aus der B)Ci skala-Houmlhle in Maumlhren oder der sogenaill1shyten Knochenhoumlhle im istrischen Karst und anderershyseits Neufunde entsprechend zu veroumlffentlichen

Kleebergschacht Ein prominentes Beispiel fur einen solchen Neushy

fund ist der Kleebergschacht auf der Fraumlnkischen Alb (Leja 1987) in dem sich ein in die Urnenfelderzeit datiertes Skelett fand das als Menschenopfer gesehen vmrde und so in die Literatur einging Da es sich hierbei um einen Einzelfall handelt und zudem um einen gestoumlrten Befund weil Houmlhlenforscher bereits ohne Dokumentation einen Teil der Funde darunter Schaumldelteile geborgen hatten muszlig jedoch jede Intershypretation zweifelhaft bleiben Ergraben und dokushymentiert werden kOill1ten vom Skelett eines als maumlill1shylich bestimmten Individuums die Oberschenkel das Becken und einige Wirbel ferner ein Geweihhammer und eine Silexpfeilspitze (Abb 3) Es fanden sich keine Spuren an den Knochen deill10ch wird eine Zerlegung angenonunen Einige Schaumldelteile wiesen innen auszligen und an den Bruchraumlndern Brandspuren auf der Torso zeigte Kleintierverbiszlig Weiterhin fanshyden sich der Schaumldel ein Teil des Brustkorbes und die Vorderbeine eines Hundes besonders der Schaumldel wies leichte Verwitterungsspuren auf so daszlig er eine gewisse Zeit an der Oberflaumlche gelegen haben koumlnnshyte Aufgrund der Brandspuren ist davon auszugehen daszlig der Tierkadaver auf eine noch schwelende Glut gelegt oder geworfen wurde (K-H Rieder in ebd 57 58) Die Schaumldel von Hund und Mensch erscheishynen zertruumlmmert Ein Mann koumlnnte also zusanunen mit seinem Hund in der Naumlhe der Houmlhle erschlagen auf einer Feuerstelle liegengelassen oder zusaumltzlich noch gefleddert und unbestinunte Zeit spaumlter im Schacht bestattet bzw beseitigt worden sein Im Licht

6 Geschwinde 1988 125f Zur Deutung al s Bestattungsplatz vgJ Peter-Roumlcher 1994 74ff

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------

Heidi Peter-Roumlcher

4-shy ~liom--+

~ ~ J

1 ~

Abb 1 Groszlige Ofnet-Houmlhle schematisches Querproftl mit den Kopfbestattungen (nach Schmidt 1912 Textfig 6)

Angaben in absoluten Zahlen (n = 34)

~------------------------------------------------------------~

o I =-==--- ~ infans I infansII juvenil fruumlhadult spaumltadult matur-senil

20

15

10

5

Abb 2 Groszlige Ofnet-Houmlhle Alterszusammensetzung (nach Orschiedt 1999 138)

des Befundes soweit noch beurteilbar eine plausible Deutung denn auch fuumlr vorgeschichtliche Zeiten ist ntit profanen Vorkorrunnissen zu rechnen die ihre Spuren hinterlassen kOumllmen

Jungfernhoumlhle Besser zu beurteilen sind die in die Linienbandkerashymik datierbaren und mit qualitaumltvollen Beigaben ausgestatteten Skelettreste aus der JungfemhoumlWe bei Tiefenellern Die bereits auf der Grundlage der inshyformationen in der Publikation von O Kunkel vorgeshynommene Deutung als Sekundaumlrbestattungen (PetershyRoumlcher 1994 99ff) konnte durch die erneute Untershy

suchung des Skelettmaterials durch J Orschiedt (1999 175ff) bestaumltigt werden Bei der Jungfemhoumlhshyle handelt es sich denmach um einen Bestattungsshyplatz

Dietersbergschacht J R Er (1953 275) lehnte fuumlr die menschlichen Skelettreste aus dem im Jahr 1928 von ihm untershysuchten Dietersbergschacht eine Deutung als regulaumlre Bestattungen ab weil die Aufuahme der Schachthoumlhshylenbestattung einen voumllligen Wandel der Anschauunshygen uumlber Tod und Jenseits zur Voraussetzung haumltte und eine Spaltung der religioumlsen Grundanschaustelshy

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Ritual - Opfer - Totenkult

Abb 3 Kleebergschacht Lage der Skelettreste (I) des Geweihhammers (2) der Holzkohle und des gestoumlrten Bereichs ohne Maszligstab (nach Leja 1987)

lungen angenommen werden muumlszligte da viele gleichshyzeitige regulaumlre Bestattungen in der Umgebung der Schachthoumlhlen existierten Vor allem aber betonte er die bedeutungsvolle Eigenart der Fundstaumltte selbst die ihn an einen Opferplatz denken lieszlig Eingebracht wurden mit Beigaben (Schmuck Perlen eine Lanshyzenspitze eine Schale7

) versehene Erwachsene Jushygendliche Kinder Kleinkinder und Foumlten und zwar als ganze Leichen Diese Details fanden nicht immer Beachtung ist doch zuweilen aufgrund des nicht vollstaumlndig erhaltenen Skelettmaterials von einer Zerstuumlckelung der Opfer und dem Einbringen von Leichenteilen die Rede (RieckhofflBiel 2001 195) Eine derartige sprachliche Verdeutlichung des Opfershygedankens findet sich nicht selten beispielsweise im Fall der Jungfernhoumlhle wo trotz fehlender Spuren von Toumltung und Zerstuumlckelung gesprochen wurde ebenso im Fall der Esperhoumlhle bei Leutzdorf wo sich Einwirkungen stumpfer Gewalt an einigen Schaumldeln die beim Einwerfen der Toten in den Schacht entshystanden sein koumlnnen zu Hiebverletzungen umgewanshydelt fmden (AbeIs in ebd 350)

Die spaumlthallstatt-fruumlhlatenezeitlichen Funde aus dem Dietersbergschacht wurden kuumlrzlich durch N Baum (1999) neu vorgelegt und mit guten Gruumlnden als Bestattungen interpretiert Er konnte wahrscheinshylich machen daszlig die heutige luumlckenhafte Zusammenshysetzung des Skelettmaterials vorwiegend auf eine bewuszligte Auswahl des Ausgraumlbers zuruumlckzufuumlhren ist der sich auf die fuumlr die Auswertung wichtigen Knoshychen konzentrierte Die demographische Zusammenshy

7 VgL Baum 1999 Abb 5-6

setzung entspricht einer normalen Friedhofspopulatishyon (Abb 4) Damit entfaumlllt auch hier die interpretatishyon als Opfer (vgl ebenso bereits Peter-Roumlcher 1994 43)

Esperhoumlhle Ahnlieh luumlckenhaft zusammengesetzt ist das Mashy

terial einer weiteren Grabung von IR Erl die er in der bereits erwaumllUlten Esperhoumlhle bei Leutzdorf durchgefiihrt hatte und deren Ergebnisse erst kuumlrzlich aus den noch vorhandenen Unterlagen und Funden zusammengestellt und als Nachweis von Opfern interpretiert wurden (GrafiRivera 1996 Schroumlter 1996) Da sich an den Knochen keine Schnitt- oder Hackspuren fanden die urspruumlngliche Zusammensetshyzung des Skelettrnaterials unbekannt ist und Erl vershymutlich bereits selbst eine gewisse Auswahl getrofshyfen hat erscheint die Annahme der Bearbeiter daszlig nur Teile von Mensch und Tier in den Schacht geshyworfen wurden jedoch wenig uumlberzeugend Auffaumlllig ist dagegen die Altersstruktur denn fuumlnf der acht als maumlnnlich bestinunten Individuen wiesen matures Alter auf ein im Vergleich mit Graumlberfeldern ungeshywoumlhnlich hoher Anteil Ferner konnten zwei Frauen zwei weitere Erwachsene zwei Jugendliche und drei Kinder bestimmt werden Da Erl zudem haumlufig Reste von Kleinkindern und Foumlten erwaumlhnte liegt der Geshydanke an Seuchen Epidemien oder Hungersnoumlte nahe in deren Folge zuerst die wenig Widerstandsfaumlshyhigen sterben vor allem Kinder und alte Menschen aber auch Schwangere Angesichts der luumlckenhaften Uumlberlieferung bleibt eine solche Uumlberlegung jedoch

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Heidi Peter-Roumlcher

Angaben in Prozent (n = 43)

30 ~

25 -20

rshy15

I10 r-rshy -5 no

fetal infans I infans II juvenil fiiihaduJt spaumltadult fruumlhmatur

Abb 4 Dietersbergschacht Alterszusammensetzung (nach Baum 1999 94f)

spekulativ Weniger auffaumlllig ist der houmlhere Anteil an Maumlrm ern der sich auch in Friedhoumlfen zuweilen beshymerkbar macht (ausfuumlhrlicher zur EsperhoumlhJe PetershyRoumlcher 1998 24ff) Die Toten waren wie im Dieshytersbergschacht nur mit am Koumlrper getragenem Schmuck ausgestattet nicht mit Fibeln Nadeln oder Guumlrtelbestandteilen weshalb es sich um Opfer nicht um Bestattungen handeln soll Ein Vergleich mit Graumlberfeldern zeigt aber daszlig eine solche Ausstattung keineswegs als ungewoumlhnlich anzusehen ist (ebd 26 Baum 1999 104) Auch im Fall der Esperhoumlhle hanshydelt es sich also um einen Bestattungs- nicht um einen Opferplatz Festzuhalten bleibt nur daszlig die Oberschicht in diesem Gebiet offensichtlich andere Bestattungsplaumltze bevorzugte

ByCi skala-Houmlhle Im maumlluischen Karst zeigt sich ein anderes Bild

Hier nutzte nach Ausweis der Funde und Befunde gerade die reiche Oberschicht eine Houmlhle die ByCi skala- oder StierfelshoumlhJe als Bestattungsplatz Wld Heiligtum (Peter-Roumlcher 1998) Die Ausgrabungen fanden bereits in den Jahren 1869 und 1872 statt und die Informationen uumlber die Ergebnisse sind duumlrftig Der Ausgraumlber H Wanke I (1882) sah eine Haumluptshylingsbestattung mit Menschenopfern andere eine Gruft fuumlr Kollektivbestattungen (Angel i 1970) einen Unfallort (Nekvasi IPodborsk)l 1991 3Off ) oder einen Opferplatz (BergIRolleSeemarm 1981 ParzinshygerlNekvasilBarth 1995) Um einen solchen duumlrfte es sich zweifellos auch gehandelt haben da im Rahmen von Totenritualen und Ahnenverelmmg Opfer dargeshybracht wurden die sich auf Graumlberfeldern nicht imshymer nachweisen lassen Ansonsten spricht jedoch nichts gegen einen Bestattungsplatz Im Gegenteil sind gleichzeitige Graumlber herkoumlmmlicher Art also Grabhuumlgel oder Flachgraumlber die der vergleichbar ausgestatteten reichen Oberschicht im Westen zu gleichen Zwecken dienten aus Suumldmaumlhren kaum bekarmt

Durezza-Schachthoumlhle Sehr wichtig fuumlr die Frage nach der Funktion von

Houmlhlen sind modem untersuchte weitgehend ungeshystoumlrte Fundstellen Eine solche ist die 198990 entshydeckte Durezza-Schachthoumlhle am Tscheltschnigkogel bei Warmbad Villach in Kaumlrnten (Jahrbuch Villach 1997 mit Rezension Peter-Roumlcher) Hier fanden sich die Uumlberreste von mindestens 138 menschlichen Skeletten neben Tierknochen und Trachtbestandteishylen die sich uumlberwiegend in die spaumlte Hallstattzeit (Ha D2 - Lt A1B1) datieren lassen Bedauerlichershyweise waren vor Beginn der wissenschaftlichen Doshykumentation im Sommer 1996 bereits ca zwei Drittel der Befunde und Funde bzw des Schuttkegels durch Mitglieder des Landesvereins fuumlr Houmlhlenkunde unshysachgemaumlszlig untersucht oder besser entfernt worden etwa ein Drittel wurde aber noch ungestoumlrt angetrofshyfen und entsprechend ausgegraben Auch ein Teil des alten Aushubs kormte gesichtet und gesiebt werden Interessant dabei war vor allem daszlig die Houmlhlenforshyscher vornehmlich groszlige und auffaumlllige Knochen gesammelt hatten waumlhrend kleinere und fragmentiershyte im Abraum verblieben (Galik in Jahrbuch Villach 1997 19f) Dieser Umstand ist generell aufschluszligshyreich hinsichtlich der Beurteilung von Fundbergunshygen aus Houmlhlen derm aus einer vermeintlichen Doshyminanz von Schaumldel- und Langknochen wird nicht selten auf Zerstuumlckelung geschlossen Daszlig ein solcher Schluszlig unzulaumlssig ist zeigt dieses Beispiel in aller Deutlichkeit ebenso wie schon das von lR Erl anshygewandte Auswahlverfahren das aufgrund der Zushysammensetzung des noch erhaltenen Skelettmaterials auch von H Wankel in der Stierfelshoumlhle praktiziert worden sein koumlrmte

Die anthropologische Untersuchung ergab eine Mindestindividuenzahl von 138 bestatteten Personen in einer demographischen Zusammensetzung die einem ganz normalen Friedhof entspricht (Abb 5) Die Bearbeiter bezeichneten die Fundsituation als

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Ritual - Opfer - Totenkult

karneraumllmlich wobei die Knochen nicht wie in Beinshyhaumlusern sorgfaltig geschichtet sondern durchmischt und vielfach auch zerbrochen waren Dies ist der fiir eine Schachthoumlhle zu erwartende Befund da die Toten uumlber einen laumlngeren Zeitraum dw-ch den wie ein Trichter wirkenden Einwurfspalt (Doline) in die Houmlhle kamen und so immer wieder die bereits darin befmdlichen stoumlrten Hinzu kamen vermutlich Bergshystuumlrze Wassereinbruumlche und Steinschlaumlge (S Fabrishyzii-ReuerfE Reuer in Jahrbuch Villach 1997 125ff)

Die Analyse der Tierknochen zeigte das lTberwieshygen von Haustieren Neben Knochen von Pferden und SchafenZiegen lieszligen sich Rind und Schwein nachshyweisen vor allem aber mindestens 45 meist adulte Hunde zahlenmaumlszligig eine interessante Uumlbereinstimshymung mit den 41 als maumlnnlich bestimmten erwachseshynen Bestatteten Die Tiere scheinen ganz wie beishyspielsweise ein Rind oder in groumlszligeren Teilen eingeshybracht worden zu sein und duumlrften sowohl Beigaben als auch Opfer repraumlsentieren wofiir insbesondere das gleiche Sterbealter der infantilen Tiere einige der SchafeZiegen Pferde und Schweine im MaiJuni spricht (A Galik in Jahrbuch Villach 1997 87ff) Dabei koumlnnte beispielsweise an Feiern fur die Vershystorbenen bzw Ahnen gedacht werden die mehr oder weniger regelmaumlszligig aber immer zu einer bestinunten Jahreszeit abgehalten wurden

Eine bronzene Kalmfibel mit Armbrustkonstruktishyon eine ostalpine Tierkopffibel ein gewissermaszligen in situ an Unterarmknochen befindlicher Spiralarmshyreif drei Fingerringe elf bandfoumlrmige Haarringe aus Bronzeblech zwei Spiralringe und drei Glasperlen davon eine an einem Bronzekettchen repraumlsentieren neben einigen Webgewicht- und Keramikfragmenten den noch vorhandenen Fundbestand Laut P Gleirshyscher (in Jahrbuch Villach 1997 31ff mit Abb 213ff) lassen sich die Trachtbestandteile auf zwei bis drei Frauengarnitw-en aufteilen woraus er folgerte daszlig die Toten nicht wie bei Bestattungen uumlblich in wer Tracht sondern in Tuumlcher gehuumlllt oder nackt in den Schacht geworfen wurden Die ostalpine Tiershykopffibel gehoumlrt jedoch im allgemeinen zur Maumlnnershytracht und der anthropologischen Untersuchung zufolge konnten an den Knochen aus allen Schichten in gleichmaumlszligiger Verteilung GruumlnverHirbungen beoshybachtet werden so daszlig ein Teil der w-spruumlnglich vorhandenen Trachtausstattung offenbar fehlt Naumlher eingrenzen laumlszligt sich der Verlust nicht da keine Knoshychen- bzw Individuenanzahl genannt ist Ob mit einem derartigen Verlust in Houmlhlen zu rechnen ist oder sich hier die grobe Vorgehensweise der Houmlhlenshyforscher bemerkbar macht auch wenn das von ilmen geborgene Material darunter die Trachtbestandteile fuumlr die Auswertung zur Verfugung stand oder sich noch Funde in dem zur Verfullung der Doline benutzshyten Aushub nach Einbringung eines verschlieszligbaren Kunststoffrohres im Jahr 1991 befmden laumlszligt sich anband der Publikation nicht entscheiden

Bisher wurde fur die Durezza-Houmlhle eine Deutung als Opferschacht der als Begraumlbnisschacht vorgezoshygen und zwar mit Bezug auf andere gleichzeitig oder auch zu anderen Zeiten genutzte Houmlhlen wie dem Kleebergschacht dem Dietersbergschacht oder der Esperhoumlhle die bereits Erwaumllmung fanden (P Gleirscher in Jahrbuch Villach 1997 2J3ff Fashybrizii-ReuerGalikiGleirscherlReuer 1998) Funde und Befunde stinunen jedoch am besten mit einer Interpretation als Bestattungen uumlberein und die vershygleichsweise hervorragende Untersuchung der Dushyrezza-Houmlhle kann umgekehrt als Vorbild fur eine uumlberzeugendere Einordnung weiterer Houmlhlen dienen fuumlr die weniger Informationen vorliegen

Knochenhaumlhle Dazu gehoumlrt beispielsweise die bereits erwaumlhnte

Knochenhoumlhle (Okostna jama) bei St KanzishyanSkocjan im istrischen Karst geographisch gesehen der Dw-ezza-Houmlhle sehr viel naumlher als die bayerischen Houmlhlen und heute ebenso wie diese haumlufig als Opfershyhoumlhle in Anspruch genommen Fuumlr 1 Szombatby der die Ausgrabungen im Jahre 1911 leitete und den damit beauftragten Herrn Savini betreute handelte es sich hier jedoch ohne jeden Zweifel um Bestattungen und dies aus guten Gruumlnden Allerdings konnten nwshyeinige Schnitte angelegt werden bevor die Untersushychung aufgrund der immer wieder abrutschenden Scbuttmassen abgebrochen werden muszligte so daszlig nur ein kleiner Einblick in die Sachlage moumlglich war wie Szombathy betonte (1937 173)

Die Fundverhaumlltnisse sind ganz aumlhnlich wie in der Durezza-Houmlhle was aufgrund der schachthoumlhlenartishygen Situation auch nicht verwundert (Abb 6) Die fundfuhrenden Bereiche (Schichten 4 und 5 Abb 7) bestanden aus regellos verteilten Menschen- und Tierknochen Metallgegenstaumlnden Kalksteinschutt und Erde Neun nahezu vollstaumlndig erhaltene Bronzeshylanzenspitzen und sechzehn Fragmente drei Lanzenshyschuhe eine eiserne Lanzenspitze ein eisernes Lapshypenbeil elf Bronzeknoumlpfe ein Bronzesichelfragment eine Bronzespiralrolle Fragmente eines Bronzegefaumlshyszliges und einige Scherben kamen zu seiner Kenntnis wie Szombathy es formulierte (1937 175)

Nach Abbruch der Grabungen uumlbergab Savini noch einige zunaumlchst von ihm einbehaltene Funde angeblich aus einem Grab dessen genaue Position nicht mehr feststellbar war Da auch die zugehoumlrishygen Knochen nicht von einem einzigen Skelett stammten (ebd 184) duumlrfte Savini bei seiner Raubshygrabung eine aumllmJiche Situation angetroffen haben wie sie sich auch sonst zeigte Eine Certosafibel eine Bronzepinzette zwei noch an den Knochen befmdlishyche Fingerringe drei Fragmente eines Armreifs sowie eine zerdruumlckte Bronzesitula mit Inschrift ergaumlnzen den verhaumlltnismaumlszligig reichen Fundbestand der eine Nutzung wohl uumlber die gesamte Hallstattzeit belegt (ebd 176f Fig 187-191)

91

Heidi Peter-Roumlcher

Angaben in absoluten Zahlen (n = 138)

40 35

30 25 20 15 10 5 O~-LmiddotI----~-L____~~

45 ~------------~~--------------~

infans I infansII juvenil adult matur erWltlchsen

[]gesamt

bull davon veiblich

[] davon maumlnnlich

Abb 5 Durezza-Houmlhle Alters- UIld Geschlechtszusa=ensetzung (nach Jahrbuch Villacb 1997 141 Tab 4)

J(

B

s

Abb 6 Knochenhoumlhle GrUIldriszlig- UIld Laumlngsschnittskizze ohne Maszligstab (nach Szombatby 1937)

6 5

5

l

Abb 7 Knochenhoumlhle Profilskizzen der Schnitte c-d (links) UIld g-h Maszligstab 1 100 (nach Szombatby 1937)

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Ritual- Opfer - Totenkult

8emdmiddot Saal

N

HeinfriedshyMille

CJ ArcMoJogischer Teil

Sm

Abb 8 LichtensteinhoumlhJe archaumlologisch relevanter Beshyreich (nach Flindt 2002)

Die geborgenen Menschenknochen teils ganz teils in Bruchstuumlcken umfaszligten 11 Schaumldel 19 Oberarm- 27 Unterannknochen 20 Oberschenkelshyknochen 9 Schienbeine und das sei betont da zuweishylen vom Einbringen von Leichen- oder Skeletteilen die Rede ist8

in entsprechender Anzahl Reste des uumlbrigen Skelettes (Szombathy 1937 180) Es karm daher wohl vom Einbringen ganzer Leichen ausgeshygangen werden Die einwurzeligen Zaumlhne waren zum Teil postmortal ausgefallen wie zu erwarten nicht absichtlich ausgebrochen9

Szombathy (1937 184) zufolge handelte es sich um Maumlnner zwischen 18 und 40 Jahren beim Schaumldel des Savini-Skelettes um einen Mann zwischen 40 und 60 Jahren mit vier vershyheilten Hiebverletzungen Ob bei der Knochenhoumlhle von einem Bestattungsplatz vorwiegend fuumlr Maumlrmer

8 ZB ParzingerlNekvasiJlBarth 1995 195 9 Vgl ebd

oder Krieger gesprochen werden karm laumlszligt sich schwer sagen da nur Ausschnitte bekarmt sind Inteshyressant ist in diesem Zusammenhang jedoch die Anashylyse der Tierknochen die einen hohen Anteil an Rinshydern und Hunden bzw Woumllfen ergaben (Szombathy 1937189 Jahrbuch Villach 1997223) Dies erinnert wiederum an die Durezza-Houmlhle

Fliegenhaumlhle Auf die Funde aus der nahe der Knochenhoumlhle geshy

legenen Fliegenhoumlhle (Musja jama) soll an dieser Stelle nicht naumlher eingegangen werden da das in die spaumlte Bronze-Urnenfelderzeit zu datierende und damit aumlltere Material eine andere Zusammensetzung aufweist und zudem Menschenknochen fehlen J Szombathy (1937 134) wies lediglich auf verstreute Holzkohlerestchen und wenige (wohl kalzinierte) Knochen hin wobei unklar bleibt ob von Mensch oder Tier Aus dieser Angabe auf potentielle Menshyschenopfer zu schlieszligen 10 erscheint gewagt die Intershypretation als Opfer hingegen nicht (vgl Turk 1997 49 TerzanTurk im Druck)

Lichtensteinhaumlhle Eine weitere Houmlhle muszlig jedoch ausfuumlhrlicher Erwaumlhshynung finden und zwar die erst 1980 entdeckte und Mitte der neunziger Jahre archaumlologisch untersuchte Lichtensteinhoumlhle im Harz (zuletzt F1indt 2002) Hier fanden sich in mehreren durch sehr enge Gaumlnge verbundenen Kammern (Abb 8) die Uumlberreste von -nach derzeitigem Forschungsstand - 38 Individuen zusammen mit diversen Beigaben (vor allem Schmuck und Trachtbestandteile aber auch Keramik sowie zwei Bronzepfeilspitzen) die eine Datierung in die Urnenfelderzeit ermoumlglichen und einen Nutshyzungszeitraum von rund 200 Jahren zwischen 1000 und 700 v ehr nahelegen Im sogenannten BerndshySaal in den der heute verschuumlttete ehemalige Zugang muumlndete wurden auszliger mehreren teils uumlbereinandershyliegenden Feuerstellen Nahrungsreste ganze und zerscherbte Gefaszlige verbrannte Feldfruumlchte ua angeshytroffen In den uumlbrigen Kammern fanden sich menschliche Skelettreste samt Beigaben ganz uumlbershywiegend nicht mehr im anatomischen Verband sonshydern beiseite geschoben - auch dies ein Hinweis auf wiederholte Begehungen Vennutlich gegen Ende der Belegungszeit wurde der Bemd-Saal ebenfalls fuumlr Bestatttmgen genutzt Geschlechtsshy und Alterszushysammensetzung weisen keine Besonderheiten auf die hier bestatteten Individuen wurden weder getoumltet noch zerlegt sie waren mit Beigaben versehen und ausweislich der Spuren im Bemd-Saal im Rahmen von angemessenen Totenrirualen in der Houmlhle beigeshysetzt

Funde und Befunde legen also zweifellos eine Deutung der Lichtensteinhoumlhle als Bestattungsplatz nahe Dennoch wurde sie schon kurz nach der

10 Vgl ebd

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Heidi Peter-Roumlcher

Angaben in absoluten Zahlen (n = 23)

7

6

5 IJgesamt

4 - bull davon ~iblich 3 r- odavon maumlnnlich 2

I - o infans I infansll juvenil adult matur-senil

Abb 9 Lichtensteinhoumlhle Alters- und Geschlechtszusamrnensetzung (nach FlindtILeiber 199884 Tab I)

Entdeckung als Opferstaumltte bezeiclmet da es aufshygrund der Enge der Durchgaumlnge unmoumlglich sei Leishychen einzubringen (MaierlLinke 1987 33 ebenso noch FlindtfLeiber 1998 56 77) Als weitere Argushymente dienten ein angeblicher Mangel an Beigaben die kultischen Handlungen im Bernd-Saal und eine vermeintlich ungewoumllmliche Alters- und Geshyschlechtszusammensetzung mit einem Uumlberwiegen von Maumlnnern l - bei naumlherer Betrachtung allerdings nur in den Altersklassen Infans I und II (Abb 9)

Neuerdings wird jedoch wenngleich widershyspruumlchlich und inkonsequent auch die Moumlglichkeit der Deutung als Bestattungsplatz in Erwaumlgung gezoshygen zumindest fuumlr einen Teil der Raumlume und die Schluszligphase der Nutzung (Flindt 2002 13) da die Untersuchung der DNA die zu erwartenden - von den Bearbeitern aber offenbar nicht vermuteten - vershywandtschaftlichen Bindungen der dort niedergelegten Individuen ergeben hat Es wird von einer Groszligfamishylie oder einem Clan ausgegangen Aufgrund des inshyzwischen als reich angesehenen Schmuckinventars und des robusten auf eine gute Ernaumlhrung weisenden Koumlrperbaus soll es sich um Angehoumlrige einer privileshygierten Bevoumllkerungsgruppe handeln die moumlglichershyweise auf der nahegelegenen Pipinsburg ansaumlssig war (ebd)

Die Frage ist jedoch ob sich allein mit dem Arshygument Verwandtschaft die Deutung als Menshyschenopfer ausschlieszligen laumlszligt Wer koumlnnte als Opfer gedient haben wer opferte Wie war die Gesellschaft strukturiert die Menschenopfer darbrachte Vielshyleicht wurden zur Opferbeschaffung Doumlrfer der naumlheren Umgebung uumlberfallen deren Einwohner durch Heiratsbeziehungen eng miteinander verbunshyden waren Auch damit lieszlige sich Verwandtschaft erklaumlren Entscheidend rur eine Interpretation als Bestattungen sind die Funde der Befund und vor

Flindt 1996 1997 FlindtlLeiber 1998 mit Rezension PetershyRoumlcher ferner dies 1998 IOf

allem die demographische Zusammensetzung nicht die Ergebnisse der DNA-Analyse die jedoch rur eine Eroumlrterung der Sozialstruktur der bestattenden Geshymeinschaft ungemein wichtige Erkenntnisse liefert und damit ein neues Forschungsfeld eroumlffnet interesshysant hinsichtlich der Nutzung von Houmlhlen waumlre aber die Untersuchung der Frage ob bestimmte Gemeinshyschaften sei es in der Stein- der Bronze- oder der Eisenzeit jeweils sowohl Graumlberfelder als auch Houmlhshylen oder nur eine der beiden Moumlglichkeiten als Beshystattungsplatz genutzt haben und nach welchen Krishyterien eine solche Wahl erfolgte J2

Dies wuumlrde auch den im Zusammenhang mit Houmlhlen gerne verwendeshyten Begriff Sonderbestattung zu schaumlrfen helfen J3

bull

Ergebnisse

Viele Funde und Befunde aus Houmlhlen sind aufshygrund mangelhafter Dokumentation teilweise verloshyrengegangener Unterlagen und Funde spezifischer Bergungsgewohnheiten der Ausgraumlber fehlender moderner anthropologischer Untersuchungen etc kaum noch beurteilbar Sofern ausreichende informashytionen vorliegen zeigt sich jedoch immer ein Beigashybencharakter der Funde und eine demographische Zusammensetzung die mit der gleichzeitiger Friedshyhoumlfe uumlbereinstimmt oder sie ergaumlnzt Das haumlufig geshygen Bestattungen verwendete Argument des weitgeshyhenden Fehlens anatomischer Zusammenhaumlnge der Skelettreste aus Houmlhlen laumlszligt sich nicht zugunsten der

12 So dachte N Baum (1999 101 ) beispielsweise aufgrund seiner palaumlodontologisch-anthropologischen Untersuchungsergebnisse fuumlr den Dietersbergschacht an eine Gruppe oder einen Familienvershyband von Wald- bzw Wildirnkern Auch Siedlungsbestattungen waumlren hier einzubeziehen IJ Je mehr Houmlhlen als Bestattungsplaumltze erkannt werden desto gewoumlhnlicher erschetnt ein solcher Ort und desto unzutreffender die Definition als Sonderbestattung ein Begriff der ohnehin in der Art wie er oft angewendet wird problematisch wirkt

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Ritual- Opfer - Totenkult

Opferinterpretation verwenden da diese gar nicht zu erwarten sind nicht in Horizontalboumlhlen wenn die Toten lediglich auf den Boden gelegt worden sind und schon gar nicht in Schachthoumlhlen in die die Toshyten eingeworfen wurden Fuumlr die Annahme einer anthropogenen Einwirkung waumlren zumindest Schnittshyspuren notwendig die in der Regel fehlen und bei denen eine Entscheidung zwischen Opfer und Sekunshydaumlrbestattung nur unter Beachtung der Beifunde und der demographischen Zusammensetzung getroffen werden koumlnnte Hinzu kommt in Houmlhlen ein gegenshyuumlber einzelnen Graumlbern moumlglicherweise erweitertes Fundspektrum - Uumlberreste verschiedener Rituale die mit Tod Bestattung Verpflichtungen gegenuumlber Verstorbenen Abwehr Ahnenverehrung Bitten um Beistand etc in Zusammenhang stehen moumlgen Dies kann Tier- oder generell Speiseopfer zerscherbte Gefaszlige Brandreste Steine ferner beispielsweise auch als Votivgaben zu bezeichnende Gegenstaumlnde umfassen um nur einige Moumlglichkeiten zu nennen Wie eingangs dargestellt sind Bestattungsplaumltze zuweilen mehr als nur Deponierungsorte fiir die Toshyten Erinnert sei in diesem Zusammenhang lediglich an christliche Kirchen mit ihren Gruumlften Friedhoumlfen und Beinhaumlusern

Auch die numinose Ergriffenheit die heutige Houmlhlenbesucher zuweilen erfaszligt also die von IR ErI betonte bedeutungsvolle Eigenart der FundsteIlen selbst kann fiir eine Interpretation keine Rolle spieshylen Ob die damaligen Nutzer vergleichbare Empfmshydungen hatten oder nicht wird fiir immer unbekannt bleiben Daszlig Houmlhlen generell oder zumindest Schachthoumlhlen als Zugang zu einer unterirdischen jenseitigen chthonischen Welt aufgefaszligt wurden ist moumlglich mag sich aber von einem Verbringen in die Erde bedeutungs maumlszligig gar nicht unterschieden hashyben Sofern Funde und Befunde keine profane Deushytung nahelegen handelt es sich also sehr wohl um heilige Orte die jedoch im Zusammenhang mit Toshytenritual und Ahnenkult zu sehen sind

Die verbreitete Vorstellung von Opferhoumlhlen in denen zahlreich Maumlnner Frauen und Kinder jeden Alters chthonischen oder Fruchtbarkeitsgoumlttern darshygebracht wurden laumlszligt sich angesichts der Erkenntnisshyse moderner Grabungen und der Analysen aumllterer Untersuchungen kaum mehr aufrechterhalten Eine solche Interpretation muumlszligte im Einzelfall jeweils begruumlndet werden beispielsweise mit relevanten Unterschieden zum gleichzeitigen vermeintlich regushylaumlren Grabbrauch und im Vergleich zu bekannten Opferbraumluchen an anderen Orten

Genannt seien etwa Brandopferplaumltze die ein gaumlnzlich anderes Bild ergeben naumlmlich in der Regel vor allem verbrannte Haustierknochen und Gefaszligresshyte - wo Menschenknochen auftreten wie am Rungger Egg1

weisen Baulichkeiten und Funde auf Bestatshy

14 Gleirscher 1992 und Vortrag im Institut fuumlr Prahistorische AIshychaumlologie der Freien Universitaumlt Berlin im Juni 2000 allgemein zu Brandopferplaumltzen zB Weiss 1997

tungen vielleicht in Verbindung mit einem Heiligtum Jedoch steht die Forschung hier erst am Anfang Im Graben des eingangs genannten Heiligtums von Vix fanden sich diverse Schalen sowie Haustierknochen darunter ein sehr hoher Anteil an Schaumldel- und Kieshyferknochen und zwar von Rind SchafZiege Schwein und Hund Die Funde aus Viereckschanzen lassen sich ebensowenig mit denen aus Houmlhlen vershygleichen Fuumlr Menschenopfer gibt es keine Hinweise insbesondere nicht in den Schaumlchten oder Brunnen lediglich die auch in antiken Quellen genannten Schaumldeltrophaumlen lassen sich zuweilen belegen ferner Einzelknochen die mit den Funden im Oppidum von Manching und anderen Oppida vergleichbar sind und ebenso wie die Schaumldel wohl als Sekundaumlrbestattunshygen oder Trophaumlen gelten koumlnnen l5

An einem Opfershyplatz wie dem Heidentor bei Egesheim auf der Schwaumlbischen Alb fand sich fast ausschlieszliglich Schmuck und zwar uumlberwiegend Fibeln (BaushyerKuhnen 1995) Kurz zusammengefaszligt Auffaumlllige Uumlbereinstimmungen mit dem Fundbestand aus Houmlhshylen sind nicht feststellbar

Auch antike Schriftquellen wenn einmal von eishynem Urteil uumlber ihre Glaubwuumlrdigkeit hinsichtlich der Darbringung von Menschenopfern bei den Kelten abgesehen wird (vgl ZB Whimster 1981 177) lasshysen sich in dieser Hinsicht nicht auswerten derm es ist von heiligen Hainen und Plaumltzen die Rede Ledigshylich Pomponius Mela erwaumlhnt Houmlhlen und zwar im Zusammenhang mit Druiden die die Edelsten des Volkes lange Zeit im Verborgenen unterweisen in einer Houmlhle oder in abgelegenen Bergwaumlldern Dies duumlrfte dazu gedient haben einen urtuumlmlichen Charakshyter des gallischen Priesterwesens zu unterstreichen (Maier 2001 157f)

Immerhin scheint sich das schriftlich uumlberlieferte Geloumlbnis der Kelten nach erfolgreicher Schlacht die Kriegsbeute zu opfern archaumlologisch zu bestaumltigen etwa im zu Beginn bereits erwaumllll1ten Heiligtum von Ribemont-sur-Ancre Daszlig zu dieser Beute auch Geshyfangene oder in der Schlacht Gefallene gehoumlrten die ebenso geopfert wurden ist gut denkbar Am selben Ort scheinen aber offenbar auch die eigenen Krieger im Rahmen komplizierter Rituale bestattet worden zu sein wiederum ein Hinweis darauf daszlig heilige Orte keine eindimensionale Betrachtungsweise verdienen

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Wieland 1999 G Wieland (Hrsg) Keltische Viereckshyschanzen Einem Raumltsel auf der Spur (Darm stadt 1999)

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Page 3: Ritual - Opfer - Totenkult: Zur Kontroverse um die nacheiszeitliche Höhlennutzung, 2003

Ritual - Opfer - Totenkult Zur Kontroverse um die nacheiszeitliche HoumlhJennutzung

Heidi Peter-Roumlcber

Schlagwoumlrter Mitteleuropa Jungsteinzeit Bronzezeit Eisenzeit Houmlhlen menschliche Skelettreste Bestattungen Rituale Opfer Deutungsproblematik

Keywords middle Europe Neolithic Bronze Age Iron Age caves human remains burials rituals sacrifices problems of interpretation

Rituale Opfer heilige Plaumltze

Die Erforschung der religioumlsen Gedankenwelt vershygangener Zeiten ist fuumlr Praumlhistorische Archaumlologen schon seit dem 19 Jahrhundert ein faszinierendes Thema Bei der Interpretation der zur Verfuumlgung stehenden Quellen den Funden und Befunden also stummen Uumlberresten von Handlungen und Ereignisshysen ganz unterschiedlichen Charakters muszligte und muszlig zwangslaumlufig die Gedankenwelt der jeweiligen Forscher eine wichtige Rolle spielen Zeitgeist Modeerscheinungen ErkeIU1tnisse und Theorien anderer Faumlcher persoumlnliche Vorlieben und Erwartunshygen bestinunen bereits das ErkeIU1en von Befunden bzw deren Ansprache viel mehr noch ihre Auswershytung

Glaubensvorstellungen und damit in Zusammenshyhang stehende Rituale lassen sich anhand archaumlologishyscher QueIien nur muumlhsam und indirekt erschlieszligen weIU1 uumlberhaupt materielle Uumlberreste zuruumlckgeblieshyben sind Dabei wird nicht selten von Fakten gesproshychen wo es sich lediglich um Vermutungen handelt

Die Leichtfertigkeit im Umgang mit Begriffen wie Opfer und Kult uumlberrascht immer wieder ebenso die lange Zeit beliebte TreIU1ung von sakral und proshyfan die dazu fiihrte einen - aus welchen Gruumlnden und mit welcher Bedeutung auch inuner - als Kultshystaumltte definierten Fundort ausschlieszliglich mit der Vershyehrung von Goumlttern oder houmlheren Wesen in Verbinshydung zu bringen Diese Annahme schloszlig oftmals andere Funktionen aus etwa Wohnen oder Bestatten und erschwerte andererseits Kriterien fuumlr die Identishyfizierung ritueller Handlungen in Siedlwlgen zu entshywickeln l

Vieles hat sich in dieser Hinsicht inzwischen geshywandelt beispielsweise durch die ErkeIU1tnis daszlig eisenzeitliche Graumlberfelder bzw Grabhuumlgel offenbar nicht nur Bestattungszwecken dienten sondern zushygleich Bestandteil von heiligen oder Kultbezirken waren Genannt seien in diesem Zusammenhang Vix

1 Vgl zu entsprechenden Deponierungen Czyborra 1997 Stapel 1999 allgemein Peter-Roumlcher 1994 32ff 1997a

am Mont Lassois und der Glauberg in Hessen2 Ein

weiteres Beispiel sind spaumltkeltische sogenaIU1te Viershyeckschanzen deren Funktion als Heiligtuumlmer seit den ersten umfangreichen Grabungen in Holzhausen kaum mehr in Zweifel stand die neuen Ergebnissen zufolge jedoch als oder auch als Herrenhoumlfe oder Mittelpunkte von Siedlungskammern gesehen werden kOumlIU1en was die Darbringung von Opfern und damit eine rituelle oder kultische Funktion keineswegs ausschlieszlige

Macht und Herrschaft muumlssen legitimiert werden und sie duumlrften sowohl in der Hallstatt- als auch in der Lat~mezeit sakral begruumlndet oder mit sakralen Funktionen verbunden worden sein wofur neben den reich ausgestatteten sogenannten Fuumlrsten- oder Prunkgraumlbern und Grabhuumlgeln wie dem Magdalenenshyberg die oben erwaumlhnten heiligen Bezirke sprechen die im Zusammenhang mit einem Ahnen- oder Heroshyenkult stehen kOumlIU1ten In der spaumlten Latenezeit [mdet sich diese Legitimierung kaum mehr im Grab ausgeshydruumlckt - lediglich die geographische Naumlhe von Viershyeckschanzen zu aumllteren Grabhuumlgeln auf die verschieshydentlich aufmerksam gemacht wurde kOumlIU1te hier noch eine vielleicht gewuumlnschte Beziehung andeuten Womoumlglich ist unter diesen Gesichtspunkten der Streit um die Fill1ktion von Viereckschanzen uumlbershyfluumlssig da sie sowohl Herrenhoumlfe als auch heilige Bezirke oder Zentren sein koumlnnen Aus dem Gesagten ergibt sich die Moumlglichkeit einer zwanglosen Kombishy

2 Zu Vix ChaumeOlivierlReinhard 1995 ChaumelReinhard 2002 zum Glauberg Hemnann 2002 J Vgl Wieland 1999 RieckhoffIBiel 2001 227ff zu Holzhausen s Schwarz 1962 Bei dem bekarmten sogenannten Kultschacht in der Viereckschanze von Fellbach-Schmiden scheint es sich um einen mit Stallmist aufgefuumlllten Wld somit vergifteten Brurmen zu handeln Auch fuumlr die Schaumlchte von Holzhausen ist eine Deutung als Brurmen anzWlehmen Hohe Phosphatkonzentrationen die auf blutige Opfer wiesen und die Einordnung als Kultschaumlchte rechtshyfertigten sind wohl als Fehlbestimmungen einzustufen Vgl RieckhofflBiel 200 I 228f Andererseits lassen die houmllzernen Plastiken (Goumltter) im Schacht von Fellbach-Schmiden und Rinshyder- und Waffeoopfer in den Viereckschanzeo von Nordheim (ebd 23 3) eine uumlber reine Wohnfunktionen weit hinausgehende Bedeushytung der Anlagen vermuten

Heidi Peter-Raumlcher

nation von Wohnsitz und Opferstaumltte Bestattungsshyplatz und Heiligtum wie dies auch fuumlr franzoumlsische FundsteIlen so etwa Ribemont-sur-Ancre inzwishyschen angenommen wird (Brunaux 1999 ders 2002 Cadoux 1996)

Insbesondere die ethnologische Forschung konnte herausstellen daszlig der Begriff Opfer fuumlr sich genomshymen wenig aussagt denn Opfer sind in der Regel in komplizierte Prozesse eingebunden in Rituale die die Lebenswelt strukturieren und keineswegs nur der Kommunikation mit Goumlttern dienen Erinnert sei an Geburt Initiation Heirat und Tod an Totenerinneshyrungsfeste und Ahnenverehrung an Kriegsvorbereishytungen und Friedensverhandlungen an Siegesfeiern an Gastlichkeit die Pflege von Handels- und Tauschshybeziehungen an jahreszeitliche Feste und an Krisenshybewaumlltigung Goumltter koumlnnen hier einbezogen sein oder auch nicht die Darbringung von Opfern duumlrfte regelhaft Bestandteil verschiedener Rituale gewesen sein Diese erschlieszligen sich dem Archaumlologen uumlber materielle Reste uumlber Bestattungen Opfer Baulichshykeiten und bildliche Darstellungen jedoch nicht von selbst sondern aufgrund analogischer Interpretation

Zur Funktion von Houmlhlen

In manchen Bereichen haben sich bestimmte Inshyterpretationsmuster wie gezeigt werden konnte stark gewandelt in anderen hingegen so verfestigt daszlig sie nahezu unwidersprochen als Tatsachen dargestellt werden und auch neuen Erkenntnissen gegenuumlber resistent erscheinen Dazu gehoumlrt die Identifizierung vieler Houmlhlen als Opferplaumltze die angeblich vom Neolithikum bzw schon vom Mesolithikum bis in die Spaumltlatenezeit der Verehrung chthonischer Gottheiten dienten denen sowohl Menschen als auch Tiere und Sachguumlter dargebracht worden sein sollen4

bull

Tatsaumlchlich setzt sich das aus Houmlhlen stammende Material der genannten Zeiten sofern ausreichend bekannt in der Regel aus Menschen- und Tierknoshychen Schmuck Gefaumlszligen Geraumlten und Waffen in unterschiedlicher Anzahl und Kombination zusamshymen was keineswegs eine Deutung als Opfer implishyziert sondern an Beigaben erinnert und daher eine solche als Bestattung nahelegt zumal haumlufig beide Geschlechter und alle Altersgruppen vertreten sind Bereits RA Maier (1977 29f) wies anlaumlszliglich der Publikation des Fundmaterials aus einer Felsspalte und einer Schachthoumlhle der Fraumlnkischen Alb auf die Analogien zwischen vermeintlichen Opferbraumluchen in Houmlhlen und den jeweiligen Bestattungssitten hin ohne daraus die entsprechenden Konsequenzen zu ziehen 1m allgemeinen werden Bestattungen mit dem

Vgl zB Schauer 198 1 Rind 1996 Bockisch-BraumluerZei tler 1996 Stoll-Tucker 1997 FlindtlLeiber 1998 Kossack 1999 85 132f Graf 2000 Vgl dagegen die kritische wld differenzierte DarstelllU1g bei Bernhard[ 1995 Baum 1999 ferner zB J Biel in RieckhofflBiel 2001 337f

Argument ausgeschlossen daszlig die regulaumlren Bestatshytungen der entsprechenden Zeiten bekannt seien und es sich deshalb nicht um solche handeIn koumlnne was wiederum zirkelschluszligartig jede derartige Moumlglichshykeit der Deutung ausschlieszligt Dabei ist die Kategorie der regulaumlren Bestattung eine apriori defmierte und zwar in Anlehnung an uns vertraut erscheinende Formen im Umgang mit Toten wodurch ein Erkenshynen anderer Fonnen grundsaumltzlich erschwert ershyscheint Nur so laumlszligt sich erklaumlren daszlig etwa der Geshydanke an Sekundaumlrbestattung schwer Eingang in die Forschung fand ebenso die Vorstellung von gleichshyzeitig existierender unterschiedlicher Handhabung der Koumlrper Verstorbener lmd ihrer Deponierung an verschiedenen Plaumltzen beispielsweise sowohl extrashymural als auch innerhalb von Siedlungen Unbewuszligt duumlrfte dabei eine Gleichsetzung der Bestattung mit dem Totenritual zugrunde liegen obwohl uns von jenem nur die geringen AusscIUlitte sichtbar werden die sich im Umfeld der oder direkt bei den Bestatteshyten erhalten haben (vgl Peter-Roumlcher 1997b)

Eine groszlige Rolle spielt vermutlich aber auch die auszligerordentliche Faszinationskraft der Vorstellung von Menschenopfern und der Wunsch solche zu identifizieren Dies geschieht gerne uumlberall dort wo vermeintlich nicht von regulaumlren Bestattungen geshysprochen werden kann also insbesondere im Bereich von Siedlungen von als Heiligtuumlmern definierten Plaumltzen und von Houmlhlen Auch Doppel- und Mehrshyfachbestattungen werden gerne mit Menschenopfern und Totenfolge in Verbindung gebracht obwohl ein Nachweis nur schwer moumlglich ist und diverse andere Deutungen denkbar sind Eine Uumlberpruumlfung der Grundlagen fur diese Vorstellung erfolgte nicht

Nun zeichnen sich gerade Houmlhlen ob im Sauershyland auf der Schwaumlbischen und Fraumlnkischen Alb im maumlhrischen Karst in Kaumlrnten oder im Harz dadurch aus daszlig heutigen Anspruumlchen genuumlgende Grabungen und Dokumentationen weitgehend fehlen Uumlber ihre nacheiszeitliche Nutzung kann daher in der Regel keine fundierte Aussage getroffen werden Charakteshyristisch sind zufallige Aufsammlungen wie etwa die Mitnahme von Schaumldeln oder Bronzeschmuck durch Spaziergaumlnger und zwar interessanterweise sogar aus schwer zugaumlnglichen Schachthoumlhlen wie dem Dieshytersbergschacht (Baum 1999 83) Fundbergungen durch Spelaumlologen ohne archaumlologische Fachkenntshynisse alte Grabungen mit unzureichenden Bergungsshyund Dokumentationsmethoden weitgehend oder teilweise verschollene Sammlungen und Aufzeichshynungen fehlende Publikation von Grabungsergebnisshysen usw Mithin bleibt die urspruumlngliche Zusammenshysetzung des Fundmaterials sowie das zeitliche Vershyhaumlltnis von Menschen- und Tierknoehen zu den andeshyren Funden oft im Dunkel All diese Unzulaumlnglichshykeiten verhindern jedoch nur selten eine Ansprache als Kult- bzw Opferhoumlhle zumindest wenn es sich um Fundmaterial von der Jungsteinzeit bis in die Eisenzeit handelt

4

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1ishy

Ritual- Opfer - Totenkult

Fuumlr spaumltere Zeiten hingegen wird eine Vielfalt an Deutungen in Erwaumlgung gezogen von denen einige hier genaill1t seien Houmlhlen koumlill1en als Bestattungsshyplaumltze Kirchen und Kloumlster5

als Wohnstaumltten und als Verstecke in Kriegszeiten dienen als Unterkunft fur Gesetzlose Auszligenseiter Handwerker Heilkundige Einsiedler und Arme sie koumlill1en zur Vorratshaltung und als Kuumlhlschrank zur Abfall- Kadaver- und Leishychenbeseitigung genutzt werden alles Moumlglichkeiten die fur vorgeschichtliche Zeiten offenbar zu profan erscheinen um ernsthaft erwogen zu werden

Ein Beispiel dafuumlr ist die Kleine Jettenhoumlhle im Harz in der die groszligteils durch Raubgraumlber zerstoumlrten Befunde und Funde der Latimezeit an Siedlungsreste erinnern Sie werden deill10ch als Opfergaben bzw Reste von entsprechenden Zeremonien bezeichnet da aufgrund des beschwerlichen Zugangs des feuchten Houmlhlenklimas und des schlechten Rauchabzugs eine regulaumlre Wohnnutzung mit dem Betrieb einer Feuershystelle unwahrscheinlich sei (F1indtlLeiber 1998 30f) Die naheliegende Moumlglichkeit der gelegentlichen Nutzung in Zeiten der Gefahr in denen ein angenehshymes Umfeld kaum eine Rolle gespielt haben duumlrfte wurde hingegen nicht in Erwaumlgung gezogen

Analyse der Befunde aus Houmlhlen

Die Vorstellung von Opfern war bei Untersushychungen in Houmlhlen von Anfang an praumlsent wenn auch nicht beherrschend So wurden die 1908 entshydeckten und in das Mesolithikum datierten Kopfbeshystattungen in der Groszligen Ofnet-Houmlhle in Bayem (Abb l) zwar vom Ausgraumlber RR Sdunidt (1912 37) als Bestattungen bezeichnet nicht aber von andeshyren Forschern die schnell den Gedanken an Menshyschenopfer und Massaker in die Diskussion brachten Alters- und Geschlechtszusammensetzung sprechen jedoch eindeutig fur eine Bestattungspopulation (Peshyter-Roumlcher 2002) (Abb 2) Ein weiteres Beispiel ist die erstmals Ende des 19 Jahrhunderts untersuchte Rothesteinhoumlhle im Ith (Harz) Die hier angetroffenen menschlichen Skelettreste wurden trotz fehlender Spuren an den Knochen als Opfer k3ill1ibalischer Mahlzeiten bezeichnet eine zu dieser Zeit und teilshyweise bis heute populaumlre Interpretation Sie erfolgte mit der Begruumlndung daszlig keineswegs die aumluszligerste Ausnutzung der Markknochen vorauszusetzen sei da es sich um die Vollziehung eines religioumlsen Aktes handele (Nehring 1884 [93]) womit das Fehlen von Spuren eine fur den damaligen Bearbeiter offenbar befriedigende Erklaumlrung fand Das Material ist weitshygehend verschollen die anthropologische Untersushychung der menschlichen Reste spaumlterer Grabungen ergab eine Altersverteilung die auch auf einem Friedhof zu erwarten gewesen waumlre (M Schultz in

5 Vgl zB Benz 1954 FlindtILeiber 1998 33ff zur Steinkircbe bei Scharzfeld im Harz

Geschwinde 1988 129) Als Opferstaumltte gilt die Houmlhshyle deill1och entweder der fruumlhen Bronze- oder auch der Eisenzeit6

Drei Untersuchungen haben maszliggeblich dazu beigetragen Houmlhlen nahezu ausschlieszliglich als Opfershybzw Kultstaumltten zu sehen und diese Interpretation in der Forschung dauerhaft zu etablieren die in der Jungfernhoumlhle bei Tiefenellem nahe Bamberg (Kunshykel 1955) die im Dietersbergschacht bei Egloffstein auf der Fraumlnkischen Alb (Er 1953) und die im Kyffshyhaumluser bei Bad Frankenhausen im Harz Auf die von G Behm-Blancke (1956 1958) phantasievoll beshyschriebenen blutigen Opferrituale und kaill1ibalischen Festrnaumlhler der Bronze- und Eisenzeit im Kyffhaumluser wird zwar zu Vergleichszwecken gerne zuruumlckgegrifshyfen mangels wissenschaftlicher Veroumlffentlichung der Grabungsergebnisse lassen sich Befunde und Funde jedoch nicht beurteilen Die genannten Untersuchunshygen dienten als Vorbilder um einerseits aumlltere Befunshyde neu zu deuten so beispielsweise diejenigen aus der B)Ci skala-Houmlhle in Maumlhren oder der sogenaill1shyten Knochenhoumlhle im istrischen Karst und anderershyseits Neufunde entsprechend zu veroumlffentlichen

Kleebergschacht Ein prominentes Beispiel fur einen solchen Neushy

fund ist der Kleebergschacht auf der Fraumlnkischen Alb (Leja 1987) in dem sich ein in die Urnenfelderzeit datiertes Skelett fand das als Menschenopfer gesehen vmrde und so in die Literatur einging Da es sich hierbei um einen Einzelfall handelt und zudem um einen gestoumlrten Befund weil Houmlhlenforscher bereits ohne Dokumentation einen Teil der Funde darunter Schaumldelteile geborgen hatten muszlig jedoch jede Intershypretation zweifelhaft bleiben Ergraben und dokushymentiert werden kOill1ten vom Skelett eines als maumlill1shylich bestimmten Individuums die Oberschenkel das Becken und einige Wirbel ferner ein Geweihhammer und eine Silexpfeilspitze (Abb 3) Es fanden sich keine Spuren an den Knochen deill10ch wird eine Zerlegung angenonunen Einige Schaumldelteile wiesen innen auszligen und an den Bruchraumlndern Brandspuren auf der Torso zeigte Kleintierverbiszlig Weiterhin fanshyden sich der Schaumldel ein Teil des Brustkorbes und die Vorderbeine eines Hundes besonders der Schaumldel wies leichte Verwitterungsspuren auf so daszlig er eine gewisse Zeit an der Oberflaumlche gelegen haben koumlnnshyte Aufgrund der Brandspuren ist davon auszugehen daszlig der Tierkadaver auf eine noch schwelende Glut gelegt oder geworfen wurde (K-H Rieder in ebd 57 58) Die Schaumldel von Hund und Mensch erscheishynen zertruumlmmert Ein Mann koumlnnte also zusanunen mit seinem Hund in der Naumlhe der Houmlhle erschlagen auf einer Feuerstelle liegengelassen oder zusaumltzlich noch gefleddert und unbestinunte Zeit spaumlter im Schacht bestattet bzw beseitigt worden sein Im Licht

6 Geschwinde 1988 125f Zur Deutung al s Bestattungsplatz vgJ Peter-Roumlcher 1994 74ff

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------

Heidi Peter-Roumlcher

4-shy ~liom--+

~ ~ J

1 ~

Abb 1 Groszlige Ofnet-Houmlhle schematisches Querproftl mit den Kopfbestattungen (nach Schmidt 1912 Textfig 6)

Angaben in absoluten Zahlen (n = 34)

~------------------------------------------------------------~

o I =-==--- ~ infans I infansII juvenil fruumlhadult spaumltadult matur-senil

20

15

10

5

Abb 2 Groszlige Ofnet-Houmlhle Alterszusammensetzung (nach Orschiedt 1999 138)

des Befundes soweit noch beurteilbar eine plausible Deutung denn auch fuumlr vorgeschichtliche Zeiten ist ntit profanen Vorkorrunnissen zu rechnen die ihre Spuren hinterlassen kOumllmen

Jungfernhoumlhle Besser zu beurteilen sind die in die Linienbandkerashymik datierbaren und mit qualitaumltvollen Beigaben ausgestatteten Skelettreste aus der JungfemhoumlWe bei Tiefenellern Die bereits auf der Grundlage der inshyformationen in der Publikation von O Kunkel vorgeshynommene Deutung als Sekundaumlrbestattungen (PetershyRoumlcher 1994 99ff) konnte durch die erneute Untershy

suchung des Skelettmaterials durch J Orschiedt (1999 175ff) bestaumltigt werden Bei der Jungfemhoumlhshyle handelt es sich denmach um einen Bestattungsshyplatz

Dietersbergschacht J R Er (1953 275) lehnte fuumlr die menschlichen Skelettreste aus dem im Jahr 1928 von ihm untershysuchten Dietersbergschacht eine Deutung als regulaumlre Bestattungen ab weil die Aufuahme der Schachthoumlhshylenbestattung einen voumllligen Wandel der Anschauunshygen uumlber Tod und Jenseits zur Voraussetzung haumltte und eine Spaltung der religioumlsen Grundanschaustelshy

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Ritual - Opfer - Totenkult

Abb 3 Kleebergschacht Lage der Skelettreste (I) des Geweihhammers (2) der Holzkohle und des gestoumlrten Bereichs ohne Maszligstab (nach Leja 1987)

lungen angenommen werden muumlszligte da viele gleichshyzeitige regulaumlre Bestattungen in der Umgebung der Schachthoumlhlen existierten Vor allem aber betonte er die bedeutungsvolle Eigenart der Fundstaumltte selbst die ihn an einen Opferplatz denken lieszlig Eingebracht wurden mit Beigaben (Schmuck Perlen eine Lanshyzenspitze eine Schale7

) versehene Erwachsene Jushygendliche Kinder Kleinkinder und Foumlten und zwar als ganze Leichen Diese Details fanden nicht immer Beachtung ist doch zuweilen aufgrund des nicht vollstaumlndig erhaltenen Skelettmaterials von einer Zerstuumlckelung der Opfer und dem Einbringen von Leichenteilen die Rede (RieckhofflBiel 2001 195) Eine derartige sprachliche Verdeutlichung des Opfershygedankens findet sich nicht selten beispielsweise im Fall der Jungfernhoumlhle wo trotz fehlender Spuren von Toumltung und Zerstuumlckelung gesprochen wurde ebenso im Fall der Esperhoumlhle bei Leutzdorf wo sich Einwirkungen stumpfer Gewalt an einigen Schaumldeln die beim Einwerfen der Toten in den Schacht entshystanden sein koumlnnen zu Hiebverletzungen umgewanshydelt fmden (AbeIs in ebd 350)

Die spaumlthallstatt-fruumlhlatenezeitlichen Funde aus dem Dietersbergschacht wurden kuumlrzlich durch N Baum (1999) neu vorgelegt und mit guten Gruumlnden als Bestattungen interpretiert Er konnte wahrscheinshylich machen daszlig die heutige luumlckenhafte Zusammenshysetzung des Skelettmaterials vorwiegend auf eine bewuszligte Auswahl des Ausgraumlbers zuruumlckzufuumlhren ist der sich auf die fuumlr die Auswertung wichtigen Knoshychen konzentrierte Die demographische Zusammenshy

7 VgL Baum 1999 Abb 5-6

setzung entspricht einer normalen Friedhofspopulatishyon (Abb 4) Damit entfaumlllt auch hier die interpretatishyon als Opfer (vgl ebenso bereits Peter-Roumlcher 1994 43)

Esperhoumlhle Ahnlieh luumlckenhaft zusammengesetzt ist das Mashy

terial einer weiteren Grabung von IR Erl die er in der bereits erwaumllUlten Esperhoumlhle bei Leutzdorf durchgefiihrt hatte und deren Ergebnisse erst kuumlrzlich aus den noch vorhandenen Unterlagen und Funden zusammengestellt und als Nachweis von Opfern interpretiert wurden (GrafiRivera 1996 Schroumlter 1996) Da sich an den Knochen keine Schnitt- oder Hackspuren fanden die urspruumlngliche Zusammensetshyzung des Skelettrnaterials unbekannt ist und Erl vershymutlich bereits selbst eine gewisse Auswahl getrofshyfen hat erscheint die Annahme der Bearbeiter daszlig nur Teile von Mensch und Tier in den Schacht geshyworfen wurden jedoch wenig uumlberzeugend Auffaumlllig ist dagegen die Altersstruktur denn fuumlnf der acht als maumlnnlich bestinunten Individuen wiesen matures Alter auf ein im Vergleich mit Graumlberfeldern ungeshywoumlhnlich hoher Anteil Ferner konnten zwei Frauen zwei weitere Erwachsene zwei Jugendliche und drei Kinder bestimmt werden Da Erl zudem haumlufig Reste von Kleinkindern und Foumlten erwaumlhnte liegt der Geshydanke an Seuchen Epidemien oder Hungersnoumlte nahe in deren Folge zuerst die wenig Widerstandsfaumlshyhigen sterben vor allem Kinder und alte Menschen aber auch Schwangere Angesichts der luumlckenhaften Uumlberlieferung bleibt eine solche Uumlberlegung jedoch

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Heidi Peter-Roumlcher

Angaben in Prozent (n = 43)

30 ~

25 -20

rshy15

I10 r-rshy -5 no

fetal infans I infans II juvenil fiiihaduJt spaumltadult fruumlhmatur

Abb 4 Dietersbergschacht Alterszusammensetzung (nach Baum 1999 94f)

spekulativ Weniger auffaumlllig ist der houmlhere Anteil an Maumlrm ern der sich auch in Friedhoumlfen zuweilen beshymerkbar macht (ausfuumlhrlicher zur EsperhoumlhJe PetershyRoumlcher 1998 24ff) Die Toten waren wie im Dieshytersbergschacht nur mit am Koumlrper getragenem Schmuck ausgestattet nicht mit Fibeln Nadeln oder Guumlrtelbestandteilen weshalb es sich um Opfer nicht um Bestattungen handeln soll Ein Vergleich mit Graumlberfeldern zeigt aber daszlig eine solche Ausstattung keineswegs als ungewoumlhnlich anzusehen ist (ebd 26 Baum 1999 104) Auch im Fall der Esperhoumlhle hanshydelt es sich also um einen Bestattungs- nicht um einen Opferplatz Festzuhalten bleibt nur daszlig die Oberschicht in diesem Gebiet offensichtlich andere Bestattungsplaumltze bevorzugte

ByCi skala-Houmlhle Im maumlluischen Karst zeigt sich ein anderes Bild

Hier nutzte nach Ausweis der Funde und Befunde gerade die reiche Oberschicht eine Houmlhle die ByCi skala- oder StierfelshoumlhJe als Bestattungsplatz Wld Heiligtum (Peter-Roumlcher 1998) Die Ausgrabungen fanden bereits in den Jahren 1869 und 1872 statt und die Informationen uumlber die Ergebnisse sind duumlrftig Der Ausgraumlber H Wanke I (1882) sah eine Haumluptshylingsbestattung mit Menschenopfern andere eine Gruft fuumlr Kollektivbestattungen (Angel i 1970) einen Unfallort (Nekvasi IPodborsk)l 1991 3Off ) oder einen Opferplatz (BergIRolleSeemarm 1981 ParzinshygerlNekvasilBarth 1995) Um einen solchen duumlrfte es sich zweifellos auch gehandelt haben da im Rahmen von Totenritualen und Ahnenverelmmg Opfer dargeshybracht wurden die sich auf Graumlberfeldern nicht imshymer nachweisen lassen Ansonsten spricht jedoch nichts gegen einen Bestattungsplatz Im Gegenteil sind gleichzeitige Graumlber herkoumlmmlicher Art also Grabhuumlgel oder Flachgraumlber die der vergleichbar ausgestatteten reichen Oberschicht im Westen zu gleichen Zwecken dienten aus Suumldmaumlhren kaum bekarmt

Durezza-Schachthoumlhle Sehr wichtig fuumlr die Frage nach der Funktion von

Houmlhlen sind modem untersuchte weitgehend ungeshystoumlrte Fundstellen Eine solche ist die 198990 entshydeckte Durezza-Schachthoumlhle am Tscheltschnigkogel bei Warmbad Villach in Kaumlrnten (Jahrbuch Villach 1997 mit Rezension Peter-Roumlcher) Hier fanden sich die Uumlberreste von mindestens 138 menschlichen Skeletten neben Tierknochen und Trachtbestandteishylen die sich uumlberwiegend in die spaumlte Hallstattzeit (Ha D2 - Lt A1B1) datieren lassen Bedauerlichershyweise waren vor Beginn der wissenschaftlichen Doshykumentation im Sommer 1996 bereits ca zwei Drittel der Befunde und Funde bzw des Schuttkegels durch Mitglieder des Landesvereins fuumlr Houmlhlenkunde unshysachgemaumlszlig untersucht oder besser entfernt worden etwa ein Drittel wurde aber noch ungestoumlrt angetrofshyfen und entsprechend ausgegraben Auch ein Teil des alten Aushubs kormte gesichtet und gesiebt werden Interessant dabei war vor allem daszlig die Houmlhlenforshyscher vornehmlich groszlige und auffaumlllige Knochen gesammelt hatten waumlhrend kleinere und fragmentiershyte im Abraum verblieben (Galik in Jahrbuch Villach 1997 19f) Dieser Umstand ist generell aufschluszligshyreich hinsichtlich der Beurteilung von Fundbergunshygen aus Houmlhlen derm aus einer vermeintlichen Doshyminanz von Schaumldel- und Langknochen wird nicht selten auf Zerstuumlckelung geschlossen Daszlig ein solcher Schluszlig unzulaumlssig ist zeigt dieses Beispiel in aller Deutlichkeit ebenso wie schon das von lR Erl anshygewandte Auswahlverfahren das aufgrund der Zushysammensetzung des noch erhaltenen Skelettmaterials auch von H Wankel in der Stierfelshoumlhle praktiziert worden sein koumlrmte

Die anthropologische Untersuchung ergab eine Mindestindividuenzahl von 138 bestatteten Personen in einer demographischen Zusammensetzung die einem ganz normalen Friedhof entspricht (Abb 5) Die Bearbeiter bezeichneten die Fundsituation als

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Ritual - Opfer - Totenkult

karneraumllmlich wobei die Knochen nicht wie in Beinshyhaumlusern sorgfaltig geschichtet sondern durchmischt und vielfach auch zerbrochen waren Dies ist der fiir eine Schachthoumlhle zu erwartende Befund da die Toten uumlber einen laumlngeren Zeitraum dw-ch den wie ein Trichter wirkenden Einwurfspalt (Doline) in die Houmlhle kamen und so immer wieder die bereits darin befmdlichen stoumlrten Hinzu kamen vermutlich Bergshystuumlrze Wassereinbruumlche und Steinschlaumlge (S Fabrishyzii-ReuerfE Reuer in Jahrbuch Villach 1997 125ff)

Die Analyse der Tierknochen zeigte das lTberwieshygen von Haustieren Neben Knochen von Pferden und SchafenZiegen lieszligen sich Rind und Schwein nachshyweisen vor allem aber mindestens 45 meist adulte Hunde zahlenmaumlszligig eine interessante Uumlbereinstimshymung mit den 41 als maumlnnlich bestimmten erwachseshynen Bestatteten Die Tiere scheinen ganz wie beishyspielsweise ein Rind oder in groumlszligeren Teilen eingeshybracht worden zu sein und duumlrften sowohl Beigaben als auch Opfer repraumlsentieren wofiir insbesondere das gleiche Sterbealter der infantilen Tiere einige der SchafeZiegen Pferde und Schweine im MaiJuni spricht (A Galik in Jahrbuch Villach 1997 87ff) Dabei koumlnnte beispielsweise an Feiern fur die Vershystorbenen bzw Ahnen gedacht werden die mehr oder weniger regelmaumlszligig aber immer zu einer bestinunten Jahreszeit abgehalten wurden

Eine bronzene Kalmfibel mit Armbrustkonstruktishyon eine ostalpine Tierkopffibel ein gewissermaszligen in situ an Unterarmknochen befindlicher Spiralarmshyreif drei Fingerringe elf bandfoumlrmige Haarringe aus Bronzeblech zwei Spiralringe und drei Glasperlen davon eine an einem Bronzekettchen repraumlsentieren neben einigen Webgewicht- und Keramikfragmenten den noch vorhandenen Fundbestand Laut P Gleirshyscher (in Jahrbuch Villach 1997 31ff mit Abb 213ff) lassen sich die Trachtbestandteile auf zwei bis drei Frauengarnitw-en aufteilen woraus er folgerte daszlig die Toten nicht wie bei Bestattungen uumlblich in wer Tracht sondern in Tuumlcher gehuumlllt oder nackt in den Schacht geworfen wurden Die ostalpine Tiershykopffibel gehoumlrt jedoch im allgemeinen zur Maumlnnershytracht und der anthropologischen Untersuchung zufolge konnten an den Knochen aus allen Schichten in gleichmaumlszligiger Verteilung GruumlnverHirbungen beoshybachtet werden so daszlig ein Teil der w-spruumlnglich vorhandenen Trachtausstattung offenbar fehlt Naumlher eingrenzen laumlszligt sich der Verlust nicht da keine Knoshychen- bzw Individuenanzahl genannt ist Ob mit einem derartigen Verlust in Houmlhlen zu rechnen ist oder sich hier die grobe Vorgehensweise der Houmlhlenshyforscher bemerkbar macht auch wenn das von ilmen geborgene Material darunter die Trachtbestandteile fuumlr die Auswertung zur Verfugung stand oder sich noch Funde in dem zur Verfullung der Doline benutzshyten Aushub nach Einbringung eines verschlieszligbaren Kunststoffrohres im Jahr 1991 befmden laumlszligt sich anband der Publikation nicht entscheiden

Bisher wurde fur die Durezza-Houmlhle eine Deutung als Opferschacht der als Begraumlbnisschacht vorgezoshygen und zwar mit Bezug auf andere gleichzeitig oder auch zu anderen Zeiten genutzte Houmlhlen wie dem Kleebergschacht dem Dietersbergschacht oder der Esperhoumlhle die bereits Erwaumllmung fanden (P Gleirscher in Jahrbuch Villach 1997 2J3ff Fashybrizii-ReuerGalikiGleirscherlReuer 1998) Funde und Befunde stinunen jedoch am besten mit einer Interpretation als Bestattungen uumlberein und die vershygleichsweise hervorragende Untersuchung der Dushyrezza-Houmlhle kann umgekehrt als Vorbild fur eine uumlberzeugendere Einordnung weiterer Houmlhlen dienen fuumlr die weniger Informationen vorliegen

Knochenhaumlhle Dazu gehoumlrt beispielsweise die bereits erwaumlhnte

Knochenhoumlhle (Okostna jama) bei St KanzishyanSkocjan im istrischen Karst geographisch gesehen der Dw-ezza-Houmlhle sehr viel naumlher als die bayerischen Houmlhlen und heute ebenso wie diese haumlufig als Opfershyhoumlhle in Anspruch genommen Fuumlr 1 Szombatby der die Ausgrabungen im Jahre 1911 leitete und den damit beauftragten Herrn Savini betreute handelte es sich hier jedoch ohne jeden Zweifel um Bestattungen und dies aus guten Gruumlnden Allerdings konnten nwshyeinige Schnitte angelegt werden bevor die Untersushychung aufgrund der immer wieder abrutschenden Scbuttmassen abgebrochen werden muszligte so daszlig nur ein kleiner Einblick in die Sachlage moumlglich war wie Szombathy betonte (1937 173)

Die Fundverhaumlltnisse sind ganz aumlhnlich wie in der Durezza-Houmlhle was aufgrund der schachthoumlhlenartishygen Situation auch nicht verwundert (Abb 6) Die fundfuhrenden Bereiche (Schichten 4 und 5 Abb 7) bestanden aus regellos verteilten Menschen- und Tierknochen Metallgegenstaumlnden Kalksteinschutt und Erde Neun nahezu vollstaumlndig erhaltene Bronzeshylanzenspitzen und sechzehn Fragmente drei Lanzenshyschuhe eine eiserne Lanzenspitze ein eisernes Lapshypenbeil elf Bronzeknoumlpfe ein Bronzesichelfragment eine Bronzespiralrolle Fragmente eines Bronzegefaumlshyszliges und einige Scherben kamen zu seiner Kenntnis wie Szombathy es formulierte (1937 175)

Nach Abbruch der Grabungen uumlbergab Savini noch einige zunaumlchst von ihm einbehaltene Funde angeblich aus einem Grab dessen genaue Position nicht mehr feststellbar war Da auch die zugehoumlrishygen Knochen nicht von einem einzigen Skelett stammten (ebd 184) duumlrfte Savini bei seiner Raubshygrabung eine aumllmJiche Situation angetroffen haben wie sie sich auch sonst zeigte Eine Certosafibel eine Bronzepinzette zwei noch an den Knochen befmdlishyche Fingerringe drei Fragmente eines Armreifs sowie eine zerdruumlckte Bronzesitula mit Inschrift ergaumlnzen den verhaumlltnismaumlszligig reichen Fundbestand der eine Nutzung wohl uumlber die gesamte Hallstattzeit belegt (ebd 176f Fig 187-191)

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Heidi Peter-Roumlcher

Angaben in absoluten Zahlen (n = 138)

40 35

30 25 20 15 10 5 O~-LmiddotI----~-L____~~

45 ~------------~~--------------~

infans I infansII juvenil adult matur erWltlchsen

[]gesamt

bull davon veiblich

[] davon maumlnnlich

Abb 5 Durezza-Houmlhle Alters- UIld Geschlechtszusa=ensetzung (nach Jahrbuch Villacb 1997 141 Tab 4)

J(

B

s

Abb 6 Knochenhoumlhle GrUIldriszlig- UIld Laumlngsschnittskizze ohne Maszligstab (nach Szombatby 1937)

6 5

5

l

Abb 7 Knochenhoumlhle Profilskizzen der Schnitte c-d (links) UIld g-h Maszligstab 1 100 (nach Szombatby 1937)

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Ritual- Opfer - Totenkult

8emdmiddot Saal

N

HeinfriedshyMille

CJ ArcMoJogischer Teil

Sm

Abb 8 LichtensteinhoumlhJe archaumlologisch relevanter Beshyreich (nach Flindt 2002)

Die geborgenen Menschenknochen teils ganz teils in Bruchstuumlcken umfaszligten 11 Schaumldel 19 Oberarm- 27 Unterannknochen 20 Oberschenkelshyknochen 9 Schienbeine und das sei betont da zuweishylen vom Einbringen von Leichen- oder Skeletteilen die Rede ist8

in entsprechender Anzahl Reste des uumlbrigen Skelettes (Szombathy 1937 180) Es karm daher wohl vom Einbringen ganzer Leichen ausgeshygangen werden Die einwurzeligen Zaumlhne waren zum Teil postmortal ausgefallen wie zu erwarten nicht absichtlich ausgebrochen9

Szombathy (1937 184) zufolge handelte es sich um Maumlnner zwischen 18 und 40 Jahren beim Schaumldel des Savini-Skelettes um einen Mann zwischen 40 und 60 Jahren mit vier vershyheilten Hiebverletzungen Ob bei der Knochenhoumlhle von einem Bestattungsplatz vorwiegend fuumlr Maumlrmer

8 ZB ParzingerlNekvasiJlBarth 1995 195 9 Vgl ebd

oder Krieger gesprochen werden karm laumlszligt sich schwer sagen da nur Ausschnitte bekarmt sind Inteshyressant ist in diesem Zusammenhang jedoch die Anashylyse der Tierknochen die einen hohen Anteil an Rinshydern und Hunden bzw Woumllfen ergaben (Szombathy 1937189 Jahrbuch Villach 1997223) Dies erinnert wiederum an die Durezza-Houmlhle

Fliegenhaumlhle Auf die Funde aus der nahe der Knochenhoumlhle geshy

legenen Fliegenhoumlhle (Musja jama) soll an dieser Stelle nicht naumlher eingegangen werden da das in die spaumlte Bronze-Urnenfelderzeit zu datierende und damit aumlltere Material eine andere Zusammensetzung aufweist und zudem Menschenknochen fehlen J Szombathy (1937 134) wies lediglich auf verstreute Holzkohlerestchen und wenige (wohl kalzinierte) Knochen hin wobei unklar bleibt ob von Mensch oder Tier Aus dieser Angabe auf potentielle Menshyschenopfer zu schlieszligen 10 erscheint gewagt die Intershypretation als Opfer hingegen nicht (vgl Turk 1997 49 TerzanTurk im Druck)

Lichtensteinhaumlhle Eine weitere Houmlhle muszlig jedoch ausfuumlhrlicher Erwaumlhshynung finden und zwar die erst 1980 entdeckte und Mitte der neunziger Jahre archaumlologisch untersuchte Lichtensteinhoumlhle im Harz (zuletzt F1indt 2002) Hier fanden sich in mehreren durch sehr enge Gaumlnge verbundenen Kammern (Abb 8) die Uumlberreste von -nach derzeitigem Forschungsstand - 38 Individuen zusammen mit diversen Beigaben (vor allem Schmuck und Trachtbestandteile aber auch Keramik sowie zwei Bronzepfeilspitzen) die eine Datierung in die Urnenfelderzeit ermoumlglichen und einen Nutshyzungszeitraum von rund 200 Jahren zwischen 1000 und 700 v ehr nahelegen Im sogenannten BerndshySaal in den der heute verschuumlttete ehemalige Zugang muumlndete wurden auszliger mehreren teils uumlbereinandershyliegenden Feuerstellen Nahrungsreste ganze und zerscherbte Gefaszlige verbrannte Feldfruumlchte ua angeshytroffen In den uumlbrigen Kammern fanden sich menschliche Skelettreste samt Beigaben ganz uumlbershywiegend nicht mehr im anatomischen Verband sonshydern beiseite geschoben - auch dies ein Hinweis auf wiederholte Begehungen Vennutlich gegen Ende der Belegungszeit wurde der Bemd-Saal ebenfalls fuumlr Bestatttmgen genutzt Geschlechtsshy und Alterszushysammensetzung weisen keine Besonderheiten auf die hier bestatteten Individuen wurden weder getoumltet noch zerlegt sie waren mit Beigaben versehen und ausweislich der Spuren im Bemd-Saal im Rahmen von angemessenen Totenrirualen in der Houmlhle beigeshysetzt

Funde und Befunde legen also zweifellos eine Deutung der Lichtensteinhoumlhle als Bestattungsplatz nahe Dennoch wurde sie schon kurz nach der

10 Vgl ebd

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Heidi Peter-Roumlcher

Angaben in absoluten Zahlen (n = 23)

7

6

5 IJgesamt

4 - bull davon ~iblich 3 r- odavon maumlnnlich 2

I - o infans I infansll juvenil adult matur-senil

Abb 9 Lichtensteinhoumlhle Alters- und Geschlechtszusamrnensetzung (nach FlindtILeiber 199884 Tab I)

Entdeckung als Opferstaumltte bezeiclmet da es aufshygrund der Enge der Durchgaumlnge unmoumlglich sei Leishychen einzubringen (MaierlLinke 1987 33 ebenso noch FlindtfLeiber 1998 56 77) Als weitere Argushymente dienten ein angeblicher Mangel an Beigaben die kultischen Handlungen im Bernd-Saal und eine vermeintlich ungewoumllmliche Alters- und Geshyschlechtszusammensetzung mit einem Uumlberwiegen von Maumlnnern l - bei naumlherer Betrachtung allerdings nur in den Altersklassen Infans I und II (Abb 9)

Neuerdings wird jedoch wenngleich widershyspruumlchlich und inkonsequent auch die Moumlglichkeit der Deutung als Bestattungsplatz in Erwaumlgung gezoshygen zumindest fuumlr einen Teil der Raumlume und die Schluszligphase der Nutzung (Flindt 2002 13) da die Untersuchung der DNA die zu erwartenden - von den Bearbeitern aber offenbar nicht vermuteten - vershywandtschaftlichen Bindungen der dort niedergelegten Individuen ergeben hat Es wird von einer Groszligfamishylie oder einem Clan ausgegangen Aufgrund des inshyzwischen als reich angesehenen Schmuckinventars und des robusten auf eine gute Ernaumlhrung weisenden Koumlrperbaus soll es sich um Angehoumlrige einer privileshygierten Bevoumllkerungsgruppe handeln die moumlglichershyweise auf der nahegelegenen Pipinsburg ansaumlssig war (ebd)

Die Frage ist jedoch ob sich allein mit dem Arshygument Verwandtschaft die Deutung als Menshyschenopfer ausschlieszligen laumlszligt Wer koumlnnte als Opfer gedient haben wer opferte Wie war die Gesellschaft strukturiert die Menschenopfer darbrachte Vielshyleicht wurden zur Opferbeschaffung Doumlrfer der naumlheren Umgebung uumlberfallen deren Einwohner durch Heiratsbeziehungen eng miteinander verbunshyden waren Auch damit lieszlige sich Verwandtschaft erklaumlren Entscheidend rur eine Interpretation als Bestattungen sind die Funde der Befund und vor

Flindt 1996 1997 FlindtlLeiber 1998 mit Rezension PetershyRoumlcher ferner dies 1998 IOf

allem die demographische Zusammensetzung nicht die Ergebnisse der DNA-Analyse die jedoch rur eine Eroumlrterung der Sozialstruktur der bestattenden Geshymeinschaft ungemein wichtige Erkenntnisse liefert und damit ein neues Forschungsfeld eroumlffnet interesshysant hinsichtlich der Nutzung von Houmlhlen waumlre aber die Untersuchung der Frage ob bestimmte Gemeinshyschaften sei es in der Stein- der Bronze- oder der Eisenzeit jeweils sowohl Graumlberfelder als auch Houmlhshylen oder nur eine der beiden Moumlglichkeiten als Beshystattungsplatz genutzt haben und nach welchen Krishyterien eine solche Wahl erfolgte J2

Dies wuumlrde auch den im Zusammenhang mit Houmlhlen gerne verwendeshyten Begriff Sonderbestattung zu schaumlrfen helfen J3

bull

Ergebnisse

Viele Funde und Befunde aus Houmlhlen sind aufshygrund mangelhafter Dokumentation teilweise verloshyrengegangener Unterlagen und Funde spezifischer Bergungsgewohnheiten der Ausgraumlber fehlender moderner anthropologischer Untersuchungen etc kaum noch beurteilbar Sofern ausreichende informashytionen vorliegen zeigt sich jedoch immer ein Beigashybencharakter der Funde und eine demographische Zusammensetzung die mit der gleichzeitiger Friedshyhoumlfe uumlbereinstimmt oder sie ergaumlnzt Das haumlufig geshygen Bestattungen verwendete Argument des weitgeshyhenden Fehlens anatomischer Zusammenhaumlnge der Skelettreste aus Houmlhlen laumlszligt sich nicht zugunsten der

12 So dachte N Baum (1999 101 ) beispielsweise aufgrund seiner palaumlodontologisch-anthropologischen Untersuchungsergebnisse fuumlr den Dietersbergschacht an eine Gruppe oder einen Familienvershyband von Wald- bzw Wildirnkern Auch Siedlungsbestattungen waumlren hier einzubeziehen IJ Je mehr Houmlhlen als Bestattungsplaumltze erkannt werden desto gewoumlhnlicher erschetnt ein solcher Ort und desto unzutreffender die Definition als Sonderbestattung ein Begriff der ohnehin in der Art wie er oft angewendet wird problematisch wirkt

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Ritual- Opfer - Totenkult

Opferinterpretation verwenden da diese gar nicht zu erwarten sind nicht in Horizontalboumlhlen wenn die Toten lediglich auf den Boden gelegt worden sind und schon gar nicht in Schachthoumlhlen in die die Toshyten eingeworfen wurden Fuumlr die Annahme einer anthropogenen Einwirkung waumlren zumindest Schnittshyspuren notwendig die in der Regel fehlen und bei denen eine Entscheidung zwischen Opfer und Sekunshydaumlrbestattung nur unter Beachtung der Beifunde und der demographischen Zusammensetzung getroffen werden koumlnnte Hinzu kommt in Houmlhlen ein gegenshyuumlber einzelnen Graumlbern moumlglicherweise erweitertes Fundspektrum - Uumlberreste verschiedener Rituale die mit Tod Bestattung Verpflichtungen gegenuumlber Verstorbenen Abwehr Ahnenverehrung Bitten um Beistand etc in Zusammenhang stehen moumlgen Dies kann Tier- oder generell Speiseopfer zerscherbte Gefaszlige Brandreste Steine ferner beispielsweise auch als Votivgaben zu bezeichnende Gegenstaumlnde umfassen um nur einige Moumlglichkeiten zu nennen Wie eingangs dargestellt sind Bestattungsplaumltze zuweilen mehr als nur Deponierungsorte fiir die Toshyten Erinnert sei in diesem Zusammenhang lediglich an christliche Kirchen mit ihren Gruumlften Friedhoumlfen und Beinhaumlusern

Auch die numinose Ergriffenheit die heutige Houmlhlenbesucher zuweilen erfaszligt also die von IR ErI betonte bedeutungsvolle Eigenart der FundsteIlen selbst kann fiir eine Interpretation keine Rolle spieshylen Ob die damaligen Nutzer vergleichbare Empfmshydungen hatten oder nicht wird fiir immer unbekannt bleiben Daszlig Houmlhlen generell oder zumindest Schachthoumlhlen als Zugang zu einer unterirdischen jenseitigen chthonischen Welt aufgefaszligt wurden ist moumlglich mag sich aber von einem Verbringen in die Erde bedeutungs maumlszligig gar nicht unterschieden hashyben Sofern Funde und Befunde keine profane Deushytung nahelegen handelt es sich also sehr wohl um heilige Orte die jedoch im Zusammenhang mit Toshytenritual und Ahnenkult zu sehen sind

Die verbreitete Vorstellung von Opferhoumlhlen in denen zahlreich Maumlnner Frauen und Kinder jeden Alters chthonischen oder Fruchtbarkeitsgoumlttern darshygebracht wurden laumlszligt sich angesichts der Erkenntnisshyse moderner Grabungen und der Analysen aumllterer Untersuchungen kaum mehr aufrechterhalten Eine solche Interpretation muumlszligte im Einzelfall jeweils begruumlndet werden beispielsweise mit relevanten Unterschieden zum gleichzeitigen vermeintlich regushylaumlren Grabbrauch und im Vergleich zu bekannten Opferbraumluchen an anderen Orten

Genannt seien etwa Brandopferplaumltze die ein gaumlnzlich anderes Bild ergeben naumlmlich in der Regel vor allem verbrannte Haustierknochen und Gefaszligresshyte - wo Menschenknochen auftreten wie am Rungger Egg1

weisen Baulichkeiten und Funde auf Bestatshy

14 Gleirscher 1992 und Vortrag im Institut fuumlr Prahistorische AIshychaumlologie der Freien Universitaumlt Berlin im Juni 2000 allgemein zu Brandopferplaumltzen zB Weiss 1997

tungen vielleicht in Verbindung mit einem Heiligtum Jedoch steht die Forschung hier erst am Anfang Im Graben des eingangs genannten Heiligtums von Vix fanden sich diverse Schalen sowie Haustierknochen darunter ein sehr hoher Anteil an Schaumldel- und Kieshyferknochen und zwar von Rind SchafZiege Schwein und Hund Die Funde aus Viereckschanzen lassen sich ebensowenig mit denen aus Houmlhlen vershygleichen Fuumlr Menschenopfer gibt es keine Hinweise insbesondere nicht in den Schaumlchten oder Brunnen lediglich die auch in antiken Quellen genannten Schaumldeltrophaumlen lassen sich zuweilen belegen ferner Einzelknochen die mit den Funden im Oppidum von Manching und anderen Oppida vergleichbar sind und ebenso wie die Schaumldel wohl als Sekundaumlrbestattunshygen oder Trophaumlen gelten koumlnnen l5

An einem Opfershyplatz wie dem Heidentor bei Egesheim auf der Schwaumlbischen Alb fand sich fast ausschlieszliglich Schmuck und zwar uumlberwiegend Fibeln (BaushyerKuhnen 1995) Kurz zusammengefaszligt Auffaumlllige Uumlbereinstimmungen mit dem Fundbestand aus Houmlhshylen sind nicht feststellbar

Auch antike Schriftquellen wenn einmal von eishynem Urteil uumlber ihre Glaubwuumlrdigkeit hinsichtlich der Darbringung von Menschenopfern bei den Kelten abgesehen wird (vgl ZB Whimster 1981 177) lasshysen sich in dieser Hinsicht nicht auswerten derm es ist von heiligen Hainen und Plaumltzen die Rede Ledigshylich Pomponius Mela erwaumlhnt Houmlhlen und zwar im Zusammenhang mit Druiden die die Edelsten des Volkes lange Zeit im Verborgenen unterweisen in einer Houmlhle oder in abgelegenen Bergwaumlldern Dies duumlrfte dazu gedient haben einen urtuumlmlichen Charakshyter des gallischen Priesterwesens zu unterstreichen (Maier 2001 157f)

Immerhin scheint sich das schriftlich uumlberlieferte Geloumlbnis der Kelten nach erfolgreicher Schlacht die Kriegsbeute zu opfern archaumlologisch zu bestaumltigen etwa im zu Beginn bereits erwaumllll1ten Heiligtum von Ribemont-sur-Ancre Daszlig zu dieser Beute auch Geshyfangene oder in der Schlacht Gefallene gehoumlrten die ebenso geopfert wurden ist gut denkbar Am selben Ort scheinen aber offenbar auch die eigenen Krieger im Rahmen komplizierter Rituale bestattet worden zu sein wiederum ein Hinweis darauf daszlig heilige Orte keine eindimensionale Betrachtungsweise verdienen

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Heidi Peter-Raumlcher

nation von Wohnsitz und Opferstaumltte Bestattungsshyplatz und Heiligtum wie dies auch fuumlr franzoumlsische FundsteIlen so etwa Ribemont-sur-Ancre inzwishyschen angenommen wird (Brunaux 1999 ders 2002 Cadoux 1996)

Insbesondere die ethnologische Forschung konnte herausstellen daszlig der Begriff Opfer fuumlr sich genomshymen wenig aussagt denn Opfer sind in der Regel in komplizierte Prozesse eingebunden in Rituale die die Lebenswelt strukturieren und keineswegs nur der Kommunikation mit Goumlttern dienen Erinnert sei an Geburt Initiation Heirat und Tod an Totenerinneshyrungsfeste und Ahnenverehrung an Kriegsvorbereishytungen und Friedensverhandlungen an Siegesfeiern an Gastlichkeit die Pflege von Handels- und Tauschshybeziehungen an jahreszeitliche Feste und an Krisenshybewaumlltigung Goumltter koumlnnen hier einbezogen sein oder auch nicht die Darbringung von Opfern duumlrfte regelhaft Bestandteil verschiedener Rituale gewesen sein Diese erschlieszligen sich dem Archaumlologen uumlber materielle Reste uumlber Bestattungen Opfer Baulichshykeiten und bildliche Darstellungen jedoch nicht von selbst sondern aufgrund analogischer Interpretation

Zur Funktion von Houmlhlen

In manchen Bereichen haben sich bestimmte Inshyterpretationsmuster wie gezeigt werden konnte stark gewandelt in anderen hingegen so verfestigt daszlig sie nahezu unwidersprochen als Tatsachen dargestellt werden und auch neuen Erkenntnissen gegenuumlber resistent erscheinen Dazu gehoumlrt die Identifizierung vieler Houmlhlen als Opferplaumltze die angeblich vom Neolithikum bzw schon vom Mesolithikum bis in die Spaumltlatenezeit der Verehrung chthonischer Gottheiten dienten denen sowohl Menschen als auch Tiere und Sachguumlter dargebracht worden sein sollen4

bull

Tatsaumlchlich setzt sich das aus Houmlhlen stammende Material der genannten Zeiten sofern ausreichend bekannt in der Regel aus Menschen- und Tierknoshychen Schmuck Gefaumlszligen Geraumlten und Waffen in unterschiedlicher Anzahl und Kombination zusamshymen was keineswegs eine Deutung als Opfer implishyziert sondern an Beigaben erinnert und daher eine solche als Bestattung nahelegt zumal haumlufig beide Geschlechter und alle Altersgruppen vertreten sind Bereits RA Maier (1977 29f) wies anlaumlszliglich der Publikation des Fundmaterials aus einer Felsspalte und einer Schachthoumlhle der Fraumlnkischen Alb auf die Analogien zwischen vermeintlichen Opferbraumluchen in Houmlhlen und den jeweiligen Bestattungssitten hin ohne daraus die entsprechenden Konsequenzen zu ziehen 1m allgemeinen werden Bestattungen mit dem

Vgl zB Schauer 198 1 Rind 1996 Bockisch-BraumluerZei tler 1996 Stoll-Tucker 1997 FlindtlLeiber 1998 Kossack 1999 85 132f Graf 2000 Vgl dagegen die kritische wld differenzierte DarstelllU1g bei Bernhard[ 1995 Baum 1999 ferner zB J Biel in RieckhofflBiel 2001 337f

Argument ausgeschlossen daszlig die regulaumlren Bestatshytungen der entsprechenden Zeiten bekannt seien und es sich deshalb nicht um solche handeIn koumlnne was wiederum zirkelschluszligartig jede derartige Moumlglichshykeit der Deutung ausschlieszligt Dabei ist die Kategorie der regulaumlren Bestattung eine apriori defmierte und zwar in Anlehnung an uns vertraut erscheinende Formen im Umgang mit Toten wodurch ein Erkenshynen anderer Fonnen grundsaumltzlich erschwert ershyscheint Nur so laumlszligt sich erklaumlren daszlig etwa der Geshydanke an Sekundaumlrbestattung schwer Eingang in die Forschung fand ebenso die Vorstellung von gleichshyzeitig existierender unterschiedlicher Handhabung der Koumlrper Verstorbener lmd ihrer Deponierung an verschiedenen Plaumltzen beispielsweise sowohl extrashymural als auch innerhalb von Siedlungen Unbewuszligt duumlrfte dabei eine Gleichsetzung der Bestattung mit dem Totenritual zugrunde liegen obwohl uns von jenem nur die geringen AusscIUlitte sichtbar werden die sich im Umfeld der oder direkt bei den Bestatteshyten erhalten haben (vgl Peter-Roumlcher 1997b)

Eine groszlige Rolle spielt vermutlich aber auch die auszligerordentliche Faszinationskraft der Vorstellung von Menschenopfern und der Wunsch solche zu identifizieren Dies geschieht gerne uumlberall dort wo vermeintlich nicht von regulaumlren Bestattungen geshysprochen werden kann also insbesondere im Bereich von Siedlungen von als Heiligtuumlmern definierten Plaumltzen und von Houmlhlen Auch Doppel- und Mehrshyfachbestattungen werden gerne mit Menschenopfern und Totenfolge in Verbindung gebracht obwohl ein Nachweis nur schwer moumlglich ist und diverse andere Deutungen denkbar sind Eine Uumlberpruumlfung der Grundlagen fur diese Vorstellung erfolgte nicht

Nun zeichnen sich gerade Houmlhlen ob im Sauershyland auf der Schwaumlbischen und Fraumlnkischen Alb im maumlhrischen Karst in Kaumlrnten oder im Harz dadurch aus daszlig heutigen Anspruumlchen genuumlgende Grabungen und Dokumentationen weitgehend fehlen Uumlber ihre nacheiszeitliche Nutzung kann daher in der Regel keine fundierte Aussage getroffen werden Charakteshyristisch sind zufallige Aufsammlungen wie etwa die Mitnahme von Schaumldeln oder Bronzeschmuck durch Spaziergaumlnger und zwar interessanterweise sogar aus schwer zugaumlnglichen Schachthoumlhlen wie dem Dieshytersbergschacht (Baum 1999 83) Fundbergungen durch Spelaumlologen ohne archaumlologische Fachkenntshynisse alte Grabungen mit unzureichenden Bergungsshyund Dokumentationsmethoden weitgehend oder teilweise verschollene Sammlungen und Aufzeichshynungen fehlende Publikation von Grabungsergebnisshysen usw Mithin bleibt die urspruumlngliche Zusammenshysetzung des Fundmaterials sowie das zeitliche Vershyhaumlltnis von Menschen- und Tierknoehen zu den andeshyren Funden oft im Dunkel All diese Unzulaumlnglichshykeiten verhindern jedoch nur selten eine Ansprache als Kult- bzw Opferhoumlhle zumindest wenn es sich um Fundmaterial von der Jungsteinzeit bis in die Eisenzeit handelt

4

86

1ishy

Ritual- Opfer - Totenkult

Fuumlr spaumltere Zeiten hingegen wird eine Vielfalt an Deutungen in Erwaumlgung gezogen von denen einige hier genaill1t seien Houmlhlen koumlill1en als Bestattungsshyplaumltze Kirchen und Kloumlster5

als Wohnstaumltten und als Verstecke in Kriegszeiten dienen als Unterkunft fur Gesetzlose Auszligenseiter Handwerker Heilkundige Einsiedler und Arme sie koumlill1en zur Vorratshaltung und als Kuumlhlschrank zur Abfall- Kadaver- und Leishychenbeseitigung genutzt werden alles Moumlglichkeiten die fur vorgeschichtliche Zeiten offenbar zu profan erscheinen um ernsthaft erwogen zu werden

Ein Beispiel dafuumlr ist die Kleine Jettenhoumlhle im Harz in der die groszligteils durch Raubgraumlber zerstoumlrten Befunde und Funde der Latimezeit an Siedlungsreste erinnern Sie werden deill10ch als Opfergaben bzw Reste von entsprechenden Zeremonien bezeichnet da aufgrund des beschwerlichen Zugangs des feuchten Houmlhlenklimas und des schlechten Rauchabzugs eine regulaumlre Wohnnutzung mit dem Betrieb einer Feuershystelle unwahrscheinlich sei (F1indtlLeiber 1998 30f) Die naheliegende Moumlglichkeit der gelegentlichen Nutzung in Zeiten der Gefahr in denen ein angenehshymes Umfeld kaum eine Rolle gespielt haben duumlrfte wurde hingegen nicht in Erwaumlgung gezogen

Analyse der Befunde aus Houmlhlen

Die Vorstellung von Opfern war bei Untersushychungen in Houmlhlen von Anfang an praumlsent wenn auch nicht beherrschend So wurden die 1908 entshydeckten und in das Mesolithikum datierten Kopfbeshystattungen in der Groszligen Ofnet-Houmlhle in Bayem (Abb l) zwar vom Ausgraumlber RR Sdunidt (1912 37) als Bestattungen bezeichnet nicht aber von andeshyren Forschern die schnell den Gedanken an Menshyschenopfer und Massaker in die Diskussion brachten Alters- und Geschlechtszusammensetzung sprechen jedoch eindeutig fur eine Bestattungspopulation (Peshyter-Roumlcher 2002) (Abb 2) Ein weiteres Beispiel ist die erstmals Ende des 19 Jahrhunderts untersuchte Rothesteinhoumlhle im Ith (Harz) Die hier angetroffenen menschlichen Skelettreste wurden trotz fehlender Spuren an den Knochen als Opfer k3ill1ibalischer Mahlzeiten bezeichnet eine zu dieser Zeit und teilshyweise bis heute populaumlre Interpretation Sie erfolgte mit der Begruumlndung daszlig keineswegs die aumluszligerste Ausnutzung der Markknochen vorauszusetzen sei da es sich um die Vollziehung eines religioumlsen Aktes handele (Nehring 1884 [93]) womit das Fehlen von Spuren eine fur den damaligen Bearbeiter offenbar befriedigende Erklaumlrung fand Das Material ist weitshygehend verschollen die anthropologische Untersushychung der menschlichen Reste spaumlterer Grabungen ergab eine Altersverteilung die auch auf einem Friedhof zu erwarten gewesen waumlre (M Schultz in

5 Vgl zB Benz 1954 FlindtILeiber 1998 33ff zur Steinkircbe bei Scharzfeld im Harz

Geschwinde 1988 129) Als Opferstaumltte gilt die Houmlhshyle deill1och entweder der fruumlhen Bronze- oder auch der Eisenzeit6

Drei Untersuchungen haben maszliggeblich dazu beigetragen Houmlhlen nahezu ausschlieszliglich als Opfershybzw Kultstaumltten zu sehen und diese Interpretation in der Forschung dauerhaft zu etablieren die in der Jungfernhoumlhle bei Tiefenellem nahe Bamberg (Kunshykel 1955) die im Dietersbergschacht bei Egloffstein auf der Fraumlnkischen Alb (Er 1953) und die im Kyffshyhaumluser bei Bad Frankenhausen im Harz Auf die von G Behm-Blancke (1956 1958) phantasievoll beshyschriebenen blutigen Opferrituale und kaill1ibalischen Festrnaumlhler der Bronze- und Eisenzeit im Kyffhaumluser wird zwar zu Vergleichszwecken gerne zuruumlckgegrifshyfen mangels wissenschaftlicher Veroumlffentlichung der Grabungsergebnisse lassen sich Befunde und Funde jedoch nicht beurteilen Die genannten Untersuchunshygen dienten als Vorbilder um einerseits aumlltere Befunshyde neu zu deuten so beispielsweise diejenigen aus der B)Ci skala-Houmlhle in Maumlhren oder der sogenaill1shyten Knochenhoumlhle im istrischen Karst und anderershyseits Neufunde entsprechend zu veroumlffentlichen

Kleebergschacht Ein prominentes Beispiel fur einen solchen Neushy

fund ist der Kleebergschacht auf der Fraumlnkischen Alb (Leja 1987) in dem sich ein in die Urnenfelderzeit datiertes Skelett fand das als Menschenopfer gesehen vmrde und so in die Literatur einging Da es sich hierbei um einen Einzelfall handelt und zudem um einen gestoumlrten Befund weil Houmlhlenforscher bereits ohne Dokumentation einen Teil der Funde darunter Schaumldelteile geborgen hatten muszlig jedoch jede Intershypretation zweifelhaft bleiben Ergraben und dokushymentiert werden kOill1ten vom Skelett eines als maumlill1shylich bestimmten Individuums die Oberschenkel das Becken und einige Wirbel ferner ein Geweihhammer und eine Silexpfeilspitze (Abb 3) Es fanden sich keine Spuren an den Knochen deill10ch wird eine Zerlegung angenonunen Einige Schaumldelteile wiesen innen auszligen und an den Bruchraumlndern Brandspuren auf der Torso zeigte Kleintierverbiszlig Weiterhin fanshyden sich der Schaumldel ein Teil des Brustkorbes und die Vorderbeine eines Hundes besonders der Schaumldel wies leichte Verwitterungsspuren auf so daszlig er eine gewisse Zeit an der Oberflaumlche gelegen haben koumlnnshyte Aufgrund der Brandspuren ist davon auszugehen daszlig der Tierkadaver auf eine noch schwelende Glut gelegt oder geworfen wurde (K-H Rieder in ebd 57 58) Die Schaumldel von Hund und Mensch erscheishynen zertruumlmmert Ein Mann koumlnnte also zusanunen mit seinem Hund in der Naumlhe der Houmlhle erschlagen auf einer Feuerstelle liegengelassen oder zusaumltzlich noch gefleddert und unbestinunte Zeit spaumlter im Schacht bestattet bzw beseitigt worden sein Im Licht

6 Geschwinde 1988 125f Zur Deutung al s Bestattungsplatz vgJ Peter-Roumlcher 1994 74ff

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------

Heidi Peter-Roumlcher

4-shy ~liom--+

~ ~ J

1 ~

Abb 1 Groszlige Ofnet-Houmlhle schematisches Querproftl mit den Kopfbestattungen (nach Schmidt 1912 Textfig 6)

Angaben in absoluten Zahlen (n = 34)

~------------------------------------------------------------~

o I =-==--- ~ infans I infansII juvenil fruumlhadult spaumltadult matur-senil

20

15

10

5

Abb 2 Groszlige Ofnet-Houmlhle Alterszusammensetzung (nach Orschiedt 1999 138)

des Befundes soweit noch beurteilbar eine plausible Deutung denn auch fuumlr vorgeschichtliche Zeiten ist ntit profanen Vorkorrunnissen zu rechnen die ihre Spuren hinterlassen kOumllmen

Jungfernhoumlhle Besser zu beurteilen sind die in die Linienbandkerashymik datierbaren und mit qualitaumltvollen Beigaben ausgestatteten Skelettreste aus der JungfemhoumlWe bei Tiefenellern Die bereits auf der Grundlage der inshyformationen in der Publikation von O Kunkel vorgeshynommene Deutung als Sekundaumlrbestattungen (PetershyRoumlcher 1994 99ff) konnte durch die erneute Untershy

suchung des Skelettmaterials durch J Orschiedt (1999 175ff) bestaumltigt werden Bei der Jungfemhoumlhshyle handelt es sich denmach um einen Bestattungsshyplatz

Dietersbergschacht J R Er (1953 275) lehnte fuumlr die menschlichen Skelettreste aus dem im Jahr 1928 von ihm untershysuchten Dietersbergschacht eine Deutung als regulaumlre Bestattungen ab weil die Aufuahme der Schachthoumlhshylenbestattung einen voumllligen Wandel der Anschauunshygen uumlber Tod und Jenseits zur Voraussetzung haumltte und eine Spaltung der religioumlsen Grundanschaustelshy

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Ritual - Opfer - Totenkult

Abb 3 Kleebergschacht Lage der Skelettreste (I) des Geweihhammers (2) der Holzkohle und des gestoumlrten Bereichs ohne Maszligstab (nach Leja 1987)

lungen angenommen werden muumlszligte da viele gleichshyzeitige regulaumlre Bestattungen in der Umgebung der Schachthoumlhlen existierten Vor allem aber betonte er die bedeutungsvolle Eigenart der Fundstaumltte selbst die ihn an einen Opferplatz denken lieszlig Eingebracht wurden mit Beigaben (Schmuck Perlen eine Lanshyzenspitze eine Schale7

) versehene Erwachsene Jushygendliche Kinder Kleinkinder und Foumlten und zwar als ganze Leichen Diese Details fanden nicht immer Beachtung ist doch zuweilen aufgrund des nicht vollstaumlndig erhaltenen Skelettmaterials von einer Zerstuumlckelung der Opfer und dem Einbringen von Leichenteilen die Rede (RieckhofflBiel 2001 195) Eine derartige sprachliche Verdeutlichung des Opfershygedankens findet sich nicht selten beispielsweise im Fall der Jungfernhoumlhle wo trotz fehlender Spuren von Toumltung und Zerstuumlckelung gesprochen wurde ebenso im Fall der Esperhoumlhle bei Leutzdorf wo sich Einwirkungen stumpfer Gewalt an einigen Schaumldeln die beim Einwerfen der Toten in den Schacht entshystanden sein koumlnnen zu Hiebverletzungen umgewanshydelt fmden (AbeIs in ebd 350)

Die spaumlthallstatt-fruumlhlatenezeitlichen Funde aus dem Dietersbergschacht wurden kuumlrzlich durch N Baum (1999) neu vorgelegt und mit guten Gruumlnden als Bestattungen interpretiert Er konnte wahrscheinshylich machen daszlig die heutige luumlckenhafte Zusammenshysetzung des Skelettmaterials vorwiegend auf eine bewuszligte Auswahl des Ausgraumlbers zuruumlckzufuumlhren ist der sich auf die fuumlr die Auswertung wichtigen Knoshychen konzentrierte Die demographische Zusammenshy

7 VgL Baum 1999 Abb 5-6

setzung entspricht einer normalen Friedhofspopulatishyon (Abb 4) Damit entfaumlllt auch hier die interpretatishyon als Opfer (vgl ebenso bereits Peter-Roumlcher 1994 43)

Esperhoumlhle Ahnlieh luumlckenhaft zusammengesetzt ist das Mashy

terial einer weiteren Grabung von IR Erl die er in der bereits erwaumllUlten Esperhoumlhle bei Leutzdorf durchgefiihrt hatte und deren Ergebnisse erst kuumlrzlich aus den noch vorhandenen Unterlagen und Funden zusammengestellt und als Nachweis von Opfern interpretiert wurden (GrafiRivera 1996 Schroumlter 1996) Da sich an den Knochen keine Schnitt- oder Hackspuren fanden die urspruumlngliche Zusammensetshyzung des Skelettrnaterials unbekannt ist und Erl vershymutlich bereits selbst eine gewisse Auswahl getrofshyfen hat erscheint die Annahme der Bearbeiter daszlig nur Teile von Mensch und Tier in den Schacht geshyworfen wurden jedoch wenig uumlberzeugend Auffaumlllig ist dagegen die Altersstruktur denn fuumlnf der acht als maumlnnlich bestinunten Individuen wiesen matures Alter auf ein im Vergleich mit Graumlberfeldern ungeshywoumlhnlich hoher Anteil Ferner konnten zwei Frauen zwei weitere Erwachsene zwei Jugendliche und drei Kinder bestimmt werden Da Erl zudem haumlufig Reste von Kleinkindern und Foumlten erwaumlhnte liegt der Geshydanke an Seuchen Epidemien oder Hungersnoumlte nahe in deren Folge zuerst die wenig Widerstandsfaumlshyhigen sterben vor allem Kinder und alte Menschen aber auch Schwangere Angesichts der luumlckenhaften Uumlberlieferung bleibt eine solche Uumlberlegung jedoch

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Heidi Peter-Roumlcher

Angaben in Prozent (n = 43)

30 ~

25 -20

rshy15

I10 r-rshy -5 no

fetal infans I infans II juvenil fiiihaduJt spaumltadult fruumlhmatur

Abb 4 Dietersbergschacht Alterszusammensetzung (nach Baum 1999 94f)

spekulativ Weniger auffaumlllig ist der houmlhere Anteil an Maumlrm ern der sich auch in Friedhoumlfen zuweilen beshymerkbar macht (ausfuumlhrlicher zur EsperhoumlhJe PetershyRoumlcher 1998 24ff) Die Toten waren wie im Dieshytersbergschacht nur mit am Koumlrper getragenem Schmuck ausgestattet nicht mit Fibeln Nadeln oder Guumlrtelbestandteilen weshalb es sich um Opfer nicht um Bestattungen handeln soll Ein Vergleich mit Graumlberfeldern zeigt aber daszlig eine solche Ausstattung keineswegs als ungewoumlhnlich anzusehen ist (ebd 26 Baum 1999 104) Auch im Fall der Esperhoumlhle hanshydelt es sich also um einen Bestattungs- nicht um einen Opferplatz Festzuhalten bleibt nur daszlig die Oberschicht in diesem Gebiet offensichtlich andere Bestattungsplaumltze bevorzugte

ByCi skala-Houmlhle Im maumlluischen Karst zeigt sich ein anderes Bild

Hier nutzte nach Ausweis der Funde und Befunde gerade die reiche Oberschicht eine Houmlhle die ByCi skala- oder StierfelshoumlhJe als Bestattungsplatz Wld Heiligtum (Peter-Roumlcher 1998) Die Ausgrabungen fanden bereits in den Jahren 1869 und 1872 statt und die Informationen uumlber die Ergebnisse sind duumlrftig Der Ausgraumlber H Wanke I (1882) sah eine Haumluptshylingsbestattung mit Menschenopfern andere eine Gruft fuumlr Kollektivbestattungen (Angel i 1970) einen Unfallort (Nekvasi IPodborsk)l 1991 3Off ) oder einen Opferplatz (BergIRolleSeemarm 1981 ParzinshygerlNekvasilBarth 1995) Um einen solchen duumlrfte es sich zweifellos auch gehandelt haben da im Rahmen von Totenritualen und Ahnenverelmmg Opfer dargeshybracht wurden die sich auf Graumlberfeldern nicht imshymer nachweisen lassen Ansonsten spricht jedoch nichts gegen einen Bestattungsplatz Im Gegenteil sind gleichzeitige Graumlber herkoumlmmlicher Art also Grabhuumlgel oder Flachgraumlber die der vergleichbar ausgestatteten reichen Oberschicht im Westen zu gleichen Zwecken dienten aus Suumldmaumlhren kaum bekarmt

Durezza-Schachthoumlhle Sehr wichtig fuumlr die Frage nach der Funktion von

Houmlhlen sind modem untersuchte weitgehend ungeshystoumlrte Fundstellen Eine solche ist die 198990 entshydeckte Durezza-Schachthoumlhle am Tscheltschnigkogel bei Warmbad Villach in Kaumlrnten (Jahrbuch Villach 1997 mit Rezension Peter-Roumlcher) Hier fanden sich die Uumlberreste von mindestens 138 menschlichen Skeletten neben Tierknochen und Trachtbestandteishylen die sich uumlberwiegend in die spaumlte Hallstattzeit (Ha D2 - Lt A1B1) datieren lassen Bedauerlichershyweise waren vor Beginn der wissenschaftlichen Doshykumentation im Sommer 1996 bereits ca zwei Drittel der Befunde und Funde bzw des Schuttkegels durch Mitglieder des Landesvereins fuumlr Houmlhlenkunde unshysachgemaumlszlig untersucht oder besser entfernt worden etwa ein Drittel wurde aber noch ungestoumlrt angetrofshyfen und entsprechend ausgegraben Auch ein Teil des alten Aushubs kormte gesichtet und gesiebt werden Interessant dabei war vor allem daszlig die Houmlhlenforshyscher vornehmlich groszlige und auffaumlllige Knochen gesammelt hatten waumlhrend kleinere und fragmentiershyte im Abraum verblieben (Galik in Jahrbuch Villach 1997 19f) Dieser Umstand ist generell aufschluszligshyreich hinsichtlich der Beurteilung von Fundbergunshygen aus Houmlhlen derm aus einer vermeintlichen Doshyminanz von Schaumldel- und Langknochen wird nicht selten auf Zerstuumlckelung geschlossen Daszlig ein solcher Schluszlig unzulaumlssig ist zeigt dieses Beispiel in aller Deutlichkeit ebenso wie schon das von lR Erl anshygewandte Auswahlverfahren das aufgrund der Zushysammensetzung des noch erhaltenen Skelettmaterials auch von H Wankel in der Stierfelshoumlhle praktiziert worden sein koumlrmte

Die anthropologische Untersuchung ergab eine Mindestindividuenzahl von 138 bestatteten Personen in einer demographischen Zusammensetzung die einem ganz normalen Friedhof entspricht (Abb 5) Die Bearbeiter bezeichneten die Fundsituation als

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Ritual - Opfer - Totenkult

karneraumllmlich wobei die Knochen nicht wie in Beinshyhaumlusern sorgfaltig geschichtet sondern durchmischt und vielfach auch zerbrochen waren Dies ist der fiir eine Schachthoumlhle zu erwartende Befund da die Toten uumlber einen laumlngeren Zeitraum dw-ch den wie ein Trichter wirkenden Einwurfspalt (Doline) in die Houmlhle kamen und so immer wieder die bereits darin befmdlichen stoumlrten Hinzu kamen vermutlich Bergshystuumlrze Wassereinbruumlche und Steinschlaumlge (S Fabrishyzii-ReuerfE Reuer in Jahrbuch Villach 1997 125ff)

Die Analyse der Tierknochen zeigte das lTberwieshygen von Haustieren Neben Knochen von Pferden und SchafenZiegen lieszligen sich Rind und Schwein nachshyweisen vor allem aber mindestens 45 meist adulte Hunde zahlenmaumlszligig eine interessante Uumlbereinstimshymung mit den 41 als maumlnnlich bestimmten erwachseshynen Bestatteten Die Tiere scheinen ganz wie beishyspielsweise ein Rind oder in groumlszligeren Teilen eingeshybracht worden zu sein und duumlrften sowohl Beigaben als auch Opfer repraumlsentieren wofiir insbesondere das gleiche Sterbealter der infantilen Tiere einige der SchafeZiegen Pferde und Schweine im MaiJuni spricht (A Galik in Jahrbuch Villach 1997 87ff) Dabei koumlnnte beispielsweise an Feiern fur die Vershystorbenen bzw Ahnen gedacht werden die mehr oder weniger regelmaumlszligig aber immer zu einer bestinunten Jahreszeit abgehalten wurden

Eine bronzene Kalmfibel mit Armbrustkonstruktishyon eine ostalpine Tierkopffibel ein gewissermaszligen in situ an Unterarmknochen befindlicher Spiralarmshyreif drei Fingerringe elf bandfoumlrmige Haarringe aus Bronzeblech zwei Spiralringe und drei Glasperlen davon eine an einem Bronzekettchen repraumlsentieren neben einigen Webgewicht- und Keramikfragmenten den noch vorhandenen Fundbestand Laut P Gleirshyscher (in Jahrbuch Villach 1997 31ff mit Abb 213ff) lassen sich die Trachtbestandteile auf zwei bis drei Frauengarnitw-en aufteilen woraus er folgerte daszlig die Toten nicht wie bei Bestattungen uumlblich in wer Tracht sondern in Tuumlcher gehuumlllt oder nackt in den Schacht geworfen wurden Die ostalpine Tiershykopffibel gehoumlrt jedoch im allgemeinen zur Maumlnnershytracht und der anthropologischen Untersuchung zufolge konnten an den Knochen aus allen Schichten in gleichmaumlszligiger Verteilung GruumlnverHirbungen beoshybachtet werden so daszlig ein Teil der w-spruumlnglich vorhandenen Trachtausstattung offenbar fehlt Naumlher eingrenzen laumlszligt sich der Verlust nicht da keine Knoshychen- bzw Individuenanzahl genannt ist Ob mit einem derartigen Verlust in Houmlhlen zu rechnen ist oder sich hier die grobe Vorgehensweise der Houmlhlenshyforscher bemerkbar macht auch wenn das von ilmen geborgene Material darunter die Trachtbestandteile fuumlr die Auswertung zur Verfugung stand oder sich noch Funde in dem zur Verfullung der Doline benutzshyten Aushub nach Einbringung eines verschlieszligbaren Kunststoffrohres im Jahr 1991 befmden laumlszligt sich anband der Publikation nicht entscheiden

Bisher wurde fur die Durezza-Houmlhle eine Deutung als Opferschacht der als Begraumlbnisschacht vorgezoshygen und zwar mit Bezug auf andere gleichzeitig oder auch zu anderen Zeiten genutzte Houmlhlen wie dem Kleebergschacht dem Dietersbergschacht oder der Esperhoumlhle die bereits Erwaumllmung fanden (P Gleirscher in Jahrbuch Villach 1997 2J3ff Fashybrizii-ReuerGalikiGleirscherlReuer 1998) Funde und Befunde stinunen jedoch am besten mit einer Interpretation als Bestattungen uumlberein und die vershygleichsweise hervorragende Untersuchung der Dushyrezza-Houmlhle kann umgekehrt als Vorbild fur eine uumlberzeugendere Einordnung weiterer Houmlhlen dienen fuumlr die weniger Informationen vorliegen

Knochenhaumlhle Dazu gehoumlrt beispielsweise die bereits erwaumlhnte

Knochenhoumlhle (Okostna jama) bei St KanzishyanSkocjan im istrischen Karst geographisch gesehen der Dw-ezza-Houmlhle sehr viel naumlher als die bayerischen Houmlhlen und heute ebenso wie diese haumlufig als Opfershyhoumlhle in Anspruch genommen Fuumlr 1 Szombatby der die Ausgrabungen im Jahre 1911 leitete und den damit beauftragten Herrn Savini betreute handelte es sich hier jedoch ohne jeden Zweifel um Bestattungen und dies aus guten Gruumlnden Allerdings konnten nwshyeinige Schnitte angelegt werden bevor die Untersushychung aufgrund der immer wieder abrutschenden Scbuttmassen abgebrochen werden muszligte so daszlig nur ein kleiner Einblick in die Sachlage moumlglich war wie Szombathy betonte (1937 173)

Die Fundverhaumlltnisse sind ganz aumlhnlich wie in der Durezza-Houmlhle was aufgrund der schachthoumlhlenartishygen Situation auch nicht verwundert (Abb 6) Die fundfuhrenden Bereiche (Schichten 4 und 5 Abb 7) bestanden aus regellos verteilten Menschen- und Tierknochen Metallgegenstaumlnden Kalksteinschutt und Erde Neun nahezu vollstaumlndig erhaltene Bronzeshylanzenspitzen und sechzehn Fragmente drei Lanzenshyschuhe eine eiserne Lanzenspitze ein eisernes Lapshypenbeil elf Bronzeknoumlpfe ein Bronzesichelfragment eine Bronzespiralrolle Fragmente eines Bronzegefaumlshyszliges und einige Scherben kamen zu seiner Kenntnis wie Szombathy es formulierte (1937 175)

Nach Abbruch der Grabungen uumlbergab Savini noch einige zunaumlchst von ihm einbehaltene Funde angeblich aus einem Grab dessen genaue Position nicht mehr feststellbar war Da auch die zugehoumlrishygen Knochen nicht von einem einzigen Skelett stammten (ebd 184) duumlrfte Savini bei seiner Raubshygrabung eine aumllmJiche Situation angetroffen haben wie sie sich auch sonst zeigte Eine Certosafibel eine Bronzepinzette zwei noch an den Knochen befmdlishyche Fingerringe drei Fragmente eines Armreifs sowie eine zerdruumlckte Bronzesitula mit Inschrift ergaumlnzen den verhaumlltnismaumlszligig reichen Fundbestand der eine Nutzung wohl uumlber die gesamte Hallstattzeit belegt (ebd 176f Fig 187-191)

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Heidi Peter-Roumlcher

Angaben in absoluten Zahlen (n = 138)

40 35

30 25 20 15 10 5 O~-LmiddotI----~-L____~~

45 ~------------~~--------------~

infans I infansII juvenil adult matur erWltlchsen

[]gesamt

bull davon veiblich

[] davon maumlnnlich

Abb 5 Durezza-Houmlhle Alters- UIld Geschlechtszusa=ensetzung (nach Jahrbuch Villacb 1997 141 Tab 4)

J(

B

s

Abb 6 Knochenhoumlhle GrUIldriszlig- UIld Laumlngsschnittskizze ohne Maszligstab (nach Szombatby 1937)

6 5

5

l

Abb 7 Knochenhoumlhle Profilskizzen der Schnitte c-d (links) UIld g-h Maszligstab 1 100 (nach Szombatby 1937)

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Ritual- Opfer - Totenkult

8emdmiddot Saal

N

HeinfriedshyMille

CJ ArcMoJogischer Teil

Sm

Abb 8 LichtensteinhoumlhJe archaumlologisch relevanter Beshyreich (nach Flindt 2002)

Die geborgenen Menschenknochen teils ganz teils in Bruchstuumlcken umfaszligten 11 Schaumldel 19 Oberarm- 27 Unterannknochen 20 Oberschenkelshyknochen 9 Schienbeine und das sei betont da zuweishylen vom Einbringen von Leichen- oder Skeletteilen die Rede ist8

in entsprechender Anzahl Reste des uumlbrigen Skelettes (Szombathy 1937 180) Es karm daher wohl vom Einbringen ganzer Leichen ausgeshygangen werden Die einwurzeligen Zaumlhne waren zum Teil postmortal ausgefallen wie zu erwarten nicht absichtlich ausgebrochen9

Szombathy (1937 184) zufolge handelte es sich um Maumlnner zwischen 18 und 40 Jahren beim Schaumldel des Savini-Skelettes um einen Mann zwischen 40 und 60 Jahren mit vier vershyheilten Hiebverletzungen Ob bei der Knochenhoumlhle von einem Bestattungsplatz vorwiegend fuumlr Maumlrmer

8 ZB ParzingerlNekvasiJlBarth 1995 195 9 Vgl ebd

oder Krieger gesprochen werden karm laumlszligt sich schwer sagen da nur Ausschnitte bekarmt sind Inteshyressant ist in diesem Zusammenhang jedoch die Anashylyse der Tierknochen die einen hohen Anteil an Rinshydern und Hunden bzw Woumllfen ergaben (Szombathy 1937189 Jahrbuch Villach 1997223) Dies erinnert wiederum an die Durezza-Houmlhle

Fliegenhaumlhle Auf die Funde aus der nahe der Knochenhoumlhle geshy

legenen Fliegenhoumlhle (Musja jama) soll an dieser Stelle nicht naumlher eingegangen werden da das in die spaumlte Bronze-Urnenfelderzeit zu datierende und damit aumlltere Material eine andere Zusammensetzung aufweist und zudem Menschenknochen fehlen J Szombathy (1937 134) wies lediglich auf verstreute Holzkohlerestchen und wenige (wohl kalzinierte) Knochen hin wobei unklar bleibt ob von Mensch oder Tier Aus dieser Angabe auf potentielle Menshyschenopfer zu schlieszligen 10 erscheint gewagt die Intershypretation als Opfer hingegen nicht (vgl Turk 1997 49 TerzanTurk im Druck)

Lichtensteinhaumlhle Eine weitere Houmlhle muszlig jedoch ausfuumlhrlicher Erwaumlhshynung finden und zwar die erst 1980 entdeckte und Mitte der neunziger Jahre archaumlologisch untersuchte Lichtensteinhoumlhle im Harz (zuletzt F1indt 2002) Hier fanden sich in mehreren durch sehr enge Gaumlnge verbundenen Kammern (Abb 8) die Uumlberreste von -nach derzeitigem Forschungsstand - 38 Individuen zusammen mit diversen Beigaben (vor allem Schmuck und Trachtbestandteile aber auch Keramik sowie zwei Bronzepfeilspitzen) die eine Datierung in die Urnenfelderzeit ermoumlglichen und einen Nutshyzungszeitraum von rund 200 Jahren zwischen 1000 und 700 v ehr nahelegen Im sogenannten BerndshySaal in den der heute verschuumlttete ehemalige Zugang muumlndete wurden auszliger mehreren teils uumlbereinandershyliegenden Feuerstellen Nahrungsreste ganze und zerscherbte Gefaszlige verbrannte Feldfruumlchte ua angeshytroffen In den uumlbrigen Kammern fanden sich menschliche Skelettreste samt Beigaben ganz uumlbershywiegend nicht mehr im anatomischen Verband sonshydern beiseite geschoben - auch dies ein Hinweis auf wiederholte Begehungen Vennutlich gegen Ende der Belegungszeit wurde der Bemd-Saal ebenfalls fuumlr Bestatttmgen genutzt Geschlechtsshy und Alterszushysammensetzung weisen keine Besonderheiten auf die hier bestatteten Individuen wurden weder getoumltet noch zerlegt sie waren mit Beigaben versehen und ausweislich der Spuren im Bemd-Saal im Rahmen von angemessenen Totenrirualen in der Houmlhle beigeshysetzt

Funde und Befunde legen also zweifellos eine Deutung der Lichtensteinhoumlhle als Bestattungsplatz nahe Dennoch wurde sie schon kurz nach der

10 Vgl ebd

93

Heidi Peter-Roumlcher

Angaben in absoluten Zahlen (n = 23)

7

6

5 IJgesamt

4 - bull davon ~iblich 3 r- odavon maumlnnlich 2

I - o infans I infansll juvenil adult matur-senil

Abb 9 Lichtensteinhoumlhle Alters- und Geschlechtszusamrnensetzung (nach FlindtILeiber 199884 Tab I)

Entdeckung als Opferstaumltte bezeiclmet da es aufshygrund der Enge der Durchgaumlnge unmoumlglich sei Leishychen einzubringen (MaierlLinke 1987 33 ebenso noch FlindtfLeiber 1998 56 77) Als weitere Argushymente dienten ein angeblicher Mangel an Beigaben die kultischen Handlungen im Bernd-Saal und eine vermeintlich ungewoumllmliche Alters- und Geshyschlechtszusammensetzung mit einem Uumlberwiegen von Maumlnnern l - bei naumlherer Betrachtung allerdings nur in den Altersklassen Infans I und II (Abb 9)

Neuerdings wird jedoch wenngleich widershyspruumlchlich und inkonsequent auch die Moumlglichkeit der Deutung als Bestattungsplatz in Erwaumlgung gezoshygen zumindest fuumlr einen Teil der Raumlume und die Schluszligphase der Nutzung (Flindt 2002 13) da die Untersuchung der DNA die zu erwartenden - von den Bearbeitern aber offenbar nicht vermuteten - vershywandtschaftlichen Bindungen der dort niedergelegten Individuen ergeben hat Es wird von einer Groszligfamishylie oder einem Clan ausgegangen Aufgrund des inshyzwischen als reich angesehenen Schmuckinventars und des robusten auf eine gute Ernaumlhrung weisenden Koumlrperbaus soll es sich um Angehoumlrige einer privileshygierten Bevoumllkerungsgruppe handeln die moumlglichershyweise auf der nahegelegenen Pipinsburg ansaumlssig war (ebd)

Die Frage ist jedoch ob sich allein mit dem Arshygument Verwandtschaft die Deutung als Menshyschenopfer ausschlieszligen laumlszligt Wer koumlnnte als Opfer gedient haben wer opferte Wie war die Gesellschaft strukturiert die Menschenopfer darbrachte Vielshyleicht wurden zur Opferbeschaffung Doumlrfer der naumlheren Umgebung uumlberfallen deren Einwohner durch Heiratsbeziehungen eng miteinander verbunshyden waren Auch damit lieszlige sich Verwandtschaft erklaumlren Entscheidend rur eine Interpretation als Bestattungen sind die Funde der Befund und vor

Flindt 1996 1997 FlindtlLeiber 1998 mit Rezension PetershyRoumlcher ferner dies 1998 IOf

allem die demographische Zusammensetzung nicht die Ergebnisse der DNA-Analyse die jedoch rur eine Eroumlrterung der Sozialstruktur der bestattenden Geshymeinschaft ungemein wichtige Erkenntnisse liefert und damit ein neues Forschungsfeld eroumlffnet interesshysant hinsichtlich der Nutzung von Houmlhlen waumlre aber die Untersuchung der Frage ob bestimmte Gemeinshyschaften sei es in der Stein- der Bronze- oder der Eisenzeit jeweils sowohl Graumlberfelder als auch Houmlhshylen oder nur eine der beiden Moumlglichkeiten als Beshystattungsplatz genutzt haben und nach welchen Krishyterien eine solche Wahl erfolgte J2

Dies wuumlrde auch den im Zusammenhang mit Houmlhlen gerne verwendeshyten Begriff Sonderbestattung zu schaumlrfen helfen J3

bull

Ergebnisse

Viele Funde und Befunde aus Houmlhlen sind aufshygrund mangelhafter Dokumentation teilweise verloshyrengegangener Unterlagen und Funde spezifischer Bergungsgewohnheiten der Ausgraumlber fehlender moderner anthropologischer Untersuchungen etc kaum noch beurteilbar Sofern ausreichende informashytionen vorliegen zeigt sich jedoch immer ein Beigashybencharakter der Funde und eine demographische Zusammensetzung die mit der gleichzeitiger Friedshyhoumlfe uumlbereinstimmt oder sie ergaumlnzt Das haumlufig geshygen Bestattungen verwendete Argument des weitgeshyhenden Fehlens anatomischer Zusammenhaumlnge der Skelettreste aus Houmlhlen laumlszligt sich nicht zugunsten der

12 So dachte N Baum (1999 101 ) beispielsweise aufgrund seiner palaumlodontologisch-anthropologischen Untersuchungsergebnisse fuumlr den Dietersbergschacht an eine Gruppe oder einen Familienvershyband von Wald- bzw Wildirnkern Auch Siedlungsbestattungen waumlren hier einzubeziehen IJ Je mehr Houmlhlen als Bestattungsplaumltze erkannt werden desto gewoumlhnlicher erschetnt ein solcher Ort und desto unzutreffender die Definition als Sonderbestattung ein Begriff der ohnehin in der Art wie er oft angewendet wird problematisch wirkt

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Ritual- Opfer - Totenkult

Opferinterpretation verwenden da diese gar nicht zu erwarten sind nicht in Horizontalboumlhlen wenn die Toten lediglich auf den Boden gelegt worden sind und schon gar nicht in Schachthoumlhlen in die die Toshyten eingeworfen wurden Fuumlr die Annahme einer anthropogenen Einwirkung waumlren zumindest Schnittshyspuren notwendig die in der Regel fehlen und bei denen eine Entscheidung zwischen Opfer und Sekunshydaumlrbestattung nur unter Beachtung der Beifunde und der demographischen Zusammensetzung getroffen werden koumlnnte Hinzu kommt in Houmlhlen ein gegenshyuumlber einzelnen Graumlbern moumlglicherweise erweitertes Fundspektrum - Uumlberreste verschiedener Rituale die mit Tod Bestattung Verpflichtungen gegenuumlber Verstorbenen Abwehr Ahnenverehrung Bitten um Beistand etc in Zusammenhang stehen moumlgen Dies kann Tier- oder generell Speiseopfer zerscherbte Gefaszlige Brandreste Steine ferner beispielsweise auch als Votivgaben zu bezeichnende Gegenstaumlnde umfassen um nur einige Moumlglichkeiten zu nennen Wie eingangs dargestellt sind Bestattungsplaumltze zuweilen mehr als nur Deponierungsorte fiir die Toshyten Erinnert sei in diesem Zusammenhang lediglich an christliche Kirchen mit ihren Gruumlften Friedhoumlfen und Beinhaumlusern

Auch die numinose Ergriffenheit die heutige Houmlhlenbesucher zuweilen erfaszligt also die von IR ErI betonte bedeutungsvolle Eigenart der FundsteIlen selbst kann fiir eine Interpretation keine Rolle spieshylen Ob die damaligen Nutzer vergleichbare Empfmshydungen hatten oder nicht wird fiir immer unbekannt bleiben Daszlig Houmlhlen generell oder zumindest Schachthoumlhlen als Zugang zu einer unterirdischen jenseitigen chthonischen Welt aufgefaszligt wurden ist moumlglich mag sich aber von einem Verbringen in die Erde bedeutungs maumlszligig gar nicht unterschieden hashyben Sofern Funde und Befunde keine profane Deushytung nahelegen handelt es sich also sehr wohl um heilige Orte die jedoch im Zusammenhang mit Toshytenritual und Ahnenkult zu sehen sind

Die verbreitete Vorstellung von Opferhoumlhlen in denen zahlreich Maumlnner Frauen und Kinder jeden Alters chthonischen oder Fruchtbarkeitsgoumlttern darshygebracht wurden laumlszligt sich angesichts der Erkenntnisshyse moderner Grabungen und der Analysen aumllterer Untersuchungen kaum mehr aufrechterhalten Eine solche Interpretation muumlszligte im Einzelfall jeweils begruumlndet werden beispielsweise mit relevanten Unterschieden zum gleichzeitigen vermeintlich regushylaumlren Grabbrauch und im Vergleich zu bekannten Opferbraumluchen an anderen Orten

Genannt seien etwa Brandopferplaumltze die ein gaumlnzlich anderes Bild ergeben naumlmlich in der Regel vor allem verbrannte Haustierknochen und Gefaszligresshyte - wo Menschenknochen auftreten wie am Rungger Egg1

weisen Baulichkeiten und Funde auf Bestatshy

14 Gleirscher 1992 und Vortrag im Institut fuumlr Prahistorische AIshychaumlologie der Freien Universitaumlt Berlin im Juni 2000 allgemein zu Brandopferplaumltzen zB Weiss 1997

tungen vielleicht in Verbindung mit einem Heiligtum Jedoch steht die Forschung hier erst am Anfang Im Graben des eingangs genannten Heiligtums von Vix fanden sich diverse Schalen sowie Haustierknochen darunter ein sehr hoher Anteil an Schaumldel- und Kieshyferknochen und zwar von Rind SchafZiege Schwein und Hund Die Funde aus Viereckschanzen lassen sich ebensowenig mit denen aus Houmlhlen vershygleichen Fuumlr Menschenopfer gibt es keine Hinweise insbesondere nicht in den Schaumlchten oder Brunnen lediglich die auch in antiken Quellen genannten Schaumldeltrophaumlen lassen sich zuweilen belegen ferner Einzelknochen die mit den Funden im Oppidum von Manching und anderen Oppida vergleichbar sind und ebenso wie die Schaumldel wohl als Sekundaumlrbestattunshygen oder Trophaumlen gelten koumlnnen l5

An einem Opfershyplatz wie dem Heidentor bei Egesheim auf der Schwaumlbischen Alb fand sich fast ausschlieszliglich Schmuck und zwar uumlberwiegend Fibeln (BaushyerKuhnen 1995) Kurz zusammengefaszligt Auffaumlllige Uumlbereinstimmungen mit dem Fundbestand aus Houmlhshylen sind nicht feststellbar

Auch antike Schriftquellen wenn einmal von eishynem Urteil uumlber ihre Glaubwuumlrdigkeit hinsichtlich der Darbringung von Menschenopfern bei den Kelten abgesehen wird (vgl ZB Whimster 1981 177) lasshysen sich in dieser Hinsicht nicht auswerten derm es ist von heiligen Hainen und Plaumltzen die Rede Ledigshylich Pomponius Mela erwaumlhnt Houmlhlen und zwar im Zusammenhang mit Druiden die die Edelsten des Volkes lange Zeit im Verborgenen unterweisen in einer Houmlhle oder in abgelegenen Bergwaumlldern Dies duumlrfte dazu gedient haben einen urtuumlmlichen Charakshyter des gallischen Priesterwesens zu unterstreichen (Maier 2001 157f)

Immerhin scheint sich das schriftlich uumlberlieferte Geloumlbnis der Kelten nach erfolgreicher Schlacht die Kriegsbeute zu opfern archaumlologisch zu bestaumltigen etwa im zu Beginn bereits erwaumllll1ten Heiligtum von Ribemont-sur-Ancre Daszlig zu dieser Beute auch Geshyfangene oder in der Schlacht Gefallene gehoumlrten die ebenso geopfert wurden ist gut denkbar Am selben Ort scheinen aber offenbar auch die eigenen Krieger im Rahmen komplizierter Rituale bestattet worden zu sein wiederum ein Hinweis darauf daszlig heilige Orte keine eindimensionale Betrachtungsweise verdienen

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1ishy

Ritual- Opfer - Totenkult

Fuumlr spaumltere Zeiten hingegen wird eine Vielfalt an Deutungen in Erwaumlgung gezogen von denen einige hier genaill1t seien Houmlhlen koumlill1en als Bestattungsshyplaumltze Kirchen und Kloumlster5

als Wohnstaumltten und als Verstecke in Kriegszeiten dienen als Unterkunft fur Gesetzlose Auszligenseiter Handwerker Heilkundige Einsiedler und Arme sie koumlill1en zur Vorratshaltung und als Kuumlhlschrank zur Abfall- Kadaver- und Leishychenbeseitigung genutzt werden alles Moumlglichkeiten die fur vorgeschichtliche Zeiten offenbar zu profan erscheinen um ernsthaft erwogen zu werden

Ein Beispiel dafuumlr ist die Kleine Jettenhoumlhle im Harz in der die groszligteils durch Raubgraumlber zerstoumlrten Befunde und Funde der Latimezeit an Siedlungsreste erinnern Sie werden deill10ch als Opfergaben bzw Reste von entsprechenden Zeremonien bezeichnet da aufgrund des beschwerlichen Zugangs des feuchten Houmlhlenklimas und des schlechten Rauchabzugs eine regulaumlre Wohnnutzung mit dem Betrieb einer Feuershystelle unwahrscheinlich sei (F1indtlLeiber 1998 30f) Die naheliegende Moumlglichkeit der gelegentlichen Nutzung in Zeiten der Gefahr in denen ein angenehshymes Umfeld kaum eine Rolle gespielt haben duumlrfte wurde hingegen nicht in Erwaumlgung gezogen

Analyse der Befunde aus Houmlhlen

Die Vorstellung von Opfern war bei Untersushychungen in Houmlhlen von Anfang an praumlsent wenn auch nicht beherrschend So wurden die 1908 entshydeckten und in das Mesolithikum datierten Kopfbeshystattungen in der Groszligen Ofnet-Houmlhle in Bayem (Abb l) zwar vom Ausgraumlber RR Sdunidt (1912 37) als Bestattungen bezeichnet nicht aber von andeshyren Forschern die schnell den Gedanken an Menshyschenopfer und Massaker in die Diskussion brachten Alters- und Geschlechtszusammensetzung sprechen jedoch eindeutig fur eine Bestattungspopulation (Peshyter-Roumlcher 2002) (Abb 2) Ein weiteres Beispiel ist die erstmals Ende des 19 Jahrhunderts untersuchte Rothesteinhoumlhle im Ith (Harz) Die hier angetroffenen menschlichen Skelettreste wurden trotz fehlender Spuren an den Knochen als Opfer k3ill1ibalischer Mahlzeiten bezeichnet eine zu dieser Zeit und teilshyweise bis heute populaumlre Interpretation Sie erfolgte mit der Begruumlndung daszlig keineswegs die aumluszligerste Ausnutzung der Markknochen vorauszusetzen sei da es sich um die Vollziehung eines religioumlsen Aktes handele (Nehring 1884 [93]) womit das Fehlen von Spuren eine fur den damaligen Bearbeiter offenbar befriedigende Erklaumlrung fand Das Material ist weitshygehend verschollen die anthropologische Untersushychung der menschlichen Reste spaumlterer Grabungen ergab eine Altersverteilung die auch auf einem Friedhof zu erwarten gewesen waumlre (M Schultz in

5 Vgl zB Benz 1954 FlindtILeiber 1998 33ff zur Steinkircbe bei Scharzfeld im Harz

Geschwinde 1988 129) Als Opferstaumltte gilt die Houmlhshyle deill1och entweder der fruumlhen Bronze- oder auch der Eisenzeit6

Drei Untersuchungen haben maszliggeblich dazu beigetragen Houmlhlen nahezu ausschlieszliglich als Opfershybzw Kultstaumltten zu sehen und diese Interpretation in der Forschung dauerhaft zu etablieren die in der Jungfernhoumlhle bei Tiefenellem nahe Bamberg (Kunshykel 1955) die im Dietersbergschacht bei Egloffstein auf der Fraumlnkischen Alb (Er 1953) und die im Kyffshyhaumluser bei Bad Frankenhausen im Harz Auf die von G Behm-Blancke (1956 1958) phantasievoll beshyschriebenen blutigen Opferrituale und kaill1ibalischen Festrnaumlhler der Bronze- und Eisenzeit im Kyffhaumluser wird zwar zu Vergleichszwecken gerne zuruumlckgegrifshyfen mangels wissenschaftlicher Veroumlffentlichung der Grabungsergebnisse lassen sich Befunde und Funde jedoch nicht beurteilen Die genannten Untersuchunshygen dienten als Vorbilder um einerseits aumlltere Befunshyde neu zu deuten so beispielsweise diejenigen aus der B)Ci skala-Houmlhle in Maumlhren oder der sogenaill1shyten Knochenhoumlhle im istrischen Karst und anderershyseits Neufunde entsprechend zu veroumlffentlichen

Kleebergschacht Ein prominentes Beispiel fur einen solchen Neushy

fund ist der Kleebergschacht auf der Fraumlnkischen Alb (Leja 1987) in dem sich ein in die Urnenfelderzeit datiertes Skelett fand das als Menschenopfer gesehen vmrde und so in die Literatur einging Da es sich hierbei um einen Einzelfall handelt und zudem um einen gestoumlrten Befund weil Houmlhlenforscher bereits ohne Dokumentation einen Teil der Funde darunter Schaumldelteile geborgen hatten muszlig jedoch jede Intershypretation zweifelhaft bleiben Ergraben und dokushymentiert werden kOill1ten vom Skelett eines als maumlill1shylich bestimmten Individuums die Oberschenkel das Becken und einige Wirbel ferner ein Geweihhammer und eine Silexpfeilspitze (Abb 3) Es fanden sich keine Spuren an den Knochen deill10ch wird eine Zerlegung angenonunen Einige Schaumldelteile wiesen innen auszligen und an den Bruchraumlndern Brandspuren auf der Torso zeigte Kleintierverbiszlig Weiterhin fanshyden sich der Schaumldel ein Teil des Brustkorbes und die Vorderbeine eines Hundes besonders der Schaumldel wies leichte Verwitterungsspuren auf so daszlig er eine gewisse Zeit an der Oberflaumlche gelegen haben koumlnnshyte Aufgrund der Brandspuren ist davon auszugehen daszlig der Tierkadaver auf eine noch schwelende Glut gelegt oder geworfen wurde (K-H Rieder in ebd 57 58) Die Schaumldel von Hund und Mensch erscheishynen zertruumlmmert Ein Mann koumlnnte also zusanunen mit seinem Hund in der Naumlhe der Houmlhle erschlagen auf einer Feuerstelle liegengelassen oder zusaumltzlich noch gefleddert und unbestinunte Zeit spaumlter im Schacht bestattet bzw beseitigt worden sein Im Licht

6 Geschwinde 1988 125f Zur Deutung al s Bestattungsplatz vgJ Peter-Roumlcher 1994 74ff

87

------

Heidi Peter-Roumlcher

4-shy ~liom--+

~ ~ J

1 ~

Abb 1 Groszlige Ofnet-Houmlhle schematisches Querproftl mit den Kopfbestattungen (nach Schmidt 1912 Textfig 6)

Angaben in absoluten Zahlen (n = 34)

~------------------------------------------------------------~

o I =-==--- ~ infans I infansII juvenil fruumlhadult spaumltadult matur-senil

20

15

10

5

Abb 2 Groszlige Ofnet-Houmlhle Alterszusammensetzung (nach Orschiedt 1999 138)

des Befundes soweit noch beurteilbar eine plausible Deutung denn auch fuumlr vorgeschichtliche Zeiten ist ntit profanen Vorkorrunnissen zu rechnen die ihre Spuren hinterlassen kOumllmen

Jungfernhoumlhle Besser zu beurteilen sind die in die Linienbandkerashymik datierbaren und mit qualitaumltvollen Beigaben ausgestatteten Skelettreste aus der JungfemhoumlWe bei Tiefenellern Die bereits auf der Grundlage der inshyformationen in der Publikation von O Kunkel vorgeshynommene Deutung als Sekundaumlrbestattungen (PetershyRoumlcher 1994 99ff) konnte durch die erneute Untershy

suchung des Skelettmaterials durch J Orschiedt (1999 175ff) bestaumltigt werden Bei der Jungfemhoumlhshyle handelt es sich denmach um einen Bestattungsshyplatz

Dietersbergschacht J R Er (1953 275) lehnte fuumlr die menschlichen Skelettreste aus dem im Jahr 1928 von ihm untershysuchten Dietersbergschacht eine Deutung als regulaumlre Bestattungen ab weil die Aufuahme der Schachthoumlhshylenbestattung einen voumllligen Wandel der Anschauunshygen uumlber Tod und Jenseits zur Voraussetzung haumltte und eine Spaltung der religioumlsen Grundanschaustelshy

88

Ritual - Opfer - Totenkult

Abb 3 Kleebergschacht Lage der Skelettreste (I) des Geweihhammers (2) der Holzkohle und des gestoumlrten Bereichs ohne Maszligstab (nach Leja 1987)

lungen angenommen werden muumlszligte da viele gleichshyzeitige regulaumlre Bestattungen in der Umgebung der Schachthoumlhlen existierten Vor allem aber betonte er die bedeutungsvolle Eigenart der Fundstaumltte selbst die ihn an einen Opferplatz denken lieszlig Eingebracht wurden mit Beigaben (Schmuck Perlen eine Lanshyzenspitze eine Schale7

) versehene Erwachsene Jushygendliche Kinder Kleinkinder und Foumlten und zwar als ganze Leichen Diese Details fanden nicht immer Beachtung ist doch zuweilen aufgrund des nicht vollstaumlndig erhaltenen Skelettmaterials von einer Zerstuumlckelung der Opfer und dem Einbringen von Leichenteilen die Rede (RieckhofflBiel 2001 195) Eine derartige sprachliche Verdeutlichung des Opfershygedankens findet sich nicht selten beispielsweise im Fall der Jungfernhoumlhle wo trotz fehlender Spuren von Toumltung und Zerstuumlckelung gesprochen wurde ebenso im Fall der Esperhoumlhle bei Leutzdorf wo sich Einwirkungen stumpfer Gewalt an einigen Schaumldeln die beim Einwerfen der Toten in den Schacht entshystanden sein koumlnnen zu Hiebverletzungen umgewanshydelt fmden (AbeIs in ebd 350)

Die spaumlthallstatt-fruumlhlatenezeitlichen Funde aus dem Dietersbergschacht wurden kuumlrzlich durch N Baum (1999) neu vorgelegt und mit guten Gruumlnden als Bestattungen interpretiert Er konnte wahrscheinshylich machen daszlig die heutige luumlckenhafte Zusammenshysetzung des Skelettmaterials vorwiegend auf eine bewuszligte Auswahl des Ausgraumlbers zuruumlckzufuumlhren ist der sich auf die fuumlr die Auswertung wichtigen Knoshychen konzentrierte Die demographische Zusammenshy

7 VgL Baum 1999 Abb 5-6

setzung entspricht einer normalen Friedhofspopulatishyon (Abb 4) Damit entfaumlllt auch hier die interpretatishyon als Opfer (vgl ebenso bereits Peter-Roumlcher 1994 43)

Esperhoumlhle Ahnlieh luumlckenhaft zusammengesetzt ist das Mashy

terial einer weiteren Grabung von IR Erl die er in der bereits erwaumllUlten Esperhoumlhle bei Leutzdorf durchgefiihrt hatte und deren Ergebnisse erst kuumlrzlich aus den noch vorhandenen Unterlagen und Funden zusammengestellt und als Nachweis von Opfern interpretiert wurden (GrafiRivera 1996 Schroumlter 1996) Da sich an den Knochen keine Schnitt- oder Hackspuren fanden die urspruumlngliche Zusammensetshyzung des Skelettrnaterials unbekannt ist und Erl vershymutlich bereits selbst eine gewisse Auswahl getrofshyfen hat erscheint die Annahme der Bearbeiter daszlig nur Teile von Mensch und Tier in den Schacht geshyworfen wurden jedoch wenig uumlberzeugend Auffaumlllig ist dagegen die Altersstruktur denn fuumlnf der acht als maumlnnlich bestinunten Individuen wiesen matures Alter auf ein im Vergleich mit Graumlberfeldern ungeshywoumlhnlich hoher Anteil Ferner konnten zwei Frauen zwei weitere Erwachsene zwei Jugendliche und drei Kinder bestimmt werden Da Erl zudem haumlufig Reste von Kleinkindern und Foumlten erwaumlhnte liegt der Geshydanke an Seuchen Epidemien oder Hungersnoumlte nahe in deren Folge zuerst die wenig Widerstandsfaumlshyhigen sterben vor allem Kinder und alte Menschen aber auch Schwangere Angesichts der luumlckenhaften Uumlberlieferung bleibt eine solche Uumlberlegung jedoch

89

Heidi Peter-Roumlcher

Angaben in Prozent (n = 43)

30 ~

25 -20

rshy15

I10 r-rshy -5 no

fetal infans I infans II juvenil fiiihaduJt spaumltadult fruumlhmatur

Abb 4 Dietersbergschacht Alterszusammensetzung (nach Baum 1999 94f)

spekulativ Weniger auffaumlllig ist der houmlhere Anteil an Maumlrm ern der sich auch in Friedhoumlfen zuweilen beshymerkbar macht (ausfuumlhrlicher zur EsperhoumlhJe PetershyRoumlcher 1998 24ff) Die Toten waren wie im Dieshytersbergschacht nur mit am Koumlrper getragenem Schmuck ausgestattet nicht mit Fibeln Nadeln oder Guumlrtelbestandteilen weshalb es sich um Opfer nicht um Bestattungen handeln soll Ein Vergleich mit Graumlberfeldern zeigt aber daszlig eine solche Ausstattung keineswegs als ungewoumlhnlich anzusehen ist (ebd 26 Baum 1999 104) Auch im Fall der Esperhoumlhle hanshydelt es sich also um einen Bestattungs- nicht um einen Opferplatz Festzuhalten bleibt nur daszlig die Oberschicht in diesem Gebiet offensichtlich andere Bestattungsplaumltze bevorzugte

ByCi skala-Houmlhle Im maumlluischen Karst zeigt sich ein anderes Bild

Hier nutzte nach Ausweis der Funde und Befunde gerade die reiche Oberschicht eine Houmlhle die ByCi skala- oder StierfelshoumlhJe als Bestattungsplatz Wld Heiligtum (Peter-Roumlcher 1998) Die Ausgrabungen fanden bereits in den Jahren 1869 und 1872 statt und die Informationen uumlber die Ergebnisse sind duumlrftig Der Ausgraumlber H Wanke I (1882) sah eine Haumluptshylingsbestattung mit Menschenopfern andere eine Gruft fuumlr Kollektivbestattungen (Angel i 1970) einen Unfallort (Nekvasi IPodborsk)l 1991 3Off ) oder einen Opferplatz (BergIRolleSeemarm 1981 ParzinshygerlNekvasilBarth 1995) Um einen solchen duumlrfte es sich zweifellos auch gehandelt haben da im Rahmen von Totenritualen und Ahnenverelmmg Opfer dargeshybracht wurden die sich auf Graumlberfeldern nicht imshymer nachweisen lassen Ansonsten spricht jedoch nichts gegen einen Bestattungsplatz Im Gegenteil sind gleichzeitige Graumlber herkoumlmmlicher Art also Grabhuumlgel oder Flachgraumlber die der vergleichbar ausgestatteten reichen Oberschicht im Westen zu gleichen Zwecken dienten aus Suumldmaumlhren kaum bekarmt

Durezza-Schachthoumlhle Sehr wichtig fuumlr die Frage nach der Funktion von

Houmlhlen sind modem untersuchte weitgehend ungeshystoumlrte Fundstellen Eine solche ist die 198990 entshydeckte Durezza-Schachthoumlhle am Tscheltschnigkogel bei Warmbad Villach in Kaumlrnten (Jahrbuch Villach 1997 mit Rezension Peter-Roumlcher) Hier fanden sich die Uumlberreste von mindestens 138 menschlichen Skeletten neben Tierknochen und Trachtbestandteishylen die sich uumlberwiegend in die spaumlte Hallstattzeit (Ha D2 - Lt A1B1) datieren lassen Bedauerlichershyweise waren vor Beginn der wissenschaftlichen Doshykumentation im Sommer 1996 bereits ca zwei Drittel der Befunde und Funde bzw des Schuttkegels durch Mitglieder des Landesvereins fuumlr Houmlhlenkunde unshysachgemaumlszlig untersucht oder besser entfernt worden etwa ein Drittel wurde aber noch ungestoumlrt angetrofshyfen und entsprechend ausgegraben Auch ein Teil des alten Aushubs kormte gesichtet und gesiebt werden Interessant dabei war vor allem daszlig die Houmlhlenforshyscher vornehmlich groszlige und auffaumlllige Knochen gesammelt hatten waumlhrend kleinere und fragmentiershyte im Abraum verblieben (Galik in Jahrbuch Villach 1997 19f) Dieser Umstand ist generell aufschluszligshyreich hinsichtlich der Beurteilung von Fundbergunshygen aus Houmlhlen derm aus einer vermeintlichen Doshyminanz von Schaumldel- und Langknochen wird nicht selten auf Zerstuumlckelung geschlossen Daszlig ein solcher Schluszlig unzulaumlssig ist zeigt dieses Beispiel in aller Deutlichkeit ebenso wie schon das von lR Erl anshygewandte Auswahlverfahren das aufgrund der Zushysammensetzung des noch erhaltenen Skelettmaterials auch von H Wankel in der Stierfelshoumlhle praktiziert worden sein koumlrmte

Die anthropologische Untersuchung ergab eine Mindestindividuenzahl von 138 bestatteten Personen in einer demographischen Zusammensetzung die einem ganz normalen Friedhof entspricht (Abb 5) Die Bearbeiter bezeichneten die Fundsituation als

90

Ritual - Opfer - Totenkult

karneraumllmlich wobei die Knochen nicht wie in Beinshyhaumlusern sorgfaltig geschichtet sondern durchmischt und vielfach auch zerbrochen waren Dies ist der fiir eine Schachthoumlhle zu erwartende Befund da die Toten uumlber einen laumlngeren Zeitraum dw-ch den wie ein Trichter wirkenden Einwurfspalt (Doline) in die Houmlhle kamen und so immer wieder die bereits darin befmdlichen stoumlrten Hinzu kamen vermutlich Bergshystuumlrze Wassereinbruumlche und Steinschlaumlge (S Fabrishyzii-ReuerfE Reuer in Jahrbuch Villach 1997 125ff)

Die Analyse der Tierknochen zeigte das lTberwieshygen von Haustieren Neben Knochen von Pferden und SchafenZiegen lieszligen sich Rind und Schwein nachshyweisen vor allem aber mindestens 45 meist adulte Hunde zahlenmaumlszligig eine interessante Uumlbereinstimshymung mit den 41 als maumlnnlich bestimmten erwachseshynen Bestatteten Die Tiere scheinen ganz wie beishyspielsweise ein Rind oder in groumlszligeren Teilen eingeshybracht worden zu sein und duumlrften sowohl Beigaben als auch Opfer repraumlsentieren wofiir insbesondere das gleiche Sterbealter der infantilen Tiere einige der SchafeZiegen Pferde und Schweine im MaiJuni spricht (A Galik in Jahrbuch Villach 1997 87ff) Dabei koumlnnte beispielsweise an Feiern fur die Vershystorbenen bzw Ahnen gedacht werden die mehr oder weniger regelmaumlszligig aber immer zu einer bestinunten Jahreszeit abgehalten wurden

Eine bronzene Kalmfibel mit Armbrustkonstruktishyon eine ostalpine Tierkopffibel ein gewissermaszligen in situ an Unterarmknochen befindlicher Spiralarmshyreif drei Fingerringe elf bandfoumlrmige Haarringe aus Bronzeblech zwei Spiralringe und drei Glasperlen davon eine an einem Bronzekettchen repraumlsentieren neben einigen Webgewicht- und Keramikfragmenten den noch vorhandenen Fundbestand Laut P Gleirshyscher (in Jahrbuch Villach 1997 31ff mit Abb 213ff) lassen sich die Trachtbestandteile auf zwei bis drei Frauengarnitw-en aufteilen woraus er folgerte daszlig die Toten nicht wie bei Bestattungen uumlblich in wer Tracht sondern in Tuumlcher gehuumlllt oder nackt in den Schacht geworfen wurden Die ostalpine Tiershykopffibel gehoumlrt jedoch im allgemeinen zur Maumlnnershytracht und der anthropologischen Untersuchung zufolge konnten an den Knochen aus allen Schichten in gleichmaumlszligiger Verteilung GruumlnverHirbungen beoshybachtet werden so daszlig ein Teil der w-spruumlnglich vorhandenen Trachtausstattung offenbar fehlt Naumlher eingrenzen laumlszligt sich der Verlust nicht da keine Knoshychen- bzw Individuenanzahl genannt ist Ob mit einem derartigen Verlust in Houmlhlen zu rechnen ist oder sich hier die grobe Vorgehensweise der Houmlhlenshyforscher bemerkbar macht auch wenn das von ilmen geborgene Material darunter die Trachtbestandteile fuumlr die Auswertung zur Verfugung stand oder sich noch Funde in dem zur Verfullung der Doline benutzshyten Aushub nach Einbringung eines verschlieszligbaren Kunststoffrohres im Jahr 1991 befmden laumlszligt sich anband der Publikation nicht entscheiden

Bisher wurde fur die Durezza-Houmlhle eine Deutung als Opferschacht der als Begraumlbnisschacht vorgezoshygen und zwar mit Bezug auf andere gleichzeitig oder auch zu anderen Zeiten genutzte Houmlhlen wie dem Kleebergschacht dem Dietersbergschacht oder der Esperhoumlhle die bereits Erwaumllmung fanden (P Gleirscher in Jahrbuch Villach 1997 2J3ff Fashybrizii-ReuerGalikiGleirscherlReuer 1998) Funde und Befunde stinunen jedoch am besten mit einer Interpretation als Bestattungen uumlberein und die vershygleichsweise hervorragende Untersuchung der Dushyrezza-Houmlhle kann umgekehrt als Vorbild fur eine uumlberzeugendere Einordnung weiterer Houmlhlen dienen fuumlr die weniger Informationen vorliegen

Knochenhaumlhle Dazu gehoumlrt beispielsweise die bereits erwaumlhnte

Knochenhoumlhle (Okostna jama) bei St KanzishyanSkocjan im istrischen Karst geographisch gesehen der Dw-ezza-Houmlhle sehr viel naumlher als die bayerischen Houmlhlen und heute ebenso wie diese haumlufig als Opfershyhoumlhle in Anspruch genommen Fuumlr 1 Szombatby der die Ausgrabungen im Jahre 1911 leitete und den damit beauftragten Herrn Savini betreute handelte es sich hier jedoch ohne jeden Zweifel um Bestattungen und dies aus guten Gruumlnden Allerdings konnten nwshyeinige Schnitte angelegt werden bevor die Untersushychung aufgrund der immer wieder abrutschenden Scbuttmassen abgebrochen werden muszligte so daszlig nur ein kleiner Einblick in die Sachlage moumlglich war wie Szombathy betonte (1937 173)

Die Fundverhaumlltnisse sind ganz aumlhnlich wie in der Durezza-Houmlhle was aufgrund der schachthoumlhlenartishygen Situation auch nicht verwundert (Abb 6) Die fundfuhrenden Bereiche (Schichten 4 und 5 Abb 7) bestanden aus regellos verteilten Menschen- und Tierknochen Metallgegenstaumlnden Kalksteinschutt und Erde Neun nahezu vollstaumlndig erhaltene Bronzeshylanzenspitzen und sechzehn Fragmente drei Lanzenshyschuhe eine eiserne Lanzenspitze ein eisernes Lapshypenbeil elf Bronzeknoumlpfe ein Bronzesichelfragment eine Bronzespiralrolle Fragmente eines Bronzegefaumlshyszliges und einige Scherben kamen zu seiner Kenntnis wie Szombathy es formulierte (1937 175)

Nach Abbruch der Grabungen uumlbergab Savini noch einige zunaumlchst von ihm einbehaltene Funde angeblich aus einem Grab dessen genaue Position nicht mehr feststellbar war Da auch die zugehoumlrishygen Knochen nicht von einem einzigen Skelett stammten (ebd 184) duumlrfte Savini bei seiner Raubshygrabung eine aumllmJiche Situation angetroffen haben wie sie sich auch sonst zeigte Eine Certosafibel eine Bronzepinzette zwei noch an den Knochen befmdlishyche Fingerringe drei Fragmente eines Armreifs sowie eine zerdruumlckte Bronzesitula mit Inschrift ergaumlnzen den verhaumlltnismaumlszligig reichen Fundbestand der eine Nutzung wohl uumlber die gesamte Hallstattzeit belegt (ebd 176f Fig 187-191)

91

Heidi Peter-Roumlcher

Angaben in absoluten Zahlen (n = 138)

40 35

30 25 20 15 10 5 O~-LmiddotI----~-L____~~

45 ~------------~~--------------~

infans I infansII juvenil adult matur erWltlchsen

[]gesamt

bull davon veiblich

[] davon maumlnnlich

Abb 5 Durezza-Houmlhle Alters- UIld Geschlechtszusa=ensetzung (nach Jahrbuch Villacb 1997 141 Tab 4)

J(

B

s

Abb 6 Knochenhoumlhle GrUIldriszlig- UIld Laumlngsschnittskizze ohne Maszligstab (nach Szombatby 1937)

6 5

5

l

Abb 7 Knochenhoumlhle Profilskizzen der Schnitte c-d (links) UIld g-h Maszligstab 1 100 (nach Szombatby 1937)

92

Ritual- Opfer - Totenkult

8emdmiddot Saal

N

HeinfriedshyMille

CJ ArcMoJogischer Teil

Sm

Abb 8 LichtensteinhoumlhJe archaumlologisch relevanter Beshyreich (nach Flindt 2002)

Die geborgenen Menschenknochen teils ganz teils in Bruchstuumlcken umfaszligten 11 Schaumldel 19 Oberarm- 27 Unterannknochen 20 Oberschenkelshyknochen 9 Schienbeine und das sei betont da zuweishylen vom Einbringen von Leichen- oder Skeletteilen die Rede ist8

in entsprechender Anzahl Reste des uumlbrigen Skelettes (Szombathy 1937 180) Es karm daher wohl vom Einbringen ganzer Leichen ausgeshygangen werden Die einwurzeligen Zaumlhne waren zum Teil postmortal ausgefallen wie zu erwarten nicht absichtlich ausgebrochen9

Szombathy (1937 184) zufolge handelte es sich um Maumlnner zwischen 18 und 40 Jahren beim Schaumldel des Savini-Skelettes um einen Mann zwischen 40 und 60 Jahren mit vier vershyheilten Hiebverletzungen Ob bei der Knochenhoumlhle von einem Bestattungsplatz vorwiegend fuumlr Maumlrmer

8 ZB ParzingerlNekvasiJlBarth 1995 195 9 Vgl ebd

oder Krieger gesprochen werden karm laumlszligt sich schwer sagen da nur Ausschnitte bekarmt sind Inteshyressant ist in diesem Zusammenhang jedoch die Anashylyse der Tierknochen die einen hohen Anteil an Rinshydern und Hunden bzw Woumllfen ergaben (Szombathy 1937189 Jahrbuch Villach 1997223) Dies erinnert wiederum an die Durezza-Houmlhle

Fliegenhaumlhle Auf die Funde aus der nahe der Knochenhoumlhle geshy

legenen Fliegenhoumlhle (Musja jama) soll an dieser Stelle nicht naumlher eingegangen werden da das in die spaumlte Bronze-Urnenfelderzeit zu datierende und damit aumlltere Material eine andere Zusammensetzung aufweist und zudem Menschenknochen fehlen J Szombathy (1937 134) wies lediglich auf verstreute Holzkohlerestchen und wenige (wohl kalzinierte) Knochen hin wobei unklar bleibt ob von Mensch oder Tier Aus dieser Angabe auf potentielle Menshyschenopfer zu schlieszligen 10 erscheint gewagt die Intershypretation als Opfer hingegen nicht (vgl Turk 1997 49 TerzanTurk im Druck)

Lichtensteinhaumlhle Eine weitere Houmlhle muszlig jedoch ausfuumlhrlicher Erwaumlhshynung finden und zwar die erst 1980 entdeckte und Mitte der neunziger Jahre archaumlologisch untersuchte Lichtensteinhoumlhle im Harz (zuletzt F1indt 2002) Hier fanden sich in mehreren durch sehr enge Gaumlnge verbundenen Kammern (Abb 8) die Uumlberreste von -nach derzeitigem Forschungsstand - 38 Individuen zusammen mit diversen Beigaben (vor allem Schmuck und Trachtbestandteile aber auch Keramik sowie zwei Bronzepfeilspitzen) die eine Datierung in die Urnenfelderzeit ermoumlglichen und einen Nutshyzungszeitraum von rund 200 Jahren zwischen 1000 und 700 v ehr nahelegen Im sogenannten BerndshySaal in den der heute verschuumlttete ehemalige Zugang muumlndete wurden auszliger mehreren teils uumlbereinandershyliegenden Feuerstellen Nahrungsreste ganze und zerscherbte Gefaszlige verbrannte Feldfruumlchte ua angeshytroffen In den uumlbrigen Kammern fanden sich menschliche Skelettreste samt Beigaben ganz uumlbershywiegend nicht mehr im anatomischen Verband sonshydern beiseite geschoben - auch dies ein Hinweis auf wiederholte Begehungen Vennutlich gegen Ende der Belegungszeit wurde der Bemd-Saal ebenfalls fuumlr Bestatttmgen genutzt Geschlechtsshy und Alterszushysammensetzung weisen keine Besonderheiten auf die hier bestatteten Individuen wurden weder getoumltet noch zerlegt sie waren mit Beigaben versehen und ausweislich der Spuren im Bemd-Saal im Rahmen von angemessenen Totenrirualen in der Houmlhle beigeshysetzt

Funde und Befunde legen also zweifellos eine Deutung der Lichtensteinhoumlhle als Bestattungsplatz nahe Dennoch wurde sie schon kurz nach der

10 Vgl ebd

93

Heidi Peter-Roumlcher

Angaben in absoluten Zahlen (n = 23)

7

6

5 IJgesamt

4 - bull davon ~iblich 3 r- odavon maumlnnlich 2

I - o infans I infansll juvenil adult matur-senil

Abb 9 Lichtensteinhoumlhle Alters- und Geschlechtszusamrnensetzung (nach FlindtILeiber 199884 Tab I)

Entdeckung als Opferstaumltte bezeiclmet da es aufshygrund der Enge der Durchgaumlnge unmoumlglich sei Leishychen einzubringen (MaierlLinke 1987 33 ebenso noch FlindtfLeiber 1998 56 77) Als weitere Argushymente dienten ein angeblicher Mangel an Beigaben die kultischen Handlungen im Bernd-Saal und eine vermeintlich ungewoumllmliche Alters- und Geshyschlechtszusammensetzung mit einem Uumlberwiegen von Maumlnnern l - bei naumlherer Betrachtung allerdings nur in den Altersklassen Infans I und II (Abb 9)

Neuerdings wird jedoch wenngleich widershyspruumlchlich und inkonsequent auch die Moumlglichkeit der Deutung als Bestattungsplatz in Erwaumlgung gezoshygen zumindest fuumlr einen Teil der Raumlume und die Schluszligphase der Nutzung (Flindt 2002 13) da die Untersuchung der DNA die zu erwartenden - von den Bearbeitern aber offenbar nicht vermuteten - vershywandtschaftlichen Bindungen der dort niedergelegten Individuen ergeben hat Es wird von einer Groszligfamishylie oder einem Clan ausgegangen Aufgrund des inshyzwischen als reich angesehenen Schmuckinventars und des robusten auf eine gute Ernaumlhrung weisenden Koumlrperbaus soll es sich um Angehoumlrige einer privileshygierten Bevoumllkerungsgruppe handeln die moumlglichershyweise auf der nahegelegenen Pipinsburg ansaumlssig war (ebd)

Die Frage ist jedoch ob sich allein mit dem Arshygument Verwandtschaft die Deutung als Menshyschenopfer ausschlieszligen laumlszligt Wer koumlnnte als Opfer gedient haben wer opferte Wie war die Gesellschaft strukturiert die Menschenopfer darbrachte Vielshyleicht wurden zur Opferbeschaffung Doumlrfer der naumlheren Umgebung uumlberfallen deren Einwohner durch Heiratsbeziehungen eng miteinander verbunshyden waren Auch damit lieszlige sich Verwandtschaft erklaumlren Entscheidend rur eine Interpretation als Bestattungen sind die Funde der Befund und vor

Flindt 1996 1997 FlindtlLeiber 1998 mit Rezension PetershyRoumlcher ferner dies 1998 IOf

allem die demographische Zusammensetzung nicht die Ergebnisse der DNA-Analyse die jedoch rur eine Eroumlrterung der Sozialstruktur der bestattenden Geshymeinschaft ungemein wichtige Erkenntnisse liefert und damit ein neues Forschungsfeld eroumlffnet interesshysant hinsichtlich der Nutzung von Houmlhlen waumlre aber die Untersuchung der Frage ob bestimmte Gemeinshyschaften sei es in der Stein- der Bronze- oder der Eisenzeit jeweils sowohl Graumlberfelder als auch Houmlhshylen oder nur eine der beiden Moumlglichkeiten als Beshystattungsplatz genutzt haben und nach welchen Krishyterien eine solche Wahl erfolgte J2

Dies wuumlrde auch den im Zusammenhang mit Houmlhlen gerne verwendeshyten Begriff Sonderbestattung zu schaumlrfen helfen J3

bull

Ergebnisse

Viele Funde und Befunde aus Houmlhlen sind aufshygrund mangelhafter Dokumentation teilweise verloshyrengegangener Unterlagen und Funde spezifischer Bergungsgewohnheiten der Ausgraumlber fehlender moderner anthropologischer Untersuchungen etc kaum noch beurteilbar Sofern ausreichende informashytionen vorliegen zeigt sich jedoch immer ein Beigashybencharakter der Funde und eine demographische Zusammensetzung die mit der gleichzeitiger Friedshyhoumlfe uumlbereinstimmt oder sie ergaumlnzt Das haumlufig geshygen Bestattungen verwendete Argument des weitgeshyhenden Fehlens anatomischer Zusammenhaumlnge der Skelettreste aus Houmlhlen laumlszligt sich nicht zugunsten der

12 So dachte N Baum (1999 101 ) beispielsweise aufgrund seiner palaumlodontologisch-anthropologischen Untersuchungsergebnisse fuumlr den Dietersbergschacht an eine Gruppe oder einen Familienvershyband von Wald- bzw Wildirnkern Auch Siedlungsbestattungen waumlren hier einzubeziehen IJ Je mehr Houmlhlen als Bestattungsplaumltze erkannt werden desto gewoumlhnlicher erschetnt ein solcher Ort und desto unzutreffender die Definition als Sonderbestattung ein Begriff der ohnehin in der Art wie er oft angewendet wird problematisch wirkt

94

Ritual- Opfer - Totenkult

Opferinterpretation verwenden da diese gar nicht zu erwarten sind nicht in Horizontalboumlhlen wenn die Toten lediglich auf den Boden gelegt worden sind und schon gar nicht in Schachthoumlhlen in die die Toshyten eingeworfen wurden Fuumlr die Annahme einer anthropogenen Einwirkung waumlren zumindest Schnittshyspuren notwendig die in der Regel fehlen und bei denen eine Entscheidung zwischen Opfer und Sekunshydaumlrbestattung nur unter Beachtung der Beifunde und der demographischen Zusammensetzung getroffen werden koumlnnte Hinzu kommt in Houmlhlen ein gegenshyuumlber einzelnen Graumlbern moumlglicherweise erweitertes Fundspektrum - Uumlberreste verschiedener Rituale die mit Tod Bestattung Verpflichtungen gegenuumlber Verstorbenen Abwehr Ahnenverehrung Bitten um Beistand etc in Zusammenhang stehen moumlgen Dies kann Tier- oder generell Speiseopfer zerscherbte Gefaszlige Brandreste Steine ferner beispielsweise auch als Votivgaben zu bezeichnende Gegenstaumlnde umfassen um nur einige Moumlglichkeiten zu nennen Wie eingangs dargestellt sind Bestattungsplaumltze zuweilen mehr als nur Deponierungsorte fiir die Toshyten Erinnert sei in diesem Zusammenhang lediglich an christliche Kirchen mit ihren Gruumlften Friedhoumlfen und Beinhaumlusern

Auch die numinose Ergriffenheit die heutige Houmlhlenbesucher zuweilen erfaszligt also die von IR ErI betonte bedeutungsvolle Eigenart der FundsteIlen selbst kann fiir eine Interpretation keine Rolle spieshylen Ob die damaligen Nutzer vergleichbare Empfmshydungen hatten oder nicht wird fiir immer unbekannt bleiben Daszlig Houmlhlen generell oder zumindest Schachthoumlhlen als Zugang zu einer unterirdischen jenseitigen chthonischen Welt aufgefaszligt wurden ist moumlglich mag sich aber von einem Verbringen in die Erde bedeutungs maumlszligig gar nicht unterschieden hashyben Sofern Funde und Befunde keine profane Deushytung nahelegen handelt es sich also sehr wohl um heilige Orte die jedoch im Zusammenhang mit Toshytenritual und Ahnenkult zu sehen sind

Die verbreitete Vorstellung von Opferhoumlhlen in denen zahlreich Maumlnner Frauen und Kinder jeden Alters chthonischen oder Fruchtbarkeitsgoumlttern darshygebracht wurden laumlszligt sich angesichts der Erkenntnisshyse moderner Grabungen und der Analysen aumllterer Untersuchungen kaum mehr aufrechterhalten Eine solche Interpretation muumlszligte im Einzelfall jeweils begruumlndet werden beispielsweise mit relevanten Unterschieden zum gleichzeitigen vermeintlich regushylaumlren Grabbrauch und im Vergleich zu bekannten Opferbraumluchen an anderen Orten

Genannt seien etwa Brandopferplaumltze die ein gaumlnzlich anderes Bild ergeben naumlmlich in der Regel vor allem verbrannte Haustierknochen und Gefaszligresshyte - wo Menschenknochen auftreten wie am Rungger Egg1

weisen Baulichkeiten und Funde auf Bestatshy

14 Gleirscher 1992 und Vortrag im Institut fuumlr Prahistorische AIshychaumlologie der Freien Universitaumlt Berlin im Juni 2000 allgemein zu Brandopferplaumltzen zB Weiss 1997

tungen vielleicht in Verbindung mit einem Heiligtum Jedoch steht die Forschung hier erst am Anfang Im Graben des eingangs genannten Heiligtums von Vix fanden sich diverse Schalen sowie Haustierknochen darunter ein sehr hoher Anteil an Schaumldel- und Kieshyferknochen und zwar von Rind SchafZiege Schwein und Hund Die Funde aus Viereckschanzen lassen sich ebensowenig mit denen aus Houmlhlen vershygleichen Fuumlr Menschenopfer gibt es keine Hinweise insbesondere nicht in den Schaumlchten oder Brunnen lediglich die auch in antiken Quellen genannten Schaumldeltrophaumlen lassen sich zuweilen belegen ferner Einzelknochen die mit den Funden im Oppidum von Manching und anderen Oppida vergleichbar sind und ebenso wie die Schaumldel wohl als Sekundaumlrbestattunshygen oder Trophaumlen gelten koumlnnen l5

An einem Opfershyplatz wie dem Heidentor bei Egesheim auf der Schwaumlbischen Alb fand sich fast ausschlieszliglich Schmuck und zwar uumlberwiegend Fibeln (BaushyerKuhnen 1995) Kurz zusammengefaszligt Auffaumlllige Uumlbereinstimmungen mit dem Fundbestand aus Houmlhshylen sind nicht feststellbar

Auch antike Schriftquellen wenn einmal von eishynem Urteil uumlber ihre Glaubwuumlrdigkeit hinsichtlich der Darbringung von Menschenopfern bei den Kelten abgesehen wird (vgl ZB Whimster 1981 177) lasshysen sich in dieser Hinsicht nicht auswerten derm es ist von heiligen Hainen und Plaumltzen die Rede Ledigshylich Pomponius Mela erwaumlhnt Houmlhlen und zwar im Zusammenhang mit Druiden die die Edelsten des Volkes lange Zeit im Verborgenen unterweisen in einer Houmlhle oder in abgelegenen Bergwaumlldern Dies duumlrfte dazu gedient haben einen urtuumlmlichen Charakshyter des gallischen Priesterwesens zu unterstreichen (Maier 2001 157f)

Immerhin scheint sich das schriftlich uumlberlieferte Geloumlbnis der Kelten nach erfolgreicher Schlacht die Kriegsbeute zu opfern archaumlologisch zu bestaumltigen etwa im zu Beginn bereits erwaumllll1ten Heiligtum von Ribemont-sur-Ancre Daszlig zu dieser Beute auch Geshyfangene oder in der Schlacht Gefallene gehoumlrten die ebenso geopfert wurden ist gut denkbar Am selben Ort scheinen aber offenbar auch die eigenen Krieger im Rahmen komplizierter Rituale bestattet worden zu sein wiederum ein Hinweis darauf daszlig heilige Orte keine eindimensionale Betrachtungsweise verdienen

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Heidi Peter-Roumlcher

4-shy ~liom--+

~ ~ J

1 ~

Abb 1 Groszlige Ofnet-Houmlhle schematisches Querproftl mit den Kopfbestattungen (nach Schmidt 1912 Textfig 6)

Angaben in absoluten Zahlen (n = 34)

~------------------------------------------------------------~

o I =-==--- ~ infans I infansII juvenil fruumlhadult spaumltadult matur-senil

20

15

10

5

Abb 2 Groszlige Ofnet-Houmlhle Alterszusammensetzung (nach Orschiedt 1999 138)

des Befundes soweit noch beurteilbar eine plausible Deutung denn auch fuumlr vorgeschichtliche Zeiten ist ntit profanen Vorkorrunnissen zu rechnen die ihre Spuren hinterlassen kOumllmen

Jungfernhoumlhle Besser zu beurteilen sind die in die Linienbandkerashymik datierbaren und mit qualitaumltvollen Beigaben ausgestatteten Skelettreste aus der JungfemhoumlWe bei Tiefenellern Die bereits auf der Grundlage der inshyformationen in der Publikation von O Kunkel vorgeshynommene Deutung als Sekundaumlrbestattungen (PetershyRoumlcher 1994 99ff) konnte durch die erneute Untershy

suchung des Skelettmaterials durch J Orschiedt (1999 175ff) bestaumltigt werden Bei der Jungfemhoumlhshyle handelt es sich denmach um einen Bestattungsshyplatz

Dietersbergschacht J R Er (1953 275) lehnte fuumlr die menschlichen Skelettreste aus dem im Jahr 1928 von ihm untershysuchten Dietersbergschacht eine Deutung als regulaumlre Bestattungen ab weil die Aufuahme der Schachthoumlhshylenbestattung einen voumllligen Wandel der Anschauunshygen uumlber Tod und Jenseits zur Voraussetzung haumltte und eine Spaltung der religioumlsen Grundanschaustelshy

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Ritual - Opfer - Totenkult

Abb 3 Kleebergschacht Lage der Skelettreste (I) des Geweihhammers (2) der Holzkohle und des gestoumlrten Bereichs ohne Maszligstab (nach Leja 1987)

lungen angenommen werden muumlszligte da viele gleichshyzeitige regulaumlre Bestattungen in der Umgebung der Schachthoumlhlen existierten Vor allem aber betonte er die bedeutungsvolle Eigenart der Fundstaumltte selbst die ihn an einen Opferplatz denken lieszlig Eingebracht wurden mit Beigaben (Schmuck Perlen eine Lanshyzenspitze eine Schale7

) versehene Erwachsene Jushygendliche Kinder Kleinkinder und Foumlten und zwar als ganze Leichen Diese Details fanden nicht immer Beachtung ist doch zuweilen aufgrund des nicht vollstaumlndig erhaltenen Skelettmaterials von einer Zerstuumlckelung der Opfer und dem Einbringen von Leichenteilen die Rede (RieckhofflBiel 2001 195) Eine derartige sprachliche Verdeutlichung des Opfershygedankens findet sich nicht selten beispielsweise im Fall der Jungfernhoumlhle wo trotz fehlender Spuren von Toumltung und Zerstuumlckelung gesprochen wurde ebenso im Fall der Esperhoumlhle bei Leutzdorf wo sich Einwirkungen stumpfer Gewalt an einigen Schaumldeln die beim Einwerfen der Toten in den Schacht entshystanden sein koumlnnen zu Hiebverletzungen umgewanshydelt fmden (AbeIs in ebd 350)

Die spaumlthallstatt-fruumlhlatenezeitlichen Funde aus dem Dietersbergschacht wurden kuumlrzlich durch N Baum (1999) neu vorgelegt und mit guten Gruumlnden als Bestattungen interpretiert Er konnte wahrscheinshylich machen daszlig die heutige luumlckenhafte Zusammenshysetzung des Skelettmaterials vorwiegend auf eine bewuszligte Auswahl des Ausgraumlbers zuruumlckzufuumlhren ist der sich auf die fuumlr die Auswertung wichtigen Knoshychen konzentrierte Die demographische Zusammenshy

7 VgL Baum 1999 Abb 5-6

setzung entspricht einer normalen Friedhofspopulatishyon (Abb 4) Damit entfaumlllt auch hier die interpretatishyon als Opfer (vgl ebenso bereits Peter-Roumlcher 1994 43)

Esperhoumlhle Ahnlieh luumlckenhaft zusammengesetzt ist das Mashy

terial einer weiteren Grabung von IR Erl die er in der bereits erwaumllUlten Esperhoumlhle bei Leutzdorf durchgefiihrt hatte und deren Ergebnisse erst kuumlrzlich aus den noch vorhandenen Unterlagen und Funden zusammengestellt und als Nachweis von Opfern interpretiert wurden (GrafiRivera 1996 Schroumlter 1996) Da sich an den Knochen keine Schnitt- oder Hackspuren fanden die urspruumlngliche Zusammensetshyzung des Skelettrnaterials unbekannt ist und Erl vershymutlich bereits selbst eine gewisse Auswahl getrofshyfen hat erscheint die Annahme der Bearbeiter daszlig nur Teile von Mensch und Tier in den Schacht geshyworfen wurden jedoch wenig uumlberzeugend Auffaumlllig ist dagegen die Altersstruktur denn fuumlnf der acht als maumlnnlich bestinunten Individuen wiesen matures Alter auf ein im Vergleich mit Graumlberfeldern ungeshywoumlhnlich hoher Anteil Ferner konnten zwei Frauen zwei weitere Erwachsene zwei Jugendliche und drei Kinder bestimmt werden Da Erl zudem haumlufig Reste von Kleinkindern und Foumlten erwaumlhnte liegt der Geshydanke an Seuchen Epidemien oder Hungersnoumlte nahe in deren Folge zuerst die wenig Widerstandsfaumlshyhigen sterben vor allem Kinder und alte Menschen aber auch Schwangere Angesichts der luumlckenhaften Uumlberlieferung bleibt eine solche Uumlberlegung jedoch

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Heidi Peter-Roumlcher

Angaben in Prozent (n = 43)

30 ~

25 -20

rshy15

I10 r-rshy -5 no

fetal infans I infans II juvenil fiiihaduJt spaumltadult fruumlhmatur

Abb 4 Dietersbergschacht Alterszusammensetzung (nach Baum 1999 94f)

spekulativ Weniger auffaumlllig ist der houmlhere Anteil an Maumlrm ern der sich auch in Friedhoumlfen zuweilen beshymerkbar macht (ausfuumlhrlicher zur EsperhoumlhJe PetershyRoumlcher 1998 24ff) Die Toten waren wie im Dieshytersbergschacht nur mit am Koumlrper getragenem Schmuck ausgestattet nicht mit Fibeln Nadeln oder Guumlrtelbestandteilen weshalb es sich um Opfer nicht um Bestattungen handeln soll Ein Vergleich mit Graumlberfeldern zeigt aber daszlig eine solche Ausstattung keineswegs als ungewoumlhnlich anzusehen ist (ebd 26 Baum 1999 104) Auch im Fall der Esperhoumlhle hanshydelt es sich also um einen Bestattungs- nicht um einen Opferplatz Festzuhalten bleibt nur daszlig die Oberschicht in diesem Gebiet offensichtlich andere Bestattungsplaumltze bevorzugte

ByCi skala-Houmlhle Im maumlluischen Karst zeigt sich ein anderes Bild

Hier nutzte nach Ausweis der Funde und Befunde gerade die reiche Oberschicht eine Houmlhle die ByCi skala- oder StierfelshoumlhJe als Bestattungsplatz Wld Heiligtum (Peter-Roumlcher 1998) Die Ausgrabungen fanden bereits in den Jahren 1869 und 1872 statt und die Informationen uumlber die Ergebnisse sind duumlrftig Der Ausgraumlber H Wanke I (1882) sah eine Haumluptshylingsbestattung mit Menschenopfern andere eine Gruft fuumlr Kollektivbestattungen (Angel i 1970) einen Unfallort (Nekvasi IPodborsk)l 1991 3Off ) oder einen Opferplatz (BergIRolleSeemarm 1981 ParzinshygerlNekvasilBarth 1995) Um einen solchen duumlrfte es sich zweifellos auch gehandelt haben da im Rahmen von Totenritualen und Ahnenverelmmg Opfer dargeshybracht wurden die sich auf Graumlberfeldern nicht imshymer nachweisen lassen Ansonsten spricht jedoch nichts gegen einen Bestattungsplatz Im Gegenteil sind gleichzeitige Graumlber herkoumlmmlicher Art also Grabhuumlgel oder Flachgraumlber die der vergleichbar ausgestatteten reichen Oberschicht im Westen zu gleichen Zwecken dienten aus Suumldmaumlhren kaum bekarmt

Durezza-Schachthoumlhle Sehr wichtig fuumlr die Frage nach der Funktion von

Houmlhlen sind modem untersuchte weitgehend ungeshystoumlrte Fundstellen Eine solche ist die 198990 entshydeckte Durezza-Schachthoumlhle am Tscheltschnigkogel bei Warmbad Villach in Kaumlrnten (Jahrbuch Villach 1997 mit Rezension Peter-Roumlcher) Hier fanden sich die Uumlberreste von mindestens 138 menschlichen Skeletten neben Tierknochen und Trachtbestandteishylen die sich uumlberwiegend in die spaumlte Hallstattzeit (Ha D2 - Lt A1B1) datieren lassen Bedauerlichershyweise waren vor Beginn der wissenschaftlichen Doshykumentation im Sommer 1996 bereits ca zwei Drittel der Befunde und Funde bzw des Schuttkegels durch Mitglieder des Landesvereins fuumlr Houmlhlenkunde unshysachgemaumlszlig untersucht oder besser entfernt worden etwa ein Drittel wurde aber noch ungestoumlrt angetrofshyfen und entsprechend ausgegraben Auch ein Teil des alten Aushubs kormte gesichtet und gesiebt werden Interessant dabei war vor allem daszlig die Houmlhlenforshyscher vornehmlich groszlige und auffaumlllige Knochen gesammelt hatten waumlhrend kleinere und fragmentiershyte im Abraum verblieben (Galik in Jahrbuch Villach 1997 19f) Dieser Umstand ist generell aufschluszligshyreich hinsichtlich der Beurteilung von Fundbergunshygen aus Houmlhlen derm aus einer vermeintlichen Doshyminanz von Schaumldel- und Langknochen wird nicht selten auf Zerstuumlckelung geschlossen Daszlig ein solcher Schluszlig unzulaumlssig ist zeigt dieses Beispiel in aller Deutlichkeit ebenso wie schon das von lR Erl anshygewandte Auswahlverfahren das aufgrund der Zushysammensetzung des noch erhaltenen Skelettmaterials auch von H Wankel in der Stierfelshoumlhle praktiziert worden sein koumlrmte

Die anthropologische Untersuchung ergab eine Mindestindividuenzahl von 138 bestatteten Personen in einer demographischen Zusammensetzung die einem ganz normalen Friedhof entspricht (Abb 5) Die Bearbeiter bezeichneten die Fundsituation als

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Ritual - Opfer - Totenkult

karneraumllmlich wobei die Knochen nicht wie in Beinshyhaumlusern sorgfaltig geschichtet sondern durchmischt und vielfach auch zerbrochen waren Dies ist der fiir eine Schachthoumlhle zu erwartende Befund da die Toten uumlber einen laumlngeren Zeitraum dw-ch den wie ein Trichter wirkenden Einwurfspalt (Doline) in die Houmlhle kamen und so immer wieder die bereits darin befmdlichen stoumlrten Hinzu kamen vermutlich Bergshystuumlrze Wassereinbruumlche und Steinschlaumlge (S Fabrishyzii-ReuerfE Reuer in Jahrbuch Villach 1997 125ff)

Die Analyse der Tierknochen zeigte das lTberwieshygen von Haustieren Neben Knochen von Pferden und SchafenZiegen lieszligen sich Rind und Schwein nachshyweisen vor allem aber mindestens 45 meist adulte Hunde zahlenmaumlszligig eine interessante Uumlbereinstimshymung mit den 41 als maumlnnlich bestimmten erwachseshynen Bestatteten Die Tiere scheinen ganz wie beishyspielsweise ein Rind oder in groumlszligeren Teilen eingeshybracht worden zu sein und duumlrften sowohl Beigaben als auch Opfer repraumlsentieren wofiir insbesondere das gleiche Sterbealter der infantilen Tiere einige der SchafeZiegen Pferde und Schweine im MaiJuni spricht (A Galik in Jahrbuch Villach 1997 87ff) Dabei koumlnnte beispielsweise an Feiern fur die Vershystorbenen bzw Ahnen gedacht werden die mehr oder weniger regelmaumlszligig aber immer zu einer bestinunten Jahreszeit abgehalten wurden

Eine bronzene Kalmfibel mit Armbrustkonstruktishyon eine ostalpine Tierkopffibel ein gewissermaszligen in situ an Unterarmknochen befindlicher Spiralarmshyreif drei Fingerringe elf bandfoumlrmige Haarringe aus Bronzeblech zwei Spiralringe und drei Glasperlen davon eine an einem Bronzekettchen repraumlsentieren neben einigen Webgewicht- und Keramikfragmenten den noch vorhandenen Fundbestand Laut P Gleirshyscher (in Jahrbuch Villach 1997 31ff mit Abb 213ff) lassen sich die Trachtbestandteile auf zwei bis drei Frauengarnitw-en aufteilen woraus er folgerte daszlig die Toten nicht wie bei Bestattungen uumlblich in wer Tracht sondern in Tuumlcher gehuumlllt oder nackt in den Schacht geworfen wurden Die ostalpine Tiershykopffibel gehoumlrt jedoch im allgemeinen zur Maumlnnershytracht und der anthropologischen Untersuchung zufolge konnten an den Knochen aus allen Schichten in gleichmaumlszligiger Verteilung GruumlnverHirbungen beoshybachtet werden so daszlig ein Teil der w-spruumlnglich vorhandenen Trachtausstattung offenbar fehlt Naumlher eingrenzen laumlszligt sich der Verlust nicht da keine Knoshychen- bzw Individuenanzahl genannt ist Ob mit einem derartigen Verlust in Houmlhlen zu rechnen ist oder sich hier die grobe Vorgehensweise der Houmlhlenshyforscher bemerkbar macht auch wenn das von ilmen geborgene Material darunter die Trachtbestandteile fuumlr die Auswertung zur Verfugung stand oder sich noch Funde in dem zur Verfullung der Doline benutzshyten Aushub nach Einbringung eines verschlieszligbaren Kunststoffrohres im Jahr 1991 befmden laumlszligt sich anband der Publikation nicht entscheiden

Bisher wurde fur die Durezza-Houmlhle eine Deutung als Opferschacht der als Begraumlbnisschacht vorgezoshygen und zwar mit Bezug auf andere gleichzeitig oder auch zu anderen Zeiten genutzte Houmlhlen wie dem Kleebergschacht dem Dietersbergschacht oder der Esperhoumlhle die bereits Erwaumllmung fanden (P Gleirscher in Jahrbuch Villach 1997 2J3ff Fashybrizii-ReuerGalikiGleirscherlReuer 1998) Funde und Befunde stinunen jedoch am besten mit einer Interpretation als Bestattungen uumlberein und die vershygleichsweise hervorragende Untersuchung der Dushyrezza-Houmlhle kann umgekehrt als Vorbild fur eine uumlberzeugendere Einordnung weiterer Houmlhlen dienen fuumlr die weniger Informationen vorliegen

Knochenhaumlhle Dazu gehoumlrt beispielsweise die bereits erwaumlhnte

Knochenhoumlhle (Okostna jama) bei St KanzishyanSkocjan im istrischen Karst geographisch gesehen der Dw-ezza-Houmlhle sehr viel naumlher als die bayerischen Houmlhlen und heute ebenso wie diese haumlufig als Opfershyhoumlhle in Anspruch genommen Fuumlr 1 Szombatby der die Ausgrabungen im Jahre 1911 leitete und den damit beauftragten Herrn Savini betreute handelte es sich hier jedoch ohne jeden Zweifel um Bestattungen und dies aus guten Gruumlnden Allerdings konnten nwshyeinige Schnitte angelegt werden bevor die Untersushychung aufgrund der immer wieder abrutschenden Scbuttmassen abgebrochen werden muszligte so daszlig nur ein kleiner Einblick in die Sachlage moumlglich war wie Szombathy betonte (1937 173)

Die Fundverhaumlltnisse sind ganz aumlhnlich wie in der Durezza-Houmlhle was aufgrund der schachthoumlhlenartishygen Situation auch nicht verwundert (Abb 6) Die fundfuhrenden Bereiche (Schichten 4 und 5 Abb 7) bestanden aus regellos verteilten Menschen- und Tierknochen Metallgegenstaumlnden Kalksteinschutt und Erde Neun nahezu vollstaumlndig erhaltene Bronzeshylanzenspitzen und sechzehn Fragmente drei Lanzenshyschuhe eine eiserne Lanzenspitze ein eisernes Lapshypenbeil elf Bronzeknoumlpfe ein Bronzesichelfragment eine Bronzespiralrolle Fragmente eines Bronzegefaumlshyszliges und einige Scherben kamen zu seiner Kenntnis wie Szombathy es formulierte (1937 175)

Nach Abbruch der Grabungen uumlbergab Savini noch einige zunaumlchst von ihm einbehaltene Funde angeblich aus einem Grab dessen genaue Position nicht mehr feststellbar war Da auch die zugehoumlrishygen Knochen nicht von einem einzigen Skelett stammten (ebd 184) duumlrfte Savini bei seiner Raubshygrabung eine aumllmJiche Situation angetroffen haben wie sie sich auch sonst zeigte Eine Certosafibel eine Bronzepinzette zwei noch an den Knochen befmdlishyche Fingerringe drei Fragmente eines Armreifs sowie eine zerdruumlckte Bronzesitula mit Inschrift ergaumlnzen den verhaumlltnismaumlszligig reichen Fundbestand der eine Nutzung wohl uumlber die gesamte Hallstattzeit belegt (ebd 176f Fig 187-191)

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Heidi Peter-Roumlcher

Angaben in absoluten Zahlen (n = 138)

40 35

30 25 20 15 10 5 O~-LmiddotI----~-L____~~

45 ~------------~~--------------~

infans I infansII juvenil adult matur erWltlchsen

[]gesamt

bull davon veiblich

[] davon maumlnnlich

Abb 5 Durezza-Houmlhle Alters- UIld Geschlechtszusa=ensetzung (nach Jahrbuch Villacb 1997 141 Tab 4)

J(

B

s

Abb 6 Knochenhoumlhle GrUIldriszlig- UIld Laumlngsschnittskizze ohne Maszligstab (nach Szombatby 1937)

6 5

5

l

Abb 7 Knochenhoumlhle Profilskizzen der Schnitte c-d (links) UIld g-h Maszligstab 1 100 (nach Szombatby 1937)

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Ritual- Opfer - Totenkult

8emdmiddot Saal

N

HeinfriedshyMille

CJ ArcMoJogischer Teil

Sm

Abb 8 LichtensteinhoumlhJe archaumlologisch relevanter Beshyreich (nach Flindt 2002)

Die geborgenen Menschenknochen teils ganz teils in Bruchstuumlcken umfaszligten 11 Schaumldel 19 Oberarm- 27 Unterannknochen 20 Oberschenkelshyknochen 9 Schienbeine und das sei betont da zuweishylen vom Einbringen von Leichen- oder Skeletteilen die Rede ist8

in entsprechender Anzahl Reste des uumlbrigen Skelettes (Szombathy 1937 180) Es karm daher wohl vom Einbringen ganzer Leichen ausgeshygangen werden Die einwurzeligen Zaumlhne waren zum Teil postmortal ausgefallen wie zu erwarten nicht absichtlich ausgebrochen9

Szombathy (1937 184) zufolge handelte es sich um Maumlnner zwischen 18 und 40 Jahren beim Schaumldel des Savini-Skelettes um einen Mann zwischen 40 und 60 Jahren mit vier vershyheilten Hiebverletzungen Ob bei der Knochenhoumlhle von einem Bestattungsplatz vorwiegend fuumlr Maumlrmer

8 ZB ParzingerlNekvasiJlBarth 1995 195 9 Vgl ebd

oder Krieger gesprochen werden karm laumlszligt sich schwer sagen da nur Ausschnitte bekarmt sind Inteshyressant ist in diesem Zusammenhang jedoch die Anashylyse der Tierknochen die einen hohen Anteil an Rinshydern und Hunden bzw Woumllfen ergaben (Szombathy 1937189 Jahrbuch Villach 1997223) Dies erinnert wiederum an die Durezza-Houmlhle

Fliegenhaumlhle Auf die Funde aus der nahe der Knochenhoumlhle geshy

legenen Fliegenhoumlhle (Musja jama) soll an dieser Stelle nicht naumlher eingegangen werden da das in die spaumlte Bronze-Urnenfelderzeit zu datierende und damit aumlltere Material eine andere Zusammensetzung aufweist und zudem Menschenknochen fehlen J Szombathy (1937 134) wies lediglich auf verstreute Holzkohlerestchen und wenige (wohl kalzinierte) Knochen hin wobei unklar bleibt ob von Mensch oder Tier Aus dieser Angabe auf potentielle Menshyschenopfer zu schlieszligen 10 erscheint gewagt die Intershypretation als Opfer hingegen nicht (vgl Turk 1997 49 TerzanTurk im Druck)

Lichtensteinhaumlhle Eine weitere Houmlhle muszlig jedoch ausfuumlhrlicher Erwaumlhshynung finden und zwar die erst 1980 entdeckte und Mitte der neunziger Jahre archaumlologisch untersuchte Lichtensteinhoumlhle im Harz (zuletzt F1indt 2002) Hier fanden sich in mehreren durch sehr enge Gaumlnge verbundenen Kammern (Abb 8) die Uumlberreste von -nach derzeitigem Forschungsstand - 38 Individuen zusammen mit diversen Beigaben (vor allem Schmuck und Trachtbestandteile aber auch Keramik sowie zwei Bronzepfeilspitzen) die eine Datierung in die Urnenfelderzeit ermoumlglichen und einen Nutshyzungszeitraum von rund 200 Jahren zwischen 1000 und 700 v ehr nahelegen Im sogenannten BerndshySaal in den der heute verschuumlttete ehemalige Zugang muumlndete wurden auszliger mehreren teils uumlbereinandershyliegenden Feuerstellen Nahrungsreste ganze und zerscherbte Gefaszlige verbrannte Feldfruumlchte ua angeshytroffen In den uumlbrigen Kammern fanden sich menschliche Skelettreste samt Beigaben ganz uumlbershywiegend nicht mehr im anatomischen Verband sonshydern beiseite geschoben - auch dies ein Hinweis auf wiederholte Begehungen Vennutlich gegen Ende der Belegungszeit wurde der Bemd-Saal ebenfalls fuumlr Bestatttmgen genutzt Geschlechtsshy und Alterszushysammensetzung weisen keine Besonderheiten auf die hier bestatteten Individuen wurden weder getoumltet noch zerlegt sie waren mit Beigaben versehen und ausweislich der Spuren im Bemd-Saal im Rahmen von angemessenen Totenrirualen in der Houmlhle beigeshysetzt

Funde und Befunde legen also zweifellos eine Deutung der Lichtensteinhoumlhle als Bestattungsplatz nahe Dennoch wurde sie schon kurz nach der

10 Vgl ebd

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Heidi Peter-Roumlcher

Angaben in absoluten Zahlen (n = 23)

7

6

5 IJgesamt

4 - bull davon ~iblich 3 r- odavon maumlnnlich 2

I - o infans I infansll juvenil adult matur-senil

Abb 9 Lichtensteinhoumlhle Alters- und Geschlechtszusamrnensetzung (nach FlindtILeiber 199884 Tab I)

Entdeckung als Opferstaumltte bezeiclmet da es aufshygrund der Enge der Durchgaumlnge unmoumlglich sei Leishychen einzubringen (MaierlLinke 1987 33 ebenso noch FlindtfLeiber 1998 56 77) Als weitere Argushymente dienten ein angeblicher Mangel an Beigaben die kultischen Handlungen im Bernd-Saal und eine vermeintlich ungewoumllmliche Alters- und Geshyschlechtszusammensetzung mit einem Uumlberwiegen von Maumlnnern l - bei naumlherer Betrachtung allerdings nur in den Altersklassen Infans I und II (Abb 9)

Neuerdings wird jedoch wenngleich widershyspruumlchlich und inkonsequent auch die Moumlglichkeit der Deutung als Bestattungsplatz in Erwaumlgung gezoshygen zumindest fuumlr einen Teil der Raumlume und die Schluszligphase der Nutzung (Flindt 2002 13) da die Untersuchung der DNA die zu erwartenden - von den Bearbeitern aber offenbar nicht vermuteten - vershywandtschaftlichen Bindungen der dort niedergelegten Individuen ergeben hat Es wird von einer Groszligfamishylie oder einem Clan ausgegangen Aufgrund des inshyzwischen als reich angesehenen Schmuckinventars und des robusten auf eine gute Ernaumlhrung weisenden Koumlrperbaus soll es sich um Angehoumlrige einer privileshygierten Bevoumllkerungsgruppe handeln die moumlglichershyweise auf der nahegelegenen Pipinsburg ansaumlssig war (ebd)

Die Frage ist jedoch ob sich allein mit dem Arshygument Verwandtschaft die Deutung als Menshyschenopfer ausschlieszligen laumlszligt Wer koumlnnte als Opfer gedient haben wer opferte Wie war die Gesellschaft strukturiert die Menschenopfer darbrachte Vielshyleicht wurden zur Opferbeschaffung Doumlrfer der naumlheren Umgebung uumlberfallen deren Einwohner durch Heiratsbeziehungen eng miteinander verbunshyden waren Auch damit lieszlige sich Verwandtschaft erklaumlren Entscheidend rur eine Interpretation als Bestattungen sind die Funde der Befund und vor

Flindt 1996 1997 FlindtlLeiber 1998 mit Rezension PetershyRoumlcher ferner dies 1998 IOf

allem die demographische Zusammensetzung nicht die Ergebnisse der DNA-Analyse die jedoch rur eine Eroumlrterung der Sozialstruktur der bestattenden Geshymeinschaft ungemein wichtige Erkenntnisse liefert und damit ein neues Forschungsfeld eroumlffnet interesshysant hinsichtlich der Nutzung von Houmlhlen waumlre aber die Untersuchung der Frage ob bestimmte Gemeinshyschaften sei es in der Stein- der Bronze- oder der Eisenzeit jeweils sowohl Graumlberfelder als auch Houmlhshylen oder nur eine der beiden Moumlglichkeiten als Beshystattungsplatz genutzt haben und nach welchen Krishyterien eine solche Wahl erfolgte J2

Dies wuumlrde auch den im Zusammenhang mit Houmlhlen gerne verwendeshyten Begriff Sonderbestattung zu schaumlrfen helfen J3

bull

Ergebnisse

Viele Funde und Befunde aus Houmlhlen sind aufshygrund mangelhafter Dokumentation teilweise verloshyrengegangener Unterlagen und Funde spezifischer Bergungsgewohnheiten der Ausgraumlber fehlender moderner anthropologischer Untersuchungen etc kaum noch beurteilbar Sofern ausreichende informashytionen vorliegen zeigt sich jedoch immer ein Beigashybencharakter der Funde und eine demographische Zusammensetzung die mit der gleichzeitiger Friedshyhoumlfe uumlbereinstimmt oder sie ergaumlnzt Das haumlufig geshygen Bestattungen verwendete Argument des weitgeshyhenden Fehlens anatomischer Zusammenhaumlnge der Skelettreste aus Houmlhlen laumlszligt sich nicht zugunsten der

12 So dachte N Baum (1999 101 ) beispielsweise aufgrund seiner palaumlodontologisch-anthropologischen Untersuchungsergebnisse fuumlr den Dietersbergschacht an eine Gruppe oder einen Familienvershyband von Wald- bzw Wildirnkern Auch Siedlungsbestattungen waumlren hier einzubeziehen IJ Je mehr Houmlhlen als Bestattungsplaumltze erkannt werden desto gewoumlhnlicher erschetnt ein solcher Ort und desto unzutreffender die Definition als Sonderbestattung ein Begriff der ohnehin in der Art wie er oft angewendet wird problematisch wirkt

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Ritual- Opfer - Totenkult

Opferinterpretation verwenden da diese gar nicht zu erwarten sind nicht in Horizontalboumlhlen wenn die Toten lediglich auf den Boden gelegt worden sind und schon gar nicht in Schachthoumlhlen in die die Toshyten eingeworfen wurden Fuumlr die Annahme einer anthropogenen Einwirkung waumlren zumindest Schnittshyspuren notwendig die in der Regel fehlen und bei denen eine Entscheidung zwischen Opfer und Sekunshydaumlrbestattung nur unter Beachtung der Beifunde und der demographischen Zusammensetzung getroffen werden koumlnnte Hinzu kommt in Houmlhlen ein gegenshyuumlber einzelnen Graumlbern moumlglicherweise erweitertes Fundspektrum - Uumlberreste verschiedener Rituale die mit Tod Bestattung Verpflichtungen gegenuumlber Verstorbenen Abwehr Ahnenverehrung Bitten um Beistand etc in Zusammenhang stehen moumlgen Dies kann Tier- oder generell Speiseopfer zerscherbte Gefaszlige Brandreste Steine ferner beispielsweise auch als Votivgaben zu bezeichnende Gegenstaumlnde umfassen um nur einige Moumlglichkeiten zu nennen Wie eingangs dargestellt sind Bestattungsplaumltze zuweilen mehr als nur Deponierungsorte fiir die Toshyten Erinnert sei in diesem Zusammenhang lediglich an christliche Kirchen mit ihren Gruumlften Friedhoumlfen und Beinhaumlusern

Auch die numinose Ergriffenheit die heutige Houmlhlenbesucher zuweilen erfaszligt also die von IR ErI betonte bedeutungsvolle Eigenart der FundsteIlen selbst kann fiir eine Interpretation keine Rolle spieshylen Ob die damaligen Nutzer vergleichbare Empfmshydungen hatten oder nicht wird fiir immer unbekannt bleiben Daszlig Houmlhlen generell oder zumindest Schachthoumlhlen als Zugang zu einer unterirdischen jenseitigen chthonischen Welt aufgefaszligt wurden ist moumlglich mag sich aber von einem Verbringen in die Erde bedeutungs maumlszligig gar nicht unterschieden hashyben Sofern Funde und Befunde keine profane Deushytung nahelegen handelt es sich also sehr wohl um heilige Orte die jedoch im Zusammenhang mit Toshytenritual und Ahnenkult zu sehen sind

Die verbreitete Vorstellung von Opferhoumlhlen in denen zahlreich Maumlnner Frauen und Kinder jeden Alters chthonischen oder Fruchtbarkeitsgoumlttern darshygebracht wurden laumlszligt sich angesichts der Erkenntnisshyse moderner Grabungen und der Analysen aumllterer Untersuchungen kaum mehr aufrechterhalten Eine solche Interpretation muumlszligte im Einzelfall jeweils begruumlndet werden beispielsweise mit relevanten Unterschieden zum gleichzeitigen vermeintlich regushylaumlren Grabbrauch und im Vergleich zu bekannten Opferbraumluchen an anderen Orten

Genannt seien etwa Brandopferplaumltze die ein gaumlnzlich anderes Bild ergeben naumlmlich in der Regel vor allem verbrannte Haustierknochen und Gefaszligresshyte - wo Menschenknochen auftreten wie am Rungger Egg1

weisen Baulichkeiten und Funde auf Bestatshy

14 Gleirscher 1992 und Vortrag im Institut fuumlr Prahistorische AIshychaumlologie der Freien Universitaumlt Berlin im Juni 2000 allgemein zu Brandopferplaumltzen zB Weiss 1997

tungen vielleicht in Verbindung mit einem Heiligtum Jedoch steht die Forschung hier erst am Anfang Im Graben des eingangs genannten Heiligtums von Vix fanden sich diverse Schalen sowie Haustierknochen darunter ein sehr hoher Anteil an Schaumldel- und Kieshyferknochen und zwar von Rind SchafZiege Schwein und Hund Die Funde aus Viereckschanzen lassen sich ebensowenig mit denen aus Houmlhlen vershygleichen Fuumlr Menschenopfer gibt es keine Hinweise insbesondere nicht in den Schaumlchten oder Brunnen lediglich die auch in antiken Quellen genannten Schaumldeltrophaumlen lassen sich zuweilen belegen ferner Einzelknochen die mit den Funden im Oppidum von Manching und anderen Oppida vergleichbar sind und ebenso wie die Schaumldel wohl als Sekundaumlrbestattunshygen oder Trophaumlen gelten koumlnnen l5

An einem Opfershyplatz wie dem Heidentor bei Egesheim auf der Schwaumlbischen Alb fand sich fast ausschlieszliglich Schmuck und zwar uumlberwiegend Fibeln (BaushyerKuhnen 1995) Kurz zusammengefaszligt Auffaumlllige Uumlbereinstimmungen mit dem Fundbestand aus Houmlhshylen sind nicht feststellbar

Auch antike Schriftquellen wenn einmal von eishynem Urteil uumlber ihre Glaubwuumlrdigkeit hinsichtlich der Darbringung von Menschenopfern bei den Kelten abgesehen wird (vgl ZB Whimster 1981 177) lasshysen sich in dieser Hinsicht nicht auswerten derm es ist von heiligen Hainen und Plaumltzen die Rede Ledigshylich Pomponius Mela erwaumlhnt Houmlhlen und zwar im Zusammenhang mit Druiden die die Edelsten des Volkes lange Zeit im Verborgenen unterweisen in einer Houmlhle oder in abgelegenen Bergwaumlldern Dies duumlrfte dazu gedient haben einen urtuumlmlichen Charakshyter des gallischen Priesterwesens zu unterstreichen (Maier 2001 157f)

Immerhin scheint sich das schriftlich uumlberlieferte Geloumlbnis der Kelten nach erfolgreicher Schlacht die Kriegsbeute zu opfern archaumlologisch zu bestaumltigen etwa im zu Beginn bereits erwaumllll1ten Heiligtum von Ribemont-sur-Ancre Daszlig zu dieser Beute auch Geshyfangene oder in der Schlacht Gefallene gehoumlrten die ebenso geopfert wurden ist gut denkbar Am selben Ort scheinen aber offenbar auch die eigenen Krieger im Rahmen komplizierter Rituale bestattet worden zu sein wiederum ein Hinweis darauf daszlig heilige Orte keine eindimensionale Betrachtungsweise verdienen

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Ritual - Opfer - Totenkult

Abb 3 Kleebergschacht Lage der Skelettreste (I) des Geweihhammers (2) der Holzkohle und des gestoumlrten Bereichs ohne Maszligstab (nach Leja 1987)

lungen angenommen werden muumlszligte da viele gleichshyzeitige regulaumlre Bestattungen in der Umgebung der Schachthoumlhlen existierten Vor allem aber betonte er die bedeutungsvolle Eigenart der Fundstaumltte selbst die ihn an einen Opferplatz denken lieszlig Eingebracht wurden mit Beigaben (Schmuck Perlen eine Lanshyzenspitze eine Schale7

) versehene Erwachsene Jushygendliche Kinder Kleinkinder und Foumlten und zwar als ganze Leichen Diese Details fanden nicht immer Beachtung ist doch zuweilen aufgrund des nicht vollstaumlndig erhaltenen Skelettmaterials von einer Zerstuumlckelung der Opfer und dem Einbringen von Leichenteilen die Rede (RieckhofflBiel 2001 195) Eine derartige sprachliche Verdeutlichung des Opfershygedankens findet sich nicht selten beispielsweise im Fall der Jungfernhoumlhle wo trotz fehlender Spuren von Toumltung und Zerstuumlckelung gesprochen wurde ebenso im Fall der Esperhoumlhle bei Leutzdorf wo sich Einwirkungen stumpfer Gewalt an einigen Schaumldeln die beim Einwerfen der Toten in den Schacht entshystanden sein koumlnnen zu Hiebverletzungen umgewanshydelt fmden (AbeIs in ebd 350)

Die spaumlthallstatt-fruumlhlatenezeitlichen Funde aus dem Dietersbergschacht wurden kuumlrzlich durch N Baum (1999) neu vorgelegt und mit guten Gruumlnden als Bestattungen interpretiert Er konnte wahrscheinshylich machen daszlig die heutige luumlckenhafte Zusammenshysetzung des Skelettmaterials vorwiegend auf eine bewuszligte Auswahl des Ausgraumlbers zuruumlckzufuumlhren ist der sich auf die fuumlr die Auswertung wichtigen Knoshychen konzentrierte Die demographische Zusammenshy

7 VgL Baum 1999 Abb 5-6

setzung entspricht einer normalen Friedhofspopulatishyon (Abb 4) Damit entfaumlllt auch hier die interpretatishyon als Opfer (vgl ebenso bereits Peter-Roumlcher 1994 43)

Esperhoumlhle Ahnlieh luumlckenhaft zusammengesetzt ist das Mashy

terial einer weiteren Grabung von IR Erl die er in der bereits erwaumllUlten Esperhoumlhle bei Leutzdorf durchgefiihrt hatte und deren Ergebnisse erst kuumlrzlich aus den noch vorhandenen Unterlagen und Funden zusammengestellt und als Nachweis von Opfern interpretiert wurden (GrafiRivera 1996 Schroumlter 1996) Da sich an den Knochen keine Schnitt- oder Hackspuren fanden die urspruumlngliche Zusammensetshyzung des Skelettrnaterials unbekannt ist und Erl vershymutlich bereits selbst eine gewisse Auswahl getrofshyfen hat erscheint die Annahme der Bearbeiter daszlig nur Teile von Mensch und Tier in den Schacht geshyworfen wurden jedoch wenig uumlberzeugend Auffaumlllig ist dagegen die Altersstruktur denn fuumlnf der acht als maumlnnlich bestinunten Individuen wiesen matures Alter auf ein im Vergleich mit Graumlberfeldern ungeshywoumlhnlich hoher Anteil Ferner konnten zwei Frauen zwei weitere Erwachsene zwei Jugendliche und drei Kinder bestimmt werden Da Erl zudem haumlufig Reste von Kleinkindern und Foumlten erwaumlhnte liegt der Geshydanke an Seuchen Epidemien oder Hungersnoumlte nahe in deren Folge zuerst die wenig Widerstandsfaumlshyhigen sterben vor allem Kinder und alte Menschen aber auch Schwangere Angesichts der luumlckenhaften Uumlberlieferung bleibt eine solche Uumlberlegung jedoch

89

Heidi Peter-Roumlcher

Angaben in Prozent (n = 43)

30 ~

25 -20

rshy15

I10 r-rshy -5 no

fetal infans I infans II juvenil fiiihaduJt spaumltadult fruumlhmatur

Abb 4 Dietersbergschacht Alterszusammensetzung (nach Baum 1999 94f)

spekulativ Weniger auffaumlllig ist der houmlhere Anteil an Maumlrm ern der sich auch in Friedhoumlfen zuweilen beshymerkbar macht (ausfuumlhrlicher zur EsperhoumlhJe PetershyRoumlcher 1998 24ff) Die Toten waren wie im Dieshytersbergschacht nur mit am Koumlrper getragenem Schmuck ausgestattet nicht mit Fibeln Nadeln oder Guumlrtelbestandteilen weshalb es sich um Opfer nicht um Bestattungen handeln soll Ein Vergleich mit Graumlberfeldern zeigt aber daszlig eine solche Ausstattung keineswegs als ungewoumlhnlich anzusehen ist (ebd 26 Baum 1999 104) Auch im Fall der Esperhoumlhle hanshydelt es sich also um einen Bestattungs- nicht um einen Opferplatz Festzuhalten bleibt nur daszlig die Oberschicht in diesem Gebiet offensichtlich andere Bestattungsplaumltze bevorzugte

ByCi skala-Houmlhle Im maumlluischen Karst zeigt sich ein anderes Bild

Hier nutzte nach Ausweis der Funde und Befunde gerade die reiche Oberschicht eine Houmlhle die ByCi skala- oder StierfelshoumlhJe als Bestattungsplatz Wld Heiligtum (Peter-Roumlcher 1998) Die Ausgrabungen fanden bereits in den Jahren 1869 und 1872 statt und die Informationen uumlber die Ergebnisse sind duumlrftig Der Ausgraumlber H Wanke I (1882) sah eine Haumluptshylingsbestattung mit Menschenopfern andere eine Gruft fuumlr Kollektivbestattungen (Angel i 1970) einen Unfallort (Nekvasi IPodborsk)l 1991 3Off ) oder einen Opferplatz (BergIRolleSeemarm 1981 ParzinshygerlNekvasilBarth 1995) Um einen solchen duumlrfte es sich zweifellos auch gehandelt haben da im Rahmen von Totenritualen und Ahnenverelmmg Opfer dargeshybracht wurden die sich auf Graumlberfeldern nicht imshymer nachweisen lassen Ansonsten spricht jedoch nichts gegen einen Bestattungsplatz Im Gegenteil sind gleichzeitige Graumlber herkoumlmmlicher Art also Grabhuumlgel oder Flachgraumlber die der vergleichbar ausgestatteten reichen Oberschicht im Westen zu gleichen Zwecken dienten aus Suumldmaumlhren kaum bekarmt

Durezza-Schachthoumlhle Sehr wichtig fuumlr die Frage nach der Funktion von

Houmlhlen sind modem untersuchte weitgehend ungeshystoumlrte Fundstellen Eine solche ist die 198990 entshydeckte Durezza-Schachthoumlhle am Tscheltschnigkogel bei Warmbad Villach in Kaumlrnten (Jahrbuch Villach 1997 mit Rezension Peter-Roumlcher) Hier fanden sich die Uumlberreste von mindestens 138 menschlichen Skeletten neben Tierknochen und Trachtbestandteishylen die sich uumlberwiegend in die spaumlte Hallstattzeit (Ha D2 - Lt A1B1) datieren lassen Bedauerlichershyweise waren vor Beginn der wissenschaftlichen Doshykumentation im Sommer 1996 bereits ca zwei Drittel der Befunde und Funde bzw des Schuttkegels durch Mitglieder des Landesvereins fuumlr Houmlhlenkunde unshysachgemaumlszlig untersucht oder besser entfernt worden etwa ein Drittel wurde aber noch ungestoumlrt angetrofshyfen und entsprechend ausgegraben Auch ein Teil des alten Aushubs kormte gesichtet und gesiebt werden Interessant dabei war vor allem daszlig die Houmlhlenforshyscher vornehmlich groszlige und auffaumlllige Knochen gesammelt hatten waumlhrend kleinere und fragmentiershyte im Abraum verblieben (Galik in Jahrbuch Villach 1997 19f) Dieser Umstand ist generell aufschluszligshyreich hinsichtlich der Beurteilung von Fundbergunshygen aus Houmlhlen derm aus einer vermeintlichen Doshyminanz von Schaumldel- und Langknochen wird nicht selten auf Zerstuumlckelung geschlossen Daszlig ein solcher Schluszlig unzulaumlssig ist zeigt dieses Beispiel in aller Deutlichkeit ebenso wie schon das von lR Erl anshygewandte Auswahlverfahren das aufgrund der Zushysammensetzung des noch erhaltenen Skelettmaterials auch von H Wankel in der Stierfelshoumlhle praktiziert worden sein koumlrmte

Die anthropologische Untersuchung ergab eine Mindestindividuenzahl von 138 bestatteten Personen in einer demographischen Zusammensetzung die einem ganz normalen Friedhof entspricht (Abb 5) Die Bearbeiter bezeichneten die Fundsituation als

90

Ritual - Opfer - Totenkult

karneraumllmlich wobei die Knochen nicht wie in Beinshyhaumlusern sorgfaltig geschichtet sondern durchmischt und vielfach auch zerbrochen waren Dies ist der fiir eine Schachthoumlhle zu erwartende Befund da die Toten uumlber einen laumlngeren Zeitraum dw-ch den wie ein Trichter wirkenden Einwurfspalt (Doline) in die Houmlhle kamen und so immer wieder die bereits darin befmdlichen stoumlrten Hinzu kamen vermutlich Bergshystuumlrze Wassereinbruumlche und Steinschlaumlge (S Fabrishyzii-ReuerfE Reuer in Jahrbuch Villach 1997 125ff)

Die Analyse der Tierknochen zeigte das lTberwieshygen von Haustieren Neben Knochen von Pferden und SchafenZiegen lieszligen sich Rind und Schwein nachshyweisen vor allem aber mindestens 45 meist adulte Hunde zahlenmaumlszligig eine interessante Uumlbereinstimshymung mit den 41 als maumlnnlich bestimmten erwachseshynen Bestatteten Die Tiere scheinen ganz wie beishyspielsweise ein Rind oder in groumlszligeren Teilen eingeshybracht worden zu sein und duumlrften sowohl Beigaben als auch Opfer repraumlsentieren wofiir insbesondere das gleiche Sterbealter der infantilen Tiere einige der SchafeZiegen Pferde und Schweine im MaiJuni spricht (A Galik in Jahrbuch Villach 1997 87ff) Dabei koumlnnte beispielsweise an Feiern fur die Vershystorbenen bzw Ahnen gedacht werden die mehr oder weniger regelmaumlszligig aber immer zu einer bestinunten Jahreszeit abgehalten wurden

Eine bronzene Kalmfibel mit Armbrustkonstruktishyon eine ostalpine Tierkopffibel ein gewissermaszligen in situ an Unterarmknochen befindlicher Spiralarmshyreif drei Fingerringe elf bandfoumlrmige Haarringe aus Bronzeblech zwei Spiralringe und drei Glasperlen davon eine an einem Bronzekettchen repraumlsentieren neben einigen Webgewicht- und Keramikfragmenten den noch vorhandenen Fundbestand Laut P Gleirshyscher (in Jahrbuch Villach 1997 31ff mit Abb 213ff) lassen sich die Trachtbestandteile auf zwei bis drei Frauengarnitw-en aufteilen woraus er folgerte daszlig die Toten nicht wie bei Bestattungen uumlblich in wer Tracht sondern in Tuumlcher gehuumlllt oder nackt in den Schacht geworfen wurden Die ostalpine Tiershykopffibel gehoumlrt jedoch im allgemeinen zur Maumlnnershytracht und der anthropologischen Untersuchung zufolge konnten an den Knochen aus allen Schichten in gleichmaumlszligiger Verteilung GruumlnverHirbungen beoshybachtet werden so daszlig ein Teil der w-spruumlnglich vorhandenen Trachtausstattung offenbar fehlt Naumlher eingrenzen laumlszligt sich der Verlust nicht da keine Knoshychen- bzw Individuenanzahl genannt ist Ob mit einem derartigen Verlust in Houmlhlen zu rechnen ist oder sich hier die grobe Vorgehensweise der Houmlhlenshyforscher bemerkbar macht auch wenn das von ilmen geborgene Material darunter die Trachtbestandteile fuumlr die Auswertung zur Verfugung stand oder sich noch Funde in dem zur Verfullung der Doline benutzshyten Aushub nach Einbringung eines verschlieszligbaren Kunststoffrohres im Jahr 1991 befmden laumlszligt sich anband der Publikation nicht entscheiden

Bisher wurde fur die Durezza-Houmlhle eine Deutung als Opferschacht der als Begraumlbnisschacht vorgezoshygen und zwar mit Bezug auf andere gleichzeitig oder auch zu anderen Zeiten genutzte Houmlhlen wie dem Kleebergschacht dem Dietersbergschacht oder der Esperhoumlhle die bereits Erwaumllmung fanden (P Gleirscher in Jahrbuch Villach 1997 2J3ff Fashybrizii-ReuerGalikiGleirscherlReuer 1998) Funde und Befunde stinunen jedoch am besten mit einer Interpretation als Bestattungen uumlberein und die vershygleichsweise hervorragende Untersuchung der Dushyrezza-Houmlhle kann umgekehrt als Vorbild fur eine uumlberzeugendere Einordnung weiterer Houmlhlen dienen fuumlr die weniger Informationen vorliegen

Knochenhaumlhle Dazu gehoumlrt beispielsweise die bereits erwaumlhnte

Knochenhoumlhle (Okostna jama) bei St KanzishyanSkocjan im istrischen Karst geographisch gesehen der Dw-ezza-Houmlhle sehr viel naumlher als die bayerischen Houmlhlen und heute ebenso wie diese haumlufig als Opfershyhoumlhle in Anspruch genommen Fuumlr 1 Szombatby der die Ausgrabungen im Jahre 1911 leitete und den damit beauftragten Herrn Savini betreute handelte es sich hier jedoch ohne jeden Zweifel um Bestattungen und dies aus guten Gruumlnden Allerdings konnten nwshyeinige Schnitte angelegt werden bevor die Untersushychung aufgrund der immer wieder abrutschenden Scbuttmassen abgebrochen werden muszligte so daszlig nur ein kleiner Einblick in die Sachlage moumlglich war wie Szombathy betonte (1937 173)

Die Fundverhaumlltnisse sind ganz aumlhnlich wie in der Durezza-Houmlhle was aufgrund der schachthoumlhlenartishygen Situation auch nicht verwundert (Abb 6) Die fundfuhrenden Bereiche (Schichten 4 und 5 Abb 7) bestanden aus regellos verteilten Menschen- und Tierknochen Metallgegenstaumlnden Kalksteinschutt und Erde Neun nahezu vollstaumlndig erhaltene Bronzeshylanzenspitzen und sechzehn Fragmente drei Lanzenshyschuhe eine eiserne Lanzenspitze ein eisernes Lapshypenbeil elf Bronzeknoumlpfe ein Bronzesichelfragment eine Bronzespiralrolle Fragmente eines Bronzegefaumlshyszliges und einige Scherben kamen zu seiner Kenntnis wie Szombathy es formulierte (1937 175)

Nach Abbruch der Grabungen uumlbergab Savini noch einige zunaumlchst von ihm einbehaltene Funde angeblich aus einem Grab dessen genaue Position nicht mehr feststellbar war Da auch die zugehoumlrishygen Knochen nicht von einem einzigen Skelett stammten (ebd 184) duumlrfte Savini bei seiner Raubshygrabung eine aumllmJiche Situation angetroffen haben wie sie sich auch sonst zeigte Eine Certosafibel eine Bronzepinzette zwei noch an den Knochen befmdlishyche Fingerringe drei Fragmente eines Armreifs sowie eine zerdruumlckte Bronzesitula mit Inschrift ergaumlnzen den verhaumlltnismaumlszligig reichen Fundbestand der eine Nutzung wohl uumlber die gesamte Hallstattzeit belegt (ebd 176f Fig 187-191)

91

Heidi Peter-Roumlcher

Angaben in absoluten Zahlen (n = 138)

40 35

30 25 20 15 10 5 O~-LmiddotI----~-L____~~

45 ~------------~~--------------~

infans I infansII juvenil adult matur erWltlchsen

[]gesamt

bull davon veiblich

[] davon maumlnnlich

Abb 5 Durezza-Houmlhle Alters- UIld Geschlechtszusa=ensetzung (nach Jahrbuch Villacb 1997 141 Tab 4)

J(

B

s

Abb 6 Knochenhoumlhle GrUIldriszlig- UIld Laumlngsschnittskizze ohne Maszligstab (nach Szombatby 1937)

6 5

5

l

Abb 7 Knochenhoumlhle Profilskizzen der Schnitte c-d (links) UIld g-h Maszligstab 1 100 (nach Szombatby 1937)

92

Ritual- Opfer - Totenkult

8emdmiddot Saal

N

HeinfriedshyMille

CJ ArcMoJogischer Teil

Sm

Abb 8 LichtensteinhoumlhJe archaumlologisch relevanter Beshyreich (nach Flindt 2002)

Die geborgenen Menschenknochen teils ganz teils in Bruchstuumlcken umfaszligten 11 Schaumldel 19 Oberarm- 27 Unterannknochen 20 Oberschenkelshyknochen 9 Schienbeine und das sei betont da zuweishylen vom Einbringen von Leichen- oder Skeletteilen die Rede ist8

in entsprechender Anzahl Reste des uumlbrigen Skelettes (Szombathy 1937 180) Es karm daher wohl vom Einbringen ganzer Leichen ausgeshygangen werden Die einwurzeligen Zaumlhne waren zum Teil postmortal ausgefallen wie zu erwarten nicht absichtlich ausgebrochen9

Szombathy (1937 184) zufolge handelte es sich um Maumlnner zwischen 18 und 40 Jahren beim Schaumldel des Savini-Skelettes um einen Mann zwischen 40 und 60 Jahren mit vier vershyheilten Hiebverletzungen Ob bei der Knochenhoumlhle von einem Bestattungsplatz vorwiegend fuumlr Maumlrmer

8 ZB ParzingerlNekvasiJlBarth 1995 195 9 Vgl ebd

oder Krieger gesprochen werden karm laumlszligt sich schwer sagen da nur Ausschnitte bekarmt sind Inteshyressant ist in diesem Zusammenhang jedoch die Anashylyse der Tierknochen die einen hohen Anteil an Rinshydern und Hunden bzw Woumllfen ergaben (Szombathy 1937189 Jahrbuch Villach 1997223) Dies erinnert wiederum an die Durezza-Houmlhle

Fliegenhaumlhle Auf die Funde aus der nahe der Knochenhoumlhle geshy

legenen Fliegenhoumlhle (Musja jama) soll an dieser Stelle nicht naumlher eingegangen werden da das in die spaumlte Bronze-Urnenfelderzeit zu datierende und damit aumlltere Material eine andere Zusammensetzung aufweist und zudem Menschenknochen fehlen J Szombathy (1937 134) wies lediglich auf verstreute Holzkohlerestchen und wenige (wohl kalzinierte) Knochen hin wobei unklar bleibt ob von Mensch oder Tier Aus dieser Angabe auf potentielle Menshyschenopfer zu schlieszligen 10 erscheint gewagt die Intershypretation als Opfer hingegen nicht (vgl Turk 1997 49 TerzanTurk im Druck)

Lichtensteinhaumlhle Eine weitere Houmlhle muszlig jedoch ausfuumlhrlicher Erwaumlhshynung finden und zwar die erst 1980 entdeckte und Mitte der neunziger Jahre archaumlologisch untersuchte Lichtensteinhoumlhle im Harz (zuletzt F1indt 2002) Hier fanden sich in mehreren durch sehr enge Gaumlnge verbundenen Kammern (Abb 8) die Uumlberreste von -nach derzeitigem Forschungsstand - 38 Individuen zusammen mit diversen Beigaben (vor allem Schmuck und Trachtbestandteile aber auch Keramik sowie zwei Bronzepfeilspitzen) die eine Datierung in die Urnenfelderzeit ermoumlglichen und einen Nutshyzungszeitraum von rund 200 Jahren zwischen 1000 und 700 v ehr nahelegen Im sogenannten BerndshySaal in den der heute verschuumlttete ehemalige Zugang muumlndete wurden auszliger mehreren teils uumlbereinandershyliegenden Feuerstellen Nahrungsreste ganze und zerscherbte Gefaszlige verbrannte Feldfruumlchte ua angeshytroffen In den uumlbrigen Kammern fanden sich menschliche Skelettreste samt Beigaben ganz uumlbershywiegend nicht mehr im anatomischen Verband sonshydern beiseite geschoben - auch dies ein Hinweis auf wiederholte Begehungen Vennutlich gegen Ende der Belegungszeit wurde der Bemd-Saal ebenfalls fuumlr Bestatttmgen genutzt Geschlechtsshy und Alterszushysammensetzung weisen keine Besonderheiten auf die hier bestatteten Individuen wurden weder getoumltet noch zerlegt sie waren mit Beigaben versehen und ausweislich der Spuren im Bemd-Saal im Rahmen von angemessenen Totenrirualen in der Houmlhle beigeshysetzt

Funde und Befunde legen also zweifellos eine Deutung der Lichtensteinhoumlhle als Bestattungsplatz nahe Dennoch wurde sie schon kurz nach der

10 Vgl ebd

93

Heidi Peter-Roumlcher

Angaben in absoluten Zahlen (n = 23)

7

6

5 IJgesamt

4 - bull davon ~iblich 3 r- odavon maumlnnlich 2

I - o infans I infansll juvenil adult matur-senil

Abb 9 Lichtensteinhoumlhle Alters- und Geschlechtszusamrnensetzung (nach FlindtILeiber 199884 Tab I)

Entdeckung als Opferstaumltte bezeiclmet da es aufshygrund der Enge der Durchgaumlnge unmoumlglich sei Leishychen einzubringen (MaierlLinke 1987 33 ebenso noch FlindtfLeiber 1998 56 77) Als weitere Argushymente dienten ein angeblicher Mangel an Beigaben die kultischen Handlungen im Bernd-Saal und eine vermeintlich ungewoumllmliche Alters- und Geshyschlechtszusammensetzung mit einem Uumlberwiegen von Maumlnnern l - bei naumlherer Betrachtung allerdings nur in den Altersklassen Infans I und II (Abb 9)

Neuerdings wird jedoch wenngleich widershyspruumlchlich und inkonsequent auch die Moumlglichkeit der Deutung als Bestattungsplatz in Erwaumlgung gezoshygen zumindest fuumlr einen Teil der Raumlume und die Schluszligphase der Nutzung (Flindt 2002 13) da die Untersuchung der DNA die zu erwartenden - von den Bearbeitern aber offenbar nicht vermuteten - vershywandtschaftlichen Bindungen der dort niedergelegten Individuen ergeben hat Es wird von einer Groszligfamishylie oder einem Clan ausgegangen Aufgrund des inshyzwischen als reich angesehenen Schmuckinventars und des robusten auf eine gute Ernaumlhrung weisenden Koumlrperbaus soll es sich um Angehoumlrige einer privileshygierten Bevoumllkerungsgruppe handeln die moumlglichershyweise auf der nahegelegenen Pipinsburg ansaumlssig war (ebd)

Die Frage ist jedoch ob sich allein mit dem Arshygument Verwandtschaft die Deutung als Menshyschenopfer ausschlieszligen laumlszligt Wer koumlnnte als Opfer gedient haben wer opferte Wie war die Gesellschaft strukturiert die Menschenopfer darbrachte Vielshyleicht wurden zur Opferbeschaffung Doumlrfer der naumlheren Umgebung uumlberfallen deren Einwohner durch Heiratsbeziehungen eng miteinander verbunshyden waren Auch damit lieszlige sich Verwandtschaft erklaumlren Entscheidend rur eine Interpretation als Bestattungen sind die Funde der Befund und vor

Flindt 1996 1997 FlindtlLeiber 1998 mit Rezension PetershyRoumlcher ferner dies 1998 IOf

allem die demographische Zusammensetzung nicht die Ergebnisse der DNA-Analyse die jedoch rur eine Eroumlrterung der Sozialstruktur der bestattenden Geshymeinschaft ungemein wichtige Erkenntnisse liefert und damit ein neues Forschungsfeld eroumlffnet interesshysant hinsichtlich der Nutzung von Houmlhlen waumlre aber die Untersuchung der Frage ob bestimmte Gemeinshyschaften sei es in der Stein- der Bronze- oder der Eisenzeit jeweils sowohl Graumlberfelder als auch Houmlhshylen oder nur eine der beiden Moumlglichkeiten als Beshystattungsplatz genutzt haben und nach welchen Krishyterien eine solche Wahl erfolgte J2

Dies wuumlrde auch den im Zusammenhang mit Houmlhlen gerne verwendeshyten Begriff Sonderbestattung zu schaumlrfen helfen J3

bull

Ergebnisse

Viele Funde und Befunde aus Houmlhlen sind aufshygrund mangelhafter Dokumentation teilweise verloshyrengegangener Unterlagen und Funde spezifischer Bergungsgewohnheiten der Ausgraumlber fehlender moderner anthropologischer Untersuchungen etc kaum noch beurteilbar Sofern ausreichende informashytionen vorliegen zeigt sich jedoch immer ein Beigashybencharakter der Funde und eine demographische Zusammensetzung die mit der gleichzeitiger Friedshyhoumlfe uumlbereinstimmt oder sie ergaumlnzt Das haumlufig geshygen Bestattungen verwendete Argument des weitgeshyhenden Fehlens anatomischer Zusammenhaumlnge der Skelettreste aus Houmlhlen laumlszligt sich nicht zugunsten der

12 So dachte N Baum (1999 101 ) beispielsweise aufgrund seiner palaumlodontologisch-anthropologischen Untersuchungsergebnisse fuumlr den Dietersbergschacht an eine Gruppe oder einen Familienvershyband von Wald- bzw Wildirnkern Auch Siedlungsbestattungen waumlren hier einzubeziehen IJ Je mehr Houmlhlen als Bestattungsplaumltze erkannt werden desto gewoumlhnlicher erschetnt ein solcher Ort und desto unzutreffender die Definition als Sonderbestattung ein Begriff der ohnehin in der Art wie er oft angewendet wird problematisch wirkt

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Ritual- Opfer - Totenkult

Opferinterpretation verwenden da diese gar nicht zu erwarten sind nicht in Horizontalboumlhlen wenn die Toten lediglich auf den Boden gelegt worden sind und schon gar nicht in Schachthoumlhlen in die die Toshyten eingeworfen wurden Fuumlr die Annahme einer anthropogenen Einwirkung waumlren zumindest Schnittshyspuren notwendig die in der Regel fehlen und bei denen eine Entscheidung zwischen Opfer und Sekunshydaumlrbestattung nur unter Beachtung der Beifunde und der demographischen Zusammensetzung getroffen werden koumlnnte Hinzu kommt in Houmlhlen ein gegenshyuumlber einzelnen Graumlbern moumlglicherweise erweitertes Fundspektrum - Uumlberreste verschiedener Rituale die mit Tod Bestattung Verpflichtungen gegenuumlber Verstorbenen Abwehr Ahnenverehrung Bitten um Beistand etc in Zusammenhang stehen moumlgen Dies kann Tier- oder generell Speiseopfer zerscherbte Gefaszlige Brandreste Steine ferner beispielsweise auch als Votivgaben zu bezeichnende Gegenstaumlnde umfassen um nur einige Moumlglichkeiten zu nennen Wie eingangs dargestellt sind Bestattungsplaumltze zuweilen mehr als nur Deponierungsorte fiir die Toshyten Erinnert sei in diesem Zusammenhang lediglich an christliche Kirchen mit ihren Gruumlften Friedhoumlfen und Beinhaumlusern

Auch die numinose Ergriffenheit die heutige Houmlhlenbesucher zuweilen erfaszligt also die von IR ErI betonte bedeutungsvolle Eigenart der FundsteIlen selbst kann fiir eine Interpretation keine Rolle spieshylen Ob die damaligen Nutzer vergleichbare Empfmshydungen hatten oder nicht wird fiir immer unbekannt bleiben Daszlig Houmlhlen generell oder zumindest Schachthoumlhlen als Zugang zu einer unterirdischen jenseitigen chthonischen Welt aufgefaszligt wurden ist moumlglich mag sich aber von einem Verbringen in die Erde bedeutungs maumlszligig gar nicht unterschieden hashyben Sofern Funde und Befunde keine profane Deushytung nahelegen handelt es sich also sehr wohl um heilige Orte die jedoch im Zusammenhang mit Toshytenritual und Ahnenkult zu sehen sind

Die verbreitete Vorstellung von Opferhoumlhlen in denen zahlreich Maumlnner Frauen und Kinder jeden Alters chthonischen oder Fruchtbarkeitsgoumlttern darshygebracht wurden laumlszligt sich angesichts der Erkenntnisshyse moderner Grabungen und der Analysen aumllterer Untersuchungen kaum mehr aufrechterhalten Eine solche Interpretation muumlszligte im Einzelfall jeweils begruumlndet werden beispielsweise mit relevanten Unterschieden zum gleichzeitigen vermeintlich regushylaumlren Grabbrauch und im Vergleich zu bekannten Opferbraumluchen an anderen Orten

Genannt seien etwa Brandopferplaumltze die ein gaumlnzlich anderes Bild ergeben naumlmlich in der Regel vor allem verbrannte Haustierknochen und Gefaszligresshyte - wo Menschenknochen auftreten wie am Rungger Egg1

weisen Baulichkeiten und Funde auf Bestatshy

14 Gleirscher 1992 und Vortrag im Institut fuumlr Prahistorische AIshychaumlologie der Freien Universitaumlt Berlin im Juni 2000 allgemein zu Brandopferplaumltzen zB Weiss 1997

tungen vielleicht in Verbindung mit einem Heiligtum Jedoch steht die Forschung hier erst am Anfang Im Graben des eingangs genannten Heiligtums von Vix fanden sich diverse Schalen sowie Haustierknochen darunter ein sehr hoher Anteil an Schaumldel- und Kieshyferknochen und zwar von Rind SchafZiege Schwein und Hund Die Funde aus Viereckschanzen lassen sich ebensowenig mit denen aus Houmlhlen vershygleichen Fuumlr Menschenopfer gibt es keine Hinweise insbesondere nicht in den Schaumlchten oder Brunnen lediglich die auch in antiken Quellen genannten Schaumldeltrophaumlen lassen sich zuweilen belegen ferner Einzelknochen die mit den Funden im Oppidum von Manching und anderen Oppida vergleichbar sind und ebenso wie die Schaumldel wohl als Sekundaumlrbestattunshygen oder Trophaumlen gelten koumlnnen l5

An einem Opfershyplatz wie dem Heidentor bei Egesheim auf der Schwaumlbischen Alb fand sich fast ausschlieszliglich Schmuck und zwar uumlberwiegend Fibeln (BaushyerKuhnen 1995) Kurz zusammengefaszligt Auffaumlllige Uumlbereinstimmungen mit dem Fundbestand aus Houmlhshylen sind nicht feststellbar

Auch antike Schriftquellen wenn einmal von eishynem Urteil uumlber ihre Glaubwuumlrdigkeit hinsichtlich der Darbringung von Menschenopfern bei den Kelten abgesehen wird (vgl ZB Whimster 1981 177) lasshysen sich in dieser Hinsicht nicht auswerten derm es ist von heiligen Hainen und Plaumltzen die Rede Ledigshylich Pomponius Mela erwaumlhnt Houmlhlen und zwar im Zusammenhang mit Druiden die die Edelsten des Volkes lange Zeit im Verborgenen unterweisen in einer Houmlhle oder in abgelegenen Bergwaumlldern Dies duumlrfte dazu gedient haben einen urtuumlmlichen Charakshyter des gallischen Priesterwesens zu unterstreichen (Maier 2001 157f)

Immerhin scheint sich das schriftlich uumlberlieferte Geloumlbnis der Kelten nach erfolgreicher Schlacht die Kriegsbeute zu opfern archaumlologisch zu bestaumltigen etwa im zu Beginn bereits erwaumllll1ten Heiligtum von Ribemont-sur-Ancre Daszlig zu dieser Beute auch Geshyfangene oder in der Schlacht Gefallene gehoumlrten die ebenso geopfert wurden ist gut denkbar Am selben Ort scheinen aber offenbar auch die eigenen Krieger im Rahmen komplizierter Rituale bestattet worden zu sein wiederum ein Hinweis darauf daszlig heilige Orte keine eindimensionale Betrachtungsweise verdienen

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95

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96

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97

Page 8: Ritual - Opfer - Totenkult: Zur Kontroverse um die nacheiszeitliche Höhlennutzung, 2003

Heidi Peter-Roumlcher

Angaben in Prozent (n = 43)

30 ~

25 -20

rshy15

I10 r-rshy -5 no

fetal infans I infans II juvenil fiiihaduJt spaumltadult fruumlhmatur

Abb 4 Dietersbergschacht Alterszusammensetzung (nach Baum 1999 94f)

spekulativ Weniger auffaumlllig ist der houmlhere Anteil an Maumlrm ern der sich auch in Friedhoumlfen zuweilen beshymerkbar macht (ausfuumlhrlicher zur EsperhoumlhJe PetershyRoumlcher 1998 24ff) Die Toten waren wie im Dieshytersbergschacht nur mit am Koumlrper getragenem Schmuck ausgestattet nicht mit Fibeln Nadeln oder Guumlrtelbestandteilen weshalb es sich um Opfer nicht um Bestattungen handeln soll Ein Vergleich mit Graumlberfeldern zeigt aber daszlig eine solche Ausstattung keineswegs als ungewoumlhnlich anzusehen ist (ebd 26 Baum 1999 104) Auch im Fall der Esperhoumlhle hanshydelt es sich also um einen Bestattungs- nicht um einen Opferplatz Festzuhalten bleibt nur daszlig die Oberschicht in diesem Gebiet offensichtlich andere Bestattungsplaumltze bevorzugte

ByCi skala-Houmlhle Im maumlluischen Karst zeigt sich ein anderes Bild

Hier nutzte nach Ausweis der Funde und Befunde gerade die reiche Oberschicht eine Houmlhle die ByCi skala- oder StierfelshoumlhJe als Bestattungsplatz Wld Heiligtum (Peter-Roumlcher 1998) Die Ausgrabungen fanden bereits in den Jahren 1869 und 1872 statt und die Informationen uumlber die Ergebnisse sind duumlrftig Der Ausgraumlber H Wanke I (1882) sah eine Haumluptshylingsbestattung mit Menschenopfern andere eine Gruft fuumlr Kollektivbestattungen (Angel i 1970) einen Unfallort (Nekvasi IPodborsk)l 1991 3Off ) oder einen Opferplatz (BergIRolleSeemarm 1981 ParzinshygerlNekvasilBarth 1995) Um einen solchen duumlrfte es sich zweifellos auch gehandelt haben da im Rahmen von Totenritualen und Ahnenverelmmg Opfer dargeshybracht wurden die sich auf Graumlberfeldern nicht imshymer nachweisen lassen Ansonsten spricht jedoch nichts gegen einen Bestattungsplatz Im Gegenteil sind gleichzeitige Graumlber herkoumlmmlicher Art also Grabhuumlgel oder Flachgraumlber die der vergleichbar ausgestatteten reichen Oberschicht im Westen zu gleichen Zwecken dienten aus Suumldmaumlhren kaum bekarmt

Durezza-Schachthoumlhle Sehr wichtig fuumlr die Frage nach der Funktion von

Houmlhlen sind modem untersuchte weitgehend ungeshystoumlrte Fundstellen Eine solche ist die 198990 entshydeckte Durezza-Schachthoumlhle am Tscheltschnigkogel bei Warmbad Villach in Kaumlrnten (Jahrbuch Villach 1997 mit Rezension Peter-Roumlcher) Hier fanden sich die Uumlberreste von mindestens 138 menschlichen Skeletten neben Tierknochen und Trachtbestandteishylen die sich uumlberwiegend in die spaumlte Hallstattzeit (Ha D2 - Lt A1B1) datieren lassen Bedauerlichershyweise waren vor Beginn der wissenschaftlichen Doshykumentation im Sommer 1996 bereits ca zwei Drittel der Befunde und Funde bzw des Schuttkegels durch Mitglieder des Landesvereins fuumlr Houmlhlenkunde unshysachgemaumlszlig untersucht oder besser entfernt worden etwa ein Drittel wurde aber noch ungestoumlrt angetrofshyfen und entsprechend ausgegraben Auch ein Teil des alten Aushubs kormte gesichtet und gesiebt werden Interessant dabei war vor allem daszlig die Houmlhlenforshyscher vornehmlich groszlige und auffaumlllige Knochen gesammelt hatten waumlhrend kleinere und fragmentiershyte im Abraum verblieben (Galik in Jahrbuch Villach 1997 19f) Dieser Umstand ist generell aufschluszligshyreich hinsichtlich der Beurteilung von Fundbergunshygen aus Houmlhlen derm aus einer vermeintlichen Doshyminanz von Schaumldel- und Langknochen wird nicht selten auf Zerstuumlckelung geschlossen Daszlig ein solcher Schluszlig unzulaumlssig ist zeigt dieses Beispiel in aller Deutlichkeit ebenso wie schon das von lR Erl anshygewandte Auswahlverfahren das aufgrund der Zushysammensetzung des noch erhaltenen Skelettmaterials auch von H Wankel in der Stierfelshoumlhle praktiziert worden sein koumlrmte

Die anthropologische Untersuchung ergab eine Mindestindividuenzahl von 138 bestatteten Personen in einer demographischen Zusammensetzung die einem ganz normalen Friedhof entspricht (Abb 5) Die Bearbeiter bezeichneten die Fundsituation als

90

Ritual - Opfer - Totenkult

karneraumllmlich wobei die Knochen nicht wie in Beinshyhaumlusern sorgfaltig geschichtet sondern durchmischt und vielfach auch zerbrochen waren Dies ist der fiir eine Schachthoumlhle zu erwartende Befund da die Toten uumlber einen laumlngeren Zeitraum dw-ch den wie ein Trichter wirkenden Einwurfspalt (Doline) in die Houmlhle kamen und so immer wieder die bereits darin befmdlichen stoumlrten Hinzu kamen vermutlich Bergshystuumlrze Wassereinbruumlche und Steinschlaumlge (S Fabrishyzii-ReuerfE Reuer in Jahrbuch Villach 1997 125ff)

Die Analyse der Tierknochen zeigte das lTberwieshygen von Haustieren Neben Knochen von Pferden und SchafenZiegen lieszligen sich Rind und Schwein nachshyweisen vor allem aber mindestens 45 meist adulte Hunde zahlenmaumlszligig eine interessante Uumlbereinstimshymung mit den 41 als maumlnnlich bestimmten erwachseshynen Bestatteten Die Tiere scheinen ganz wie beishyspielsweise ein Rind oder in groumlszligeren Teilen eingeshybracht worden zu sein und duumlrften sowohl Beigaben als auch Opfer repraumlsentieren wofiir insbesondere das gleiche Sterbealter der infantilen Tiere einige der SchafeZiegen Pferde und Schweine im MaiJuni spricht (A Galik in Jahrbuch Villach 1997 87ff) Dabei koumlnnte beispielsweise an Feiern fur die Vershystorbenen bzw Ahnen gedacht werden die mehr oder weniger regelmaumlszligig aber immer zu einer bestinunten Jahreszeit abgehalten wurden

Eine bronzene Kalmfibel mit Armbrustkonstruktishyon eine ostalpine Tierkopffibel ein gewissermaszligen in situ an Unterarmknochen befindlicher Spiralarmshyreif drei Fingerringe elf bandfoumlrmige Haarringe aus Bronzeblech zwei Spiralringe und drei Glasperlen davon eine an einem Bronzekettchen repraumlsentieren neben einigen Webgewicht- und Keramikfragmenten den noch vorhandenen Fundbestand Laut P Gleirshyscher (in Jahrbuch Villach 1997 31ff mit Abb 213ff) lassen sich die Trachtbestandteile auf zwei bis drei Frauengarnitw-en aufteilen woraus er folgerte daszlig die Toten nicht wie bei Bestattungen uumlblich in wer Tracht sondern in Tuumlcher gehuumlllt oder nackt in den Schacht geworfen wurden Die ostalpine Tiershykopffibel gehoumlrt jedoch im allgemeinen zur Maumlnnershytracht und der anthropologischen Untersuchung zufolge konnten an den Knochen aus allen Schichten in gleichmaumlszligiger Verteilung GruumlnverHirbungen beoshybachtet werden so daszlig ein Teil der w-spruumlnglich vorhandenen Trachtausstattung offenbar fehlt Naumlher eingrenzen laumlszligt sich der Verlust nicht da keine Knoshychen- bzw Individuenanzahl genannt ist Ob mit einem derartigen Verlust in Houmlhlen zu rechnen ist oder sich hier die grobe Vorgehensweise der Houmlhlenshyforscher bemerkbar macht auch wenn das von ilmen geborgene Material darunter die Trachtbestandteile fuumlr die Auswertung zur Verfugung stand oder sich noch Funde in dem zur Verfullung der Doline benutzshyten Aushub nach Einbringung eines verschlieszligbaren Kunststoffrohres im Jahr 1991 befmden laumlszligt sich anband der Publikation nicht entscheiden

Bisher wurde fur die Durezza-Houmlhle eine Deutung als Opferschacht der als Begraumlbnisschacht vorgezoshygen und zwar mit Bezug auf andere gleichzeitig oder auch zu anderen Zeiten genutzte Houmlhlen wie dem Kleebergschacht dem Dietersbergschacht oder der Esperhoumlhle die bereits Erwaumllmung fanden (P Gleirscher in Jahrbuch Villach 1997 2J3ff Fashybrizii-ReuerGalikiGleirscherlReuer 1998) Funde und Befunde stinunen jedoch am besten mit einer Interpretation als Bestattungen uumlberein und die vershygleichsweise hervorragende Untersuchung der Dushyrezza-Houmlhle kann umgekehrt als Vorbild fur eine uumlberzeugendere Einordnung weiterer Houmlhlen dienen fuumlr die weniger Informationen vorliegen

Knochenhaumlhle Dazu gehoumlrt beispielsweise die bereits erwaumlhnte

Knochenhoumlhle (Okostna jama) bei St KanzishyanSkocjan im istrischen Karst geographisch gesehen der Dw-ezza-Houmlhle sehr viel naumlher als die bayerischen Houmlhlen und heute ebenso wie diese haumlufig als Opfershyhoumlhle in Anspruch genommen Fuumlr 1 Szombatby der die Ausgrabungen im Jahre 1911 leitete und den damit beauftragten Herrn Savini betreute handelte es sich hier jedoch ohne jeden Zweifel um Bestattungen und dies aus guten Gruumlnden Allerdings konnten nwshyeinige Schnitte angelegt werden bevor die Untersushychung aufgrund der immer wieder abrutschenden Scbuttmassen abgebrochen werden muszligte so daszlig nur ein kleiner Einblick in die Sachlage moumlglich war wie Szombathy betonte (1937 173)

Die Fundverhaumlltnisse sind ganz aumlhnlich wie in der Durezza-Houmlhle was aufgrund der schachthoumlhlenartishygen Situation auch nicht verwundert (Abb 6) Die fundfuhrenden Bereiche (Schichten 4 und 5 Abb 7) bestanden aus regellos verteilten Menschen- und Tierknochen Metallgegenstaumlnden Kalksteinschutt und Erde Neun nahezu vollstaumlndig erhaltene Bronzeshylanzenspitzen und sechzehn Fragmente drei Lanzenshyschuhe eine eiserne Lanzenspitze ein eisernes Lapshypenbeil elf Bronzeknoumlpfe ein Bronzesichelfragment eine Bronzespiralrolle Fragmente eines Bronzegefaumlshyszliges und einige Scherben kamen zu seiner Kenntnis wie Szombathy es formulierte (1937 175)

Nach Abbruch der Grabungen uumlbergab Savini noch einige zunaumlchst von ihm einbehaltene Funde angeblich aus einem Grab dessen genaue Position nicht mehr feststellbar war Da auch die zugehoumlrishygen Knochen nicht von einem einzigen Skelett stammten (ebd 184) duumlrfte Savini bei seiner Raubshygrabung eine aumllmJiche Situation angetroffen haben wie sie sich auch sonst zeigte Eine Certosafibel eine Bronzepinzette zwei noch an den Knochen befmdlishyche Fingerringe drei Fragmente eines Armreifs sowie eine zerdruumlckte Bronzesitula mit Inschrift ergaumlnzen den verhaumlltnismaumlszligig reichen Fundbestand der eine Nutzung wohl uumlber die gesamte Hallstattzeit belegt (ebd 176f Fig 187-191)

91

Heidi Peter-Roumlcher

Angaben in absoluten Zahlen (n = 138)

40 35

30 25 20 15 10 5 O~-LmiddotI----~-L____~~

45 ~------------~~--------------~

infans I infansII juvenil adult matur erWltlchsen

[]gesamt

bull davon veiblich

[] davon maumlnnlich

Abb 5 Durezza-Houmlhle Alters- UIld Geschlechtszusa=ensetzung (nach Jahrbuch Villacb 1997 141 Tab 4)

J(

B

s

Abb 6 Knochenhoumlhle GrUIldriszlig- UIld Laumlngsschnittskizze ohne Maszligstab (nach Szombatby 1937)

6 5

5

l

Abb 7 Knochenhoumlhle Profilskizzen der Schnitte c-d (links) UIld g-h Maszligstab 1 100 (nach Szombatby 1937)

92

Ritual- Opfer - Totenkult

8emdmiddot Saal

N

HeinfriedshyMille

CJ ArcMoJogischer Teil

Sm

Abb 8 LichtensteinhoumlhJe archaumlologisch relevanter Beshyreich (nach Flindt 2002)

Die geborgenen Menschenknochen teils ganz teils in Bruchstuumlcken umfaszligten 11 Schaumldel 19 Oberarm- 27 Unterannknochen 20 Oberschenkelshyknochen 9 Schienbeine und das sei betont da zuweishylen vom Einbringen von Leichen- oder Skeletteilen die Rede ist8

in entsprechender Anzahl Reste des uumlbrigen Skelettes (Szombathy 1937 180) Es karm daher wohl vom Einbringen ganzer Leichen ausgeshygangen werden Die einwurzeligen Zaumlhne waren zum Teil postmortal ausgefallen wie zu erwarten nicht absichtlich ausgebrochen9

Szombathy (1937 184) zufolge handelte es sich um Maumlnner zwischen 18 und 40 Jahren beim Schaumldel des Savini-Skelettes um einen Mann zwischen 40 und 60 Jahren mit vier vershyheilten Hiebverletzungen Ob bei der Knochenhoumlhle von einem Bestattungsplatz vorwiegend fuumlr Maumlrmer

8 ZB ParzingerlNekvasiJlBarth 1995 195 9 Vgl ebd

oder Krieger gesprochen werden karm laumlszligt sich schwer sagen da nur Ausschnitte bekarmt sind Inteshyressant ist in diesem Zusammenhang jedoch die Anashylyse der Tierknochen die einen hohen Anteil an Rinshydern und Hunden bzw Woumllfen ergaben (Szombathy 1937189 Jahrbuch Villach 1997223) Dies erinnert wiederum an die Durezza-Houmlhle

Fliegenhaumlhle Auf die Funde aus der nahe der Knochenhoumlhle geshy

legenen Fliegenhoumlhle (Musja jama) soll an dieser Stelle nicht naumlher eingegangen werden da das in die spaumlte Bronze-Urnenfelderzeit zu datierende und damit aumlltere Material eine andere Zusammensetzung aufweist und zudem Menschenknochen fehlen J Szombathy (1937 134) wies lediglich auf verstreute Holzkohlerestchen und wenige (wohl kalzinierte) Knochen hin wobei unklar bleibt ob von Mensch oder Tier Aus dieser Angabe auf potentielle Menshyschenopfer zu schlieszligen 10 erscheint gewagt die Intershypretation als Opfer hingegen nicht (vgl Turk 1997 49 TerzanTurk im Druck)

Lichtensteinhaumlhle Eine weitere Houmlhle muszlig jedoch ausfuumlhrlicher Erwaumlhshynung finden und zwar die erst 1980 entdeckte und Mitte der neunziger Jahre archaumlologisch untersuchte Lichtensteinhoumlhle im Harz (zuletzt F1indt 2002) Hier fanden sich in mehreren durch sehr enge Gaumlnge verbundenen Kammern (Abb 8) die Uumlberreste von -nach derzeitigem Forschungsstand - 38 Individuen zusammen mit diversen Beigaben (vor allem Schmuck und Trachtbestandteile aber auch Keramik sowie zwei Bronzepfeilspitzen) die eine Datierung in die Urnenfelderzeit ermoumlglichen und einen Nutshyzungszeitraum von rund 200 Jahren zwischen 1000 und 700 v ehr nahelegen Im sogenannten BerndshySaal in den der heute verschuumlttete ehemalige Zugang muumlndete wurden auszliger mehreren teils uumlbereinandershyliegenden Feuerstellen Nahrungsreste ganze und zerscherbte Gefaszlige verbrannte Feldfruumlchte ua angeshytroffen In den uumlbrigen Kammern fanden sich menschliche Skelettreste samt Beigaben ganz uumlbershywiegend nicht mehr im anatomischen Verband sonshydern beiseite geschoben - auch dies ein Hinweis auf wiederholte Begehungen Vennutlich gegen Ende der Belegungszeit wurde der Bemd-Saal ebenfalls fuumlr Bestatttmgen genutzt Geschlechtsshy und Alterszushysammensetzung weisen keine Besonderheiten auf die hier bestatteten Individuen wurden weder getoumltet noch zerlegt sie waren mit Beigaben versehen und ausweislich der Spuren im Bemd-Saal im Rahmen von angemessenen Totenrirualen in der Houmlhle beigeshysetzt

Funde und Befunde legen also zweifellos eine Deutung der Lichtensteinhoumlhle als Bestattungsplatz nahe Dennoch wurde sie schon kurz nach der

10 Vgl ebd

93

Heidi Peter-Roumlcher

Angaben in absoluten Zahlen (n = 23)

7

6

5 IJgesamt

4 - bull davon ~iblich 3 r- odavon maumlnnlich 2

I - o infans I infansll juvenil adult matur-senil

Abb 9 Lichtensteinhoumlhle Alters- und Geschlechtszusamrnensetzung (nach FlindtILeiber 199884 Tab I)

Entdeckung als Opferstaumltte bezeiclmet da es aufshygrund der Enge der Durchgaumlnge unmoumlglich sei Leishychen einzubringen (MaierlLinke 1987 33 ebenso noch FlindtfLeiber 1998 56 77) Als weitere Argushymente dienten ein angeblicher Mangel an Beigaben die kultischen Handlungen im Bernd-Saal und eine vermeintlich ungewoumllmliche Alters- und Geshyschlechtszusammensetzung mit einem Uumlberwiegen von Maumlnnern l - bei naumlherer Betrachtung allerdings nur in den Altersklassen Infans I und II (Abb 9)

Neuerdings wird jedoch wenngleich widershyspruumlchlich und inkonsequent auch die Moumlglichkeit der Deutung als Bestattungsplatz in Erwaumlgung gezoshygen zumindest fuumlr einen Teil der Raumlume und die Schluszligphase der Nutzung (Flindt 2002 13) da die Untersuchung der DNA die zu erwartenden - von den Bearbeitern aber offenbar nicht vermuteten - vershywandtschaftlichen Bindungen der dort niedergelegten Individuen ergeben hat Es wird von einer Groszligfamishylie oder einem Clan ausgegangen Aufgrund des inshyzwischen als reich angesehenen Schmuckinventars und des robusten auf eine gute Ernaumlhrung weisenden Koumlrperbaus soll es sich um Angehoumlrige einer privileshygierten Bevoumllkerungsgruppe handeln die moumlglichershyweise auf der nahegelegenen Pipinsburg ansaumlssig war (ebd)

Die Frage ist jedoch ob sich allein mit dem Arshygument Verwandtschaft die Deutung als Menshyschenopfer ausschlieszligen laumlszligt Wer koumlnnte als Opfer gedient haben wer opferte Wie war die Gesellschaft strukturiert die Menschenopfer darbrachte Vielshyleicht wurden zur Opferbeschaffung Doumlrfer der naumlheren Umgebung uumlberfallen deren Einwohner durch Heiratsbeziehungen eng miteinander verbunshyden waren Auch damit lieszlige sich Verwandtschaft erklaumlren Entscheidend rur eine Interpretation als Bestattungen sind die Funde der Befund und vor

Flindt 1996 1997 FlindtlLeiber 1998 mit Rezension PetershyRoumlcher ferner dies 1998 IOf

allem die demographische Zusammensetzung nicht die Ergebnisse der DNA-Analyse die jedoch rur eine Eroumlrterung der Sozialstruktur der bestattenden Geshymeinschaft ungemein wichtige Erkenntnisse liefert und damit ein neues Forschungsfeld eroumlffnet interesshysant hinsichtlich der Nutzung von Houmlhlen waumlre aber die Untersuchung der Frage ob bestimmte Gemeinshyschaften sei es in der Stein- der Bronze- oder der Eisenzeit jeweils sowohl Graumlberfelder als auch Houmlhshylen oder nur eine der beiden Moumlglichkeiten als Beshystattungsplatz genutzt haben und nach welchen Krishyterien eine solche Wahl erfolgte J2

Dies wuumlrde auch den im Zusammenhang mit Houmlhlen gerne verwendeshyten Begriff Sonderbestattung zu schaumlrfen helfen J3

bull

Ergebnisse

Viele Funde und Befunde aus Houmlhlen sind aufshygrund mangelhafter Dokumentation teilweise verloshyrengegangener Unterlagen und Funde spezifischer Bergungsgewohnheiten der Ausgraumlber fehlender moderner anthropologischer Untersuchungen etc kaum noch beurteilbar Sofern ausreichende informashytionen vorliegen zeigt sich jedoch immer ein Beigashybencharakter der Funde und eine demographische Zusammensetzung die mit der gleichzeitiger Friedshyhoumlfe uumlbereinstimmt oder sie ergaumlnzt Das haumlufig geshygen Bestattungen verwendete Argument des weitgeshyhenden Fehlens anatomischer Zusammenhaumlnge der Skelettreste aus Houmlhlen laumlszligt sich nicht zugunsten der

12 So dachte N Baum (1999 101 ) beispielsweise aufgrund seiner palaumlodontologisch-anthropologischen Untersuchungsergebnisse fuumlr den Dietersbergschacht an eine Gruppe oder einen Familienvershyband von Wald- bzw Wildirnkern Auch Siedlungsbestattungen waumlren hier einzubeziehen IJ Je mehr Houmlhlen als Bestattungsplaumltze erkannt werden desto gewoumlhnlicher erschetnt ein solcher Ort und desto unzutreffender die Definition als Sonderbestattung ein Begriff der ohnehin in der Art wie er oft angewendet wird problematisch wirkt

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Ritual- Opfer - Totenkult

Opferinterpretation verwenden da diese gar nicht zu erwarten sind nicht in Horizontalboumlhlen wenn die Toten lediglich auf den Boden gelegt worden sind und schon gar nicht in Schachthoumlhlen in die die Toshyten eingeworfen wurden Fuumlr die Annahme einer anthropogenen Einwirkung waumlren zumindest Schnittshyspuren notwendig die in der Regel fehlen und bei denen eine Entscheidung zwischen Opfer und Sekunshydaumlrbestattung nur unter Beachtung der Beifunde und der demographischen Zusammensetzung getroffen werden koumlnnte Hinzu kommt in Houmlhlen ein gegenshyuumlber einzelnen Graumlbern moumlglicherweise erweitertes Fundspektrum - Uumlberreste verschiedener Rituale die mit Tod Bestattung Verpflichtungen gegenuumlber Verstorbenen Abwehr Ahnenverehrung Bitten um Beistand etc in Zusammenhang stehen moumlgen Dies kann Tier- oder generell Speiseopfer zerscherbte Gefaszlige Brandreste Steine ferner beispielsweise auch als Votivgaben zu bezeichnende Gegenstaumlnde umfassen um nur einige Moumlglichkeiten zu nennen Wie eingangs dargestellt sind Bestattungsplaumltze zuweilen mehr als nur Deponierungsorte fiir die Toshyten Erinnert sei in diesem Zusammenhang lediglich an christliche Kirchen mit ihren Gruumlften Friedhoumlfen und Beinhaumlusern

Auch die numinose Ergriffenheit die heutige Houmlhlenbesucher zuweilen erfaszligt also die von IR ErI betonte bedeutungsvolle Eigenart der FundsteIlen selbst kann fiir eine Interpretation keine Rolle spieshylen Ob die damaligen Nutzer vergleichbare Empfmshydungen hatten oder nicht wird fiir immer unbekannt bleiben Daszlig Houmlhlen generell oder zumindest Schachthoumlhlen als Zugang zu einer unterirdischen jenseitigen chthonischen Welt aufgefaszligt wurden ist moumlglich mag sich aber von einem Verbringen in die Erde bedeutungs maumlszligig gar nicht unterschieden hashyben Sofern Funde und Befunde keine profane Deushytung nahelegen handelt es sich also sehr wohl um heilige Orte die jedoch im Zusammenhang mit Toshytenritual und Ahnenkult zu sehen sind

Die verbreitete Vorstellung von Opferhoumlhlen in denen zahlreich Maumlnner Frauen und Kinder jeden Alters chthonischen oder Fruchtbarkeitsgoumlttern darshygebracht wurden laumlszligt sich angesichts der Erkenntnisshyse moderner Grabungen und der Analysen aumllterer Untersuchungen kaum mehr aufrechterhalten Eine solche Interpretation muumlszligte im Einzelfall jeweils begruumlndet werden beispielsweise mit relevanten Unterschieden zum gleichzeitigen vermeintlich regushylaumlren Grabbrauch und im Vergleich zu bekannten Opferbraumluchen an anderen Orten

Genannt seien etwa Brandopferplaumltze die ein gaumlnzlich anderes Bild ergeben naumlmlich in der Regel vor allem verbrannte Haustierknochen und Gefaszligresshyte - wo Menschenknochen auftreten wie am Rungger Egg1

weisen Baulichkeiten und Funde auf Bestatshy

14 Gleirscher 1992 und Vortrag im Institut fuumlr Prahistorische AIshychaumlologie der Freien Universitaumlt Berlin im Juni 2000 allgemein zu Brandopferplaumltzen zB Weiss 1997

tungen vielleicht in Verbindung mit einem Heiligtum Jedoch steht die Forschung hier erst am Anfang Im Graben des eingangs genannten Heiligtums von Vix fanden sich diverse Schalen sowie Haustierknochen darunter ein sehr hoher Anteil an Schaumldel- und Kieshyferknochen und zwar von Rind SchafZiege Schwein und Hund Die Funde aus Viereckschanzen lassen sich ebensowenig mit denen aus Houmlhlen vershygleichen Fuumlr Menschenopfer gibt es keine Hinweise insbesondere nicht in den Schaumlchten oder Brunnen lediglich die auch in antiken Quellen genannten Schaumldeltrophaumlen lassen sich zuweilen belegen ferner Einzelknochen die mit den Funden im Oppidum von Manching und anderen Oppida vergleichbar sind und ebenso wie die Schaumldel wohl als Sekundaumlrbestattunshygen oder Trophaumlen gelten koumlnnen l5

An einem Opfershyplatz wie dem Heidentor bei Egesheim auf der Schwaumlbischen Alb fand sich fast ausschlieszliglich Schmuck und zwar uumlberwiegend Fibeln (BaushyerKuhnen 1995) Kurz zusammengefaszligt Auffaumlllige Uumlbereinstimmungen mit dem Fundbestand aus Houmlhshylen sind nicht feststellbar

Auch antike Schriftquellen wenn einmal von eishynem Urteil uumlber ihre Glaubwuumlrdigkeit hinsichtlich der Darbringung von Menschenopfern bei den Kelten abgesehen wird (vgl ZB Whimster 1981 177) lasshysen sich in dieser Hinsicht nicht auswerten derm es ist von heiligen Hainen und Plaumltzen die Rede Ledigshylich Pomponius Mela erwaumlhnt Houmlhlen und zwar im Zusammenhang mit Druiden die die Edelsten des Volkes lange Zeit im Verborgenen unterweisen in einer Houmlhle oder in abgelegenen Bergwaumlldern Dies duumlrfte dazu gedient haben einen urtuumlmlichen Charakshyter des gallischen Priesterwesens zu unterstreichen (Maier 2001 157f)

Immerhin scheint sich das schriftlich uumlberlieferte Geloumlbnis der Kelten nach erfolgreicher Schlacht die Kriegsbeute zu opfern archaumlologisch zu bestaumltigen etwa im zu Beginn bereits erwaumllll1ten Heiligtum von Ribemont-sur-Ancre Daszlig zu dieser Beute auch Geshyfangene oder in der Schlacht Gefallene gehoumlrten die ebenso geopfert wurden ist gut denkbar Am selben Ort scheinen aber offenbar auch die eigenen Krieger im Rahmen komplizierter Rituale bestattet worden zu sein wiederum ein Hinweis darauf daszlig heilige Orte keine eindimensionale Betrachtungsweise verdienen

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Ritual - Opfer - Totenkult

karneraumllmlich wobei die Knochen nicht wie in Beinshyhaumlusern sorgfaltig geschichtet sondern durchmischt und vielfach auch zerbrochen waren Dies ist der fiir eine Schachthoumlhle zu erwartende Befund da die Toten uumlber einen laumlngeren Zeitraum dw-ch den wie ein Trichter wirkenden Einwurfspalt (Doline) in die Houmlhle kamen und so immer wieder die bereits darin befmdlichen stoumlrten Hinzu kamen vermutlich Bergshystuumlrze Wassereinbruumlche und Steinschlaumlge (S Fabrishyzii-ReuerfE Reuer in Jahrbuch Villach 1997 125ff)

Die Analyse der Tierknochen zeigte das lTberwieshygen von Haustieren Neben Knochen von Pferden und SchafenZiegen lieszligen sich Rind und Schwein nachshyweisen vor allem aber mindestens 45 meist adulte Hunde zahlenmaumlszligig eine interessante Uumlbereinstimshymung mit den 41 als maumlnnlich bestimmten erwachseshynen Bestatteten Die Tiere scheinen ganz wie beishyspielsweise ein Rind oder in groumlszligeren Teilen eingeshybracht worden zu sein und duumlrften sowohl Beigaben als auch Opfer repraumlsentieren wofiir insbesondere das gleiche Sterbealter der infantilen Tiere einige der SchafeZiegen Pferde und Schweine im MaiJuni spricht (A Galik in Jahrbuch Villach 1997 87ff) Dabei koumlnnte beispielsweise an Feiern fur die Vershystorbenen bzw Ahnen gedacht werden die mehr oder weniger regelmaumlszligig aber immer zu einer bestinunten Jahreszeit abgehalten wurden

Eine bronzene Kalmfibel mit Armbrustkonstruktishyon eine ostalpine Tierkopffibel ein gewissermaszligen in situ an Unterarmknochen befindlicher Spiralarmshyreif drei Fingerringe elf bandfoumlrmige Haarringe aus Bronzeblech zwei Spiralringe und drei Glasperlen davon eine an einem Bronzekettchen repraumlsentieren neben einigen Webgewicht- und Keramikfragmenten den noch vorhandenen Fundbestand Laut P Gleirshyscher (in Jahrbuch Villach 1997 31ff mit Abb 213ff) lassen sich die Trachtbestandteile auf zwei bis drei Frauengarnitw-en aufteilen woraus er folgerte daszlig die Toten nicht wie bei Bestattungen uumlblich in wer Tracht sondern in Tuumlcher gehuumlllt oder nackt in den Schacht geworfen wurden Die ostalpine Tiershykopffibel gehoumlrt jedoch im allgemeinen zur Maumlnnershytracht und der anthropologischen Untersuchung zufolge konnten an den Knochen aus allen Schichten in gleichmaumlszligiger Verteilung GruumlnverHirbungen beoshybachtet werden so daszlig ein Teil der w-spruumlnglich vorhandenen Trachtausstattung offenbar fehlt Naumlher eingrenzen laumlszligt sich der Verlust nicht da keine Knoshychen- bzw Individuenanzahl genannt ist Ob mit einem derartigen Verlust in Houmlhlen zu rechnen ist oder sich hier die grobe Vorgehensweise der Houmlhlenshyforscher bemerkbar macht auch wenn das von ilmen geborgene Material darunter die Trachtbestandteile fuumlr die Auswertung zur Verfugung stand oder sich noch Funde in dem zur Verfullung der Doline benutzshyten Aushub nach Einbringung eines verschlieszligbaren Kunststoffrohres im Jahr 1991 befmden laumlszligt sich anband der Publikation nicht entscheiden

Bisher wurde fur die Durezza-Houmlhle eine Deutung als Opferschacht der als Begraumlbnisschacht vorgezoshygen und zwar mit Bezug auf andere gleichzeitig oder auch zu anderen Zeiten genutzte Houmlhlen wie dem Kleebergschacht dem Dietersbergschacht oder der Esperhoumlhle die bereits Erwaumllmung fanden (P Gleirscher in Jahrbuch Villach 1997 2J3ff Fashybrizii-ReuerGalikiGleirscherlReuer 1998) Funde und Befunde stinunen jedoch am besten mit einer Interpretation als Bestattungen uumlberein und die vershygleichsweise hervorragende Untersuchung der Dushyrezza-Houmlhle kann umgekehrt als Vorbild fur eine uumlberzeugendere Einordnung weiterer Houmlhlen dienen fuumlr die weniger Informationen vorliegen

Knochenhaumlhle Dazu gehoumlrt beispielsweise die bereits erwaumlhnte

Knochenhoumlhle (Okostna jama) bei St KanzishyanSkocjan im istrischen Karst geographisch gesehen der Dw-ezza-Houmlhle sehr viel naumlher als die bayerischen Houmlhlen und heute ebenso wie diese haumlufig als Opfershyhoumlhle in Anspruch genommen Fuumlr 1 Szombatby der die Ausgrabungen im Jahre 1911 leitete und den damit beauftragten Herrn Savini betreute handelte es sich hier jedoch ohne jeden Zweifel um Bestattungen und dies aus guten Gruumlnden Allerdings konnten nwshyeinige Schnitte angelegt werden bevor die Untersushychung aufgrund der immer wieder abrutschenden Scbuttmassen abgebrochen werden muszligte so daszlig nur ein kleiner Einblick in die Sachlage moumlglich war wie Szombathy betonte (1937 173)

Die Fundverhaumlltnisse sind ganz aumlhnlich wie in der Durezza-Houmlhle was aufgrund der schachthoumlhlenartishygen Situation auch nicht verwundert (Abb 6) Die fundfuhrenden Bereiche (Schichten 4 und 5 Abb 7) bestanden aus regellos verteilten Menschen- und Tierknochen Metallgegenstaumlnden Kalksteinschutt und Erde Neun nahezu vollstaumlndig erhaltene Bronzeshylanzenspitzen und sechzehn Fragmente drei Lanzenshyschuhe eine eiserne Lanzenspitze ein eisernes Lapshypenbeil elf Bronzeknoumlpfe ein Bronzesichelfragment eine Bronzespiralrolle Fragmente eines Bronzegefaumlshyszliges und einige Scherben kamen zu seiner Kenntnis wie Szombathy es formulierte (1937 175)

Nach Abbruch der Grabungen uumlbergab Savini noch einige zunaumlchst von ihm einbehaltene Funde angeblich aus einem Grab dessen genaue Position nicht mehr feststellbar war Da auch die zugehoumlrishygen Knochen nicht von einem einzigen Skelett stammten (ebd 184) duumlrfte Savini bei seiner Raubshygrabung eine aumllmJiche Situation angetroffen haben wie sie sich auch sonst zeigte Eine Certosafibel eine Bronzepinzette zwei noch an den Knochen befmdlishyche Fingerringe drei Fragmente eines Armreifs sowie eine zerdruumlckte Bronzesitula mit Inschrift ergaumlnzen den verhaumlltnismaumlszligig reichen Fundbestand der eine Nutzung wohl uumlber die gesamte Hallstattzeit belegt (ebd 176f Fig 187-191)

91

Heidi Peter-Roumlcher

Angaben in absoluten Zahlen (n = 138)

40 35

30 25 20 15 10 5 O~-LmiddotI----~-L____~~

45 ~------------~~--------------~

infans I infansII juvenil adult matur erWltlchsen

[]gesamt

bull davon veiblich

[] davon maumlnnlich

Abb 5 Durezza-Houmlhle Alters- UIld Geschlechtszusa=ensetzung (nach Jahrbuch Villacb 1997 141 Tab 4)

J(

B

s

Abb 6 Knochenhoumlhle GrUIldriszlig- UIld Laumlngsschnittskizze ohne Maszligstab (nach Szombatby 1937)

6 5

5

l

Abb 7 Knochenhoumlhle Profilskizzen der Schnitte c-d (links) UIld g-h Maszligstab 1 100 (nach Szombatby 1937)

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Ritual- Opfer - Totenkult

8emdmiddot Saal

N

HeinfriedshyMille

CJ ArcMoJogischer Teil

Sm

Abb 8 LichtensteinhoumlhJe archaumlologisch relevanter Beshyreich (nach Flindt 2002)

Die geborgenen Menschenknochen teils ganz teils in Bruchstuumlcken umfaszligten 11 Schaumldel 19 Oberarm- 27 Unterannknochen 20 Oberschenkelshyknochen 9 Schienbeine und das sei betont da zuweishylen vom Einbringen von Leichen- oder Skeletteilen die Rede ist8

in entsprechender Anzahl Reste des uumlbrigen Skelettes (Szombathy 1937 180) Es karm daher wohl vom Einbringen ganzer Leichen ausgeshygangen werden Die einwurzeligen Zaumlhne waren zum Teil postmortal ausgefallen wie zu erwarten nicht absichtlich ausgebrochen9

Szombathy (1937 184) zufolge handelte es sich um Maumlnner zwischen 18 und 40 Jahren beim Schaumldel des Savini-Skelettes um einen Mann zwischen 40 und 60 Jahren mit vier vershyheilten Hiebverletzungen Ob bei der Knochenhoumlhle von einem Bestattungsplatz vorwiegend fuumlr Maumlrmer

8 ZB ParzingerlNekvasiJlBarth 1995 195 9 Vgl ebd

oder Krieger gesprochen werden karm laumlszligt sich schwer sagen da nur Ausschnitte bekarmt sind Inteshyressant ist in diesem Zusammenhang jedoch die Anashylyse der Tierknochen die einen hohen Anteil an Rinshydern und Hunden bzw Woumllfen ergaben (Szombathy 1937189 Jahrbuch Villach 1997223) Dies erinnert wiederum an die Durezza-Houmlhle

Fliegenhaumlhle Auf die Funde aus der nahe der Knochenhoumlhle geshy

legenen Fliegenhoumlhle (Musja jama) soll an dieser Stelle nicht naumlher eingegangen werden da das in die spaumlte Bronze-Urnenfelderzeit zu datierende und damit aumlltere Material eine andere Zusammensetzung aufweist und zudem Menschenknochen fehlen J Szombathy (1937 134) wies lediglich auf verstreute Holzkohlerestchen und wenige (wohl kalzinierte) Knochen hin wobei unklar bleibt ob von Mensch oder Tier Aus dieser Angabe auf potentielle Menshyschenopfer zu schlieszligen 10 erscheint gewagt die Intershypretation als Opfer hingegen nicht (vgl Turk 1997 49 TerzanTurk im Druck)

Lichtensteinhaumlhle Eine weitere Houmlhle muszlig jedoch ausfuumlhrlicher Erwaumlhshynung finden und zwar die erst 1980 entdeckte und Mitte der neunziger Jahre archaumlologisch untersuchte Lichtensteinhoumlhle im Harz (zuletzt F1indt 2002) Hier fanden sich in mehreren durch sehr enge Gaumlnge verbundenen Kammern (Abb 8) die Uumlberreste von -nach derzeitigem Forschungsstand - 38 Individuen zusammen mit diversen Beigaben (vor allem Schmuck und Trachtbestandteile aber auch Keramik sowie zwei Bronzepfeilspitzen) die eine Datierung in die Urnenfelderzeit ermoumlglichen und einen Nutshyzungszeitraum von rund 200 Jahren zwischen 1000 und 700 v ehr nahelegen Im sogenannten BerndshySaal in den der heute verschuumlttete ehemalige Zugang muumlndete wurden auszliger mehreren teils uumlbereinandershyliegenden Feuerstellen Nahrungsreste ganze und zerscherbte Gefaszlige verbrannte Feldfruumlchte ua angeshytroffen In den uumlbrigen Kammern fanden sich menschliche Skelettreste samt Beigaben ganz uumlbershywiegend nicht mehr im anatomischen Verband sonshydern beiseite geschoben - auch dies ein Hinweis auf wiederholte Begehungen Vennutlich gegen Ende der Belegungszeit wurde der Bemd-Saal ebenfalls fuumlr Bestatttmgen genutzt Geschlechtsshy und Alterszushysammensetzung weisen keine Besonderheiten auf die hier bestatteten Individuen wurden weder getoumltet noch zerlegt sie waren mit Beigaben versehen und ausweislich der Spuren im Bemd-Saal im Rahmen von angemessenen Totenrirualen in der Houmlhle beigeshysetzt

Funde und Befunde legen also zweifellos eine Deutung der Lichtensteinhoumlhle als Bestattungsplatz nahe Dennoch wurde sie schon kurz nach der

10 Vgl ebd

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Heidi Peter-Roumlcher

Angaben in absoluten Zahlen (n = 23)

7

6

5 IJgesamt

4 - bull davon ~iblich 3 r- odavon maumlnnlich 2

I - o infans I infansll juvenil adult matur-senil

Abb 9 Lichtensteinhoumlhle Alters- und Geschlechtszusamrnensetzung (nach FlindtILeiber 199884 Tab I)

Entdeckung als Opferstaumltte bezeiclmet da es aufshygrund der Enge der Durchgaumlnge unmoumlglich sei Leishychen einzubringen (MaierlLinke 1987 33 ebenso noch FlindtfLeiber 1998 56 77) Als weitere Argushymente dienten ein angeblicher Mangel an Beigaben die kultischen Handlungen im Bernd-Saal und eine vermeintlich ungewoumllmliche Alters- und Geshyschlechtszusammensetzung mit einem Uumlberwiegen von Maumlnnern l - bei naumlherer Betrachtung allerdings nur in den Altersklassen Infans I und II (Abb 9)

Neuerdings wird jedoch wenngleich widershyspruumlchlich und inkonsequent auch die Moumlglichkeit der Deutung als Bestattungsplatz in Erwaumlgung gezoshygen zumindest fuumlr einen Teil der Raumlume und die Schluszligphase der Nutzung (Flindt 2002 13) da die Untersuchung der DNA die zu erwartenden - von den Bearbeitern aber offenbar nicht vermuteten - vershywandtschaftlichen Bindungen der dort niedergelegten Individuen ergeben hat Es wird von einer Groszligfamishylie oder einem Clan ausgegangen Aufgrund des inshyzwischen als reich angesehenen Schmuckinventars und des robusten auf eine gute Ernaumlhrung weisenden Koumlrperbaus soll es sich um Angehoumlrige einer privileshygierten Bevoumllkerungsgruppe handeln die moumlglichershyweise auf der nahegelegenen Pipinsburg ansaumlssig war (ebd)

Die Frage ist jedoch ob sich allein mit dem Arshygument Verwandtschaft die Deutung als Menshyschenopfer ausschlieszligen laumlszligt Wer koumlnnte als Opfer gedient haben wer opferte Wie war die Gesellschaft strukturiert die Menschenopfer darbrachte Vielshyleicht wurden zur Opferbeschaffung Doumlrfer der naumlheren Umgebung uumlberfallen deren Einwohner durch Heiratsbeziehungen eng miteinander verbunshyden waren Auch damit lieszlige sich Verwandtschaft erklaumlren Entscheidend rur eine Interpretation als Bestattungen sind die Funde der Befund und vor

Flindt 1996 1997 FlindtlLeiber 1998 mit Rezension PetershyRoumlcher ferner dies 1998 IOf

allem die demographische Zusammensetzung nicht die Ergebnisse der DNA-Analyse die jedoch rur eine Eroumlrterung der Sozialstruktur der bestattenden Geshymeinschaft ungemein wichtige Erkenntnisse liefert und damit ein neues Forschungsfeld eroumlffnet interesshysant hinsichtlich der Nutzung von Houmlhlen waumlre aber die Untersuchung der Frage ob bestimmte Gemeinshyschaften sei es in der Stein- der Bronze- oder der Eisenzeit jeweils sowohl Graumlberfelder als auch Houmlhshylen oder nur eine der beiden Moumlglichkeiten als Beshystattungsplatz genutzt haben und nach welchen Krishyterien eine solche Wahl erfolgte J2

Dies wuumlrde auch den im Zusammenhang mit Houmlhlen gerne verwendeshyten Begriff Sonderbestattung zu schaumlrfen helfen J3

bull

Ergebnisse

Viele Funde und Befunde aus Houmlhlen sind aufshygrund mangelhafter Dokumentation teilweise verloshyrengegangener Unterlagen und Funde spezifischer Bergungsgewohnheiten der Ausgraumlber fehlender moderner anthropologischer Untersuchungen etc kaum noch beurteilbar Sofern ausreichende informashytionen vorliegen zeigt sich jedoch immer ein Beigashybencharakter der Funde und eine demographische Zusammensetzung die mit der gleichzeitiger Friedshyhoumlfe uumlbereinstimmt oder sie ergaumlnzt Das haumlufig geshygen Bestattungen verwendete Argument des weitgeshyhenden Fehlens anatomischer Zusammenhaumlnge der Skelettreste aus Houmlhlen laumlszligt sich nicht zugunsten der

12 So dachte N Baum (1999 101 ) beispielsweise aufgrund seiner palaumlodontologisch-anthropologischen Untersuchungsergebnisse fuumlr den Dietersbergschacht an eine Gruppe oder einen Familienvershyband von Wald- bzw Wildirnkern Auch Siedlungsbestattungen waumlren hier einzubeziehen IJ Je mehr Houmlhlen als Bestattungsplaumltze erkannt werden desto gewoumlhnlicher erschetnt ein solcher Ort und desto unzutreffender die Definition als Sonderbestattung ein Begriff der ohnehin in der Art wie er oft angewendet wird problematisch wirkt

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Ritual- Opfer - Totenkult

Opferinterpretation verwenden da diese gar nicht zu erwarten sind nicht in Horizontalboumlhlen wenn die Toten lediglich auf den Boden gelegt worden sind und schon gar nicht in Schachthoumlhlen in die die Toshyten eingeworfen wurden Fuumlr die Annahme einer anthropogenen Einwirkung waumlren zumindest Schnittshyspuren notwendig die in der Regel fehlen und bei denen eine Entscheidung zwischen Opfer und Sekunshydaumlrbestattung nur unter Beachtung der Beifunde und der demographischen Zusammensetzung getroffen werden koumlnnte Hinzu kommt in Houmlhlen ein gegenshyuumlber einzelnen Graumlbern moumlglicherweise erweitertes Fundspektrum - Uumlberreste verschiedener Rituale die mit Tod Bestattung Verpflichtungen gegenuumlber Verstorbenen Abwehr Ahnenverehrung Bitten um Beistand etc in Zusammenhang stehen moumlgen Dies kann Tier- oder generell Speiseopfer zerscherbte Gefaszlige Brandreste Steine ferner beispielsweise auch als Votivgaben zu bezeichnende Gegenstaumlnde umfassen um nur einige Moumlglichkeiten zu nennen Wie eingangs dargestellt sind Bestattungsplaumltze zuweilen mehr als nur Deponierungsorte fiir die Toshyten Erinnert sei in diesem Zusammenhang lediglich an christliche Kirchen mit ihren Gruumlften Friedhoumlfen und Beinhaumlusern

Auch die numinose Ergriffenheit die heutige Houmlhlenbesucher zuweilen erfaszligt also die von IR ErI betonte bedeutungsvolle Eigenart der FundsteIlen selbst kann fiir eine Interpretation keine Rolle spieshylen Ob die damaligen Nutzer vergleichbare Empfmshydungen hatten oder nicht wird fiir immer unbekannt bleiben Daszlig Houmlhlen generell oder zumindest Schachthoumlhlen als Zugang zu einer unterirdischen jenseitigen chthonischen Welt aufgefaszligt wurden ist moumlglich mag sich aber von einem Verbringen in die Erde bedeutungs maumlszligig gar nicht unterschieden hashyben Sofern Funde und Befunde keine profane Deushytung nahelegen handelt es sich also sehr wohl um heilige Orte die jedoch im Zusammenhang mit Toshytenritual und Ahnenkult zu sehen sind

Die verbreitete Vorstellung von Opferhoumlhlen in denen zahlreich Maumlnner Frauen und Kinder jeden Alters chthonischen oder Fruchtbarkeitsgoumlttern darshygebracht wurden laumlszligt sich angesichts der Erkenntnisshyse moderner Grabungen und der Analysen aumllterer Untersuchungen kaum mehr aufrechterhalten Eine solche Interpretation muumlszligte im Einzelfall jeweils begruumlndet werden beispielsweise mit relevanten Unterschieden zum gleichzeitigen vermeintlich regushylaumlren Grabbrauch und im Vergleich zu bekannten Opferbraumluchen an anderen Orten

Genannt seien etwa Brandopferplaumltze die ein gaumlnzlich anderes Bild ergeben naumlmlich in der Regel vor allem verbrannte Haustierknochen und Gefaszligresshyte - wo Menschenknochen auftreten wie am Rungger Egg1

weisen Baulichkeiten und Funde auf Bestatshy

14 Gleirscher 1992 und Vortrag im Institut fuumlr Prahistorische AIshychaumlologie der Freien Universitaumlt Berlin im Juni 2000 allgemein zu Brandopferplaumltzen zB Weiss 1997

tungen vielleicht in Verbindung mit einem Heiligtum Jedoch steht die Forschung hier erst am Anfang Im Graben des eingangs genannten Heiligtums von Vix fanden sich diverse Schalen sowie Haustierknochen darunter ein sehr hoher Anteil an Schaumldel- und Kieshyferknochen und zwar von Rind SchafZiege Schwein und Hund Die Funde aus Viereckschanzen lassen sich ebensowenig mit denen aus Houmlhlen vershygleichen Fuumlr Menschenopfer gibt es keine Hinweise insbesondere nicht in den Schaumlchten oder Brunnen lediglich die auch in antiken Quellen genannten Schaumldeltrophaumlen lassen sich zuweilen belegen ferner Einzelknochen die mit den Funden im Oppidum von Manching und anderen Oppida vergleichbar sind und ebenso wie die Schaumldel wohl als Sekundaumlrbestattunshygen oder Trophaumlen gelten koumlnnen l5

An einem Opfershyplatz wie dem Heidentor bei Egesheim auf der Schwaumlbischen Alb fand sich fast ausschlieszliglich Schmuck und zwar uumlberwiegend Fibeln (BaushyerKuhnen 1995) Kurz zusammengefaszligt Auffaumlllige Uumlbereinstimmungen mit dem Fundbestand aus Houmlhshylen sind nicht feststellbar

Auch antike Schriftquellen wenn einmal von eishynem Urteil uumlber ihre Glaubwuumlrdigkeit hinsichtlich der Darbringung von Menschenopfern bei den Kelten abgesehen wird (vgl ZB Whimster 1981 177) lasshysen sich in dieser Hinsicht nicht auswerten derm es ist von heiligen Hainen und Plaumltzen die Rede Ledigshylich Pomponius Mela erwaumlhnt Houmlhlen und zwar im Zusammenhang mit Druiden die die Edelsten des Volkes lange Zeit im Verborgenen unterweisen in einer Houmlhle oder in abgelegenen Bergwaumlldern Dies duumlrfte dazu gedient haben einen urtuumlmlichen Charakshyter des gallischen Priesterwesens zu unterstreichen (Maier 2001 157f)

Immerhin scheint sich das schriftlich uumlberlieferte Geloumlbnis der Kelten nach erfolgreicher Schlacht die Kriegsbeute zu opfern archaumlologisch zu bestaumltigen etwa im zu Beginn bereits erwaumllll1ten Heiligtum von Ribemont-sur-Ancre Daszlig zu dieser Beute auch Geshyfangene oder in der Schlacht Gefallene gehoumlrten die ebenso geopfert wurden ist gut denkbar Am selben Ort scheinen aber offenbar auch die eigenen Krieger im Rahmen komplizierter Rituale bestattet worden zu sein wiederum ein Hinweis darauf daszlig heilige Orte keine eindimensionale Betrachtungsweise verdienen

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97

Page 10: Ritual - Opfer - Totenkult: Zur Kontroverse um die nacheiszeitliche Höhlennutzung, 2003

Heidi Peter-Roumlcher

Angaben in absoluten Zahlen (n = 138)

40 35

30 25 20 15 10 5 O~-LmiddotI----~-L____~~

45 ~------------~~--------------~

infans I infansII juvenil adult matur erWltlchsen

[]gesamt

bull davon veiblich

[] davon maumlnnlich

Abb 5 Durezza-Houmlhle Alters- UIld Geschlechtszusa=ensetzung (nach Jahrbuch Villacb 1997 141 Tab 4)

J(

B

s

Abb 6 Knochenhoumlhle GrUIldriszlig- UIld Laumlngsschnittskizze ohne Maszligstab (nach Szombatby 1937)

6 5

5

l

Abb 7 Knochenhoumlhle Profilskizzen der Schnitte c-d (links) UIld g-h Maszligstab 1 100 (nach Szombatby 1937)

92

Ritual- Opfer - Totenkult

8emdmiddot Saal

N

HeinfriedshyMille

CJ ArcMoJogischer Teil

Sm

Abb 8 LichtensteinhoumlhJe archaumlologisch relevanter Beshyreich (nach Flindt 2002)

Die geborgenen Menschenknochen teils ganz teils in Bruchstuumlcken umfaszligten 11 Schaumldel 19 Oberarm- 27 Unterannknochen 20 Oberschenkelshyknochen 9 Schienbeine und das sei betont da zuweishylen vom Einbringen von Leichen- oder Skeletteilen die Rede ist8

in entsprechender Anzahl Reste des uumlbrigen Skelettes (Szombathy 1937 180) Es karm daher wohl vom Einbringen ganzer Leichen ausgeshygangen werden Die einwurzeligen Zaumlhne waren zum Teil postmortal ausgefallen wie zu erwarten nicht absichtlich ausgebrochen9

Szombathy (1937 184) zufolge handelte es sich um Maumlnner zwischen 18 und 40 Jahren beim Schaumldel des Savini-Skelettes um einen Mann zwischen 40 und 60 Jahren mit vier vershyheilten Hiebverletzungen Ob bei der Knochenhoumlhle von einem Bestattungsplatz vorwiegend fuumlr Maumlrmer

8 ZB ParzingerlNekvasiJlBarth 1995 195 9 Vgl ebd

oder Krieger gesprochen werden karm laumlszligt sich schwer sagen da nur Ausschnitte bekarmt sind Inteshyressant ist in diesem Zusammenhang jedoch die Anashylyse der Tierknochen die einen hohen Anteil an Rinshydern und Hunden bzw Woumllfen ergaben (Szombathy 1937189 Jahrbuch Villach 1997223) Dies erinnert wiederum an die Durezza-Houmlhle

Fliegenhaumlhle Auf die Funde aus der nahe der Knochenhoumlhle geshy

legenen Fliegenhoumlhle (Musja jama) soll an dieser Stelle nicht naumlher eingegangen werden da das in die spaumlte Bronze-Urnenfelderzeit zu datierende und damit aumlltere Material eine andere Zusammensetzung aufweist und zudem Menschenknochen fehlen J Szombathy (1937 134) wies lediglich auf verstreute Holzkohlerestchen und wenige (wohl kalzinierte) Knochen hin wobei unklar bleibt ob von Mensch oder Tier Aus dieser Angabe auf potentielle Menshyschenopfer zu schlieszligen 10 erscheint gewagt die Intershypretation als Opfer hingegen nicht (vgl Turk 1997 49 TerzanTurk im Druck)

Lichtensteinhaumlhle Eine weitere Houmlhle muszlig jedoch ausfuumlhrlicher Erwaumlhshynung finden und zwar die erst 1980 entdeckte und Mitte der neunziger Jahre archaumlologisch untersuchte Lichtensteinhoumlhle im Harz (zuletzt F1indt 2002) Hier fanden sich in mehreren durch sehr enge Gaumlnge verbundenen Kammern (Abb 8) die Uumlberreste von -nach derzeitigem Forschungsstand - 38 Individuen zusammen mit diversen Beigaben (vor allem Schmuck und Trachtbestandteile aber auch Keramik sowie zwei Bronzepfeilspitzen) die eine Datierung in die Urnenfelderzeit ermoumlglichen und einen Nutshyzungszeitraum von rund 200 Jahren zwischen 1000 und 700 v ehr nahelegen Im sogenannten BerndshySaal in den der heute verschuumlttete ehemalige Zugang muumlndete wurden auszliger mehreren teils uumlbereinandershyliegenden Feuerstellen Nahrungsreste ganze und zerscherbte Gefaszlige verbrannte Feldfruumlchte ua angeshytroffen In den uumlbrigen Kammern fanden sich menschliche Skelettreste samt Beigaben ganz uumlbershywiegend nicht mehr im anatomischen Verband sonshydern beiseite geschoben - auch dies ein Hinweis auf wiederholte Begehungen Vennutlich gegen Ende der Belegungszeit wurde der Bemd-Saal ebenfalls fuumlr Bestatttmgen genutzt Geschlechtsshy und Alterszushysammensetzung weisen keine Besonderheiten auf die hier bestatteten Individuen wurden weder getoumltet noch zerlegt sie waren mit Beigaben versehen und ausweislich der Spuren im Bemd-Saal im Rahmen von angemessenen Totenrirualen in der Houmlhle beigeshysetzt

Funde und Befunde legen also zweifellos eine Deutung der Lichtensteinhoumlhle als Bestattungsplatz nahe Dennoch wurde sie schon kurz nach der

10 Vgl ebd

93

Heidi Peter-Roumlcher

Angaben in absoluten Zahlen (n = 23)

7

6

5 IJgesamt

4 - bull davon ~iblich 3 r- odavon maumlnnlich 2

I - o infans I infansll juvenil adult matur-senil

Abb 9 Lichtensteinhoumlhle Alters- und Geschlechtszusamrnensetzung (nach FlindtILeiber 199884 Tab I)

Entdeckung als Opferstaumltte bezeiclmet da es aufshygrund der Enge der Durchgaumlnge unmoumlglich sei Leishychen einzubringen (MaierlLinke 1987 33 ebenso noch FlindtfLeiber 1998 56 77) Als weitere Argushymente dienten ein angeblicher Mangel an Beigaben die kultischen Handlungen im Bernd-Saal und eine vermeintlich ungewoumllmliche Alters- und Geshyschlechtszusammensetzung mit einem Uumlberwiegen von Maumlnnern l - bei naumlherer Betrachtung allerdings nur in den Altersklassen Infans I und II (Abb 9)

Neuerdings wird jedoch wenngleich widershyspruumlchlich und inkonsequent auch die Moumlglichkeit der Deutung als Bestattungsplatz in Erwaumlgung gezoshygen zumindest fuumlr einen Teil der Raumlume und die Schluszligphase der Nutzung (Flindt 2002 13) da die Untersuchung der DNA die zu erwartenden - von den Bearbeitern aber offenbar nicht vermuteten - vershywandtschaftlichen Bindungen der dort niedergelegten Individuen ergeben hat Es wird von einer Groszligfamishylie oder einem Clan ausgegangen Aufgrund des inshyzwischen als reich angesehenen Schmuckinventars und des robusten auf eine gute Ernaumlhrung weisenden Koumlrperbaus soll es sich um Angehoumlrige einer privileshygierten Bevoumllkerungsgruppe handeln die moumlglichershyweise auf der nahegelegenen Pipinsburg ansaumlssig war (ebd)

Die Frage ist jedoch ob sich allein mit dem Arshygument Verwandtschaft die Deutung als Menshyschenopfer ausschlieszligen laumlszligt Wer koumlnnte als Opfer gedient haben wer opferte Wie war die Gesellschaft strukturiert die Menschenopfer darbrachte Vielshyleicht wurden zur Opferbeschaffung Doumlrfer der naumlheren Umgebung uumlberfallen deren Einwohner durch Heiratsbeziehungen eng miteinander verbunshyden waren Auch damit lieszlige sich Verwandtschaft erklaumlren Entscheidend rur eine Interpretation als Bestattungen sind die Funde der Befund und vor

Flindt 1996 1997 FlindtlLeiber 1998 mit Rezension PetershyRoumlcher ferner dies 1998 IOf

allem die demographische Zusammensetzung nicht die Ergebnisse der DNA-Analyse die jedoch rur eine Eroumlrterung der Sozialstruktur der bestattenden Geshymeinschaft ungemein wichtige Erkenntnisse liefert und damit ein neues Forschungsfeld eroumlffnet interesshysant hinsichtlich der Nutzung von Houmlhlen waumlre aber die Untersuchung der Frage ob bestimmte Gemeinshyschaften sei es in der Stein- der Bronze- oder der Eisenzeit jeweils sowohl Graumlberfelder als auch Houmlhshylen oder nur eine der beiden Moumlglichkeiten als Beshystattungsplatz genutzt haben und nach welchen Krishyterien eine solche Wahl erfolgte J2

Dies wuumlrde auch den im Zusammenhang mit Houmlhlen gerne verwendeshyten Begriff Sonderbestattung zu schaumlrfen helfen J3

bull

Ergebnisse

Viele Funde und Befunde aus Houmlhlen sind aufshygrund mangelhafter Dokumentation teilweise verloshyrengegangener Unterlagen und Funde spezifischer Bergungsgewohnheiten der Ausgraumlber fehlender moderner anthropologischer Untersuchungen etc kaum noch beurteilbar Sofern ausreichende informashytionen vorliegen zeigt sich jedoch immer ein Beigashybencharakter der Funde und eine demographische Zusammensetzung die mit der gleichzeitiger Friedshyhoumlfe uumlbereinstimmt oder sie ergaumlnzt Das haumlufig geshygen Bestattungen verwendete Argument des weitgeshyhenden Fehlens anatomischer Zusammenhaumlnge der Skelettreste aus Houmlhlen laumlszligt sich nicht zugunsten der

12 So dachte N Baum (1999 101 ) beispielsweise aufgrund seiner palaumlodontologisch-anthropologischen Untersuchungsergebnisse fuumlr den Dietersbergschacht an eine Gruppe oder einen Familienvershyband von Wald- bzw Wildirnkern Auch Siedlungsbestattungen waumlren hier einzubeziehen IJ Je mehr Houmlhlen als Bestattungsplaumltze erkannt werden desto gewoumlhnlicher erschetnt ein solcher Ort und desto unzutreffender die Definition als Sonderbestattung ein Begriff der ohnehin in der Art wie er oft angewendet wird problematisch wirkt

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Ritual- Opfer - Totenkult

Opferinterpretation verwenden da diese gar nicht zu erwarten sind nicht in Horizontalboumlhlen wenn die Toten lediglich auf den Boden gelegt worden sind und schon gar nicht in Schachthoumlhlen in die die Toshyten eingeworfen wurden Fuumlr die Annahme einer anthropogenen Einwirkung waumlren zumindest Schnittshyspuren notwendig die in der Regel fehlen und bei denen eine Entscheidung zwischen Opfer und Sekunshydaumlrbestattung nur unter Beachtung der Beifunde und der demographischen Zusammensetzung getroffen werden koumlnnte Hinzu kommt in Houmlhlen ein gegenshyuumlber einzelnen Graumlbern moumlglicherweise erweitertes Fundspektrum - Uumlberreste verschiedener Rituale die mit Tod Bestattung Verpflichtungen gegenuumlber Verstorbenen Abwehr Ahnenverehrung Bitten um Beistand etc in Zusammenhang stehen moumlgen Dies kann Tier- oder generell Speiseopfer zerscherbte Gefaszlige Brandreste Steine ferner beispielsweise auch als Votivgaben zu bezeichnende Gegenstaumlnde umfassen um nur einige Moumlglichkeiten zu nennen Wie eingangs dargestellt sind Bestattungsplaumltze zuweilen mehr als nur Deponierungsorte fiir die Toshyten Erinnert sei in diesem Zusammenhang lediglich an christliche Kirchen mit ihren Gruumlften Friedhoumlfen und Beinhaumlusern

Auch die numinose Ergriffenheit die heutige Houmlhlenbesucher zuweilen erfaszligt also die von IR ErI betonte bedeutungsvolle Eigenart der FundsteIlen selbst kann fiir eine Interpretation keine Rolle spieshylen Ob die damaligen Nutzer vergleichbare Empfmshydungen hatten oder nicht wird fiir immer unbekannt bleiben Daszlig Houmlhlen generell oder zumindest Schachthoumlhlen als Zugang zu einer unterirdischen jenseitigen chthonischen Welt aufgefaszligt wurden ist moumlglich mag sich aber von einem Verbringen in die Erde bedeutungs maumlszligig gar nicht unterschieden hashyben Sofern Funde und Befunde keine profane Deushytung nahelegen handelt es sich also sehr wohl um heilige Orte die jedoch im Zusammenhang mit Toshytenritual und Ahnenkult zu sehen sind

Die verbreitete Vorstellung von Opferhoumlhlen in denen zahlreich Maumlnner Frauen und Kinder jeden Alters chthonischen oder Fruchtbarkeitsgoumlttern darshygebracht wurden laumlszligt sich angesichts der Erkenntnisshyse moderner Grabungen und der Analysen aumllterer Untersuchungen kaum mehr aufrechterhalten Eine solche Interpretation muumlszligte im Einzelfall jeweils begruumlndet werden beispielsweise mit relevanten Unterschieden zum gleichzeitigen vermeintlich regushylaumlren Grabbrauch und im Vergleich zu bekannten Opferbraumluchen an anderen Orten

Genannt seien etwa Brandopferplaumltze die ein gaumlnzlich anderes Bild ergeben naumlmlich in der Regel vor allem verbrannte Haustierknochen und Gefaszligresshyte - wo Menschenknochen auftreten wie am Rungger Egg1

weisen Baulichkeiten und Funde auf Bestatshy

14 Gleirscher 1992 und Vortrag im Institut fuumlr Prahistorische AIshychaumlologie der Freien Universitaumlt Berlin im Juni 2000 allgemein zu Brandopferplaumltzen zB Weiss 1997

tungen vielleicht in Verbindung mit einem Heiligtum Jedoch steht die Forschung hier erst am Anfang Im Graben des eingangs genannten Heiligtums von Vix fanden sich diverse Schalen sowie Haustierknochen darunter ein sehr hoher Anteil an Schaumldel- und Kieshyferknochen und zwar von Rind SchafZiege Schwein und Hund Die Funde aus Viereckschanzen lassen sich ebensowenig mit denen aus Houmlhlen vershygleichen Fuumlr Menschenopfer gibt es keine Hinweise insbesondere nicht in den Schaumlchten oder Brunnen lediglich die auch in antiken Quellen genannten Schaumldeltrophaumlen lassen sich zuweilen belegen ferner Einzelknochen die mit den Funden im Oppidum von Manching und anderen Oppida vergleichbar sind und ebenso wie die Schaumldel wohl als Sekundaumlrbestattunshygen oder Trophaumlen gelten koumlnnen l5

An einem Opfershyplatz wie dem Heidentor bei Egesheim auf der Schwaumlbischen Alb fand sich fast ausschlieszliglich Schmuck und zwar uumlberwiegend Fibeln (BaushyerKuhnen 1995) Kurz zusammengefaszligt Auffaumlllige Uumlbereinstimmungen mit dem Fundbestand aus Houmlhshylen sind nicht feststellbar

Auch antike Schriftquellen wenn einmal von eishynem Urteil uumlber ihre Glaubwuumlrdigkeit hinsichtlich der Darbringung von Menschenopfern bei den Kelten abgesehen wird (vgl ZB Whimster 1981 177) lasshysen sich in dieser Hinsicht nicht auswerten derm es ist von heiligen Hainen und Plaumltzen die Rede Ledigshylich Pomponius Mela erwaumlhnt Houmlhlen und zwar im Zusammenhang mit Druiden die die Edelsten des Volkes lange Zeit im Verborgenen unterweisen in einer Houmlhle oder in abgelegenen Bergwaumlldern Dies duumlrfte dazu gedient haben einen urtuumlmlichen Charakshyter des gallischen Priesterwesens zu unterstreichen (Maier 2001 157f)

Immerhin scheint sich das schriftlich uumlberlieferte Geloumlbnis der Kelten nach erfolgreicher Schlacht die Kriegsbeute zu opfern archaumlologisch zu bestaumltigen etwa im zu Beginn bereits erwaumllll1ten Heiligtum von Ribemont-sur-Ancre Daszlig zu dieser Beute auch Geshyfangene oder in der Schlacht Gefallene gehoumlrten die ebenso geopfert wurden ist gut denkbar Am selben Ort scheinen aber offenbar auch die eigenen Krieger im Rahmen komplizierter Rituale bestattet worden zu sein wiederum ein Hinweis darauf daszlig heilige Orte keine eindimensionale Betrachtungsweise verdienen

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Heidi Peler-Roumlcher

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Page 11: Ritual - Opfer - Totenkult: Zur Kontroverse um die nacheiszeitliche Höhlennutzung, 2003

Ritual- Opfer - Totenkult

8emdmiddot Saal

N

HeinfriedshyMille

CJ ArcMoJogischer Teil

Sm

Abb 8 LichtensteinhoumlhJe archaumlologisch relevanter Beshyreich (nach Flindt 2002)

Die geborgenen Menschenknochen teils ganz teils in Bruchstuumlcken umfaszligten 11 Schaumldel 19 Oberarm- 27 Unterannknochen 20 Oberschenkelshyknochen 9 Schienbeine und das sei betont da zuweishylen vom Einbringen von Leichen- oder Skeletteilen die Rede ist8

in entsprechender Anzahl Reste des uumlbrigen Skelettes (Szombathy 1937 180) Es karm daher wohl vom Einbringen ganzer Leichen ausgeshygangen werden Die einwurzeligen Zaumlhne waren zum Teil postmortal ausgefallen wie zu erwarten nicht absichtlich ausgebrochen9

Szombathy (1937 184) zufolge handelte es sich um Maumlnner zwischen 18 und 40 Jahren beim Schaumldel des Savini-Skelettes um einen Mann zwischen 40 und 60 Jahren mit vier vershyheilten Hiebverletzungen Ob bei der Knochenhoumlhle von einem Bestattungsplatz vorwiegend fuumlr Maumlrmer

8 ZB ParzingerlNekvasiJlBarth 1995 195 9 Vgl ebd

oder Krieger gesprochen werden karm laumlszligt sich schwer sagen da nur Ausschnitte bekarmt sind Inteshyressant ist in diesem Zusammenhang jedoch die Anashylyse der Tierknochen die einen hohen Anteil an Rinshydern und Hunden bzw Woumllfen ergaben (Szombathy 1937189 Jahrbuch Villach 1997223) Dies erinnert wiederum an die Durezza-Houmlhle

Fliegenhaumlhle Auf die Funde aus der nahe der Knochenhoumlhle geshy

legenen Fliegenhoumlhle (Musja jama) soll an dieser Stelle nicht naumlher eingegangen werden da das in die spaumlte Bronze-Urnenfelderzeit zu datierende und damit aumlltere Material eine andere Zusammensetzung aufweist und zudem Menschenknochen fehlen J Szombathy (1937 134) wies lediglich auf verstreute Holzkohlerestchen und wenige (wohl kalzinierte) Knochen hin wobei unklar bleibt ob von Mensch oder Tier Aus dieser Angabe auf potentielle Menshyschenopfer zu schlieszligen 10 erscheint gewagt die Intershypretation als Opfer hingegen nicht (vgl Turk 1997 49 TerzanTurk im Druck)

Lichtensteinhaumlhle Eine weitere Houmlhle muszlig jedoch ausfuumlhrlicher Erwaumlhshynung finden und zwar die erst 1980 entdeckte und Mitte der neunziger Jahre archaumlologisch untersuchte Lichtensteinhoumlhle im Harz (zuletzt F1indt 2002) Hier fanden sich in mehreren durch sehr enge Gaumlnge verbundenen Kammern (Abb 8) die Uumlberreste von -nach derzeitigem Forschungsstand - 38 Individuen zusammen mit diversen Beigaben (vor allem Schmuck und Trachtbestandteile aber auch Keramik sowie zwei Bronzepfeilspitzen) die eine Datierung in die Urnenfelderzeit ermoumlglichen und einen Nutshyzungszeitraum von rund 200 Jahren zwischen 1000 und 700 v ehr nahelegen Im sogenannten BerndshySaal in den der heute verschuumlttete ehemalige Zugang muumlndete wurden auszliger mehreren teils uumlbereinandershyliegenden Feuerstellen Nahrungsreste ganze und zerscherbte Gefaszlige verbrannte Feldfruumlchte ua angeshytroffen In den uumlbrigen Kammern fanden sich menschliche Skelettreste samt Beigaben ganz uumlbershywiegend nicht mehr im anatomischen Verband sonshydern beiseite geschoben - auch dies ein Hinweis auf wiederholte Begehungen Vennutlich gegen Ende der Belegungszeit wurde der Bemd-Saal ebenfalls fuumlr Bestatttmgen genutzt Geschlechtsshy und Alterszushysammensetzung weisen keine Besonderheiten auf die hier bestatteten Individuen wurden weder getoumltet noch zerlegt sie waren mit Beigaben versehen und ausweislich der Spuren im Bemd-Saal im Rahmen von angemessenen Totenrirualen in der Houmlhle beigeshysetzt

Funde und Befunde legen also zweifellos eine Deutung der Lichtensteinhoumlhle als Bestattungsplatz nahe Dennoch wurde sie schon kurz nach der

10 Vgl ebd

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Heidi Peter-Roumlcher

Angaben in absoluten Zahlen (n = 23)

7

6

5 IJgesamt

4 - bull davon ~iblich 3 r- odavon maumlnnlich 2

I - o infans I infansll juvenil adult matur-senil

Abb 9 Lichtensteinhoumlhle Alters- und Geschlechtszusamrnensetzung (nach FlindtILeiber 199884 Tab I)

Entdeckung als Opferstaumltte bezeiclmet da es aufshygrund der Enge der Durchgaumlnge unmoumlglich sei Leishychen einzubringen (MaierlLinke 1987 33 ebenso noch FlindtfLeiber 1998 56 77) Als weitere Argushymente dienten ein angeblicher Mangel an Beigaben die kultischen Handlungen im Bernd-Saal und eine vermeintlich ungewoumllmliche Alters- und Geshyschlechtszusammensetzung mit einem Uumlberwiegen von Maumlnnern l - bei naumlherer Betrachtung allerdings nur in den Altersklassen Infans I und II (Abb 9)

Neuerdings wird jedoch wenngleich widershyspruumlchlich und inkonsequent auch die Moumlglichkeit der Deutung als Bestattungsplatz in Erwaumlgung gezoshygen zumindest fuumlr einen Teil der Raumlume und die Schluszligphase der Nutzung (Flindt 2002 13) da die Untersuchung der DNA die zu erwartenden - von den Bearbeitern aber offenbar nicht vermuteten - vershywandtschaftlichen Bindungen der dort niedergelegten Individuen ergeben hat Es wird von einer Groszligfamishylie oder einem Clan ausgegangen Aufgrund des inshyzwischen als reich angesehenen Schmuckinventars und des robusten auf eine gute Ernaumlhrung weisenden Koumlrperbaus soll es sich um Angehoumlrige einer privileshygierten Bevoumllkerungsgruppe handeln die moumlglichershyweise auf der nahegelegenen Pipinsburg ansaumlssig war (ebd)

Die Frage ist jedoch ob sich allein mit dem Arshygument Verwandtschaft die Deutung als Menshyschenopfer ausschlieszligen laumlszligt Wer koumlnnte als Opfer gedient haben wer opferte Wie war die Gesellschaft strukturiert die Menschenopfer darbrachte Vielshyleicht wurden zur Opferbeschaffung Doumlrfer der naumlheren Umgebung uumlberfallen deren Einwohner durch Heiratsbeziehungen eng miteinander verbunshyden waren Auch damit lieszlige sich Verwandtschaft erklaumlren Entscheidend rur eine Interpretation als Bestattungen sind die Funde der Befund und vor

Flindt 1996 1997 FlindtlLeiber 1998 mit Rezension PetershyRoumlcher ferner dies 1998 IOf

allem die demographische Zusammensetzung nicht die Ergebnisse der DNA-Analyse die jedoch rur eine Eroumlrterung der Sozialstruktur der bestattenden Geshymeinschaft ungemein wichtige Erkenntnisse liefert und damit ein neues Forschungsfeld eroumlffnet interesshysant hinsichtlich der Nutzung von Houmlhlen waumlre aber die Untersuchung der Frage ob bestimmte Gemeinshyschaften sei es in der Stein- der Bronze- oder der Eisenzeit jeweils sowohl Graumlberfelder als auch Houmlhshylen oder nur eine der beiden Moumlglichkeiten als Beshystattungsplatz genutzt haben und nach welchen Krishyterien eine solche Wahl erfolgte J2

Dies wuumlrde auch den im Zusammenhang mit Houmlhlen gerne verwendeshyten Begriff Sonderbestattung zu schaumlrfen helfen J3

bull

Ergebnisse

Viele Funde und Befunde aus Houmlhlen sind aufshygrund mangelhafter Dokumentation teilweise verloshyrengegangener Unterlagen und Funde spezifischer Bergungsgewohnheiten der Ausgraumlber fehlender moderner anthropologischer Untersuchungen etc kaum noch beurteilbar Sofern ausreichende informashytionen vorliegen zeigt sich jedoch immer ein Beigashybencharakter der Funde und eine demographische Zusammensetzung die mit der gleichzeitiger Friedshyhoumlfe uumlbereinstimmt oder sie ergaumlnzt Das haumlufig geshygen Bestattungen verwendete Argument des weitgeshyhenden Fehlens anatomischer Zusammenhaumlnge der Skelettreste aus Houmlhlen laumlszligt sich nicht zugunsten der

12 So dachte N Baum (1999 101 ) beispielsweise aufgrund seiner palaumlodontologisch-anthropologischen Untersuchungsergebnisse fuumlr den Dietersbergschacht an eine Gruppe oder einen Familienvershyband von Wald- bzw Wildirnkern Auch Siedlungsbestattungen waumlren hier einzubeziehen IJ Je mehr Houmlhlen als Bestattungsplaumltze erkannt werden desto gewoumlhnlicher erschetnt ein solcher Ort und desto unzutreffender die Definition als Sonderbestattung ein Begriff der ohnehin in der Art wie er oft angewendet wird problematisch wirkt

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Opferinterpretation verwenden da diese gar nicht zu erwarten sind nicht in Horizontalboumlhlen wenn die Toten lediglich auf den Boden gelegt worden sind und schon gar nicht in Schachthoumlhlen in die die Toshyten eingeworfen wurden Fuumlr die Annahme einer anthropogenen Einwirkung waumlren zumindest Schnittshyspuren notwendig die in der Regel fehlen und bei denen eine Entscheidung zwischen Opfer und Sekunshydaumlrbestattung nur unter Beachtung der Beifunde und der demographischen Zusammensetzung getroffen werden koumlnnte Hinzu kommt in Houmlhlen ein gegenshyuumlber einzelnen Graumlbern moumlglicherweise erweitertes Fundspektrum - Uumlberreste verschiedener Rituale die mit Tod Bestattung Verpflichtungen gegenuumlber Verstorbenen Abwehr Ahnenverehrung Bitten um Beistand etc in Zusammenhang stehen moumlgen Dies kann Tier- oder generell Speiseopfer zerscherbte Gefaszlige Brandreste Steine ferner beispielsweise auch als Votivgaben zu bezeichnende Gegenstaumlnde umfassen um nur einige Moumlglichkeiten zu nennen Wie eingangs dargestellt sind Bestattungsplaumltze zuweilen mehr als nur Deponierungsorte fiir die Toshyten Erinnert sei in diesem Zusammenhang lediglich an christliche Kirchen mit ihren Gruumlften Friedhoumlfen und Beinhaumlusern

Auch die numinose Ergriffenheit die heutige Houmlhlenbesucher zuweilen erfaszligt also die von IR ErI betonte bedeutungsvolle Eigenart der FundsteIlen selbst kann fiir eine Interpretation keine Rolle spieshylen Ob die damaligen Nutzer vergleichbare Empfmshydungen hatten oder nicht wird fiir immer unbekannt bleiben Daszlig Houmlhlen generell oder zumindest Schachthoumlhlen als Zugang zu einer unterirdischen jenseitigen chthonischen Welt aufgefaszligt wurden ist moumlglich mag sich aber von einem Verbringen in die Erde bedeutungs maumlszligig gar nicht unterschieden hashyben Sofern Funde und Befunde keine profane Deushytung nahelegen handelt es sich also sehr wohl um heilige Orte die jedoch im Zusammenhang mit Toshytenritual und Ahnenkult zu sehen sind

Die verbreitete Vorstellung von Opferhoumlhlen in denen zahlreich Maumlnner Frauen und Kinder jeden Alters chthonischen oder Fruchtbarkeitsgoumlttern darshygebracht wurden laumlszligt sich angesichts der Erkenntnisshyse moderner Grabungen und der Analysen aumllterer Untersuchungen kaum mehr aufrechterhalten Eine solche Interpretation muumlszligte im Einzelfall jeweils begruumlndet werden beispielsweise mit relevanten Unterschieden zum gleichzeitigen vermeintlich regushylaumlren Grabbrauch und im Vergleich zu bekannten Opferbraumluchen an anderen Orten

Genannt seien etwa Brandopferplaumltze die ein gaumlnzlich anderes Bild ergeben naumlmlich in der Regel vor allem verbrannte Haustierknochen und Gefaszligresshyte - wo Menschenknochen auftreten wie am Rungger Egg1

weisen Baulichkeiten und Funde auf Bestatshy

14 Gleirscher 1992 und Vortrag im Institut fuumlr Prahistorische AIshychaumlologie der Freien Universitaumlt Berlin im Juni 2000 allgemein zu Brandopferplaumltzen zB Weiss 1997

tungen vielleicht in Verbindung mit einem Heiligtum Jedoch steht die Forschung hier erst am Anfang Im Graben des eingangs genannten Heiligtums von Vix fanden sich diverse Schalen sowie Haustierknochen darunter ein sehr hoher Anteil an Schaumldel- und Kieshyferknochen und zwar von Rind SchafZiege Schwein und Hund Die Funde aus Viereckschanzen lassen sich ebensowenig mit denen aus Houmlhlen vershygleichen Fuumlr Menschenopfer gibt es keine Hinweise insbesondere nicht in den Schaumlchten oder Brunnen lediglich die auch in antiken Quellen genannten Schaumldeltrophaumlen lassen sich zuweilen belegen ferner Einzelknochen die mit den Funden im Oppidum von Manching und anderen Oppida vergleichbar sind und ebenso wie die Schaumldel wohl als Sekundaumlrbestattunshygen oder Trophaumlen gelten koumlnnen l5

An einem Opfershyplatz wie dem Heidentor bei Egesheim auf der Schwaumlbischen Alb fand sich fast ausschlieszliglich Schmuck und zwar uumlberwiegend Fibeln (BaushyerKuhnen 1995) Kurz zusammengefaszligt Auffaumlllige Uumlbereinstimmungen mit dem Fundbestand aus Houmlhshylen sind nicht feststellbar

Auch antike Schriftquellen wenn einmal von eishynem Urteil uumlber ihre Glaubwuumlrdigkeit hinsichtlich der Darbringung von Menschenopfern bei den Kelten abgesehen wird (vgl ZB Whimster 1981 177) lasshysen sich in dieser Hinsicht nicht auswerten derm es ist von heiligen Hainen und Plaumltzen die Rede Ledigshylich Pomponius Mela erwaumlhnt Houmlhlen und zwar im Zusammenhang mit Druiden die die Edelsten des Volkes lange Zeit im Verborgenen unterweisen in einer Houmlhle oder in abgelegenen Bergwaumlldern Dies duumlrfte dazu gedient haben einen urtuumlmlichen Charakshyter des gallischen Priesterwesens zu unterstreichen (Maier 2001 157f)

Immerhin scheint sich das schriftlich uumlberlieferte Geloumlbnis der Kelten nach erfolgreicher Schlacht die Kriegsbeute zu opfern archaumlologisch zu bestaumltigen etwa im zu Beginn bereits erwaumllll1ten Heiligtum von Ribemont-sur-Ancre Daszlig zu dieser Beute auch Geshyfangene oder in der Schlacht Gefallene gehoumlrten die ebenso geopfert wurden ist gut denkbar Am selben Ort scheinen aber offenbar auch die eigenen Krieger im Rahmen komplizierter Rituale bestattet worden zu sein wiederum ein Hinweis darauf daszlig heilige Orte keine eindimensionale Betrachtungsweise verdienen

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Heidi Peler-Roumlcher

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Page 12: Ritual - Opfer - Totenkult: Zur Kontroverse um die nacheiszeitliche Höhlennutzung, 2003

Heidi Peter-Roumlcher

Angaben in absoluten Zahlen (n = 23)

7

6

5 IJgesamt

4 - bull davon ~iblich 3 r- odavon maumlnnlich 2

I - o infans I infansll juvenil adult matur-senil

Abb 9 Lichtensteinhoumlhle Alters- und Geschlechtszusamrnensetzung (nach FlindtILeiber 199884 Tab I)

Entdeckung als Opferstaumltte bezeiclmet da es aufshygrund der Enge der Durchgaumlnge unmoumlglich sei Leishychen einzubringen (MaierlLinke 1987 33 ebenso noch FlindtfLeiber 1998 56 77) Als weitere Argushymente dienten ein angeblicher Mangel an Beigaben die kultischen Handlungen im Bernd-Saal und eine vermeintlich ungewoumllmliche Alters- und Geshyschlechtszusammensetzung mit einem Uumlberwiegen von Maumlnnern l - bei naumlherer Betrachtung allerdings nur in den Altersklassen Infans I und II (Abb 9)

Neuerdings wird jedoch wenngleich widershyspruumlchlich und inkonsequent auch die Moumlglichkeit der Deutung als Bestattungsplatz in Erwaumlgung gezoshygen zumindest fuumlr einen Teil der Raumlume und die Schluszligphase der Nutzung (Flindt 2002 13) da die Untersuchung der DNA die zu erwartenden - von den Bearbeitern aber offenbar nicht vermuteten - vershywandtschaftlichen Bindungen der dort niedergelegten Individuen ergeben hat Es wird von einer Groszligfamishylie oder einem Clan ausgegangen Aufgrund des inshyzwischen als reich angesehenen Schmuckinventars und des robusten auf eine gute Ernaumlhrung weisenden Koumlrperbaus soll es sich um Angehoumlrige einer privileshygierten Bevoumllkerungsgruppe handeln die moumlglichershyweise auf der nahegelegenen Pipinsburg ansaumlssig war (ebd)

Die Frage ist jedoch ob sich allein mit dem Arshygument Verwandtschaft die Deutung als Menshyschenopfer ausschlieszligen laumlszligt Wer koumlnnte als Opfer gedient haben wer opferte Wie war die Gesellschaft strukturiert die Menschenopfer darbrachte Vielshyleicht wurden zur Opferbeschaffung Doumlrfer der naumlheren Umgebung uumlberfallen deren Einwohner durch Heiratsbeziehungen eng miteinander verbunshyden waren Auch damit lieszlige sich Verwandtschaft erklaumlren Entscheidend rur eine Interpretation als Bestattungen sind die Funde der Befund und vor

Flindt 1996 1997 FlindtlLeiber 1998 mit Rezension PetershyRoumlcher ferner dies 1998 IOf

allem die demographische Zusammensetzung nicht die Ergebnisse der DNA-Analyse die jedoch rur eine Eroumlrterung der Sozialstruktur der bestattenden Geshymeinschaft ungemein wichtige Erkenntnisse liefert und damit ein neues Forschungsfeld eroumlffnet interesshysant hinsichtlich der Nutzung von Houmlhlen waumlre aber die Untersuchung der Frage ob bestimmte Gemeinshyschaften sei es in der Stein- der Bronze- oder der Eisenzeit jeweils sowohl Graumlberfelder als auch Houmlhshylen oder nur eine der beiden Moumlglichkeiten als Beshystattungsplatz genutzt haben und nach welchen Krishyterien eine solche Wahl erfolgte J2

Dies wuumlrde auch den im Zusammenhang mit Houmlhlen gerne verwendeshyten Begriff Sonderbestattung zu schaumlrfen helfen J3

bull

Ergebnisse

Viele Funde und Befunde aus Houmlhlen sind aufshygrund mangelhafter Dokumentation teilweise verloshyrengegangener Unterlagen und Funde spezifischer Bergungsgewohnheiten der Ausgraumlber fehlender moderner anthropologischer Untersuchungen etc kaum noch beurteilbar Sofern ausreichende informashytionen vorliegen zeigt sich jedoch immer ein Beigashybencharakter der Funde und eine demographische Zusammensetzung die mit der gleichzeitiger Friedshyhoumlfe uumlbereinstimmt oder sie ergaumlnzt Das haumlufig geshygen Bestattungen verwendete Argument des weitgeshyhenden Fehlens anatomischer Zusammenhaumlnge der Skelettreste aus Houmlhlen laumlszligt sich nicht zugunsten der

12 So dachte N Baum (1999 101 ) beispielsweise aufgrund seiner palaumlodontologisch-anthropologischen Untersuchungsergebnisse fuumlr den Dietersbergschacht an eine Gruppe oder einen Familienvershyband von Wald- bzw Wildirnkern Auch Siedlungsbestattungen waumlren hier einzubeziehen IJ Je mehr Houmlhlen als Bestattungsplaumltze erkannt werden desto gewoumlhnlicher erschetnt ein solcher Ort und desto unzutreffender die Definition als Sonderbestattung ein Begriff der ohnehin in der Art wie er oft angewendet wird problematisch wirkt

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Ritual- Opfer - Totenkult

Opferinterpretation verwenden da diese gar nicht zu erwarten sind nicht in Horizontalboumlhlen wenn die Toten lediglich auf den Boden gelegt worden sind und schon gar nicht in Schachthoumlhlen in die die Toshyten eingeworfen wurden Fuumlr die Annahme einer anthropogenen Einwirkung waumlren zumindest Schnittshyspuren notwendig die in der Regel fehlen und bei denen eine Entscheidung zwischen Opfer und Sekunshydaumlrbestattung nur unter Beachtung der Beifunde und der demographischen Zusammensetzung getroffen werden koumlnnte Hinzu kommt in Houmlhlen ein gegenshyuumlber einzelnen Graumlbern moumlglicherweise erweitertes Fundspektrum - Uumlberreste verschiedener Rituale die mit Tod Bestattung Verpflichtungen gegenuumlber Verstorbenen Abwehr Ahnenverehrung Bitten um Beistand etc in Zusammenhang stehen moumlgen Dies kann Tier- oder generell Speiseopfer zerscherbte Gefaszlige Brandreste Steine ferner beispielsweise auch als Votivgaben zu bezeichnende Gegenstaumlnde umfassen um nur einige Moumlglichkeiten zu nennen Wie eingangs dargestellt sind Bestattungsplaumltze zuweilen mehr als nur Deponierungsorte fiir die Toshyten Erinnert sei in diesem Zusammenhang lediglich an christliche Kirchen mit ihren Gruumlften Friedhoumlfen und Beinhaumlusern

Auch die numinose Ergriffenheit die heutige Houmlhlenbesucher zuweilen erfaszligt also die von IR ErI betonte bedeutungsvolle Eigenart der FundsteIlen selbst kann fiir eine Interpretation keine Rolle spieshylen Ob die damaligen Nutzer vergleichbare Empfmshydungen hatten oder nicht wird fiir immer unbekannt bleiben Daszlig Houmlhlen generell oder zumindest Schachthoumlhlen als Zugang zu einer unterirdischen jenseitigen chthonischen Welt aufgefaszligt wurden ist moumlglich mag sich aber von einem Verbringen in die Erde bedeutungs maumlszligig gar nicht unterschieden hashyben Sofern Funde und Befunde keine profane Deushytung nahelegen handelt es sich also sehr wohl um heilige Orte die jedoch im Zusammenhang mit Toshytenritual und Ahnenkult zu sehen sind

Die verbreitete Vorstellung von Opferhoumlhlen in denen zahlreich Maumlnner Frauen und Kinder jeden Alters chthonischen oder Fruchtbarkeitsgoumlttern darshygebracht wurden laumlszligt sich angesichts der Erkenntnisshyse moderner Grabungen und der Analysen aumllterer Untersuchungen kaum mehr aufrechterhalten Eine solche Interpretation muumlszligte im Einzelfall jeweils begruumlndet werden beispielsweise mit relevanten Unterschieden zum gleichzeitigen vermeintlich regushylaumlren Grabbrauch und im Vergleich zu bekannten Opferbraumluchen an anderen Orten

Genannt seien etwa Brandopferplaumltze die ein gaumlnzlich anderes Bild ergeben naumlmlich in der Regel vor allem verbrannte Haustierknochen und Gefaszligresshyte - wo Menschenknochen auftreten wie am Rungger Egg1

weisen Baulichkeiten und Funde auf Bestatshy

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tungen vielleicht in Verbindung mit einem Heiligtum Jedoch steht die Forschung hier erst am Anfang Im Graben des eingangs genannten Heiligtums von Vix fanden sich diverse Schalen sowie Haustierknochen darunter ein sehr hoher Anteil an Schaumldel- und Kieshyferknochen und zwar von Rind SchafZiege Schwein und Hund Die Funde aus Viereckschanzen lassen sich ebensowenig mit denen aus Houmlhlen vershygleichen Fuumlr Menschenopfer gibt es keine Hinweise insbesondere nicht in den Schaumlchten oder Brunnen lediglich die auch in antiken Quellen genannten Schaumldeltrophaumlen lassen sich zuweilen belegen ferner Einzelknochen die mit den Funden im Oppidum von Manching und anderen Oppida vergleichbar sind und ebenso wie die Schaumldel wohl als Sekundaumlrbestattunshygen oder Trophaumlen gelten koumlnnen l5

An einem Opfershyplatz wie dem Heidentor bei Egesheim auf der Schwaumlbischen Alb fand sich fast ausschlieszliglich Schmuck und zwar uumlberwiegend Fibeln (BaushyerKuhnen 1995) Kurz zusammengefaszligt Auffaumlllige Uumlbereinstimmungen mit dem Fundbestand aus Houmlhshylen sind nicht feststellbar

Auch antike Schriftquellen wenn einmal von eishynem Urteil uumlber ihre Glaubwuumlrdigkeit hinsichtlich der Darbringung von Menschenopfern bei den Kelten abgesehen wird (vgl ZB Whimster 1981 177) lasshysen sich in dieser Hinsicht nicht auswerten derm es ist von heiligen Hainen und Plaumltzen die Rede Ledigshylich Pomponius Mela erwaumlhnt Houmlhlen und zwar im Zusammenhang mit Druiden die die Edelsten des Volkes lange Zeit im Verborgenen unterweisen in einer Houmlhle oder in abgelegenen Bergwaumlldern Dies duumlrfte dazu gedient haben einen urtuumlmlichen Charakshyter des gallischen Priesterwesens zu unterstreichen (Maier 2001 157f)

Immerhin scheint sich das schriftlich uumlberlieferte Geloumlbnis der Kelten nach erfolgreicher Schlacht die Kriegsbeute zu opfern archaumlologisch zu bestaumltigen etwa im zu Beginn bereits erwaumllll1ten Heiligtum von Ribemont-sur-Ancre Daszlig zu dieser Beute auch Geshyfangene oder in der Schlacht Gefallene gehoumlrten die ebenso geopfert wurden ist gut denkbar Am selben Ort scheinen aber offenbar auch die eigenen Krieger im Rahmen komplizierter Rituale bestattet worden zu sein wiederum ein Hinweis darauf daszlig heilige Orte keine eindimensionale Betrachtungsweise verdienen

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Heidi Peler-Roumlcher

BauerlKuhnen 1995 S BauerlH-P Kuhnen Ein Starker Ort Der fruumlhkeltische Opferplatz bei Egesheim Lkr Tuttlingen In A Haffner (Hrsg) Heiligtuumlmer und Opshyferkulte der Kelten (Stuttgart 1995) 51-54

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Cadoux 1996 1-L Cadoux Menschenopfer oder Massenshygrab Mysterioumlse Skelettfunde im Heiligtum von Rishybemont-sur-Ancre Departement Somme Frankreich Antike Welt 2714 1996 271-288

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ChaumelReinhard 2002 B ChaumelW Reinhard Fuumlrstenshysitze westlich des Rheins Archaumlologie in Deutschland 200211 8-14

Czyborra 1997 I Czyborra Gefaumlszligdeponierungen - Speise und Trank fuumlr Goumltter und Menschen In A HaumlnsellB Haumlnsel (Hrsg) Gaben an die Goumltter Schaumltze der Bronshyzezeit Europas (Berin 1997) 87-92

Er 1953 1R Erl Die Dietersberghoumlhle bei Egloffstein Abhandlungen der Naturhjstorischen Gesellschaft Nuumlrnberg 265 1953

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- 2002 - Grabstaumltte oder Schicksalsgemeinschaft Arshychaumlologie in Deutschland 20022 8-13

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Page 13: Ritual - Opfer - Totenkult: Zur Kontroverse um die nacheiszeitliche Höhlennutzung, 2003

Ritual- Opfer - Totenkult

Opferinterpretation verwenden da diese gar nicht zu erwarten sind nicht in Horizontalboumlhlen wenn die Toten lediglich auf den Boden gelegt worden sind und schon gar nicht in Schachthoumlhlen in die die Toshyten eingeworfen wurden Fuumlr die Annahme einer anthropogenen Einwirkung waumlren zumindest Schnittshyspuren notwendig die in der Regel fehlen und bei denen eine Entscheidung zwischen Opfer und Sekunshydaumlrbestattung nur unter Beachtung der Beifunde und der demographischen Zusammensetzung getroffen werden koumlnnte Hinzu kommt in Houmlhlen ein gegenshyuumlber einzelnen Graumlbern moumlglicherweise erweitertes Fundspektrum - Uumlberreste verschiedener Rituale die mit Tod Bestattung Verpflichtungen gegenuumlber Verstorbenen Abwehr Ahnenverehrung Bitten um Beistand etc in Zusammenhang stehen moumlgen Dies kann Tier- oder generell Speiseopfer zerscherbte Gefaszlige Brandreste Steine ferner beispielsweise auch als Votivgaben zu bezeichnende Gegenstaumlnde umfassen um nur einige Moumlglichkeiten zu nennen Wie eingangs dargestellt sind Bestattungsplaumltze zuweilen mehr als nur Deponierungsorte fiir die Toshyten Erinnert sei in diesem Zusammenhang lediglich an christliche Kirchen mit ihren Gruumlften Friedhoumlfen und Beinhaumlusern

Auch die numinose Ergriffenheit die heutige Houmlhlenbesucher zuweilen erfaszligt also die von IR ErI betonte bedeutungsvolle Eigenart der FundsteIlen selbst kann fiir eine Interpretation keine Rolle spieshylen Ob die damaligen Nutzer vergleichbare Empfmshydungen hatten oder nicht wird fiir immer unbekannt bleiben Daszlig Houmlhlen generell oder zumindest Schachthoumlhlen als Zugang zu einer unterirdischen jenseitigen chthonischen Welt aufgefaszligt wurden ist moumlglich mag sich aber von einem Verbringen in die Erde bedeutungs maumlszligig gar nicht unterschieden hashyben Sofern Funde und Befunde keine profane Deushytung nahelegen handelt es sich also sehr wohl um heilige Orte die jedoch im Zusammenhang mit Toshytenritual und Ahnenkult zu sehen sind

Die verbreitete Vorstellung von Opferhoumlhlen in denen zahlreich Maumlnner Frauen und Kinder jeden Alters chthonischen oder Fruchtbarkeitsgoumlttern darshygebracht wurden laumlszligt sich angesichts der Erkenntnisshyse moderner Grabungen und der Analysen aumllterer Untersuchungen kaum mehr aufrechterhalten Eine solche Interpretation muumlszligte im Einzelfall jeweils begruumlndet werden beispielsweise mit relevanten Unterschieden zum gleichzeitigen vermeintlich regushylaumlren Grabbrauch und im Vergleich zu bekannten Opferbraumluchen an anderen Orten

Genannt seien etwa Brandopferplaumltze die ein gaumlnzlich anderes Bild ergeben naumlmlich in der Regel vor allem verbrannte Haustierknochen und Gefaszligresshyte - wo Menschenknochen auftreten wie am Rungger Egg1

weisen Baulichkeiten und Funde auf Bestatshy

14 Gleirscher 1992 und Vortrag im Institut fuumlr Prahistorische AIshychaumlologie der Freien Universitaumlt Berlin im Juni 2000 allgemein zu Brandopferplaumltzen zB Weiss 1997

tungen vielleicht in Verbindung mit einem Heiligtum Jedoch steht die Forschung hier erst am Anfang Im Graben des eingangs genannten Heiligtums von Vix fanden sich diverse Schalen sowie Haustierknochen darunter ein sehr hoher Anteil an Schaumldel- und Kieshyferknochen und zwar von Rind SchafZiege Schwein und Hund Die Funde aus Viereckschanzen lassen sich ebensowenig mit denen aus Houmlhlen vershygleichen Fuumlr Menschenopfer gibt es keine Hinweise insbesondere nicht in den Schaumlchten oder Brunnen lediglich die auch in antiken Quellen genannten Schaumldeltrophaumlen lassen sich zuweilen belegen ferner Einzelknochen die mit den Funden im Oppidum von Manching und anderen Oppida vergleichbar sind und ebenso wie die Schaumldel wohl als Sekundaumlrbestattunshygen oder Trophaumlen gelten koumlnnen l5

An einem Opfershyplatz wie dem Heidentor bei Egesheim auf der Schwaumlbischen Alb fand sich fast ausschlieszliglich Schmuck und zwar uumlberwiegend Fibeln (BaushyerKuhnen 1995) Kurz zusammengefaszligt Auffaumlllige Uumlbereinstimmungen mit dem Fundbestand aus Houmlhshylen sind nicht feststellbar

Auch antike Schriftquellen wenn einmal von eishynem Urteil uumlber ihre Glaubwuumlrdigkeit hinsichtlich der Darbringung von Menschenopfern bei den Kelten abgesehen wird (vgl ZB Whimster 1981 177) lasshysen sich in dieser Hinsicht nicht auswerten derm es ist von heiligen Hainen und Plaumltzen die Rede Ledigshylich Pomponius Mela erwaumlhnt Houmlhlen und zwar im Zusammenhang mit Druiden die die Edelsten des Volkes lange Zeit im Verborgenen unterweisen in einer Houmlhle oder in abgelegenen Bergwaumlldern Dies duumlrfte dazu gedient haben einen urtuumlmlichen Charakshyter des gallischen Priesterwesens zu unterstreichen (Maier 2001 157f)

Immerhin scheint sich das schriftlich uumlberlieferte Geloumlbnis der Kelten nach erfolgreicher Schlacht die Kriegsbeute zu opfern archaumlologisch zu bestaumltigen etwa im zu Beginn bereits erwaumllll1ten Heiligtum von Ribemont-sur-Ancre Daszlig zu dieser Beute auch Geshyfangene oder in der Schlacht Gefallene gehoumlrten die ebenso geopfert wurden ist gut denkbar Am selben Ort scheinen aber offenbar auch die eigenen Krieger im Rahmen komplizierter Rituale bestattet worden zu sein wiederum ein Hinweis darauf daszlig heilige Orte keine eindimensionale Betrachtungsweise verdienen

Literaturverzeichnis

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Wieland 1999 G Wieland (Hrsg) Keltische Viereckshyschanzen Einem Raumltsel auf der Spur (Darm stadt 1999)

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Page 14: Ritual - Opfer - Totenkult: Zur Kontroverse um die nacheiszeitliche Höhlennutzung, 2003

Heidi Peler-Roumlcher

BauerlKuhnen 1995 S BauerlH-P Kuhnen Ein Starker Ort Der fruumlhkeltische Opferplatz bei Egesheim Lkr Tuttlingen In A Haffner (Hrsg) Heiligtuumlmer und Opshyferkulte der Kelten (Stuttgart 1995) 51-54

Baum 1999 N Baum Die Dietersberghoumlhle bei Egloffstein Kr Forehheim - von der Opferhoumlhle zum Bestattungsplatz Praumlhistorische Zeitschrift 74 1999 79-121

Bebm-Blancke 1956 G Bebm-Blancke Bronze- und hallstattzeitliehe Kulthoumlhlen im Gipsgebirge bei Bad Frankenhausen Ausgrabungen und Funde I 1956 276shy277

- 1958 - Houmlhlen Heiligtuumlmer Karmibalen Archaumlologishysche Forschungen im Kyffhaumluser (Leipzig 1958)

Benz 1954 E Benz Die heilige Houmlhle in der alten Chrisshytenheit und in der oumlstlich-orthodoxen Kirche EranosshyJahrbuch 1953 (1954)365-432

BergIRoUeSeemann 1981 S BergIR RollelH Seemann Der Archaumlologe und der Tod Archaumlologie und Geshyrichtsmedizin (MUumlllchenILuzern 1981)

Bernbardt 1995 G Bernhardt Die westfaumllischen Houmlhlen und ihre eisenzeitlichen Funde und Befunde im museashylen Kontext Pravek 51995 157-180

Bockisch-BraumluerZeitler 1996 C Bockisch-Braumluer1 P Zeitler (Hrsg) Kulthoumlhlen Funde - Deutungen - Fakshyten (Nuumlrnberg 1996)

Brunaux 1999 J-L Brunaux Die keltischen Heiligtuumlmer im Nordwesten Galliens In G Wieland (Hrsg) Keltishysche Viereckschanzen Einem Raumltsel auf der Spur (Darmstadt 1999) 91-104

- 2002 - Neue Untersuchungen zu Kulten und rituellen Praktiken der Kelten in Nordfrankreich Mitteilungen der Berliner Gesellschaft fuumlr Anthropologie Ethnologie und Urgeschichte 23 2002 19-28

Cadoux 1996 1-L Cadoux Menschenopfer oder Massenshygrab Mysterioumlse Skelettfunde im Heiligtum von Rishybemont-sur-Ancre Departement Somme Frankreich Antike Welt 2714 1996 271-288

ChaumeOlivierlReinhard 1995 B ChaumelL OlivierlW Reinhard Das keltische Heiligtum von Vix In A Haffner (Hrsg) Heiligtuumlmer und Opferkulte der Kelten (Stuttgart 1995) 43-50

ChaumelReinhard 2002 B ChaumelW Reinhard Fuumlrstenshysitze westlich des Rheins Archaumlologie in Deutschland 200211 8-14

Czyborra 1997 I Czyborra Gefaumlszligdeponierungen - Speise und Trank fuumlr Goumltter und Menschen In A HaumlnsellB Haumlnsel (Hrsg) Gaben an die Goumltter Schaumltze der Bronshyzezeit Europas (Berin 1997) 87-92

Er 1953 1R Erl Die Dietersberghoumlhle bei Egloffstein Abhandlungen der Naturhjstorischen Gesellschaft Nuumlrnberg 265 1953

Fabrizuuml-ReuerGalikiGleirscherlReuer 1998 S FabriziishyReuerA GalikIP GleirscherlE Reuer Die DurezzashySchachthoumlhle bei ViUach Ein eisenzeitlicher Opfershyoder Begraumlbnisschacht Archaumlologie Oumlsterreichs 91 19985-23

Flindt 1996 S Flindt Die Lichtensteinhoumlhle bei Osterode Landkreis Osterode am Harz Eine Opferhoumlhle der juumlnshygeren Bronzezeit im Gipskarst des suumldwestlichen Harzshyrandes Die Kunde Neue Folge 47 1996 435-466

- 1997 - Die Lichtensteinhoumlhle Eine Opferhoumlhle der juumlngeren Bronzezeit aus Niedersachsen In J1 Assenshydorp (Hrsg) Forschungen zur bronzezeitlichen Besiedshylung in Nord- und Mitteleuropa (Espelkamp 1997) 177shy188

- 2002 - Grabstaumltte oder Schicksalsgemeinschaft Arshychaumlologie in Deutschland 20022 8-13

FlindtlLeiber 1998 S FlindtC Leiber Kulthoumlhlen und Menschenopfer im Harz lth und Kyffhaumluser Archaumloshylogische Schriften des Landkreises Osterode am Harz 2 (Hol=inden 1998) Rezension H Peter-Roumlcher Acta Praehistorica et Archaeologica 32 2000 195-196

Geschwinde 1988 M Geschwinde Houmlhlen im lth Urgeshyschichtliche Opferstaumltten im suumldniedersaumlchsischen Bergland Veroumlffentlichungen der urgeschichtlichen Sammlungen des Landesmuseums Hannover 33 1988

Gleirscher 1992 P Gleirscher Zum eisenzeitlichen Brandshyopferplatz arn Rungger Egg bei Seis am Sclliern (Suumldtishyroi) In IR MetzgerlP Gleirscher (Hrsg) Die Raumlterll Reti (Bozen 1992) 567- 580

Graf 2000 N Graf Bronzezeitliche HoumlhlelIDutzung In B MuumlhldorferJ P Zeitler (Hrsg) Mykene - NuumlrnbergshyStonehenge Handel und Austausch in der Bronzezeit Abhandlungen der Naturhistorischen Gesellschaft Niimberg 43 2000 283-288

GraflRivera 1996 N GrafIR Rivera Die Esperhoumlhle (D 105) bei Leutzdorf (Lkr Forehbeim Ofr) Natur und Mensch Jahresmitteilungen der Naturhistorischen Geshysellschaft Nuumlrnberg 1996 5-20

Herrmann 2002 F-R Herrmann Die Statuen vom Glaushyberg Archaumlologie in Deutschland 20022 20- 23

Jahrbuch Villach 1997 Archaumlologische und naturwissenshyschaftliche Untersuchungen zur Durezza-Schachthoumlhle bei Warmbad-Villach (Kaumlrnten) Neues aus Alt-Villach 34 Jahrbuch des Stadtmuseums 1997 (Villach 1997) Rezension H Peter-Roumlcher Praumlhistorische Zeitschrift 75 2000 126-128

Kossack 1999 G Kossack Religioumlses Denken in dinglishycher und bildlieher Uumlberlieferung Alteuropas aus der Spaumltbronze- und fruumlhen Eisenzeit (9 -6 Jahrhundert v Chr Geb) Bayerische Akademie der Wissenschaften Philosophisch-llistorische Klasse Abhandlungen Neue Folge Heft 116 (Muumlnchen 1999)

Kunkel 1955 O Kunkel Die Jungfernboumlhle bei Tiefenelshylern Eine neolithische Kultstaumltte auf dem fraumlnkischen Jura bei Bamberg Muumlnchener Beitraumlge zur Vor- und Ftuumlhgeschjchte 5 1955

Lange 1983 Die menschlichen Skelettreste aus dem Oppishydum von Manching Die Ausgrabungen in Manching 7 1983

Leja 1987 F Leja Vorgeschichtliche Funde aus dem Kleebergschacht im Baumlrnbofer Wald Lkr AmbergshySulzbach (Oberpfalz) Ein neuentdeckter Opferschacht in der Fraumlnkischen Alb sowie Funde aus benachbarten Schachthoumlhlen Abhandlungen der Naturhistorischen Gesellschaft Nuumlrnberg 41 1987

Maier 2001 B Maier Die Religion der Kelten Goumltter Mythen Weltbild (Muumlnchen 2001)

Maier 1977 RA Maier Urgeschichtliche Opferreste aus einer Felsspalte und einer Schachthoumlhle der Fraumlnkishyschen Alb Germania 55197721-32

MaierlLinke 1987 R MaierlF-A Linke Die Lichtensteinshyhoumlhle bei Dorste Stadt Osterode am Harz In Damit die Jahrtausende nicht spurlos vergehen Archaumlologishysche Denkmalpflege im Landkreis Osterode am Harz 198687 1987 29-35

Nehring 1884 A Nehring Uumlber die Houmlllie von Holzen (Kreis Holzmindell) Zeitschrift fuumlr Etlmologie 16 1884 [83]-[95]

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shyRitual- Opfer - Totenkult

NekvasilPodborskY 1991 1 NekvasiW Podborsky Die Bronzegefaumlszlige in Maumlhren Praumlhistorische Bronzefunde II 13 (Stuttgart 1991)

Orschiedt 1999 J Orschiedt Manipulationen an menschlishychen Skelettresten Taphonomische Prozesse Sekunshydaumlrbestathmgen oder Kannibalismus Urgeschichtliche Materialhefte 13 (Tuumlbingen 1999)

ParzingerlNekvasiUBartb 1995 H ParzingerJ NekvashysillFE Barth Die Byci skala-Houmlhle Ein haUstattzeitlishycher Houmlhlenopferplatz in Maumlhren Roumlmisch-Germashynische Forschungen 54 (Mainz 1995)

Peter-Roumlcher 1994 H Peter-Roumlcher Kannibalismus in der praumlhistorischen Forschung Studien zu einer paradigmashytischen Deutung und ihren Grundlagen Universitaumltsforshyschungen zur Praumlhistorischen Archaumlologie 20 (Bonn 1994)

- 1997a - Die Houmlhle von Byci skala - Gaben an Goumltter und Ahnen Mitteilungen der Berliner GeseUschaft fuumlr Anthropologie Ethnologie und Urgeschichte 18 1997 47-56

- 1997b Menschliche SkeJettreste in Siedlungen und Houmlhshylen Kritische Anmerkungen zu herkoumlmmlichen Deushytungen Ethnographisch-Archaumlologische Zeitschrift 38 1997 315-324

- 1998 - Die ByCi skala-Houmlhle in Maumlhren Opfer Ahnenshykult und Totenritual in der Hallstattzeit Das Altertum 44 19983-30

- 2002 - Krieg und Gewalt Zu den Kopfdepositionen in der Groszligen Ofnet und der DiskUssion um kriegerische Konflikte in praumlhistorischer Zeit Praumlhistorische Zeitshyschrift 77 2002 1-28

RieckbofflBiel 2001 S Rieckboff1 Biel Die Kelten in Deutschland (Stuttgart 200 I)

Rind 1996 M M Rind Menschenopfer Vom Kult der Grausamkeit (Regensburg 1996)

Schauer 1981 P Schauer Urnenfelderzeitliche Opferplaumltze in HoumlhJen und Felsspalten Festschrift WA von Brunn (1981) 403-418

Schmidt 1912 Die diluviale Vorzeit Deutschlands (Stuttshygart 1912)

Schroumlter 1996 P Schroumlter Menschliche Skelettreste aus der Esperhoumlhle (Dl05) bei Leutzdorf (Lkr Forchheim Oberfranken) Natur und Mensch Jahresmitteilungen der Naturhistorischen Gesellschaft Nuumlrnberg 1996 21shy28

Schwarz 1962 K Schwarz Zum Stand der Ausgrabungen in der spaumltkeltischen Viereckschanze von Holzhausen Jahresbericht Bayerische Bodendenkmalpflege 1962 22-77

Stapel 1999 A Stapel Bronzezeitliche Deponierungen im Siedlungsbereich A1tdorf-Roumlmerfeld und Altheim Landkreis Landshut Tuumlbinger Schriften zur Ur- und Fruumlhgeschichtlichen Archaumlologie 3 (MUumll1sterlNew YorklMUumll1chenlBerlin 1999)

Stoll-Tucker 1997 B Stoll-Tucker Nacheiszeitliche Houmlhshylennutzung am Beispiel des oberen Pegnitztales (Noumlrdshyliche Frankenalb) Arbeiten zur Archaumlologie Suumldshydeutschlands 4 (Buumlchenbach 1997)

Szombathy 1937 J Szombathy Altertumsfunde aus Houmlhshylen bei St Kanzian im oumlsterreichischen KuumlstenJande Mitteilungen der Praumlhistorischen Kommission der Akademie der Wissenschaften Wien 2 1937 127-190

Terzanffurk im Druck B TerzanP Turk (Hrsg) Depoji pozne bronaste dobe na Slovenskem rn - Depo iz MuSshyje jame pri Skocjanu Katalogi in monografije 35 (LjubshyIjana im Druck)

Turk 1997 P Turk Das Depot eines Bronzegieszligers aus Slowenien - Opfer oder MateriaJlager In A Haumlnsel u B Haumlnsel (Hrsg) Gaben an die Goumltter Schaumltze der Bronzezeit Europas (Berlin 1997) 49-52

Wahl 1999 1 Wahl Anthropologische Untersuchungen der menschlichen Skelettreste aus den Grabungen bei Menshygen In Archaumlologie im Umland der Heuneburg Neue Ausgrabungen und Funde an der oberen Donau zwishyschen Mengen und Riedlingen Archaumlologische Inforshymationen aus Baden-Wuumlrttemberg 40 (Stuttgart 1999) 56--)8

Wankel 1882 H Wankei Bilder aus der Maumlhrischen Schweiz und ihrer Vergangenheit (Wien 1882)

Weiss 1997 R-M Weiss Praumlhistorische BrandopferpJaumltze in Bayern Internationale Archaumlologie 35 (Espelkamp 1997)

Whimster 1981 R Whimster Burial Practices in Iron Age Britain A Discussion and Gazetteer of the Evidence c 700 BC - AD 43 British Archaeological Reports British Series 90 1981

Wieland 1999 G Wieland (Hrsg) Keltische Viereckshyschanzen Einem Raumltsel auf der Spur (Darm stadt 1999)

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Page 15: Ritual - Opfer - Totenkult: Zur Kontroverse um die nacheiszeitliche Höhlennutzung, 2003

shyRitual- Opfer - Totenkult

NekvasilPodborskY 1991 1 NekvasiW Podborsky Die Bronzegefaumlszlige in Maumlhren Praumlhistorische Bronzefunde II 13 (Stuttgart 1991)

Orschiedt 1999 J Orschiedt Manipulationen an menschlishychen Skelettresten Taphonomische Prozesse Sekunshydaumlrbestathmgen oder Kannibalismus Urgeschichtliche Materialhefte 13 (Tuumlbingen 1999)

ParzingerlNekvasiUBartb 1995 H ParzingerJ NekvashysillFE Barth Die Byci skala-Houmlhle Ein haUstattzeitlishycher Houmlhlenopferplatz in Maumlhren Roumlmisch-Germashynische Forschungen 54 (Mainz 1995)

Peter-Roumlcher 1994 H Peter-Roumlcher Kannibalismus in der praumlhistorischen Forschung Studien zu einer paradigmashytischen Deutung und ihren Grundlagen Universitaumltsforshyschungen zur Praumlhistorischen Archaumlologie 20 (Bonn 1994)

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- 1998 - Die ByCi skala-Houmlhle in Maumlhren Opfer Ahnenshykult und Totenritual in der Hallstattzeit Das Altertum 44 19983-30

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Rind 1996 M M Rind Menschenopfer Vom Kult der Grausamkeit (Regensburg 1996)

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Schmidt 1912 Die diluviale Vorzeit Deutschlands (Stuttshygart 1912)

Schroumlter 1996 P Schroumlter Menschliche Skelettreste aus der Esperhoumlhle (Dl05) bei Leutzdorf (Lkr Forchheim Oberfranken) Natur und Mensch Jahresmitteilungen der Naturhistorischen Gesellschaft Nuumlrnberg 1996 21shy28

Schwarz 1962 K Schwarz Zum Stand der Ausgrabungen in der spaumltkeltischen Viereckschanze von Holzhausen Jahresbericht Bayerische Bodendenkmalpflege 1962 22-77

Stapel 1999 A Stapel Bronzezeitliche Deponierungen im Siedlungsbereich A1tdorf-Roumlmerfeld und Altheim Landkreis Landshut Tuumlbinger Schriften zur Ur- und Fruumlhgeschichtlichen Archaumlologie 3 (MUumll1sterlNew YorklMUumll1chenlBerlin 1999)

Stoll-Tucker 1997 B Stoll-Tucker Nacheiszeitliche Houmlhshylennutzung am Beispiel des oberen Pegnitztales (Noumlrdshyliche Frankenalb) Arbeiten zur Archaumlologie Suumldshydeutschlands 4 (Buumlchenbach 1997)

Szombathy 1937 J Szombathy Altertumsfunde aus Houmlhshylen bei St Kanzian im oumlsterreichischen KuumlstenJande Mitteilungen der Praumlhistorischen Kommission der Akademie der Wissenschaften Wien 2 1937 127-190

Terzanffurk im Druck B TerzanP Turk (Hrsg) Depoji pozne bronaste dobe na Slovenskem rn - Depo iz MuSshyje jame pri Skocjanu Katalogi in monografije 35 (LjubshyIjana im Druck)

Turk 1997 P Turk Das Depot eines Bronzegieszligers aus Slowenien - Opfer oder MateriaJlager In A Haumlnsel u B Haumlnsel (Hrsg) Gaben an die Goumltter Schaumltze der Bronzezeit Europas (Berlin 1997) 49-52

Wahl 1999 1 Wahl Anthropologische Untersuchungen der menschlichen Skelettreste aus den Grabungen bei Menshygen In Archaumlologie im Umland der Heuneburg Neue Ausgrabungen und Funde an der oberen Donau zwishyschen Mengen und Riedlingen Archaumlologische Inforshymationen aus Baden-Wuumlrttemberg 40 (Stuttgart 1999) 56--)8

Wankel 1882 H Wankei Bilder aus der Maumlhrischen Schweiz und ihrer Vergangenheit (Wien 1882)

Weiss 1997 R-M Weiss Praumlhistorische BrandopferpJaumltze in Bayern Internationale Archaumlologie 35 (Espelkamp 1997)

Whimster 1981 R Whimster Burial Practices in Iron Age Britain A Discussion and Gazetteer of the Evidence c 700 BC - AD 43 British Archaeological Reports British Series 90 1981

Wieland 1999 G Wieland (Hrsg) Keltische Viereckshyschanzen Einem Raumltsel auf der Spur (Darm stadt 1999)

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