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Ritter und Spielmann Aham Sahel Sudan Schneide ein Profil ...

Mar 18, 2023

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Khang Minh
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Ritter und Spielmann

aham Sahel Sudan Schneide ein Profi l durch das nordwestl iche Afrika parallel den Längengraden , so l iegen vor dir

von Norden nach Süden folgende Regionen .

I . Ein mehr oder weniger schmales Gelände , geschmuckt mit derVegetation und dem Leben des Mittelmeeres.2 . Die Sahara , bald ein Steinmeer , bald mach tige Sanddunen

zeigend,hier und da wohl auch eine Oase .

3 . Die Sahel , eine weite spiege lartige F läche , ein grasiges Steppenland

,überweh t von wohltuender Luft , in seiner Einförmigkeit nur

selten un terbrochen durch einen Sumpf , einen See , eine Lache , ineinem entweder schon seit langem ausgetrockneten oder j ährl i chnur für kurze Zeit von einem fließenden Wasser in Anspruch genommenen Bette.4 . Der Sudan , eine Baumsteppe , die unmerklich mit anschwellendem Buschwerk aus der Sahel herauswächst , die in der Regenzeitvon mächtigen Graswäldern bedeckt ist , die ununterbrochenfließende Gewässer aufweist , die eine dichte Bevölkerung zu ernähren vermag und demnach allj ährl ich dem den Farmbau vorbereitenden weithin sich wälzenden Grasbrande unterwor fen wird .5 . Das Gestade des Atlantischen Ozeans , die Landschaft der

Guineaküste , früher bedeckt mit der Hyläa , dem r iesenhaften undoft unheimlich mächtigen Urwalde der Tropen , der heute allerdingsschon vielerorts durch die immer weiter nach Süden vordrängendesudanische Landschaft und Völkersickerung , durch die Jahr umJahr gegen seine gewaltigen Mauern aufbäumenden Steppenbrandearg bedrängt , vielerorts nur noch in schützenden Talschluchten(Galeriewaldungen ) oder auf schwer zugänglichen Höh enspitzenerhalten , vielerorts aber auch schon vollkommen vernichtet ist.Diese fünf Zonen ziehen sich mit den schmalen Küstenstreifen

nach außen und den breiten Bändern im Innern wie ein Regenbogen von Osten nach Westen

,nicht uberall gleich an Maß

,aber

überall wesentlich gleich an Sinn , der Breite nach durch den NordenAfrikas. Allenthalben , gleichwohl ob ich im Westen in Timbuktuoder im Osten in Kordofan die Sahel durchwandere

,finde ich ihre

große freie , erhebende Schönheit , gewissermaßen als Spiegelbild deseinheitl ich tagsüber blau und nachts im prächtigen Sternenglanzewie eine Kuppel sich darüber wölbenden Himmels . Sahel nanntendie Araber diese Zone

,und sie lobten und loben

,l iebten und lieben

sie mehr denn j edes andere Gebiet. Vom Norden kommend , erreicht der Wanderer hier die „Küste

“,das Land der Viehzucht , von

Süden kommend hat er mit ihrem Betreten die Landschaft der„Masse“ verlassen der Masse

,die sich ausdrückt in großen

Frobenius, A tlantis VI. Band

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Staatsbildungen,aber auch in Mensch und Vieh verheerenden

Seuchen . Die Sahel ist das Land der Entwicklung der Persönl ichkeit

, so wie der Sudan das der Auswirkung der Persönl ichkeit ist.Mit unendlich gesteigerter Gewalt wirkt das Phänomen der Gestaltungskra ft der Landschaft in diesen Ländern ; unendl ich gesteigert im Verhältnis zu den Kräften , denen wir in nordischenLanden unterworfen sind .Erst diese Sahara ! Riesenhaft in ihrer stummen Unendlichkeit

,

der Farbenprach t von H immel und Fels und Sandmeer , in der nuran wenigen Orten grun lich e Gasen wie verloren erscheinen . Derlebendige Tod in effigie ! Das ist eine Welt , in der sich Herrl ichkeitder Natur und Unmöglichkeit der Z ivi l isation hart und unverein

bar gegenüberstehen . H ier werden nicht Individuen , sondernStämme und Völker in bitterstem Kampfe , in härtester Notwendigkeit gestählt , aber niemals kulturell schöpfer isch sein können .

Es ist die Landschaft der Zucht.Die Sahel ist dagegen die Zone der Erziehung. Der Kamelreiter

der Sahara ist errettet beim Anblick der Oase . Der durch die Sahelsprengende Reiter kennt diese Sorge nicht. Er ist unterworfen demwundervol len Bildwechsel herbstlicher Bäume und des Aufblühens ,sowie eines unendl ich wohltuenden Balsamduftes der Frühlingszeit.Das Land kann nicht große Menschenmassen , aber unzählige Herden von Vieh ernähren , eine Art des Reichtums , der dem zufällt ,der stark und tüchtig ist. Das Ringen um den Besitz dieser bewegl ichen Schätze und um die Wasserstel len , die Menschen und Tiererquicken , fordert Persönl ichkeiten und entwickelt Charaktere .Das Land mag vielleicht nicht an sich die Menschen sch ichten , wohlaber ist es ungemein geeignet , eine Schichtung nach Fähigkeitenzu erhalten und immer wieder zu beleben . So sind denn aus dieserSahel stets die Staatsbildner in die Baum und Farmsteppe des Sudaneingedrungen . Die Sahel erzieht zur Tat .Wenn diese Tatmensch en nach dem Suden in die scheinbar un

endlich ausgedehnten fruchtbaren Länder eintraten , dann lösten sieKräfte aus , die dort unten durch eine immerwährend und unun terbroch en wirkende Bauernschaft

,in Arbeit , fleißiger , zusammen

fassender , notwendiger , aber lohnender ,— zu allen Zeiten stets undbedingungslos aufgespeichert wurden und werden . Den Viehmassen

und der Erziehung zu Persönlichkeit und Tat in der Sahel stehendie dem Boden abgerungenen Far‘men und die damit erfolgende Erziehung zur Arbeit gegenüber. Denn der Sudan gibt nicht ohneArbeit , ohne sorgfältige , pflichtgetreue , aus Notwendigkeit vollzogen e Arbei t. Solche Arbeit führt aber ihrerseits wieder zu einemzweiten , zur Religiosität , die den Sah elen fehl t ; j ener tiefen ,inneren Religiosität

,deren volkskundliche Ausflusse im fünften

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Bande gewurdigt werden und die ihre Trager sehr wohl zu Hoh eremvorzubereiten imstande ist.Die Sah elen am Südrande der Sahara waren niemals stark in

religiösem Wesen. Ihre Seelen sind nicht fähig zu mythischenSchöpfungen . Wohl aber hat diese Zone zu al len Zeiten einenguten Nährboden für Entwicklung der irdischen Heldenverehrungabgegeben

,und so wurden sie gar leicht zu Barden und Epen

sängern sobald nur einmal von außen das Samenkorn solcherB i ldungen in sie hinein gelegt wurde . Und dies ganz besonders, alssolcher Same in ein Paradies wie Faraka fiel .

ara/ca . Die Zone der Sahel zieht sich vom Senegal bis zum Nilhin in großer Einförmigkeit. Eine bedeutsame und nun

aber auch gleich gewaltig bedeutungsvolle Abweichung erfährt ihrePhysiognomie nur eigentl ich an einer Stel le . Zwei von Süden , ausurwald und regenreichen Küstengebieten der Guinea entspringendeFlüsse , der Obern iger und der Bani treten dem Norden zustrebendnicht weit voneinander in die Sahel ein , laufen eine Zeitlang nebeneinander her , vereinigen sich und gelangen so bis in die Sahara ,durch die der Nigerstrom dann seinen Weg nach Osten nimmt , umdem aufsaugenden Wüstenklima, nach Süden zueilend , wieder zuentfl iehen .

Dieser Bogenlauf des Niger nach der Vereinigung mit dem Baniist verhältnismäßig jung. In alter Zeit l iefen Obern iger und Baniin einem In landsumpfsee von der Art des heute j a noch bestehenden Tsadsees aus . Obern iger- Bani bildeten so ein etwas gefährl ichesSystem , denn da damals der Abfluß des Niger nach Osten nochfehlte , überschwemmten die von der Gu ineaküste in der Regenzeith erabströmenden Wassermengen das Land auf Hunderte von K ilometern . Der in vorgeschichtl icher Zeit stattgeh abte Durchbruchnach Osten hat e ine Entlastung , gewissermaßen e in Venti l geschaffen . Aber auch heute noch treten die Überschwemmungenzwischen Obern iger und Bani allj ährl ich ein und zeigen dann einekaum durch Inseln unterbrochene Spiegel fläche von (an einigenStellen ) mehr als 100 Kilometern .

Dies bedeutet aber heute keine Katastrophe mehr,sondern eine

den Anwohnern sehr nützliche Bewässerung,die ähnliche Bedeu

tung hat wie die Schwellungen des Nil in Ägypten oder früher diedes Euphrat -Tigr is in Mesopotamien . Und so entsteht hier einzweites , ein alm

'

lcam'

sches M esopotamz'

en .

Dieses zwischen Obern iger und Bani gelegene Land heißt Faraka.

Faraka ist die große,gewaltige , kulturgeschichtl ich nach seiner Be

deutung kaum abmeßbar bedeutsame Unterbrechung , die Insel inder Sahel . Eine Insel im wahren Sinne des Wortes : im Osten und

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Westen von den meeresweiten Steppen der Sahel , im Norden vonder Sahara selbst und im Süden vom hier der westl ichen Hylaeanahen Sudan , also von al len Seiten von Einförmigkeiten umgeben ,selbst aber ein seelenvoll eigenartiges Dasein während und durchden Zusammenfluß der es umgebenden Einförmigkeiten einenReichtum bietend

,der um so gewaltigere Wirkungen hervorbringt ,

j e größer die Gegensätze zwischen j enen sind .Die Natur vereinigte hier die E igenarten dreier j a man konnte

sagen von vier Zonen , um solchen Reichtum zu erwecken , derdenn auch j eden , der Obern iger oder Bani herabfährt , in seinennaturnotwendigen Folgeerscheinungen bezaubern muß . Dennwenn die großen Ortschaften oder gar Städte im Sudan oder nochweniger in der Sahel durchaus nicht sehr dicht gesät sind , so gleitetdas Fahrzeug auf den Wasserwegen Farakas doch an einer langenKette ansehnlicher , zuwei len großer Ortschaften vorbei , fäl l t derBlick der Fahrenden , j e weiter er nach Norden kommt , immer h äufiger auf Ruinen , überschreitet der Fuß bei j edem Landen Topfscherben j a oft und wo keine Farmen sind

,kilometerweite

Sch erben felder und fallen o ft hohe , die Überschwemmungs

kanten krönende rote Hügel auf,die nichts anderes sind , als die

mächtigen Erdpyramiden , in denen die Gebeine längst verstorbenerFürsten und Könige schlummern .

Das ist Faraka , das ist das Land , in dem vormals der Bardengesang blühte und „homerische

“ Sänger gleich isländischen Skaldendie Laute schlugen

,wie nur j e in einem nordischen Gebiet. Das

ist das Land,das mir noch vor zwölf J ahren die Spielmannslieder

gewährte , in denen die geschichtl iche Wesenheit vieler Jahrhundertesch lummert.

arakas historische Tiefe . Auch das Lebensbild Farakas istkeine Fläche. Auch dem ,

der das „Heute“ sieht , erschließt sich

nicht ohne weiteres die Tiefe der Bilder , die Symbolik des Werdens.Sicherl ich ist Tie fensich t nicht j edem Auge von vornherein angeboren , aber hier wird wohl ein j eder dazu angehalten. DennAn j enem Ufer ragen die Trümmer des Palastes des Königs

Monsol elende Lehmsau len , aber doch noch wie anklagend erb obene Finger einer Sch icksalserschütterung empor ; an dieserStelle sind die tie fen Gruben , aus denen das Baumaterial zu einerStadt entnommen wurde , die im 15 . J ahrhundert dem Erdbodengleichgemacht wurde ; au f j enem Hügel starb der letzte Reckedes Reiches Ganna

,als dessen Hauptstadt noch im Norden lag ; das

war im 9 . J ahrhundert ; alle diese roten Pyramiden wurden aberfrüher , viel friiher über den Leichen der mächtigen Ritter aufgetürmt !

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Ich bin auch den Nil herabgefahren und habe die gewaltigenMonumente des Werdens einer uns urzeitl ich h och eh rwürdigen Kultur auf mich einsprechen lassen einreden , einwirken lassen nachMaßgabe historischer Beglaubigung und dokumentarischer Tatsäch lichkeit . Beredter , eindringl icher , überzeugender wirkte dieSprache dieser ältesten , geschichtl ich versteinerten Zeugnisse desNiltales nicht als die in Lehm gebildete Zeugenschaft Farakas.Da tauchte auf : die Beglaubigung der wenige Jahrhunderte alten

Trümmer des j a nur jungen Bammanareich es von Segu . Da starrten empor die Merkzeichen des vorher blühenden KaiserreichesMal i . Da waren voll sichtig : Stadtruinen aus der Zeit des noch j enseits l iegenden Reiches der Songhai die Mündung des Kanals , dender mächtige Askia nach Timbuktu gegraben die Pfeiler derBurgen , die er auf dem Gold heischenden Zuge nach Süden zumSchutze des Rückzuges errichtet d ie Trummer der Dämme , diezur Wehr ubermäßiger Überschwemmungen damals aufgetürmtwurden. Da prangten rot und unbeirrbar gewaltig aus gelbem Ufersand die roten Pyramiden der Gräber noch älteren Ganatumes

am Beginne unserer Zeitrechnung war ich damals angelangt ; derBarde saß aber neben mir auf der Bordkante des Bootes und schlugdie Laute und verkündete : „das aber , was das H eldenl ied besingt ,das war noch viel früher , und nach dem Einfal l der BorojogoFulbe ; ca. drittes Jahrhundert n . Ch r.) bis Mba (im I I . J ahr

hundert ) regierten 44 Herrscher über Gana , vorher (also vor dem3 . J ahrhundert ) regierten das Reich 74 Könige nacheinander.

Der Bardensang verherrlicht die Taten aus der Zeit der 74 Gana

(oder Könige ) . Leser , bedenke , in welcher Tiefe , in welches Jenseits geschichtl icher Ereignisse du damit dich versenken sol lst.

itter und Spielmann . Die Dokumente agyptisch er Vergangenheit

,alte griechische Sagen , alte römische Historiker nichts ,

niemand weiß uns etwas über diese j enseits der Oekumene mittelländischer Geschichte stattgeh abten Lebensformen , weiß uns historischeTatsachen aus j enen verschwiegenen Ländern zu sagen . Das eine istsicher : unsagbar vereinsamt , vergessen und beziehungslos , geradesoweltfremd geworden wie die Herrlichkeit zentralamer ikanischerHochkultur lebte j ene Welt dahin und dennoch unserem eigenenWerden , unserer e igenen großen Vergangenheit so treuble ibend ,

daß die Überl ieferungen der Spielleute,Barden

, Ska lden (oder wieman sie nennen mag ) j ener Zeit , uns heute noch so verständlichkl ingen

,als wären sie in der Nachbarschaft Tules und nicht in der

des alten Atlantis gesungen .

Die Spielleute Dialli der heutigen Zeit haben nicht nur dieGesänge der alten Zeit (wir werden j edes der „Heldenbücher

“ der

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Sahel auf sein tatsächliches Alter prü fen sondern aucheine gute Gesamtvorstel lung der Lebensform , die ihnen zugrundel iegt

,bewahrt. Dies aus dem einfachen Grunde , weil das alte Hel

den leben zum Sti l ward und j ede j üngere Vertre tersch aft sich in ihrwieder auszudrücken bestrebte auch die erste islamische Invasionder berber isch -maurischen Stämme und zuletzt sogar die Führer dermarokkanischen Invasion , die Ruma oder Arama. Derart bewahrtedie Knappschaft der Spielleute das Bild alten Seins und hat es bisauf unsere Tage in sagenhafter Form bewahrt.So aber berichten die Dialli Farakas aus der alten altenZeit :Von Anfang an gab es zweierl ei Art von Adl igen , die aber nebeneinander in Ganata und Faraka anlangten . Bei den einen galt derVater nichts und bei diesen ererbten die Söhne des Bruders derBurgh errin alles , die Söhne des Burgherren selbst aber nichts. Beiden anderen aber traten die Söhne des Burgherrn in die Erbschaft ,blieben j edoch bis auf einen einzigen nicht daheim

,sondern wurden

ebenso landzügig wie die enterbten Söhne der ersten Art , so daßal les Land in Faraka wie in der Sahel nach Osten wie nach Westenstets von einer ganzen Anzahl landarmer und landsuchender Adelssöhne durchzogen wurde .Das Land wurde damals von Burdama (Tuareg ) und Borojogobedrängt

,damit kein Salz mehr aus den Salzgruben der Sahara in

die Sahel kommen könne . Die jungen Gana , die enterbten Fürstensohne

,zogen aber gegen die Burdama und Boro jogo zu Felde . Sie

kämpften unter der Führung der Fasa , und als die Borojogo ihrealten Herren , die Fasa , erkannten , erschraken sie so , daß sie ihreBundesgenossen

,die Burdam , im Stich l ießen und diese geschlagen

wurden . Denn nie konnte ein Boro jogo einem Fasa ins Auge sehen .

Aus diesem gemeinsamen Kampfe der Gana Helden ) entstanddas Königreich Ganata

, das unter der Regierung von 74 Königenseine Eigenart wahrte bis die lauernden Borojogo mit List sich derStadt des Königs bemächtigten . Eine Liste der Könige Ganatas istaber noch in Bilma aufbewahrt und in den Händen eines Alten(Bericht des Dialli Dj ebereu Ko - lagi ) .Dialli (Barden der Mande ) gab es in der Zeit des alten Ganata

nicht ; wohl aber Diare und Garaj ogo . Die Diare waren selbst einstAdlige und vom Stamme der Fasa gewesen , dann aber zu Spielleuten und so die Erhalter des alten Wesens geworden . Das alteWesen bestand darin

,daß j eder Fürst gana-maga ) seine Sohne

mit den Söhnen seiner Ritter gana ) erziehen ließ und dann ,wenn sie Schild und Speer und Schwert zu handhaben wußten , vomHof entließ . Jeder junge Gana zog dann

,vom Vater woh laus

gerüstet , mit Pferden und Waffen und begleitet von einem Diare

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oder Garaj ogo in die Weite und eroberte im Kampfe ein Land underbaute eine Burg sorro ) . Es erstreckten sich Reihen vonBurgen nach allen Richtungen in das Land der Neger , der Sehwarzen (Jogo fi) . Die Diare und Garajogo trugen hinter ihren Herrenalle Kenntnis der Geschichte alter Zeiten her , und wenn ein Ganaseine Kinder versammelte , rief er den Diare oder Garaj ogo desHauses herbei , daß der j enen die alten Angelegenheiten der Sippevorsinge und sie ihnen für den Weg über der Erde und in die Sahelhinaus einpräge .Damals gab es noch nichts Un erh ortes auf dem Lande. Gold

und Steine regneten zur Erde,und aus den Herzen der Menschen

erwuchsen noch die Taten . Damals kauften die Menschen nochnicht die Frauen

,sondern die Frauen gewährten den Männern die

Nächte , wenn sie diese ihrer würdig erachteten . Damals gab es

Burgen sorro ) , aber keine Städte außer Ganata , und wenn einjunger Gana vor einer Burg lagerte und sein Diare oder GarajogoEinlaß begehrte , so ward ihm solche gestattet , nachdem er sich inseinem ritterl ichen Schmucke ein Kampfesrech t gewonnen hatte .Ah ! Wie oft haben junge Gana die Verpflichtung zu schwerenKämpfen gegen übermächtige Gegner übernommen , unterlagen undzogen dann entseelt in die Burg einer Herr in ein ! Dann wurdenihre Leichen herrlich geschmückt

,wurden reich gekleidet aufge

bahrt , in den Sort os ausgestellt und in mächtigen Urnen bestattet ,über denen dann die Erde bis zum Himmel aufgetürmt wurde , sodaß ihr Andenken die Seelen der Menschen erfüllte und immerwieder ermahnte , daß das Leben nicht so gemeinen Wert besitze ,wie bei den Söhnen der heutigen Zeit (der Bammana ) , die sich genügend geehrt fühlen durch ein Mittagsmahl von Hundefleisch undKuhmilch (Bericht der Karamogo Sisse in Mopti - Segu ) .Damals kannten die Menschen nur unter Gleichen den Zwei

kampf, unter Ungleichen aber die Verachtung , im Kampfe mitGleichen nur Schwert und Speer , im Kampfe mit Ungleichen nur

den Sattelgurt , als Ziel des Kampfes nur eine adlige Frau , ein herrsch aftlich es Land und die Wohltat gegen die Ärmlichen ; nie abererachteten sie es ihrer Würde angemessen , Sklaven zu machen oderGold zu gewinnen . Stets ehrten sie die Dialli, die ihnen die tiefeWeisheit , nämlich die Weisheit des Wesens der Fasa , vermachten .

Niemals aber plärrten die Dia lli ihre j ämmerl ichen Sprüche vomVerdienste des Rühmens . Ein starker Gana mochte arm sein , aberer galt mehr a ls ein König

,mochte der sonst auch noch so reich

sein . J eder Dia lli hatte aber im Herzen wie im Bauche stets mehrWeisheit als j e ein noch so weiser Marabut (islamischer Geistl icher )zur Verfügung hatte . Denn die Weisheit der Dialli betraf al legroßen Geschehnisse in der Geschichte der C ara in Sahara und

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Sahel,das Wissen der Marabut aber besteht in der Wiederholung

heil iger Sprüche,die niemals ein Gara , sondern nur ein Mogo - fing

Neger ) verstehen kann .

Herr ! ich weiß es wohl , daß es dem Magen und der Gesundheitbekömmlich ist , nicht zu trinken , sondern heil igen Sprüchen zufolgen ; aber ich kann es nicht. Denn ich war noch ein Dial li derer ,die wohlgemut morgens ausgingen , um mit den Waffen das Lebenin doppelter Form und in doppeltem Umfang zu gewinnen oder esganz zu verl ieren . I ch war der Dialli der letzten Gara und wennes auch nur Bammana waren. Und ich habe sie gesehen , wie sielebten und wie sie starben . Herr , ich habe daneben Marabut gesehen , die nie trinken und stets weise sind. Herr. dies machte michklug !Glaube mir , die Überl ieferung unserer S ippe hat Recht : J ene

Gara kämpften und tranken . Sie kämpften und gewannen dieLiebe der Frauen , eine königl iches Besitztum und ihren Platz imH eldengesang ! Die Menschen unserer Zeit (die Zeit der Fulbe )kämpfen auch , aber nur um des Propheten wil len . Und um desPropheten willen werden sie auch im Kampfe wahnsinnig . Aberdieser Kampf macht heute arm

,macht die Männer arm , macht die

Frauen arm und niemand reich,es se i denn die Marabut , und

auch diese nur reich an Geld . Sage mir,Herr , ob j emand heute

noch ein Glück gewinnen kann,so vol l

,so stark , so innerl ich wie

die Gara der alten Zeit ? (Dialli Korongo )

ie Gesange. Die Spiel leute vergl ich ich oben mit nordischenBarden und Skalden . Die Gesänge selbst stehen ihrer Art nach am

nach sten den Sagas Alt - Islands . Für die Vortragsweise ist eine gewisse Nüchternheit bezeichnend . Gefühle werden nicht geschildert ,nur deren Auswirkungen ; diese aber sind die eigentlich seel ischeWesenheit des Dia llisanges.

Die Stoffe sind fast durchweg die eines real au fge faßten Heldentumes . Rel igiöse Motive fehlen ursprüngl ich vol lkommen . Die Gestalten selbst und derenWand lungsformen lassen nicht einen Augenbl ick den Verdacht mythologischen Ursprungs aufkommen . DieIrrfahrten der Odyssee konnten eine tieferem Sinn nachspürendeForschung symbolisch erklären

,bei den alten Stoffen sah e lisch er

Spie lmann sgesch ich ten wird das nicht moglich sein. Sie sind real ,tatsächlich und an sich wirklich erlebt.Dagegen sind sie n icht historisch . Die Sanger haben sicher nie

Wert darauf gelegt , diese aus dem breiten Leben geflossenen Epenhistorisch wahrheitsgetreu zu gestalten oder aber zu bewahren . Daaus dem Leben geflossen

,l iegt ihnen die ganze Kraft wirklicher

Seelenhaftigkeit zugrunde aus bestimmten Zeitereignissen ge

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boren,tragen sie diese Spuren stark eingepragt aber nie war

ihr Innensinn der wahrhaftiger Geschichte .Die Erhaltung dieser Überl ieferungen ist keine gute . Die Dia lli

selbst geben an , daß das , was heute als einzelne Gesänge vorgetragen wird

,früher in einem Zusammenhang gestanden hat , und

von dem großen Gesang der Sisse weiß man nicht mehr als nur ,daß die wenigen Sänger , die ihn kannten , zur Zeit des ersten Erscheinens der Mondsichel ihn vorzutragen begannen und , wenn sieauch j ede Nacht ihn fortsetzten , erst dann am Ende anlangten , wennder Vollmond wieder abnahm . Auch das sagen sie , daß die Gesängeheute durchweg kürzer vorgetragen würden als vordem und erklären es damit , daß vordem Lieder in ihnen enthalten gewesenseien

,die sie , die Sänger , der Sprache nach nicht mehr verstanden

und somit weggelassen hätten .

Eine we itere Umbildung trat dadurch ein , daß an Stelle alterNamen solche von Tagesbedeu tung eingesetzt wurden . So treffenwir historische Personen wie den Schech Amadu , den König Mon so l ,

die . Sippe der Dabora alles Menschen heutiger Zeit oder dochwenigstens aus den letzten Jahrhunderten . Auch dies erklärte mirKorongo sehr schl icht : Da man keine neuen Sänge mehr dichtenkönne , so benutze man die alten und setze die Namen des be tre ffenden großen Herren ein , dem man schmeicheln wolle . Der verru fene Samory ließ so zwei Epen umbilden , das des Sira Maga Njoround das Lagia , und zwar in der naiven Form der einfachen Einfügung seines Namens .Auch erklärte Korongo

,weshalb es den Dialli nicht mehr mog

lich se i zu dichten wie in alter Zeit . Einmal , meinte er , könne esja keine Helden mehr geben , weil sich alles Leben in großen Städtenvereinige . Dann aber dieses aber erschien mir sehr klugmüßten heut alle Kinder in die islamischen Schulen gehen , undda sie dort Hunderte von Zeilen j ahraus

,j ahrein gemeinsam

im Chor und einzeln wieder aufsagen müßten,so ver lören sie

damit die Fähigkeit , eigene Sätze und eigene Gedanken zu entwickeln .

Wie schon aus der Gliederung des Stoffes hervorgeht , weisenauch heute noch die Gesänge gruppenweise eine gewisse Zusammengeh örigke it auf , und es ist eine für die Beurteilung ihrer kulturgeschichtl ichen Bedeutung wichtige Frage

,inwieweit diese Grup

pierungen wesentliche Unterschiedlichkeiten verraten . Soviel mag

schon vorausgesandt werden : j e weiter die Vortragsweise si ch vondem Zentrum Altganna - Faraka entfernt

,desto mehr verfällt sie der

Märch enh a ftigke it und einer Verkleinerung des Sinnes . Typischist die Verkümmerung der in den Homburibergen eingesammeltenund im letzten Teile wiedergegebenen Trummer.

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Sehr wichtig zum Verstandn is der Gesange scheint es mir nun ,den Leser mit der ganzen großartigen Kulturwelt dieser Länder , wiesie heute allerdings nur noch als Scherben daliegt , bekann tzumachen . Die große Linienführung eines einst hohen Lebensstilsist aber auch aus den kleinlich gewordenen Zügen der immer nochtief originellen Welt der westl ichen Sah e len und Sudaner unsererTage zu erkennen .

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Die Volkssdzidzten

s sind Hunderte und Tausende von Völkersplittern und Volkertrümmern

,die sorgsam durch einandergemengt über die West

sahel und den Westsudan hingestreut sind wie eine Kiesdecke .

Unter ihnen findet der Ethnograph das , was den Afr ikanern sonstallgemein zu fehlen pflegt

, „Geschichte“, gute , zum Tei l klar

dozierende Überlieferungen in Fülle,dem Anschein nach ein Dorado

des Forschers , und doch haben an diesen Stoffen zunächst al le Forscher mit Weisheit und Geist Schiffbruch gel itten , weil ihrer so unendlich viel Sandkörner im Kies sind . In der Ta t gibt es eine solcheMenge von Rassen

,Kasten

,Stämmen

,Famil ien , Reichen , Grup

pierungen ,daß ein Durchkommen durch diesen Wirrwarr einfach

ausgeschlossen ist , wenn wir mit den Fragen nach den Differenzierungen der Rassen und Stämme und geschichtl ichen Überble ibseln anfangen . Wir wollen also den Anfang da machen , woeine hübsche Übereinstimmung herrscht : im !Kastenwesen .

Ich sehe zunächst al le Westsah e len als „eins“ an , eine Schicht ,

ein Produkt , einen Charakter , eine einheitl iche Wesenheit. Nichtlange braucht man nach einem wesentlichen Beleg für diese Übereinstimmung zu suchen . Der Ausdruck ist dadurch gegeben , daßsie alle die gleiche Kasten einrich tung haben. Diese Kasten sindnicht allerorts derart versteinert wie bei den alten Indem , vielmehrsind sie noch recht beweglich . Ein Kriegsunglück kann eine Familie der Vornehmen oder Adligen , wenn der siegreiche , viel leichtbarbarische , ku lturarme Feind einfäll t , zu Bauern oder Handwerkern machen , die alterworbene und langbewah rte Ku lturkunst

nunmehr im Dienste eines Siegers üben müssen , der zwar keinTyrann ist , dessen Zufr iedenheit zu gewinnen aber o ft schwer genug sein mag. Während aber das Kriegsglück einen Stammestei lunterwirft und unfrei macht , zieht ein zweiter gewarnt von dannen ,erobert ein neues Stück Land , in dem der „Stärkere

“ ihm nicht aufden Fersen sitzt und wird hier doppelt Herr ; ein dri tter aber versucht weder das unzuverlässige Kriegsglück , noch mag er auswandern ; er bietet sich als Höfling und Dienstmann an und wirdein Dialli. So wechseln die Stämme und sogar Sippen bruchstü ckweise die Heimat , den Namen und die Kaste , und das ist der Grundder Bun tfarbigkeit des westlichen Sudan .

Die einfachsten Bezeichnungen siehe umstehende Seite .Indem ich diese genauen Bezeichnungen gebe

,möchte ich gleich

betonen , daß die volkstümlichen Ausdrücke der Westsah e len n icht

überall so genau begrenzen , sondern daß vielmehr der Volksjargonden Stamm oder die ursprüngliche Sippe einfach als Diamu ,

* die

Diamu kommt von diamo sprechen .

I 3

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Famil ie a ls Mbadi und die Kaste als Schi (oder Kabila ) bezeichnet .Diese drei wohl überal l verstandenen Abkürzungen werde ich auchhäufig anwenden , beton e ,

aber, daß sie trotz ihrer Üblichkeit nichtallzu schöne Ausdrucksweisen darstellen .

Familie

Wolof santa domanda i lodonP l . : santaja Pl . : domdep Pl . : lungendon

Malinke . idiamo mbadingu : issio

Pl . : diamolu Pl . : mbadingu lu Pl . : issioluMarka and iamo mareme : dambe

Pl . : d iamunu Pl . : marennu Pl . dambuFu lbe jatode mbandirado lenjol

Pl . : j atodemodon Pl . : mbandirabe Pl . ledj 1Bammana djamu mballima : ischi

Pl . : djamulu Pl . : mballimalu Pl. sch ilu

Gehen wir nun zur Beschreibung der ersten Kaste uber,der dann

eine Aufzählung der anderen , tieferen Schichten folgen mag .

Die Horo Adligen . Mogen die einzelnen Volker in der Abstufung und Gliederung nach unten noch so weit voneinander

abweichen , immer stand und steht heute noch obenan die Linie derFreien , Vornehmen , Adligen oder wie man sie nennen will . IhreNamen bei den verschiedenen Stämmen sind :

bei Wolof : burkin (Plural : bu rkin j e ) ,Malinke : horo (Plural : h oro lu ) ,Marka : hore (Plural : horu ) ,Fulbe : dimo (Plural : rimbe ) ,Bammana : foro (Plural : forolu ) .

Gerade in den Reihen dieser ersten Kaste sah man vordem außerordentl ich aufmerksam auf Stammesre inh e it . Es geht mit denmatr iarchal isch stark bee in flußten Bestimmungen des Mandingischen Sippen lebens Hand in Hand , daß man nicht nur einenHoro danach respektierte , aus welchem mehr oder weniger angesehenen Djamu väterl icherseits er stammte , sondern vor al lemsuchte man festzustellen

,ob die Mutter auch „reinen Blutes sei .

Fremden gegenüber,die zuzogen

, war man mißtrauisch . Die konnten ja viel erzählen , aus was für noblem Dj amu Mutter und Großmutter seien . Deshalb heiratete ein j unger Horo nicht sehr gerne„ in eine eingewanderte Familie hinein . Die eigenen Landsleutekannte man . Da wußte man genau Mutter

,Großmutter und Ahn

frau anzugeben . Und so ergab sich im Laufe der Zeit für die Horo

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„reiner“ Herkunft eine neue Ausdrucksweise , die immer etwa be

sagen will : „garantiert echt“

.

Solche Leute,denen man generationenwe it die Kastenreinh altung

nachweisen konnte , hießen bei den Wolo f Ngorrj e (Sing : ngorr) .Das Wort soll abstammen von gorr

, das seinersei ts die Imperativbedeutung : schlage oder schneide hat . Ich habe nicht genügendeGelegenheit gehabt , mich eingehender mit d ieser Sprache zu beschäftigen ,

um sagen zu können,ob das r i ch tig ist . Die Malinke

kreditieren einen reinblütigen Horo mit dem Ausdruck : dj erreu lu(Plural : djerrelu ol ) , das wohl mit n jerre Zweig oder Baum undu lu gleich geboren zusammenhängt. In Bate (Kankan ) und Konianhörte ich in solcher Bedeutung den Ausdruck : mogo - nj ima - nding(n j ima - gu t ) , bei Malinke das Wort mogo - bete - nding (bete - gut ) anwenden . Es ist alles gleiche Rühmung vornehmer Abstammung ,d . h . reiner Herkunft , und für Leute solcher Bezeichnung fäl lt dieBeschuldigung väterl icher oder großväterl i cher Mesalliance fort.Bei Bammana ist gleicher Ausdruck wie bei Malinke üblich : j erre

ollo , Plural : j erre o llolu ,und ebenso bei Marka : j ere - oro , Plural

j ere - oronu . Dagegen sagt der Fulbe : bi hallal (Plural : bibe hallal ) ,das sol l kommen von bi K ind und hallal „das ist mein

“. Den

Wurzeln und der Konstruktion nach scheint mir diese Explikationfür die Fu lbesprach e möglich .

Diese Horo nun,hervorgegangen aus siegreichen Vo lkern , ent

sprechen fast vollkommen der Herrschaft auf Mecklenburgs Rittergütern , nach dem alten Modus , der heuer allerdings hinfäll ig wird .

Im allgemeinen haben wir es in den Horo mit den Herren Grundund Bodens

,mit Gutsbesitzern zu tun

,wobei aber gegen unseren

Norden der Unterschied merkenswert ist, daß j ene Herren selbst

Hand anlegten,wenn es sich darum handelte , das Land zu bestellen .

J eder Gutsbesitzer ist hier sein erster Ackerknecht. Das galt in alterZeit nicht nur für die Bauern , sondern sogar für die Fürsten . Wirwerden diesen Fürsten und Königen sogleich ein Wort widmen , vorallem der Hauptarbeit des Horo

,dem Ackerbau , einen Abschnitt

widmen . Vorher aber müssen wir einer Adelsgruppe gerecht werden , die aus dem Rahmen aller anderen herauszufallen scheint. I chmeine die Dimo eigentlich müßte ich Rimbe“ sagen derFul be .Der Dimo war niemals und nirgends Bauer

,kein Ritterguts

besitzer ; er hatte nichts , gar nichts mit Landbestellung zu tun . Man

h at aber au f der anderen Seite früher oft gesagt , der Fulbe wäreimmer nur und nichts weiter als Hirten . Das ist falsch ! Es gibtganze Kasten hell farbiger typenre iner Fulbe , die den Ackerbau betreiben . Das sind die Rimaibe

,die den Ulu ssu lu der Mandingo ent

sprechen . Das ist aber keine Rittersch a1t , das ist Bauern leh n tum ,

I S

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das hier Gestalt gewinnt . Die Dimo waren nur Ritter. In dem Abschnitte „Baudi“ , in dem die Bardensänge , die „homerischen

“ FulbeDichtungen des westsah e lisch en Plateaus Wiedergabe finden werden , sind in klareren Bildern die typischen Szenen des Lebens undder Lebensgewohnheiten solcher Dimo geschildert.Der adl ige Sohn zieht hoch zu Roß mit einem Re isigen das

ist sein Mentor , Knappe und Barde aus und sucht Abenteuer . Erzieht aus der Begrenzung des Heimatlandes. Kampf , Ruhm undanscheinend am wenigsten Beute

,scheinen sein Ziel . Das „könig

l iche Weib“, das erworben werden will , ist dagegen ein bedeutsames

Symbol . Das ganze Leben der Dichtung mutet nach mancher Richtung an wie mittelalterl iches M innewerben mit Schwertklang undLau tensch lag . Und somit summt ein uns durchaus bekannter , verwandtet , sympath ischer Zug durch diese Dichtungen.

Kriegerisches Rittertum ist das Charakteristikum der Fu lbeedlennicht etwa Vieh räuberei, obgleich das als unschöne Neben

erscheinung ebensolche Blüte stickiger Zeit sein mag , wie bei unsdie Wegelagerei der Raubritter ! I ch habe keinerlei direkten Belegdafür finden können , daß die Fu lbedimo in der Westsah e l Hirtengewesen seien

,obgleich ich das doch natürl ich als selbstverständ

l ich vorausgesetzt habe . Der eine nahm wohl dem an dern die Herden , aber er bl ieb Ritter , und das Vieh steh len als solches , als Beruf ,lag den Mauren hier viel näher als den Fulbe . Im übrigen ist überdie Fu lbedimo in der Einleitung zum Baudi des näheren ber ichtet .Steigen wir von der Leiter der Rassenreinheit und r itterl ichen

Ku lturverfeinerung eine Stufe abwärts , so treffen wir , den Heldengesängen nach zu schl ießen , bei den Marka etwas Ähnliches undden Übergang zu j enen Malinke-Vornehmen , die mit festem Handgri ff im fürn ehmeren Bau ernh andwerk den niederen Bauern vorbildl ich vorangehen . Von den Malinke , den reichen , früher ritterl ichen , Großbauern , die in vorfranzösisch er Zeit noch über großeMengen Höriger verfügten

,kommen wir dan n zu den Bammana ,

den Kleinbauern,bei denen im allgemeinen der Unterschied zwi

schen Foro und Ulussu nur noch ein traditionel ler ist . So gehtin diesen Ländern

,bei den einzelnen Völkern

, das Rittertum fastunmerklich in das Bauerntum über.Aus diesem Ritter- Bauern tume ragten aber als oberste Spi tzen

die Fürsten,Könige

,Kaiser empor

,tei ls mächtige Gestal ten , mit

Sippen , die , weil am höchsten stehend , am meisten dem Schicksalder Zeiten , dem Sturme und noch mehr der Zersetzung ausgesetz twaren . In bezug au f die „Reinheit

“ der Schi ist sehr bemerkenswert , was im Volksmunde Westsah e liens kursiert : Große Eroberer ,Gründer neuer Herrscherfamilien

,werden nicht von vornehmen

Müttern geboren , sondern sie gehen aus der Eh e eines Horo mit

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gar nicht a llzu langer Zeit in großer Zahl uber Westsah e lien ausgestreut . Zur Glanzzeit Malis gab es wohl einen mächtigen Kaiser ,aber unter ihm außerordentl ich viele von ihm abhängige Könige .Das lehrt die Sun jattalegende (vgl . Bd . V ) . Als dann das Mal ire ich

zerfiel und die verschiedenen „Häuser“ der Königsfamilien ihr Erbe

unter die Söhne aufzuteilen begannen , nahm ihre Zahl zu , und erstnach denEingri ffen der energischen , staa tenzu sammen fassenden undstaa tengründenden Fu lbeen twicklung wurde eine hübsche Zahl derDuodez - Fürstentümer verweht und überdeckt. Es gibt j edoch nochviele alte Leute

,die sich sehr wohl er innern , an ein Durcheinander

von fürstl ichen Hofhaltungen , Leh nsfürsten tümern und Tr ibuten ,die einer immer dem anderen zahlte . Das wirtschaftl iche Lebenward dadurch natürl ich geschädigt , aber doch auch wieder nicht so inUnordnung gebracht wie durch die Kriege eines Samor i oder Tieba.Die Machtverteilung im Lande seitens der königlichen Herren

war stets sehr ungleichmäßig. Hier und da widerstand eine Provinzinmitt en einer Kett e unterworfener Bezirke , in dem die früherenHerren“ j etzt zu Lehnsleuten und Bediensteten wurden . Und indiesen Inseln der Selbständigkeit bl ieben die alten Horodiamu amRuder . Die Tr ibutzahlung war nichts weniger als regelmäß ig , undder großte Tei l der königlichen Herren war weder beharrl ich nochzielbewußt genug

,ein Reich in unserem Sinne zu gründen oder gar

zu erhalten . Das gilt auch für die r i tterl ichen Fulbe , die ihrerseitsdarunter l i tten , daß zeitweilig der energischen und abenteuerl ichen„Re ich sgründer

“ zuviel waren . In Gegenden wie Massina saßen„Fürst

“ neben Fürst“ . Das hatte dar in seinen Grund , daß in dertypischen Fu lbe fam ilie die jüngeren Brüder sich dem Machtbereichder „Ältesten“ , der „Erben

“,zu entz iehen suchten und nicht wie

bei den Mande eo ipso im Familienverbande verblieben .

Der König der Mande also war Horo , ein edler Rittergutsbesitzer ,und wie ein Horo hatt e er auch seine Ackerwirtschaft . Das

Bauerntum des Herrschers trat deutlich zutage durch die Zeremoniedes ersten Spatenstich es . Vor Beginn der Regenzeit fragt e man dasErdorake l , ob es ratsam sei , daß der König wie gewöhnl ich diesenvol lziehe . Wenn das gute Erdorake l nichts dagegen hatte , zog al leWelt unter Sang und Trommelspiel auf die Acker desKönigs , und derhackte in al ler Anwesenheit die „tabe saba“ , die drei Pfl anz löcher.Damit war natürl ich seine Ackerarbe it wenn es nicht ein

Duodezfürst ohne j eden Anhang war , der eben alles selbst arbeitenmußte zu Ende . Nun konnten die Horo ihre Feldbes tel lungbeginnen und zogen demnach nach allen Richtungen mit Hörigenund Sklaven auseinander .Da nun der Landbau und seine Leitung die wesentl ichste Be

sch äft igung der Horo ausmachte , so erscheint es hier am Platze ,

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ihm einige Worte zu widmen . Beginnen wir mit dem Ackergerät,

der Hacke ; denn die Westsah elier und Westsudaner kennen undkannten den Pflug nicht.Das alte Ackergerät der Malinke ist ausgestorben . Nur alte

Leute erinnern sich seiner und haben mir mehrfach eine nicht mißzuversteh ende Beschreibung gegeben . Dies Instrument hieß walanoder walang. Die Walan bestand aus einem nach vorn gebogenen ,oben abgeschl iffenen Knieholz , auf das ein zweites , langes Keilholzaufgebunden war , in dessen Spitze die eiserne Kl inge , ein Blatt ,ruhte . Die Ähnlichkeit mit den merkwurdigen Hacken der Moba ,Konkomba und Bassari in Nordtogo war groß . Ein alter Mandingo ,der mir schon lange vor unserem Eintreffen in der deutschenKolonie diese Wa lanh acke erklärt hatte , sagte mir beim Anblickder ersten Mobah acke freudig : „Sieh , hier wird noch die Walanverwendet. Als Ergänzung , und wei l ich viel leicht anderweitigdarauf hinzuweisen vergessen könnte , sei gesagt , daß ich sehr verwandte l nstrumen te bei den Baule im Hin terlande der Elfenbeinküste kenne . Bei diesen war das Hackenbla tt auch aufgebunden ,aber es bestand aus Holz .Die Walan gilt als a lteste Hacke im Mandingogebie t und wird in

den alten Ackerbaugesängen häufig erwähnt als die Walan Daba“

Es heißt „wer damit arbeite , müsse ein starker Mann sein“

. Nachden Beschreibungen war die Anwendung der Walan genau diegleiche wie die der Mobah acken ,

nämlich mit ihr wurde der Bodenlang aufger issen und gleichzeitig die Erde zur Seite gewendet .D . h . man hat ein gewisses Recht , die Walan als einen Urpfluganzusehen . Die Ähnlichkeit der Wa lanh acken mit Ste inäxten derSüdsee ist groß . Die Arbeitsverwendung als „Wender“ erscheintmir aber wichtiger . Noch bedeutsamer wird aber dies ethnologischeRelikt dadurch

,daß man die Walan zum Aufreißen stark krautigen

Bodens,und zwar Brach bodens , ganz besonders für Reisbau an

wendete .Eine zweite Hacken form war die Tomma , bei al len Malinke

früher gebräuch l ich,heute bei diesen nur noch selten , aber noch

sehr haufig bei den Wolof. Ein Exemplar sah ich im ersten Lagerdorf der Nigertalfah rt hinter Mopti . Es ist ein Krummholz miteinem Zwingenbla tt darauf. Wolof , dann au f der anderen Seite dieMossi

,haben sämtlich Hacken mit Zwingenblättern .

Bei den Mandingo sind diese , wie ein Lied singt , seit Hadj - OmarsZeiten verschwunden . Dafür ist die „dja llong

“,auch dja llong daba

(wenn klein für Schwache „mussu daba“ ,wenn schwer und für

starke Leute gebaute „goffe“ ) eingebürgert. Das ist die „Daba derBammana“ , die heute überall gebräuchliche Hacke , ein Stiel mitDornblatt .

I 9

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Anfang Juni beginnt im zentralen Mandingogebie t die Fe ldarbeit ,und zwar mit dem Herausreißen der Sorghum- Stoppeln und -Wurze ln ,

deren Aufhäufen und Verbrennung auf den Äckern . Dasheißt bei Mal inke : sa sali , bei Bammana : kalla- gossi . Gleichzeitigwirft man auf die um das Dorf gelegenen Acker den Dung , der inder M istgrube (Bammana : badin j i, Malinke : tuta) aufgespeichertist. Das ist nicht nur der Mist (Bammana : noa , Malinke : noj o )von Rind und Pferd . Wer am Berge wohnt , sucht ku llomballimbu ,

den Mist der kleinen Ku lloballi. Wer am Plusse wohnt , sucht Ni lp ferdmist . Bei der Sorgfal t der M istzusammen tragung und Dungverwertung fällt es auf , daß das Un terh acken von Bohnen undErdnußstroh unbekannt geblieben ist. Nach Hacken und Düngendes Feldes noch ein Regen , und die Saat kann beginnen .

Die Reihenfolge der Saat istI . suna und panicum auf einem Felde . Die suna- Felder l iegenimmer nahe dem Dorfe .

z . n jan ingkong (weißes Sorghum ) oder sanj o resp . ken enge (rotesSorghum ) . Alle diese Früchte kommen auf eigene Schläge .

3 . Reis malu .

4 . Mais kaba ) und koroni (Baumwolle ) .5 . Erdnu sse und wenig später Erderbsen . Diese bringt man inReihen auf die sanj o - Felder . Das Eintreten der jungen Erdnußpflanzen ist h ier bekannt.

6 . Bataten kunduba im Malinke ) und Sosoboh n en ,sowie

Maniok schließen im August die Saat oder Setze und Legezeit ab .

Alle Äcker werden im Laufe der Regenzeit zweimal , die Erdnußfelder sogar dreimal nach geh ackt .Als Fruchtwechsel wurde mir nur angegeben : Im ersten Jahre :

n jan igkong , im zweiten J ahre : Erdnüsse , im dritten J ahre : Pan icum , im vierten J ahre : n jan ingkong und sanj o . Lange Brachensind unbekannt . Maniok wird bis drei , ja vier Jahre genutz t .Reihenfolge der Ernte : 1 . Suna , 2 . etwa acht Tage nachher Mais ,

3 . Panicum und fast gleichzeitig Rei s , 4 . weißes Sorghum und Erdnusse , 5 . Sanj o usw. Den Abschluß machen Maniok und Baumwolle . Große Erntefeste sind so gut wie unbekannt. Bei denBammana ordnen sich die Frauen die Haare neu und das heißt :dababla - sal i . Ein einziges Volk im Marka lande scheint eine Ausnahme zu machen

,die Bammana Magassi Kakorro . Bei diesen

wird das Suna nkura j al i gefeiert. Knaben und Madels tanzenwährend acht Tagen . Bei den Malinke wurde früher Djuro gebraut ; das war ein alkoholisches , milchig aussehendes Getränk ,dessen Grundlage Panicum ausmachte . Frauen gossen davon au fden Kreuzweg . Aber gefeiert wurde nicht besonders .

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Mit der *

Ernte war aber eins verbunden : das burgerlich e NeujahrSenegambiens. Ich glaube , daß die Verschiedenartigkeit der hierfür ausschlaggebenden Feldfrüchte sehr wichtig ist . Dies sind :

1 . bei den Fulbe im Bakunugebiet (nicht in Futa- Djallon )Deh engelal märo

“, d . h . eine Last Reis ,

bei den Kassonke : „M älo Sinso“, d . h . ein Korb Reis

,

bei den Marka : Maro nkande“ d . h . ein Korb Reis,

bei den Malinke : „Njodundo“, d . h . einfach Bündel

,und zwar

ist damit ein Bündel weißes Sorghum gemeint.bei den Bammana : „Njo fa llang

“, das ist ein Korb vol l weißem

Sorghum,denn fallang : Korb .

Für die Wolo f ist maßgebend die erste Ernte von Feela, das ist

ein grobkörniges rotes Sorghum mit hängendem Kornbünde l .

(Bei Kassonke heißt dies Korn : Die Redensart mitder der Eintri tt des neuen Jahres angegeben wird , ist : Feeladeche sendal“

,d . h . ein Korb vol l Feela.

Der Ein tr itt des neuen Jahres wurde übrigens in keiner Weisegefeiert. Es genugte , daß j emand bei den Kassonke einen Mannmit Malu - Sinso“

,d . h . mit einem Korb Reis auf dem Kopfe oder

bei Malinke,daß einer einen mit „Njodundo

“, mit einem Bunde]

Sorghum auf dem Kopfe sah , und er wußte und sagte es daheim,

daß das neue Jahr begonnen hatte , und deshalb bezeichnete mandas eben mit Malu Sinsu“ oder „Njodundo

“ usw . usw .

Soweit die Horo,die Vornehmen , Freien , Adeligen und ihr

„Beruf“. Nun wollen wir den unteren Kasten , den weniger Geachteten , M ißach te ten , oder Gefürchteten uns zuwenden . Ich wil lvoraussenden ,

daß unter den verschiedenen Stämmen Sen egambienserstens weder die Kasten überal l die gleichen an Zahl und Tätigkeit noch an Achtung oder Mißachtung sind . So fehlen 2 . B . allenzentralen Völkern die Lederarbeiter , und wo in Leder gearbeitetwird

,übernehmen die Sänger diese Tätigkeit. Dagegen fallt auf der

anderen Seite im Süden das „soziale“ Übergewicht der Schmiede

au f,die im Norden eine unbedeutende , unwesentliche Rolle spielen .

Gehen wir zu Einzelheiten über.Die Kasten der zwei Zentral -Mande heißen

O\

01

OJ

N

Malinke BammanaFreie : horo (Plural : h orolu ) , foro (Plural : foro lu ,

Lederarbeiter (selten ) : garanke(Plural : garankelu ) , fehlt ,

Sanger : djallo (Plural : dj allolu ) dja lli (Plural : dja llinu ) ,Schmiede : numu (Plural : numolu ) , numu (Plural : numunu ) ,Hörige : u lussuo (Plural : u lussu lu ) , u lussu (Plural : u lussu lu ) ,Sklave : dj ong (Plural : djongu lu ) , dj ong (Plural : dj ong) ,

san - dj ong (Plural : san - djongu lu ) .

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Marka

Freie : hore (Plural : horu ) ,Lederarbeiter : garanke (Plural : garanku ) ,Schmied : tage (Plural : tagu ) ,Sänger : djare (Plural : dj aru ) ,Hörige : uorosso (Plural : u orossono ) ,Sklave : kobo - komme (Plural : kobo -kommu ) .

Wolof

Vornehme : burkin (Plural : burkin je ) ,Lederarbeiter : ude (Plural : udej i) ,Schmied : tage (Plural : tageja ) ,Sänger : ngewe ll (Plural : ngewe llja ) ,Höriger : ndiamdjudu (Plural : ndjadjudu ja ) ,Sklave : larr (Plural : larrja ) .

Fulbe Fulbe

in Futa dj allon und Massina in Say am NigerVornehme : dimu (Plural : rimbe ) , dimo (Plural : rimbe ) ,Hörige : dimadio (Plural : rimaibe ) , dimadjo (Plural : r imaibe )Händler

,Höflinge , Hirten : diando

(Plural : diawambe ) ,Sanger

,Weber : mabo (Plural : mabube )

Lederarbeiter : sake (Plural : sakebe ) ,

Holzarbeiter : labo (Plural : laobe ) ,Schmiede : bailu (Plural : wailbe ) ,

Man ersieht aus dieser tabellarischen Zusammenstellung , daß dieSech steilung des Kastenwesens im allgemeinen überal l die gleicheist . Bei den Fulbe tr itt eine Änderung ein . Die Eintei lung der Fu lbeist mit der anderer Völker Westsah e liens und des Westsudan nichtvollkommen in Einklang zu br ingen . Was die Eigentümlichkeitder Diawambe - Existenz anbelangt , so wird noch anderweitig davonzu sprechen sein . Sie sind in Kaarta als Diawando , bei den Mal inkeals Djogorame bekannt. Die „Sklaven

“ repräsentierten eine mehroder weniger käufliche und verkäufliche Menschheit . Was dieHör igen anbelangt , so werde ich gleich davon mehr zu sagen haben .

ie Ulussu = H origen (Sing : u lussu ,Plural : u lussudu , bei

Bammana und Malinke ) repräsentieren eine durchaus festgegliederte Einrichtung. I ch gebe im folgenden die Beschreibungder Verhältnisse , wie sie bei den Malinke in Bambuk herrschen .

Bei den Bammana und Bosso Soroko sind es aber genau die

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mabo (Plural : mabube ) ,gargassa (Plural : gargassabe ) ,

sekaej o (Plural : sekaebe )bahil lo (Plural : wah ilbi) .

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gleichen, und erst bei den Senufo und anderen Vo lkern im Osten

tritt eine Abflauung der Sittenstrenge ein.

Das Wort ulu - su kommt von ulu geboren und su Gehoft .Es sind also die in den Landweilem , den Farmorten , also nicht diein den Burgen und Städten des Adels Geborenen , Beheimateten ,Ursprünglichen. Es sind dies zunächst die Nachkommen derpatriarchal isch - sippenmäßig gegliederten Urbevölkerung , die ursprünglich en Bauern , die hier ihrem nahrhaften Gewerbe vor demEinfal l staatenbildender Ritterschaften aus dem Norden nachgingen . Als Urbevölkerung sind es auch die „Jäger

“, die Primi

tiven , von denen mancher Barde sang und z . B . in den EpenSamba Ku llung und Bassala - n

Sa zu ber ichten weiß . Als Jägersind sie noch nicht unterwor fen , noch nicht Hörige.Aus diesen ursprunglich Freien werden dann aber die Ulussu zu

Bastarden , die aus der Mischung des Herrenvolkes mit kriegsgefangenen Sklavinnen und der Ulu ssu untereinander hervorgegange n sind . Die unterworfenen Völker und eroberten Sklavenselbst werden von den Mandestämmen nie mit der Verleihung deseigenen Diamunamens beehrt. Hierin spielen nur die Senufo eineberüchtigt

'

e Rolle . Alle unterworfenen Stämme nehmen dort denDiamunamen des neuen Herrschers an . Wohl aber erhalten diemit den Sklavinnen gezeugten Kinder den Diamunamen des vornehmen Vaters . Diese Kinder sind und bleiben aber , wenn nichtdie Befreiung durch Freikauf eintr itt

, Ulussu und sind niemalseo ipso Vornehme oder Freie , also Horo .

Das Eigenartige ist , daß die Ulussu , also heute die Bastarde ,nicht Privateigentum ihres vornehmen Erzeugers werden , sonderndaß sie entsprechend dem alten Bodenrecht der Ureinwohner zunächst a ls Orts oder Gemeindeeigentum gelten , wenn sie auch fürihren Horopatron oder - vater nur bestimmte Arbeitsleistungen auszuführen haben . Übr igens ist es bemerkenswert , daß die Ulussuschaft in Bambuk z . B . nicht nur auf dem Wege direkter Blutsund Gesch lech tsmisch ung eintr itt. Ein Mann kauft z . B . Sklaven

,

das sind dj ong (Sing : dj ong , Plural : dj ong- balu ) . Mit dem durchKriegsglück oder Kauf erworbenen Sklaven männlichen und weiblichen Geschlechts kann der Vornehme machen , was er will . Sobald diese Dj ong aber auch ohne seine geschlechtl iche M ittatigkeit auf seinem Hofe ein K ind hervorbr ingen

,ist dieses Kind ein

Ulussu, und es führt nicht mehr den Diamunamen der Djongmu tter

oder des Djongvaters , sondern den seinen . Und auch diese vonDjomg hervorgebrachten Ulussuarten gelten unbedingt nicht nur alsEigentum der Gemeinde und treten dieses Eigentumsrecht der Gemeinde nicht in irgendeiner Anforderung

,die an die Arbeitskraft

der Ulussu oder an irgendeine Abgabeart seitens der Ulussuh errn

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gestellt wird,hervor , sondern dies M itbesitzrech t der Gemeinde

äußert sich erst im Augenblick , wenn der Herr seinen Ulussu befreien will .Dies kann der Herr nicht anders machen , als indem er ihn frei

kauft. Und zwar kauft er ihn von der Gemeinde frei . Er zahlt eineziemlich hohe Summe , und hiervon fällt ein Drittel den anderenUlussu ,

ein Dr ittel den Sigin fe (das sind die Fremden , Zugezogenen )und ein Dr ittel den eigenen Verwandten der Horo zu . Ich habemich emsig bemüht , eine Antwort auf die Frage zu erhalten ,worauf das Anrecht an diese Auszahlung zurückzuführen sei. Denneigentlich sollte nach unserer Auffassung derartigerVerhältn isse beiden Naturvölkern das Kind , das ein Herrenmann (ein Horo ) mitseiner ihm vollkommen gehörenden Sklavin zeugt , doch ihm gehören . Aber scheint nicht so ; der Horo erwirbt bei den sitten treuenNachkommen der alten Malinke die Kastenzugehörigkeit seinesderartigen Sprossen nur durch eine Zahlung an seine Familie , dieFremden und die anderen Ulussu . Als Antwort auf meine dahinzielenden Fragen wurde mir immer wieder geantwortet : Der Ulussugehört nicht wie der Dj ong seinem Herrn allein , sondern er gehörteben allen gemeinsam , denn er tanzt für alle . Diese Antwort befriedigt natürlich nicht ohne weiteres . Was die Tänze der Ulussuanbelangt

,so sind sie

,abgesehen von speziel len mimischen Dar

stellungen,durch starke Betonung erotischer Bewegungsformen

ausgezeichnet . Ich sah solche Tänze zur Zeit der Besch n e idungsfeste und sonst. Immer und bei al len Festen fielen mir die altenUlussudamen auf , die ihren Mitte lkörper mit erstaunlicher , vongroßer Übung zeugender Geschickl ichkeit , in entsprechenden Bewegungen vibr ieren l ießen . Dafür wurden sie mit al lerhand kleinenGaben bedacht.Ein Horo kauft einen Ulussu im allgemeinen nur fiei , wenn er

sein Sohn ist , den er mit einer Ulussu frau ,also außerehel ich , ge

zeugt h a t , und wenn er diesem Sprossen nun nach seiner Besch ne idung das Recht eines ehelichen Sohnes und Horozugeh örigen verschaffen will . In solchem Falle wird dann die ganze Gemeinde zusammengeru fen . Au f der Mitte des großen Dorfplatzes wird eineKalebasse vol l Wasser aufgestel lt sowie ein Armring aus Silberhingelegt. Dieser silberne Armring heißt : bu llukonna - or i (S i lberori ; sonst heißt Silber auch wohl wari ) . Der zu Befreiende muß

sich vor aller Welt baden und waschen . Dann legt er den silbernenArmr ing an , und damit ist er vom Ulussu zum Horo geworden . Dersilberne Armr ing sagt das. Denn ein Ulussu darf als Schmuck wohlGold , nie aber Silber tragen . Das Silber ist das Schmuckmetal l derVornehmen. Dieses Gebot wird streng innegehalten . Von demAugenblick an , da der Ulussu - Sproß den Silberring trägt, ist er

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gewebte Stoffe an seinen Herrn , und die kommen auch w ieder nichtseinem Herrn zu

,sondern der muß die Abgabe zu gleichen Teilen

unter die Ulussu , die Fremden und die eigene Familie vertei len . Solange ein Ulussu sich nicht freigekauft hat , gelten seine Kindernicht nur als Ulussu , sondern sie müssen auch wie ihr Vater dieoben angegebene Zeit für den Horo arbeiten .

Die Ulussu haben noch eine wesentliche Industrie in diesen Landern in Händen : sie sind die vorzüglich sten Weber. Sonst sei nochbemerkt , daß die Ulussu der Mande den Rimaibe (Sing : dimadio )der Fulbe entsprechen .

ie N umu S chmiede . (Zumal im Malinkegebiet . ) Nach allenmeinen Forschungen , nach al len Fragen , die ich in dieser

R ichtung stellte,kann es fur mich kein Zweifel sein , daß die heute

so verachtete Kaste der Schmiede , der Numu , erstens der zur Unterschicht degradierte Restbestand der Obersch icht eines alten Volkesist und das zweitens dieses Volk nicht

,wie die Dialli-H istoriker und

islamischen Schri ftstel ler es gern hinstel len möchten , ein niederes ,kulturloses

, s ondern daß es ein für alte Verhältnisse sehr kultiviertes

,kluges

,geistig und mater iel l reiches Volk war . Die Nach

r ichten,die uns über Susu Sumanguru , die Panne , Kamme und

Kante erhalten sind (vgl . Bd . V : Sun jatalegende ) , zeigen uns an ,in welcher Richtung wir forschen müssen

,wenn wir noch zutage

l iegende , anstehende Schicht dieser Kultur finden wollen . Aberohne erst nach den Sternen zu schwei fen

,griff ich während des

Aufenthaltes in den Mandingoländern das auf , was die Numu selbstnoch sind , wissen und darstellen , und da hat sich ein klares B i ldergeben . Diese Leute sind die Träger eines uralten Gewerbes , eineralten sozialen Rundform , und uralter , rel igiöser Überl ieferungen .

Die islamischen Stürme , die zwischen dem 10 . und 17. J ahrhundert mit langwellenden Stößen über diese Länder h inbrausten ,

haben vielerlei überdeckt , haben viel Schutt und Trümmer über diealte Numu -Kultur geworfen ; aber an vielen Stel len ragen aus diesenMassen noch die Turmspitzen und Giebelfirsten der Numustädte

hervor , die sonst vergraben liegen . Hier einiges Material :Man behauptet : die Numu seien verachtet. Das tri fft in dem

Sinne , wie etwa im Mittelalter die Juden verachtet waren ; nichtzu . Es ist wahr

,daß man nie die Eh e mit einem Numuwe ibe ein

geht , wenn man ein Horo ist. Das würde schl imme Folgen haben .

Auch verkehrt man nicht gerne mit den Vertretern dieser Kunstallzu intim , aber diese Abneigung beruht mehr auf dem Ge fuh l derAngst , als au f dem der Verachtung. J eder Mensch hat in diesenLändern persönlich ein wenig Angst vor den Numu . Man bleibteinem Numu beileibe nichts schuldig , weil man seine geistige Rache

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furchtet. Die Numu sind die eigentl ichen alten Herren , Inhaber ,Verwalter des Nama und des Komma (d . h . der heiligen Fembünde ) Die Numu sind es , die die Beschneidung ausführen . Welchmerkwurdiges , sozial—religiöses Schauspiel !die stolzen , vom islamischen Adel ihr Dasein und ihre Gesittung ableitenden Halbberber

lassen ihre Sprossen von den Vertretern und immer wieder als solchesignierten Nachkommen des verachteten , todfeindlich en Heidentumes beschneiden !Es g ibt viele Sitten und Anschauungen , die gleiche Rich tungs

tendenz haben : Wenn die Mandingo in den Krieg zogen und dererste Tote ein Numu war , so floh das ganze Heer. Denn das wardunbedingt als ein sehr schlechtes Zeichen angesehen . Oder : wennein Dorf gegründet ward , und der erste darin Sterbende ein Numuwar, so glaubte man nicht mehr an ein glückl iches Gedeihen derGemeinde an dieser Stelle , und oft ward dann die Ortschaft verlegt.Oder : wenn einer vornehmen Mandingofrau ein Kind nach dem

andern starb, so brachte sie zuletzt ihre Sprossen bei Famil ien

niederer Kaste unter , daß sie da au fwüch sen . Man brachte sie zu

Dialli, Ulussu ,vor allem aber zu den Numu . Solche Kinder , die in

niederer Kas te aufwuchsen , hießen Diallikunda , Dj ongkunda (d . i .Hörigenzöglinge , Sklavenzöglinge ) und Numukunda (Schmiedezögl inge ) . Zu Dialli und Ulussu brachte man sie nur dann , wennkeine Numu familie in der Nähe war. Bei den Numu glaubte mansie entschieden am besten aufbewahrt und vor dem frühzeitigenSterben gesichert. Und im späteren Leben galt ein Numukunda

auch stets als allen Kindern solcher Art und auch vornehmer Aufziehung überlegen , j a gewissermaßen als deren Herr .Bei dem üppigen Auftreten solcher Symptome fragt eine gewisse

berechtigte Skepsis unwillkürl ich : kann die Schmiedekaste wirklichals eine in unserem Sinne verachtete bezeichnet werden ? EsSpielt Furcht eine große Rolle und man sah den Numu a ls einenSchwarzkünstler an , der eine im Grunde genommen nicht eh rl iche“ (weil staatl ich nicht sanktionierte ) Re ligionspaktierung geschlossen hatte

,sowie man im Mittelalter scheu und ärgerl ich auf

die Leute sah ,die „mit dem Teufel paktiert hatten

“. So wird ein

allgemein bekannter Spruch verständlich : Wenn ein Numu Jägerwird , so wird er ein besserer und glücklicherer Jäger als a lle anderen .

“ Und doch,wenn etwa angenommen wird , damit eine er

schöpfende Erklärung und volles Verständnis für die Stellung derSchmiede gefunden zu haben , so beruht das auf einem gewaltigenIrrtum , wie an einem Gegenstück leicht zu zeigen ist. Das alteVolkslied der Mande sagt : „Man dankt den Numu folgendes : 1 . dieFlöte , 2 . wenn man K indersegen h at , 3 . wenn man guten und angenehmen Beischlaf findet

, 4 . gutes Essen , 5 . Herrschaft über Ge

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h a ft , Herrschaft uber Land , 6 . ein glu cklich es und ereignislosesÜberschreiten des Djalli- ba (Niger ) , 7 . die Beschneidung , 8 . an

ständige Bestattung.“ Ein Zusammenzählen und Überfl iegenaller dieser acht Punkte (von denen ich übrigens nicht sagen kann ,ob sie in richtiger Reihenfolge gegeben sind , da sie mir verschiedengereiht gesagt wurden ) zeigt , daß man dieser Anschauung nachden Numu eben den ganzen Lebenswandel

,soweit er glückl ich und

angenehm verl ief , verdankt und von ihrem Segen abhängig erachtete .Es gibt aber noch klarere Beweise fur direkte Achtung , die den

Numu erwiesen wurde ! Bekanntl ich gab es an den Höfen derMandingo Kaiser und Kon ige keine hierarchischen Großwürdenträger wie bei Haussa , Mossi und anderen Völkern nach Osten undSüdosten , bis zu den Bakuba etc . Der Herrscher war nur umgeben von seinen Barden , den Hofsängern , die ihm lobsangen undSpeichellecker waren . Galt es nun eine wichtige , ernste Sache zubesprechen , so wandte sich der Machthaber nicht an diese Dia lli,sondern an die Numu . Mit denen beriet er. Deren Rat horte er .In verschiedentl ichen Zeremon ia lh andlungen ,

die nicht mit Nama

und Komma zusammenhingen , spielten die Numu die Rolle hauptsächl icher , einzig entscheidender Akteure . Da ist zum Beispiel dasGottesger icht Dabakung, in dem eine uralte Hackenklinge aus

sch laggebend ward über Schuld oder Unschuld eines der Lüge , desDiebstahls , des Totschlags , des Mordes oder anderer VerbrechenAngeklagten . Derartige re ch tsen tsch e idende , uralte Hackenklingen

gab es im Lande auch früher sehr wenige , heute wohl nur nochganz vereinzelte . Natür l ich waren sie stets im Besitze einer Numufamilie und der Fürst oder Dor fchef

,der solches Instrument zur

Rechtsentscheidung benötigte ,mußte oft weit fortsenden und schwereEntschädigung resp . hohen Sold an den Besitzer zahlen . Wer dasheilige Hacken eisen herbeibrachte , mußte sehr sorgsam und vorsichtig damit umgehen . Unterwegs durfte er mit keiner Frau aus

ruhen . Er mußte es immer auf derselben Seite tragen . Hatte er eslinks aufgenommen , so mußte es in der l inken Hand bleiben , under durfte es nicht etwa au f die rechte Seite bringen . Und hatte eres anfangs rechts getragen , durfte er es unterwegs nicht etwa indie l inke Hand bringen. Das Eisen war zuerst in weißen Stoff gehüllt und dann noch einmal in Ziegenhaut gewickelt.Am Morgen , an dem die Orakel - Orda lzeremon ie vor sich gehen

sollte , ging der Numu schon früh in den Wald und schleppte einentüchtigen Holzblock auf den Platz . Der König oder Bürgermeisterhieß alle Welt zusammenzukommen . Das Volk gruppierte sichrundum . Vor versammeltem Volke zog alsdann der Numu al leK leider aus und legte al les bis auf das kleinste Schmuckstückch en

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ab . Er behielt nur einen alten Baumwollappen um die Lenden alsSch ambedeckung. Dann zerhackte er unter Zuschauen aller Weltdas Holz und entzündete endlich ein neues Feuer . Anscheinendward dies in der Weise gemacht , daß ein stehender P enn ise tumh almin die Kerbe eines liegenden , gleichen Kornh almes gequirl t wurde .Das nennt man : sanj o -kallata . Damit waren die Vorberei tungengetroffen . Das neu entzündete Feuer lob te um das geschlageneHolz empor.Der Schmied wickelte erst die Ziegenh au th u lle , dann den Baum

wol lstoff ab . Er legte das uralte Hackeisen ins Feuer . Man wartete,

bis es rotglühend war. Dann sagte der Schmied : Hier ist der N . N .

Man sagt , er habe das und das getan . Zeige , ob das wahr ist. Wirwissen es nicht , denn er selbst sagt , er habe solches nie unternommen . Darum wenden wir uns an dich . Wenn er es tat

,so

verbrenne ihn . Wenn er unschuldig ist,dann sei in seinem Munde

wie frische Milch .

“ Der Angeklagte trat heran . Er ergr i ff dasEisen und Feuer und wiederholte seinerseits : Ich bin N. N . Mansagt von mir , ich habe das und das getan . Ich bin aber unschuldig .

Zeige den Leuten die Wahrheit. Wenn ich es tat , so verbrennemich . Wenn ich unschuldig bin , dann sei in meinem Munde wiefr ische Milch !“ Nach dieser Beschwörung führte er das Eisen an

den Mund , auf die Lippen ; er ward entweder furchtbar verbranntoder aber

,er ging heil und wie . unberüh rt aus der Probe hervor .

Dann führte er das Eisen noch über Gesicht und Zunge . War erunschuldig , so konnte ihm all das nichts schaden . Im übrigenwurde für den Untersuchten eine Pfei fe und Tabak zum Rauchenund eine Schale mit Milch zum Tr inken bereitgehalten .

Eine zweite Kultushandlung , die lediglich in den Handen derNumu lag , war das bidun- tane - lo (bei Malinke ) , oder biblakulang- korro (bei Bammana ) , das auf dem Ambos , dem tane derwestlichen Malinke„ dem kulang der Bammana sich abspielte unddaher seinen Namen hatte . Es war eine schl imme Form der Verfluchung . Wenn einer den anderen einer Schlechtigkeit z ieh oderwenn zwei sich so schwer str itten , daß sie glaubten , die Sache nurdadurch ausgleichen zu können , daß dem , der Unrecht hatte , Hausund Hof vernichtet wurden

,so ward diese schwere Beschwörungs

zeremonie vorgenommen . Aber nur ein ganz reiner N umu , indessen Blut kein Tropfen vom Dia lli oder Horo rollte

,man sieht

,

nicht nur bei Horo , sondern auch bei den Numu war die Rassenreinheit eine bedeutende Sache also nur ein reiner Numu konntediese Handlung mit Erfolg am Montag oder Freitag vollziehen . Erlegte ein Saatkorn (n jan ikomg , d . i . weißes Sorghum ) au f den Amboß und sagte : Wer hier Unrecht hat (also im Speziel len : log ,stahl , totschlug ) , der soll zugrunde gehen !“ Jeder der Streitenden

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wiederholte darauf dieselben Worte . Dann schlug der Numu aufdas Njan inkong -Korn

,einma l nicht ö fter ! Die Folge davon war ,

daß der Schuldige innerhalb drei Monaten starb , während dem Unschuldigen nichts geschah . Man behauptet al lgemein , stets sei dasganze Hauswesen des Schuldigen unter der Wucht dieses Numufluches zugrunde gegangen .

Wenn ein Schuldiger solchem Unhei l unter dem Druck einesschlechten Gewissens entgegensah , so nahm er einen Baumwollschurz

,ging damit zu dem Numu und beichtete . Der Numu ver

langte eine Handvol l von j eder Getreideart , aber auch von anderenFeldfrüchten

,wie Erdnüssen

,Erderbsen

,Bohnen , Reis usw. War

alles vereinigt,so legte der Numu den Amboß , der ihm vordem zum

Fluch sch lage diente , ins Wasser , fügte au f dem Boden des Hauseszusammengesch arrten Staub , des ferneren al le seine Instrumenteund endl ich ein wenig von a ll den Feldfrüchten , die ihm der Reuigegebracht hatte

,hinzu . Er sprach zu dem Amboß : „Hier ist der ,

der das und das tat , tue ihm nichts , denn j etzt hat er al les an gegeben , wie er es machte !

“ Mit dem Wasser über dem Amboß mußteder Delinquent sich ‘

über und über waschen , und dadurch wurde erdann frei vom Fluche . Es geschah ihm nichts mehr .Sehr interessant ist es , daß die Fane , das älteste Numuvolk , sonst

gemeinigl ich das weiße Huhn als Tana (Totemtier ) haben ; am Tagedieses Gottesgerichtes essen sie aber ein weißes Huhn .

Dann gibt es noch weitere Ordale , die in den Händen der Numuliegen . Da ist senj i

,der Ost-Mali und senni , der Bammana. Das

ist der Gottesgerich tstrank ,der hier angeblich keinerlei Giftstoffe ,

wohl aber Erde , die au s Gräbern genommen ist , enthält. Kein Numudarf ohne Erlaubnis des Königs solche Erde zu solchem Zweckenutzen . Der Herrscher selbst ist es

,der den Giftbecher reicht , aber

der Numu ist der Zeremonienmeister. Er ist der , der die machtvollenFluchworte spricht. Natürl ich wird solches Ordal nur nach ganzschwerer Anklage gereicht und auch dann lediglich , wenn sonstkeine K larheit in eine Sache zu br ingen ist . Wer das Getränktrinkt und im Unrecht ist wil l sagen , falsch geschworen hatdem schwillt der Bauch mach tig au f. Bei solchem Meineid gibt eskein Zurück ; da nutzt keine nachherige Beichte . Der Mann stirbt.Daß die Numu vordem eine Beziehung zur heute noch e inh e imi

schen Ackerwirtschaft hatten , geht aus dem Fluche der Samenzertrümmerung hervor . Als frühere Herren des bebauten Landes ,Wenn j etzt auch unfrei gewordene und Unterdrückte erkennt mansie aber leicht aus folgendem Brauche : Von j edem Ackergewinn

erhält der Numu des Dorfes bei der Ernte eine Abgabe . So vonFonio per Acker acht Bündel . Man nennt das numukurru . Vonallen Korn früch ten als Sanj o

,Suna

,Fini

, Ken enge , auch Kaba j e

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einen Korb voll per Acker. Es gab einen besonderen Korb furdiesen Zweck in j edem Dorfe. Und wer gerade für den Numu dasDeputat abmessen will , holt ihn von dem , der zuletzt den Korb zu

gleichem Zwecke benutzte . Man nannte diesen Korb Numu - sagioder auch Sumana-ke - sage . Sehr e igen tumlich ist auch die versteckte Form der Überbr ingung dieser Abgabe . Angebl ich uberbr ingt man diese Abgabe nämlich dem Könige , aber der König undj eder weiß , daß sie für den Numu bestimmt ist. Und man kann sichdarauf verlassen , daß sie dem Numu auch au f j eden Fall überwiesenwird . Oftmals , wenn in seiner Gemeinde kein Numu ansässig ist ,wandert der Bauer eine Tagesreise weit mit dem Ern tezins nurum diese dem Acker und der nächstjährigen Ernte günstige Abgabean einen Schmied leisten zu können . Geschieht das nicht , so gereicht das sicher seinem Anbau zum Nachteil .Der Numu h at aber eine Gegenleistung zu bieten , deren Ent

stehung uns zu einer der interessantesten Numu sitten führt . JederNumu hat das Recht , in der Trockenzeit so viele der gambung- tunggenannten (gambung Küche , Küchenhaus , also Feuerhaustung Termitenh au fen oder Köcher ) kleinen Hochöfen zu err ichten , als er denkt oder will , um die für seine Verschmiedungsarbeit genügende Eisenmenge auszuh ütten . Gegen Ende derTrockenzeit aber ist er verpfl ichtet , einen besonders großen undmächtigen Hochofen zu erri chten . Der heißt : barkuna - buntung .

Das Eisen,das hier ausgeschmolzen wird

,ist nur einem einz igen

Zwecke gewidmet : es sollen daraus die Dabalu , die Hackenklingen

für die Horo lu , geschmiedet werden . Und der Tag , an dem diesEisen ausgehüttet wird , ist ein ganz großer Festtag fur die Numu .

Sobald der Hochofen err ichtet ist , benachr ichtigt der leitendeSchmied , gewöhnlich der Älteste einer großen Sippe , alle die Vornehmen , die ihm Korn als Abgabe bei der Ernte gesandt haben . Erselbst aber sammelt mit allen seinen Leuten am frühen Morgenschon Holz . Von allen Seiten kommen die Horo herbei . Sie br ingenalles mögliche mit : Schlachttiere , wie Hunde , Ziegen und Korn undDolo (Bier) , vor allem sieben rote Hähne . Ein guter Teil dieser Naturalien wird zubereitet und an Ort und Stelle verspeist . Der Restfällt den Numu zu . Diese Zusammenkunft findet meistens am

Sonntage , zuweilen auch am Donnerstage , das Festessen am gleichen Abende statt. Die feierl iche Ofen ö ffnung aber erst am moh ammedan isch en Feiertage

,am Montag oder Freitag . (Diese Zeit

angaben , wie überhaupt die große Anzahl von Mitteilungen überdiese Dinge verdanke ich den Malinke . Es ist sehr , sehr schwerüber diese ura lten und mit peinl icher Sorgfalt verheimlichten ,zum Teil nur noch selten geübten

,zum Tei l ganz ausgestorbenen

Sitten Auskunft zu erhalten , und es gelang mir bei den leichteren

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und klugeren Malinke viel leichter , als bei den schwerfäl l igerenund plumperen Bammana. Aber , wenn ich nicht sehr irre , fan ddie feierl iche Ofenau fbrechung früher am Donnerstage statt !)S icher ist

,daß bei diesem , dem größten Feste der Numu , niemals

Dialli zugegen sein dürfen . Zwischen Numu und Dialli besteht eineklare Gegensätzlichkeit. Die Dialli dürfen j a auch n ie dem heil igenNumubund des Komma nahetreten !Am Abend des Festessens , nach sechs oder sieben Uhr , bringt

j eder Vornehme,vom König anfangend , bis zum ärmsten Horo

bauern herab,einen Strohhalm herbei . Wer nicht kommen kann ,

sendet seinen Strohhalm durch einen Freund . Der legt dann zweiHalme vor und sagt : „Der Halm hier ist für mich und j ener fürden N . N . ,

der nicht selbst kommen kann .

“ Der Oberschmied vereinigt alle Halme zu einem Bündel ; er tritt an den Hochofen . Ersagt : „Alle Menschen verdanken uns alles . Sie verdanken uns

(dann zählt er d ie acht oben schon erwah n ten Lebenswoh ltaten au f

und das alles spr i cht er in schöner Rede ) Er tötet sodann diesieben roten Hähne . Sie werden verspeist. Aber keiner , der nichtreinen Blutes ist , darf davon essen . Die Federn dieser Hähne werden mit Blut auf Töpfe geklebt , die mystischer Bedeutung undmagischerWirkung sind . Die Töpfe werden an langen Stangen rundum den Hochofen aufgehängt. Dann erst wird mit dem Bündel derbeigebrachten Strohhalme der Ofen entzündet.Die nun folgende Nacht vom Sonntag zum Montag (oder auch

vom Donnerstag zum Freitag ) heißt : numu - katenn e - su oder numuluka - ara juma - su . Es ist eine sch recken sre ich e , von Spukgestalten belebte Nacht. „Der

“ Komma , an zehn oder fünfzehnRiesenmasken gehen um und halten widrige „Kräfte

“fern , aber

walten auch als Richter . Wenn ein König sehr schlecht war,unge

recht und willkürl ich , vor al lem ein Unterdrücker der unterenKasten

,zumal der Numu , so konnte er früher durch die Numu in

dieser Nacht abgesetzt werden . Außerdem hatten die Numu indieser Nacht die Macht , mit ihren magischen Fähigkeiten al le Widersacher zu töten .

Während zweier Tage brennt der Ofen . Dann muß der Eisenfluß gelungen sein . Man zerbricht ihn , um die Eisen luppen herauszuziehen . Die Schmiede haben einen Graben ausgehoben und mitWasser gefüllt. Dahinein wird das Eisen geworfen , um es zu kühlen . Jeder Anwesende sucht ein wenig von dem aufkochenden Restdes be i der mächtigen Glut verdampfenden Wassers für sich zu

retten , um sich damit zu waschen . Denn das Wasser gilt als einstarkes Zaubermittel .Von diesem Eisen werden alsdann durch die Schmiede al le imGebiet für die Horo notwendigen Hackenklingen geschmiedet. Und

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B rust,zu mehreren Exemplaren getrocknet , aufgehängt. Das ist

insofern wichtig,als bei den Bata Mawa in Nordtogo und be i

Adamauaschmieden genau das gleiche beobachtet ward . Ein ekleine , aber desto bedeutsamere und auffal lendere Sitte , denn vo nKayes bis nach Adamaua i st e ine Entfernung von ca. 2500 km .

Die Vogel scheinen überhaupt eine große Rolle bei den Numu zuspielen . Oben sahen wir die Beziehung zum „weißen HuhnTanna“ . Der rote Hahn tritt o ft auf . Komma , ihr wichtigster Geh e imbund , bedeutet den Kronenkranich . Außerdem : Ihr wichtigster Gesang fängt an mit den Worten : J iran - fa - tuma ; j ira istfür mich unübersetzbar ; fa heißt der Vater oder der Narr ; tuma dieStunde ; dann fährt er fort mit dem Anruf der beiden Vögel J ambatubu (die eine kleine , grüne tutu tu - rufende Straßenvoge lart sind )und Naganaga (der Schwalbe ) ; beide sind den Schmieden heil ig undbesonders der erstere gilt a ls feuersch ützend .

Man redet den arbeitenden Schmied mit „Ani Bara an , was soviel zu heißen scheint als : „Ihr seid bei der Arbeit .

“ Aber untersich begrüßen die Schmiede sich als Numu - fing

,d . h . also als

schwarze Menschen . Alle anderen Leute sehen die Numu als hel lfarbig an

,sich selbst aber als d ie einzigen Dunkelhäutigen . Das ist

über alle Maßen wesentl ich denn dadurch belegt die Kaste anscheinend selbst den einstigen Rassenuntersch ied , wenn sich dasfing schwarz nicht auf den Ruß bezieht , denn heute sind dieSchmiede nicht einen Deut dunkler als andere Malinke oder garBammana. Im übrigen sind sich al le Numu darin einig , ihren Ursprung von „Dumfaila

“ abzuleiten . Das scheint keine Dialliwe ish eitzu sein , sondern Numuerinn erung. Ob der Name ein Land , ein Volk ,einen Menschen bedeutet

,das wissen die Numu nicht.

Die Numu arbeiten prinzipiel l n ie am Sonntage , und das hat mitetwaigen neueren M issionse in flüs

°

sen nichts zu tun .

Eine große Zeremonie ist es,wenn ein alter

,eh rwurdiger Numu

begraben werden sol l . Man br ingt die Leiche nicht vor dem drittenTage unter die Erde und erhält sie so lange in einem leidl ichen Zustande , indem man sie mit Wasser bespr itzt , in dem Segi mit Kohleaufgekocht wird . Acht Tage lang aber feiert man . Alltägl ich werdenaus allen vier H immelsrichtungen Blätter geholt und an zwei Stel lenWesten und Osten des Gehöftes aufgesch ichtet . Wenn die Leute mitden Büscheln kommen

,j auchzen ihnen die Dorffrauen entgegen .

Während der acht Tage geht allnächtlich der Komma um . (DerKomma wirkt also bei al len Numu festen : Beschneidung , Tod einesNumu , H och ofen fest !) Es werden Tänze aufgeführt. Eine Daba ,und zwar ein großes Hackenbla tt , wie die Numu es benutzen , l iegtda bereit . Damit tanzen die Schmiede . Geschickte werfen sie indie Luft und wissen sie dann zwischen gespreizten Zeige und

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Mittel fingern oder auch mit dem Nacken aufzufangen , ohne daßdas Eisen sie verwundet. Es werden von den Schmiede leuten imWechselgesänge folgende Verse gesungen :

Sege ne sirima ,Tunga in maramu ,Numu tumbere dingo ,Nabaja bambu(e ) dingo .

Aber was diese Worte bedeuten , wußte man nicht zu sagen . Einarch aistisch es Wort ist auch folgendermaßen angewendet . Wenneiner von der Reise nach Hause kommt , nicht weiß , was daheimsich ereignet

,und nach einem inzwischen verstorbenen Numu fragt ,

sagt der befragte Numu als Antwort : „Lilimansa .

“ Das sol l sovielheißen wie „unter der Erde

“(mansa König ) . Aber niemand

kann den S inn angeben .

Im übrigen dür fen die Numu sonst nicht ohne bestimmte Genehmigung tanzen . Wie das bei den nördlicheren Stämmen ist , werdenwir nachher sehen .

Beachtenswert ist , daß bei allen Stammen Sen egambiens und desNiger bei Timbuktu und bei den Mossi die Köpfe sämtlicherSchlachttiere den Numu zufal len

,wie man ihnen wohl auch überal l

bei Gelegenheit einer Hochzeit eine Ziege schenkt.

ie B iatli Barden . Eine Kaste mit ganz anderen Eigentumlichke iten stellen die „Sänger

“ kurzweg Dialli bei denWestsah eliern und Westsudanern

°

dar. Wahrend wir bei den Numuziemlich sicher sind , daß dies eine zur Kaste gestempelte Nationwar und dafür z . B . in den Angaben der Sumanguru legende aucheinen festen Anhaltepunkt finden

,tr i fft das für die „Sängerkaste

eigentlich nicht zu . Heruntergekommene Kasten und unterworfeneStämme verschiedenster Kulturzugehörigkeit haben sich unter demDrucke der Verhältnisse dann und wann als „Sänger

“, als Hof

bedienstete , ihren neuen Herren zur Verfügung gestellt . So gibtes denn bei verschiedenen Stämmen mehrere Sängerarten nebeneinander. Das sei hier ver folgt.Bei den Stämmen der eigentlichen Malinke und ihren nordlich en

Nachbarn , den Sarrakole (oder Soni - nke oder Marka ) , fäl lt e inewesentliche Unterschiedl ichkeit auf. Marka und Angehör ige habenals getrennte Kasten „Sänger“ und „Garanke

“,das sind Leder

arbeiter. Bei den Malinke von Kangaba bis zum Tukorro hinaufgibt es aber als älteste Kaste dieser Art nur die Dia lli , und die sindgleichzeitig auch die Lederarbeiter. Eine Garanke - Kaste wie beiMarka , Songhai und Tuareg gibt es also bei den Malinke und ebensobei den Bammana nicht

,und die B ie l l i verr ichten im Süden das , was

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im Norden zwei Kasten zufal lt. Dagegen finden sich in S ierra Leonawiederum Garanke . Und da die Garanke , wie ich in der Einleitungzum Bausi zeigen werde , aus den nördl ichen Sah araländern stammen

, so zeigt sich diese Schicht des Berbertumes bis zurWestküstevorgedrungen .

Im übrigen wirken bei den Malinke in Bambuk bis Bure undKonia noch Fina“ als Sängerkaste , diese singen zu einer Glocke ,die der des Namabundes gleicht. Es sind das aber weniger Sängerals Sprecher und Ausrufer.Außer gelegentl ichen Festsingereien l iegt in den Handen der

eigentl ichen Dialli die Erhaltung alter hei l iger Gesänge , die h istorische und mythologische Sto ffe in epenartiger Form vereinigen .

Diese Sänger sind Barden . Ich habe mich bemüht , von solchenEpen zu sammeln

,was erreichbar war und von dem , was mir

unerreichbar bl ieb , wenigstens die Namen zu erfahren , um so einenÜberbl ick über den wesentlichen Bestand an solchen Werken zuschaffen .

Bei den Mal inke ist da zunachst die h albh istorisch e Legende vonSunjatta oder Mare Sun jarra ,

von der i ch wohl den größten Tei lzusammengebracht habe (vgl . Bd . V ) . Dieses hervorragend wichtige und beliebte Epos wird von Dialli sowohl wie von Fina gesungen . Es ist eine Reihe einzelner Stücke . Es gibt wohl keinenDia lli

, der alle Einzelgesänge kennt. Wir haben es hier , wie beial len anderen Gebi lden dieser Art

,mit Vo lkssängen im S inne home

risch er Dichtungen zu tun .

Unbedingt ein Vorfahre der Sun jattalegende ist das schon mehrepische ältere N iau le , das vonDia lli und zuweilen aber auch vonVornehmen gesungen wird . Ein j üngeres Nian le basiert dagegen aufder Sun ja tta legende und scheint die Gesch ichte einiger Geschlechterbis in die Gegenwart fortzusetzen . Es ist reiner Hof und Schmeichelgesang , der sehr viele Umdrehung

'en zur Glor i fiz ieru ng einigerj üngerer Herrschergeschlechter enthalten sol l . I ch habe wenig davon geh ort , aber das , was ich vernahm , l ieß mich zu der Überzeugung kommen

,daß die wertvolle Zeit zur Bearbeitung anderer

Sto ffe besser anzuwenden sei .Als dri ttes Epos erwähne ich das M ankang

“, das d ie Geschichte

„Tamba Bukaris“ behandelt , der; „zwischen“ Sierra Leona und

Dingiraij „ein Reich err ichtete“

. Es behandelt in ausmalender undstark übertreibender Form diesen Stoff

,den man mit größerer

h istorischer Klarheit anderweitig einheimsen kann. Endlich mußich das Dianjung

“ erwähnen . Dieses dürfte hauptsächlich inBambuk bekannt sein . Es behandelt Bambuk und die Geschichteder Sussokko , al ias „Bambugu Sira Sabo

“. Dieses halte ich als

Mittelstück zwischen der Sumanguru - Sun jatta - Legende einerseits

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und den Zustanden der gegenwartigen Vo lkerlagerung andererseitsfür sehr wichtig , und es hat mir bitter leid getan , daß ich nicht imstande war

,diese Sache zu finden . Dies Epos muß in Bambuk

gesucht werden .

Die zweite wichtige Region ist das Markaland . Hier sind dreiganz verschiedene Sängersch ich ten ,

nämlich 1 . die Diare oder Diare,

z . die Gessere , 3 . die Garanke . Die letzteren , die Lederarbeiter ,gelten als die ältesten Sänger , die Diare a ls j üngere , aber vornehmsten und prunkh aftesten Minnesänger“ , und die Gessere endlich als die j üngsten und wohl bedeutend weniger geachteten . Jedenfalls sind sie nicht , wie die Diare , selbst achtbare Helden gewesen .

Wir kennen ihre historische Entstehung . Als die Djaora ihre Herrschaft und Macht im Marka lande begründeten , zerfiel der damalshochgeachtete Stamm der Niaga te oder Diagate gleich vielen an

deren Sippen einem Parteikon flikte anheim . Ein Teil zog sich unterBeibehaltung des gleichen Namens und als Horo familie ins BonduGambiagebie t zurück . Einen zweiten treffen wir heute noch alsNiare oder Niage im Bamakogebie te . Der größte aber trat alsKnappschaft in den Dienst der Djaora . Diese Leute wurden Gessere (beianderen Gerrese ) genannt. Sie kämpften und sangen den Diaora ,und in ihren Gesängen preisen sie die Geschichte dieser großen Bewegung , naturlich unter Prononcierung der entsprechenden Sippenglor i fikation . Diese Gesänge haben den Namen : Djon - korre-N iame .

Njame ist gleichbedeutend mit Djaora . Korre heißt Kr ieg. DasDj on ist mir unklar. Ich wüßte , ohne weitere Beziehung dazwischenentdecken zu können , nur das Wort dj ongo (Plural : dj ombu )Tanna als ähnlich kl ingend in Marka anzuführen . Es kann aberauch eine Bedeutung wie dj on Sklave bestehen . Derselbe Gesang wird auch wohl Njam- koll i , d . h . „Djaorakampf

“ genannt.Es gelang , einige Gessere nach Bammako kommen zu lassen , die

den größten Teil der Legende wohl ziemlich klar expl iz ierten .

Die Gessere singen zur Kalebassengitarre . Sie werden außerdemzu Kön igsfesten , Begräbnissen , Kr iegszügen und Krönungen herangezogen und verherrl ichen diese Gelegenheiten durch stramme Lobhudelei und auch Geschichtsverdrehung resp . Stammbaumfälschung. Die Gessere sind heute nicht ubermaßig geachtet.Durchaus nicht !Die zweite Gruppe der Sänger repräsentieren die Diare , oder

Diare , die wohl die geachtetsten Spielleute im westl ichen Sahel undSudan sind . Trommelschlag gehört auch in ihre Konzerte . Aberdas Große , das sie bieten , den wahrhaftigen , uralten Barden sang ,

benötigt keine musikalische Vorbereitung,kein anderes Begleit

instrument als eine Sudangitarre . Das berühmteste und in ganzSenegambien populärste Werk führt den Namen : P ui. Alle Stücke

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des Pui werden im gleichen Takt , mit gleicher Melodie begleitet.Die aber weicht ab von dem Takte und der Begleitungsme lodie derSun jatta legende . Vom Ursprunge des Pui erzählen die Diare involkstümlicher Weise : Ein Perlhuhn legte einmal Eier , große undschöne Eier. Eine Riesenschlange kam und nahm jedes Ei , dasgelegt war

,eines nach dem anderen , sobald das Perlhuhn es hatte

fallen lassen. Endl ich war das Perlhuhn dieser Sache überdrüssig.Es beschloß , der großen Schlange den Krieg zu erklären . Es machtesich au f den ‘Weg . Am Wege sang es kriegsmu tig alles vom Herzen .

Es sang , was es vorhatte . Gassire , der al le Vogelstimmen verstand ,hörte das Perlhuhn . Er horchte h in und hörte das Kr iegsl ied .

Gassire folgte dem Perlhuhn . Das Perlhuhn ging dahin , wo diegroße Schlange war , die seine Eier verschluckt hatte . Das Perlhuhnbegann den Kampf. Das Perlhuhn überwand die Schlange . Das

Perlhuhn tötete die Schlange , die große , dicke Schlange . Gassire

sah es . Dann flog das Perlhuhn auf einen Baum und sang. Das ,was es sang , das war die Geschichte al ler alten Heldentaten , dievor der des Perlhuhns , das tap fer im Kampfe die Schlange getötethatte , geschehen waren. Das war das P ui! Gassire merkte sichdas Pui sehr wohl . Er san

g es als erster selbst , und so kam es unterdie Menschen . (Vgl . hierzu S . 50 f f. über die tie fe Bedeutsamkeit deshier märchenhaft erhaltenen Motives . )Es ist wohl gelungen

,so ziemlich alle noch bekannten alten Tei le

dieses „Heldenbuches“ zu vereinen . I ch sage : „so ziemlich

“, denn

es scheint wirklich ein Tei l verloren zu sein . Einige Stücke sol len„verklungen“ sein. Möglich wohl , daß meine „Ho fsänger

“ ihreUnwissenheit damit zu besch on igen suchten . Aber da andererseitsdie Namen der Heroen in rhythmischen woh lbekannten Zeilen erhalten sind , so fäll t es sehr auf , daß alle zu verschiedenen Zeitenz i tierten Diare die meisten Epen a ls bekannt , aber immer diegleichen als verloren bezeichneten. Im übrigen ist es ein „Heldenbuch“ . Die einzelnen Vorträge hangen untereinander nicht zu

sammen . Angeblich sol len alle Pu ih e lden im Sokololande gelebthaben , aber mehrere Sänge spielen auch anderweitig. Endlich seierwähnt , daß einige Helden gerade der schöneren Stücke im Heldenverzeichnis des Pu i nicht aufgezählt sind .Der zweite ebenso schöne Sang der Diare betri fft anscheinend

noch ältere Stoffe . Es ist das Dausi, dessen H istorien um das alteReich und Land Wagadu gesponnen sind . Es ist die Rettung versch iedener sehr schöner , zumal großartiger Ausgangsstücke in sehrklarer Version gelungen , von deren Existenz schon früher Inhaltsmittei lungen in die wissenschaftl iche Literatur gelangt waren . Alsoschöne Stücke sind gesichert . Aber ein sicher beträchtl icher Tei lfehlt. Wenn die Diare behaupten

,daß „nichts weiter mehr be

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stande“,so ist das nicht glaubhaft . Vielmehr mochte eine Nach

forschung im Gumbu - Bakunu—Gebiet und in Dj erma und Agadezvielversprechend und lohnend erscheinen . Das Bausi enthälteinige der poetischsten Stücke der gesamten sah e lisch - sudanischenEpenkunst .

Endlich sei des Sanges der Garanke oder Lederarbeiter gedacht .Diesen

,den ältesten , feh lt das eigentliche Epos. Sie singen woh l

vor dem Volke , gelten auch als älteste Kaste unter den Soninkenach den Tage , aber ihr Gesang , das Kany

'

o, enthalt angeblich keiner

lei Heldensage . Die Garanke singen , wie die stolzen Horo sagen ,„nur für Weiber und Huren

“.

Als dritte Träger alter Epenkunst , und nicht zuletzt , mussen dieBarden der Fulbe genannt werden . Die Fu lbesänger N jaernjo(Plural : n jaengbe ) waren von dreierlei sehr verschiedener Art. AlsKaste gab es zweierlei , die vornehmen , ede lgeborenen M abo

(Plural : mabobe ) und die weniger geachteten , ja sogar im allgemeinen bei Malinke recht verachteten Gaulo (Plural : awilbe ) .Aber die Vornehmen , die Helden selbst gr i ffen , wenn sie gegen denFeind zu Felde zogen , zur Hodu (Plural : koll i ) , das ist die Gitarre ,und sangen dann das Beiti. Ob dies dasselbe war wie das Baudi

,

von dem nachher gehandelt werden soll , weiß ich nicht. Der Inhaltbestand j edenfalls darin , daß die Recken von den Heldentaten ihrerAltvorderen , ihrer Ahnen , sangen und dadurch zeigten , von welcherArt sie seien und damit endeten , daß sie j etzt auch nicht andershandeln würden . Zumal am Vorabend eines Kampfes spielte dasLied dieser Art eine Rolle , und die Gitarre sol l dann von einemadligen Arm in den anderen gewandert sein .

Um die Stoffe nachher besser zusammenhalten zu konnen undalles , die Fulbesänger Angehende , dann erledigt zu haben , gehe ichnun vom ritterl ichen zum wenigst geachteten Sänger über

,zum

Gaulo. Die Sängerau fgabe des Gaulo bestand nicht im epischenFassen , Halten und Wiedergeben , sondern nur in exzitierendenVolksgesängen. S ie sangen die Guma la , das waren geistesarme

Kriegsgesänge . S ie begannen mit dem islamischen Gruße und verkündeten dann : morgen sol lten die Helden früh aufstehen ; siesollten sich vorbereiten , daß in einer halben Stunde sie dann derTod erreichen könne ; wer Mohammedaner sei , solle also sein Gebetverrichten , wer es nicht sei , sol le sehen , was er vornehme , es seiseine Sache . Sie sollten nur früh aufstehen usw. Diesen Kriegsgesang begleiteten sie mit keinem Instrument. Sie markierten aberdurch Arm und Fingerbewegung Violinspiel . Zum Kampfe selbstschrien und hetzten sie . Sie kreischten in einem fort den Namen derFeldherrn .

Die Gaulo galten v ieler Orts als Fulbe aber man kannte ihren Ur

39

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sprung besser . Sie stammten aus dem Malinke - Gebiet und warenKoita oder Keita , also königl ichen Blutes. Nur im Bondu - Bundugebiete haben sie sich eine leidl ich geachtete Stel lung zu verschaffengewußt

,sonst galten sie überall a ls schlimmste Bettler. Von diesen

Vagabunden , die aus dem Bondugebie t über das Land ausgeflossensind

,erzählt man allgemein häßliche Geschichten . Man sagt

,daß

sie durchgehend faul und durchaus arbe itsfeindlich seien . Siebettelten und taten sonst nichts . Gibt man einem Gaulo nichts

,so

verunreinigt er die Küche des „hartherzigen“ Mannes in der

gleichen ekelhaften Weise , in der Diebe bei uns in Europa ih reDenkmale am Tatorte zu setzen pflegen . Aber beim AhnherrnDukure sind sie damit einmal hereingefal len , und die dieses Vorkommn is behandelnde Anekdote entbehrt nicht des Humors . AlsoDukure war es ebenso gegangen . Dukure kam dazu . Er sah denGaulo und sein Produkt. Er geriet aber nicht in Zorn . Vielmehräußerte er sogleich große Freude . Er legte Blätt er darum , schlangStricke darum

,nahm es am Strick in die Höhe und sagt e zu dem

verblüfften Gaulo : „Du hast mir einen großen Gefallen getan . Ichweiß schon lange

,daß die Exkremente eines Gaulo für mich das

wertvol lste Zaubermittel sind,die ich in meinem Hause au fhän gen

sol l . Ich gebe es nur wieder fort , wenn es mir mit Gold aufgewogenwird .

“ Darauf befiel den Gaulo große Angst . Er ging auf den Leim .

Er bezahlte das Gewicht mühsam in Gold . Seitdem wagt kein Gaulomehr , einen Dukuresprossen anzupumpen oder gar ihm ein derartiges Küch engesch enk zu hinterlassen . Doch verlassen wir diesewenig sympathischen Leute .Die Mabo dagegen sind hochvornehme Sanger. S ie san gen vor

allen Dingen die Epen , die Baudi oder Maboide heißen und weitund breit berühmt sind . Es läßt sich bei vielen S tücken eine großeÄhnlichkeit , die zwischen den Sängen des Pui und denen des Baudibesteht , nicht verkennen . Einzelne Ritter z iehen aus. Allein . Nur

ein Mann begleitet sie . Das ist der Mabo , Sänger und Knappe . DieTaten sind packend gesch ildert. Oft geht eine Verschlafenheit , eineri tterl iche Unlust und Faulheit dem plötzlichen Erwachen zurHeldenhaftigkeit voran . Oder auch ein kleiner König verläß t seinHeer, reitet dem Feinde entgegen , kämpft mit dem Herrscher dergroßen Macht und siegt . Der Einzelkampf ist die wahre Heldenprobe in diesen Gesängen . Oder auch ein j üngerer Sohn , dessenEhrgeiz kein Gut aus väterl i chem Erbe erwarten darf , früher wohlder Königssohn , denn der fortziehende war ein solcher , weil nachdem früher herrschenden Matriarchatsgesetze der Schwestersohndie Thronfolge antrat

,zieht aus , erlegt den Drachen , erwirbt könig

l ich Weib und königl ich Reich . Gleichwie in deutschen oder französisch en Sagen des Mittelal ters ist das auch Minnesang : bei Fulbe

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und Marka h at der Ritter seine Dame , der er Blut und Schwert leiht.Derartige Züge kann keine Sun jattalegende bergen . Die ist ebenGeschichtsmalerei in den Händen von Ha lbnegern . Aus Pui , Dausiund Baudi aber klingt nordischer Geist und belebt so ein reiches ,tiefes

,mittelalterl ich imposantes Epenwerk . Übrigens besitzen die

Fulbe Massinas und Futa Dia lons , die Toronke , das Baudi , dieTorodo Futa Toros von dem Stamme der Mba aber das Lagia ,

das die Taten Samba Galadjos behandelt. Das ist genau von

gleicher Art.Soweit nach Norden vorgedrungen , komme ich auf eine hoch

interessante Beobachtung zu sprechen , die ich seinerzeit in Kayesmachte und die gewissermaßen mein Epenstudium im Sudan einleitete . In Kayes war ein Weib von der Schmiedekaste des Maurenvolkes der Ulad Nassr ; die schlug eine große Gitarre und sang einHeldenlied das wurde mir damals als Ardin bezeichnet. Das alteWeib soll am Senegal recht berühmt sein ; es zieht zwischen Bakel ,Kayes , Medina und Nj oro umher. Die Frau gehörte zur Kaste derSchmiede

,der M a lle (Plural : in deren Handen hier der

Epensang l iegt. Also ein Nachklang aus der Zeit des alten Malireiches . Das Ardin soll aber und muß , wie man sagte und auch aus

dem Vergleich einiger Notizen zu ersehen war , nichts anderes seinals das Baudi . Es muß dabei daran er innert werden , daß die UladNassr und die Torodo sich selbst als nahe Verwandte bezeichnen .

Bei diesen gleichen „Fulbe -Mauren“ gibt es aber wohl noch mehrdes Eigenartigen auf diesem Gebiete . So sol l bei ihnen noch einS injeme genannter He ldensang bekannt sein , der große Ähnlichkeit mit dem Niau le haben soll . Nur sind an Stelle (dies wird mirals Einzelheit angegeben ) der im Nian le vorkommenden „leichenfressenden Geier“ im Sinj eme die „le ich en fressenden Hunde“ derMauren getreten .

Um das eigene Manuskriptmater ial zu skizzieren , sei erwah n t ,daß ich sehr bedeutende Teile des Baudi und woh l alle wesentlichenBestandteile der nicht sehr umfangreichen Lagia eintragen konnte .Von anderen Epensängern Senegambiens müssen noch die als

Gewel (Plural : gewe lj ie ) bezeichneten Kastensänger der Wo lof genannt werden , die das M a la oder Maro singen . Von diesen weiß ichsoviel wie nichts. Es sol l sehr a lt sein .

Bei den Bammana , sowie anscheinend auch bei den WangaraDiu lastämmen Zentralnigeriens , scheint es eine eigentli che Sän gerkaste nicht zu geben. Wie überall wurde und wird auch bei diesenVölkern Sang und Weise geliebt , aber hier können wir von einerrechten Volkskunst , Hauskunst sprechen , mit der wir uns gleichdes weiteren beschäftigen wollen . Hier sei aber zunächst von derStellung der Sängerkaste im allgemeinen gesprochen .

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Aus dem Vorhergehenden ist mit aller Deutlichkeit zu erkennen,

daß die Stellung der Sänger , genau wie ihre Kunstübung , eine rechtverschiedenartige , nach verschiedenen Stufen hin auf und niedergehende war. So versteht es sich denn von selbst , daß auch derensoziale Stellung sehr stark vari ierte . Aber auch darin dürfen wirnicht oberflächl ich urtei len . Man h at früher gesagt , daß die Gewel ,die Grio ten der Wolo f dadurch schon als eine verworfene Kastegekennzeichnet würden , daß man ihnen ein anständiges Begräbnisversage und anstatt dessen deren Leichen in einem Stammloch deshäufig hohlen Baobab verspunde . Das aber ist entschieden einesehr falsche Auffassung , weil wir in den Gewel o ffenbar nicht nureine eigene Kaste , sondern ein zur Kaste gest empeltes Volk vor unshaben . Dieses Volk hatte eben die Baumh öh lenbestattung , wie wirsie auch nördl ich von Uah igu ja entdeckt haben , wie sie d ie Diawando bei den Marka und bei vielen Mossi ohne Kastenzugeh örigkeit heute noch üben . Es ist eine Bestattungsweise , die sich demHöh lengrabwesen der Tombo und Konkondugu -Malinke

,dann den

Stopfgräberwe isen der Nord -Togo -Bobolin ie genau anschließt. Auchim südlichen Mossigebie te sol l sie hier und da noch vorkommen .

Also ein Stammesmerkmal , das nicht ohne weiteres als ein Zeichender Kastenern iedrigung angesehen werden darf.Diese warnende Einschränkung vorausgesandt , muß die niedr igere

Stel lung der Sängerkas ten anstandslos zugegeben werden . Es wareben „fahrendes Volk

“, eine Vertre tersch aft künstlerischer und

intell igenter , aber nicht ganz standesgemäßer Berufe . Es l iegt nichtallein die Tatsache vor , daß die Sängerkasten doch unterworfeneVölker repräsentierten . Vielmehr wirft man ihnen mit Recht wohleinerseits leichtsinnigen Lebenswandel und andererseits sklavischeDevotion vor. Wie bezeichnend ist die Ansicht der Mande , daß dasGeld dessen

,der ein Dia lliweib heirate , ause inanderfließe . Dann ist

es ein unsolider Beruf. Inspiration ! Stimmung ! Vorl iebe für „den“

Schluck ! Das kann man bei den Dialli sicherl ich sagen , und niehaben die vielen Dialli, mit denen ich ausgiebig Freundsch aftsverhältnisse geschlossen habe

,besser gesungen , ein vorzüglich eres

Gedächtnis gehabt , schöner geformt , als wenn ihr Augenglanz durchein Sch näpslein angefacht war. Es liegt ihrem Berufe sicher einZug zur Unwahrheit zugrunde . Sie biegen das Stammesbäumleingar zu gern so , daß der zuhörende Fürst dam i t recht zufrieden ist .Man kann , wie schon früher einmal gesagt („Kulturtypen des

psychologisch systematisierend ‘ sagen , daß derSchmied der „Schuster“ , der Sänger der „Schneider“ der Sah elenund Sudaner ist .Bei den verschiedenen Stammen war die Stellung der einzelnen

Sä ngerkasten recht unterschiedl ich . Bei den Fu lbe fürsten , die

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r itterl ich einzeln zur Fehde zogen , war der Mabo Knappe , Berater ,Mitkämpfer. Bei den Ma lih errsch ern waren die Sänger geschätztwegen ihrer Klugheit , ihrer Redegewandtheit und Diplomatie . Mansandte sie deshalb als königliche und kaiserl iche Boten und Unterhändler. Jeder Vornehme hatte zu solchem Zwecke einen odermehrere Dialli. Man wußte diese klugen Männer also sehr woh lzu schätzen , und als der Usurpator Samory seinerzeit sein Reichgründete

,war seine größte Sorge , einige geschickte Dialli als

Reklamechefs“ zu gewinnen . Aber die wuchtigen Stimmen imMännerrate hatten sie nur , wenn ein listiger Streich ausgeführtwerden mußte . Die wichtigen ersten Berater waren vielmehr dieweisen Numu

,die Numu

,von denen die Dialli durch traditionellen

Kastenh aß scharf getrennt waren . Schmiede und Sänger heiratetennie Mädchen

,höchstens einmal eine Witwe oder eine geschiedene

Frau der anderen Kaste . Die Schmiede sahen die Sänger a ls einlockeres

,leichtlebiges Volk ohne sol iden Beruf und Boden und al s

Speichellecker an . Um gleich noch einiges vom Hof und Beamtenleben zu sagen , damit die Stel lung der Dialli klar werde :Ein erbliches Hofbeamten tum, wie bei den Mossi und Haussa ,

gab es nicht. Die nächsten den Herrsch erth ronen waren die eigenenVerwandten . Nach unten und im Hofstaat ordnend wirkten aberdie More der Malinke

,die Kobo der Bammana-Könige , d . h .

Eunuchen . Die Erziehung der Söhne , die Verwaltung der Guterund Sklaven lag meist in der Hand eines alten Ulussu . Diese alten ,treuen Familienh örigen waren überaus geachtet und geschätzt .Und dahinein fügten sich die Dialli in einer lockeren Weise alsDekoration , Staat , Schmuckstucke ! Es dar f aber eine Seite ihresWirkens nicht vergessen werden : die Dialli waren auch gefürchtet .Ebensogut wie sie den Ru f eines Herrschers als mächtigen , gerechten und tüchtigen Mann und mit dem Ruf seinen Kredit , seinKlien ten tum heben konnten, ebenso gefährlich waren sie , wenn ihrböses Mundwerk Erniedrigendes , Wegwerfendes und Entehrendesverbreitete . Daß sie in dieser Hinsicht sehr gefürchtet waren , gehtaus mehreren historischen Anekdoten aufs deutl ichste hervor.Nun einiges über den Hausgesang . Sehr alt so sagt man ,

und das ist wahrscheinlich sol l die Musik der Numu sein . Abernicht alle Numu durften sich immer und zu allen Zeiten belustigen

,

wie sie gerade wollten. Tanzen und spielen durften die Tage , dieSchmiede der Soninke und die Tege , die Schmiede der Wolof. Vondieser Art Leute gab es auch einige bei den Mal inke , und die wurdenNumu - foll i genannt. Das waren die einzigen Schmiede

,die tanzen

konnten , wie und wann sie wollten . Sie bedurften keiner besonderen Erlaubnis. Dieses Numu - foll i - Spiel , das au f der Trommelmusik basiert, ward aber gewünscht und beordert , wenn die Be

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sch ne idungsze it herannahte . Bei Bammana und Malinke leitetedas Spiel der Numu die Besch ne idungszeremon iale ein . Sonstspielten die Numu beim Bau der Boote und der Hocho fen dieFlöte .Bei Bammana und Malinke sangen auch die J ager. Es ist mir

nicht gelungen , in deren anscheinend sehr einfachen Liedchen einensehr tie fen Sinn und für uns verständlichen Zusammenhang zufinden. So singen sie z . B . , daß die Hundskopfaffen Schmiede , dieHusarenaffen Fulbe , die Eichhörnchen Kinder , die Tauben Diattara , die Geier Könige seien , denn sie gingen wie Könige . DieJäger gaben ihre Sänge am Abend zum besten , wenn sie von derJagd heimkehrten . Es gibt eine Gitarre , die bezeichnet man aus

drücklich als Jägergitarre , das ist die Sch imbi. Anscheinendpflegen übr igens nur die den Bammana des Segureich es nahestehenden vornehmen Familien die Jagd , so die Diarra , die Leute inKaarta und Be ledugu . Dort wissen auch die J äger den Balafon zu

schlagen. Dagegen spielen in Sankarang nur die Dialli und nichtdie Vornehmen den Balafon , und die Marka kennen dies Kalebassenpiano überhaupt nicht. Allgemein schreibt man die Balafonkunst (Balafon , ein Ka lebassenpian o entspricht dem Mar imba desZentralafrikaner ) den Bammana zu , und wenn wir denken , welcheeigenartige Rolle das Instrument in der Susu - Sumangu ru—Legendeeinnimmt , so können wir uns der Hoffnung nicht entschlagen , daßdie Verbreitung dieser von Vornehmen hier , von Dialli dort gesch lagenen Klaviere einige wichtige Anhaltepunkte geben wird .(Vgl . die Tafel : Musikinstrumente .)Die Bammana sind heute das einzige Volk des Mandingo

Plateaus , welches ursprüngl ich nicht über eine Sängerkaste verfügte . Alle Dia lli der Bammana sind aus dem Malibere ich e zugezogen , wie diese fahrenden Leute sich eben an j edem „Hofe“ gernniederlassen , an dem Herrschermacht und finanzieller Hochstandzu finden ist , an dem ein reicher Mann lobenden Sang liebt und mit„goldenen Spangen

“ zu lohnen weiß . Dagegen waren alleBammana sangeskundig , und zwar kann man ihre Produkte wohlam ersten als „Volkslieder

“ bezeichnen. Das diesen dienende Instrument wa r die Gitarre , mit Namen djuma koni. Zumal amFreitag abend wurden L iedchen gesungen.

Dann gab es auch Musikspiele“ . Das sind zunachst die „Bettelmusikanten“ Zwei bis drei Burschen rüsteten sich mit ganz kleinenGitarren aus , die mit Pferdehaaren als Saiten bespannt waren . Manzog übrigens denen der Pferde die der Giraffen vor. Der Resonanzboden war aus einer Kalebasse geschnitzt . Die Saite ward am Gr i ffholz mit einem Spannr ing gehalten und geregelt und lie f über einenSteg . Mit diesem Instrument ausgerüstet zogen zwei oder drei

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Burschen von Gehoft zu Gehoft und sangen . Die Madchen des Geh öftes traten dazu und sangen mit. Der Text soll in alter Zeit sichstets au f Tiere , und zwar immer die gleichen Tiere bezogen haben.

Man sang vom1 . Bassa, der Eidechse ,z . Kana , der Varanus ,3 . Bama , dem Kaiman .

Zu meinem tiefen Leidwesen habe ich die Gesänge nicht auftreiben können . Oder aber , man sagt wohl richtiger , es hat sichkeiner gefunden

,der sie mir verraten wollte . Häufig leugneten die

Leute die Existenz uberh aupt , und dann konnte ich nur an bestimmten Merkmalen beweisen , daß sie sie geh e imh ie lten .

Jedenfalls : Wenn die Burschen derart herumzogen und sangen ,und die jungen Mädel sie bald hier bald dort akkompagn ierten , sopflegten die Eltern der Mädels diesen Huhn

,Ziege

,Korn als Ge

schenke zu machen , und die Mädels bereiteten dann den Bettelstudenten gute Ger ichte .Ein weiteres musikalisches Spiel

,das den Bammana bekannt war

,

war das bekannte Suchen nach Musik“, daß man ja auch bei uns

unter Verwendung des Klaviers kennt. Einer muß einen Gegenstand suchen und einer spielt dazu . Irrt der Suchende vom Versteckzu weit ab , wird die Musik leiser , nah ert er sich ihm , so wird dieMusik stärker. Tout comme chez nous !

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Die alten Garamanten

as Dausi, eine Sammlung verschiedener epischer Novellen , giltDso recht als „das“ Heldenbuch der Soninke oder Marka. Vielleicht ist es besser , das Dausi a ls das große Heldenbuch dieses Volkeszu bezeichnen , dem das kleine, das Pui“ ,

zur Seite steht . Dausi undPui waren dadurch unterschieden , daß das Dau si u 15prunglich einfortlaufendes Ganzes war , daß alles darin den seinem geschichtl ichenWerdegang entsprechenden Platz hatte , während im Pui nur dieTaten einzelner Persönlichkeiten verherrl icht wurden . Das Pu i wareine Sammlung von (anscheinend stets ) zwö l f Stücken , das Dau sidie Fortführung einer in einem urzeitl ichen Punkte beginnendenorganisch mit der Geschichte bis in die Neuzeit h ere inwach sendenEinheit. Er konnte stets im Sinne der Verlängerung vermehrt , niemals im Innenbau verändert werden , ohne seine Existenz zu beeinträchtigen .

Die zerru ttenden Vorgänge , denen Westsah e l und Westsudaneinerseits durch den zersetzenden Einfluß des ganz anders dirigierenden Islam und andererseits durch die wachsend um sich grei fendeMacht der auflösenden Vern egerung und Verbauerung ausgesetztwaren

,mußten auch die Erhaltung der Spie lmannsgesänge beein

trächtigen und wirkten natürl ich auf ein großes organisches Ganzestärker als auf eine Sammlung kleiner Stücke . Die kleinen Stückeblieben erhalten , j edes für sich , weil keines Dimensionen zeigte ,die nicht auch einer islamischen Vern iggerung noch faßbar gewesenwären . Die Inn enmasse der großen Heldenbücher waren aber zumächtig. Es wurde ebenfalls in Stücke und Stückchen aufgelöst ,die dann , des inneren Zusammenhanges beraubt , ihre Lebenskrafteinbüßten und der Vergessenheit anheimfielen .

So ist denn ein großer Tei l des Dausi verloren . Und zwar scheinenes gerade die geschichtl ich Bedeutungsvol len , die dem Vo lksver

ständn is in der Zusammenhanglosigkeit unbegre ifbar und un in tere ssan t Gewordenen zu sein , die verschwanden . Vieles mag einkunstgerechtes Suchen noch finden ; das Ganze wird kaum wiederzusammengebracht werden . Ist es doch beinahe als ein Zufal l zubezeichnen , daß der alles sagende Ausgangspunkt , das Ke imstück ,

in dem das Ganze als eines“ vorbereitet l iegt,bewahrt wurde .

Denn dieses Ke imstück , die Novelle von Gassires Laute , fand ichnicht im Westsudan

,sondern in Togo . Das kam so :

Von Bassari aus,wo ich im Jahre 1909 mein Hauptquartier im

Sinnh o f I aufgeschlagen hatte,sandte ich einen meiner Assistenten

nach der im nördlichen Dahome gelegenen Stadt Wangara Sugu .

Er hatte unter anderem die Aufgabe,eine Gruppe alter Sagen

erzähler aufzubr ingen und mir zuzusenden . Die Leute kamen un d

4 Froben ius , Atl an t is VI . Band 49

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unter ihnen befand si ch ein „Dj erma“, also ein Mann j enes Stam

mes,der vor Jahrhunderten vom alten Reiche im Westen abge

sprengt,den Niger abwärts bis an die Grenze der Schi ffbarkeit nach

Osten verschlagen war . Dieser Dj erma konnte mir das Stück„Gassires Laute

“ mitteilen , von dem ich im Westen nur noch denkleinen

,schon märchenhaft gewordenen Brocken gewinnen konnte

,

der S . 38 dieses Bandes abgedruckt ist.Dieses Ke imstück nun läßt uns die große Linienführung

,die einst

dem Dausi zugrunde lag , erkennen . Ein helles Licht fäl lt damitaber nicht nur au f das ursprüngliche Wesen d ieses „großen Heldenbuches“

,erklärt nicht nur den Sinn des „Verl ierens Wagadus

“,

sondern gewährt auch eine tiefe Einsicht in Jahrtausende vonJahren zurückl iegende Vorgänge innerafrikanischer Geschichte .Die Barden des Westsudan erklären Wagadu heute als den Ort ,

der bei Gumbu im Marka lande , also westlich des Nigerbogens , lag .

Jetzt hören wir , daß Wagadu viermal in ganz verschiedenen Gebieten stand . Die Herren Wagadus wanderten und nahmen dieIdee“ ihrer Burg mit , die viermal verkörper t war , nämlich inB ierra , Agada , Ganna und Sil la. Das Stück selbst schildert d ie Verlegung von Dierra nach Agada , die Auswanderung des Helden au s

einem weit im Norden gelegenen Lande nach dem Ort Agada . Ja ,

es erzählt sogar,daß die Helden in ganz früher Zeit an der Küste ,

also am M itte lmeergestade , gelebt und gekämpft haben .

Vergegenwärtigen wir uns alle Einzelheiten,so ist die Losung

sehr leicht. Das Volk der Helden ist das der Fasa , von denen imSudan viel erzählt wird . Ihre Hauptstadt ist B ierra. „Fasa

“ imNorden und in einer gewissen Nähe der Mittelmeerküste kann ledigl ich Fessan sein , in dem heute noch d ie Ruinen „Dj ermas

Dierra ) als Nachklang des alten „Garama“ Herodots und derRomer (s . Plinius und Strabo über den Zug des Lucius Ba lbusGaditanu s anno 19 v. Ch r. ) in der Nähe der Stadt Mu rsuk l iegen .

*

Zog der Held C assit e mit seiner Gefolgschaft nun nach Südenfort und entstand danach Agada

, so kann dies Agada kaum einanderes sein

,als das im Lande Air nördlich der Hau ssas taa ten ge

legene Agadez (das Tigidda oder Tagadda der Chroniken ) . Dann

Im Jah re 19 15 e rzah lte mir in Nordabessin ien der au s Mursuk stammende , mit den Italien ern nach Eritre a gekommene „Sid i“ M ’

h ammed

ben Ali ben Jussu f, den ich wegen der Ru in en von Djerma - Gamma au s

fragt e , fo lgende Sage : Im An fang bestand D jerma aus zwe i Orten , in

deren e in em nu r Frauen , in de ren an derem nu r Männer lebten . Erst nachlangem Kampfe h e irateten sie e inander. Zum Be ilager kamen sie jedesJah r e inma l zusammen . D ies wäh rte , b is de r große He ld Rass ir kam. Als

d 1eser Rassir in das Land kam, bekampfte und vern ich tete er d ie kriegerisch en We iber. Ist d ieser Rassir e twa mit C assit e identisch ?

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i st aber wohl auch Wagadu gleich Agadez und ist damit erwiesen ,daß die Hauptstiicke des Dausi in Agadez in einer vor der Grün

dung des Reiches Gana gelegenen Zeit in großer Vollkommenheitausgesta ltet wurden . Damit verstehen wir denn auch viel besserdie Sage von der Bidasch lange und das Motiv des Regenmangels ,das in Wagadu - Gumbu unverständl ich ist , aber in dem trockenenK l ima von Wagadu -Agadez sehr wohl seine Erklärung findet.Das Dausi führt also in eine für afrikanische Verhältnisse er

staun lich e historische Tiefe zurück . Es br ingt uns in die Lage,den

alten Herodot zu interpell ieren , und so finden wir ein halbesTausend Jahre vor Christi Geburt die Schilderung der sehr sorgfältig Ackerbau treibenden , Viehzucht pflegenden und in Viergespannen zu Felde ziehenden Garaman ten (Herodot IVNach Bertholon ist diese garaman tisch e Kultur auf alte phrygischthrakische Kolonien , die an den Syrten blühten , zurückzuführen ,und damit würde dann das Rätsel des innerafrikanischen Bardensanges in ungezwungener Weise seine Lösung finden . Dieses ganzbesonders , da die Verbreitung derselben die gleiche ist , wie die derBestattung in mächtigen Urnen

,die am Mittelmeer bis zu einem

Alter von etwa 2500—3000 Jahren vor Chr isti Geburt zurücksieh t .Sind wir damit der Quelle dieses eigenartigen Kulturstromes , der

sich im Dausi und im ganzen Bardengesang manifestiert h a t , nahegekommen , so sollen auch noch einige Zeilen seinem weiteren Verlauf gewidmet werden . Im Pessan wurde Garama zu Djerma , in derSahel und in der Sahara erhielt sich aber das Gara und ist heutenoch in der ganzen Reihe die Bezeichnung für die Kaste der Bardenund Lederarbeiter (denn mit den Garaman ten trat auch eine höhereKunst der Lederverarbeitung in den Erdteil ein ) erhalten . Die Mitglieder dieser Kaste heißen bei Malinke , Soninke und Bammanagara- nke , bei den Tuareg gara- sa ,

bei den Kabylen a - charas , beiden Fulbe gerga- ssabe usw. In den Sudansprachen wird das 1

gern eingetauscht,eine Beobachtung

,die schon Passarge (Adamaua

S . 4 16 ) gemacht hat. Die Malinke kennen noch die Urheimat ihresAdels als das der Tungana ,

die Songhai nennen dies Land Mena dasder Tungara. Ein Held ist bei den Bosso ein ngara ; bei den Man dewird er zum ngana.

Diese Reihen zeigen aber wie das ganze Heldentum un d auch dieGeschichte des großen Reiches Gana* mit dem Einfall der Garamanten zusammenhängt , deren bäuerl iche Nachkommen im Volksmunde wie in den Chroniken als Wangara weiterleben .

Ob die Reihenfolge , in der hier die einzelnen Bruch stucke des

Nach Ibn Batuta war Gana der Tite l des Herrsch e rs des gle ich namigenRe iches.

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B ausi wiedergegeben werden , eine unbedingt r ichtige ist , dur fte furmehrere S tücke heute noch schwer zu entscheiden sein . Bezeich

nend für den wirren Zustand der Bardenau ffassung sind die einleitenden Worte des Barden Koro

ngo,die ich hier wiedergebe.

„Im Lande Dj arra herrschte früher Fal i vom Stamme Fasa . Dieserwurde verj agt von Dama Ngile (Ngile lang. Dama ist Name ) ,der aber meist Dama Djawarra genannt wird , weil er der Ahnherrder Famil ie Dj awarra ist. Das Volk der Soninke , wo es auch heutesitzt

,stammt von Dama Ngile ab und kommt aus Djarra . Die

Soninke wurden verdrängt durch den Häuptling Mbarra,den Ahn

herrn der Ku lloballi, also von dem der M assasi.“

Das sind zunächst Namen und Worte ; aber ein Zusammenhang ,eine Beziehung fehlt. Im Gegensatz hierzu erscheint ein Keimstück

wie „Gassires Laute wie kr istallklare Schlichtheit und Ta tsächlichke it . Der Sinn des Dausi selbst , von dem hoffentl ich nochmanches Stück gefunden wird , muß die Beziehungen verständl ichmachen .

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Sahara,weil j eder Mann dann Wagadu im Herzen und j ede Frau

ein Wagadu im Schoße bergen wird .

Hoooh !B ierra , Agada , Ganna , Silla ! H oooh !Fasa !

as erstemal ging Wagadu verloren durch Eitelkeit . Damalsschaute Wagadu nach Norden und hieß Dierra . Sein letzter

Konig hieß Nganamba Fasa. Die Fasa waren stark . Sie wurdena lt . Täglich kämpften die Fasa gegen die Burdama und gegen dieBoroma. Sie kämpften j eden Tag und j eden Monat . Nie nahm derKampf ein Ende . Aus dem Kampfe wuchs die Stärke der Fasa .

Alle Manner Nganambas waren Helden (Gan a ) , alle Frauen warenschön und sehr stolz auf die Kraft und das Heldentum der MännerWagadus}

Alle Fasa wurden alt , wenn sie nicht im Zweikampf mit denBurdama fielen . Nganamba war sehr alt. Nganamba hatt e einenSohn

,der hieß Gassire , und der war auch schon alt genug , denn er

hatte schon acht erwachsene Söhne , die wieder ihre Kinder hatten .

Alle diese lebten gleichzeitig und Nganamba herrschte in seinerFamilie und als erster über die Fasa und die hündischen Boroma .

Nganamba wurde so a lt , daß Wagadu daruber verloren ging unddie Boroma wieder zu Dieben und zu Sklaven (Dion ) der Burdama

wurden,die das Recht des Schwertes an sich r issen . Wäre Ngan

amba früher gestorben,

wäre dann wohl Wagadu zum erstenMale verloren gegangen ?H oooh !Dierra , Agada , Ganna , Sil la ! Hoooh !Fasa !

Nganamba starb nicht. Im Herzen Gassires fraß ein Schakal .Gassire sprach alle Tage mit seinem Herzen : Wann stirbt

Nganamba ? Wann wird Gassire Konig werden ?“ Gassire schielte

alle Tage nach dem Tode des Vaters,wie ein Liebender ausschaut

nach dem Aufgang des Abendsterns. Wenn Gass ire tagsüber alsHeld gegen die Burdama kämpfte und die untreuen Boroma mitdem Sattelgurt seines Pferdes trieb

,dann dachte er nur an den

Kampf und an das Schwert , den Schild und das Pferd . Kam Gass ire

aber abends in die Stadt und saß er im Kreise der Männer und seinerSöhne , dann hörte er wohl , wie die Helden seine Taten rühmten ;sein Herz war aber nicht anwesend ; sein Herz lauschte nach denAtemzu gen Nganambas ; sein Herz war vol l des J ammers und derSehnsucht .Gassires Herz war voll der Sehnsucht nach dem Schilde des

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Vaters,den er erst tragen durfte , wenn der Vater gestorben war ,

und auch nach dem Schwert , das ihn erst zieren durfte , wenn erKönig war. Gassires Zorn und Sehnsucht wuchsen täglich . Gassire

ward vom Schlafe gemieden . Gassire lag , und der Schakal fraß anseinem Herzen . Gassire fühlte den Kummer den Hals hinaufsteigen . Gassire sprang eines Nachts auf , ging aus dem Hause undzu einem alten weisen Manne (Kiekorro ) , der mehr wußte a ls

andere Leute . Er trat bei ihm ein und sagte : Kiekorro ! Wannwird Nganamba , mein Vater , sterben und mir Schwert und Schildlassen ?“ Der alte Mann sagte : Ah ! Gassire ! Nganamba wirdsterben ; dir aber wird er nicht Schwert und Schild lassen ! Du wirsteine Laute fuhren . Schild und Schwert aber werden andere erben .

Über deine Laute aber wirdWagadu verloren gehen ! Ah ! Gassire !“

Gassire sagte : Kiekorro , du lügst. Ich sehe , du bist nicht weise !Wie soll Wagadu verloren gehen , da seine Helden täglich siegen ?Kiekorro , du bist ein Narr !

“ Der alte weise Mann sagte : „Ah !Gassire ! Du kannst mir nicht glauben . Dein Weg wird dich aberzu den Feldhühnern führen . Du wirst ihren Schrei verstehen

,und

das ist dann dein Weg und der Weg Wagadus .

Hoooh !Dierra ,Agada

,Ganna

,Sil la ! Hoooh !Fasa !

m anderen Tag zog Gassire wieder mit den Helden in denKampf gegen die Burdama . Gassire war zornig. Gassire r ief

den Helden zu : Bleibt hier zuru ck . Ich will heute allein mit denBurdama kämpfen .

“ Die Helden blieben zurück . Gassire r i tt alleingegen die Burdama vor . Gassire warf seine Speere . Gass ire ritt au fdie Burdama ein . Gassire schwang das Schwert. Gassire traf einenBurdama zur Rechten . Gassire traf einen Burdama zur Linken .

Gassires Schwert war wie das Schnittmesser im Korn . Die Burdama

erschraken . Die Burdama schrien entsetzt : „Das ist kein Fas a , dasist kein Ganna , das ist ein Damo (dem Sänger selbst unbekanntesWesen ) . Die Burdama wandten die Pferde . Die Burdama warfenbeide Speere fort und flohen .

Gassire rief die Ganna . Gassire sagte : Sammelt die Speere !“

Die Ganna kamen heran . Die Ganna sammelten die Speere . DieGanna sangen : „Die Fasa sind Helden . Gassire war stets der ersteHeld der Fasa. Gassire h at stets Großes getan . Heute aber warGassire größer als Gassire .

“ Gassire ri tt in die Stadt . Die Heldenr itten hinter ihm her . Die Helden sangen : „So viel Speere wie heutehat Wagadu noch nie gewonnen .

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Gassire l ieß sich von den Frauen baden . Die Manner kamen zusammen . Gassire setzte sich nicht zu ihnen . Gassire ging h inausin das Feld . Gassire hörte die Feldhühner. Gass ire ging dicht herzu .

Ein Feldhuhn saß auf einem Busch . Die Jungen saßen im Grase .Das Feldhuhn sang : „Hort das Dausi l Hört meine Taten !

“ Das

Feldhuhn sang von seinem Kampf mit der Schlange ! Das Feldhuhnsang : „Alle Geschöpfe mussen sterben , werden begraben und vermodern ! Könige und Helden sterben , werden begraben und vermodern. Auch ich werde sterben , werde begraben und werde vermodern . Aber das Dausi, das Lied meiner Kampfe , wird nichtsterben. Es wird weitergesungen werden und länger leben als al leKönige und Helden. Hoooh , daß ich solche Taten ausführen durfte !Hoooh ! Daß ich das Dausi singen darf ! Wagadu wird verlorengehen . Das Dausi aber wird bestehen und leben !“

Hoooh !Dierra , Agada , Ganna , S i lla ! Hoooh !Fasa !

assire ging zu dem alten weisen Manne. Gassire sagte : Kiekorro ! Ich war auf dem Felde . Ich verstand die Feldh uh ner.

Das Feldhuhn rühmte sich , daß das Lied von seinen Taten längerleben würde als Wagadu . Das Feldhuhn sang das Dausi. Sage mir ,ob die Menschen auch das B ausi kennen und ob das Dausi noch dasLeben und den Tod überstehen wird .“ Der alte weise Mann sagte :Ah , Gassire , du treibst schnell dem Tode entgegen . Niemand kanndich aufhalten . Da du kein König werden kannst

,wirst du ein

Diare werden . Ah ! Gassire ! Als die Könige der Fasa noch amMeere wohnten , waren sie auch große Helden , und sie kämpftenmit Menschen , die besaßen Lauten und sangen das Dausi. Oft erschraken die Fasa über das Dausi der Feinde . S ie selbst waren stetsgroße Helden . Das Dausi haben sie nie selbst gesungen , weil sieselbst die ersten , weil sie Horro waren , das Dausi aber von denzweiten , den Diare gesungen wird . Jene anderen kampften nichtmehr als Helden für den Tag , sondern als Tr inker für den Ruhmdes Abends . Du aber , Gassire , willst nun , da du nicht zweiter derersten sein kannst

,der erste der zweiten sein . DaruberwirdWagadu

verloren gehen.

“ Gassire sagte : „Mag Wagadu verloren gehen !“

Hoooh ! Dierra , Agada , Ganna , Si l la ! Hoooh ! Fasa !

assire ging zu einem Schmiede . Gassire sagte : „Stelle mir eineLaute her !“ Der Schmied sagte : „Ich werde es tun . Aber die

Laute wird nicht singen .

“ Gassire sagte : Schmied , treibe deine

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Arbeit,das andere ist meine Sache .“ Der Schmied stel lte die Laute

her. Der Schmied brachte Gassire die Laute . Gassire ergri ff dieLaute . Gassire schlug an die Laute. Die Laute sang nicht. Gassiresagte zum Schmiede : „Was ist das ? Die Laute singt nicht !

“ DerSchmied sagte : „Ich sagte es vorher !

“ Gassire sagte : So mache ,daß die Laute singt.“ Der Schmied sagte : Dafur kann ich nichtsmehr tun . Das übrige ist deine Sache .“ Gassire sagte : Was kannich tun Der Schmied sagte : Dies ist ein Holz. Es kann nichtsingen

,wenn es nicht ein Herz h at . Das Herz mußt du ihm geben .

Das Holz muß auf deinem Rücken mit in den Kampf z iehen . Das

Holz muß widerklingen beim Schwerthieb . Das Holz muß niedertropfendes Blut aufsaugen

,Blut von deinem B lute , Atem von deinem

Atem. Dein Schmerz muß werden sein Schmerz , dein Ruhm seinRuhm. Das Holz darf nicht mehr sein wie das Holz des Baumes ,aus dem es geschlagen ist , sondern muß eingehen zu deinem Diamu

(Stamm , Sippe ) . Deshalb muß es leben nicht nur mit dir , sondernauch mit deinen Söhnen. Dann wird der Laut , der aus deinemHerzen kommt , im Ohr deines Sohnes widerhal len und in denLeuten weiterleben , und das Blut , das aus seinem Herzen quil lt , wirdau f deinen Leib n iederrinnen und in diesem Holze weiterleben .

Wagadu aber wird daruber verloren gehen .

“ Gassire sagte : „MagWagadu verloren gehenHoooh !Dierra , Agada , Ganna , S i l la ! Hoooh ! Fasa !

assire r ie f seine acht Sohne . Gassire sagte : Meine Sohne,

heute ziehen wir in den Kampf. Aber die Schlage unsererSchwerter sol len nicht mehr in der Sahel verklingen . Sie sollenihren Klang fur alle Zeiten behalten ; I ch und ihr , meine Söhne ,wir wollen vor allen Helden im Dausi weiterleben . Mein ältesterSohn

,heute wollen wir beide , ich und du , im Kampfe die ersten

sein !“

Gassire ritt mit seinem a ltesten Sohne zusammen den Heldenvoran in den Kampf. Gassire hatte die Laute über den Rücken geworfen . Die Burdama kamen näher. Gassire und sein ältester Sohnr itten auf sie zu . Gassire und sein a ltester Sohn kampften a ls erste .Gassire und sein ältester Sohn ließen die anderen Helden weit hintersich . Gassire kämpfte nicht wie ein Mensch ; er kämpfte wie einDamo . Sein ältester Sohn kämpfte nicht wie ein Mensch ; er kämpftewie ein Damo . Gassire kam in einen Kampf mit acht Burdama .

Die acht Burdama brachten ihm schwere Not. Sein ältester Sohn

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kam hinzu . Er erschlug vier Burdama . Einer der Burdama stießihm den Speer in das Herz . Der älteste Sohn fiel tot vom Pferde .Gassire ward zornig. Gassire schrie au f . Die Burdama flohen .

Gassire stieg vom Pferd . Er nahm die Leiche seines ältesten Sohnesau f und über den Rücken . So r itt er zu den anderen Helden zurück .

Das Blut aus dem Herzen des ältesten Sohnes tropfte auf die Laute,

die auf dem Rücken Gassires hing. So r i tt C assit e an der Spitze derHelden in Dierra ein .

Hoooh !‘

Dierra ,Agada , Ganna , Silla ! Hoooh ! Fasa !

er a lteste Sohn Gassires ward begraben . Dierra trauerte . DieUrne der Leiche war rot vom B lute . Gassire ergriff abends die

Laute und schlug gegen das Holz . Die Laute sang nicht . Gassireward zornig. Gassire r ief seine Sohne . Gassire sagte zu seinenSöhnen : Meine Söhne , morgen reiten wir gegen die Burdama .

Sieben Tage ritt Gassire mit den Helden in die Schlacht . Anj edem dieser sieben Tage ritt e iner seiner Söhne des Morgens mitihm a ls erster in die Schlacht. An j edem dieser sieben Tage trugGassire die Leiche eines seiner Söhne uber die Schulter und überder Laute zur Stadt zuruck. So tropfte an j edem Abend das Bluteines seiner Söhne auf die Laute . Nach diesen sieben Tagen desKampfes war große Trauer in B ierra. Alle Helden und Frauentrugen weiße und rote K leider . Überall floß das Blut der Boroma .

Alle Frauen klagten . Alle Männer wurden zornig. Ehe noch derachte Tag des Kampfes herankam , versammelten sich al le Heldenund Männer Dierras und sprachen zu Gassire : „Gassire , dies sollein Ende haben . Wir sind bereit zu kämpfen , wenn es not tu t . Duaber bist in deinem Zorn zum Kampf ohne Vernunft und Grenze .Ziehe fort von Dierra ! Einige werden sich dir anschl ießen und mitdir ziehen . Nimm auch deine Boroma und dein Vieh . Wir anderenverlangen mehr nach dem Leben a ls nach dem Ruhm. Sicher wollenwir nicht ruhmlos leben , aber wir wollen auch nicht um des Ruhmeswillen sterben .

Der alte weise Mann sprach : Ah , Gassire ! So geht also Wagadu

heute zum erstenmal verloren .

H oooh ! Dierra ,Agada

,Ganna , Silla ! Hoooh Fasa !

assire und sein letzter , j üngster Sohn , seine Frauen , seineFreunde

,seine Boroma zogen fort in die Wüste . Sie ritten

durch die Sahel . Viele Helden begleiteten ihn zum Tor hinaus .

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Viele kehrten zuruck . Einige begleiteten Gassire und seinen jüngsten Sohn in die Sahara.

Sie r itten weit : Tag und Nacht. Sie kamen in die Einsamkeit.Sie rasteten in der Einsamkeit. Alle Ganna und alle Frauen und alleBoroma schliefen . C assit es j üngster Sohn schl ie f. Gassire wachte .Gassire saß am Feuer . Gassire saß lange am Feuer. Gassire schlie fein . Gassire fuhr au f . Gassire horchte au f . Gassire hörte nebensich eine Stimme . Die klang

, a ls käme sie au s seinem Innern .

Gassire horchte . Gassire begann zu zittern . Er horte die Lautesingen . Die Laute sang das Dausi.Als die Laute zum ersten Male das Dausi gesungen hatte , starb

in der Stadt Dierra der König Nganamba ; als die Laute zum erstenMale das Dausi gesungen hatte

, war Gassires Zorn verronnen ;Gassire weinte . Als die Laute zum ersten Male das Dausi gesungenhatte , war Wagadu zum ersten Male verschwunden .

Hoooh ! Dierra , Agada , Ganna , Sil la ! Hoooh Fasa !

Viermal stand Wagadu im Tageslich te herrl ich da ; viermal ginges verloren , so daß die Menschen es nicht sahen : Einmal durch

die Eitelkeit , einmal durch'

den Bruch der Treue,einmal durch

Habgier und einmal durch den Zwiespalt . Viermal h atWagadu denNamen geandert . Erst hieß es Dierra ,

dann Agada , dann Ganna ,dann Sil la. Viermal h at Wagadu das Gesicht gewandt. Einmalschaute es nach Norden

,einmal nach Westen

,einmal nach Osten ,

einmal nach Süden . Denn stets hatte Wagadu , so oft es denMenschen sichtbar au f der Erde erri chtet war , vier Tore , eines nachNorden , eines nach Westen , eines nach Osten , eines nach Süden .

Das sind die Richtungen, au s denen die KraftWagadu s kommt und

in der sie fortzieht,gleichviel ob Wagadu aus Stein , Holz und Erde

gebaut ist oder nur wie ein Schatten im Sinn und in der Sehnsucht seiner Kinder lebt. Denn an sich ist Wagadu nicht aus Stein ,nicht aus Holz , nicht aus Erde . Wagadu ist die Stärke , die imHerzen der Menschen lebt und einmal erkennbar ist

,weil die Augen

sie erkennen lassen,weil die Ohren die Streiche der Schwerter und

die Klänge am Schild hören und einmal unsichtbar ist,weil sie er

mudet und bedrängt durch die Unzähmbarkeit der Menschen eingeschlafen ist . Zum Schlafen kam Wagadu aber einmal durch dieEitelkeit

,zum zweiten durch den Bruch der Treue

,zum dri tt en

durch die Habgier und zum vierten durch den Zwiespalt . WennWagadu aber nunmehr zum vierten Male wiedergefunden wird ,

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dann wird es so gewaltig im Sinn der Menschen leben , daß es nichtwieder verloren werden kann und daß ihm Eitelkei t , Bruch derTreue

,Habgier und Zwiespalt nie wieder etwas anhaben können .

Hoooh ! Dierra , Agada , Ganna , Silla l Hoooh ! Fasa !

edesmal wenn Wagadu unterging durch die Schuld der Menschen , gewann es eine neue Schönheit , die seine nächste Herr

l ichkeit noch größer machte . Die Eitelkeit brachte den Sang derBarden mit sich

,die alle Volker nachahmen und heute preisen .

Der Bruch der Treue brachte den Menschen den Regen von Goldund steinernen Perlen . Die Habgier brachte den Menschen dieSchri ft , wie sie heute noch die Burdama üben , die in Wagadu dieKunst der Frauen war. Der Zwiespal t wird aber dem fünftenWagadu die Fähigkeit geben , ebensowenig verganglich zu sein wiedie Regen des Südens und die Felsen der Sahara , wei l j eder Manndann Wagadu im Herzen und j ede Frau ein Wagadu im Schoßebergen wird .

Hoooh ! Dierra , Agada , Ganna , Silla l Hoooh ! Fasa !

2. Die Wiederentdeckang Wagadus

as Land Wagadu war erst einmal für sieben Jahre verlorenD gegangen . Man wußte nicht mehr

,wo es war. Danach fand

man es wieder. Es trat dann aber nochmals ein Zeitraum von

740 Jahren ein , in dem es nicht mehr gefunden wurde , es war fürdiese Zeit verloren . Es war ein alter Mann und König , der hießMama Dinga. Mama Dinga sagte : „Man schlage die große Kriegspauke Tabele , dann wird man Wagadu wiederfinden .

“ Die Tabelewar aber von den Dj inne , den Teufeln , gestohlen und am H immelfestgebunden worden.

Mama Dinga hatte einen alten Horigen , mit dem war er gemeinsam erzogen worden . Mama Dinga hatte sieben Söhne . Die sechsältesten Söhne behandelten den Hörigen schlecht , und der Vater warvor Alter blind , so daß er es nicht sah . Wenn der Älteste von demHörigen zum Vater zum Essen gerufen wurde

,so gab er ihm beim

Eintreten einen Stoß , und so machten es die nach sten fünf auch .

Nur der Jungste bot dem Alten „Gut en Tag !“ Wenn sie wieder

h inausgingen,hatte der Älteste den Mund vol l Wasser genommen ,

das spie er im Vorübergehen auf den al ten Hörigen . Der zweitehatte die Hande zumWaschen angefeuchtet und spritzte die Tropfen

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Darauf sprach Mama Dinga : Auf dem linken Ufer des Stromesstehen vier große Dj allabäume (s . Komma und Korte

,Bammana

Bd .VII ) Am Fuße dieser vier Bäume befinden sich neun Topfe .Wenndu dich in diesen neun Topfen wäschst und dich nachher im Uferschmutz wälzest

,dann wirst du stets viele Anhänger haben . Wasche

dich erst in den ersten acht Töpfen und später noch in dem neunten .

Laß diesen zunachst. Wenn du dich in dem letzten Topfe gewaschenhast

,dann verstehst du die Sprache der Dj inne . Dann verstehst du

die Sprache al ler Tiere und auch die der Vögel , du kannst dann mitihnen sprechen . Du kannst dann mit den Dj inne sprechen und wirstsie fragen können , wo die große Tabele ist. Der a lteste Dj inn e wirdes dir sagen

,und wenn du die große Tabele haben wirst

,dann wirst

du Wagadu wiederfinden .

“ Lagarre ging . Er begab sich sogleichzum Strome . Er fand die vier Dja llabäume . Er fand die neun Töpfe .Er badete sogleich hintereinander weg in den neun Töpfen . Da verstand er die Sprache der Dj inne , der Tiere und Vögel .Inzwischen nahmen am Morgen die Sohne des Königs bei diesem

das Essen ein . Als der Älteste kam , fragte ihn Mama Dinga : „Hastdu getan

, was i ch dir gesagt habe Der älteste Sohn fragte : „Wannhast du mir etwas gesagt ?“ Mama Dinga sagte : Ich habe dichgestern nacht kommen lassen und habe dir etwas gesagt .“ Derälteste Sohn sagte : I ch habe in dieser Nacht nicht mit dir gesproch en .

“ Da sagte der alte,treue Horige zum Könige : „Du hast

diese Nacht nicht mit deinem ältesten Sohne , sondern mit deinemjüngsten Sohne gesprochen . Du hast mich gesandt , deinen ältestenSohn zu rufen

,ich aber habe nicht deinen ältesten Sohn geru fen ,

sondern den j üngsten . Denn deine ersten sechs Söhne behandelnmich stets schlecht. Sie taugen nichts , und wenn dein ÄltesterWagadu fande , würde er es bald zerbrechen . Wenn du nun j emandtöten willst

,so töte mich denn ich bin schuld daran .

“ Daraufsagte Mama Dinga (zu seinem ältesten Sohne ) : Mein Ältester , duwirst nicht H ankama König ) werden , denn soeben habe ichalles , was ich hatte , deinem jüngsten Bruder gegeben . Werde dualso Djamma (Schamane ) und lerne es , Gott um Regen zu bitten .

Wenn du es regnen lassen kannst , werden die Leute zu dir kommen ,und du wirst Einfluß haben .

Inzwischen sandten die Dj inn e den a ltesten Dj 1nne zu Lagarre .

Der alte Dj inne sagte zu Lagarre : Im Busch ist eine Sache , die istnoch sieben Jahre älter a ls ich .

“ Lagarre fragte : Wer ist das ?“

Der Dj inn e sagte : „Das ist Kuto (eine weiße Varanusart , die heute

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noch als besonders heilig gilt . So suchen die Marabut z . B . in derRamadanze it dieses Tier zu erreichen , um aus seinem Fleisch e

Zaubermittel herzustellen ) . Lagarre fragte : In welchem Waldeist Kuto Der alte Dj inne zeigte ihm den Wald .

Lagarre ging zu dem Walde . Er traf Kuto . Er konnte j etzt mitKuto sprechen , denn er verstand j etzt die Sprachen aller Tiere undauch die der Vögel . Er sagte zu Kuto : „Zeige mir die Tabele meinesVaters.“ Kuto fragte : Von welchem Stamme bist du ?“ Lagarre

sagte : „Ich bin der Sohn Dingas .

“ Kuto fragte : Wie heißt derVater deines Vaters ?“ Lagarre sagte : „Ich weiß es nicht.

“ Kutosagte : „Ich kenne dich nicht , aber ich kenne Dinga ich kennenicht Dinga , i ch kenne aber Kiridjo ,

den Vater Dingas. Es gibtj edoch etwas , was noch siebzehn Jahre alter ist a ls ich .

“ Lagarre

fragte : Was ist das ?“ Kuto sagte : Das ist Turume , der Schakal ,der so alt ist , daß er keine Zahne mehr hat .

“ Lagarre fragte : „Woist er ?“ Kuto zeigte ihm den Wald .

Lagarre ging mit seinen Soldaten zu dem Walde . Er traf Turume .

Turume fragte ihn : Wer bist du ?“ Lagarre sagte : I ch bin derSohnDingas.

“ Turume fragte : „Wie heißt derVater deines VatersLagarre sagte : „Ich weiß es nicht .

“ Turume sagte : Ich kennedich nicht

,aber ich kenne Dinga. Ich kenne nicht Kiridjo ,

aberich kenne Kiridjo taman i, den Vater Kiridjos . Ich bin sehr a lt , aberes gibt etwas

,das ist noch siebenundzwanzig Jahre alter als ich es

bin .

“ Lagarre fragte : Was ist das ?“ Turume sagte : „Das istKoliko , ein Honge Lagarre fragte : „Wo wohnt KolikoTurume zeigte es ihm .

Lagarre machte sich mit seinen Leuten zu Koliko au f . Er fragteZeige mir die Tabele meines Vaters.“ Koliko fragte : Wer bistdu ?“ Lagarre sagte : Ich bin der Sohn Dingas .

“ Koliko sagte

„ Ich kenne dich nicht , aber ich kenne Dinga , ich kenne nicht Dinga ,aber ich kenne Kiridjo . Ich kenne nicht Kiridjo , aber ich kenneKiridjo taman i. Ich weiß

,wo die Tabele ist

,aber ich bin zu schwach

und zu alt , um sie zu zeigen oder zu holen . Sieh , vor Alter sind mirdie Federn ausgefallen

,und ich kann nicht einmal mehr von meinem

Äste fl iegen .

“ Lagarre fragte : Wie ist das zu machen ?“ Koliko

sagte : „Du mußt sorgen , daß ich wieder Kraft erhalte . Du mußt mirviel br ingen . Bleibe sieben Tage bei mir . Lasse alle Morgen j e einjunges Pferd und j e e1nen j ungen Esel schlachten und mir vonbeiden Herz und Leber reichen . Morgens und abends mußt du michnähren . Wenn du diese Bedingung sieben Tage lang erfüllst , dann

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werde ich wieder Kra ft e und Federn haben und ich werde dir dieTabele deines Großvaters bringen können .

“ Lagarre blieb siebenTage dort. Jeden Morgen l ieß er ein j unges Pferd und einen jungenEsel schlachten und Kol iko Herz und Leber reichen . Er nährte ihnmorgens und abends . Da wuchsen dem Honge Kräfte und Federn .

Er konnte wieder fliegen . Er flog dahin,wo die Dj inne die Tabele

am Himmel angebunden hatten . Er hatte aber nicht Kraft genug ,die Schnur zu zerreißen

,an der sie festgebunden war . Er kehrte

zurück und sagte zu Lagarre : „Du mußt mir noch während dreierTage j e ein Pferd und einen Esel schlachten und mir Leber und Herzgeben . Noch reichen meine Kräfte nicht , die Schnur zu zerreißen ,an der die Tabele hängt , aber dann werde ich stark genug sein , sieloszumachen .

“ Da schlachtete Lagarre noch drei Tage lang j e einjunges Pferd und einen jungen Esel . So war Koliko am dr i ttenTage stark genug. Er flog gen Himmel und löste die Tabele los .Er brachte sie zu Lagarre .

Koliko sagte zu Lagarre : „Gehe zuruck. Zwei Tage lang darfstdu die Tabele nicht ruh ren ,

am dri tten schlage sie aber. Dann wirstdu Wagadu finden .

“Lagarre machte sich auf. Zwei Tage ging er

zurück . Dann schlug er die Tabele und sah vor seinen Augen Wa

gadu . Die Dj inne hatten es so lange versteckt gehalten .

3 . Der Kampf mit dem Bida -Drachen

o liko hatte noch zu Lagarre gesagt : Wenn du nach Wagadu

kommst , wirst du da die große Schlange Bida sehen. Bida erhiel t von deinem Großvater j edes Jahr zehn j unge Madchen . Dafürl ieß es die Schlange j edes Jahr dreimal regnen . Es regnete Gold .

Lagarre fragte : „Muß ich das auch geben ?“ Koliko sagt e : „Bida

wird mit dir rechten . Sie wird von dir zehn junge Mädchen verlangen . Schlage ihr das ab . Sage ihr , du wollest ihr ein Mädchengeben und gib es ihr dann auch .

Lagarre kam nach Wagadu . Vor dem Tore der Stadt lag Bida insieben großen Windungen . Lagarre fragte : Wohin gehst du ?“

Bida sagte : Wer ist dein Vater ?“ Lagarre sagte : „Mein Vater istDinga .

“ Bida fragte : Wer ist der Vater deines Vaters ?“ Lagarre

sagte : „I ch kenne ihn nicht .“ Bida sagte : Ich kenne dich nicht ,

aber ich kenne Dinga. Ich kenne Dinga nicht , aber ich kenneKirid jo . Ich kenne Kiridj o nicht , aber ich kenne Kirid jo taman i.

Ich kenne Kiridj o taman i nicht , aber ich kenne Wagan a Sako . Dein

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Großvater gab mir j edes Jahr zehn Madchen . Ich gab dafur dreiGoldregen. Willst du das auch tun ?“ Lagarre sagte : „Nein .

Bida fragte : Willst du mir neun Mädchen jedes Jahr geben ?Lagarre sagte : „Nein . Bida fragte : Willst du mir acht Madchenj edes J ahr geben ?“ Lagarre sagte : Nein .

“ Bida fragte : Willstdu mir sieben Mädchen j edes Jahr geben Lagarre sagte : „Nein .

Bida fragte : Willst du mir sechs Mädchen j edes Jahr geben ?Lagarre sagte : „Nein .

“ Bida fragte : Willst du mir fun f Mädchenj edes Jahr geben ?“ Lagarre sagte : Nein .

“ Bida fragte : Willstdu mir vier Mädchen j edes Jahr geben ?“ Lagarre sagte : „Nein .

Bida fragte : Willst du mir drei Madchen j edes Jahr geben ?Lagarre sagte : „Nein .

“ Bida fragte : „Willst du mir zwei Madchenj edes Jahr geben ?“ Lagarre sagte : Nein .

“ Bida fragte : Willstdu mir ein Mädchen j edes Jahr geben ?“ Lagarre sagte : „Ja , ichwill dir j edes Jahr ein Mädchen geben , wenn du über Wagadu dreimal das Gold regnen lassen willst .“

Bida sagte : „Dann bin ich auch damit zufrieden und werde dreimal im Jahre Gold uber Wagadu regnen lassen .

3 waren in Wagadu (nun ) vier angesehene Manner. WaganaSako , Dajabe Sise , Damangile (der Ahnherr der Djaorafamilie ,

aus der die Familie der Vornehmen der Soninke stammt ) undMamadi Sefe Deko te (Sefe Dekote heißt „er sprichtWagana Sako war ein Mann

,der außerordentlich e ife rsuch tig

war. Deshalb hatte er eine mach tige Mauer um sein Gehö ft gebaut

, in der keine einzige Tur angebracht war . Man konnte nurauf eine Weise in das Gehöft gelangen , namlich indem man mitdem Pferde Samba Ngarran ja über die Mauer setz te . SambaNgarran ja war das einzige Pferd , mit dem man über die Mauerdiesen Sprung ausführen konnte

, und Wagana Sako bewachtedieses Pferd ebenso eifersüchtig wie seine Frau . Er erlaubte nicht ,daß der Hengst j emals eine Stute decke ; denn er fürchtete , daßdann ein Fohlen geboren werden könnte

, das Samba Ngarran ja anSprungkraft gleichkomme und etwa über die türlose Mauer setzenwürde .Mamadi Sefe Deko te kaufte sich eine Stute . Die verschloß er

sorgfältig in seinem Hause vor den Augen Wagana Sakos . MamadiSefe Deko te , der der Onkel Wagana Sakos war, stahl diesem einesTages den Hengst Samba Ngarran ja und ließ die n eugekau fte Stutedecken. Dann brachte er ebenso heimlich Samba Ngarran ja zurück .

5 Frobenius, A tlan tis VI . Band 65

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Seine Stute brachte nun ein ebenso gutes Pferd hervor , wie SambaNgarran ja ,

und mit diesem konnte er unbedingt den Sprung überdie Mauer wagen. Es wurde drei J ahre alt , da war es stark undkra ftig genug zu dem Satze .Danach zogen die Wagadu - Leute in den Krieg. In der Nacht

kehrte Mamadi Sefe Deko te heimlich mi t seinem dreij ährigenHengst nach Wagadu zurück . Er sprang in mach tigem Satze überdie Mauer und band sein Pferd an. Dann ging er zur Frau WaganaSakos hinein . Er sprach mit ihr, er legte sich neben sie und seinHaupt in ihren Schoß . Wagana Sako kehrte aber nach einigerZeit auch aus dem Heereslager zurück , um in der gleichen Nachtseine Frau zu besuchen . Er setzte mit Samba Ngarran ja über dieMauer. Wie war er aber erstaunt , daß schon ein anderes Pferd imHofe angebunden war. Er brachte das eigene an eine andere Stel leund betrachtete dann das fremde Pferd . Dann hört e er im Hauseseiner Frau sprechen . Er stellte also seine Waffen an dem Hausenieder und lauschte . Dr in sprachen Mamadi Sefe Deko te und dieFrau Wagana Sakos wenig. Oben lief aber eine Maus im Dachwerk umher. Unten war eine Katze . Die Maus sah die Katze undfiel vor Schreck herab . Die Katze sprang auf sie . Mamadi SefeDeko te faßte die Frau Wagana Sakos am Arme und sagte : S1ehda gut hin ! S ieh scharf hin !“ Die Frau sagte : Ja , i ch sehe es.Mamadi Sefe Deko te sagte : S1eh das an ! Wie die Maus vor dieserKatze . so haben wir Furcht vor deinem Manne Wagana Sakohörte das draußen . Als er es hörte

,mußte er gehen , denn j ener un

bekannte Mann hatte gesagt : daß er Furcht vor Wagana Sako habe .

(Danach , wie es mir die umsitzenden Soninke erklären , scheint esdamals als nicht ritterl ich gegolten zu haben , mit j emand Händelauszufechten , der sagt , er habe Furcht vor ihm . ) So nahm dennWagana Sako seine Waffen

,bestieg sein Pferd und setzte über die

Mauer. Dann kehrte er in das Heereslager zuruck. Später verl ießauch Mamadi Sefe Deko te das Gehöft und traf im Morgengrauenbei den anderen ein .

Am anderen Tage wußte Wagana Sako nicht,wer nachts bei

seiner Frau gewesen war . Mamadi Sefe Deko te ahnte aber nicht ,daß Wagana Sako vor der Türe des Hauses seiner Frau gehockt undden heimlichen Besuch sowie das Zwiegesprach belauscht hatte .So konnten denn die beiden kein schlechtes Wort wechseln , und derTag verl ief ohne j eden Streit. Am Abend aber ergri ff ein Epensänger (Djarre der Soninke , entspri cht dem Dialli der Bammana )

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Page 72: Ritter und Spielmann Aham Sahel Sudan Schneide ein Profil ...

s eine Niame und sang. (Niame ist die Gitarre . ) Nachher schnipsteWagana Sako an der Saite des Niame und sagte : „Vorige Nachthabe ich ein Wort gehört (es ist das Wort von der „Furcht

“ gemeint ) , hatte ich das nicht vernommen , so ware Wagadu zerstörtwe rden .

“ Mamadi Sefe Dekote schnel lte auch an einer Sai te derNiame und sagte : Wenn jemand gehört hätte , was gestern nachtgesprochen wurde , so wurde Wagadu zerbrochen werden. Es hataber niemand geh ort .

Da sagten die Wagadu leu te : Wir wollen nach Wagadu zuru ck

kehren . Denn , wenn sich im Anfang eines Kr ieges zwei Leutestreiten

, so nimmt es kein gutes Ende .“ So kehrten denn alle nach

Wagadu zurück .

ie Leute von Wagadu sagten : Die erste Tochter , die wiederD in Wagadu geboren wird , sol l Bida gegeben werden .

“ Das

erste Mädchen war Sia Jatta Bar i . (Jatta Bar i ist der Familienname. ) S ia Jatta Bari war wunderschön . Sie war das schönsteMädchen im Soninkelande . Sie war so schon , daß die Soninke undandere Volker heute noch von einem sehr schonen Mädchen alshöchsten Lobspruch zu sagen pflegen : Sie ist so schon wie SiaJ atta Bari .“ Sia Jatta Bari war für Bida bestimmt.Sia hatte aber schon einen Liebhaber , das war Mamadi Sefe

Deko te . Alle Leute in Wagadu sagten : Wir wissen nicht , ob wirj e wieder inWagadu ein so schönes Mädchen haben werden .

“ Deshalb war Mamadi Sefe Dekote sehr stolz auf seine Geliebte . EinesNachts suchte Sia Jatta Bar i nach dem Tamtam ihren Geliebten au fum bei ihm zu schlafen (ohne sich von ihm beschlafen zuSia Jatta Bar i sagte : „Jede Freundschaft muß auf dieser Erde einmal ein Ende nehmen .

“ Mamadi Sefe Dekote sagte : Warumsagst du das ?“ Sia Jatta Bari sagte : „Es gibt keine Freundschaft ,die für immer währen kann , und ich bin daran , der Schlange Bidaüberl iefert zu werden .

“ Mamadi Sefe Dekote sagte : Wenn dasgeschehen sol lte , wurde Wagadu zerbrochen werden , denn ichwurde es nicht dulden .

“ Sia Jatta Bar i sagte : Mach ’ keine Sache ,es ist so bestimmt und es ist alte Sitte , in die sich j eder fügen muß .

Ich werde die Frau der Sa (Schlange ) Bida werden mussen , daranist nichts zu andern .

Am anderen Morgen sch arfte Mamadi Sefe Deko te sein Kitelalabong (Schwert ) so scharf wie möglich . Er legte ein Hirsekorn au f

die Erde und spaltete es mit einem Streiche um zu sehen , ob

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Page 73: Ritter und Spielmann Aham Sahel Sudan Schneide ein Profil ...

das Schwert scharf genug se i. Darauf steckte er es wieder in dieScheide . Die Leute kleideten Sia Jatta Bari festlich zum H och zeits

tage,legten ihr Schmuck und schone Kleider an und bildeten

einen langen Zug,um sie zu der Schlange Bida zu begleiten. Bida

wohnte in einem großen und tiefen Kede (Brunnen ) zur Seite desDorfes . Dorthin wendete sich der festl iche Zug. Mamadi Sefe Dekote hatte sein Schwert umgeschnallt , sich auf sein schönes Pferdgeschwungen und ritt im Geleite mit.Bida pflegte

,wenn sie ihr Opfer in Empfang nahm , immer drei

mal den Kopf aus der Brunn engrube emporzurecken und dann erstihr Opfer zu grei fen . Als der Zug neben dem Brunnen Platz nahm ,

hockte Mamadi ganz dicht am Rande nieder. Darauf streckte Bidaihren Kopf zum ersten Male zum Brunnen heraus. Die Leute vonWagadu sagten zu Sia und Mamadi : „Es ist Zeit , Abschied zu

nehmen . Nimm Abschied .

“ Bida steckte den Kopf zum zweitenMale aus dem Brunnen empor , und die Leute von Wagadu riefen

„Nehmt schnel l Abschied voneinander , tu t es aber schnell !“ Bida

reckte zum dr i tten Male das Haupt aus dem Brunnen. Da zogMamadi Sefe Deko te das Schwert und trennte mit einem Schlagedas Haupt der Schlange vom Körper . Das Haupt flog weit in dieLuft empor. Ehe es wieder zur Erde kam , sprach es : „Sieben Jahre ,sieben Monate und sieben Tage mag Wagadu ohne Goldregenbleiben . Das Haupt fiel dann weit im Süden zu Boden , und ausihm stammt das Gold , das man dort findet.Die Leute von Wagadu hörten den Fluch der Schlange . Sie

schrien wild au f Mamadi ein . Mamadi aber nahm Sia hinter sichauf sein Pferd und sprengte von dannen

,in der Richtung auf Sama

Markala , einer Stadt nördlich von Segu am Niger , in der seineMutter lebte . Mamadi Sefe Deko te hatte ein gutes Pferd esstammte von Samba Ngarran ja ab . Nur ein Pferd in Wagadu

konnte es einholen,das war Samba Ngarran ja selbst. Die Wagadu

leute forderten also Wagana Sako auf , hinter Mamadi Sefe Dekoteh erzuse tzen und ihn

,wenn irgend möglich

,einzuholen und tot

zustechen . Wagana Sako sprang auf sein Pferd und setzte h interMamadi , seinem Onkel , her .Wagana Sako holte seinen Oheim

,dessen Pferd zwei Menschen

trug , bald ein . Er ergri ff seine GaWa le (Lanze ) und rannte sie festin die Erde . Dann sagte er zu Mamadi : F l ieh so schnel l du kannst ,mein Oheim , denn wenn die Wagadu leu te dich einholen , so werdensie dich sicher tö ten . Ich will dich nicht töten , weil ich dein Neffe

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ab . Wenn ich mir mit dem Blute die Stirn einreibe , so wird dasnützen .

“ Mamadi war sehr verl iebt in Sia. Er tat es also . Dannaber sandte Sia an ihren Liebhaber eine Botschaft und l ieß ihmsagen : „Ich liebe nur Menschen mit zehn Fingern und zehn Zehen .

Ich liebe nicht Menschen mit neun Fingern und neun Zehen .

Diese Botschaft empfing Mamadi .Als Mamadi diese Nachricht empfing

,ward er sehr zornig , er

ward vor Zorn krank und zwar so krank , daß er fast starb. Erließ eine alte Frau kommen : Die alte Frau kam und fragte : „Washast du , mein Mamadi Sefe Deko te Mamadi sagte : „ Ich bin vorWu t erkrankt , weil mich Sia Jatta Bari so schlecht behandelt hat.Für Sia habe ich die Schlange Bida getötet. Für Sia habe ich denFluch auf Wagadu geladen . Für S ia bin ich aus Wagadu geflohen .

Für Sia habe ich j eden Morgen viel Gold gegeben . Für Sia habeich meine Zehe abgeschnitten . Fur Sia habe ich meinen kleinenFinger abgetrennt. J etzt läßt mir S ia sagen : ‚I ch l iebe nur Menschen mit zehn Fingern und zehn Zehen . Ich liebe nicht Menschenmit neun Fingern und neun Zehen .

‘ Darüber bin ich erkrankt vorZorn .

“ Die alte Frau sagte : „Das ist nicht schwer. Gib mir deineSchnupftabaksdose .“ Mamadi dachte , die Alte wolle nach Art deralten Leute schnupfen . Er reichte ihr die Dose . Sie nahm sie indie Hand und sagte : „Damit du siehst , daß das nicht schwierig is t ,bl ick in die Dose . Eben war noch Tabak darin , j e tzt , wo ich es indie Hand nahm

,i st es Gold . Das deine ist nicht einmal so schwierig .

Es ist leichter Sia mit Liebe,als die Dose mit Gold zu füllen .

Sage : wenn ich dir einen Karte (das i st Butter vom Butt erbaum )Kuchen gebe , könntest du es einrichten , daß Sia die Butter au f

den Kopf erhalt ?“ Mamadi sagte : „Ja , das kann ich .

“ Daraufbereitete die Alte einen Kartéku ch en mit Borr i (Zaubermittel ;„Baschi“ bei Bammana ) und übergab die Zaubermaterie Mamadi .In Sama war eine Frau , die verstand es ausgezeichnet , die Haare

z u ordnen . Diese Frau hieß : Kumbadamba . Mamadi l ieß die Frauz u sich kommen und fragte sie : „Ich bin bereit , dir Mu tukal le

Tamu an Gold zu geben , wenn du Sia diese Karte beim Haarordnen in die Haare br ingst. Willst du das übernehmen ?“ Kumbadamba sagte : Das ist nicht schwierig . Das wil l ich übernehmen .

M amadi übergab ihr die Zauberkart‘é und überl ieß ihr das weitere .Eines Tages l ieß Sia Kumbadamb a zu sich kommen und sag te

ihr : Ordne mir das Haar !“ Sie sagte zu ihrem kleinen SklavenBr ing Karté aus dem Hause !“ (Zum Haarordnen gehört d iese

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Baumbutter. ) Kumbadamba sagte : Das ist nicht notig , ich habegerade viel Karte bei mir.“ Darauf begann sie die Arbeit. Als siedie eine Seite geordnet und eingerieben hatte , sprang Sia au f undsagte : „Mamadi ruft mich .

“ Sie l ief zu ihm hin und sagte : „Hastdu mich gerufen , mein großer Bruder (Ausdruck h och ster Zärtl ichkeit. ) Mamadi hatte nicht gerufen ; das Borri (Zaubermittel )wirkte schon. Mamadi sagte : „Nein , ich habe dich nicht gerufen ,denn ich habe nur neun Finger und neun Zehen und ich weiß

, daß

du nur Menschen mit zehn Fingern und zehn Zehen liebst.“ Daraufkehrte Sia zurück und ließ sich von Kumbadamba weiter die Haareordnen. Als die die zweite Seite geordnet und eingerieben hatte ,Sprang S ia abermals hastig auf und sagte : Laß mich ! Mamadi ruftmich !“ S ie l ief schnell zu Mamadi Sefe Deko te hin und sagte

„Hast du mich gerufen , mein großer Bruder Mamadi hatte nichtgerufen , das Borri wirkte auf der zweiten Seite . Mamadi sagte

„Nein , ich habe dich nicht gerufen , denn ich habe nur neun Fingerund neun Zehen

,und ich weiß , du liebst nur Menschen mit zehn

Fingern und zehn Zehen .

“ Darauf kehrte Sia zurück und hießKumbadamba die Hand an die Beendigung der Arbeit legen . Sieglättete alles und verwandte genugsam von der Borrikarté , so daßSia endlich ungeduldig aufsprang und rief : Nun laß mich endlich ,Mamadi ruft mich .

“ Eilig rannte sie zu Mamadi Sefe Dekote hinund fragte : „Hast du mich gerufen , mein großer Bruder Mamadisagte : „Ja , ich habe dich gerufen . Ich wollte dir sagen : Kommediese Nacht in mein Haus .“ Sie sagte : „Ich werde diese Nacht zurHochzeit kommen .

“ Bis dahin hatte es Mamadi Sefe Deko te nichterreicht , daß sich Sia ihm hingab .

Mamadi ließ in seinem Hofe Bett und Haus ordnen. Er hatteBlali , einen jungen Sklaven , dem er al les anvertrauen konnte unddem er die Sorge fur sein gutes Pferd übergeben hatte . Er rief Blal iund sagte : „Gib mir dein altes Kleid , ich will es anziehen . Reinigeund wasche es also ordentlich . Darauf wasche dich selbst und legedich heute Nacht in meiner Hutte au f mein Bett . Um Mitternachtwird eine Frau , Sia, zu dir kommen . Spri ch mit ihr aber kein Wort .Sia soll denken , ich sei an ihrer Seite und sie ist gewohnt , daß ichnicht spreche . Daher habe ich meinen Namen Sefe Deko te . Spr ichalso nicht mit ihr , beschlafe sie aber. Du mußt sie beschlafen. Hastdu es bis zum Morgen nicht getan

,so laß ich dich einfach tot

schlagen . Du hast mich verstanden ?“ Blal i sagte : „Ich werde estun .

] I

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In der Nacht kam Sia. Mamadi hatte seine Schuhe vor demBette stehen lassen

,damit Sia sicher sei , daß er da se i und sie ihn

gleich daran erkenne . Sie kam , erkannte die Schuhe und legte sichzu dem Pferdeknecht. Sie sagte : Kassunka“ (Gu t Nacht ) . Blalischnalzte zur Antwort nur mit dem Gaumen , um sich nicht zu verraten . Sie sagte : Mein großer Bruder , ich weiß , daß du nie vielspr ichst

,heute aber sprich mit mir . I ch bitte dich , mir heute zu

antw orten .

“ Blal i beschlief darauf Sia. Am anderen Morgen tratMamadi Sefe Deko te in den Kleidern Blalis in d ie Hüttentür undr ief : Blali !“ Blali antwortete : Nam !“ (Herr ) Mamadi sagte :Weshalb hast du heute Morgen nicht mein Pferd besorgt und stattdessen bei dem Frauenzimmer Sia geschlafen Blal i sagte : Wennich heute Morgen meine Arbeit nicht verri chtete , so willst du dasdamit entschuldigen , Herr , daß ich eine Frau beschlafen konnte ,von der ganz Wagadu sagte , sie sei die Schönste im Lande . Ist dasnicht verzeihlich ?“ S ia hörte das und begann auf dem Bette amganzen Leibe zu zittern . Zitternd sprach sie : „Mein großer Bruder ,du zahlst gut Sia blieb vor Scham den ganzen Tag über im Hause .Sie wagte sich nicht heraus . In der Nacht aber schl ich sie hinüberin ihr eigenes Haus und starb daselbst vor Scham . Das war dasGericht Mamadi Sefe Deko tes über Sia Jatta Bari .

4. Samba Gana

nna llja Tu - Bari war die Tochter eines Pursten bei Wagana. SieAgalt als uberaus klug und schön . Viele Horro kamen in ihreStadt und warben um sie . Aber Annallja forderte von j edem eineLeistung , die keiner zu beginnen wagte . Annalljas Vater hatt e nurdiese eine Stadt gehabt , aber viele Farmorte . Eines Tages war ermit dem Fürsten (der Erzahler verwendet hier das interessante WortAmi!) einer Nachbarstadt um den Besitz eines Farmdorfes in Streitgeraten . Annalljas Vater war im Kampf unterlegen , er hatte denOrt eingebüßt ; das ertrug sein Stolz nicht ; er starb darüber. Anna llja erbte die Stadt und das Land ; sie forderte aber nun von j edemHorro , der ihre Hand begehrte , daß er nicht nur das verlorene Farmdorf zurückerobere , sondern dazu noch achtzig Städte und Orte rundum ihr Gebiet. Jahre vergingen . Niemand wagte den Beginn so

umfangreicher krieger ischer Unternehmung. Jahre vergingen . Annallja blieb unverheiratet , wurde aber von Jah r zu J ah r schoner.Sie verlor j edoch al len Frohsinn . Sie wurde ständig schoner und

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trauriger. Und nach dem Beispiel der Furstin verloren alle Horro

(Ritter ) , Djalli (Barden ) , Numu (Schmiede ) und Ulussu (Hörige )in Annalljas Land das Lachen .

In Faraka wohnte ein Fürst Gana , der hatte einen Sohn namensSamba Gana. Als der herangewachsen war , verließ er nach Sittedes Landes mit zwei Djalli und zwei SUph a (dienender Knappe ) dieStadt des Vaters , um sich ein eigenes Land zu erkämpfen . SambaGana war jung. Sein Lehrer war der Dja lli Tarara fe , der ihn be

gleite te . Samba Gana war frohlich . Samba Gana zog lachend vondannen . Samba Gana erklärte dem Fürsten einer Stadt den Krieg .

(Forderte ihn zum Zweikampf heraus . ) Sie fochten . Alle Leute derStadt sahen zu . Samba Gana siegte . Der unterlegene Fürst bat umsein Leben und bot ihm seine Stadt an . Samba Gana lachte undsagte : „Behalte deine Stadt. Deine Stadt ist mir nichts .

“ SambaGana zog weiter. Er bekämpfte einen Fürsten nach dem andern .

Er gab stets al les Gewonnene zuruck. Er sagte stets : „Behalte deineStadt. Deine Stadt ist mir nichts .“ Zuletzt hatte Samba Gana alleFürsten in Faraka überwunden und besaß doch selbst keine Stadtund kein Land , da er immer alles zuru ckgab und stets lachendweiterzog.Eines Tages lag er mit seinem Djall i am Niger. Der Djall i Tarara fesang von Annallja Tu - Bari ; er sang von Annallja Tu - Bar is Schönheit und Schwermut und Einsamkeit. Tarara fe sang : „Nur der wirdAnnallja gewinnen und sie lachen machen , der achtzig Städte erobern wird .

“ Samba Gana hörte al les . Samba Gana sprang au f undr ief : Auf , ihr Suph a ! Sattelt d ie Pferde ! Wir reiten in Ann allj a

Tu - Bar is Land !“ Samba Gana brach mit seinen Dja lli und Suph aau f. Sie r itten Tag und Nacht. Sie r i tten einen Tag nach dem an

dern . Sie kamen in Annallja Tu - Baris Stadt. Samba Gana sah Anma llja Tu - Bar i . Er sah , daß sie schön war und nicht lachte . SambaGana sagte : Anna llja Tu - Bari , zeige mir die achtzig Städte .

Samba Gana brach au f. Er sagte zu Tararafe : Bleibe du bei Annallja Tu - Bari , singe ihr , vertreibe ihr die Zeit , mache sie lachenTarara fe blieb in Annallja Tu - Baris Stadt. Er sang j eden Tag vonden Helden Farakas

,von den Stadten Farakas , von der Schlange

des Issa Beer , die e igenmach tig die Flut steigen laßt , so daß die Leutein einem Jahr Überfluß an Reis haben

,in anderen Jahren aber

hungern. Anna llja Tu - Bari hörte alles. Samba zog in der Rundeumher. Er kämpfte mit einem Fürsten nach dem andern . Er unterwar f alle achtzig Fursten . Er sagte zu j edem besiegten Fürsten

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Gehe zu Annal lja Tu - Bar i und sage ihr , daß deine Stadt ihr gehört .“ Alle achtzig Fürsten und viele Horro kamen zu Annallj a

Tu - Bar i und bl ieben in ihrer Stadt. Annallj a Tu - Baris Stadt wuchsund wuchs . Annallja Tu - Bar i beherrschte al le Fürsten und Horrodes weiten Landes um ihre Stadt.Samba Gana kehrte zu Annallj a Tu - Bar i zuru ck. Er sagte : An

n a llja Tu- Bar i , nun ist al les , was du besitzen wolltest , dein !“ An

na llja Tu - Bar i sagte : Du hast die Arbeit verri chtet. Nun nimmmich .

“ Samba Gana sagte : „Weshalb lachst du nicht ? I ch heiratedich erst , wenn du wieder lachst.

“ Anna llja Tu - Bar i sagte : Früherkonnte ich vor Schmerz über die Schande meines Vaters nichtlachen . Jetzt kann ich nicht lachen , weil ich hungrig bin .

“ SambaGana sagte : „Wie kann ich deinen Hunger stil len ?

“Annallja Tu

Bari sagte : Bezwinge die Schlange des Issa Beer , die in einem JahreÜberfluß , im andern Not beschert.

“ Samba Gana sagte : „Solcheshat noch kein Mensch vermocht. Ich werde das Unternehmen beenden.

“ Samba Gana zog fort.Samba Gana zog nach Faraka und suchte die Schlange des IssaBeer. Er zog weiter und suchte . Er zog nach Koriume , fand sienicht und zog stromauf weiter. Er kam nach Bamba , fand sie nichtund zog stromauf weiter. Dann traf Samba Gana die Schlange . Erkampfte mit ihr. Bald siegte die Schlange , bald siegte Samba Gana.

Der Djolliba (Nigerstrom) l ief bald diesen , bald j enen Weg. DieBerge stürzten ein und die Erde öffnete sich in Spal ten . Acht Jahrelang kämpfte Samba Gana mit der Schlange . Nach acht Jahrenhatte er sie uberwunden . Samba Gana hatte in dieser Zeit achthundert Lanzen zersplittert und achtzig Schwerter zerbrochen . Erhatte nur noch ein blutiges Schwert und eine blutige Lanze . Dieblutige Lanze gab er Tarara fe und sagte : Gehe zu Annallja TuBari , gib ihr die Lanze , sage ihr , daß die Schlange überwunden istund sieh , ob Anna llja Tu—Bar i nun lacht.“Tarara fe kam zu Anna llja Tu - Bari . Er sagte , was ihm aufge

geben war. Anna llj a Tu - Bar i sagte : „Kehre zu Samba Gana zurückund sage ihm , er sol le die überwundene Schlange hierher bringen ,damit sie als mein Sklave den Strom in mein Land leite . WennAnna llja Tu - Bari Samba Gana mit der Schlange sehen wird , wirdAnn allja Tu - Bar i lachen .

Tarara fe kehrte mit der Botschaft nach Faraka zuru ck. Er richtete die Botschaft an Samba Gana aus. Samba Gana hörte die WorteAn nallja Tu - Bar is . Samba Gana sagte : Es war zuviel .“ Samba

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Gana nahm das blutige Schwert , stieß es sich in die Brust , lachtenoch einmal und starb . Tarara fe nahm das blutige Schwert , bestieg sein Pferd und ritt in die Stadt Ann a llja Tu - Bar is. Er sagte zuAnnallja Tu - Bari : Hier ist das Schwert Samba Ganas ; an ihm istdas Blut der Djollibasch lange und das Samba Ganas . Samba Ganahat zum letztenmal gelacht.Annallja Tu - Bari r ief alle Pursten und Horro , die in ihrer Stadt

versammelt waren,zusammen. Sie bestieg ihr Pferd ; alle Leute be

s tiegen Pferde. Annallja Tu - Bar i r itt mit allen ihren Leuten ostwarts . Sie ritten

,bis sie nach Faraka kamen . Annallja Tu - Bari

kam zur Leiche Samba Ganas. Annallja Tu - Bari sagte : DieserHeld war größer als alle vor ihm. Baut ihm ein Grabmal , das dasaller Kon ige und Helden uberragt .

“ Die Arbeit begann . Achtmalachthundert Menschen gruben die Schachte . Achtmal achthundertMenschen bauten das Haus (die unterirdische Leichenkammer ) .Achtmal achthundert Menschen bauten die Halle (der oberirdischeOpferraum) . Achtmal achthundert Menschen trugen Erde herbeiund häuften sie über die Halle ,

'

schlugen und brannten sie . DerBerg (die tumu lusartige Pyramide ) stieg höher und hoher.Jeden Abend stiegAnnallja Tu - Bari mit ihren Fürsten , Horro und

Djalli auf die Spitze des Berges . Jeden Abend sangen die Djalli dieLieder von dem Helden . Jeden Abend sang Tarara fe das Lied vonSamba Gana. Jeden Morgen erhob sich Annallja Tu - Bar i und sagte

„Der Berg ist nicht hoch genug. Baut ihn bis ich Wagana sehenkann .

“ Achtmal achthundert Menschen trugen Erde herbei undhäuften sie über den Berg , schlugen sie und brannten sie . AchtJahre lang stieg der Berg hoher und hoher . Am Ende des achtenJahres ging die Sonne auf , Tarara fe sah umher und r ief : Ann a llja

Tu-Bari , heute kann ich Wagana sehen.

“ Anna llja Tu - Bar i sahnach Westen . Annallja Tu - Bari sagte : I ch sehe Wagana ! SambaGanas Grab ist so groß , wie es sein Name verdient .

Annallja Tu - Bari lachte .Annallja Tu - Bari lachte und sagte : „Nun geht ihr alle , ihr Ritter

und Fürsten auseinander,verbreitet euch uber die ganze Erde und

werdet zu Helden gleich Samba Gana.“ Anna llja Tu - Bar i lachtenoch einmal und starb. Sie ward neben Samba Gana in der Leichenkammer des Grabberges bestattet.Die achtmal achthundert Fürsten und Horro zogen aber von

dannen , j eder in einer R ichtung , kampften und wurden großeHelden .

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5 . Dama Ng iles S chwert

ama Ngile war der Sohn Daibus. Als die Frau Daibus mit demK inde schwanger ging , sagte Gott eines Nachts zu Daibu

Nenne den Sohn , den deine Frau zur Welt br ingen wird , ‚Dama

Dama bedeutet eine große Art von Rindern,die inWagadu

heimisch ist und Ngi le bedeutet : groß . Als Daibu das von Gotthorte

,wußte er Bescheid ; denn dieser Name stand eingeschrieben

in die Klinge eines alten verheißenden Schwertes , zu der eine goldene Scheide gehörte . Als Daibu das hörte , wußte er , daß aus seinemGeschlechte der zukun ftige Konig Wagadus hervorgehen wurde .Dama Ngile war fürs erste Jager und war oft mit vielen Hunden

auf der Jagd . Er wußte aber von dem Vorhandensein des Schwertes ,und im Traume hatte er gehört , daß dies Schwert in die HändeSun jattas gefallen sei , der damals Mande beherrschte . Somi tmachte sich Dama Ngile eines Tages auf und wanderte nach Mande .In der Stadt Sun jattas ward er zunachst bei einem Garanke aufgenommen und untergebracht. Bei diesem verbrachte er drei Monate . Dann begab er sich aber eines Tages zu Sun jatta und sagteGib mir ein Messer , denn ich bin ein Jager und ich werde so besserdas Wild abhäuten und zerlegen können .

“ Sun jatta hatt e ein ganzesMagazin voller Messer . Daruber hatte er einen Aufseher gesetz t ,der war

,wie al le Leute des Landes , ein Malinke . Sun jatta sagte nun

zu diesem Manne , er solle alle Messer durcheinander und das Messermit Dama Ngiles Namen zu unterst werfen . Der Aufseher tat es.Sun jatta gab Dama Ngile die Er laubnis , sich ein Messer aus dem

großen Haufen herauszugreifen . Dama Ngile gri ff zu . Sogleichhatte er das rechte Messer

,wenn es auch unter den anderen nicht

zu sehen war. Man mischte die Messer nochmals , und nochmalsgri ff Dama Ngile sogleich das rechte Messer heraus . Man mischtezum dri tten Male , aber wiederum erhaschte Dama Ngile die rechteWaffe und darauf sagte Sun jatta : Gu t , so mag er das Messer nehmen , denn Dama Ngile ist die Liebe dieses Schwertes .Vor seiner Abreise nach Mande besaß Dama Ngile schon eine Frau

,

die hieß Djuma Turre und deren Vater war Dindingalli Turre .Sonst hatte er nur noch einen Hund und einen Sklaven. Als er nunzu ruckkeh rte , beschloß er , in Banebagade bei Kinki im Wagadu

lande zu j agen. Aus der Gegend von Kumiakase , wo die Diarraherrschten , konnte man seinen Kopf und seine Schultern emporragen sehen

,so mach tig war Dama Ngile gebaut. Es wurde dem

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Wir sind arme Leute , aber wir werden dir geben , was wir haben .

Fassa sagte : Du bist freundlich . Ich will mit dir kommen.

“ UndFassa ging mit in das Lager Dama Ngiles .

Dama Ngile hatte j üngst einen Kan jam- barre (ein großer Vogelmit mach tigem Schnabel ) getötet. Es war noch etwas vorhanden .

Als Djuma für Fassa Speise , eine Sch u ssel‘

mit Reis , bereitete , legtesie von dem kalten Vogel auf die Schussel . S ie wußte aber nicht ,daß gerade das Fleisch dieses Vogels ein ausgezeichnetes Mittelgegen solches Pfeilgi ft ist. Als Fassa nun gegessen hatt e , legte ersich hin und entschlief sogleich . Er schlie f lange und sehr fest .Er wachte erst am anderen Tage auf. Inzwischen kam Dama Ngileheim. Seine Frau erzählte ihm alles . Als nachher Fassa erwachte ,fragte Dama Ngile ihn : Wie befindest du dich ?“ Fassa sagteIch befinde mich wieder recht gut.“ Daraufhin gab ihm DamaNgile von dem frischen Fleisch e eines soeben getöteten Kan jambarre .Als Fassa das gegessen hatte , ward er gesund und so kräftig , als

wenn nichts vorgefal len wäre . Er sagte zu Dama Ngile : „Ich wil lGott bitten

,daß er dich zum Könige von Diarra mache .“ Dama

Ngile sagte : „Ach , ich bin arm . Ich habe nur Weib , Kind , Sklaveund Hund . I ch bin ein einfacher Jäger und sonst nichts .“ Fassaaber sagt e : „Das macht gar nichts .

“ Fassa machte neun Sa fa je

(Amulette aus Sch riftstre ifen mit Koranversen ) . Mit den neunSafaj e ging er in die D iarraortsch aft und grub heimlich einen anj edem Hauspfosten und einen unter dem Sitz ein. Das hatte zurFolge , daß unter den Söhnen Mana Maga Niarrates , der der ältereder beiden Brüder war

,und denen Fa tame Niarrates Streit ausbrach .

Im Diarragebie t entstand Krieg. Bemba kam um das Leben .

Sagna Niarrate wanderte nach Netu bu llu am Senegal , das in derRichtung auf Bondu zu liegt. Ein Bruder dieses kam mit seinemVolke in das Bamakogebie t . In kurzer Zeit war die Kraft desD iarragebie tes so geschwächt , daß die Alten sich nicht mehr zu

hel fen wußten . Darauf zog Dama Ngile nach der Konigstadt undfragte : Wie ist der Brauch dieses Landes ?“ Mana Maga Niarratesagte : „Der eine bringt mir von Jagdbeute und Schlachtvieh die Brust ,der andere dagegen die Seitenstücke Dama Ngilesagte : „Das werde ich in Zukunft auch tun .

“ Darauf sagte ManaMaga Niarra te : „Wenn du das tun willst , so sol lst du in Zukunfthier Herr sein

,und ich wil l dein Diare (Spielmann gleich den

Dia lli der zentralen Mande ) werden .

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So baute sich Dama Ngile in Diarra an . Er sagte aber zu seinemSohne S ira Maga : Wenn ich sterbe , so laß mich in mein LandBamba Gade zuruckbringen und in j enem Lande bestatten .

“ SiraMaga versprach es und führte es auch aus . Aber er wurde nichtallein bestattet. Neben ihm ruhte Djon Fisko , sein erster Höriger ,mit dem er schon in Mande war. Das Grab l iegt zwischen Nj oround Gumba und zwar (genauer ) zwischen Njerere und Turrungume . Es ist sechzig Fuß lang.

6. D ie kluge Hatumata Dj aora

Nach der Zeit gab es in Wagadu eine Frau , die war wunderbarschön. Sie war noch schöner als Sia Jatta Bar i (s . S . 67 ff. )

und hieß : Ha tumata Djaora , denn sie war aus der Familie derDjaora. Sie war die Schönste im ganzen Lande und ihr Vater sagteIch will nicht , daß du j e einen Mann heiratest , den du nicht selbsterwählt hast. Ich werde dir keinen Mann aufdrängen . Dein Willeist frei !“ Hatumata sagte : Wenn ein Mann reich ist , wenn erviele Pferde und Herden hat, so werde ich ihn deswegen nichtheiraten , denn ich liebe nicht die reichen , i ch liebe nur die klugenMänner.“ Der Vater richtete für Hatumata ein großes Gehöft ein ,darin lebte sie mit ihrer Mutter. Das Gehöft hatte drei Torhäuser .In j edem Torh ause waren einige Gefangene und ein Hund alsWachter.Es kamen nun viele Leute

,die um Ha tumata warben

,da sie so

schön war . Wer einen Ochsen hatte , der bot einen Ochsen , werzwei Ochsen hatte

,der bot zwei Ochsen

,wer zehn Ochsen hatte ,

der bot zehn Ochsen , wer zwanzig Ochsen hatt e , der bot zwanzigOchsen . Hatumata antwortete aber : „Ich heirate nicht nach Ochsen , sondern ich heirate nach dem Kopfe , nach der K lugheit einesMannes.“ Der Vater hatte einen alten Hörigen , der hieß Alan j .Bei dem mußten al le Leute absteigen

,die sich um Hatuma ta be

warben. Es kamen viele Leute . Es kamen auch einmal Leute ausSegu . Der Vater Hatumatas sagte : Wohnt bei Alan j , meine Tochter wird euch Essen senden.

“ Hatumata sandte mit dem Esseneinen kleinen Hörigen . Sie sagte zu dem Horigen : Achte genaudarauf , wie die Leute das essen , was i ch ihnen sende . Achte darau f , was sie sprechen . Nachher trage die leeren Kalebassen fortund br inge sie mir.“ Hatumata sandte als Essen eine Schüssel mitBrei und legte darauf ein Stück Kuchen mit wenig Fleisch und vier

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rote Ko lanusse (ngoro dumbe ) . Der kleine Horige ging hinüberund brachte das Essen hin . Er setzte sich zur Seite nieder. DieFremden gri ffen

,ohne etwas zu sagen

,in die Schüssel und aßen

al les auf. Der kleine Hörige kam dann herbei , ergr i ff die leerenKalebassen und brachte sie seiner Herr in . Hatumata fragte : Wieist es verlaufen ?“ Der kleine Hör ige sagte : „Sie haben ohne einWort zu sagen

,alles aufgegessen.

“ Ha tumata sagte : „Bestelle denLeuten

, sie soll ten sogleich wieder abreisen . Mit solchen Leutenhabe ich gar nichts zu tun .

“ Der Knabe bestel lte es. Die Leutegingen von dannen . So verl ief es mit sehr vielen Leuten . Hatumata

antwortete j edesmal : Solche Leute heirate ich nicht.Im LandeWagadu war ein Mann , der hieß Kide Djaora , stammte

also aus der gleichen Sippe wie Hatumata . Kide sagt e : WennH a tumata sagt , sie heirate nicht nach Ochsen , sondern nach demKopfe und der Klugheit , dann wil l i ch einmal versuchen , ob es mirgelingt

,sie zum Weihe zu erhalten , dann wird das wohl kaum

einem anderen besser gelingen , als mit .“ Er machte sich mit einem

alten und einem jungen Begleiter auf den Weg und langte in derHauptstadt an . Er kam zu dem Vater Ha tuma tas . Er sagte : Ichmochte deine Tochter heiraten.

“ Der Vater sagte : „Geh und schlafebei meinem alten Horigen Alan j . Meine Tochter wird dir das Essensenden .

“ Die drei Leute stiegen also ebenfalls bei Alan j ab .

Hatumata stellte inzwischen den Brei her,legte vier rote Kola

nusse und einen Knochen mit wenig Fleisch darauf und sagte zudem kleinen Hörigen : Br inge das zu Kide und seinen Begleitern .

Merke sehr wohl auf , wie sie das essen und berichte mir , wenn dudie Kalebassen zurückbringst , ganz genau.

“ Der kleine Hörigebrachte das Essen in das Haus Alan js zu den drei Gästen und merktegenau au f , was sich ereignen wurde . Kide sah auf die Schüssel .Er nahm den Knochen mit dem wenigen Fleisch

,legte ihn beiseite

und sagte : „Vielleicht gibt es da , wo die Kalebassen wieder hingehen , j emand , der danach Hunger h at .“ Dann nahm er die vierroten Kolanusse beiseite und begann den Brei (bei Soninke kininkute ) mit den Kameraden zu essen . Endlich legte er die roten Kolanusse wieder in die leere Kalebasse und l ieß sie durch den kleinenSklaven zu Hatumata zurücktragen . Hatuma ta nahm die Kalebasse mit den vier roten Kolanu ssen und fragte : Wie ist es gegangen ?“ Der Hörige sagte : Kide hat den Kn ochen mit demwenigen F leisch zur Seite gelegt und gesagt : ‚

Viel leicht gibt es da ,wo die Kalebassen wieder hingehen

,j emand

,der danach Hunger

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hat.‘ Dann legte er die Kola beiseite , aß mit den Kameraden denBrei und legte die roten Kolanüsse wieder in die Kalebasse .“ Hatumata sagte : Kide kann bis morgen bleiben . Das sind andereLeute .“ Der kleine Sklave ging zu den drei Männern hin und sagte :Ihr konnt bis morgen bleiben .

Am anderen Tage sandte Hatumata eine Schussel mit Brei , aufdem zwei rote Kolanusse , zwei weiße Kolanüsse (ngorro kulle oderkolle ) und ein Knochen mit wenig Fleisch lagen . Kide betrachtetedas Ger icht. Er legte den Knochen mit dem Fleisch beiseite undsagte : Vielleicht gibt es da , wo die Kalebassen wieder hingehen ,noch j emand

,der danach Hunger hat.“ Alsdann legte er auch die

roten Kolanüsse beiseite und aß den Rest der Schüssel mit den beidenweißen Kolanussen au f. Zuletzt legte er die roten Kolanüsse wiederin die Kalebassen und sandte die leeren Schüsseln an Hatumata

zurück. Ha tumata nahm die Kalebassen mit den zwei roten Kolamussen und fragte : Wie ist es gegangen ?“ Der Horige sagte

„Kide hat den Knochen mit dem Fleisch beiseite gelegt und gesagt : ‚

Vielleicht gibt es da , wo die Kalebassen hingehen , noch j emand , der danach Hunger hat.

‘ Alsdann legte er die roten Kolanusse beiseite , aß mit den Kameraden die weißen und den Brei au fund schickte die leeren Kalebassen mit den roten Kolanüssen wiederzurück .

“Hatumata sagte : „Kide kann bis morgen bleiben . Das

ist ein anderer Mann .

Am dr itten Tage sandte Hatumata ein Ger icht von Brei , daraufhatte sie gelegt : vier weiße Kolanüsse , einen Knochen mit wenigFleisch daran , einen Strohhalm , einen Baumwollsamen , einen Tommonokern . Außerdem war der Korbdecke l so darauf gelegt , daßnur die Hälfte des Inhaltes bedeckt war. Als Ha tumata die Speisefortgesandt hatte , sagte sie zu ihren Leuten : Macht mein Zimmerund mein Bett recht in Ordnung

,denn heute kann sich vielleicht

etw as ereignen .

“ Inzwischen kamen die Schüsseln mit den Speisenzu Kide. Kide nahm den Knochen herunter , legte ihn beiseite undsagte : Vielleicht gibt es da , wo die Kalebassen wieder hingehen ,noch j emand , der danach Hunger hat.

“ Dann nahm er Strohhalm ,

Baumwollsamen korni ) und Tommonokern weg , steckte sie indie Tasche und sagte : „Heute wollen wir alle (vierweißen ) Ko lanusse

und den Brei essen .

“ Er aß al les auf und gab die ganzlich leerenKalebassen dem Knaben zurück . Der kleine Hörige brachte sie zu

Hatumata . Hatumata fragte : Wie ist es abgelaufen ?“ Der kleineHorige sagte : „Kide hat den Knochen genommen und beiseite ge

6 Frobenius, A tlan tis VI . Band 8 1

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legt . Dazu sagte er : ‚Viel leicht gibt es da , wo die Kalebassen wieder

hingehen,noch j emand , der danach Hunger hat.

‘ Dann hat erStrohhalm

,Baumwollsamen und Tommon okern in die Tasche ge

steckt und gesagt : ‚Heute wollen wir al les aufessen , den Brei unddie Kolanüsse .‘ Sie haben alles gegessen und mir die leerenSchüsseln wiedergegeben .

“ Hatumata sagte : „Das ist der rechteMann , r ichtet mein Schlafzimmer und mein Bett gut her.

“ Al s

dann ging Hatumata zu den Sklaven , die an den Toren Wache hielten

,gab ihnen einen Hammel und sagt e : „Diese Nacht braucht ihr

nicht zu wachen . Nehmt diesen Hammel , eßt ihn und macht euchirgendwo anders eine vergnugte Nacht.

“ Dann sagt e sie zu ihremSklaven : Bringe mir einen weißen großen Baumwollsamen !“ DerKnabe brachte ihn . Als es Abend war , legten sie den Baumwollsamen vor die Türe und legten sta tt der Holztür eine Strohmattevor die Turöffnung , die aber den Eingang nur zur Hälfte schloß .

Gegen Mitt ernacht erhob sich Kide im Hause Alanjs , weckteseine beiden Kameraden und sagte : Wacht auf Die beidenKameraden erhoben sich . Der Alte sagte : „Was gibt es ?

“ Kidesagte : „Heute nacht noch will i ch hingehen und mich verheiraten .

Der Alte fragte : Welche Frau willst du heiraten Kide sagte

„Ich will Hatumata heiraten .

“ Der Alte sagte : Was sind das al lesfür Sachen . Alle anderen Leute dürfen nur einen Tag hierbleiben .

Du aber bist schon drei Tage hier. Nun sagst du auch noch , daßdu Hatumata in dieser Nacht heiraten willst.“ Kide sagte : „Hatumata gefällt mir eben .

“ Der Alte fragte : Sol len wir anderenwachen ?“ Kide sagte : „Nein , das braucht ihr nicht.

“ Der Altesagte : „Dann wil l ich mir einen anderen Platz suchen . Die Sachescheint mir doch recht gewagt zu sein .

“ Der Alte verl ieß darauf dasHaus Alan js , ging zu einem anderen Bekannten und sagte : Kidewill heute Hatumata beschlafen . Ich komme zu dir , damit du mirnachher bestätigen kannst , daß ich nichts mit diesen Sachen zu tunhatte , wenn ich auch mit Kide gekommen bin .

“ Der Alte blieb da .

Kide machte sich auf den Weg. Im ersten Torh ause waren keineWächter , aber ein Hund . Der Hund wollte ihn anfal len , da warf ereinen der drei Knochen hin . Der Hund war zufrieden. Im zweitenTorwege waren wieder keine Wächter

,aber ein Hund . Der Hund

wollte ihn anfallen , da warf er einen Knochen hin . Der Hund warzufrieden . Im dr itten Torh ause waren abermals keine Wächter ,aber ein Hund . Der Hund wollte ihn anfal len . Er warf ihm dendritt en Knochen hin . Hinter dem Torwege teilte sich der Weg , der

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eine fuh rte nach rechts , der andere nach links . Kide sah scharfhin . Auf dem linken Wege lagen Tommonokerne . Er zog den Kern ,den er von der dr itten Schüssel genommen hatte , aus der Tasche ,legte ihn vergleichend neben den Haufen von Tommonokern en undwählte diesen l inken Weg. Danach betrat er einen Platz

,an dem

lagen vier Häuser mit vier Türen in einer Linie . Er bemerkte,daß

drei der Häuser mit Holztüren , das vierte aber mit einer Rohrplatt ehalb geschlossen war. Vor der Stroh tür lag ein weiß leuchtenderBaumwollsamen . Kide nahm den Baumwollsamen und das Strohstückchen , welche beiden Sachen er von der Speise Hatumatas genommen hatte

,aus der Tasche , legte den Baumwollsamen ver

gleichend neben den weißen Flocken am Boden , das Strohstückneben die Tür.Danach trat er in die halb geo ffnete Tut . In diesem Augenbl ick

streckte sich Hatumata derart , daß der vorgehängte Stoff in denSchnüren riß und herunterfiel . Kide trat zu ihr. Hatumata sagteWas willst du hier ?“ Kide sagte : „Du gefäl lst mir.

“ Hatuma ta

fragte : Wie kommst du her Kide sagte

„Du sandtest mir am ersten Tage ein Gericht mit vier roten Kolanussen . Man fügt sonst nicht zum Brei Kolanüsse. Es mußte mirdies um so mehr auffallen , als alle vier rot waren und daß daneben ein Knochen mit allzu wenig Fleisch für einen Menschen lag.Ich schloß daraus , daß ich nicht zu dir kommen dürfe , weil dudie Regel hast (Menstruation iramburre ) , denn alle vier Kolawaren von der roten Art. Der Knochen mußte aber bestimmtsein für den Hund , der in deinem Torwege lag. Am zweiten Tagesandtest du mir zwei rote , zwei weiße Kolanüsse also wardeine Regel schon nahe dem Ende . Dann war da ein zweiterKnochen

,der mir anzeigte , daß im zweiten Torh o fe ein zweiter

Hund zu überwinden war . Am dri tten Tage erhielt ich vier weißeKo lanusse , und wußte , daß deine Krankheit beendet war. Ich fandaußerdem den Deckel über der Speise nur halb geschlossen undmußte annehmen , daß du deine Tür nur halb geschlossen hättest undmich in der Nacht erwartetest. Aus dem Knochen schloß ich , daß ichnoch einen Torweg durchschreiten mußte

,in dem abermals ein Hund

liege . Der Strohhalm , Tommon okern und Baumwollsamen mußtenmir irgendwelche Angaben über den Weg zu bieten haben , und somitsteckte ich sie in die Tasche . Nachts machte ich mich au f den Weg .Wie ich angenommen hatte , lagen drei Torwegh auser h in tereinander , in deren j edem ein Hund zu beruhigen war . Ich gab die

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drei Knochen und war nicht in Versuchung , den r ichtigen Wegnach rechts und l inks zu ver lassen . Nach den drei Torhäusern tei ltesich der Weg. Ich fand aber sogleich die rechte Straße , denn linkslagen Tommonokern e . Weiterhin kam ich an einen Platz , an demvier Häuser mit vier Türen waren . Ich konnte nicht fehlgehen ,denn drei Hauser waren mit Holztüren geschlossen , nur eine miteiner Stroh platte . Hier mußtest du wohnen und auf mich warten ,denn einmal hattest du mir einen Strohhalm gesandt , zum zweiteneinen Baumwollflocken , wie auch ein solcher durch die Nacht vordeiner Tur leuchtete und endlich war die Stroh tür nur halb geschlossen , gleichwie die Speise heute nur zur Hälfte bedeckt war .Also sagte ich mir , daß ich eintreten dürfte . Daß i ch al les rechtverstanden habe , erkannte ich daran , daß , als ich eintrat , du dichso lang strecktest , daß die Schnüre deines Vorhanges rissen und erherabfiel , so daß du j etzt in deiner Schönheit mich begrüßt .

Da sagte Hatumata Djaora : „Komm !“

11 dieser Nacht beschlief Kide Hatumata . Am anderen Morgenbrach er auf und sagte zu seinem Weibe : „Ich will in mein Dor fgehen und meinem Vater erzählen

,daß ich geheiratet habe. Dann

komme ich , wenn sonst nichts geschieht , wieder.“ Er nahm Ab

schied und machte sich auf den Weg. Die wohlhabenden Leutevon Wagadu waren daruber wütend , daß Kide , der nicht einmalaus der Hauptstadt war

, Hatumata Djaora erlangt hatte und beschlossen , sich hierfür zu rachen . Sie hörten , daß sich Kide aufmachte , um heimzukehren und seinem Vater die Nachricht vonseiner Heirat zu bringen . So machten sich denn sieben bewaffneteLeute au f den Weg

,um ihn irgendwo abzufangen und zu töten .

Sie versteckten sich im Busch .

Nach einiger Zeit kam Kide . Die sieben Morder umr ingten ihnund sagt en : Wir wollen dich toten . Wie kan nst du es wagen , dieFrau zu nehmen

,die wir alle nicht zu erreichen vermochten ; wir

werden dich töten !“ Kide sah wohl , daß er sterben musse ; er sagt ej edoch : Ich will euch sagen , wie ihr das Gold erhalten konnt , dasich bei Ha tumata zurückließ .

Die Mörder sagten : „Rede !“ Kide sagte : Sagt zu meinem

Weibe Hatumata , ich hatte euch gesandt , damit ihr euch von ihrdas Geld geben laßt

,das unter ihrem Bette l iegt und von meinem

K0pfe bis zu meinen Füßen reichte . Wenn sie euch dann nichtglauben sollte und euch um weitere Erkennungszeichen angeht ,

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lohnen mußte . Kide hat kein Gold zuruckgelassen . Die Bestellung ,die er mir aus dem Busch durch diese Leute hat zukommen lassen

,

hat einen anderen Sinn . Das Gold , das von seinem Kopfe bis zuseinen Fußen reichte

,ist das Blut , das dem Überfal lenen vom Kopfe

bis zu den Füßen überströmte . Der Kamerad , der vom Morgen biszum Abend bei ihm ist

,der Kamerad mit den langen Hosen , ist

der Geier , dessen Federn bis auf die Klauen h erabreich en . Er hacktan seinem Leibe tagsüber. Der Kamerad , der vom Abend bis zumMorgen bei ihm weilt

,der alte Kamerad mit dem vorgestreckten

Kopfe , das ist der Schakal , der nachts uber an ihm zerrt . DerKamerad , den er erwartet , der Kamerad ohne Fuße und Hände , dassind die Würmer , die den Leichnam aufsuchen werden um ihn zuvernichten . Die Absicht Kides ist vollkommen klar , wenn er sagt ,daß diese sieben Mörder das Gold erhalten sollen , das Kide ihnenschulde , so heißt das , daß ich ihr Blut ebenso vergieße , wie sie dasKides vergossen haben . Das ist das Gold , das ich ihnen gebenwerde . Vorher aber wollen wir auf dem Wege nach dem Dor fevon Kides Vater die Tat feststellen , Kides Leichnam suchen und ihnbestatten . Denn

er war ein kluger Mann , der eine ehrl iche Besta ttung erfahren muß .

Die Horigen des Vaters Hatumatas fesselten die sieben Morder .Man suchte und fand den Leichnam Kides. Man bestattete Kideund ließ über seinem Grabhügel das Blut der sieben Morder fließen .

Seitdem das geschehen ist , sol lte niemand danach trachten , einereiche Heirat zu machen , sondern j eder sollte danach sehen , einekluge Frau oder einen klugen Mann zu ehel ichen .

7. Der S treit der Dabora und Sagone

(Ausklang der epischen Wagadudich tung in der Verzerrung geschichtlicherEre ign isse)

Si ra Maka wurde Konig in diesem Lande und als solcher wurdeer genannt Fari König ) Sira Maka. Er hatte dre iund

dreißig Söhne , die zum Teil , ohne j ede Bedeutung gewonnen zu

haben , starben . Sieben aber unter ihnen wurden Könige . Untereinigen brachen schwere Streitigkeiten aus . Aber die Kriege nahmen doch später ein Ende . Die sieben Söhne , welche Könige wurden

,hießen :

1 . Dabo Mabu oder Dabo Mamuru . Er selbst ward Mabu oderMamuru genannt , seine Mutter aber hieß Dabo .

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2 . Dama Mbana , der den Namen Dama nach seiner Muttererhielt.

3 . Bagala Wali Sagae tigi Mannia , dessen personlich er Name Waliwar . Seine Mutter hieß Bagala , und Sagae tigi Mamnia soll bedeuten ,daß seine Mutter viele Verwandte hatte. War ein guter Freund derMauren .

4 . Bäi Tergissi. Man nennt im allgemeinen den Namen seinerMutter nicht. Es war dies Sago , und somit ist Bäi Tergissi derStammvater der Sagone .

5 . Mamudu Köita , der Stammvater der Familie , die bei den FulbeBari und Marka Köita , bei den Malinke aber den Namen Makaloführt.6 . Djambere , dessen Mutter Fatuma Assa hieß .

7 . Baba Saba , dessen Mutter Linge Dukure war.Von allen dreiunddreißig Söhnen Far i Makas bl ieb Dabo Mamuru

vereinsamt , wahrend seine zweiunddreißig jüngeren Geschwistersich gegen ihn zusammentaten . D er erste Sohn Dabo Mamurus

hieß Djugutu . Der schwerste Kr ieg brach zwischen den Nachkommen der Dabo mit Namen S i la Mabu und den Nachkommen desSago , dessen Sohn Bäi Tergissi war , aus. Und das kam soBäi Tergissi war sehr häßlich , aber ebenso tapfer. Dagegen war

Sila Mabu aus Dabos Geschlecht ein ungewöhnlich schoner Mann .

Bäi Tergissi und S i la Mabu hatten mancherlei Liebesabenteuer miteinander . Eines Tages war Sila Mabu verliebt in ein Mädchen , mitdem Bäi Tergissi nachts zusammenkam . Bäi Tergissi vermied esängstl ich , tagsüber mit seiner Geliebten zusammenzukommen , damit diese nicht die Häßlichkeit seines Gesichts erkenne . Sila Mabunun sagte eines Tages , von Eifersucht getrieben , zu dem Mädchen

„Dein Gel iebter ist so häßlich und entstell t, daß er es nicht wagt ,sich dir tagsüber zu zeigen . Wenn du mir nicht glaubst , daß dieswahr ist , und wenn du sehen willst , wie häßlich dein Geliebter ist ,so lege , ehe er kommt , einen deiner Ringe unter das Bett. Wennihr nun sch erzet , sage : ‚Mein Ring fiel mir herunter , mach

’ Feuer !‘

Bestehe dann darauf , daß Licht gemacht wird und sieh dir alsdann deinen schönen Geliebten an .

“ Das Mädchen wollte dem Ratenicht folgen .

Aber das Madchen war neugierig. Sie folgte dem Rate desschönen Sila Mabo . Das Licht ward entzündet. Die Schmach furBäi Tergissi war groß . Er wußte sogleich

,daß Sila Mabu diesen Rat

gegeben haben mußte.

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Am anderen Tage begab er sich zu einer Frau mit Namen S iraNomogo ,

die wohnte in Djo foga . S ie war alt und woh lbekann t dafür

,daß sie al lerhand Zaubermittel zur Hand hatt e , die nur wenige

kannten. Er ging zu ihr hinein und sagt e ihr : Gestern habe ichmeine Familie sich uber mich lustig machen horen . Nun will i chden Krieg beginnen . Sorge , daß mir nichts widerfahre , ehe ichnicht die Schmach vergolten habe .“ Sira Nomogo sagte : „Ich wil ldich gern fest gegen alle Waffen machen , nur benötige ich dazudas Auge eines Burschen , der der einz ige Sohn seiner Eltern ist.

Bäi Tergissi hatte einen Kameraden , der war ihm immer sehrtreu gewesen und er war außerdem das einz ige Kind seiner Eltern .

Er hieß Siatigi S i la Nkamba. Dem erzählte er, was ihm begegnetwar und was die alte S ira Nomogo zu ihm gesagt hatte . Da sagteder Bursche : „So nimm doch mein Auge.

“ Bäi Tergissi nahm dasAngebot an . Die Alte bereitete mit dem Auge ein Medikament. S iegab es Bäi Tergissi und sagte : „Erst wasche dich hier im Dor fe einmal mit dem Mittel . Dann gehe an den Fluß . Schwimme uber denFluß . Auf der anderen Seite steht ein Palmbaum , den mußt du besteigen , und da oben mußt du dich mit diesem Mittel noch einmalwaschen . Während der ganzen Unternehmung darfst du keineFurcht verspüren , was auch unterwegs geschehe . Du darfst keinFurch tge fuh l aufkommen lassen , bis du wieder ins Dorf zurückgekehrt sein wirst.“ BäiTergissi nahm das Medikament und sagte

„Es ist gu t .“

Bäi Tergissi wusch sich erst im Dorfe , dann ging er in den Flußund schwamm h inuber. Er kletterte auf den Palmbaum. Auf demPalmbaume war die Schlange Bida. Als er sich wusch , streckte sieden Kopf empor. Sie ragte in Windungen weit empor. Er aber erschrak nicht , sondern wusch sich . Er stieg herab , um uber den Flußheimzukehren . Aus dem Flusse streckten dieWi lden Tiere ihre h äßl ichen Gesichter empor. Er , Bäi Tergissi, aber ging unerschütt ertüber dem Wasser des großen Flusses und zwischen den Tieren hinnach dem Dorfe zuru ck. Er empfand keine Furcht.Im Dor fe l ieß er siebzehn Horige zusammenbinden. Die brachte

er der Alten als Gabe fur das Medikament. Eines Tages war er beider Alten und plauderte mit ihr. Die Alte sagte zu ihm : „Sieh dorthin .

“ Am Rande eines großen Wassert opfes saß eine dicke Kröte .Die Kröte machte einen Sprung und versuchte in den Wass ertopfzu kommen . Der Sprung mißlang. Die Kröte machte noch einenSpru ng und versuchte nochmals

,in den Wassertopf zu gelangen .

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Auch der zweite Sprung mißlang. Die Krote machte noch einendr i tten Sprung und versuchte in den Wassertopf zu kommen . Diesmal gelang der Sprung. Die Krote saß im Wassertopf. Die alte SiraNomogo sagte : „So wird es dir auch ergehen . Zweimal wirst duvergebens zum Sprunge ansetzen und nicht gewinnen . Das dr i tteMal wirst du Glück haben und deine Familie überwinden .

Der Krieg begann . Bäi Tergissi und Si la Mabo , die Sagone undDabora schlugen sich zweimal , ohne daß einer den Sieg über denanderen davontrug. Das dri tte Mal kam es zwischen Nj oro undKayes bei Gidime zum Gefecht. Ein H irt Bäi Tergissis mit NamenKembu Gollo fa warf eine Lanze in den Rücken des auf dem Ruckwege begriffenen Königs S i la Mabo . Der H irt sagte : „Du bist vonmir mit meinen Lanzen verwundet worden . Ich bin Kembu Gollofa .

Sage das aber nicht in deinem Dorfe , denn sowie du es ausspri chst ,wirst du sterben . Das Gift an meiner Lanze ist von ganz besondererSorte . Es ist gewonnen von einem ersten Kalbe oder der erstenMilch ) einer Kuh , aus der ich Butter bereitete . Sprich also nicht indeinem Dorfe davon. Sonst stirbst du.

“ Sila Mabo floh eil ig vondannen.

Eines Tages war im Dorfe Sila Mabos ein großes Tamtam. JederKrieger holte sein Gewehr und j eder erzählte (renommierte ) : „I chhabe das getan , ich habe das getan .

“ Jeder erzählte von seinenKriegstaten und Kriegserlebnissen . S i la Mabo zwang es Ertrat auf. Er sagte : „Ich habe großen Zorn im Herzen. Es war einHund

,der hatt e keine Farbe ; nicht ein Konig hat mich verwundet ,

sondern ein H irt. Ach , wie wenig schmerzt die Wunde , aber wieschmerzlich ist der Grimm in meinem Herzen. Ich bin verwünschtund es ist eine Schande . Die Worte , die mir zugefügt sind , schmerzen mehr als die Wunde .“ Bei dem Tanze war auch die Schwesterdes Hirten Kembu Gollofa . S ie sang : „Mein Bruder ist H irt , aberer tat niemals j emandem

,auch nicht einmal einem Ochsen , ein

Leid an.

“ Darauf entbrannte der Zorn des Königs und er r ie f

„Kembu Gollofa hat mich verwundet.“ Er ging in seine Hutte undstarb .

8. Das M esser Dama Ng iles

der Krieg zwischen Bäi Tergissi und Sila Mabo beendet war ,nachdem beide gestorben waren

,regierte der König Ma

dambu Diaora und führte einen fun fjäh rigen Krieg gegen dieMassassi , die unter dem Könige Mamadi Kanian fochten . Mamadi

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Kanian siegte uber Madambu Diaora und nahm das gesamte Markagebiet ein . Einige Diaora flohen nach der Stadt Dial la bei Badimbe ,in der Kakorro und Diarra untereinander leben . In diesem Kriegeging das Messer Dama Ngiles verloren . Einige sagten , es sei in dieHande der Massassi gefallen , andere sagten , es se i im Busch verloren gegangen .

Eines Tages war ein Sklave , und zwar ein Diawan do (die Diawando sind mißachtete Spiel leute der Fulbe ) , der Sklave des H irtenMaliki Diawando , im Busche um Holz zu sammeln . Es war Abendgeworden und dunkel . Der Sklave konnte kaum den Weg abtasten .

Da sah er mit einem Male das Messer Dama Ngiles hel l aufstrahlenwie eine Lampe . Er ging ganz nahe hin. Erst verbreitete es einherrl iches Licht , als er aber nahe daran war , verschwand es plo tzl ich . Er ging zuruck , blickte ruckwärts ; wieder erstrahlte dasMesser.Aber als er nochmals umkehrte und suchte

,wiederholte sich das

alte Spiel . Endlich das dritte Mal kam er so nahe , daß er es vorsich l iegen sah und aufheben konnte . Er steckte es schnell unter denRock .

Das Messer war sehr wertvoll . Es hatte zwei goldene Schneidenfortsätze wie ein Pfei l . Man hatte schon zehn Sklaven dem geboten , der das Messer wiederfinden wurde . Der Sklave brachte dasMesser seinem Herrn , Maliki Diawando , und der sandte es demregierenden Kö nige der Diaora , der hieß Biranze Karunga. Dannfiel Hadj ins Land und eignete sich das Messer an . Er übergab esseinem Sohne Amadu , der hatte es in Nioro , als die Franzosen einfielen . Uo libo Baba (1908 in Nioro ) war damals der Wachter.Als die franzosisch en Truppen (zirka 189 1 ) kamen , spielte Uo liboBaba diesen das he il ige , alte Messer Dama Ngiles in die Hand , unddamit war die Hoffnung Wagadus , j emals wieder aufblühen zukönnen , zerstort .

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sich mit dieser Art mischten und dann be i der Ausdehnun g desSongh aireich es (wohl zur Zeit Sonni Alis , der diese Län dereroberte ) die Provinz Kala gewannen und zu hoher B lüte brachten .

Die Helden wirkten aber nicht nur in ihrem eigenen Lande. Siezogen gern in das reiche Faraka , in die Gebiete , in dem heute Seguund östl ich Massina l iegen , hinein , eroberten dort aus den südl ichenNegerländern stammende Goldschätze und von den Fulbe ebendain großen Herden gezüchtetes Vieh . Sie waren auch vol ler Verständn is für die schönen Frauen der Fulbe , die al lerdings j edesMannes Auge erfreuen müssen , und dieses Wohlgefal len so sagendie Barden der Soninke selbst wurde ihnen oft und viel fach zumUnglück . Denn nie wäre der Sohn eines Soninke und einer Fulbefrau ein Soninke geworden ; er wurde stets ein Fu lbe . Das Bewußtsein , ein Fu lbe zu sein , wirkte so stark , daß al le so heranwachsenden Söhne sich stolz als Fulbe erklärten und mit dem Bewu ßtsein

,

Kinder des ersten Volkes der Welt zu sein , prah l ten.

Das Fu lbeelemen t schwoll . Die Fulbe vollzogen dann aber eineMaßnahme

,die stets alle Völker der hamitischen Welt , die niemals

Werte schuf , sondern nur umwertete , befolgt haben : sie eignetensich den Ruhm der Vorzeit an . Ein kleines Beispiel zeigt dies . Inder Liste finden wir als letz ten Helden noch Gana Singo . Gana istnoch der Ausdruck für Held bei den Soninke . Der Sang selbst aberspri cht von Sagate Singo . Sagate heißt im Fulfulde „Held

“, und in

der Tat spricht der Sang heute von dem Fu lbe Singo und nur wenigeBarden wissen noch

, daß Singo früher ein Soninke war .Noch deutli cher tritt dieser Entwicklungsgang hervor , wenn der

Bardensang von Sira Maga Nj oro mit dem vergleichbar wird , was dasVolk sich von diesem erzählt. Die Überlieferung weiß , daß Sira MagaNj oro , ein heidnischer Son inke fürst , gegen die fu lbisch e fanatischeIslamisierung kämpfte und in diesem Kampfe den Heldentod fand .

So mag denn die al te Son inkeliste den richtigen Namen manchesHelden bergen , der bei der Inanspruchnahme durch die Fu l be zumBesten eines neuen Namens ausgemerzt wurde , und so mag sichmanches der nachfolgenden Stücke mit der Liste decken , ohne daßes wie bei Sagate Singo ohne weiteres nachgewiesen werden kann .

Die Soninke selbst wissen von al ledem nur wenig. Im Kampfegegen den Islam wurden sie in der Sahel stark bedrängt ; großeMassen zogen der Westküste zu , wo ihr Name nur noch als der fürRäuber und Säufer geeignete angewendet wird . In beiden Namenlebt aber noch die Erinnerung einstiger historisch -kulturgesch ich t

l icher Bedeutung. Zum Räuber w ird im bäuerl ichen Sudan derHeld der Sahel

,zum Säufer wird in diesen korn und somit bier

reichen Ländern j eder gestempelt , der dem alkoholischen Enthal tungsgebot des Islam nicht folgt.

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Samba Kullung , der Narr

amba Ku llung heißt soviel wie Samba , der nichts tut , Sambader Feigling. Wenn man neben dem Kinde Samba die Hand

schnel l aufhob , so schrak es zusammen . Wenn einer aufschrie, so

rannte das Kind Hals über Kopf von dannen . So war Samba Ku llung als Kind ; so wuchs Samba Ku llung heran . Sein Vater gabihm ein Pferd , einen Dialli, einen Sufa (P ferdebursch en ) namensMunj o Kadi (Munj o der nie in Zorn gerät ) . Sein Dialli war

Sirima. So war Ku llung denn erwachsen.

Samba war aber immer noch Samba Kullung , Samba der Feige .Er war groß und stark und sehr schon , aber alle Welt verlachteihn wegen seiner Feigheit. Die Mutter Sambas sagte zum Dialli

Sirima : Alle Welt sagt Schlechtes von meinem Sohne . Kann mandenn gar nichts tun Dialli Sirima sagte : „Man kann nichts , man

kann gar nichts tun . Ich reize ihn j eden Tag. Ich erzähle ihm allerhand , um ihn begierig zu machen auch Abenteuer zu bestehen ; aberes nütz t nichts. Er ist schon als Kind von diesem Charakter gewesen und wird als Erwachsener kaum anders werden.

“ Die Muttersagte : „Ach , diese Schande in meiner Fam i l ie. Ich werde es nichtüberleben. Oh , diese Schande ! Aber höre , Dialli Sir ima ; konnteman nicht eine Freundin für ihn gewinnen ? Jedes Frauenzimmerregt und reizt den Mann zu Kriegsabenteuern an. Könnte man ihmnicht eine Freundin gewinnen ?“ Dialli S irima sagte : Nichts isteinfacher als das ; denn Samba Ku llung ist der schönste Mann inKala.“

Am anderen Tage kam Dialli Sirima mit einem schonen Madchennamens Kumba zu Samba Ku llung. Samba Ku llung saß au f derEcke seines Bettes. Der Dialli setzte sich mit dem schönen Mädchen auch auf das Bett. Kumba saß in der Mitte . Nach einiger Zeitstand Dialli S irima auf , ging hinaus und l ieß die beiden allein .

Einen ganzen Tag lang,bis zum anderen Morgen , blieb Samba

Ku llung mit dem schönen Mädchen allein . Dann kam er heraus .Dialli Sirima fragte : „Nun , was war denn ?“ Samba Ku llung sagteWas soll gewesen sein ? Wir haben nebeneinander au f dem Bettgesessen . Sie hat nichts gesagt , da habe ich auch nichts gesagt.Sie hat sich nicht bewegt , da habe ich mich auch nicht bewegt .

Dialli Sirima sagte : „Du hast es nicht recht gemacht . Wenn manneben einem schönen Mädchen sitzt

,so muß man sie am Arm an

fassen . Versuche das einmal !“

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Dialli Sirima ging mit Samba Ku llung in das Haus . Er setztesich mit zu Kumba und Samba Ku llung. Dann ging er hinaus .Samba Ku llung faßte nun Kumba leicht am Arme. Kumba aber ,wie das so die Art der Frauen ist (wortlich l ) , stieß ihn beiseite undsagte : „Ach , geh doch !

“ Samba Kullung stand auf und ging. Ertraf draußen den Dialli S ir ima. Der fragte : Nun Samba Ku llungsagte : „Ich habe Kumba angefaßt , da hat sie mich fortgestoßen undgesagt : ‚Ach , geh doch !

‘ Darauf bin ich natürlich gegangen .

Dialli Sirima sagte : So , so . Da kennst du die Art der Frauennoch recht wenig ! So machen sie es alle . Versuche es nocheinmal , und wenn sie dich wieder wegstößt , so klopfe ihr einwenig auf den Hintern . So und nicht anders mogen es dieFrauen .

Samba Ku llung ging sogleich wieder in das Haus . Nun kam eraber sobald nicht wieder heraus. Sie blieben einen Tag darin . AlsDia lli S irima ihn am nächsten Tage fragte , wie es gewesen se i, sagteSamba Ku llung : „Höre , mein Dialli Sirima, es war sehr unrecht vondir , daß du mir nicht schon lange gesagt hast , daß es etwas so

Schones auf der Erde gibt. Als sie mich wieder wegstieß , klopfteich ihr auf den Hintern und dabei wurde mir so wohl , daß ich Achtung gab , was weiter geschehen könne , und darauf habe ich dannKumba beschlafen . Ach , Dialli S irima , warum hast du mir nichtfruh er gesagt

,daß es so etwas auf Erden gibt !“

Am nächsten Tage kam die Mutter des Burschen zum Dialli

Sir ima und fragte : Nun ? Hat es etwas genützt ?“ Dialli S irimasagte : Der Rat war gut. Etwas hat er sich schon gebessert.“

in ige Tage nachher wurde die Tabele (Kriegspauke ) geschlagen ,weil in der Nachbarschaft ein Gefecht war. Dialli Sirima ging

zu Samba Ku llung , setzte sich neben ihn und sagte : „Die Tabelewird geschlagen Samba Ku llung sagte nichts . Dialli Sirima sagtenach einer Weile : „Die Tabele wird geschlagen . Wollen wir nichtmit in den Krieg ziehen Samba Ku llung sagte : „Ach , denkstdu vielleicht , weil ihr mir die Kumba gegeben habt , mußte ich auchetwas tun und in den Krieg ziehen ? Das fallt mi r nicht ein . Ichbleibe zu Haus.“ Der Vater Samba Ku llungs fragte Samba Kullung : „Nun , mein Sohn , du bist nicht mit in den Krieg gezogen ?

Der Bursche sagte : „Nein , ich mag nicht in den Kr ieg , ich will zuHause bleiben .

“ DerVater sagte : „Ich schäme mich deiner. Mach’

,

daß du mir aus den Augen kommst . Geh weg Die Mutter Samba

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zum Kriege ausziehen Das Madchen sprang auf undsagte : „Ach , so einer bist du ? Du bist Samba Ku llung ? Nein , dannwill i ch nichts mehr von dir wissen . Zieh deiner Wege , mi chkummerst du nicht mehr.“

Samba Ku llung rief seinen Sufa. Er sagte zu ihm : „Munj o Kadi ,sattle mein Pferd , wir wollen diesen Platz verlassen .

“ Munj o Kadisagte : „Es ist gut.

“ Er tat so . Samba Ku llung bestieg sein Pferd .Dia lli Sirima aber sagte : Ich werde heimkehren und werde nichtlänger bei dir bleiben . Denn du wirst nicht anders , und nur Schmachund Schande habe ich a ls deinen Lohn zu erwarten .

“ Dialli Sir imaging heim. Samba Ku llung aber zog mit seinem Sufa allein weiter.

11 einer großen Stadt herrschte ein großer Konig. Der war reich ,hatte viel Land und Leute und eine sehr schöne und kluge Toch

ter , die noch keinem Manne in die Ehe gefolgt war . Die Sklavindieser Prinzessin wusch vor den Toren der Stadt die Kleider ihrerHerrin an einem Te ich rande . Sie sah von der Arbeit auf , und ihrBlick fiel auf Samba Ku llung , der mit seinem Munj o Kadi anger i tten kam. Allsogleich war das Mädchen von d er Schönheit diesesReiters so befangen , daß es seine Wäsche vergaß , aufsprang und zuseiner Herr i n in die Stadt lief. Das Mädchen kam in deren Hausund sagte : Fa tumata , ich sah soeben einen schönen , sehr schönenReiter kommen , der in unserer Stadt einzieht. Bitte nur sogleichdeinen Vater , den Konig , daß er den Fremden würdig empfange ,denn nie sahen meine Augen einen so schönen Mann wie diesenReiter.“ Fa tumata ging zu ihrem Vater und sagte : „Mein Vater ,i ch höre , es soll ein sehr stattl icher und schoner Reiter in deineStadt einziehen . Ich bitte dich , ihn wurd ig zu empfangen und ihmdeine Freundschaft zu gewähren .

“ Darauf ließ der Fama ein großesGehö ft herr ichten , und als nun Samba kam ,

empfing er ihn und ließeinen Ochsen schlachten und Fa tuma ta sagte zu ihrer Sklavin : „Duhast recht gehabt , das ist der schönste Mann , den ich j e gesehenhabe .“ Dazu schenkte Fa tumata ihrer Sklavin einen hübschenLendenschurz .Samba Ku llung machte es sich in seiner schonen Wohnung sehr

bequem , und es erschien ihm das al les außerordentlich angenehm.

Während fünf Tagen ging es ihm ganz vorzüglich . Alle Tage wardihm mehrmals ausgezeichnetes Essen gebracht

,zudem schlief er

nachts bei der schönen Fa tuma ta und der König erwies ihm großeEhre . Am sechsten Tage aber ward die Tabele gegen Abend ge

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schlagen und es hieß ubera ll : Die Feinde kommen , die Feindekommen , man muß ihnen en tgegenre iten .

“ Samba Ku llung tat so ,a ls ob er von alledem nichts bemerke .Eine Zeitlang beobachtete Fa tumata von ihrem Hause aus , was

Samba nun tun würde. Als sie sah , daß in dessen Gehöft gar nichtsgeschah , ging sie hin und warf sich vor ihm auf die Knie . Sie sagteSamba , die Tabele ist geschlagen . Laß dein Pferd rüsten , zieh auchmit den Königsleuten gegen den Fei nd Samba sagte : Ich werdenicht gehen ! Weil ich den Krieg nicht leiden mag , haben michVater und Mutter aus dem Hause gewiesen . Weil ich den Kr iegnicht leiden mag , nennen sie mich Samba Ku llung. Weil ich SambaKu llung bin , hat mich ein anderes schönes Mädchen von sich gestoßen . Und wenn dein Vater mir auch Ochsen schlachtet , so werdeich den Krieg doch nicht beginnen . Wenn du mich nicht so magst ,wie ich bin , werde ich gehen .

Fa tumata war schön und stolz und sehr klug . Sie hatte in diesenTagen schon vieles mit Samba gesprochen . Sie hatte seinen Charakter gesehen , und da Samba sehr schön war , hatte sie ihn sehr l ieb.Sie sagte zu Samba : Wenn du auch Samba Ku llung bist , werdeich doch nicht von dir lassen. Aber ich will deine K leider anziehenund dein Pferd besteigen und mit gegen den Feind ziehen . Es ist sodunkel , daß niemand das Gesicht und j eder nur das K leid erkennenkann.

“ Es waren ein paar Sklaven dabei,die horten und sahen

alles. Fa tumata zog die Beinkleider und den Mantel Samba Kullungs an und sagte zu den Sklaven : Wenn heute oder spater j eeiner das sagt , was hier geschieht , so lasse ich euch töten .

“ Fatumata stieg au f Samba Ku llungs Pferd und r itt von dannen in dieNacht hinaus . Samba Ku llung sah ihr heimlich und lange nach .

Die Tabele war umsonst geschlagen , es war blinder Larm . Eskam kein Feind , sondern nur eine falsche Nachricht. Alle kehrtennoch in gleicher Nacht um und Fa tumata wechselte wieder dieKleider. Samba Ku llung betrachtete lange sein K leid , das Fatumata getragen hatte . Am anderen Tage ging Samba über dengroßen Platz an der Stadt. Da saß ein Dia lli, der sang : „In dieserNacht habe ich einen herrl i chen Reiter gesehen

,der war kein Mann

unserer Stadt , aber er wollte gegen den Feind zu Felde ziehen . Wennes zum Kampfe gekommen wäre

,dann hätte er sicherl ich manchen

fremden Räuber niedergeschossen. Sicher hätte er Großes geleistet.“ Samba Ku llung blieb an der Ecke stehen und horte demDia lli lange Zeit zu . Dann ging er nach Hause .

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a tuma ta war sehr traurig , daß der schone Samba so gar nichtfür den Kr ieg gesonnen sei. Sie über legte lange ; sie betrachtete

den Charakter Samba Ku llungs und fand , daß er sehr j ung war .Eines Tages sagte Fatumatas Vater zu seiner Tochter : Wenn

ich nicht sehr irre , wird es heute abend noch zu einem Gefechte mitden Nachbarn kommen . Sage das Samba , aber sorge , daß die Stadtleute nichts vorzeitig er fahren .

“ Fa tumata überlegte . Sie sagteSamba Ku llung und niemand anderem etwas , wohl aber kaufte sieauf dem Markte eine große Kalebasse vol l Hon igbier. Als es Abendwar, ging sie zu Samba hinüber und ließ das Honigbier auch dorthintragen . Samba Ku llung fragte : Was ist das ?“ Samba Ku llungwar noch so unerfahren , daß er n icht wußte , was ein berauschendesGetränk war . Fa tumata sagte : Ach , das hier ist nichts anderesals ein guter Magenelixir. Versuche es nur !“ Samba Ku llungtrank.

Samba Ku llung trank . Er sagte : Weshalb hat mi r niemandfrüher gesag t , was es für herrl iche Sachen Samba Ku llung

trank und ward betrunken . Er nahm Fatumata auf die Knie . Fatumata sagte : „Alle Leute der Stadt halten dafür , daß , wenn du nurwillst , du allein eine ganze Räuberbande uberwinden kannst.“

Samba Ku llung lachte . Samba Ku llung trank .

Samba Ku llung trank . Draußen auf dem großen Platze ward dieTabele geschlagen . Fa tumata hörte es . Fa tumata stand auf. SambaKu llung horte es . Er sagte zu Fatumata : Ach , du denkst wohl , dukönntest j edesmal so für mich in den Kr ieg ziehen ? Nein , Fatumata , du sollst die Dia lli einmal von mir singen hören ! Morgenwerden sie das Pu i singen . Heute ist die Tabele nur für mich geschlagen , denn alle Leute der Stadt sagen : ‚Wenn Samba Ku llung

will , kann er eine ganze Räuberbande allein überwinden .

‘ Horstdu , wie sie die Tabele für mich schlagen ?“ Samba Ku llung r iefMunj o Kadi . Er sagte zu seinem Sufa : „Rüste mein Pferd , i ch wil lwieder einmal (wortlich !) in den Krieg reiten .

Munj o Kadi sattelte das Pferd ; Samba Ku llung ri tt von dannen .

Er r i tt mit den anderen . Er tötete einen Feind . Er kam zu Fatumata zuru ck und sagte : „Heute hatte ich kein Gluck ; denn ich habenur einen Feind töten konnen .

“ Dann schlief er ein .

11 der Nahe der Stadt , in der der Vater Fa tuma tas Konig war ,lebte ein Jäger mit Namen Gomble . Das war ein großartigerMann , begu tert und über alle Maßen gewalttätig und jähzornig .

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Und die 1 00 Sklaven bl ieben fort . Nach einer Weile sagten dieDia lli und die Numu : Ich denke , das wird genügen , wenn wir bishierher gefolgt sind

,denn dort vor uns hinter dem Hügel l iegen

schon die Acker Gombles .

“ Die Numu und Dia lli blieben dort. Die1 00 Freien aber stiegen von den Pferden ab und begleitetenSamba Ku llung noch eine Weile zu Fuß . Dann lagerten auch siezur Seite .Samba Ku llung r itt nun allein und sah auch bald die Felder

Gombles vor sich . Siebenhundert Sohne und Sklaven arbeiteten aufden Feldern Gombles . Gomble selbst aber saß am Rande der Felderunter einem Butterbäume und trank aus einer Kalebasse sein B ier .Samba Ku llung tat so , als sähe er Gomble nicht und r i tt au f denAcker des Jagers zu und ein Stück auf ihm hin . C omble sahdem kühnen Unternehmen eine Weile erstaunt zu , dann r ief er :He , du schöner Mann , bist du ein Fremder , oder bist du aus diesemLande Samba Ku llung erwiderte : „I ch bin ein Fremder in diesemLande .Gomble sagte : „Wie , kein Alter , kein freundlicher Ratgeber fand

sich in der Gegend , aus der du kommst , in j ener Stadt , die du gekreuzt haben mußt , der dir gesagt hätte , was es um mich und meineAcker für eine Bewandtnis hat ? So wisse denn , ich bin Gomble ,ein Jager und übelgesinn ter Mann , und zumal al le , deren Pferdemeinen Ackerboden beruh rten ‚ haben bis heute ein hartes Schicksaler fahren . Ich habe sie eingefangen

, ge to te t und ihre Kopfe in j eneBäume gehängt. Nun weißt du , wo du bist !“ Samba Ku llung sagt eEi , so bin ich ja j ust vor dem rechten Stadttore angekommen .

Mit dem Gomble wollte ich ein Wort reden.

Gomble sagte : „Es ist recht , ich wil l mit dir sprechen , denndu bist ein schöner Bursch und ich mache deshalb gern mit dirKameradschaft . Steige aber sogleich von deinem Pferde und führees an den Grenzrain dort. Dann fu lle die Erde , die von den Hufendeines Pferdes beruh rt ist , in deine Mütze und trage sie beiseite .Das beanspruche ich . Nachher konnen wir gu t Freund sein .

Samba Ku llung sagte : Ah , so hast du mich falsch verstanden !Nicht so wi ll ich . Ich wil l dich packen .

“ Gomble sagte : „Treibenicht solche Scherze mit mir. Wenn du nicht so ein schöner Jungl ing warst , dessen Anblick mir angenehm ist , wu rde ich dich schonlange an einem jener Bäume aufgehängt haben . So aber will ichdir etwas sagen . Viel leicht bist du ein junger Hungerleider , der dasGlück fu r den Lebensunterhalt einsetzt . Brauchst du etwas , so

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nimm dir die zwei Sklaven dort ich will sie dir schenken , weildu hübsch bist.“

Samba Ku llung sagte : Ach , du hast mich doch falsch verstanden . Nur dich , niemand anderes wil l ich packen .

“ Gomble

sagte : „Reize mich nicht allzusehr , denn schon länger a ls mitanderen hielt sich meine Geduld mit dir auf. Nimm deine Sklavendort meinetwegen und trolle dich von dannen .

Samba Ku llung sagte : „Ach , noch immer hast du mich nichtverstanden . Nur dich , dich allein , wil l i ch j etzt packen . Eile d ichGomble sagte : Wie du willst !“ Gomble packte sein Gewehr. Erstieß nach Jägerart (beim Tanz der Jager wird diese Bewegung niefortgelassen ) mit dem Kolben auf Samba Ku llung zu , mit demKolben in die Luft , dann drehte er es um , um au f Samba zu schießen.

Gomble drückte ab , aber sein Gewehr versagte . Da packte ihnSamba an der Brust und schwenkte ihn hoch in die Luft. Gombleaber r ief den Söhnen und Ackerknechten zu : Laßt euch durchdieses kleine Ungemach nicht in eurer Arbeit storen !“

Gomble sagte dann zu Samba : Samba , du raubst (soll heißendu nutzest das Unglück , das ich mit der Flinte hatte , ungebührl ichaus ) Samba Ku llung sagte : „Niemand soll behaupten , daß ichgeraubt habe . Geh , gib die beiden Kolanu sse deinen Baschi zuessen , daß sie dich besser schützen .

“ Er l ieß Gomble auf die Erdegleiten und warf zwei Kolanüsse hin . Gomble ging zur Seite .Nach einiger Zeit fragte Samba Ku llung : „Gomble , bist du

fertig ?“ Gomble sagte : Ich bin fertig. Du kannst kommen .

Gomble nahm die Büchse und schoß . Er traf die Mu tze SambaKu llungs , der sich gebückt hatte . Die Kugel r iß sie ihm , ohne ihnselbst zu streifen , vom Kopfe . Samba Ku llung aber sturmte au f

Gomble los , packte ihn zum zweiten Male und schwenkte ihn hochin der Luft . Samba Ku llung sagte : Gomble , wenn ich dich dreimalso packe und schwenke , willst du mir dann a ls Sufa folgen ? Willstdu dann mein Sklave sein ?“ Gomble sagte : „Das kann nicht dreimal geschehen !“ Samba sagte : Wir werden es sehen !“ Sambaließ Gomble auf die Erde gleiten . Gomble aber r ief seinen Söhnenund Hörigen zu : Was hier vor sich geht , darf eure Arbeit nichtstören.

Gomble ging zur Seite . Samba Ku llung fragte Gomble : „Bist dufertig ?“ Gomble sagte : Ja , du kannst kommen .

“ Er wollte dannsein Gewehr abdrucken , aber Samba Ku llung sturmte so schnellund gewaltig heran , daß er das Gewehr Gombles zur Seite schlagen

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konnte,ehe es noch abgeschossen war. Jetzt packte er Gomble

zum dritten Male und schwenkte ihn hoch in der Luft. Dann sagteer : Nun , Gomble , das wäre ja wohl das dri tte Ma l Die 700 Söhneund Arbeiter Gombles wollten sich auf den schonen Junglingstürzen

,aber Gomble rief : Was geht euch diese Sache an ? Wollt

ihr machen,daß ihr zu euerer Arbeit kommt ?“ Die 700 Söhne und

Arbeiter gingen wieder fort . Gomble sagte aber zu Samba Ku llung :

Samba,du hast mich dreimal überwunden . Ich will dir hinfort

als Höriger folgen , wohin du mich auch führst .“

Da machte sich Samba Ku llung auf den Heimweg. Gomble folgteihm . Sie kamen zu den 100 Freien , zu den 100 Numu , zu den100 Dia lli, zu den 100 Sklaven . Alle Leute jubelten : Samba hatden C omble überwunden . C omble ist ganz al lein der Horige Sambasgeworden . Seht , er geht hinter Samba. Samba ist der Tapferste .Seht Samba !“ Gomble sagte aber zu den Leuten : Laßt es euchnicht einfal len

,meiner zu spotten ; denn das wurde fur euch

schlimm ausfal len . Wohl bin ich Sambas Höriger , aber nicht dereuere . Ihr habt mich nicht überwunden .

“ Samba sagte : Gomble

hat recht. Ihr dürft ihn nicht verspotten .

“ Gomble sagte : Ihrsollt aber meinen Herrn preisen , denn Samba ist stark und tapferund schön .

“ Da r iefen die Leute : „Samba ist der tapferste allerMänn er l“

So kamen sie bis zur Wohnung Fa tuma tas , und C omble ginghinter Samba Ku llung her als dessen Sklave . Darauf ernannteder Fama Samba Ku llung zum Kelle - tigi , der in Zukunft al leKriege und Fehde der Städter leiten sollte . Nie war aber in dieserStadt ein Kr ieger , der so herrl ich und gewaltig war wie SambaKu llung .

Eines Tages hatte Fa tuma ta ausgezeichnetes Dolo bereitet . Damachte sich Samba Ku llung auf und zog gegen den Feind , ganzallein , und er brachte al le ihre Ochsen und Kühe heim eine großeHerde . Ein anderes Mal machte sich Samba Ku llung wieder au f ,als Fa tumata herrl iches Dolo bereitet hatte . Er brachte eine Herdevon Kühen und Ochsen heim , die war noch viel

,viel großer. Ein

drittes Ma l bereitete Fa tuma ta vorzügliches Dolo . Abermals zogSamba Ku llung aus und gegen die Feinde

,und er gewann eine

Herde , die war uber alle Maßen stolz , und nun war er der reichsteMann der Stadt und des Landes .Alle Leute sagten

, daß er an Heldentat und Macht allem weitvoran steh e , was bis dahin im Lande bekannt war.

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geschlagen . Von mir erh a ltst du nichts .“ Als die beiden Sklavendann sahen

,daß Samba Ku llung , der weit gereist war und har t

gestritten hatte , matt wu rde , schlugen sie ihn tot.Die beiden Leute kamen zu Gomble und sagten : „Dein Feind

Samba Ku llung ist gestorben. Da wurde C omble traur ig undsagte : Wie ist er ums Leben gekommen ?“ Die beiden Leutesagten : „Samba Ku llung hatte Durst. Wir gaben ihm nichts zutrinken , denn er h a t unsere Väter erschlagen . Als er dann mattwurde

,schlugen wir ihn tot.“ Da wurde Gomble traurig und sagte :

Ihr habt sehr schlecht gehandelt , denn einen Mann , der so tapferist und der so Großes zu tun imstande ist , den sol l man suchen zumFreunde zu gewinnen . Ihr aber seid elende Rauber.“

2. S irrani Korro Samba und Samba ta Samba

Dame und Barde

irran i Korro Samba heiratete eine Frau aus Tomma Korro .Eines Tages reiste er mit seiner Frau nach Tomma Korro , um

seine Schwiegereltern zu besuchen . Seine Frau r i tt auf einem Packochsen . Er r i tt auf seinem Pferde . Er hatte seiner Frau einenSklaven beigegeben

,der deren Sachen trug . Sie kamen nach Tomma

Korro ! Drei Tage blieben sie in Tomma Korro . Es war viel Hon igbier hergestel lt worden . Sie aßen , und j eden Tag betrank sichSirran i Korro Samba.

Am vierten Tage morgens sagte Sirran i Korro Samba : „Heutewollen wir zurückkehren . Du (meine Frau ) , reite mit dem Sklavenauf dem Packoch sen voran . Ich will noch ein ige Stunden hierbleiben

,denn ich will das gute Honigbier austrinken , das noch

übriggeblieben ist . I ch komme dann um die Mittagszeit nach . Steigauf deinen Packoch sen und re ife mit dem Sklaven voran .

“ DieFrau machte sich mit dem Sklaven auf den Weg .

Es waren damals 60 Helden von Segu au f dem!

Wege . Diehatten eine Unternehmung vor , hatten aber kein Gluck gehabt , sodaß sie j etzt ohne Beute mißmutig un

'

1h erritten . Unter den 60 warenmit die berühmtesten Helden der Vergangenheit . Da war 2 . B . derMassassi Diadierri, der Fulbe Malia , der Djaora Gundaunda ,

dannSira Obassi , der Bosso Mamadu Amadu und vor al lem der Spielmann (Dia lli) Signana Samba. (Der sol l seinen Namen daher erhalten haben

,daß

,wenn er nach Art der Dia lli um eine Gabe ha t

und man etwas für den anderen Morgen versprach , daß er dann

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an der Tur n iederh ockte und wartete , bis er die Gabe erhaltenhatte . Er hatte große Beharrl ichkei t und Geduld . )Diese 60 Helden aus Segu also kamen beutegierig des Weges und

waren darauf erpicht , noch irgend etwas aufzufangen , um nichtgezwungen zu sein , mit leeren Händen nach Segu zuru ckzukeh ren .

Einer der Männer sah in die Ferne und sagte : Hoo ! Kommt danicht ein Mann mit bepacktem Reittier an ?“ Die anderen sahenauch hin und sagten : „Nein , ein Mann mit einem Reittiere ist esnicht. Wohl aber ist es eine Frau , die sicher schön und wohlhabendist ; denn neben ihr geht ein Sklave .

“ Andere meinten : „So wollenwir der Frau den Weg nach Segu zeigen . Auf solche Weise lerntsie dann etwas vo n der Welt kennen .

“ Andere meinten : „So hättenwir also doch noch einen leidlichen Abschluß fur unser verunglücktes Unternehmen zu verzeichnen .

Die 60 Reiter sprengten auf die Frau Sirran i Korro Sambas zuund hielten im Kreise um sie . Die Frau fragte : „Nun , was seid ihrfür Räuber und Busch re iter, daß ihr nicht einmal einer anständigenFrau aus den Augen geht ? Schämt ihr euch nicht

,so in der Sonne

mit euren diebischen Gedanken herumzustehen , so daß i ch j edeneinzelnen Einer der 60 Helden sagte erstaunt : Frau , wasgibt dir den Mut

,in dieserWeise zu den sechzig vornehmsten Helden

von Segu zu sprechen ?“ Die Frau Sirran i Korro Sambas sagteOh , was seid ihr doch fur großartige Helden , daß ihr so kuhn miteiner Frau zu reden wagt ; wartet aber ein wenig , bis mein Mannkommt , der wird euch schon lehren , vor Angst zu furzen . Dannwird es sehr schnel l mit dem stattlichen Mute vor der Frau zu Endesein .

“Signana Samba , der Spielmann , schlug an seine Gitarre und

sagte : Wenn der Mut des Mannes dieser Frau nicht ins Pui gehört ,so sollte man wenigstens die Zungenfertigkeit dieser Frau besingen .

Frau , wer ist dein Mann ?“

Die Frau Sirran i Korro Sambas antwortete : Wer mein Mannist , fragt ihr ? Wollt ihr ihn wirklich erst kennen lernen ? Dannsucht euch schnel l die Mauselöcher im Acker und d ie Vogelnesterin den Baumen aus und bleibt vorsichtig mit euren Pferdchen darinsitzen . Von dort aus könnt ihr am besten die Bekanntschaft meinesMannes machen und habt so Aussicht

,nicht unter die Fußtritte

seines Pferdes zu kommen .

“ Massassi Diadierri sagte : „Frau , dumußt uns unbedingt nach Segu begleiten

,damit der Konig einmal

eine ungewöhnliche Sache kennen lernt. H a t j e einer solchen Vogelsingen horen ? Vorwärts nach Segu .

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Die Frau sagte : Macht schnell , daß ihr eures Weges kommt ;denn da hinten kommt mein Mann . Ich sehe , daß er arg be trunkenist

, und dann ist das Spielen gefährl ich . Macht , daß ihr beiseitekommt

,denn es wäre ein Jammer , wenn sechzig so tapfere Helden ,

die es wagen , bei hellem Tage eine e insame Frau zu belästigen ,irgendwie Schaden nähmen . Geht nur , ich sehe j etzt , daß meinMann ganz außerordentlich betrunken ist.“ Einer der Segu leu tesagte : „Das muß eine sonderbare Art von Held sein ; ber ichte unsdoch , ob es ein Gott ist oder eine Hyän e ?

“ Alle Helden von Seguspotteten : „Es muß ein Gott oder eine Hyäne sein !

“ Die Frausagte : Wenn ihr in ein Mauseloch kriecht , wird er euch vorkommen wie ein Gott ; wenn ihr in ein Vogelnest schlüpft , konntihr denken , er sei eine Hyane , und das sahe eurem Verstandeähnlich .

Sirran i Korro Samba kam langsam angetrottet . Er horte denWortstreit und sah auf. Die 60 Helden aus Segu zogen sich zurückund betrachteten den Mann aus der Ferne . Sirran i Korro Sambarichtete sich mühsam in seinem Sattel au f . Er war nämlich sehrbetrunken . Dann nahm er se ine Fl inte , schoß sie nach links in dieLuft ab , schoß sie nach rechts in die Luft ab , schoß sie nach vornein die Luft ab . Sirran i Korro Samba zog dann seine Tabakspfei feheraus , begann vor sich h inzuqualmen und r ief den Männern ausSegu zu : H oooo ! Seid ihr langweil ig ! Hooo l Seid ihr langwe ilig !

Einer der Helden von Segu kam angesprengt . Er schoß aufSirran i Korro Samba. Aber er traf ihn nicht. Sirran i Korro Sambaschoß gleichmütig seine Flinte in die Luft ab . Der andere schoßund fehlte wieder und dann noch ein dri ttes Mal . Da legte Sirran iKorro Samba sein Gewehr an . Er schoß den anderen von seinemPferde herab . Er lud

,legte nochmals an und schoß den zweiten

herab . Er lud,legte nochmals an und schoß einen dritten und

vierten herunter . Die Segu leu te begannen nun zu fliehen . Daraufsetzte Sirran i Korro Samba sein Pferd in Bewegung , j agte ihnennach und nahm drei von ihnen gefangen .

So tummelten viele Leute auf dem großen Platze herum . Vieleschossen . Signana Samba , der Dialli von Segu , schlug die Gitarreund sang : „Ihr Helden von Segu l So vergeßt doch nicht eu erenwu rdigen Namen . Ihr Helden von Segu

, bedenke t , daß ihr sechzigMänner seid , die von einem Frau enmund vergiftet sind und alsKranke nun hingeschlachtet werden sollen . Denkt doch , daß ihr

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Spielmann fragte : Kennst du den Pu igesang : Einer sechzig ?Der Konig sagte : Nein , den kenne ich nicht.

“ Der Dialli sagteGerade der Gesang wird von deinen Helden vorbereitet.“

Einige der Helden gaben dem Dialli sogleich das Gold . Anderetaten es nicht. Traf Signana Samba einen der Säumigen , so schluger gegen seine Gitarre und sang : „Einer sechzig !“ Und wennder andere dann so tat , als wenn er es nicht verstehe , dann fragt e erihn : „Kennst du die Frau , die so sonderbar singt ? Kennst du den ,vor dem die einen in die Mauerlöcher , die anderen in die Vogelnesterkriechen ? Kennst du den , der fur den einen ein Gott , für denanderen eine Hyane ist ?

“ Einer der Manner nach dem anderenzahlte und einige zahlten noch für die

,die gefallen und gefangen

waren . Der Spielmann Signana Samba hatt e also nach einiger Zei t60 Goldringe von diesen erhalten .

Der Fama horte dann und wann das eine oder andere Wort. Ersagte zum Dialli Signana Samba : „Nun berichte mir endl ich .

“ DerSpielmann sagte : Erst muß ich mit den anderen sprechen . Esmüssen al le dabei sein .

“ Am Abend kamen alle zusammen . DerDialli hatte an seiner Gitarre die 6 1 Goldr inge angebracht . DerKönig fragte : Was gibt es im Pui ?“ Signana Samba sagte

„Einer sech zig l“ Alle sahen ihn an . Der Dia lli fragte Massassi

Diadierri : Wie halt man sein Wort halb oder ganz Massass iDiadierri sagte : Man häl t sein Wort ganz !“ Der Dialli sagte

„Einer sechzig Hat man nicht versprochen,diese sechzig Gold

ringe sogleich zu geben ? Hat man nicht gezogert und es mir sehrschwer gemacht ? Hat man nicht unter einem Baume beraten ?Der Dialli Signana Samba schlug gegen die Gitarre und hub an

„I ch singe vor einem großen Könige. Weiß der große König sechzigGoldringe dem armen Dialli zu geben ?“

Darauf ließ der König 60 Goldr inge holen und gab sie dem Spielmanne der gewann so 12 1 Goldringe und sang die Geschichtevon Sirran i Korro Sambg und den 60 Helden von Segu im Pui.

Nachher sang man auch von Samba Ta Samba. Und das kamso : Sirran i Korro Samba war mit seinem jüngeren Bruder

Samba Ta Samba einst im Gefechte . Die Räuber schossen seinPferd tot , und er lag am Boden . Samba Ta Samba sagte : „Kommschnell au f mein Pferd , sitz hinten auf.“ Sirran i Korro Sambasagte : „Nein , l ieber sterbe ich , als wie eine Frau mit aufzusitzen.

Dreimal ba t Samba Ta Samba seinen Bruder doch aufzusi tzen .

I I O

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Dreimal schlug er ab . Alsdann waren die Feinde ganz nahe , undso nahm er das Angebot an , sprang hinter Samba Ta Samba aufund ward gerettet.So kam auch Samba Ta Samba in das Pui .

3. Buge Korroba

uge Korroba hatte vier Frauen . Unter denen war eine , die hießNje lle , das war sein Lieblingsweib . Dieser Njelle wegen hörte

er nie die Tabele , die Kriegspauke er verl ieß dies Weib nie,denn

er l iebte es über al le Maßen . Außerdem hatte er al les , was erbrauchte , Sklaven , Pferde , Vieh usw . Die anderen drei Frauenwaren ei fersüchtig und sagten deshalb zu den Frauen der StadtDieser Frau Nje lle wegen geht Buge Korroba nicht in den Krieg.Es ist ein Jammer fur den Ort.“ Die Frauen der Stadt sagten : Sowerden wir diese Nje lle , wenn sie einmal zum Brunnen kommtordentlich schlagen , damit sie ihren Mann in den Krieg schickt .Die Frauen der Stadt paßten eines Tages N jelle au f , und eines

Tages kam Njelle zum Brunnen . Einige Frauen sagten zu ihrWarte ein wenig !“ Nj el le sagte : Was wollt ihr von mir ? Ichhabe euch nichts getan .

“ Die Frauen sagten : „Sieh , deinetwegensitzt Buge Korroba ständig daheim und zieht nicht mit in den Krieg ,und das ist schlimm für den Ort.“ Sie schlugen Nielle. Sie nahmenihre Armringe und schlugen au f Nje lle , und N je lle erhielt auf derStirn drei Wunden nebeneinander. Die Frauen sagten : Weißt dunun , Nje lle , weshalb wir dich geschlagen haben Nj e lle sagte : „Ihrhabt recht , wenn ihr mich schlagt.

Buge Korroba hatte zwei Dialli. Von denen ließ er sich alle Tageau f der Gitarre vorspielen . Sie mußten das Pu i singen . Wenn sie

das anfingen, sch n ippste er mit dem Finger gegen die Gitarre . Die

Dialli fragten : Weshalb tust du das ?“ Buge Korroba sagte : „Ihrwerdet auch noch von mir singen l

“ Die Dia lli sagten : Du ziehstj a aber nie in den Krieg !“ Buge Korroba sagte : „Ich l iebe schöneFrauen und den Rücken der Pferde .“

Nje lle kam blutig und beschmutzt nach Hause . Buge Korroba

sagte : Was h at es mit dir gegeben ?“ Nielle sagte : „Die Frauenaus Kalla haben mich geschlagen

,weil du mich aus Liebe nicht

verläßt und immer bei mir bleibst , statt in den Kr ieg zu ziehen .

Buge Korroba sagte : Eines Tages werden die Leute von Kallaetwas erleben ! Es ist nicht aus Furcht

,daß ich nicht in den Krieg

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ziehe ! Die Leute in Kalla werden noch etwas Schlimmes erlebenwegen dieser Sache .“

Drei Tage Spa ter kamen Rauber aus Massina und fuh rten al leKühe und Rinder der Ka llaleu te von dannen . Nur das RindviehBuge Korrobas l ießen sie unberührt . Er war au f einer Bung (Inselin Bammana ; Malinke sagen : gungu ) untergebracht. Als BugeKorroba das horte , bestieg er sein Pferd . Er nahm zwei Kossongalla (Decken aus Segu ) mit , namlich die Nj e lles und die seine . Err itt aus dem Dorfe . Als die Kallaleu te ihn reiten sahen , spottetensie und sagten : „Was , du willst in den Krieg ? Ach , du wirst etwasRechtes im Kr iege anfangen !“ Buge Korroba sagte : Was ihrdenkt ! Ich wil l gar nicht in den Krieg ; ich will nur meine Herdeauf der Bung ansehen. Denn euere Herden haben die Räuber genommen , die meinen haben sie aber gelassen .

Buge Korroba ritt von dannen . Erst suchte er seine Herde au fund besichtigte sie , dann setzte er hinter den Räubern her , undzwar schnitt er einen Bogenmarsch , den sie vor sich hatten , derartab , daß er sie weit uberh olte . Hierauf stieg er vom Pferde . Eineder Kossongalla legte er als Decke au f die Erde und setzte sichdarauf , den Zaumriemen des Pferdes wickelte er um den Fuß . Danndeckte er die andere Kossonga lla so uber sich , daß man sein Gesichtnicht zu sehen vermochte . In dieser Stellung wartete er . Nacheiniger Zeit kam ein Dia lli der Räubergese llsch aft an . Der sah denMann am Wege , kehrte zurück und meldete dem Führer derRauber : Einer deiner Leute sitzt am Wege und erwartet dich .

Die Leute des Räuberh äuptlings über legten : Wer mag es wohlsein Der eine riet au f den , der andere au f den . Sie dachten nichtdaran , daß es ein Mann au s Kalla sein könne.Die Räubergesellsch a ft ruckte mit der Kuhherde naher . Bal d

hatten sie den mit einer Decke e ingeh u llten ,anscheinend Schlafen

den , erreicht , bildeten alle einen Kreis um ihn und erwogen , werwohl der Mann se i. Nach einiger Zeit sagte aber Buge KorrabaWer ist euer Anführer ? Einer der Rauber sagte : „Träumst duoder redest du irre

,daß du deinen Häuptling nicht kennst ?“ Der

am Boden Hockende sagte aber : „Ich bin es nicht , der irrt , sondernihr irrt euch . Ich wil l keinen Kamp f , keinen Streit , keinen Wortwechsel von euch , denn mir , Buge Korroba ,

habt ihr nichts genommen. Ich möchte aber den Leuten von Kal la ihre Kühe zurückführen . Meine Landsleute sind es nicht gewöhnt

, an Stel le der Milchden Fruchtsaft des Affenbrotbaumes zu genießen . Also laßt den

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Abends kamen alle Manner und Frauen zusammen . Alle sagtenBuge Korroba ist der Tapferste von allen , denn er hat al le Küheund noch Pferde der Räuber zuruckgebrach t . Das hat er ganz al leinfertiggebracht.“ Die Dialli kamen und sagten : Buge Korroba i stnun im Pui .“ Buge Korroba kam mit Nj elle . Er fragt e seine Frauvor den Leuten : Nj e lle ! Weshalb haben dich die Frauen Kallasgeschlagen ?“ Nj elle sagte : „Die Frauen von Kal la haben michgeschlagen , weil du mich aus Liebe nicht verläßt und immer bei mirbleibst , statt in den Krieg zu ziehen !

“ Buge Korroba sagte : Ihrhört , was es gegeben hat . Ich habe euere Kühe . Wenn ihr euereKühe wiederhaben und morgen euere Milch trinken wollt , dannlaßt euere Frauen den Sklaven tanz (Gesch lech tstanz ) hier auffuhren .

Die Manner sagten : Du hast recht zur Klage . Unsere Frauenhaben der deinen übel mitgespielt. Deine Frau ward von denunseren geschlagen . Wir wollen nun unsere Frauen auch schlagen .

Buge Korroba sagte : Tut , wie ihr denkt .“ Darauf verabfolgten

die Männer von Kalla ein j eder seinem Weibe 50 Hiebe mit derSchnur . Dann sagten sie zu Buge Korroba : „Nun haben wir gerecht gestraft . Gib uns die Kühe .

“ Buge Korroba fragte sein WeibNje lle , weshalb haben dich die Frauen Kallas blutig geschlagenund dir drei Narben an der Stirn versetzt ?“ Nj e lle sagte : DieFrauen von Kalla haben mich verletzt , weil du mich aus Liebenicht verläßt und immer bei mir bleibst

,statt in den Krieg zu

ziehen .

“ Buge Korroba sagte : „Ihr hört , was es gegeben hat. Ichhabe euere Kühe . Wenn ihr euere Kühe wiederhaben und morgeneuere Milch trinken wollt , dann laßt euere Frauen den Sklaven tanzhier aufführen .

Die Manner sagten : Das kannst du nicht verlangen . UnsereFrauen haben die deine geschlagen . Sie sind wiedergesch lagenworden . Deine Frau hat von den unseren drei Narben erhalten .

Gut , auch das soll beglichen werden .

“ Buge Korroba sagte : „Tut ,wie ihr denkt .“ Die Männer l ießen darauf ihren Frauen drei Längsschnitte zwischen den Augen in die Stirne schlagen ; denn so warenauch die Narben Nj e lles beschaffen . Dann sagt en sie zu BugeKorroba : Nun haben wir gerecht gestraft ; nun gib uns unsereKuh e .

“ Buge Korroba sagte zu seinem Weibe : Weshalb habendich die Frauen Kallas erniedr igt ?“ Njelle sagte : Die FrauenKallas haben mich erniedrigt

,weil du mich aus Liebe nicht verläßt

und immer bei mir bleibst,statt in den Krieg zu ziehen .

“ Buge

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Korroba sagte : Ihr hort , was es gegeben hat. Ich habe euere Kuh e .

Wenn ihr euere Kühe wieder haben und morgen Milch tr inkenwollt , so laßt euere Frauen den Sklaven tanz hier aufführen .

Die Frauen saßen au f ihren Schemeln . Als sie das wieder horten,

streckten sie abweisend und voll Abscheu die rechte Hand hoch ,und die linke in die Seite stemmend schr ien sie : „Nie !

“ Nun istdas aber die erste Stel lung des Gesch lech tstanzesu (Die Linke indie Seite , die Rechte hochgehoben !) Buge Korroba lachte und riefIhr sagt : ‚

Nie !‘ Dabei habt ihr eben schon die erste Stel lung eingenommen !“ Da mußten alle Leute lachen .

4. Der Held Gossi*

Gossi gilt als der tapferste aller Fulbe , die j e gelebt haben . Erertrug j eden Schmerz . Wenn er sich einen Dorn in den Fuß

trat,so schmerzte ihn das nicht. Wurde er angerufen

, so hörte erdas erstemal nie darauf ; denn gleich sich umzuwenden ist dasZeichen wenn auch leichten Erschreckens . Au f alles , was hinterihm vorging , achtete er nicht , und man mußte , wenn man seineAufmerksamkeit erwecken wollte , an ihm vorubergeh en und ihnvon vorn anrufen .

Gossi erschrak , seitdem er erwachsen war , nur dreimal . Aberniemand als Gott und er haben wahrgenommen , daß er erschrak .

Ei nes Tages nach 6 Uhr nachmittags , als es schon dunkel war ,riß draußen am Brunnen vor der

Stadt die Leine,an der die

Kalebasse zum Schöpfen angebunden war, und nun wußten sienicht , wie sie für den Abend Wasser bekommen sol lten . Niemandgetraute sich in der Dunkelheit in den Brunnen zu steigen , dennalle Welt wußte

,daß da unten im Brunnen eine gefährl iche Korongo

(eine Schlangenart ) hauste . Alle Leute standen um den Brunnen.

Es wußte niemand , was zu tun se i.

Gossi kam des Weges. Er sagte : Was gibt es ?“ Die Leutesagten : „Wir haben kein Wasser im Dorfe , die Leine ist gerissen ,die Sch opfka lebasse heruntergefal len ; man wird warten mussen ,bis es Morgen und hel l ist , denn j etzt ist es schwarze Nacht , undaußerdem ist die Korongo da unten.

“ Gossi sagte : „Ach was , bindetmir die Leine um den Leib und laßt mich herab. Ich will die KaleNB. Gesang der Fu lbe in Bakunu . Der He ld ist auch bekann t unter dem

Namen : Bala Uole Hamadi .

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basse heraufholen .

“ Einige sagten : Aber es ist ja dunkle Nacht !Andere sagten : „Und da unten ist die Korongo Gossi sagte : „Achwas ! Laßt mich j etzt hinunter.“ So ließen sie denn Gossi herunterin das tiefe Brunnenloch .

Unten hatte die Korongo sich schon behaglich in der Kalebasseeingelagert. Gossi ergri ff das Schnürende , zog und suchte sie herauszuschleudern . Es gelang aber nicht. Dreimal versuchte es Gossiund es gelang nicht. Inzwischen war aber das durstige Vieh zumBrunnen gedrängt und wartete au f den Trank. Im tierischen Spielesuchte ein Bulle auf eine Kuh zu springen . In der Dunkelhei tnahmen sie das Brunnenloch nicht wahr und so stürzten beidehinein . Sie zwangten sich oben nahe dem Eingänge fest und verstopften das Loch vollkommen . Nunmehr saß Gossi ganz fest . Ander Schnur war nicht zu ziehen

,über sich hatte er den Bullen und

die Kuh , unter sich das Wasser und die Schlange , und ringsum wares stockdunkle Nacht. Entsetzt schrien die Leute auf.Die Leute sagten : Wir mussen von der Seite her schrag nach

unten ein Loch machen und Gossi so das Herauskommen ermog

l ichen .

“ Gossi horte das und rief : Macht euch nicht diese unnötigeArbeit ; denn ich wurde nicht herauskommen . Laßt mich nur bismorgen früh hier unten . Dann bei Tageslicht könnt ihr Kuh undBullen wegziehen und dann ist der gegebene Augenblick . Jetz t geheich nicht heraus .“ Die Leute sagten : Wenn Gossi es ni cht anderswill , können wir nichts tun .

Am anderen Morgen kamen sie wieder und zogen erst den Ochsenund die Kuh heraus und riefen dann : „Goss i .

“ Aber Gossi hörtenie darauf , wenn er das erstemal angerufen wurde . Man rie f nochmals : „Gossi , lebst du ?“ Gossi rief : Ja , ich lebe . Die Schnur istdiese Nacht noch einmal gerissen , und ich bin in das Wasser gefallen .

“ Die Leute banden ein starkes Ende daran , l ießen es herunter und r ie fen : „Schlinge die Schnur j etzt um den Leib und laßdich h erau fzieh en l“ Gossi antwortete : „Nein , ich lasse mich nichtherausziehen ich will hier unten sterben . Denn ich bin in dasWasser gefallen und habe es damit fur die Fulbe beschmutz t . I chhabe mich vor den Fu lbe frauen lächerl ich gemacht.“

Da kamen alle Frauen zusammen und zum Brunnen , und sie

sagten zu Gossi : Gossi , komm doch heraus. Sieh , das Dor f hatnur einen Brunnen . Wenn du unten stirbst , konnen wir hier keinWasser mehr sch opfen . Dann werden alle Leute und alles Vieh vorDurst sterben. Du aber bist der Tapferste von al len . Denn du warst

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Vetters . Darauf ger iet er in große Wu t und lud sein zweiläu figes

Gewehr . Er ging in das Haus. Er legte auf Gossi , den Helden , anund schoß . Er hatte aber in der Wu t zuviel Pulver h ine ingeladen ,

so daß der erste Lauf beim Abschießen platzte . Darauf legte er dasGewehr nochmals an und schoß . Es platzte aber auch der andereLauf beim Abschießen , denn in der Wu t hatte er wieder zuvielPulver in den Lauf gestopft. Gossi , der Held , sagte : „Dein Gewehrist schlecht , wie das aller Jäger , denn die Jäger lassen ihre Gewehrezu oft im Wasser und Regen naß werden . Nimm mein Gewehr , esist gut und außerdem schar f geladen . Es steht dort hinter demLager.Gossi , der andere , ergri ff das Gewehr , aber er z i tterte vor Wut

und Aufregung derart,daß er nicht abzudrücken vermochte . Nach

einigen Stunden sagte Gossi , der Held : „Höre , wenn du nichtschießest , h at es auch keinen Zweck , daß ich hier bleibe .

“ Er nahmAbschied von der Frau des anderen Gossi und ging hinaus , zog sichan und ritt von dannen . Gossi , der andere , sagte : „Dein unersch rocken es Herz und Gott haben dich gerettet. Es ist wahr

,du

erschr ickst nicht.“

Als der Held nach Hause kam , nahm er wahr , daß er eine Schnurmit einem Sch nuramu lett am Hauseingang des anderen Gossi hattel iegen lassen . Er sagte : „Sende ich einen anderen , es zu holen , sowird man sagen , i ch hätte Furcht. Laß ich es l iegen , so wird man

sagen , ich hätte Furcht , reite ich schnel l vorbei und nehme esim Vorüberreiten mit mir , so wird man sagen , ich habe Furcht.

Er sattelte sein Pferd , ritt langsam zurück , stieg am Hause desanderen Gossi ab , unterhielt sich mit diesem eine Weile und sagtedann : „Ich ließ heute morgen eine Sache hier liegen.

“ Er ging zuder Stel le , nahm das Schmuckstück , hängte es um , sah , ob es guthing , nahm von seinem Vett er Abschied und r itt langsam nachHause.Dies war das zweitemal , daß Gossi erschrak . Aber außer Al lah

und ihm hat es niemand gemerkt.

Bakari , ein Fulbe , horte von den Heldentaten Gossis. Er kamaus großer Ferne herbei und sagte zu Gossi : „I ch habe gehört ,

du sollst ein ganz außerordentlicher Held sein und große Unersch re ckenh eit besitzen . Würdest du mich wohl einmal au f deinemZuge mitnehmen , so daß ich mit dir etwas Außerordentliches erleben und deine Taten selbst mitansehen kann ?“ Gossi sagte

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Komm , wir konnen uns sogleich nach irgendeiner Richtungauf den Weg machen .

“ S ie bestiegen die Pferde und ritten vondannen.

Nach einer Weile kamen sie an einen Busch,in dem gingen sieben

Jager ihres Weges. Bakari sagte : Wollen wir diese nicht angrei fen ?“ Gossi sagte : „Diese Leute sind zu gefährlich . I ch fürchtemich vor solchen Leuten.

“ Nach einer Weile kamen sie zu Ackerbauern , die bestel lten einen Acker. Bakari sagte : „Wollen wir diesenicht angrei fen Gossi sagte : Ich fürchte mich . Diese Leute sindso sehr gefährlich . Und außerdem , wenn wir hier den Kampf be

ginnen , haben wir vor uns dieAckersleute und im Rücken die Jäger.“

Darauf sagte Bakari : „Ich sehe , daß du gar nicht ein tapferer Heldbist , du fürchtest dich vor allem. Du bezahlst wohl sehr reichlichden Spielleuten , daß sie dir so gewogen sind und so große Sachenvon dir singen ?“ Gossi sagte : „Siehst du , so und nicht anders ist

Nach einiger Zeit kamen sie an eine Stadt ; vor den Torengingen einige Leute hin , dem Busch zu , um sich zu entleeren .

Bakari sagte (spöttisch ) : Wollen wir nicht viel leicht diese Leuteangrei fenDarauf fuhr Gossi empor und sagte zu Bakari : Du bist ein

solcher Feigl ing , daß ich mich fast schäme , mit dir ausgeritten zusein . Hast du keine Scham und nicht Angst

, daß die Fulbe frauendich auslachen werden , wenn wir harmlose Jager und Ackersleu teüberfal len ? Pfui , —ich schäme mich deiner !“ Bakari sagte : Washast du denn eigentlich vor ?“

Gossi sagte : „Vor uns l iegt die Stadt eines Konigs . Der hat dadrinnen zwei wertvolle Pferde . Nimm du eines , wie ich einesnehmen werde . Damit reiten wir nach Hause zuruck. Das ist einewürdige Sache , denn j edes der beiden P ferde ist von zwölf woh lbewaffneten Sofa bewacht.“ Bakari sagte : Du willst das aml ichten Tage ausfuhren ? Da mache ich nicht mit !“ Gossi sagte :Dann laß es sein ! Dann wil l ich allein h ineinreiten und die Pferdeherausholen .

“ Bakari sagte : „Nein , warte bis zur Nacht , dannmachen wir es gemeinsam.

“ Gossi sagte : „Gut , wenn du es durchaus nicht anders willst.“

Also ritten sie am Abend in die Stadt hinein . Sie kamen unbehel l igt an den Sofa vorüber ; denn die Sofa hielten sie für ganz harmlose Reisende . S ie kamen an die Stelle , wo die beiden Pferde angebunden waren . Es war Mondschein. Im Mondschein gingen sie zu

der Stel le hin und banden die Pferde los . Die Sofa hörten die

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Pferdetri tte und schrien : „Die Pferde haben sich losgerissen , haltetsie ! Die Pferde haben sich losgerissen Andere riefen : „Haltet diePferde ! Fangt die Pferde Gossi rief : „Der Pferde wegen brauchtihr nicht solche Sorge zu haben ; die sind nicht allein , sondern ich ,der ich sie losgebunden habe , bin dabei !

“ Als die Sofa das horten ,l iefen sie schnel l hin und schlossen alle Tore , fingen Gossi undBakari ein und übergaben sie dem Aufseher der Gefangenen . DieLeute sagten : Morgen früh können wir diese beiden Menschenüber dem Baschi (He iligtume ) des Konigs toten .

“ Gossi und Bakariwurden in Eisen gelegt. Gossi sagte zu den Leuten : „Geht zumKönige und sagt ihm

,daß ich gewohnt bin , abends meine Milch zu

trinken .

“ Die Leute sagten : Milch gibt es nicht für P ferderäuber.“

Sie sagten es aber dem Kon ige . Der König sagte : „Es ist ein Fulbe ,gebt ihm die Milch .

“ Man brachte Gossi die Milch . Er trank dieHälfte und reichte die andere Bakari . Bakar i sagte : Ich mag

nicht . Milch kann ich j etzt gar nicht trinken.

“ Dann nahm derSklavenaufseher die beiden in seine Obhut . Beide wurden in einEisen geschmiedet.Als es Nacht war , r ie f Bakari : „Gossi !

“ Gossi antwortete aberniemals au f den ersten Anruf . Bakar i rief nochmals : „Goss i !

Gossi sagte : Weshalb störst du mich im Schlafe ?“ Bakari sagteWas , in der Nacht vor deinem Tode kannst du schlafen ?“ Goss isagte : „Gewiß . Wie sol l ich morgen etwas bestehen können , wennich heute nicht schlafe ?“ Bakari sagte : „Wenn es dir paßt , wollenwir doch j etzt entfliehen . Ich wiederhole : wenn es dir paßt , dennich habe schon sehr wohl gesehen , daß du deinen Kopf für dichhast.“ Gossi sagte : „Argere mich nicht ! Wie sol len wir wohl fort ,da wir doch angeschmiedet sind . Wenn du solchen Unsinn nocheinmal sagst , rufe ich den Gefangenenaufseher.“ Bakari sagte :

„Nun , sei doch nur gu t , ich meine , wir konnten doch nurGossi wol lte rufen , aber Bakari hielt ihm den Mund zu .

Es begann ein heftiges Gewitter . Der Sturm j agte starke Staubwolken über die Stadt hin . Bakar i sagte nach einer Weile zu Gossi

„Höre , Gossi , wir können so einfach fortkommen . Wir sind j abeide zusammengeschmiedet , aber wir können doch zusammengehen , wenn wir die Füße vorsichtig setzen . Wir konnen hier hinüber und konnen dann über die Mauer . Willst du mich begleiten ,daß wir es ansehen ?“ Gossi sagte : „Es ist gu t . Wir wollen gehen .

Beide gingen dahin , wo die Mauer war . Es war ganz dunkel . Aberim Gewittersturm kamen häufig Blitze nieder

,die beleuchteten den

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nie eine Kuh besteigen darf. Er wird als eine Art Schutzgeist angesehen . Wird er zu alt , so wird ein junger Stier , ein ganz jungesWesen

,als Ersatz ausgewählt. Der neue „Heilige

“ wird mit demKopf gegen den zu alt werdenden gestoßen . Von nun an kann deralte Ngare togo schol i zur Viehzucht verwendet werden , und alleFürsorge wird von nun an dem neuen Ngare togo scholi zuteil . )Diesen Stier durfte niemand schlagen oder stoßen , und es stand au fZuwiderhandlung einfach Todesstrafe. Zum zweiten aber war derKönig strengstens auf die Respektierung der Frauen seines Hofesund Hauses bedacht. Nicht weniger als Siebenhundert Soldaten bewachten ständig die Tore , die zu seinem Häuserviert el führten .

Zweimal in der Woche , am Montag und am Freitag , wurden dieFrauen von den gesamten Soldaten zum Flusse hinabbegleitet.Wenn der Zug kam , mußte j edermann schnell beiseite laufen , undwer es dennoch wagte hinzuschauen oder stehenzubleiben , der warauch der Todesstrafe verfallen . Wer zufäl lig auf dem Hofe desKönigs oder sonst wo eine Frau seines Haushaltes sah , der mußtesich abwenden und das Gesicht mit den Händen oder mit demMantel bedecken . Zumal eine seiner Frauen l iebte der Herrscherüber al le Maßen . Das war Nj elle . Der konnte er die Erfü llungkeines Wunsches versagen , und sie war Hüterin al ler seiner wichtigsten Schätze.Es war ein Fulbe , der hieß Bu lloballi. Der hatte von Gossis Taten

gehört und er machte sich au f den Weg , um den Helden persönl ichkennen zu lernen. Er legte den weiten Weg zurück , kam an , tratzu Gossi und sagte : „Ich suche das Schreckliche und Unerhörte .

Gossi sagte : „Da kann dir ja leicht geho lfen werden . Warte nureinige Tage , dann will i ch dir das Unerhörte so zeigen , daß du genugdavon haben sollst.“ Bu lloballi sagte : „Ich werde warten .

An einem Montage (oder Freitag ; der Berichterstatt er , ein Bammana , weiß es nicht genau ) saßen alle gemeinsam auf dem Marktplatze . Einige Dialli spielten Gitarre und sangen das Baudi (Helden lied ) . Gossi sch nippste gegen die Gitarre und sagte : „Komme ,Bu lloballi, heute wollen wir au f den San dbänken des Flusses dasPaddi (ein Würfelspiel ) spielen .

“ Goss i und Bu lloballi gingen zumFlusse hinab und begannen zu spielen. Nach einiger Zeit sah Gossi ,daß der Zug der königlichen Frauen , geführt und beschütz t vonden S iebenhundert Soldaten , daherkam . Er ließ sich nicht stören .

Bu lloballiwandte sich um . Er sah auch den Frauenzug. Da schlüpfteer alsogleich in großer Furcht in eine Höhle , die im Ufersan de war .

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Gossi stand au f . Er erwies den kon iglich en Frauen die Ehre undwarf sich auf die Knie , das Antlitz gegen den Boden gewendet. Alsder Zug aber just neben ihm war , richtete er sich unerschrockenauf

,blickte mitten in den Zug und rief : Nje lle .

“Nj e lle antwortete

sogleich : Hier bin ich !“ Gossi sagte : „Nje lle , ich habe Durst ,bringe mir doch eine kleine Schale mit Wasser.“ Nj e lle ging an denFluß

,sie ging bis an die Knie in das Wasser und schöpfte für Gossi

Wasser. Sie kam mit der Schale zuruck. Sie kniete vor Gossi niederund reichte dem Helden den Trank . Gossi trank.

Man hatte vordem schon fur die Frauen Decken am Boden ausgebreitet. Gossi strich j etzt mit der flachen Hand von einer derDecken den darau fgeweh ten Sand fort und sagte : „Setze dich zumir nieder , Njelle !

“ Alle S iebenhundert Soldaten und Wächter , alleFrauen sahen starr und entsetzt auf dieses Unerhörte . Niemandwagte sich zu bewegen oder etwas zu sagen. Nielle aber l ieß sichneben Gossi nieder , und so plauderten sie miteinander. Nje lle sagtedann zu Gossi : „Es gibt keine rechten Manner mehr unter den Fulbein Bakunu .

“ Gossi sagte : Ei , es gibt schon noch echte Manner inBakunu . Du kennst sie nur nicht. Wenn du einen echten Fulbehelden kennen lernen willst , so erwarte mich heute abend in deinemHause ; denn dann will ich trotz der Siebenhundert Wachen und desheiligen Stieres bei dir schlafen .

“ Niel le sagte : „Ach , ich kann esgar nicht erwarten , daß es Abend wird . Ich mochte , es wäre erstNacht !“

Dann nahmen Nje lle und Gossi voneinander Abschied , und dieFrauen keh rten .mit ihren Wächtern zur Stadt in die Gehöfte desKönigs zurück . Bu lloballi kam auch aus seinem Versteck hervor.Er sagte : „Komm schnell heim. Ich habe genug des Unerhörtenerlebt.“ Gossi sagte : „Nein , wir gehen nicht , wir wollen erst nochspielen.

“ Bulloballi sagte : „Wir wollen geh en l“ Gossi sagte : „Dann

geh allein .

“ Bulloballi bl ieb . Sie spielten Paddi .Gossi sagte (spie lgemäß) : „Eine Frau h at gesagt , es gibt keine

echten Männer mehr unter den Fulbe von Bakunu . Das gibteine neue Sache . Wir wollen es zeigen .

“ Im H intergrunde kam eineLowin herbei . Gossi sah nie hinter sich . Er hörte nun wohl dieSchritte und das Knurren des Tieres ; aber da es hinter ihm herankam , achtete er nicht darauf. Bulloballi sagte erschreckt : EineLöwin l“ Gossi sagte : „Da , spiele !“ Bu lloballi sprang au f und

schlüpfte wieder in seine Höhle . Gossi blieb , wie und wo er war .Dann kamen zwei Jager des Weges

,und hierdurch ward die Lowin

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vergrämt und sprang schnell in den Busch . Bu llobal li sagt e : „I chgehe nach Hause !“ Er kroch aus seiner Höhle . Als er an Gossivorbeikam

,sagt e er : „I ch habe heute genug Unerhörtes gesehen .

Er lief fort.Gossi sagte : Es gibt wirklich wenig wahre Manner unter den

Fulbe . Ich werde es aber zeigen , daß es doch etliche gibt.“ Er standauf und ging auch in die Stadt.

l s es Abend war , nahm Gossi zwei Lanzen und ging damit nachdem Kön igsviertel . An dem einen Tor war Ngare togo schol i

angebunden , der heilige Stier , den niemand bei Todesstrafe schlagenoder stoßen durfte . Er nahm die erste Lanze und stieß sie dem Stierin die Seite . Er nahm die zweite Lanze und stieß sie dem Stier indie Seite . Der heilige Stier brach tot zusammen. Dann ging Gossidurch das Torhaus und in das Kön igsvierte l. Er fragte eine Fraunach der Wohnung Nielles. Die Frau zeigte ihm die Richtung . Erfragte nochmals eine Frau nach dem Hause Nje lles. S ie zeigte Goss idas Haus Njelles. Gossi ging hinein und schlief bei Njelle .

Drei Tage war Gossi im Hause Njelles und schlie f bei ihr . AlleFrauen und Männer wußten es . Keiner aber wagte es , dem Kon ige

diese Nachricht zu hinterbringen , denn alle Leute fürchteten seinenZorn . Am dri tten Tage faßte sich die erste Frau Hamadis ein Herz ,ging zum Könige und sagte : Seit drei Tagen ist der Held Gossi imKonigsvierte l und im Hause deiner Frau N jelle und schläft bei ihr .

Als der Konig das hörte , r ief er alle seine Vornehmen und Weisenzusammen zu einer Beratung auf dem großen Platze .Der König sagte : „Ich habe das Gesetz erlassen , daß j eder , der

den Ngare togo schol i schlägt oder stößt , getötet werden soll . Ichhabe das Gesetz erlassen

, daß j eder , der auf meine Frauen sieht undsich nicht umwendet , wenn sie irgendwo daherkommen , getötetwerden sol l . Nun aber ist dieser Gossi gekommen und hat den Ngaretogo schol i nicht geschlagen , nein , er hat ihn getötet. Er hat meineFrauen nicht nur angesehen , sondern er hat die l iebste meinerFrauen beschlafen . Er ist drei Tage bei Njelle und kümmert sichnicht um meinen Zorn . Wenn man schon wegen Schlagen undHinschauen tötet , was soll man dann beim Töten und Beschlafentun ? Wer kann mir da einen Rat geben ?“

Einige Leute sagten : „Man kann ihn eben nur toten .

“ Anderesagten : „Man kann ihn in einem großen Topfe kochen .

“ Es wurdevieles von der Art gesprochen . Es war auch ein Bruder Gossis da ,

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schaft der Hauptstadt aufgetaucht sei und da großen Schaden anrichte . Da sagte König Hamadi : „So wollen wir die Sache mitdiesem Gossi zunachst sich selbst uberlassen und zunächst einmalden Feinden entgegenziehen .

“ Einer aus der Umgebung sagte :Wenn wir aber hier weggehen

, so wird dieser Gossi sehr bald entfliehen und sich so seiner Strafe entziehen .

“ Ein Einheimischeraber sagte : Man sieht , daß du nicht aus dieser Stadt bist , sonstwürdest du wissen , daß dieser hier ein Held ist , der niemals entfl iehen wird .

“ Somit brach dann das Heer auf und zog unter derFührung des Konigs Ham adi gegen den Feind .Gossi hörte alles das mit an . Als die anderen abgezogen waren ,

sagte er zu Nje lle : O Njelle l Ich höre , daß draußen Kr ieg ist undnun sitze ich hier tatenlos bei einer Frau ! Ach Nj e lle , wenn ichdoch nur ein Pferd hatte !“ Njelle sagte : „Höre , es sind hier imKön igsh o fe zwei herrl iche Pferde , eines h at sieben , das andere hatzehn Sklaven gekostet. Geh hin und wahle eines aus.

“ Gossi ginghin und wählte ein Pferd aus. Er kam zurück und sagte : Ach ,Nielle , wenn ich nun noch ein gutes Gewehr hätte !

“ Nje lle hattealle Schlussel über alle Vorratshäuser. Sie zeigte ihm , wo derSpeicher mit den Gewehren sei . Er ging hin und nahm aus demHaufen von fünfzig eine Doppelbüchse heraus . Niel le zeigte ihm ,

wo der Speicher mit dem Pulver und den Kugeln sei . Sie sagte zuGossi : „Nimm dir nur viel Pulver und Kugeln mit !

“ Gossi sagteIch brauche nur für zwei Sch usse , um uns hier zu befreien .

“ Erlud und sagte : „Guten Weg , Njelle .

“ Njel le sagte : „Guten Weg ,Gossi !“

Inzwischen war es dem Heerhaufen des Konigs Hamadi sehrschlecht ergangen. Die Feinde waren mit großer Macht herangekommen und hatten die Fulbe so gut wie zurückgedrängt. Nunwaren zwei kuhne Helden unter den Truppen des Feindes , die hattenes darauf abgesehen , den König Hamadi zu töten oder gefangen zu

nehmen . Der eine hatte gerade die Buchse angelegt,um Konig

Hamadi aus nächster Nähe to tzusch ießen ,der andere hatt e schon

die Hand ausgestreckt , um den König Hamadi an der Brust zupacken . In diesem Augenblick kam Gossi ange jagt . Er erschoß erstden , der sein Gewehr gegen König Hamadi ger ichtet hatt e , danntötete er den anderen , der seine Hand nach dem Könige ausgestreckt hatte . Beide sanken tot zu Boden . Gossi packte die beidenPferde an den Zügeln , reichte dem König die Zuge!und sagte : „Bewahre mir diese beiden Pferde gut .“ Der König band die Riemen

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der P ferde zusammen und hielt sie , und so ward der Konig Hamadider Sofa des Helden Gossi . Gossi aber sturzte sich in das Schlachtgewimmel

,sprengte überallhin , wo der Feind die Oberhand ge

winnen wollte und das hatte zur Folge , daß das Heer König Hamadis

zuletzt doch noch den Feind zurucksch lug .

Als das Heer Hamadis sich versammelte , sprengte Gossi so schnel lwie möglich zur Stadt zuruck , band sein Pferd am Hause Njelles anund ging hinein. Gossi sagte : „So , Nj elle , nun mache mir warmesWasser , damit ich mich baden kann , denn ich habe schwere Arbeithinter mir.“ Darauf lachte Nj elle vor Freude und bereitete alles.Der Held wusch sich .

Das Heer Hamadis versammelte sich auf dem Sch lach tfelde undkehrte in die Stadt zurück . Die Versammlung trat wieder au f demgroßen Platze zusammen . Als alle anwesend waren , sagte derKonig : „Wir mussen j ene Sache des Helden Gossi , die noch nichterledigt ist

,abschließen . Gossi hatte den Ngare togo scholi getötet

und ist in das Haus meines Lieblingswe ibes gegangen , um bei ihrdrei Tage zu schlafen. Wir haben keine Strafe ersinnen können , dieschwer genug gewesen wäre , die genügt hatte , diese Verbrechen zu

sühnen. Inzwischen ist aber eine große Änderung eingetreten. Gossihat mir au f dem Sch lach tfelde nicht nur das Leben gerettet , sondernwir haben es ihm auch zu verdanken

,wenn wir den S ieg nicht ver

loren haben . Darum wil l ich diesem Helden Gossi , anstatt ihn zustrafen , die Frau Nje lle schenken .

“ Der ältere Bruder Gossis ginghin , um den Helden zu rufen und ihm zu sagen , was der König beschlossen habe .Gossi kam . Er trat in die Versammlung. En nahm kuhn und un

verzagt neben dem Kon ige Platz . Er sagte : Konig Hamadi ! Ihranderen ! Ihr glaubt , daß ich diese Sache um der Frau Nje lle wegengetan habe . Das würde ich nicht tun , denn Nj elle ist die Frau desKönigs. Aber eine Fu lbe frau hat mir gesagt , ‚

es gibt keine orden tl ichen Männer mehr !‘ Es ist eine Schande , wenn die Fu lbe frauenso sprechen können. Ich habe mit alledem nur zeigen wollen , daßes eben noch echte Männer unter den Fulbe gibt. Deine Frau willich dir nicht nehmen. Behalte sie

,König Hamadi .“

Damit stand Held Gossi au f und verl ieß das Viertel des Konigs.

pater sagte der Held Gossi : Ich bin doch der tapferste al lerFulbe. Nur drei Männer werden mich darin zu übertreffen

wissen : Erstens , der sich in warmem Wasser wascht und Geduld

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genug besitzt,dem Juckreiz zu widerstehen und sich nicht zu

kratzen . Zweitens , der einen Niednagel am Finger hat und den Mutbesitzt

,ihn nach der Handfläche zu fingerau f wegzuziehen , statt ihn

abzubeißen oder abzuschneiden . Drittens , wer nachts Wassersch opft um zu trinken und dann trinkt ohne das anzusehen , was erschlürft.“

5 . Kumba S ira Maga

umba Sira Maga (oder Maka) war in Muria (oder Murdia ) imLande Wagadu zu Hause . Er wollte ein kleines Mädchen

heiraten,di e hieß Nj elle . Damals war in Segu Monsong König.

König Monsong war mächtig . Seitdem Nj elle klein war , hatteKumba Sira Maga ihr Geschenke gemacht. S ie wohnte au f demLande nahe bei Murdia . Eines Tages aber kam Konig Monsong mitgroßer Kriegsgewalt in das Land . Und just einen Tag , nachdemKumba Sira Maga dem schönen Mädchen einen Ring geschenkthatte , fiel König Monsong uber dies Land her und nahm außeranderer Beute

_

auch die schone Nielle mit sich fort. Kumba SiraMaga horte es alsbald

,daß König Monsong das Mädchen , das seine

Frau werden sollte,geraubt habe .

Kumba Sira Maga wohnte bei dem Bruder seines Vaters , der Fasahieß . Er sagte zu seinem Onkel Fasa , daß er nach Segu gehenwollte , seine Nj elle wiederzuh olen . Dreimal verbot ihm Fasa , solcheSachen zu sagen . Dann aber reiste Fasa eines Tages selbst in eigenerAngelegenheit nach Segu und sagte nochmals zu Kumba Sira MagaLeb wohl und laß den Gedanken an Nj elle fal len .

“ Er reiste fort.In einiger Entfernung folgte ihm aber heimlich Kumba Sira Maga.

Als Fasa in der Nähe Segus war,zeigte sich Kumba Sira Maga. Fasa

sagte entsetzt : Ich fürchte , du wirst Unruhe erregen und Streit anfangen .

“ Der Bursche aber sagte : „Fürchte dich nicht , mein ältererBruder meines Vaters . Ich werde dir keine Schande bereiten .

Als sie in Segu angekommen waren und die Mittagszeit verstr ichen war , sagte Kumba Sira Maga zu seinem Onkel : „Ich werdej etzt ein wenig promenieren

,die Stadt verlassen und mir die Um

gebung ansehen .

“ Kumba Sira Maga ging von dannen und versteckte sich da

,wo die Kühe grasten . Als es Abend war , kamen die

einzelnen Sklavinnen,um die Kühe ihrer Herrschaft zu melken . Er

trat an j ede einzelne Sklavin heran und fragte sie : „Wem geh orst

Man sagt, daß dieser Sang am Anfang des Pu i gesungen wurde .

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nahmen sie sich ein Herz , besprachen die Sache noch einmal miteinander

,gingen zum Könige und sagten : „Es ist ein Mann au s

Murdia gekommen , der heißt Kumba Sira Maga. Wir wissen nichtund haben es nicht in Erfahrung br ingen können , wie es geschah ;aber dieser Mann ist in den Königshof eingedrungen und schläftseit zwei Tagen bei Nj elle , die der König Mon song aus dem Landebei Murdia mitgebracht hat.“ Der König Monsong fragt e : Istdieser Kumba Sira Maga noch da oder ist er inzwischen fortgegangen ?“ Die Aufseher sagten : „Der Mann ist noch immer imHause Nje lles.

Darauf r ief Konig Monsong alle seine Soldaten und Soldatenführer zusammen und sagte : Es ist etwas Unerhörtes geschehen.

Ein fremder Mann namens Kumba Sira Maga ist aus Murdia ge

kommen , ist auf unerklärl iche Weise in den Hof gekommen undschläft sei t zwei Tagen im Hause der Nj elle , die ich aus dem Landebei Murdia mitgebracht habe . Nun sage einer , was man mit ihmanfangen soll ? Soll man ihn rösten , sol l man ihm die Hande abschlagen und ihn kopien , soll man ihn kochen , oder was sol l mitihm geschehen ?“ Der eine sagte : Man soll ihn kopfen .

“ Derandere sagte : Man sol l ihn rosten .

“ Der dr i tte sagte : Und dannsol l man nach Murdia ziehen und das ganze Land verwu sten , damitsein Stamm und seine Famil ie bestraft werden .

“ Es war da aberein alter Schmied mit Namen Numu Tj i oder Tschi . Das war derklügste Ratgeber des Konigs Monsong. Der ward auch zur Beratung herangezogen und sagte : Es gibt j eder seinen Rat.“ KönigMonsong sagte : Der deine ist mir besonders wertvoll . Sprichalso .“

Numu Tschi sagte : „Da ist das Dorf Djonkollon ia . Das ist nochnicht unterworfen vom Könige von Segu . Wir wissen aber , daß vondort j eden Tag ein neuer Herrscher über Segu kommen kann . Dennes sind in Djonkollon ia neun Ngana (Helden ) , von denen j eder dieKraft und Fähigkeit besitzt

,sich zum Herrscher aufzuschwingen .

Seit drei J ahren führen wir mit j enen Leuten Kr ieg , und ein Weiserhat uns gesagt , daß es einem derUnseren entweder gelingt , den Kopfeiner schwarzen Katze

,gehüllt in roten Stoff

,in den Brunnen mitten

im Dorfe zu werfen , oder daß die .Ngana von Djonkollon ia uns besiegen werden . Sendet doch nun diesen Kumba Sira Maga , der einHeld zu sein scheint

,in die Stadt Djonko llon ia . Gelingt es ihm , diese

Sache auszuführen,so sind wir von dieser Sorge und Ge fahr befreit.

Er h at dann seine Schuld gutgemacht. Gelingt es ihm nicht , so

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kommt er eben dabei ums Leben .

“ Darauf sagten der Konig undalle Leute , daß dieser Rat der beste sei.Kumba Sira Maga ward gerufen. Er kam sogleich . Konig Mon

song sagte : „Du hast dich schwer gegen die Rechte und Gesetzemeines Hofes vergangen. Wenn du nun bereit bis , den schwarzenKatzenkopf in rotem Stoffe in den Brunnen , der inmitten der StadtDjonkollon ia l iegt , zu werfen , soll dir die Schuld vergeben werden .

Der Held sagte : „Gebt mir nur den Katzenkopf her. Sorgt aber , daßeinige Reiter mir nachfolgen

,die alles

,wie es sich abspielen wird ,

mit ansehen .

“ Der König sagte : „Das soll geschehen .

“ KumbaSira Maga stieg zu Pferde . Er nahm seine Waffen . Er ritt vondannen. Es folgten ihm hundert freie Reiter , hundert Diallireiter,hundert hörige Reiter. Als der Zug eine Strecke weit gekommenwar , befiel die Sklaven Angst. Sie bl ieben zurück . Wieder ein Stückweiter hielten auch die Freien an. Als aber Djonko llon ia in Sichtkam

, hielten auch die Dialli an , stiegen ab und sahen zu , wie KumbaSira Maga in die Stadt h ineinritt .Der Held kam durch das Stadttor. Er kam unbehelligt durch dasLager der Krieger

,und niemand hielt ihn an

,weil j eder ihn fur

einen Boten hielt. Er kam bis an den Brunnen . Er zog den Katzenkopf heraus und schrie : „Hallo , ihr Leute von Djonkollon ia , KonigMonsong von Segu sendet mich . H ier halte ich das in der Hand ,was eine Stadt zerstort . Seht. Seht.“ Damit warf er den in rotenStoff gehüllten schwarzen Katzenkopf in den Brunnen hinab . Sogleich begannen alle Weiber und Kinder zu schreien . Die Weiberschrien : „Das Unglück über die Stadt bricht herein . Ist kein Mannin Djonko llon ia , der den Mann packen und töten kann KumbaSira Maga verl ieß gelassen den Platz

,passierte das Tor und machte

vor der Stadt unter einem mächtigen Merebaume halt , um abzu

warten , was sich nun weiter ereignen würde .“

In der Stadt rüsteten sich alsogleich die neun Ngana , und einerder Helden nach dem anderen kam h erausgeritten ,

um mit demHelden Kumba Sira Maga zu kämpf en . Da kam zuerst der Anführer Killindi-Kallondo . Der sah immer nur , wenn er mit einemum den Kopf geschlungenen Tuche die a llzutie f herabhängendenAugenbrauen hochzog. Kumba Sira Maga schoß ihn , a ls er heransprengte , ins Herz und schnitt ihm dann mit einem Schwerth iebe

das Haupt ab . Sein Pferd band er an den Baum. Als zweiterkam Turani -Kabato , der hatte ein so langes Glied , daß er es immerhochbinden mußte , wenn er in den Krieg zog. Mit dem ging es

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ebenso wie mit Killindi-Kallondo . Dann sprengte Niamaku heran

(der anscheinend ein Sako war ) , dann Niamaku Nj e lle (denn seineMutter hieß Nj el le ) , dann Siga di Baba (Baba , der Sohn di , derSiga ) , dann Ngolo Korroba , dann Ngolon i Dj enn i, dann MonsonDierra , dann Keffa Sulle (der Mannstöter) , und einem erging eswie dem anderen . Kumba Sira Maga schlug j edem einzelnen denKopf ab und band sein Pfe rd an den Baum . Als das ganze Werkvollendet war , band er al le neun Häupter zusammen und nahm siezu sich auf sein Pferd . Er nahm die anderen neun Rosse an dieLeine und kehrte nach Segu zuruck.

Als das Gefecht vor den Tore n von Djonkollon ia begonnen hatte ,waren zuerst die 100 Dialli zuru ckgekeh rt und hatten im Vorbeireiten die 100 Freien und die 100 Hörigen mitgenommen , so daßKumba Sira Maga den Weg ganz menschenleer und verl assen fand .In der Stadt Segu hatten die 300 verkündet , daß Kumba Sira Magain Djonkollon ia zerschossen ‚ zerhackt und zerstückt sei . Der siegreiche Held kam nun an

,aber er ritt nicht zum Könige Monsong ,

sondern zu dem Numu Tschi,der den Rat gegeben hatte , Kumba

Sira Maga gegen die Stadt mit den neun Helden auszusenden .

Numu Tschi führte Kumba S ira Maga und die Häupter der neunHelden zu König Monsong und sagte : „Nun sieh , ob mein Rat ni chtgut gewesen ist. Du wolltest eines Weibes wegen diesen Mann tötenund eine Provinz wie Murdia zerstören . Nun hat der eine Mann diraber neun Haupter und neun Provinzen erobert .Der Konig sagte : „Du hast recht gehabt und dein Rat war wert

voll . Ruft die Frau Njelle .

“ Nj elle ward herbeigebracht. DerKönig stattete sie reich mit Kauri aus und gab sie dann dem Heldenngana) Kumba Sira Maga . Er sagte : Hier hast du einiges

davon , was du als tapferer Mann verdient hast. Im Vergleich mitdir muß ich sogar wie ein Weib erscheinen .

6. Hamadi Ping und Bassala -n’ Sa

Eines Tages spielten Buge Korroba ,

Buge Ntienn i und SagateSunga llu (oder Singo ) auf dem Marktplatze von Kal la „Paddi

“.

(Locher sind im Boden gemacht. Jeder wirft hinein und erzähltetwas von seinen Taten zum Spiele . Sonst ist es dem bekanntenBrett-Mangalla- Spiele ähnlich . ) Buge Korroba sagte , was er da undda getan habe. Buge N tienn i sagte

,was er da und da getan habe .

Sagate Sungallu sagte , was er da und da getan habe . Es war aber in

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sagte : „Ich bin ein anständiger Mann , der niemand etwas Sch l immestu t . Die Leute von Kalla haben mich verj agt , weil ich eben niemalsin den Kr ieg gehe und ein Feigling bin .

“ Da sagte der DugutigiSa : Wenn es so steht , so magst du bleiben . Wir sind einfacheAckerbauern und verlangen von niemand einen krieger ischen Sinn .

Lasse dich hier ruhig nieder , baue ein Haus , bestelle deinen Acker .“

Hamadi Fing baute sein Haus , zuerst aus Stroh platten (Secko ) ,dann mauerte er es aus Lehm . Ein Jahr später zog er um seinGemeinwesen eine umfangreiche Lehmmauer. Dann kam HamadiFings Frau mit einem Knaben nieder. Hamadi Fing aber lud denDugu tigi zur Taufe , und der Knabe erhielt den Namen des Oberhauptes : Bassala- n

’ Sa.Hamadi Fing sorgte , daß dem Knaben alles zutei l wurde , was

ihm etwa im Leben von Nutzen sein konnte. Er ließ aus sieben Stadtensieben Marabut kommen , l ieß j eden an einem besonderen Platzschlafen , so daß keiner von der Anwesenheit des anderen wußte .Jeder mußte dem Knaben besondere Weihe angedeihen lassen .

Dann ließ er sieben Bammana kommen , die mit heidnischem Zauberwohl Bescheid wußten . Sie kochten j eder ein wirksames Baschi ,das gegen Kugeln und j ede Wunde woh l und sicher schütze. Soward dem Knaben Bassala-n ’

Sa alles , was nach Mensch enkra ften

getan werden konnte .Ferner l ieß er zwei Dialli kommen , die wurden dem Knaben im

Ho fe als Lehrer beigegeben . Sie mußten ihm das Pui vorsingen.

Der Knabe durfte den Hof zwar nicht verlassen , aber es wurde ihmein P ferd gegeben , auf dem konnte er sich fröhlich umh ertumme ln .

So verbrachte das Kind im Mauerkreise eine von bester Erziehunggesegnete Jugendzeit , und das wahrte , bis er bald erwachsen war.Aber er war noch nicht J üngl ing , sondern nur ein großer Knabe .

assala- n’ Sa war ein großer Knabe . Da fragte er eines Tages

die beiden Dialli : Wie kommt man in das Pui ?“ Die Dial lisagten : „Man kommt in das Pu i, indem man große Taten voll führt ‚und zwar im Kriege ; Taten , die man ganz allein ausführt , die niemand anders tut und bei denen niemand hil ft. In das Pui kommendie ganz Tapferen .

“ Bassal a—n i Sa fragt e : Wo verrichtet mansolche Taten ?“ Die Dialli sagten : „Solche Taten verrichtet man indem Lande Kalla.“ Der Knabe sagte : „Ich werde mir das LandKalla einmal ansehen . Weshalb bin ich immer in dieser Mauer ?Weshalb gibt mir mein Vater Pferd und Gewehr ? Weshalb läßt er

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mir durch zwei Dialli vom Pui wieder und immer wieder vorsingenNein

,ich will nicht mehr hierbleiben . Ich wil l in die Welt hinaus

reiten und im Lande Kalla vom Pui etwas erleben ! Mein Sufa sol lmein Pferd satteln .

Die Dialli sagten : Dein Vater wird nicht einverstanden sein .

Dein Vater wird sehr böse werden .

“ Der Knabe sagte : „Ich willnichtmehr in dieserMauer leben . Ich wil l in das Land Kalla reisen .

Die Dia lli sagten : „Reize deinen Vater nicht.“ Bassala- n ’ Sa sagte :

„Es ist genug ! Sufa , rüste mein Pferd .“ Der Sufa ru ste te das

Pferd . Bassala- n ’ Sa schwang sich hinauf und nahm sein Gewehr.Er ritt aus dem Tore . Der Sufa folgte ihm. Er sprengte auf denMarktplatz von Bassala. Da saß Hamadi Fing mit den Alten desDorfes. Er ließ vor dem Vater das Pferd hoch aufsteigen . Der Vatersah erstaunt auf. Der Knabe sagte : Ich wil l nach Kalla reisen .

Hamadi Fing sagte : „Was willst du ?“ Der Knabe sagte : „I ch

möchte nach Kalla reisen .

“ Hamadi Fing sagte : Was willst du inKalla ? Was treibt dich nach Kalla ?“ Der Knabe sagte : MeinVater , die Dialli haben mir alle Tage vom Pui vorgesungen. AlleTage habe ich vom Pui geh ort . Ich mochte es sehen , wie man indas Pui kommt.“ Hamadi Fing sagte : Wenn du nach Kallazurückkehrst , wirst du von mir kein Geld , keine Sklaven , nichtserhalten. Denn ich stamme aus Kalla und mich haben die Heldenvon Kalla , die Helden des Pui, Buge Korroba , Buge Ntienn i, SagateSungallu , verj agt , weil i ch nichts tat , um in das Pui zu kommen .

Was wil lst du nun dort ? S ie werden dich verspotten. S ie werdendich töten. Sie haben gesagt , sie wollten nichts mehr mit mir un dden meinen zu tun haben . Und nun willst du zum Lande Kal lareiten , um in das Pui zu kommen ?“

Bassala- n ’ Sa sagte : „Vater , ich will nichts von deinem Besitztumund von deinen Sklaven. Ich verlange nichts anderes als die Erfüllung einer B i tte : Gib mir meinen kleinen Sufa als Pferdejungenmit. Mehr brauche ich nicht. Mehr will ich nicht. Ich muß abernun gerade nach Kalla , um den Helden Buge Korroba , BugeNtienni und Sagate Sungallu guten Tag zu sagen . Laß mich reiten ,mein Vater.Hamadi Fing sagte : „Bassala- n

’ Sa , du bist ein torich ter Knabe ,aber ich will und kann dich nicht vor deinem Schicksal bewahren .

Nimm deinen Sufa mit. Außerdem will i ch dir hundert weißeKola und Getreidemehl als Wegzehrung mitgeben .

“ Hamadi Fingließ die Nahrung bereitstel len. Er l ieß al les bereiten. Hamadi Fing

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sagte nochmals : „Bassala- n’ Sa , die Leute von Kalla wollen t ms

nicht wohl , sie werden dich töten .

“ Bassala- n’ Sa l ieß sein Pferd

aufbäumen. Er ritt zum Orte hinaus und nach der Ri chtung vonKalla von dannen .

Hamadi Fing lachte hinter ihm her.

nter der Galla in Kalla saßen die drei Helden Buge Korroba ,

Buge N tienn i und Sagate Sungallu . Sie spielten Paddi . Buge Korroba sagte , was er da und da getan habe ; Buge N tienn i sagte , waser da und da getan habe ; Sagate Sungallu sagte , was er da und dagetan habe . Bassala- n

Sa kam an die Galla,

er hiel t vor derGalla und rief : Buge Korroba ,

gib mir Wohnung bei dir. BugeN tienn i, gib mir Wohnung bei dir. Sagate Sungallu ,

gib mir Wohnung bei dir.“ Buge Korroba sah auf und sagte spo ttisch : „Sonstsucht man immer nur bei einem Wohnung. H ier scheint aber einerzu sein ,

—der keine Bescheidenheit und kein Schamgefühl h at .“ Der

Sufa des Bassala- n ’

Sa sagte : „Das Schamgefühl wird wohl eher euchfehlen , sonst wurdet Ihr erst genau nachsuchen , ob j emand nichtVeranlassung zu ungewoh n lich em Wunsche hat .

“ Ein Alter ausKalla war da , der sagte : Ihr Männer , streitet nicht. Ihr wißt nicht ,was der junge Mann ist , und er h at uns seinen Charakter nochnicht erschlossen . Es scheint mir eine besondere Bewandtnis mitihm zu haben . Darum sage ich : streitet nicht !“

Darauf sagte Buge Korroba : Du sol lst bei mir wohnen.

“ Essagte Buge Ntienn i : „Du sol lst bei mir wohnen.

“ Es sagte SagateSungallu : Du sollst bei mir wohnen.

“ So ward Bassala—n ’ Sa gutempfangen . Die Leute schlachteten einen Ochsen und bewirtetenihn gut . Niemand aber wußte , daß Bassala—n ’ Sa ein Sohn HamadiP ings war .Eines Tages spielte ein Dialli und sang vom Pui. Die Helden und

Bassala- n’ Sa waren dabei . Einer der Helden spottete über den

großen Knaben und sagte : „Ein junger Affe (das sol l heißen , einjunger Ankömmling ) soll hier kein Mehl erhalten (soll nicht zu

Bassala- n ’

Sa entgegnete : „Ich kann mir das denken .

Wie aber , wenn der junge Affe großer ist als ein Elefant ? Dan nkann er doch wohl nehmen ?“ Buge Korroba sagt e : Wenn esdraußen so große Affen gibt , so werd en sie um so größere Ziele abgeben für die guten Jäger und Schützen , deren es in Kalla genuggibt.“ Ein Dia lli unterbrach die Streitenden und sagte : „Laß t denStreit , singt l ieber ein j eder von den Taten , die er begangen h at !

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doch uberwunden hatte. So war i ch sehr begierig darauf , das Werkmeiner Führer selbst sehen zu dürfen .

Wir ritten‘

so lange , bis wir den Federschmuck Fa -Mussas durchdie Bäume leuchten sahen . Meine Begleiter ritten mutig einigeSchri tte auf ihn zu , dann aber kehrten sie um . Die Kallaleu tesagten : ‚Er steht da in voller Bewaffnung , wir wollen l ieber nachKalla zurückkehren .

‘ Darauf sagte ich ihnen : ‚ Ihr Manner vonKalla

,wo sol l der Glanz eures Namens bleiben , wenn ihr so , ohne

einen Kampf aufgenommen zu haben,nach Hause zurückkehren

wollt ? Wegen eines Mannes und zweier unrei fer Burschen dürfenKalla leu te nicht urhkeh ren . Tu t , wie ihr mir versprach e t , tötet denJäger und gebt mir einen der Knaben fur meine Kolanüsse .‘ Sosagte ich .

Darauf ritt einer der Kuh nsten voran und sprengte auf den Jagerzu . Aber einer der beiden Knaben , die dahinter im Busche lagen ,schoß einen Pfeil , und unser Mann brach auf seinem Pferde zusammen . Er war tot. Der Jager aber nahm seinen Bogen , schlugmit ihm auf den Knaben , der geschossen hatte , und sagte : ‚Du vorei liger Bursch ! Willst du mir woh l meine Arbeit lassen ? ! Wiekannst du schon schießen , wenn es noch gar nicht der Sache wert

Als die Kallaleu te diese Sache hörten und sahen , befiel sienoch viel mehr Angst. Ich habe ihnen aber gesagt : ‚So ist es imKriege , bald fäl lt au f der einen Seite einer , bald auf der anderen .

Versucht es noch einmal .‘ So munterte ich sie nach meiner Artau f , denn ich bin kein Diu lla (Wanderkau fmann ) , sondern einSpielmann (Dialli) aus Kaarta .

Noch einmal wagte es einer der Kallaleu te vorzusprengen . Diesmal schoß der andere Knabe des Jägers. Der Getroffene brach au f

seinem Pferde tot zusammen . Es nützte ihm nichts (wört l ich ) , daßder J ager seinen Bogen nahm und auf den Burschen schlug DerJager sagte : ,Hore , du vorwitziger Bursche , du bist ni cht ein wenigbesser als dein Bruder. Kinder , wenn ihr mir doch meine Sacheüberlassen wolltet .‘ Wiederum entstand unter den Kallaleu ten

große Furcht. Sie wollten heimkehren. Ich sagte ihnen aber : ‚IhrManner aus Kalla , so dürft ihr nicht heimkehren . 30 greift dochdie Jager und seine Burschen al le miteinander an.

‘ So sagte ich .

Nun machten sich alle Kalla leu te auf und ritten vor. Als derJager das sah , sagte er zu seinen Jungen : ‚

So,meine Burschen , nun

geht einmal beiseite , nun fängt meine Arbeit an !‘ Die Jungen des

Jagers gingen fort. Der Jäger nahm zwei Pfei le au f einmal an die

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Sehne,und das Gewehr faßte er mit den Zehen. So stand er da. Als

die Reiter aus Kalla herankamen , flogen die beiden Pfeile von derSehne . Der eine tötete den ersten Reiter , der zweite dessen Roß.

Der Jager hatte es nicht nötig , noch sein Gewehr abzuschießen .

Alle Kalla leu te flohen so schnel l als möglich zu mir zuruck. Si ehatten allen Mut verloren .

Ich sah es den Ka llaleu ten wohl an , sie waren zornig darüber ,daß ich ihre Schande mitangesehen hatte , weil ich ein Dialli bin.

Ich sah es ihnen an , daß sie uberlegten ‚ ob sie mich nicht beiseitebringen konnten . Deshalb sagte ich zu den Leuten : ‚Hört , ihrtapferen Männer von Kalla , zuweilen gel ingt einem Schwachen das ,was vielen Starken nicht moglich ist. Wollt ihr mir erlauben , gegenden Fa -Mussa vorzurücken ?‘ Natürl ich erlaubten sie es mir , dennso glaubten sie mich am sichersten loszuwerden . S ie sagten auch

,Muke

,so ist es recht , hole dir den Sklaven für deine Kolanusse

selbst.‘ Ich sagte ihnen : ‚Gut , wir sind dann in der Ordnung. Nurmüßt ihr mir auf j eden Fall einen Gefal len tun. Ihr müßt nämlichin die Hände vorher den Takt klatschen , damit ich vor Beginn desWerkes tanze.‘ Das taten sie . Ich tanzte . Ich tanzte lange Zeit.Dann ging ich auf Fa—Mussa zu . Fa -Mussa zielte mit dem Pfeile .

Da brach die Sehne des Bogens . Er ergriff das Gewehr und legteauf mich an

,aber das Gewehr versagte . I ch aber sprang schnell

herzu,packte ihn vorne an der Brust und schüttelte ihn gewaltig.

Der Jager sagte : ‚Du raubst mich , denn ich bin nicht vorbereitet.‘

I ch antwortete : ‚Nichts Schlechtes soll man von mir sagen . Geh zurSeite und bereite dich vor Der Jager nahm das Gewehr eines seinerKnaben. Ich fragte ihn : ‚B ist du bereit ?

‘ Darauf rief er : ‚Ja !‘ Er

wollte wieder schießen , und zum zweiten Male warf ich ihn hochin die Luft. Dabei sagte ich ihm : Wenn ich dich das drittemal

überwinde , willst du mir dann geben , was i ch wi ll ?‘Fa -Mussa

sagte : ‚Das wird nicht geschehen ; denn man kann mich unmöglichdreimal überwinden.

‘ Er ging zur Se ite. I ch fragte ihn : ‚B ist dugerüstet ?‘ Er sagte : ‚Ja , i ch bin gerüstet.

‘ Dann wollte er mit demGewehr des anderen Knaben schießen , es versagte aber auch . Alsich ihn nun zum dritten Male hoch in der Luft hatte und ihn fragte

‚So , wie ist es denn mit dem dritten Male ?‘ Da sagte er : ‚Verlange

alles von mir, verlange nur nicht , daß ich als Sklave den Kal laleuten folge .‘ Ich sagte : ‚Nein , gib mir nur als Zeichen , daß ichdich uberwunden habe , deinen Federkopfschmuck ! Dich könnendann die Kallaleute selber suchen .

‘ Er gab mir den Kopfschmuck.

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Ich kam zuruck , zeigte den Federschmuck hoch in der Luft undrief den Kalla leu ten zu : ‚Den Jäger hätt en wir glückl ich überwunden . Aber abholen mußt ihr ihn selbst läßt er euch sagen .

Da jagten die Kallaleu te nach Kalla zurück .

Ich aber kam so in das Pui .

uke ber ichtete das unter der Galla von Kalla aus dem Pui . Alsder Spielmann (Dialli) gesungen hatte , sagten Buge Kor

roba , Buge N tienni und Sagate Sungallu : Wir wol len diesem Dialli

zeigen , daß es noch andere Recken gibt außer ihm . Auf ! Wirwollen alle drei die Pferde rüsten und gegen die Jäger zu Feldeziehen !“ Bassala- n

’ Sa sagte : „So erlaubt mir , daß ich euch begleite .“ Die drei Helden sagten : Du bist noch zu unerfahren .

Bassala- n ’

Sa sagte : Muß nicht ein j eder damit anfangen , seineErfahrungen zu sammeln ?“ Die Dialli sagten : „Das ist richtig !

Ein Alter sagte : „So könnt ihr bei der Gelegenheit seine Art , seinenCharakter und das sehen , was er uns bisher nicht gesagt hat.

“ DieHelden meinten : „So mag er uns folgen .

Buge Korroba , Buge N tienn i, Sagate Sungallu , Bassala- n’

Sa undeinige Spielleute bestiegen ihre Pferde , nahmen ihre Waffen , beorderten ihre Knappen hinter sich und rückten dann gegen denWald vor , in dem gefährliche Jäger heimisch waren . Wahrend desWeges nun fragte Bassala- n ’ Sa einen Dialli : „Wie muß ich es nunanfangen , daß i ch in das Pu i komme Der Spielmann antworteteWarte nur , bis wir dort angekommen sind , so wirst du schon sehen ,was diese herrlichen Recken machen und wie sie in das Pui gekommen sind . Ahme ihnen dann nur nach , und du wirst al le Erfah rung machen können , die du von nöten hast.Sie kamen an. Am Busch rande lagen vier Jäger. Jeder hatte

sich hinter einem Baume versteckt und wartete mit gesenkterWaffe . Es waren vier sehr gefürchtete Jäger. Buge Korrobasprengte zuerst vor. Er galoppierte bis zu r Hälfte des Raumes , derdie Helden von den wilden Männern trennte , zielte dort mit demGewehr nach einem Jäger und kehrte zurü ck . Die Jäger aberrührten sich nicht. Der Dia lli sagte zu Bassala- n ’

Sa : „Siehst du ,so mußt du es nachher auch machen.“ Darauf ruckte Buge Ntienn ivor und machte es ganz ebenso . Dann sprengte Sagate Sungalluvor und kam zurück . Die Jäger hatt en sich aber hinter ihrenBäumen nicht gerührt .Nunmehr bestieg Bassala—n ’

Sa sein Roß . Er sprengte vor bis zu

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in ige Tage nachher spielten Buge Korroba , Buge N tienn i undSagate Sungallu wieder unter der Galla Paddi . Jeder von ihnen

sagte : Ich habe das und das getan .

“ Einer rühmte nach demanderen , was er alles getan habe . S ie rühmten sich und sagt enUnsere Taten sind die ersten. Was nicht aus Kalla kommt , gleichtnicht uns und kann uns nie gleich werden.

“ Bassala - n’ Sa ging

nach Hause und sattelte sein Pferd . Er ritt mit seinem Sufa überden Marktplatz . Unter der Galla saßen Buge Korroba , Buge Ntienniund Sagate Sungallu . Die Helden spielten (noch immer ) Paddi undj eder sagte : Ich habe das und das getan .

“ Sie sagten : „UnsereTaten sind die ersten ; was nicht aus Kalla kommt , gleicht nichtuns und kann uns nie gleich werden .

Bassala- n ’ Sa kam vorbei . Bassala- n ’ Sa sagte zu den dreiHelden : Wißt ihr denn , woher ich kam ? Wißt ihr , wessen Sohnich bin ? Wißt ihr noch den Tag

, da ich ankam und Gastrecht verlangte und als ihr mich verspottetet ? Wißt ihr das alles ? Nun ,dann will ich es euch sagen : Mein Vater ist Hamadi Fing , den ihrvertrieben habt. Meine Heimat ist Bassa la im Lande Be ledugu .

Was ich tat , tat ich , um euch zu verspotten , weil ihr allzu Spottsüchtig seid . Ihr sähet wohl gerne , daß ich j etzt bliebe , da ich imPui bin . Ich kehre aber nach Hause zurück , i ch reite nachBassala. Ich habe euch verspottet und verspotte euch nochmals .Wenn ihr glaubt , mit mir etwas zu erledigen zu haben , so kommtdahin , wohin ich j etzt gehe , nach meiner Heimat Bassala. DenWeg wird euch j eder zeigen

,und im Hofe meines Vaters konnen

wir dann etwas anderes spielen als Paddi .“

Bassala- n ’ Sa ritt langsam von dannen und kam zu seinem Vater .Er lebte in Bassala.

7. Saga le* S ingo

(früher Sana Singo )

i o Dama war ein raublustiger Recke . Er stammte aus Massina ,ward j edoch in Kalla erzogen und lernte dieses Land daher sehr

genau kennen . Als er erwachsen war , kehrte er nach Massinazurück , warb einige Spießgese llen . an und unternahm Raubzügenach Kalla.Eines Tages kam er auch auf solche Weise nach Kalla , um in

einem Dorfe alle Schafe zu rauben und h eimzu tre iben nach Massina.

Sagate he ißt Held in Fu lfu lde .

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Mit einigen Gehil fen gelang es , Schafe zusammenzutreiben . DieLeute sagten : „So ist es gu t ! Nun wollen wir heimkehren.

“ DioDama aber sagte : „Hier , gleich neben dem Orte ist ein angenehmerPlatz an einem Gewässer. Da wollen wir uns lagern. I ch verlassedie Gegend nicht

,ehe ich nicht einige Kugeln gefrühstückt habe .“

(Der Dia lli erklärt erganzend , das hieße so viel , als er wolle nichtohne einen Kampf heimkehren. ) Also lagerte Dio Dama mit denSpießgenossen und mit den Hammeln an dem Wasser .B is gegen Mitternacht wälzte sich die Frau Sagate Singos auf

ihrem Lager hin und her . Um Mitternacht fragte Sagate Singo :Was hast du eigentlich ? Du wirfst dich immer hin und her DieFrau antwortete : „Ich hore , daß mein kleiner Hammel unten amWasser schreit. Oh , i ch habe keinen tapferen Mann , der mir denHammel zurucktreibt .“ Sagate Singo sagte : Ach , wenn es weiternichts ist. Schlaf nur. Morgen früh werde ich ihn hertreiben . Ichhore , er ist nicht allein , die anderen Hammel des Dorfes sind auchdabei . Es werden sich wohl einige fremde Hirten ihrer angenommenhaben , die bis morgen früh auf die Belohnung fur den unerbetenenH irtendienst warten.

“ Sagate Singo drehte sich um und schliefweiter. Nach einiger Zeit wachte er wieder auf , denn seine Frauweinte neben ihm gar bitterl ich und schluchzte : „Ach , ich bin einearme Frau , die keinen tapferen Mann hat , der ihr ihren kleinenHammel zurücktreiben kann . Ich habe keinen tapferen Mann .

Da stand Sagate Singo von seinem Lager au f und sagte : „So wil lich denn einen

,Arbeiter‘ mitnehmen

,der mit mir den Hammel

h eimtreibt .“ Er nahm sein Gewehr (der Dia lli erklärt , das sei seineinige Kugeln und das Bu lverh orn . Es war in der

Nacht sehr kalt und deshalb hatten sich die Rauber am Wasser einFeuer angezündet , über dem sie die Hände wärmten . Sagate Singosah einen Mann

,der die Hande über das Feuer hielt. Er schoß . Der

Mann fiel tot um. Ein anderer sagte : Diesem Genossen war kalt ;nun wird er aber noch kälter werden. Es muß hier viel Wild undgute Jager geben.

“ Als er das gesagt hatte , pfi ff die zweite KugelSagate Singos in seinen Kopf. Dio Dama erhob sich und sah um

sich . Er fiel auch todwund hin .

Sagate Singo trieb die Hammel zurück . Seitdem nannte man ihnSagate Sungalu , und daraus entstand sein Name Sagate S ingo . (Wieer vordem hieß , weiß man nicht. )Alle Leute sagten : Sagate Singo

,Sagate Singo ach

, das istder Tapferste von al len . Alle Leute sagten so . Nur Sagate Singos

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Frau meinte : Was wollt ihr ? Mein Mann soll tapferer sein alsandere ? Ich habe das nicht gesehen . Ich glaube es nicht . MeinMann hat nichts Sonderl iches vor meinen Augen getan .

“ Die Frausagte das, wenn Sagate Singo daneben stand . (Der Dialli erklärtdazu : Die Frau sagte das so wie alle Frauen , die ihren Mann anspornen wol len , noch mehr von der Art zu Sagate Singosagte : „Entweder du wirst es selbst sagen , daß ich der Tapferstevon allen bin

,oder es nimmt noch ein schl immes Ende mit mir vor

deinen Augen . Ich werde dir zeigen , was ich kann , und du wirstmir zugeben

,daß ich der Tapferste bin .

ines Tages sagte die Frau : Ich wil l heute nach Sansanding zumMarkte gehen .

“ Sagate Singo fragte : „Was willst du denn dortDie Frau sagte : Ich will auf dem Markte ein Fenkalang (einenLendenschurz aus gestrei ftem Baumwollstoff ) kaufen .

“ SagateSingo sagte : Gut , das sollst du haben .

“ Sagate Singo ging undkaufte mehrere Fenka lang. Er brachte sie seiner Frau und sagte :Hier hast du sie .“ Die Frau sagte : „Ach , die du da gekauft hast ,wil l i ch nicht. I ch wil l die Reise nach Sansanding machen undeinen Fenkalang kaufen das ist es .

“ Sagate Singo sagte : Esist gut .“

Sagate Singo zog einen Tragoch sen heran und setzte seine Fraudarauf. Er ubergab das Re isegerät seiner Frau einem Sklaven , daßer es vor ihr hertrage . Er nahm sein Gewehr , stieg auf sein Pferdund sagte : „Nun konnen wir reisen .

“ Er r i tt hinter seiner Frau her ,um sie zu schützen . Sie kamen nach Sansanding. Die Frau kaufteihren Fenkalang. Sagate Singo kaufte sich eine Kalebasse mitHonigbier. Sie begaben sich auf den Ruckweg . Voran ging derSklave , hinter ihm r i tt die Frau au f dem Tragoch sen , zuletzt folgteSagate Singo auf dem Pferde .Nach einiger Zeit kamen sie an eine Wegkreuzung . Von hier

aus führte ein weiterer Weg nach Hause , der war viel begangenund deshalb sicher . Es zweigte aber ein weit mabere t Weg ab , dochden wagte fast niemand zu bereisen ; denn alle Welt wußte , daßhier oft Räuber am Wege lagen . Als sie nun an diese Wegkreuzungkamen

,sagte die Frau Ja , wenn. ich einen tapferen Mann hätte ,

dann wurde ich den kürzeren Weg vorziehen . Mein Mann ist aberkein Tapferer .“ Sagate Singo sagte : Warte !“ Darauf nahm erseine Kalebasse mit Honigbier und trank sie aus. Als er das getanhatte , sagte er : Voran ! Wir nehmen den kürzeren Weg !

“ Der

I 44

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und Massina war damals dem Segu re ich e des Konigs Daga tr ibutpfl ichtig .

An dem Tage , an dem Sira Maga Nj oro geboren wurde,l ieß

König Ardo erforschen , wo überall in seinem Lande am gleichenTage Knaben geboren seien . Es stellte sich heraus , daß es hundertKnaben waren . Ardo l ieß darauf der Mutter j edes der hundertKnaben Batang (d . h . 1 0 000 Kaurimuscheln ) als Geschenk uberweisen und j eder einzelnen sagen : „Sobald Dein Sohn nicht mehrdie mu tterlich e Brust nimmt , sende ihn an meinen Platz . Ich willalle hundert Knaben , die am gleichen Tage mit Sira Maga Nj o rogeboren wurden , gemeinsam mit meinem Sohne erziehen und dafurSorge tragen

,daß es ihnen niemals an etwas fehlen soll . Diese hun

dert jungen Leute sollen zusammenl eben solange ihr Herr Sira MagaNj oro lebt.“

Inzwischen l ieß der Konig Ardo einen großen stattlichen Hof mitzehn schönen Gebäuden darinnen herrichten . In j edem der zehnHäuser sol lten j e zehn der hundert Knaben wohnen . Die hundertKnaben wurden nun von den Müttern nach und nach h erbe igebracht und zogen in den Hof ein . Von da an führten sie alle mitSira Maga Nj oro das gleiche Leben . Sie aßen al le gemeinsam diegleichen Speisen . Sie trugen alle gemeinsam die gleiche Kleidung .

Als sie genugend herangewachsen waren , wu rden al le gemeinsambeschnitten . Dann aber erhielten sie auch zu gleicher Zeit Pferdezum Reiten und Waffen zu Jagd und Kampf , und es wurden gewandte Männer ausgewählt , die sie Kunstfertigkeiten lehrten , Spielmanner , die ihnen von den großen Taten der Vergangenheit vorsangen. Sie standen morgens gleichzeitig au f , verbrachten den Taggemeinsam und suchten auch gleichzeitig das Lager au f , bis dieBurschen erwachsen waren .

Damals,als die Burschen noch jung waren , war Massina nicht

unabhängig,sondern König Ardo zahlte j ährl ich Ussuru (Tribut )

an den Herrscher von Segu . Jedes Jahr kamen einmal von dortBoten , den Ussuru abzuholen ; dann sandte Ardo Botschaft imLande umher und ließ Hammel zusammenbr ingen , die der Botevon Segu mit sich nahm. Als die hundert Burschen noch sämt

l ich halbrei fe Jünglinge waren , kam eines Tages der Bote aus

Segu . Er saß in der Halle des Konigs . Neben dem Könige saß einstrammer junger Mann . Auf den mußte der Bote aus Segu immervon Zeit zu Zeit h insch ie len denn au f der Stirne des Burschensaß eine große Fliege und die sog sein Blut aus . Die Fli ege sog sich

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immer voller und voller. Der Bursche aber achtete nicht darauf.S ie fiel endlich übersättigt und mit Blut gefüllt tot herab auf dasKnie des Jünglings . Dessen Blick fiel zufällig darauf da sch n ippste

er sie mit dem Finger fort gegen die Wand . An der Wand gab eseinen Blutfleck .

Der Bote sah dem unwesentlichen Vorgänge seitwärts schielendmit Interesse zu und ging dann fort. Draußen fragte er einen Mann :Wer ist der Bursche

,der da neben dem Könige Ardo saß .

“ DerMann sagte : Das i st König Ardos erster Sohn , mit Namen SiraMaga Nj oro . Der Bote kam nach Segu , l ieferte die Hammel abund sprach : „Der König Ardo von Massina hat einen Sohn , namensSira Maga Nj oro . Wenn der erwachsen sein wird , wird es nicht soleicht sein

,den Ussuru von Massina heimzubringen . Der Bursche

hatte eine Blu tfliege auf dem Kop fe , die sog sich voll bis sie herabfiel . Er bemerkte es gar nicht und faßte sich nicht einmal an dieStirn.

m anderen Jahre kamen die Boten aus Segu wieder , um denUssuru einzutreiben . Sie begrüßten Ardo . Einer von ihnen tr iebeinige Tiere gerade an der Wiese vorbei

, auf der Sira Maga Nj oromit seinen Genossen spielte . Der Königssohn sah den Hammeltreiber und rief : „Hallo ! Bursch , woher , wohin mit den Hammeln ?Wem gehören die Hammel Der Mann aus Segu sagte : „Das sindeinige von den Hammeln

,die der König von Massina an den Konig

von Segu a ls Ussuru sendet.“ Da rief Sira Maga Nj oro : Das i stein Wort , das ich noch nicht geh ort habe ! Was ist das , UssuruDer Bote sagte : „Das heißt , daß Massina schwacher als Segu ist ,und daß dein Vater deswegen an den Konig von Segu eine Abgabezahlt , damit der mit ihm in Freundschaft lebe !

“ Sira Maga Nj orosagte : „Das ist ja eine schone Sache ! Wozu ist denn Sira MagaNj oro j etzt ein erwachsener Bursch in Massina ? ! Nein

,solange ich

lebe , wollen wir den Ussuru abschaffen . Gibt es vielleicht noch mehrHamme ltreiber dieser Art ?“ Die Leute sagten : „Es sind siebenManner , die den Ussuru nach Segu treiben.

Sira Maga Njoro sagte : „So treibt mir die sieben tapferen Mannerhierher !“ Man brachte al le sieben Leute aus Segu herbei . Als ersah , daß sie alle beieinander waren , gab Sira Maga Nj oro den Auftrag , ihnen den Kopf abzuschlagen . Man tat es. Damals war SiraMaga Nj oro noch nicht erwachsen

,aber sein Einfluß war doch so

bedeutend , daß man seinen Befehlen nachkam .

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Als Konig Ardo das horte , war er gar bestürzt und sandte sogleicheinen Boten an Sira Maga Nj oro

,der ihm wichtige Worte sagen

sollte . Ardo sandte einen alten Dialli. Der alte Dialli kam zu SiraMaga Nj oro und sagte zu ihm : Mich sendet dein Vater , daß ichdir zeige , wie die Verhältnisse liegen und wie wen ig klug du gehandelt hast. Segu ist heutzutage stark , sehr stark ; Massina aberist schwach , sehr schwach . Segu wird uns alles nehmen können ,wenn es wi ll . Wir werden uns nicht wehren konnen .

“ Sira MagaNjoro hatte drei Wurflanzen in der Hand . Er packte die erste Lanzeund schleuderte sie in großem Bogen fort in den Fluß . Er packtedie zweite Lanze und schleuderte sie in großem Bogen fort in denFluß . Er packte die dritte Lanze und schleuderte sie in großemBogen fort in den Fluß . Darauf sagte er : „Sage meinem Vater ,wenn Segu da h eran flosse , wurde es an meinen Harpunen hängenbleiben . So wird es sein

,solange ich lebe .“ Der Dialli ging hin und

berichtete das dem Könige Ardo . König Ardo sagte : „Gu t , wirwerden es ja sehen .

Eines Tages berichteten die Leute Sira Maga Nj oro : „Der Bruderdeines Vaters wil l heiraten .

“ Sira Maga Nj oro sagt e zu seinenLeuten : „Seht zu , ob das Madchen jung oder al t ist. Der Bru dermeines Vaters ist alt. Ihm ziemt kein junges Mädchen. Wenn esjung ist , will ich es ihm fortnehmen.

“ Die Leute gingen hin . Siesahen das Mädchen an . Dann kamen sie zurück und sagten : „Das

Mädchen , das dein Onkel heiraten will , ist j ung.“ Sira Maga Njoro

sagte : „So kommt mit mit .

“ Er machte sich mit seinen Reiternau f und ritt in das Dorf , in dem das Mädchen wohnte . Er nahmes aus dem Dorfe und heiratete es selber .Als der Bruder König Ardos horte , was ihm Sira Maga Nj oro fureinen Streich gespielt hatte

,machte er sich sogleich au f den Weg.

Er war über alle Maßen zornig und beschloß sogl eich,gegen Sira

Maga Njoro die höchste Gewalt zu gebrauchen. Er reiste nach Seguzum Oberherrn von Massina und sagte zu Konig Daga : „Der Sohnmeines Bruders , Sira Maga Njoro , hat mir große Schmach angetanund das Mädchen geraubt

,das ich heiraten wollte . Nun leihe du

mir deine Truppen,damit ich mit denen und meinen Leuten gegen

ihn zu Felde ziehen und ihn töten kann.

“ Der Konig Daga von Segusagte : „Du hast wohl Grund zur Beschwerde . Aber mir ist es nochviel schlimmer ergangen. Denn dieser Sira Maga Nj oro hat diesieben Leute , die ich nach Massina sandte , um den Tribut einzutreiben , einfach totgeschlagen und mir den Tribut Massinas nicht

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r i tten mit Sira Maga Nj oro und dem Bruder Konig Ardos an derSpitze zum Stadttor hinaus .Die Helden r itten dem Schrei nach und kamen unter den großen

Baum,auf dem Nj id i saß . Sira Maga Nj oro hielt auf der einen

Seite,der Bruder König Ardos auf der anderen . Nj idi schrie wieder

über ihnen au f. Da packte den Onkel Sira Maga Njoros große Angst ,und er j agte Hals uber Kopf nach Keke zurück . Seine Leute folgt enihm . Inzwischen war Sira Maga Nj oro ruhig an seinem Platze geblieben . Er rie f nach dem Baume hinauf : Wer ist denn da oben ?“

Nj idi aber schri e noch einmal . Sira Maga Nj oro fragte nochmalsWer ist denn da oben ?“ Darauf antwortete Nj idi : „Ich bin es , derSklave Sira Maga Njoros , die anderen Sklaven und ich haben denWeg verloren .

“ Sira Maga Nj oro sagte : „So komme herab undsteige hinten auf meinem Pferde auf. Wir wollen zurückreiten .

Als der Onkel am Stadttore von Keke endlich anhielt , fragte erWo ist Sira Maga Nj oro Seine Leute sagten : „Sira Maga Nj oroist unter dem Baume geblieben . Er hat sich nicht von der Stel lebewegt.“ Darauf schämte sich der Onkel und ritt zurück . Als erzu dem jungen Helden kam , sagte er : Mein Pferd ist durchgegangen , ich verlor die Macht uber das Tier , und es j agte mit mirbis nach Keke zurück . Da erst bekam ich es wieder in meine Gewalt.“ Hierauf sagte niemand etwas , aber al le machten sich au f

den Rückweg durch die dunkle Steppe .Als sie so durch die Steppe t itten , brü l lte es in der Nahe . Darauf

schreckte das Pferd Sira Maga Njoros und stieg. Aber Sira MagaNj oro packte fest in die Zügel und zwang es herab . Nach einigerZeit brüllten ganz nahe zwei Löwen auf. Darauf stieg das PferdSira Maga Njoros hoch au f und machte einige Sätze nach vorn .

Dann zwang der j unge Held es zuruck. Als der Onkel das Durchgehen des Pferdes sah

,sagte er : 81ehst du , ebenso ging vordem

mein Pferd durch .

“ Sira Maga Nj oro aber sagt e : Aber es kommtnicht gleich bis an die Stadtmauer von Keke .Der alte Sklave Nj idi ö ffnete aber gegen seine Gewohnheit den

Mund und sagte : „Gestern abend horte ich von dort aus , wo ich dasEssen fur meinen Herrn bereitete , drei Worte meines Herrn SiraMaga Nj oro und drei Worte eines anderen , der vorüberging. DasWort des anderen ging durch ohne den Kopf seines Herrn

,wie das

Pferd des Bruders König Ardos. DasWort meines Herrn war stark undstolz wie die Hand

,die eben das Pferd Sira Maga Njoros bandigte .

Da schämte sich der Onkel .

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ira Maga Nj oro sagte : Wer weiß , ob ich noch langer als ein Jahrleben werde denn ich habe schon zwei Sachen gemacht , die

man mich entgelten lassen wird ich habe die Boten des Herrsehers von Segu töten lassen und ich habe meinem Onkel eine Frauweggenommen. Vergnugen wir uns also . Spielen wir das Paddi !

Sira MagaNj oro spielte das Paddi nicht wie andere mit Steinchen oderHo lzstuckch en , sondern mit Gold und Silberwurfe ln . Sie begannendas Spiel . Er ergriff die Silberstücke . Die anderen sagten : Weshalb nimmst du als Königssohn nicht das bessere , die GoldstückeSira Maga Nj oro sagte : „Das Weiße ist rein , das Gelbe schmutzig.Ich will nur Reines haben. Mögt ihr das Schmutzige bevorzugen !

Sie begannen dann das Spiel . Sira Maga Nj oro sagte (spiel

gemaß ) : „Ich trete ein (in das Spiel ) . Alles , was ich bereiten lasse ,konnt ih i' ohne Abscheu und Schlechtes zu bemerken essen .

Polor, ein alterer Haush origer, der in hohem Ansehen stand , spieltemit. Er wurde als ein ganz besonderer Mann und Held angesehen

,

und die Sage erzählt,daß

,wenn im Kampfe Sira Maga Nj oro auf

der einen Seite einen Mann erschlug, P o lor auf der anderen einen

Feind zu Boden warf. Dieser P o lor spielte nach Sira Maga Njoround sagte : Ich denke , wir konnen alles essen , was uns der Sohndes Königs vorsetzt , außer Kuhmist. Den werden wir herausschmecken .

Am anderen Morgen rief Sira Maga Nj oro seinen Koch l di undsagte : Nimm eine Schussel mit Reis

,eine Schüssel mit Kuhmist

,

einen Hammel . Daraus mache mir eine ausgezeichnete Mahlzei tfur meine Helden .

“ Nj idi tat , wie ihm befohlen . Er bereitete einwohlduftendes Gericht. Als dann die anderen zum Essen zusammenkamen , sagte er : Ihr mußt heute ohne mich essen denn ichfühle mich heute nicht wohl . Ich habe Magenschmerzen .

“ Daraufaßen die anderen das Gericht

, das Nj idi ihnen bereitet hatte und dasihnen ausgezeichnet mundete . Sie aßen die Kalebassen ganz leer.Nachher begannen sie wieder das Paddi . Sira Maga Nj oro begann

wieder : Ich trete ein ! Alles, was ich bereiten lasse , könnt ihr ohne

Abscheu und Schlechtes zu merken essen .

“ P o lor sagte : Ich denke ,wir können alles essen , was uns der Sohn des Königs vorsetzt , außerKuhmist ; den werden wir herausschmecken .

“ Sira Maga Nj orosagte : Ihr habt eben erst Kuhmist gegessen und habt nichts gemerkt. Was nützt da der Spruch !“ Die anderen lachten und sagten : „Du hast uns ange fuhrt . Du bist auch im Spiel König.

“ Sira

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Maga Nj oro sagte : Ihr seht aber , daß ich mit Recht die si lbernenWürfel nehme , die immer rein sind und euch die goldenen überlasse .“

Eines Tages sagte Sira Maga Nj oro zu seinem Kameraden (erwar mit dem Sklaven so befreundet , daß er ihn so nannte )

Mein P o lor, ruste mein Pferd 30pre Kange !“ Polo t fragte : Wo

willst du hin ?“ Sira Maga Nj oro sagte : „Wer weiß , ob ich nochlänger als ein Jahr lebe. Da wil l i ch doch wenigstens heiraten . Ichwill in das Land Konare (liegt in Massina , nördlich von Mopti ,soll fruh er dre ihundertdre iunddreißig Dörfer umfaßt haben ) , da wil li ch mir die Tochter des Landesherrn (von Konare ) Galadio holen .

Galadio wohnte im Dorfe Gundaka. Um Gundaka war ein breiterBusch gurtel des stehenden , stachligen Tomonongbaumes angelegt ,und nur ein einziger Weg fuh rte durch diese sichere Verteidigungswand nach Gundaka hinein.

Sira Maga Nj oro , P olor und die hundert Helden machten sich aufden Weg und t itten in das Land Konare . Vor der Tomonong

buschweh r schlugen sie ihr Nachtquartier am Boden au f. Sira MagaNjoro legte zwöl f Nierge - de (leichte Wurflanzen ) auf die Erde undeine Decke darüber . Das war sein Bett. An das Kopfende steckteer eine Gawe le (oder Gaue le , d . h . eine schwere Lanze ) . Zwei Dia llinahmen neben ihm am Boden Platz und spielten das Baudi . Ersch n ippste mit dem Finger gegen die Gitarre und sagt e : Gehtgleich zu Galadio hinein in die Stadt und sagt ihm einfach : SiraMaga Nj oro ist gekommen . Er will deine Tochter heiraten und siemit nach Keke nehmen . Sagt Galadio ferner : Deine Tochter Fatumata ist das erste Mädchen Massine s . Sira Maga Nj oro ist der ersteBursche in Massina. Da gehören sie zusammen , damit Massinastark wird .

“ Die Beglei ter Sira Maga Njoros sagten : „Sende nichtsolche Botschaft , denn sie i st gegen al len Brauch . Du wirst denHerrn von Konare beleidigen

,und er wird seine zwölf Kambodj

(Ritter , die stark im Einzelgefechte sind ) gegen dich aussenden .

Sira Maga Nj oro sagte : Wenn es kommt , kommt es so ich will ,daß meine Botschaft so ausgerichtet wird .

Die beiden Dia lli machten sich au f den Weg. Sie r itten den Pfadzwischen den Dornen hin und auf den Marktplatz . Da saß Galadio ,umgeben von seinen Leuten , alle in schöne , weiße Gewänder gehüllt , und zwölf Dia lli spielten das Baudi . Es war eine stattlicheVersammlung . Die beiden Spielleute aus Keke sagten ihren Gruß

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zum Kon ige Galadio und fragten ihn : Was gibt es ? Weshalbschlägst du die Tabele ?“ Galadio sagte : S i ra Maga Njoro ist indas Land gekommen und hat alles Vieh geraubt . Er treibt es vondannen .

“ Die Kambodj sagten : „Das lohnt doch aber nicht. Weshalb läßt du denn da gleich die Tabele schlagen und uns alle zu

sammenkommen,wenn ein einfacher Vieh räuber im Busch ist ?

Galadio sagte : Ihr irrt , wenn ihr Sira Maga Nj oro als einen gewohnlichen Vieh räuber erachtet. Er hat seine hundert Helden beisich .

“ Die Kambodj sagten : „Du kennst uns doch abe r und mußtwissen , daß einer von uns hundert Mann auf sich nehmen kann .

Also wahle einen von uns zwölf aus und sende ihn hinter diesemSira Maga Nj oro her.“ Galadio sagte : „Ihr scheint von diesem SiraMaga Nj oro nichts zu wissen . Er ist der tapferste und un ersch rokkenste Held Massinas .

“ Die Kambodj sagten : „Gut denn also ; sowerden wir nach deinem Wunsche alle zwölf gegen ihn ausziehen .

Galadio sagte : Auch das genugt mir nicht. Ich werde euch auchmit meinen anderen Reitern begleiten .

“ Darauf setzte sich derganze Zug in Bewegung und kam alsbald an das Tor der Stadt .Am Stadttore saß ein alter Dial li. Als Galadio vorbeiritt , rief er :

„Galadio ! Galadio ! Galadio !“ Er mußte dreimal rufen , ehe der

König hörte . Galadio sagte : Was gibt es ?“ Der Alte sagte : I chmuß dir etwas sagen , was dich erzürnen kann . Aber es ist gut fürdich ! Du konntest aber so zornig werden , daß du mich tötest .“

Galadio sagte : „Ich tote dich nicht.“ Der Alte sagte : „I ch bin nicht

sicher !“ Galadio sagte : „I ch töte dich nicht .“ Der Alte sagt e : „Du

könntest nachher doch zornig werden , schwore l“ Galadio sagte

„ Ich schwore dir bei meinem Namen , daß i ch dir nichts tunwerde .“

Darauf sagte der alte Dialli : Wenn jemand wie dieser Sira MagaNj oro mit seinen hundert Reitern gegen deine dreih undertdre iunddreißig Dörfer auszieht

, so ist das ein Tapferer , ein Held ! Und SiraMaga Nj oro ist ein Held ! Laß also den Krieg . Denn er würde dichzu viele tapfere Krieger kosten , wenn du diesen einen Mann wurdesttöten wollen . Darum rate ich dir : reite ihm entgegen und besprichmit ihm diese Sache in Fr ieden. Entbiete ihm den Gruß eurer geme insamen Familie . Rufe ihm Diko entgegen !“ (S . M . Nj oro undGaladio waren demnach aus dem Adelsgeschlecht der Diko , warenalso Dimo , s . S . Galadio zog weiter und bedachte diese Sache .Sira Maga Njoro saß an der gleichen Stelle am Boden und sang

das Baudi vor sich hin . Dazu schlug er die Gitarre , die einer seiner

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Dialli zuruckgelassen hatte . Als der Konig kam , sprang Sira MagaNj oro auf. Da bekam Galadio einen Schreck . Er gedachte desWortes des alten Dia lli und r ief : Diko !“ Das hatte Sira MagaNj oro nicht erwartet. Er hatte sich auf den Kampf gefreut. Alsder Konig ihn so begrußte , biß er sich au f die Lippen , daß das Blutherausspritzte ; erst dann konnte er antworten . Galadio sagte darauf : Höre , Sira Maga Nj oro : Wir sind gleicher Famil ie und sindbeide Königskinder. Weshalb wollen wir uns im Kriege schwachen ?Wir wollen die Familien der Fulbe lieber stark machen , als unsund unsere Leute h inzumorden . Wenn etwas Gutes oder Böses inunseren Familien ist

, so wollen wir l ieber beides teilen . Wenn dueine Tochter hattest

,wurde ich dich bitten , sie mir zur Frau zu

geben . Wenn du meine Fatumata heiraten willst , so gebe ich sie

dir gern,denn du bist von meiner Familie und ein Held . So wollen

wir handeln , aber wir wollen nicht einander bekriegen und uns berauben .

“ Sira Maga Nj oro sagte : „Du hast recht , wir wollen dieseArt nicht fortsetzen . I ch werde dir dein Vieh wiedergeben und deineTochter zur Frau nehmen. Das war das Ganze . Du wirst ebensoWort halten , wie ich es gewohnt bin .

Der König sagte : Ich wil l nachsenden und das Vieh holenlassen . Bleib solange hier.“ Sira Maga Njoro sagte : „Es ist besser ,ich rufe meine Leute selbst.“ Der König Galadio sagte : „Nein , eswird besser so sein !“ Sira Maga Nj oro sagte : „Es ist deine Sache .Ich fühle mich recht wohl so .

“ Galadio sandte die zwö l f Kambodjund dreihundert Krieger aus , die sol lten P010r sagen , daß er dasVieh zurücksende . Galadio nahm die Kambodj beiseite und sagteWenn Polor sich weigert

, so tötet ihn und die anderen hundert ,aber das Vieh br ingt mir j edenfalls zuruck.

“ Die Kambodj unddie dreihundert Krieger ritten ab . Die anderen nahmen bei SiraMaga Njoro P latz . Die Dialli spielten das Baudi .Polot hatte nach einer Weile g esagt : „Ihr hundert Helden , treibtihr das Vieh nur langsam weiter . Ich werde euch den Rückendecken und werde sehen

, daß kein Reiter Galadios an mir vorüberkommt.“ Kurz nachdem sie den König verlassen hatten , sprengtendie Kambodj voraus und l ießen die dreihundert Reiter weit hintersich zurück . Als Po lor sich umsah , erkannte er zwölf fremdeReiter am Hor izonte und sprengte sogleich vorwärts zu den hundert Helden und sagte : „Unser Held Sira Maga Nj oro muß gefallensein , denn ich sehe feindliche Kr ieger nahen . Treibt das Vieh ruhigweiter. Ich werde sie nicht an mir vorüberlassen .

“ Dann blieb er

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wieder zuruck. Er sah nun weit hinter den zwo lf Kambodj diedreihundert Reiter herannahen . Er stürmte darauf nochmals vorund sagte den hundert Helden : Treibt euer Vieh nur langsam vorwarts ; denn ich habe h inter mir viel Arbeit. Es kommen mehrereReiter. Laßt das Vieh am nahen Gewässer grasen und wartet michruhig ab . Sobald ich meine Sache erledigt habe , komme ich .

Darauf sprengte Polor zurück und sagte vor sich hin : „Sira MagaNj oro hat noch nie gelogen . Heute hat er gesagt : solange ich lebe

,

kommt kein Reiter an mir vorüber . Also muß er getötet sein .

Das sollen mir diese Leute entgelten .

“ Polo t stürmte vorwärts . Ersah , daß einer der zwöl f Reiter die Hand hochhielt. Aber er gellteseinen Schrei so laut heraus , daß er den Anruf des anderen : „Halt lPo lor, eine Botschaft !

“ nicht hörte . Er legte seine Waffe an undschoß den anderen , den ersten Kambodj , vom Pferde herab . Er hobseine Flinte wieder au f und schoß den zweiten Kambodj herunter.Darauf machten die anderen zehn Kambodj kehrt und flohen .

Das aber sahen die dreihundert Reiter , und sie hatt en nichtsEiligeres zu tun , als ihre Pferde herumzuwer fen und rückwär ts zueilen . Sie waren voran . Ihnen folgten die zehn Kambodj , und dasGanze hetzte Polor vor si ch her. Er schoß noch einmal . Abermalsfiel ein Kambodj . Es bl ieb en nur noch neun übrig . Und so schoßer von Zeit zu Zeit au f die Kambodj . Er fehlte nie . Elf Kambodj fielen . Dann waren sie aber bis an j ene Stelle gekommen , ander Sira Maga Nj oro mit Galadio hielt.Sira Maga Nj oro r ie f : Halt , P olor l

“ Da setzte er das Gewehrab , und somit rettete dieser Ruf dem letzten Kambodj das Leben .

Po lor rief : Oh , Sira Maga Njoro , nie hast du vordem gelogen .

Heute aber hast du die Unwahrheit gesagt . Denn vordem sagtestdu mir : ‚ ich werde dafür Sorge tragen , daß , solange ich am Lebenbin

,ke in Reitersmann zwischen diesen Tomonong an mir vorüber

kommt .‘ Und nun bist du doch am Leben .

“ Sira Maga Nj orosagte : Du hast vergessen

,daß ich hinzusetzte : Um euch anzu

greifen ! Diese Leute kamen aber nicht , um euch anzugrei fen ,sondern um euch eine Nachricht zu bringen .

“ Galadio sagte : „Jetztsind meine el f Kambodj getötet und nur einer ist noch am Leben .

Sira Maga Njoro sagte : „Habe ich dir nicht gesagt : Es ist besser ,ich rufe meine Leute selbst ?“

Nachher sandte Sira Maga Nj oro die Kuh e aus Konare an Galadio zurück , und wenig später heiratete Sira Maga Njoro Fa tumata

,

die Tochter des Königs Galadio von Konare.

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Mussa Ardo r i tt in das feindliche Lager und in dessen Mitte,da

hin wo man die Wohnung des Königs aufgeschlagen hatte . Dagastand selbst da. Mussa Ardo sti eg von seinem Pferde

,ging au f

den Konig zu und sagte den Gruß . Der Konig antwortete : „Glucklicher Weg ! Ich bin Konig Daga von Segu , der mit seinem Heereau f dem Wege ist , dem Helden Sira Maga Njoro von Massina denKrieg ins Land zu tragen . Wer bist aber du ?“ Der andere antwo rtete : Ich bin Mussa Ardo , der Bruder des Helden Sira MagaNj oro . Ich bin von meinem alteren Bruder ausgesandt , mich zu

überzeugen,ob das Heer von Segu nach Massina unterwegs sei und

ob König Daga selbst an dessen Spitze einh erzieh e .

“ Daga sagte :

„So kannst du deinem Bruder berichten , daß ich unterwegs se i unddaß er sich rüsten moge .“ Mussa Ardo sagte : „Das werde ich aus

richten.

König Daga sagte : Du mußt ermude t sein ; denn du hast einenweiten Weg zurückgelegt.“ Mussa Ardo sagte : „Wahrhaftig , mudebin ich !“ König Daga sagte : „So schlafe dich heute in meinemLager aus. Ich werde dir eine gute Schlafstatt anweisen .

“ MussaArdo sagt e : „Das nehme i ch an .

“ Kurze Zeit nachher sandte KönigDaga dem Helden hundert rote Kolanu sse als Erfrischung . MussaArdo nahm sie mit Dank an. Der Sofa des Helden sagt e aber : 18

sie j a nicht . Sie sind sicher vergi ftet und man kann das nichtherausschmecken .

“ Mussa Ardo zuckte die Achseln und stecktesogleich einige in den Mund . Nach einer Weile sandte König DagaSpeise und einen schwarzen Ochsen a ls Lager und Wegzehrung .

Mussa Ardo nahm ihn mit Dank an . Der Sofa sagte : Iß um

Allahs willen nicht von diesem Stier. Die schwarze Farbe sagtdoch al les .“ Mussa Ardo schnitt dem Stier die Kehle durch ,l ieß ei n tuch tiges Mahl bereiten , aß , legte sich auf die angewiesene Lagerstatt und schlief ausgezeichnet bis zum anderenMorgen .

Am anderen Morgen l ieß Konig Daga den Helden Mussa Ardorufen und sagte zu ihm : Mussa Ardo , sage deinem Bru der , daß i chmich uber dein Kommen gefreut habe . Eigentlich war es meineAbsicht

,heute hier ab und schnell nach Keke zu rucken . Nachdem

ich dich aber hier gesehen habe,wil l ich meinen Marsch nach Keke

noch um acht Tage verschieben, und ich lasse durch dich Sira Maga

Nj oro sagen,er moge , wenn seine Lanzen noch nicht gerichtet ,

sie zusammenschmieden,wenn einige Gewehre noch zerbrochen ,

sie wiederherstellen,wenn das Mauerwerk der Stadt noch schad

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haft,es ausfu llen lassen .

“ Mussa Ardo sagte : Ich werde dasmeinem Bruder ausrichten.

Der Held wandte sein Pferd und wollte von dannen reiten . Dafiel sein B lick auf Kaba Mbad11. Das war ein Hauptling aus derGegend von Segu

,ein Führer der Heeresh au fen des Königs , ein sehr

schöner,starker und stattlicher Mann . Mussa Ardo sagte : Wer

ist das,ein Freier oder ein Unfreier ?“ Mussa sagte : „Es ist ein

Freier und ein Held .

“ Mussa Ardo sagte : „Gut ; Kaba Mbadj i , wirwerden uns vor Keke wiedersehen . Wir beide werden miteinanderkämpfen und du wirst der erste sein , der durch mich i n diesemKr iege getötet wird .“

Dann r itt Mussa Ardo heim,suchte seinen Bruder Sira Maga

Njoro au f und sagte : Das ganze Heer des Konigs von Segu mitDaga an der Spitze ist au f dem Wege hierher . Ich bin in das Lagergeritten , habe mit dem König gesprochen , er h a t mich für eineNacht beherbergt

, h at mir Gastgeschenke gemacht und läßt dirsagen , er werde an j ener Stelle noch acht Tage l iegen bleiben . Du

sollest nur alles gu t für den Krieg rusten .

Dagas Kriegsh au fen ruckten durch das Land hin . Es waren soviele Mannschaften , daß sie wie ein Tornado den Staub auf

scheuchten und vor sich her trieben und daß die Anti lopen in derStadt Keke Schutz suchten . Das Heer von Segu ruckte vor undlagerte sich dann dicht vor den Mauern Kekes. Der Konig nebstdem Bruder König Ardos lagerten unter einem Tommibaume , dererhaben stand und von wo aus man über das Heer hinsehen konnte .Allerdings hatte der Bruder Ardos König Daga gewarnt und gesagtEin so ausgesetzter Punkt ist nicht gut für dich und mich , dennwenn Sira Maga Nj oro zu den Waffen grei ft , dann wird er alle dieseHeerhaufen da unten durchbrechen und sich bis zu diesem weithinkenntlich gemachten Punkte durchschlagen .

Einige Tage lang zog sich der Kampf in ständigen Plankeleienhin . Die Leute aus Keke machten hier und da Ausfälle und fielenüber die Scharen Segus her. Da konnte man schon manche aus

gezeichnete Tat sehen,denn j eder Mann aus Keke rechnete sich

zu den Helden des tapfersten Mannes im Lande . Wenn dann irgendeine besonders tüchtige Hand aus Kekes Toren heraus unter dieVolksmenge Dagas fuhr , so fragte der Konig stets : Ist das vielleicht Sira Maga Nj oro Der Bruder König Ardos aber lachte undsagte : Wie ganz anders ist es

,wenn der Sohn meines Bruders zu

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den Waffen grei ft ! Du wirst dann nicht erst fragen , sondern duwirst einfach sagen : Das und kein anderer muß Sira Maga Nj orosein !“ So ging es während zwei Tagen .

Am dritten Tage sagte Sira Maga Nj oro : Heute will ich gegenden Feind re iten l“ Er kleidete sich in rote Hosen , roten Mantel ,setzte eine rote Mu tze au f. Er bestieg Sopre Kange . Er sprengtevor das Tor. Er sprengte hinaus . Alle Welt schrie : „Das ist SiraMaga Nj oro ! Das ist Sira Maga Nj oro !“ Der Held schleuderte dieFeinde zur Rechten und zur Linken zurück . Er sprengte in diedicksten Haufen

,und wo er auftauchte , stob alles auseinander und

schrie : Das i st S ira Maga Njoro ! Das ist Sira Maga Njoro l“

Konig Daga sah es vom Platze unter dem Tommibaume aus.König Daga sagte : Ja , das ist Sira Maga Njoro .

“ Der Held drangweiter und weiter vor. Er kam bis an den Tamar indenbaum .

König Daga und der Bruder des Königs Ardo flüchteten angster füll t von dannen . Sira Maga Nj oro aber kam bis unter denTamarindenbaum . Er pfluckte einen Zweig ab und sprengt e damit wohlbehalten zurück in die Stadt.Am anderen Tage legte er wieder seine rote Gewandung an und

r itt aus dem Stadttor. Er warf wieder die Krieger zur Rechten undzur Linken auseinander und sprengte die stärksten Heerhaufen .

Überall , wo er hinkam , entstand Angst und Schrecken , und als erzu dem Tommibaume kam , flüchteten König Daga und der Bru derKönig Ardos. Sira Maga Njoro pflückte aber einen Zweig von demTamarindenbaum und kehrte in die Stadt zuruck.

König Daga ward nachdenklich . Er sagte zu seinen Leuten : Wirverl ieren au f diese Weise Ruhm , Ansehen und Macht. Was kannman gegen die Gewalt dieses Helden tun Die Leute sagt en : „Wirwollen einen weisen Marabut fragen.

“ Man rief einen alten Marabutherbei und fragte ihn : Kannst du uns sagen , wie König Dagadieses Helden Herr werden kann ?“ Der Marabut dachte langenach .

Nach einiger Zeit sagte der alte Marabut : „Morgen wird HeldSira Maga Njoro noch einmal vor die Tore der Stadt Keke reitenund mit den Kriegern des Königs kämpfen. Man soll in der Nachteinen Pfei l aus Kupfer schmieden Man sol l einem Jepege (gleichAlbino in Bammana

,Malinke sagen : Fune ) einen Bogen und den

Kupferpfeil geben und soll ihn noch in dieser Nacht auf demTamarindenbaume verstecken . Wenn dann Sira Maga Nj010 morgenwieder aufbricht und gegen den Konig reitet , dann soll der Jepege

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Am vierten Tage wurden die Tore der Stadt geo ffne t . Ein Reiterim roten Gewande kam h erausgeritt en , der sprengte au f einenHeerhaufen zu ,

tötete Leute zur Rechten und zur Linken,warf

andere tapfere Helden von den Pferden , sprengte zum Tommibaum ,

so daß König Daga und der Bruder König Ardos flohen und bracheinen Zweig der Tamar inde ab. Darauf riefen al le feindl ichen Haufen : „Sira Maga Nj oro ist nicht gestorben. Sira Maga Nj oro lebtnoch ! Sira Maga Nj oro ist nicht gestorben !“ Der Held im rotenGewande r itt gelassen in die Stadt zurück . Keiner unter den feindl ichen Mannen wußte , daß das nicht Sira Maga Nj oro , sonderndessen Bruder Mussa Ardo gewesen war .Dasselbe wiederholte Mussa Ardo am anderen und an einem

dri tten Tage. Dann hatte sich des Heeres von Segu große Furchtbemächtigt . Mussa Ardo sammelte aber nachts alle seine Leute un dverließ mit ihnen Keke . Er ging über den Strom und r i tt vondannen .

Als Konig Daga und der Bruder Konig Ardos merkten , daß dieStadt verlassen war , brachen sie das Tor auf und rückten in dieStadt hinein. Im Innern fanden sie viele aufgeworfene Grabhügel ;die öffneten sie

,um zu sehen , ob Sira Maga Njoro dar in bestatt et

sei oder n i cht . Sie fanden aber Sira Maga Njoros Leiche nicht ;denn sie war al lzu gu t verborgen . Somit erfuhr der Kön i g nicht ,ob der Held sein Ende genommen habe oder nicht.

ah rend des Kr ieges mit Konig Daga von Segu und dem Bruderdes König Ardo war Polor nicht in Keke gewesen , sondern

er war mit fünfunddreißig Reitern in ein anderes Land gefahren .

Als er nun nach Keke zuruckkam , vernahm er al les , was sich ereignet hatte und daß Sira Maga Nj oro gestorben se i. Da bedeckteer das Gesicht mit den Händen und weinte , weinte vor sich hin ,einen Tag lang , bis er in derselben Stellung einschlie f. Als er erwachte , bestieg er mit seinen fun funddre ißig Helden die Pferde undr i tt von dannen. Kein Mensch hat j e erfahren

,wo er h ingeritten

ist. Wenn es donnert , sagt aber das Volk : Hört ihr , das ist P o lor,der im Busche Krieg führt.“

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schwankende Geschickl ichkeit diese Leute sich alles wie se lbstverständlich anzueignen verstehen , der findet es ganz natü rl ich , daßdiese Art sich in einer Zone des eingebürgerten Bardensanges undbeliebten Vorfah renrühmung auch ein Heldenbuch anlegen mußteund daß sie d ies auf dem ihnen übl ichen Wege des Räubers

,d . h .

der unrechtmäßigen Aneignung , erreichten .

Oben (S. 94 ) schilderte ich das Verfahren schon gelegentl ich derErörterung des Pu i, des kleinen Heldenbuches der Soninke . EineDurchsicht des eigentlich fu lbischen H eldenbuches, des Baudi, zeigtdas noch deutl icher . Es beginnt mit dem verschlechterten Sang vonSira Maga

,der hier seines sicher ursprünglichen Beinamens Nj oro

beraubt ist. Dann wird eine in Nordafrika (z . B . bei den Kabylen )und im östl ichen Sudan sicher uralte Mythe zum Sang von GorobaDike . Die alte Drach enmyt h e der Garaman ten muß herhalten .

Viel fach werden Namen geändert , aber man scheut sich auchnicht (wie z . B . im Sang von Sira Sanke ) den al ten Namen unddie alte Heidenart beizubehalten . Oder aber alte Märchen

,wie

die Stücke 16 und 17 , oder Ursprungsmythen , wie 18 , dann aberauch Gesänge der Kasten , wie 13—15 alles ist gu t genug ,um den leeren Einband eines „nationalen

“ Heldenbuches zu

füllen .

Von diesem Standpunkte aus betrachtet ist das Baudi der typischeAusdruck unverschämter An e ignungskun st . Doch spr icht aus ihmnoch mehr. Besonders auffallend ist das Motiv des Kampfes unterdem Zeichen des Islam gegen das Heldentum . Die Stücke 5—12

zeigen dies . Hier tritt der Fanatismus hervor , der sonst den Innerafrikanern fehlt .Dann bemerke man aber auch den wundervol len Rassen stolz , der

einer weitverbreiteten Mythe in dem Prachtstü ck Goroba- Dike einenganz besonderen Charm gibt , wie er dieser al ten Fabel sonst nichteigen ist. Damit wären wir aber bei der Frage der Veranlagung derFulbe zum Spie lmannssang angelangt.Daß der Spielmann und sein Epos vom M itte lland isch en Meer her

durch das Volk der Garaman ten nach der Sahel und in den Sudangetragen wurde , erweisen der Inhalt und die Geschichte des D ausi.

Also als Schöpfer des Barden tums kommen die Fulbe nicht in Betracht. Aber auch mit den Barden der Fulbe , mit den Mabo ist ese ine eigene Sache , wie überhaupt mit dem ganzen Kastenwesen beid iesem ane ignungs und anpassungsfähigen Volke . Bei den Mandewerden die Kasten durch Sippen gebildet

,die in ihrer Kasten

zugehör igkeit schwanken . Bei den Fulbe werden die Kasten durchbestimmte Völker gebildet

,und nie kann hier ein kriegerisches

Schicksal die Kastenzugeh origke it andern es sei denn , daßd ie Fulbe das Verbreitungsgebiet des Kastengebie tes verlasse n

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und dann stirbt das Kastenwesen , gleichzeitig aber auch derBardengesang sogleich aus . Nur wo die Mande Spie lmannslieder

pflegen , sind sie auch bei Fulbe heimisch und werden auch da

nur von den Mabo gesungen , die aber sicher keine ursprunglich enFulbe sind .So also ist die d ichterische Fah igke it dieses alten Hirtenvolkes zu

beurtei len .

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ira Maga war ein Diko . Er war mit al len seinen Leuten heidS nisch gesonnen , trank und wol lte von d en Lehren Mohammedsnichts wissen . Seine Nachkommen sind bis heute Heiden gebl ieben.

Es sind die heidnischen Fulbe in Massina. S ira Maga war Königvon Massina. Aber die Bammana von Segu waren viel mächtigerund zogen bei ihm alhah rlich eine Abgabe ein .

Eines Tages kam auch ein Kon igssoh n von Segu , um die Abgabeneinzutreiben. Der sah Sira Maga auf seinem Pferde. Es war einsehr schönes Pferd . Als der Steuereinh eiber das Pferd sah , war erauch vernarrt in das Pferd und wollte nun gar keine Abgabe

,nichts ,

gar nichts als das Pferd . S ira Maga sagt e : „Das Pferd gebe ichnicht.“ Der Prinz von Segu sagte : „Dann wird Segu Massina mitKr ieg uberzieh en .

“ S ira Maga sagte : „I ch bin einverstanden . Magdenn Segu Massina mit Krieg überzieh en lDer Bote ging. Er erzählte dem Könige Monso (oder Mon song )

von Segu von dem schonen Pferde . Der König von Segu sandteeinen anderen Boten an S ira Maga. Sira Maga hatte inzw i schen vielHonigbier machen lassen

,sechzig große Krüge vol l und hatte im

Lande verkünden lassen : Wer Honigbier tr inken will , der kommeund tr inke .“ Von al len Seiten kamen die Leute von Segu und tranken . Als sie im besten Zuge waren , kam der Bote von Segu undsagte : Der König Monsong von Segu fordert sogleich das PferdS ira Magas .“ Sira Maga nahm seine Lanze und war f sie auf denBoten . Er war sogleich tot. Sira Maga sagte vor allen Fulbe : Vonheute ab zahlen wir keine Abgabe mehr an den König von Segu .

Er sandte eine Nachr icht an den König von Segu und ließ ihmdas sagen . Der König sandte a ls Antwort die Botschaft : „Rüstedich . Wenn die Wasser gefal len sind , dann halte eiserne Schuhebereit , auf denen du schnell fl iehen kannst. Denn dann werdenmeine Leute kommen und du wirst kaum schnel l genug fliehenkönnen .

“ S ira Maga sagte zu seinen Leuten : „Bereitet d ieSpe ere f

Als die Wasser gefal len waren , sandte der Konig von Segu eineTruppenmach t . Es waren tausend Reiter und viertausend Fußso ldaten. Die Truppen marschierten nach Diafarrabe . Dann marsch ierten die Truppen bis Maitaki. In Massina gab es damals nurhundertzwanzig Pferde und tausend Haush örige . S ira Maga rüstetediese Macht. Er ruckte bis nach Pequi . Zwischen beiden Heeren

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dich uber Kongoba toten .

“ Sira Maga ließ antworten : „Es ist

gu t so .

Monso sammelte nun alle Leute seines Reiches. Es waren uberhunderttausend Kr ieger. Er zog gegen Massina. Von Saro aus

sandte er die Nachr icht : Rüste dich !“ S ira Maga ließ antwort enIch bin bereit.“ Als die Nachricht S ira Maga vorgetragen wurde ,war da ein Mabo . Der sagte : S i ra Maga , du bist sehr tapfer. Aberdie Kr iegsmacht , die nun herankommt , ist zu gewaltig. Du wirstihr verfallen. Darum rate ich dir : Komm und reite mit zu HambuDeju

,dem Fu lbekön ig (vom Sidibestamm) in Konare .

“ S ira Magasagte : „Ich werde nie fl iehen . Sol l ich fal len , so werde ich ebensterben . Aber über deinem Kongoba wird mich Monso nicht opfern .

Das Heer von Segu kam heran. S ieben Tage lang kämpfte S ira Magamit den Seinen gegen die Kriegsmacht aus Segu . Sieben Tage langgewann er tagtäglich das Treffen.

Am siebenten Tage abends kehrte Sira Maga heim. Als er heimritt , sagte er (bei s ich ): „Morgen werden wir wieder kämpfen .

Morgen werde ich sterben .

“ Er kam heim und sagte zu PoloriPolori , i ch will dich sogleich fortsenden .

“ Polori sagte : „Du willstmich fortsenden ? Es gibt keinen wichtigen Grund dafur. Hier istKrieg. Hier bin ich nötig. Du denkst Schlimmes. Aber ich mußgehorchen .

“ Po lori ging von dannen. An diesem Abend rief derBammanakon ig Monso von Segu seine Dialli und sagte zu ihnenWie kann ich diesen Sira Maga töten ?“ Die Dialli berieten langeZeit und sagt en dann : Wenn du ein Diaule (Perlhuhn ) opferst ,kannst du Sira Maga toten .

“ König Monso opferte ein Perlhuhn .

Am anderen Tage gri ff S ira Maga abermals das Heer KönigMonsos an . Er wurde im Kampfe tödlich verwundet. Aber er fielnicht. Er kehrte noch lebend in sein Lager zurück . Im Lager starber. Die Fulbe brachten die Leiche heimlich beiseite . Die TruppenKonig Monsos drangen siegreich vor. Polori kam zurück . Er gingzur Mutter S ira Magas und fragte sie : Wo ist Sira Maga ?“ DieMutter sagte : „Sira Maga schläft.

“ Polor i sagte : Du lügst. Dennwenn S ira Maga lebte und wenn er auch schlie fe

,könnte das Heer

aus Segu nicht vordr ingen . Das Bammanah eer aber kommt siegreich heran .

Polor i schwang sich auf sein Pferd . Er zog gegen das Bammanaheer des Königs Monso aus Segu . Er vernichtete die Häl fte desBammanah eeres. Dann verschwand Polori . Man weiß nicht , woer geblieben ist . Sira Maga ist in Sende Kon iangu begraben . Wenn

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es donnert , glauben die Bammana , Polori komme und die Fulbefrauen sagen auch , wenn es donnert : „Das ist Polori , der zieht gegendie Bammana zu Felde .“

2. Goroba -B ike

us der Familie des Konigs Ardo,welche fun fhundert Jahre uber

Massina herrschte , ging auch Goroba-B ike hervor. Er waraber ein j üngerer Bruder , somit fiel für ihn keine Herrschaft ab under irrte unzufrieden und schlechter Laune im Lande der Bammanaumher und ließ diese seine schlechten Schicksale und Bitternis grundlich fuhlen . Goroba-Dike wurde zu einem rohen , grausamen , gewa lttätigen Manne . Wenn er abends in einem Bammanadorfe

abstieg , l ieß er ein kleines Kind schlachten und stampfen , imMörser Wasser darauf gießen und das seinem Pferde a ls Futter vorsetzen. Wenn er vor eine Schmiede kam , so mußte der Schmiedihm Messer und Lanzen schmieden , ohne dabei aber Feuer undBlasebalg anzurühren . Traf er au f einen Sake (Lederarbeiter ) , soverlangte er von ihm , daß er den Schädel eines Nilpferdes mit Lederbenäh e und solche Sachen mehr

,so daß die Bammanastamme vor

seiner Wildheit große Furcht hatten .

In ihrer Not wandten sich die Bammana einmal an den MaboAlal . Das war der kluge Spielmann Goroba-Dikes. Sie brachtenihm eine große Mulle mit Gold zum Geschenk und sagten zu ihm

„Du bist der einzige , der auf den Willen Goroba- Dikes Einfluß h at .Wir bringen dir dies Geschenk , damit du ihm sagst , daß er au f dieseArt das Land nur zerstört , daß er oder wir aber damit gar nichtsgewinnen können . Suche doch seinen Sinn zu ändern !“ Der MaboAlal sagte : Es ist gut , ich werde sehen , was ich in der Sachetun kann .

“ Er nahm die Mulle mit Gold an,und er war wirklich

der einzige , von dem Goroba- Dike sich etwas sagen l ieß . Nacheinigen Tagen sagte er zu Goroba-Dike : „Höre , diese Bammanahaben dir eigentlich nichts Übles getan . Wenn ich an deiner Stellewäre , wurde ich mich einmal etwas gegen meine Landsleute , diePulo , wenden , die dir ein Königreich schuldig sind .Goroba- Dike sagte : „Du hast recht . Welche Stadt sol l ich denneinmal aufsuchen ?“ Der Mabo Alal sagte : Wie wäre es , wenn dueinmal nach Sariam reistest , in welchem Orte Hamadi Ardo Königist ?“ Goroba—Dike sagte : Gu t , das können wir machen . Reitenwir dah in.

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Die beiden kamen in die Nahe Sariams. In einem Landgeh o ft derUmgebung machten sie bei einem Dimadio Halt und stiegen ab .

Goroba- Dike sagte zu seinem Mabo : „Bleibe du zunachst hier. Ichwill mir die Stadt einmal al lein ansehen .

“ Dabei legte er seineguten K leider ab , l ieß sich von dem Dimadio das älteste undsch lechteste Zeug eines Arbeiters geben , legte es an und wandertein einem gar sch abigen Zustande in die Ortschaft. Bei einemSchmiede sprach er zunachst vo r und sagte : „ Ich bin ein Pulo , demes augenblicklich sehr schlecht geht. Wenn du mir ein wenig zuessen geben willst , bin ich bereit , dir tüchtig bei der Arbeit zuhel fen .

“ Der Schmied sagte : Das einz ige , wozu ich dich eigentl ichrecht gebrauchen konnte

,ware , daß du mir den B lasebalg stößt.

Goroba-Dike sagte : Das wil l ich gerne tun .

“ Er stellte sich an .

Er arbeitete ordentl ich .

Während der Arbeit fragte er den Schmi ed : Wem geh ort denndiese Stadt eigentlich Der Schmied sagte : „Die Stadt gehört demHamadi

,der ein Ardosproß ist .

“ Goroba-Dike fragte : Also demHamadi Ardo ! Hat er denn ein paar Pferde Der Schmied sagt eAch , der hat eine Unzahl Pferde , uberh aupt reich ist der ! Die Stadtund er sind reich

,sehr reich . Er hat alles , was er braucht. Er h a t

auch drei Tochter,und zwei von den Töchtern haben ordentliche

,

tapfere Fulbe zu Männern .

“ Goroba- Dike sagte : „Und die dritteTochter ist wohl noch ein Kind ?“ Der Schmied sagte : „Nein , einKind ist sie nicht , eher könnte sie schon mehrere Kinder haben .

Aber die Kode Ardo ist das stolzeste Fu lbemädch en Massinas . Sieträgt einen silbernen Ring auf dem kleinen Finger und will nur denheiraten , auf dessen kleinen Finger dieser Ring auch paßt. Denns ie sagt , ein echter Fulbe muß ganz feine Glieder und zarte Fingerhaben . Sonst ist es kein echter Fulbe .“ (In der Tat sind die echtenFulbe die zerbrechlichsten und feinsten Gestalten von geradezu abnorm erscheinender Feinheit der Glieder. )Am anderen Morgen versammelten sich wie an j edem Tage alle

vornehmen jungen Fulbe vor dem Hause Hamadi Ardos , lagen undstanden plaudernd umher. Dann kam die stolze , kleine Tochter desKönigs , Kode Ardo , aus ihrem Hause , zog den Si lberr ing von ihremF inger und suchte unter den Anwesenden einen Mann , der ihn auchüber den kleinen Finger strei fen könne . Der eine konnte ihn nichteinmal auf die Spitze setzen . Der zweite schob ihn mit knapperNot bis an das erste Gelenk . Einige wenige brachten ihn bis gegendas zweite Gelenk hin

,aber darüber hinaus war er nicht mehr zu

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Goroba- Dike bei seiner Frau . Am anderen Tage weinte Kode Ardo .Sie weinte den ganzen Tag und sagte : Oh , an welchen schmutzigenMenschen hat mich doch mein Vater verheiratet !“

Eines Morgens kamen die Burdam ins Land und raubten das gesamte Rindvieh König Hamadi Ardos und der Stadt Sariam .

Es kamen die H irten angelaufen und meldeten : Die Burdam habenalles Rindvieh geraubt. Ihr mußt sie sogleich verfolgen .

“ Alle Leuteder Stadt ru ste ten sich . Goroba-Dike lagmußig in einer Ecke . KonigHamadi Ardo trat zu ihm und fragte ihn : Wi l lst du nicht einP ferd besteigen und auch mit in den Krieg ziehen ?“ Goroba- Dikesagte : „Auf ein Pferd steigen ? I ch habe noch nie ein Pferd bestiegen . Ich bin das Kind armer Leu te . Gebt mir einen Esel . Aufeinem Besl kann ich mich halten.

“ Kode Ardo weinte . Goroba- B ikebestieg seinen Esel , hieb auf ihn drauf und ritt nach einer anderenRichtung fort als die Kriegsschar. Kode Ardo weinte und weinte .S ie sagte : Vater , Vater , welches Elend hast du mir aufgeladen .

Goroba- Dike ritt zu dem Dimadioweiler, wo er sein Pferd , seineWaffen und seinen Mabo zurückgelassen hatte . Er sprang vom Eselund sagte : „Alal , i ch habe geheiratet !

“ Der Mabo sagte : „Was , du

hast geheiratet ? Wen hast du geheiratet ?“ Goroba- Dike sagte

„ I ch habe das stolzeste Mädchen der Stadt geheiratet , Kode Ardo ,die Tochter des Königs Hamadi Ardo .

“ Der Mabo sagte : Was ,

solch ein Gluck hattest du ?“ Goroba- Dike sagte : „Ja , heute gibt’s

aber noch etwas anderes . Die Burdam haben das Rindvieh meinesSchwiegervaters gestohlen . Nun gib mir schnell die Kleider undWaffen , ruste mein Pferd , i ch will den andern den Weg absch ne i

den .

“ Der Mabo ruste te alles , reichte ihm alles und fragte : „Darfich dich begleiten ?“ Goroba- Dike sagte : „Nein , heute nicht.

“ Damit ritt er so schnell er nur konnte von dannen.

Er hatte die anderen bald eingeholt,und nun r i tt er in einiger

Entfernung immer neben ihnen her. Die beiden SchwiegersöhneKönig Hamadi Ardos und die anderen Fulbe

,sahen ihn von der

Seite herkommen und sagten untereinander : Das muß Dj inar (derTeufel ) sein . Den sollten wir für uns gewinnen , dann wäre der Siegund die Rückkehr der Herden sicher.

“ Einer sagte : Man solltemit ihm sprechen .

“ Es ritten einige hin und fragten Goroba- DikeWo reitest du denn hin ? Was hast du vor Goroba-Dike sagte

„ Ich reite dahin , wo es Kämpfe gibt und helfe dem , dem mir zuhel fen paßt .“ Die Leute sagten : „So bist du also Dj inar Goroba

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B ike sagte : „Gewiß bin ich Dj inar.

“ Die Leute fragten : Willst duuns hel fen ?“ Goroba-Dike fragte : Warum soll i ch euch nichthel fen ? Wieviel Schwiegersöhne Konig Hamadi Ardos sind beieuch ?“ Die Leute sagten : „Es sind zwei bei uns.

“ Goroba-B ikesagte : Wenn mir j eder von beiden als Lohn eines seiner Ohrengibt

,werde ich helfen.

“ Die Leute sagten : Das geht nicht. Waswürde man in der Stadt sagen !“ Goroba-Dike sagte : „Das ist sehreinfach . Die zwei Schwiegersoh n e sagen : ‚ Im Gefecht ist mir dasOhr abgeschlagen worden. Ich hielt den Kopf so , da glitt der Schlagab .

‘ Das gilt dann noch als sehr ehrenvoll .“ Die Leute rittenzuruck und berichteten den beiden Schwiegersoh nen des Konigs .Erst waren sie nicht einverstanden , dann ließen sie sich j eder einOhr abschlagen und sandten es Goroba-Dike . Der steckte die Ohrenin die Tas che . Nun kam Goroba-B ike und setzte sich an die Spitzedes Zuges. Er sagte zu den Fulbe : „Ihr dürft aber nicht sagen , daßeuch Dj inar half.

“ Die Fulbe sagten : Nein , nein , wir werden esgewiß nicht sagen .

Sie trafen auf die Burdam. Sie fochten mit den Burdam. GorobaDike tötete mehrere und gewann die Pferde . Er gab sie den Schwie

gersoh nen . Die Fulbe gewannen das Gefecht. Darauf tr ieben dieFulbe die Herden wieder zuruck. Goroba-Dike aber zweigte seitwarts ab und r itt zu dem Dimadiogeh öft , in dem sein Mabo auf ihnwartete . H ier stieg er von seinem Pferde , legte Waffen und Kleidung ab , zog die Lumpen an , schwang sich auf den Esel und rittwieder in die Stadt hinein . Als er durch Sariam r itt , sah ihn derSchmied , der ihn die ersten Tage beherbergt hatte . Der rief : B le ibmir von meiner Schwelle . Du bist kein Fulbe , du bist ein ganz gemeiner Bastard oder ein Sklave ; aber ein Kriegsmann oder ein Fulbebist du nicht.“ Die Frau des Schmiedes hörte das . S ie sagte zuihrem Manne : Laß solches Gerede , ein Fulbe ist ein Fulbe , und dubist auch nicht so klug

,daß du wissen konntest , was dahinter

steckt.“

Inzwischen waren die siegreichen Fulbe mit den wiedergewonnenen Herden glücklich daheim angekommen . Alles begrüßte siemit Jubel . Hamadi Ardo , der König , kam ihnen selbst entgegen undsagte : „Das ist doch noch echte Kriegsart. Ihr seid doch noch Fulbe .Ihr habt j a wohl auch Wunden.

“ Der eine Schwiegersohn sagteWie ich so auf der einen Seite angri ff

,schlug mir ein langer Bur

dam mit seinem Sabel so über den Kopf. Ich bog den Kopf , daschnitt das Schwert ml r em Ohr ab und ich war gerettet .“ Der

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andere Schwiegersohn sagt e : Wie ich so au f der anderen Seite angr i ff

,schlug mir ein kleiner Burdam mit seinem langen Schwert

von unten her gegen den Hals. Um ein Haar hätte ich den Kopfeingebüßt . Ich drehte mich aber so , und da flog nur das Ohr weg.Der Kopf war aber gerettet.“ Kön ig Hamadi Ardo sagte : „Soetwas zu hören , macht Freude . Ihr seid Helden. Aber sagt , hatdenn keiner meinen dritten Schwiegersohn gesehen ?“ Alle lachtenund sagten : „Ach der ! Er r itt j a schon von Anfang an nach einerfalschen Richtung ! Nein , wir haben ihn nicht gesehen .

Von der anderen Seite kam Goroba- Dike auf se inem Esel angeritten. Als er naher heran war , hieb er au f das Tier , daß es inGaloppsprüngen dah erse tzte . Als Kode Ardo ihn so ankommen sah ,

begann sie bitterl ich zu weinen und sagte : „Vater , Vater , welchesUnglück hast du mir aufgeladen !“ Abends lagen die vornehmenFulbe in einem Kreise umher und erzah lten von dem , was sie heutegetan hatten . Goroba-Dike lag in seinen Lumpen in einer Ecke undhorte alles mit an . Der Eine sagte : „Wie ich so als erster in dieMenge der Feinde h in einsprengte der Zweite sagt e : „Als ichdie Pferde erbeutet hatte der Dri tte sagte : „Ja , ihr seid nichtwie der Mann der Kode Ardo . Ihr seid noch wahre Helden !“ Diebeiden anderen Schwiegersöhne mußten wieder erzählen

,wie sie im

harten Kampfe ihre Ohren verloren hatten. Goroba- Dike saß aberdaneben und horte alles

,und in der Tasche hatt e er die beiden

Ohren und l ieß sie sich immer durch die Finger gleiten . Als esNacht war, ging er in sein Haus . Kode Ardo sagte zu ihm : „Duschläfst nicht mehr neben mir. Du kannst auf der anderen Seiteschlafen .

Am anderen Tage griffen die Burdam die Stadt in großen Mengenan . Als sie am Hor izonte auftauchten

,versammelten sich alle

kr iegstüchtigen Männer. Goroba- Dike schwang sich aber aufseinen Esel und j agte von dannen . Die Leute schrien : „Da fl iehtGoroba- Dike . Da fl ieht Goroba-Dike .“ Kode Ardo brach in Tränenaus . Sie weinte und sagte : „Vater , Vater , welches Unglück hast dumir aufgeladen .

“ Goroba- B ike r itt in das Dimadiogeh öft , in demer seine Kleider

,Waffen

,sein Pferd und seinen Mabo zurückgelassen

hatte . In dem Dorfe sprang er mit großer Hast vom Esel und sagtezu seinem Mabo : „Schnell , schnel l , rüste mein Pferd , reich meineWaffen ! Denn heute ist eine ganz große Sache ! Die Burdam greifen die Stadt in gewaltigen Scharen an und niemand ist da zur Verteidigung.

“ Der Mabo Alal fragte : Dar f ich mitre iten ?“ Goroba

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Dann gab er dem Esel Schlage , so daß der in Sa tzen auf dengroßen Platz sprengte . Da waren viele Fu lbe um den Konig Hamadi Ardo versammelt und sprachen von den Ereignissen des Tages .

Auch Kode Ardo stand da. Als Goroba- B ike so angesprengt kam ,

begann sie zu weinen und sagte : Mein Vater , weshal b hast du mirein so elendes Schicksal au fgeburdet , wo es doch so tapfere undmutige Männer unter den Fulbe gibt.“ Goroba-B ike sagte : Schonam ersten Tage , da ich dich heiratete , sagte ich dir , daß ich dasKind armer Eltern sei , und ich habe es vor deinem Vater gesagt ,daß ich von Pferden und vom Kriegsbrauch e nichts wisse .

“ KodeArdo aber weinte und sagte : Du Feigling , du elender Flüchtl ing !Du sollst nie wieder mein Lager teilen !“ Goroba- Dike legte sichgleichgültig in einen Winkel .B is zum Abend saßen die Fulbe zusammen und sprachen uber

den Tag. Der Eine sagte : Als ich j enen Teil der Burdam zuru ck

warf der Andere sagte : „Als ich dort die Burdam auseinandersprengte der Dritte sagte : „Als ich die Hauptmasse der Burdamin die Flucht j agte Viele aber spotteten und fragten Kode ArdoWo ist denn eigentlich dein Mann gebl ieben ?“ Kode Ardo sagte :

„Laßt mich . Mein Vater hätte mich l ieber mit einem Affen verheiraten sol len , als mit diesem Feigl ing . Oh , wie ich mich schäme .

Es ward Nacht. Die Fulbe begaben sich wieder in die Hauser .Kode Ardo konnte nicht sch lafen . Sie dachte an ihren feigen Mannund an den tapferen Fremden , der sie gerettet hatte . Um Mitternacht sah sie zum Lager ihres Mannes hinüber

,der au f der anderen

Seite des Raumes schl ief. S ie sah,daß ihm das Kleid zur Seite ge

glitten war , sie sah , daß die Lumpen heruntergefal len waren ,sie sah B lut. Sie erhob sich und sah scharf hin . Das B lut tropfteaus einem Verband von dem Schenkel herab , und der Verband warein Teil ihres Kleides . Das war der Teil des Kleides , den sie heutesich selbst heruntergerissen hatte

,um den tapferen fremden Fulbe

damit zu verbinden . Der Verband lag auf dem Schenkel ihresMannes , der mit dem Esel zurückgeritten war . Kode Ardo standauf , ging zu ihrem Manne , beugte sich weit uber ihn und fragte :

„Goroba-Dike , wo empfingst du diese Wunde ?“ Goroba- Dikesagte : Überlege es dir !“ Kode Ardo fragte : Wer riß sich dasKleid ab und legte es dir als Verband um ?“ Goroba- Dike sagteÜberlege es dir .“ Kode Ardo fragte : „Wer bist du Goroba- Dikesagte : „Der Sohn eines Königs.“ Kode Ardo sagte : „Ich dankedir.“ Goroba-Dike sagte : „Sage es vorerst nicht weiter. Mache aber

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Carite (Baumbu tter) warm und lege sie mir auf die Wunde .“ Kode

Ardo ho lte Baumbu tter. S ie machte sie warm . Sie träufelte sie aufdie Wunde. Sie band den Verband um . Dann schlich sie hinaus.S ie ging zu ihrer Mutter , setzte sich bei ihr nieder , weinte und sagteMein Mann ist kein Feigling er ist kein Fluch tling . Er ist derMann

,der heute die Stadt vor den Burdam gerettet h at . Sage es

aber niemand .“ Dann schlich sie zuruck.

Am anderen Tage bestieg Goroba-B ike wieder seinen Esel undr itt in das Gehöft des Dimadio , in dem er seinen Mabo , seine Kleiderund Waffen und sein Pferd zurückgelassen hatte . Er sagte zu

seinem Mabo : Alal , heute ist der Tag gekommen , da wir uns wirklich und wie wir sind in Sar iam und vor dem stolzen HamadiArdo vorstellen können. Rüste also mein Pferd. Ruste auch dasDeine .“ Goroba-Dike kleidete sich

,und nahm seine Waffen . Er

ritt in Sariam ein . Sein Mabo folgte ihm . Er stieg auf dem großenPlatze ab

,wo viele Fulbe versammelt waren . Dann sch lug der Mabo

die P ferdepflöcke in die Erde . Sie waren von Silber .Goroba- Dike rief seine Frau herbei . S ie begrußte ihn und sie lachte .

Dann wandte er sich zu den Fulbe und sagte : „Ich bin Goroba- Dike ,und das hier ist meine Frau Kode Ardo . Ich bin der Sohn einesKönigs und bin es gewesen

,der gestern und vorgestern die Burdam

geschlagen König Hamadi Ardo sagte : Das glaube ichnicht . Wir haben dich nur immer auf dem Esel gesehen .

“ GorobaDike sagte : So frage die , die mit im Kampfe waren .

“ Die anderensagten : Es ist so .Nur die ersten zwei Schwiegersoh n e des Königssagten : Es ist nicht sicher.“ Darauf zog Goroba- Dike die beidenOhren hervor und fragte : Nun ,

kennt ihr denn diese Ohren nichtwieder ?“ Da gingen die beiden stil l zur Seite .König Hamadi Ardo aber trat an Goroba- Dike heran . Er kniete

vor ihm nieder und sagte : „Verzeihe mir ! Nimm aber das Königreich aus meinen Händen .

“ Goroba-Dike sagte : Konig HamadiArdo , ich bin nicht weniger als du . Ich bin auch ein Ardosproß .

Wenn ich nun König bin,so befehle ich a ls erstes , daß man dem

Schmied , der mich mehrfach verhöhnt hat und doch nichts anderesist als ein Schmied (also die tiefste Kaste ) , fünfzig mit dem Knotenstock auf den H intern zähle !“ So geschah es .

3. Hami- da-hama - nkalde

m Dorfe Dj ib0 , das im Lande Dje lle - Goj i gelegen ist,lebte ein

Fu lbemä dch en , das war so schön , daß alle jungen Burschen ihres

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Landes in sie verl iebt waren . J eden Morgen kamen 120 tapferejunge Fulbe zu ihr , bl ieben bei ihr und unterhielten sich mit ihr biszum Abend . S ie waren alle hochadlig und aus der Famil ie desKönigs Ardo . Sie kamen am Morgen auf ihren weißen Pferden angeri tten und abends r i tten sie wieder von dannen . Jeder dieserjungen Männer war in das schöne Mädchen Dju llu -Deeru verliebt.Jeder hat sie : Werde meine Frau !“ Jedem antwortete sie : Weitdraußen l iegt das Wasser Pete- erre . Tränke dein Pferd im WasserPete - erre und ich wil l dich heiraten .

“ J eder von den 120 hat sieum die Ehe . Jedem sagte sie : Pete - erre .“ Jeder ging dannstil l und betrübt von dannen . Denn Pete - erre war ein Wasser ,an dem hielten j eden Morgen 720 Burdam (Tuareg ) Wache . Unddiese 720 Burdam verleideten j edem der 1 20 j ungen Fulbe , diej eden Morgen au f ihren weißen Pferden zu Dju llu -Deeru kamen ,die Möglichkeit , die schöne Frau zu heiraten .

Im Lande Djelle - Goj i lebte ein Fulbe : Hami - du - hama- nku lde .

Dessen Spielmann (Mabo ) sagte : „Du bist kein rechter Fulbe .Wenn du ein rechter Fulbe wärst , würdest du Dju llu -Deeru an

schauen . Da wurdest du Dju llu -Deeru heiraten wollen , wie das alleArdosprossen wunschen , und du würdest den Ardosprossen zeigen ,

daß Dju llu -Deeru s Bedingungen nicht so schwer zu erfüllen sind .

Hami - du - hama- nku lde wohnte in Barrabu lle . Er sagte zu seinemMabo : „Rüste dein Pferd , wir wollen morgen Barrabu lle abreiten .

Wir wollen nach Dj ibo weiter .“

Dju llu -Deeru lebte in Dj ibo . Dj ibo hatte sieben Mauern . In derMitte war ein Wasser . Hami - du - hama- nku lde ritt nach Dj ibo . Alser hereinkam , standen die anderen 120 j ungen Fulbe auf und verl ießen den Ort. Hami - du -hama- nku lde l ieß sich nieder . Er sah

Dju llu -Deeru . Er sagte zu Dju llu -Deeru : Werde meine Frau .

Dju llu -Deeru sagte : „Ich wil l deine Frau werden , sobald du deinPferd im Wasser Pete - erre getränkt hast.“ Hami - du - hama- nku ldesagte : „Das ist sehr einfach . Ich werde es tu n . Du sollst aber mitkommen und es mitansehen .

“ Dju llu -Deeru sagte : „Es ist gu t .“

Dju llu -Deeru ruste te sich . Sie nahm einen Mabo , einen Diawando , einen Dimadjo mit . Jeder ritt auf einem Ochsen. Harn i - duhama- nku lde rüstete sich . Er nahm seinen Mabo , einen Diawando ,einen Dimadjo und fünfzig Reiter mit . Sie machten sich auf dieReise . Sie reisten zwei Tage weit . Am Morgen des dr itten Tagessahen sie in der Frühe die Bäume am See Pete - erre . An jedemBaume standen einige Burdam. Einige hatten lange Bärte und al le

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unter guter Bewachung zuruck. Am Abend kehrt e er zu Dju lluDeeru am Pete- erre zuruck. Er hatte 30 000 Stück Rindvieh erworben . Er sagte : „Nun können wir heimkehren.

Hami - du - hama- nku lde und Dju llu -Deeru kamen nach Dj lb0 imLande Dielle - Goj i zuruck. Dju llu -Deeru sagte zu ihrem Vater : „DerHami - du - hama- nku lde ist ein wahrer Pulo

,ein wahrer Held !“ Sie

sagte es zu aller Welt . Ihr Vater sandte zu Hami - du - hama-nku ldeund l ieß ihm sagen : „Ich bin bereit , dir meine Tochter zur Frau zugeben .

“ Hami- du - hama- nku lde sandte die 25 weißen Pferde unddie 30 000 Stück Rindvieh an den Vater Djullu -Deeru und l ieß antworten : „Nein , heiraten wil l ich Djullu -Deeru gar nicht . Imübrigen schenke ich euch dieses .“

4. Hambodej u

ambodeju (ein Fulbe ) war der Sohn eines Konigs . Aber als erH ein Knabe von zehn Jahren war , starb der König , und Hambode ju wurde mitsamt dem Königreiche von seinem Onkel übernommen . Er ward am Hofe des Onkels erzogen . Er spielte mit denKindern seines Onkels. Eines Tages sagte im erregten Wortstreitder Sohn des Onkels zu Hambodeju : Was willst du hier eigentlich ?Dein Vater ist gestorben . Das Königreich gehört meinem Vater ,deinem Onkel . Du hast hier nichts mehr zu suchen.

“ Hambodejul ie f sogleich zu seiner Mutter und fragte sie : Wem gehört dasKönigreich ? Geh ort es meinem Onkel oder gehört es mir ?“ DieMutter sagte : „Dein Vater war der König dieses Landes . Als deinVater starb

,nahm dein Onkel die Herrschaft an sich . Dein Vater

hat aber ein sehr gutes Pferd hinterlassen . Das heißt Bonnu

juwadu . Das kannst du j eden Augenbl ick nehmen.

“ Hambodeju

sagte : „Es ist gut“, und ging.

Hambodeju ging hin und zog das Pferd Bonnujuwadu aus demStal l . Er rief seinen Mabo (Spielmann , zuglei ch Knappe ) , gab ihmauch ein Pferd und sein Gewehr und sagt e : „Komm ,

wir gehen inden Krieg. Wenn ich gewinne , wil l ich gegen meinen Onkel zuFelde z iehen , und ich werde sehen , ob ich die Herrschaft meinesVaters nicht zuruckgewinne .

“ Er ritt mit seinem Mabo von dannen .

Er kam mit seinem Mabo in die Sahel . Als er zehn Tage weitdurch die Sahel geritten war , traf er auf ein kleines Dorf. Hambodeju fragte : Wem geh ort dieses Dorf Ein Mann sagte : „DemBurdam Hambode ju fragte : „Wer ist der König dieses

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Landes ? Wer hat die Kriegsmacht ?“ Die Leute sagten : „Das istKönig El le

,der König der Tuareg.“ Hambodeju l ieß sich den Weg

zeigen und ritt weiter auf die Stadt Elles zu .

König Elle hatte einen Sohn und eine Tochter. Der Sohn hießHammadi Elle . Hammadi Elle hatte die Gewohnheit , abends seinPferd zu besteigen und mit seinem Mabo einen Ritt zu unternehmen . Als Hambodeju sich dem Orte Elles näherte , traf er aufden jungen Hammadi Elle . Er sagte : „Guten Tag.

“ HammadiElle sagte : Guten Tag.

“ Hambodeju fragte : Wer bist du ?“

Hammadi Elle sagte : „Ich bin Hammadi Elle , ein Burdam, derSohn des Königs der Burdam. Wer bist du Hambodeju sagteIch bin Hambodeju ,

der Sohn eines Fu lbekön igs .

“ HammadiElle fragte : Was willst du hier ?

“Hambodeju sagte : Ich habe

mit deinem Vater einiges zu besprechen .

“ Hammadi Elle sagte

„Höre , Hambodeju , du hast ein gutes Pferd , wir wollen miteinander um die Wette reiten und sehen , wer der erste von unsbeiden in der Stadt sein wird .

“ Hambodeju sagte : „Es hat keinenWert, denn ich werde sowieso der erste sein. Ich habe keine Lustzu einem Wettritt .“ Da wollte ihn Hammadi Elle zum Wettritt

reizen. Er riß Hambodeju die Mütze vom Kopf und j agte mit ihrvon dannen.

Hambodeju sagte aber zu seinem Mabo : „Gib mir mein Schwert.Der Mabo gab ihm das Schwert. Hambodeju j agte h inter HammadiElle her. Er erreichte ihn . Er holte mit dem Schwert aus und trafHammadi Elle am H interkopf. Der Königssohn sank tot zu Boden .

Der Mabo Hammadi Elles j agte sogleich von dannen und in dieStadt. Er traf den König Elle. Er sagte : „Soeben ist dein Sohn gestorben .

“ Hammadi Elle fragte : Kam der Tod vom Himmel oderaus der Erde ?“ Der Mabo sagte : „Man braucht nicht so weit zugreifen . Ein Fulbe , der soeben ankam , h at deinen Sohn geto tet .

Alle Leute kamen in dem Orte zusammen. Es waren sehr viele ,denn am anderen Tage sollte ein großes Opferfest gefeiert werden .

Als Hambodeju den Königssohn Hammadi Elle erschlagen hatt e ,sagte sein eigener Mabo zu ihm : „Hambodeju , du hast nicht rechtdaran getan , daß du diesen Kon igssoh n ge to tet hast , wo du zu seinem Vater willst. Es war nicht klug. Willst du nun doch noch denKönig Elle aufsuchen ?“ Hambodeju sagte : „Natürl ich werde ichden König Elle aufsuchen .

“ Der Mabo sagte : „Wenn du das tust ,dann bist du ein Grin tiwall und ein Garan tawall“ (Grin tiwall soviel wie unerschrockener Held ; Garantawall soviel wie frei

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gibiger Held ) . Darauf ritten sie in die Ortschaft ein . Auf einemgroßen Platze war eine ungeheure Menge von Menschen versammelt . Als Hambodeju das sah , r iß er sein Pferd empor , sprengte au fdie Menschenmenge zu , riß sein Schwert hervor und al le versammelten Burdam flohen in wilder Hast auseinander. Der KonigElle l i eß Hambodeju sagen : Steige heute in der Stadt ab . Morgenwerde ich in großer Versammlung den Fall aburtei len .

Hambodeju nahm seine Wohnung bei einer alten Frau . Die Altewußte es aber nicht , daß es Hambodeju gewesen war , der denKönigssohn getötet hatte . Hambodeju sagt e zu der Alten : „Besorge doch etwas Wasser fur uns und unsere Pferde .“ Die alte Frausagte : „Ach , mit dem Wasser ist es eine schwierige Sache . Wassergibt es nicht. Wir haben j a einen großen Teich , aber in dem Teichlebt ein mächtiges Tier , das heißt Kurua. Das Tier Kurua h at dreiKöpfe und lagert im Teich . Damit wir nun die Erlaubnis bekommen , Wasser zu nehmen , muß die Stadt in j edem Jahre eines seinerschönsten Mädchen dem Tiere als Opfer in den See senden . Diesergroße Opfertag aber ist morgen . Deshalb sind so viele Mädchen inder Stadt. Das Mädchen

,das geopfert werden soll , ist Fatumata

Ell e , die Tochter des Konigs Elle , die Schwester des Hammadi E l le ,der heute getötet wurde . Da nun aber morgen gerade der Opfertagist , wird Kurua es nicht dulden , daß j emand Wasser aus se inemTeiche nimmt , und kein Mann wird es wagen , denn Kurua mit seinen drei Köpfen ist furch terlieh .

“ Hambodeju fragte : „Wo ist derWeg zu dem Teiche des Ungeheuers Kurua ?“ Die alte Frau sagteEr führt hier vorbei . Wenn man hier heruntergeht , i st manbald da.

Hambodeju sagte zu seinem Mabo : „Lege Bonnu juwadu denFaram (das ist der kleine Zuge], an dem die Pferde zur Tranke un dSchwemme geführt werden ) an ,

gib mir mein Schwert und führedas Pferd hinter mir her.“ S ie gingen . S ie kamen an den Teich .

Hambode ju nahm sein Gewehr zum Sch usse bereit in die Hand undsagte : „Nun , mein Mabo , führe mir Bonnu juwadu in den Seehinaus.“ Der Mabo tat es . Als das Pferd mit dem Mabo das Wasserbetrat , hob Kurua erstaunt einen Kopf aus der Tiefe herauf . Ham

bodeju zog sein Schwert und schlug zu . Der Kopf fiel getrenntherab . Kurua hob die anderen beiden Kopfe empor. Hambodejuschlug zu . Die beiden Kopfe fielen herab. Hambodeju rief seinemMabo zu : Ist Kurua ganz tot Der Mabo sagte : „Ja , er schwimmttot auf dem Wasser.“

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doch ein Mann in den See gehen und schauen,ob Kurua tot ist oder

noch lebt.“ Alle schrien : „Ja , es sol l einer nachsehen.

“ Es warda eine Menge von über eine Mill ion Köpfen versammelt , demOpfersch auspiele beizuwohnen . Es war aber unter der ganzenMil lion Menschen nicht einer da, der es zunachst gewagt hätte ,auch nur an den Rand des Teiches Kuru as vorzugehen .

Endlich fand sich ein Mann mit einer Lanze bereit , zogernd bisan das Ufer zu gehen . Er stieß mit der Lanze mehrmals in dasWasser und rief dann : „Kurua ist tot.“ Einige kamen nun an dasUfer und fanden die Schuhe und die Messerscheide Hambodejus .

Einer rief : „Esmuß irgendein Mann Kurua ge to tet haben . Er hat seineSchuhe und seine Dolchscheide als Wahrzeichen zurückgelassen .

Die Leute schrien : „So wird es sein .

“ Man brachte die Schuhe unddie Messerscheide dem Konig Elle . Er sagt e : Diese Dinge hat derzurückgelassen , der Kurua getötet hat. Nun werden wir ihn erkennen konnen .

“ Darauf begann al le Welt in großer Freudigkei tzu trinken und Wasser mit sich fortzunehmen . Fatumata El le aberkehrte aus der Mitte des Sees gänz l ich gesund und unangetastetzuruck

In der Stadt versammelte sich al le Welt auf dem großen Platze .

König Elle sagte : „Nun führt mir den Fulbe hierher , damit wir uberihn urtei len können .

“ Es war da eine ganze Mill ion von Menschenin einem Kreise versammelt. Neben dem König El le saß die gerettete Fatumata Elle . Vor dem König auf dem freien Platz standendie Schuhe und die leere Messerscheide

,die man am Ufer gefunden

hatte . Man rief Hambodeju .

Hambodeju ging durch die Straßen der Stadt. H inter ihm gingsein Mabo . Der hatte den Schwanz Kuruas unter dem Rock und

Wo andere Furcht haben ,Da empfindet Hambodeju nichts .Wo andere fliehen ,Da bleibt Hambodeju ruhig am Platze .Wo andere Schlechtes tun ,

Da bleibt Hambodeju fern .

Hambodeju kam auf den großen P latz , auf dem die Mill ion Menschen versammelt war . Hambodeju ging quer über den freien Raumdahin , wo der König Elle saß . Es standen da die Schuhe und dieMesserscheide . Alle diese Menschen sahen die Messerscheide , die

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Schuhe und sahen den Fulbe , der Hammadi Elle , den Sohn desKönigs , getötet hatte .Hambode ju ging gerade uber den freien großen Platz , den die

Menge umschloß . Er ging auf den König Elle zu . Er wandte sichaber nicht an den König El le , sondern er nahm einen der beidenSchuhe

,die dastanden und zog ihn über seinen Fuß . Er nahm den

anderen der beiden Schuhe und zog ihn uber den anderen Fuß . Erzog seinen Dolch heraus

,fügte ihn in die Messerscheide und steckte

die Waffe zu sich . Dann griff er hinter sich , l ieß sich von seinemMabo den Schwanz des Untiers Kurua geben , legte ihn vor demKonig hin und sagte : „Hier !

“ Alles das sah die gesamte in derRunde versammelte Menschheit . Es war etwa eine Mill ion vonMenschen . Das sah der König Elle . Das sah Fatumata Elle , dieSchwester des ge to teten Hammadi Elle . Und als sie das sah , tratsie zu ihrem Vater und sagte : „Mein Vater , gib mich diesem Fulbezur Frau . Nie will ich einen anderen Mann heiraten . Töte michlieber , als daß du mich einem anderen Manne zur Frau gibst.

König Elle blickte seine Tochter an. Er blickte Hambodeju anund sagte : „Nimm meine Tochter Fa tumata zur Frau , und außerdem will ich dir j eden Wunsch erfül len , soweit es in meiner Machtsteht.“ Hambodeju sag te : „Ich bin nicht gekommen , um ein Weibzu gewinnen . Ich bin Hambodeju , der Sohn des Fu lbekon igs vonBogo in Konar i . Mein Oheim hat mir meine Herrschaft geraubt ,und ich bin gekommen , dich zu bitten , mir ein Heer zu geben , mitdem ich meine Herrschaft zuruckerobern kann .

“ Konig Elle sagteNimm meine Tochter zum Weibe . Die Kriegsmacht , die du

brauchst , werde ich dir gerne geben .

“ So heiratete Hambodejudie Tochter des Königs Elle .Dann sandte Hambodeju einen Boten an seinen Onkel und ließ

ihm sagen : „Ruste dich . Ich ziehe gegen dich zu Felde . Laß direin Paar Schuhe mit eisernen Sohlen machen . Denn ich werde dichverfolgen und hinter dir herj agen

,bis du diese Eisensoh len durch

gelaufen hast. Ich weiß , daß nicht nur eine Frau bei den Fulbeeinen tapferen Sohn geboren hat. Wir werden also heftig kämpfen .

Hambode ju ruste te sein Heer und ruckte vor. Beide Heere stießenaufeinander. Es wurde auf beiden Seiten sehr tapfer und todesmutig gekämpft. Zuletzt siegte Hambodejus Heer. Hambode ju

schlug die Truppen seines Onkels in die Flucht. Hambodeju j agtehinter dem Feinde verfolgend her.Als er eine Strecke weit gekommen war , sah er seinen Onkel am

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Wege sitzen . Der wartete da auf seinen Neffen Hambode ju ,um

mit ihm zu kämpfen . Beide ergri ffen ihre Lanzen . Sie warfen dieLanzen . Die Lanzen zersplitterten . S ie war fen andere Lanzen .

Auch die zersplitterten. Dann sch lugen beide mit den Schwerternaufeinander los . Die Schwerter zerspli tterten . Dann aber ergri ffHambodeju den Sattelgurt seines Pferdes , schlug damit auf seinenOnkel und tötete ihn so . Darauf schnitt er seinem Onkel denKopf ab .

Hambodeju wurde Konig. Er nahm die Krieger seines Oheims.Die Hälfte von dessen Haussklaven behiel t er . Die andere Hälftesandte er an seinen Schwiegervater Elle . Solange er lebte , regiert eer im Orte Bogo in Konari .

5 . Hama Ali Seni und Hambodej us Tod

ama Ali Seni war ein heldenhafter Kon1g , der herrschte imOrte Kan j lml nahe bei Rambara Mondu zur Zeit Hambodejus .

Hambodeju hatte die Eigenart angenommen , j eden Montag vielBesu (Honigwein ) zu tr inken , und wenn er betrunken war , langeReden zu halten . Eines Tages r itt Hambodeju von Bogo nach Fatogoma

,das liegt nahe bei Mopti . Da wurde gerade großer Markt ab

gehalten. Auf dem Markt machte er es sich bequem .

Hama Ali Seni ri tt inzwischen nach Bogo,um Hambodeju zu be

suchen. Die Leute sagten ihm : „Hambodeju ist nach Fatogoma ger itten

,um sich am Markte zu ergötzen .

“ Da machte sich HamaAli Seni wieder auf den Weg und folgte Hambodeju nach Fatogoma. Hambodeju hatte es sich inzwischen bequem gemacht. Erhatte sich schon neun Kruge mit Besu gekauft , saß auf einerKalkalawan i (d . i . ein Ruhebett , gleich der Tara der Mande )und trank einen Becher Honigwein nach dem andern . Als HamaAli Seni das sah , ward er zornig und sagte : „Hambode ju ,

du ergibstdich dem Trunke . Tr inke nicht und verbiete das Tr inken .

“ Hambodeju sagte : „Es geht das niemand etwas an . Wenn ich trinkenwill

,trinke ich eben . Ich gebe das Tr inken nicht auf.“

Hama Ali Seni war zornig . Er sagte : „Wenn du j etz t nicht dasTrinken aufgibst

,werde ich diese neun Krüge mit Hon igbier zer

schlagen .

“ Hambodeju sagt e : „Jedem Könige , der es wagt , einenmeiner Besukruge zu zerwerfen , schlage ich den Kopf ein .

“ HamaAli Seni ergri ff eine Lanze und warf sie auf einen der We intöpfe .

Er zersprang. Hambodeju ergri ff ein Messer und warf es auf Hama

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l achte h oh nend : Hooooo !“ un d schlug sich erstaunend auf denMund . Hama Ali Seni sagte : „Ich habe keine Furcht , aber ich wil lnicht von einem P ferdegurt wie ein P ferdejunge totgesch lagen werden . Nimm eine andere Waffe und ich werde stehen und mit dirkämpfen , oder hast du Angst vor anderem Kampfe Dann ergr i f fer seinen Speer. Sein Speer war aus Silber. Wer mit dem Si lberspeer getro ffen wurde

,starb. Hambodeju ergri ff auch seine Lanze .

Er sagte : „Ich fürchte keinen Kampf .“ Hama Ali Seni warf seineSilberlanze . S ie drang Hambodeju in den Unterleib , und er starbauf der Stelle .

6. König Dj ennewerre

ennewerre war ein Fulbe aus dem Dorfe Laedu Wakambi, dasim Seengebiete gelegen ist. Eines Tages begann Djennewerre

den Kr ieg. Er war siegreich , ruckte bis Dj enne vor und eroberteDj enne. Djennewerre war in Dj enne fünf J ahre lang König.

Eines Tages verkündete der Konig Dj ennewerre in seiner StadtBis j etz t waren al le Songoi schlecht , aber j etzt sind sie meineUntertanen , und da sol len sie eine außerordentliche Sache aus

führen . Ich wil l einen großen Palast haben , und um den zu bauen ,sol lt ihr mir alles herbringen . Sämtliche Weiber sol len in ihrerVagina das Wasser herbeibringen , und die Männer sol len mitihrem Penis den Lehm anruh ren , der gut gemengt sei , so daß mandaraus Ziegelsteine formen kann .

“ Darauf sandte er nach derStadt Dia , dann nach der Sorokoortsch a ft Laudu (in der heute nochdie zauberkräftigsten Soroko wohnen sollen ) und nach Konza dieBotschaft : Wollt ihr gutw i l l ig in meine Dienste treten und eingroßes Werk als meine Untertanen verrichtenDi e Songoi von Djenne sandten aber heimlich an die Einwohner

von Laudu,Konza und Dia die Botschaft : Tut das j a nicht , denn

die H i l fe an dem großen Werke besteht dar in , daß eure Weiber inihrer Scheide Wasser zum Lehmruh ren herbeibringen und daß dieManner mit ihrem Gliede das Lehmanruh ren ausführen sollen . Das

ist es , was dieser Diko Djennewerre will .“ Als die Leute von Dia ,

Laudu und Konza das hörten , antworteten sie auf die BotschaftDj ennewerres : „Wir haben keine Lust , uns dir unterzuordnen .

Darauf begann der Diko Djennewerre den Krieg gegen Dia ,Laudu und Konza. Und er eroberte al le drei Ortschaften . Er ließalle Einwohner dieser Städte nach Dj enne kommen und sagte :

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„Jetzt sollt ihr zusammen mit den Songoi von Dj enne arbeiten . IhrWeiber sollt nun in eurer Scheide Wasser herbeibringen . Ihr Männer sollt mit eurem Gliede den Lehm ruh ren , damit er gut gemengtsei und man nachher die Ziegelsteine daraus formen kann .

“ Daraufgingen die geangsteten Männer zu einem Marabut und sagtenihm : „Dieser König Djennewerre verlangt von uns so schlechteSachen . Kannst du nichts dagegen tun Der Marabut sagte : „Ichwill heute abend beten und Gott bitten , daß er das Häßliche verhindere . Wenn die Macht meiner Koranverse stärker ist als derZauber (Tom ) Djennewerres , so könnt ihr sicher sein , daß das , wasder Diko will , nicht geschieht.“ Die Manner gingen . Der Marabutaber betete am Abend und las viele Koranverse .Am anderen Morgen r ief Konig Djennewerre die Haupter derUnterworfenen zusammen und sagte zu ihnen : Gestern abendmerkte ich , daß ein Marabut von seinen Papieren vielerlei gegenmich gelesen hat. Ich aber habe ein Toru in meinem Hause , dasist starker als euer Marabut. Nun frage ich euch zum letzten MaleWollt ihr meinen Willen erfüllen

,oder wollt ihr das nicht ?“ Die

Männer befiel bei diesen Worten ein großer Schreck , und sie sagtenWir wollen nichts gegen dich unternehmen , sondern wollen dieArbeit übernehmen

,die du von uns und unseren Frauen verlangst .

Wir bitten dich aber ; nimm lieber eine Abgabe an Pferden .

“ KönigDj enn ewerre sagte : Ich wil l keine Pferde , ich will , daß euereWeiber das Wasser in ihrer Scheide bringen und daß ihr mit euerenGliedern den Lehm ruh rt .“ Die Leute sagten : Wir bitten dich ,nimm lieber eine Abgabe an Sklaven .

“ König Djenn ewerre sagteI ch wil l keine Sklaven

,ich will

,daß euere Weiber das Wasser in

ihrer Scheide bring en und daß ihr mit eueren Gliedern den Lehmrührt.“ Die Leute sagten : Wir bitten dich , nimm lieber eine Abgabe an Gold.“ Konig Djennewerre sagte : Ich will kein Goldich will , daß euere Weiber das Wasser in ihren Scheiden bringenund daß ihr mit eueren Gliedern den Lehm rührt. Wollt ihr nun ,oder wollt ihr nicht ?“ Die Leute sagten : So müssen wir es denntun.

Dann ward der große Platz zum Lehmruh ren und Hausbau vorbereitet und der Lehm ausgeschüttet. Alle Weiber und Männerstanden zur Arbeit bereit da. Der König stand in der Mitte . Dabrauste ein Windstoß uber den Platz . Alles hielt die Arme vor dieAugen , damit der Staub sie nicht fu lle . Als die Leute den Armwieder herabnahmen und um sich sahen

,war König Dj enn ewerre

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aus ihrer Mitte verschwunden . Man suchte den Konig. Man fandden Konig nicht. Man suchte fünf Tage lang Dann fand man einStuck Papier

,auf dem stand : „König Djennewerre ist von A llah

fortgenommen . Er ist nicht mehr .“

7. Bangoc oder Bangame

ast al le Fulbe waren schon zum Mohammedanismus bekehrt .Sie verr ichteten die vorgeschriebenen Gebete und hatten das

Trinken aufgegeben . Nur der kleine König Bongoe war immer nochgebl ieben

, was vordem die Alten waren . Er hatte sich nicht bekehren lassen . Das hörte der Sch echu Ahmadu , und er sandte eineBotschaft an Bongoe und l ieß ihm sagen : „Laß das Trinken sein .

Nimm die Lehre Mohammeds an und verrichte die vorgeschr iebenenGebete .“ Bongoe empfing diese Nachricht und l ieß sagen : „Ichwerde das Trinken nicht unterlassen . Ich werde die Lehre Moh ammeds nicht annehmen . Ich werde die vorgeschriebenen Gebete nicht verrichten . Ich werde tun , was mir paßt , und solangeich mit meinen Sachen in meinem Dorfe Dumma (nahe Badiangara )bleibe

,geht das niemand etwas an ; somit auch nicht den Sch ech u

Ahmadu .

Über diese Antwort wurde der Sch ech u Ahmadu sehr bose , und erl ieß zurücksagen : Wenn du das Trinken nicht sehr bald laßt unddich nicht sehr bald zur Lehre Mohammeds bekehrst , dann werdeich dein Uarraba (so nennen die Fulbe die kleinen Häuschen , dieden Toru oder Zaubermitteln zum Aufenthalt dienen ) zerstören undan anderer Stel le eine Moschee err ichten .

“ Darauf entgegneteBongoe : „Solange ich lebe , wird das nicht moglich sein . Wenn icherst tot bin , dann kann das j a viel leicht geschehen.

“ Bongoes Spielmann (Skalde ) war der Diawando (aus Kaarta , wo die DiawandoSkalden sind ) Fore f0üru ,

d . h . der Sch akalskopf . Zu diesem Diawando sandte Sch ech u Ahmadu auch eine Botschaft und ließ ihmsagen : Wenn dein Herr Bongoe so verstockt ist , so wende du dichwenigstens von diesen bösen S itten ab , laß das Trinken , bekehredich zur Lehre Mohammeds und verrichte die vorgeschriebenen Gebete .“ Der Diawando l ieß antworten : „Ich glaube nur an das , wasich erfahren habe und was ich sehe . Euren Allah sehe ich nicht.Aber meinen Herrn Bongoe kenne ich . Der ist tapfer und frei

gibig. Dem werde ich treu bleiben .

“ Sch echu Ahmadu ließ sagen

„Gut , so werde ich euch mit Krieg uberzieh en .

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Kampfen mußten j ene fl iehen. Nachher sagte der Diawando zu

Bongoe : „Heute sprachen einige Leute Sch echu Ahmadus hier vor .Es scheint , daß Sch ech u Ahmadu nun nach stens wirklich eineKr iegsmacht nach hier senden wil l .“

Als Sch ech u Ahmadu hörte , daß auch seine dritte Kolonne vordiesem Bongoe nicht hatte bestehen konnen , da war er uber alleMaßen zornig und rief : Was , diesen Kaffir (Ungläubige ) , diesenFloh

,diesen Sau fer , was , diesen Menschen so!! ich nicht über

winden konnen ? Das mochte ich doch sehen !“ Und Sch ech uAhmadu ließ einen großen heil igen Krieg ansagen und ließ verkünden , alle waffen fah igen Leute sol lten kommen und sollten unterseiner Fahne gegen einen Mann kämpfen , der der Teufel selbst zusein schiene . Er sammelte ein Heer von zwanz igtausend Fußsoldaten und sechstausend Reitern. Er sagte : „Zieht gegen Dumma

und deckt das Dorflein ganz ein , fal lt darüber her wie die Heuschrecken über die jungen Felder .Bongoe hatte eine Frau . Die spann gerade , als sie die Nachr icht

von dem Herannahen der zwanzigtausend Fußsoldaten und sechstausend Reiter erhielt. Da zog sie das Spinnstäbch en au s demWirtel und löste den Faden ab . Sie gab das Stäbchen einem Boten ,l ieß es ihrem Manne Bongoe br ingen und sagen : „Wenn mein MannBongoe etwa Angst hat , so sol l er dies Spinn stäbch en nehmen . Mirsoll er dann dafür eine Lanze senden .

“ Dadurch wurde Bongoegereizt.Bongoe rustete sich . Der Diawando Fore fouru ruste te sich . Die

Dj edid i rusteten sich . S ie ritten den sechstausend Reitern undzwanzigtausend Fußsoldaten Sch ech u Ahmadus entgegen . Bongoe

nahm die rechte Seite . Der Diawando nahm die l inke Seite . Diesieben Ritter kämpften gegen die Mitte . Der Kampf begann mitSonnenaufgang. Der Kampf hörte auf mit Sonnenuntergang. Dan nwaren die Leute des Sch echu Ahmadu geschlagen und flohenheimwärts .Während sieben Jahre fuh rte Sch ech u Ahmadu so gegen denHeiden Bongo e Kr ieg. Aber er vermochte ihm nichts anzuhaben .

Bongoe blieb unabhangig , trank , nahm nicht die Lehre Mohammedsan und verrichtete nicht die vorgeschriebenen Gebete . Bis heuteist seine Famil ie heidnisch gebl ieb en . Die Nachkommen trinkenund sind so ihres Lebens froh . Noch heute leben sie im Dor feDumma nahe Badiangara (nach Bankassi hin ) . Ihr Diamu i stDiagadiatte .

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8. Baba Ardo Ga llo

ubu Ardo Gallo war ein Sproß der Ardo familie . Er war KonigB in Naene , in Massina. Seit seiner Kindheit hatte er nie Furchtgehabt. König Sch ech u Ahmadu kam ins Land und unterwarf vieleKönige . Einige kamen freiwill ig zu ihm und erhielten dann ihr Besitztum als Lehn aus seiner Hand . König Bubu Ardo Gallo wurdenicht angegr i ffen . Die Freunde kamen zu ihm und sagten : „Unterwirf dich doch auch

,nimm die neue Lehre an .

“ Er sagte : „I ch wil lmich unter einer Bedingung unterwerfen .

“ Die anderen fragtenWelche Bedingung ist das Er sagte : „Man soll nicht verlangen ,daß ich Mohammedaner werde , daß ich in meinem Orte eine Moschee baue , daß meine Frauen daheim eingeschlossen werdenund ich wil l Besu weitertrinken .

“ König Sch ech u Ahmadu hörtedas. Er sagte : „Das geht nicht . Bubu Ardo Gallo muß sich auchunter das Gesetz Mohammeds begeben .

“ Drei J ahre verhandeltensie hin und her.Eines Tages r itt Bubu Ardo Gallo mit fun fzig Reitern aus . Er

kam in das Dorf Ten ekung , das der frühere König Bokala Amsala

j etzt fur Sch ech u Ahmadu verwaltete . Er hörte eine Frau schreien .

Er fragte : „Was hat die Frau ?“ Die Leute sagten : Die Frau hat

im Zwist mit einer anderen dieser einen Zahn ausgeschlagen. Daswar gegen das Gesetz des neuen Kadi . Darauf erhielt sie fünfzigSchläge und ist nun gefesselt in Fußeisen .

“ Bubu Ardo Gallo sagtezu seinem Mabo : Nimm ihr die Fußeisen ab , hebe sie hinter dichaufs Pferd und führte sie mit uns.“ Es geschah so . Er kehrte heim.

Am anderen Tage machte sich Bubu Ardo Gallo auf den Weg indie gleiche Gegend und trieb Bokala Amsala alles Rindvieh fort.Bokala Amsa la r ief andere Bezirksverwalter Sch echu Ahmadu s undsagte zu ihnen : Geht zu Bubu Ardo Gallo und sagt ihm ,

er sollenicht solche Sachen unternehmen denn er kann nicht gegen denWillen des neuen Konigs aufkommen .

“ Die Freunde machten sichau f , begaben sich zu Bubu Ardo Gallo und sagten ihm das . Er an tworte te : „Ihr Gesellen , in meinem Lande soll weder das neue Gesetzgeübt noch eine Moschee aufgebaut werden . Ich wil l diese Gebetenicht horen und das Recht Sch ech u Ahmadus nicht anerkennen .

Wenn ich tot bin , komme es wie es wolle .“ Die Freunde kehrtenzuru ck . Bokala Amsa la ber ichtete al les an Sch ech u Ahmadu . DerMabo Bubu Ardo Gallos sagte aber zu seinem Herrn : Ist es nichtr ichtiger , wenn wir uns zu Galadio Hambode ju ,

dem Sohne Ham

I 9S

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bodejus , in das Land Konare zuruckzieh en ?“ Bubu Ardo Galloantwortete : „Ich werde hier sterben .

Sch ech u Ahmadu hörte die Klage BokalaAmsalas und ruste te denKrieg. Er rief siebentausend Reiter zusammen . Das waren al lesseine Fulbe und nicht ein Dimadio darunter. S ie zogen nach Naeneund umzingelten die Stadt. Sie rückten ganz dicht heran . Der Mabostieg auf das Dach eines Hauses . Er rief Bubu Ardo Gallo undsagte : „Sieh , wie die Ebene gefüllt ist . Du hast die Sachen durche inandergemengt und das sind die Folgen . Alle d iese Leute sindRitter und reine Fulbe , und es ist nicht ein einz iger Dimadio

darunter.“ Bubu Ardo Gallo sagte : Das macht nichts . Rüstenwir uns .“ Sie stiegen herunter. Bubu Ardo Gallo hatte ein Pferd ,das hieß Denn ewe ll , und dieses Pferd ist bekannter geworden alsalle anderen . Er schwang sich in den Sattel und sagt e zu seinemMabo Galosegene : Spiele das Baudi .“ Galosegene spielte dasBaudi . Bubu Ardo Gallo sagte : Wie komme ich in das Baudi ?Was muß ich heute tun , um in das Baudi zu kommen Galosegene

sagte : „Du hast einhundertzwanz ig Reiter. Das da draußen sindsiebentausend Fulbe . Wenn du sie besiegst , dann wird man dich imBaudi rühmen .

Bubu Ardo Gallo sagte : Sl e sollen sich verbreiten .

“ Er r ittheraus. Er sprengte zwischen die siebentausend . Er packte l inkszwei und schlug sie gegeneinander . Er packte rechts zwei undschlug sie gegeneinander . Er tötete viele . Er warf den Feind zuruck . Er folgte dem Rest der siebentausend bis nach Ten ekung .

Dann sagte er : „Nehmt den gefallenen Feinden Pferde und Kleider.“ Sieben Tage lang gri ffen die Leute Sch ech u Ahmadus

Bubu Ardo Gallo an . An jedem der sieben Tage schlug er sie indie Flucht.Unter den Rittern Sch ech u Ahmadus war ein Reiter mit Namen

Samba Ali Säidu . Der war berühmt wegen seiner Tapferkeit . Ersandte an Bubu Ardo Gallo eine Botschaft und l ieß sagen : Glaubenicht , daß es unter uns keine Tapferen gibt . Aber ich bin als Kindmit dir aufgewachsen und dir deswegen ausgewichen . Wäre dasnicht , so würdest du sicherl ich mit zehn Reitern nicht gegen michaufkommen .

“ Bubu Ardo Gallo antwortete : „Das ist nicht wahr .Ihr seid nicht tapferer als wir.“ Samba Ali Säidu antwortete : „Gut ,so erwartet mich morgen um zwei Uhr. Dann wird einer von unsbeiden sterben .

Danach bat Samba Ali Söidu den Sch ech u Ahmadu um hundert

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war seine Schwester : 5 1ga Sanke mogo Bammana ndo nde“(kein

Bammana gleicht Siga Sanke ) . Sie sangen zur Gitarrebegleitung.

Siga Sanke trank viel . Er nahm einmal eine Kalebasse , die fr ischgefüllt war. Er setze sie an und trank sie aus. Er beugte sich soweit zuruck

,daß seine Mütze herunterfiel . Er sagte zu Numuke

Boj i : Wenn du nichts Schlechtes tust , wirst du nie bekannt werden . So lebte er in ständiger Betrunkenheit. Einmal horte er ,daß der Sohn des Konigs Nj agaleng Gara im Lande umherreiste .Da rief er seine Leute und sagte ihnen : „Geht dahin , wo der Königssohn ist und schlagt ihn tot !“ Die Leute gingen hin und t aten es.So ina (oder Sch öina ) war ein großes Dorf mit sieben Toren. Eswar ein Ort , der sehr schwer einzunehmen war. S iga Sanke kamsehr selten heraus , namlich nur zweimal im Jahre ; einmal , wennd ie Acker neu bestell t wurden zu Anfang der Regenzeit, um dieBestellung zu besichtigen. Und einmal , wenn die Ernte rei f , um dieFrucht zu besichtigen. Als er nun den Königssohn hatte erschlagenlassen , l ieß er eines Tages zwo lf Dialli kommen und ließ sie auchau f der Galla Platz nehmen

,damit sie die Trommler ablösten . Dann

stellte er eines Tages,nachdem der Königssohn ermordet war , und

die zwölf Dialli neben den Trommlern spielten , vier große , mit Goldgefül lte Tabaksbüch sen au f den Boden in der Mitte des Platzes .S iga Sanke trank .

Er drehte sich um und sagte : Wer ist da ?“ Ein Sklave antworte te : „Ich bin da.“ Siga Sanke sagte : Komm !“ Der Sklavekam heran . S iga Sanke nahm eine der Tabaksbuch sen vol l Goldund sagte : „Nimm dies Gold , bringe es zum Könige von Segu undsage dem Könige Da (oder Daga ) , daß mich der König NjagalengGara von Kaarta in einem Monate angrei fen will und daß er sichschon zum Kriege vorbereitet. Sage ihm ,

daß,wenn er in einem

Monat kommt und mir im Kr iege beisteht , daß ich ihm dann inZukunft Tribut zahlen will .“ Der Bote ging mit dem Gold vondannen.

Siga Sanke trank . Er drehte sich und sagte : „Wer ist da ?“ Der

Sklave sagte : „Ich bin da .

“ Siga Sanke sagte : Komm !“ DerSklave kam heran. Siga Sanke nahm eine mit Gold gefüllteTabaksbüch se , gab sie dem Boten und sagte : Nimm das undbringe das zum Könige Njagaleng Gara. Sage ihm ,

ich hätte ihmzwar schweres Unheil zugefügt. Aber es tate mir sehr l eid . Er sollemir vergeben . Sagt ihm ferner : In einem Monat wolle der Königvon Segu gegen meine Stadt zu Felde z iehen , um mich zu unter

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werfen. Da ich nun fruh er befreundet mit dem Kon ige von Kaartagewesen bin

,sei es doch richtiger , ich zahle an Njagaleng Gara

Tribut. Er solle also eine Kolonne entsenden , die dem Heerhaufenvon Segu Trotz bieten könne.“ Der Bote nahm die Tabaksbuch sevol l Gold und ging von dannen .

Siga Sanke trank. Er wandte sich um. Er sagte : Wer ist da ?Ein Sklave sagte : „ Ich bin da.“ S iga Sanke gab ihm die dritte dermit Go ld gefüllten Tabaksbüch sen und sagte : Nimm das undbringe es zum Könige Amadu-Amadu von Massina. Sage ihm, imfolgenden Monat wollten mich die Leute von Soharo (zwischenMassina und Segu ) angreifen und meine Stadt erobern. Da ware esmir l ieber , dem Kon ige Amadu-Amadu von Mas sina Abgaben zu

zahlen . Er solle also im kommenden Monat mit einem starkenHeerhaufen hierherkommen , um mich zu schützen .

“ Der Botenahm die Tabaksbüch se mit Gold und ging von dannen .

Siga Sanke trank. Er wandte sich um. Er sagte : Wer ist hier ?Der Sklave sagte : „Ich bin da.

“ S iga Sanke sagte : „Komm l“ Der

Sklave kam heran . S iga Sanke nahm die vierte Tabaksbüch se vol lGold , gab sie ihm und sagte : „Nimm dieses , bringe es zum Königevon Sch aro (oder Saro ) . Sage dem Könige Bina Salogo Traore , daßder König von Massina eine starke Mannschaft vorbereite , diemeine Stadt angreifen und uberwinden soll . Sage ihm , daß er einenstarken Heerhaufen rusten mochte

,um ihn im nach sten Monat

mir zu Hilfe zu senden . Denn ich zoge es vor , dem Könige BinaSalogo Traore von Saro eine Abgabe zu zahlen

, a ls ein Vasal l desKönigs von Massina zu werden .

“ Der Bote nahm seine Tabaksbüchse voll Gold und ging von dannen .

Am anderen Tage rief Siga Sanke alle seine Mannen zusammenund forderte sie auf

,die Mauer zu verstärken und hoher zu machen .

Er ließ die Frauen zusammenrufen und ihnen sagen , sie sol lten fürden nächsten Monat viel Hirsebier bereiten .

ls der nach ste Monat gekommen war , stieg er abends mit den

A zwo lf Dialli und den beiden Frauen auf das Dach eines Hausesund begann ein fröhl iches Zechgelage . Er ließ die sieben Tore derStadt schließen und nahm die Schlüssel an sich . Die Dialli spielten .

Die Frauen sangen . Siga Sanke trank .

In dieser Nacht kamen die Ton- j ong (Sklaven fuh rer, j ong istnicht unbedingt Sklave , sondern mit Ton- j ong können auch dieAuxil iartruppen , die Tru ppen der unterworfenen Volker bezeichnet

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werden ) von Segu an und schrien ihr : „Daga !Daga !“ Dann trafen

die Heerhaufen von Kaarta ein und riefen ihr : „Dese ! Laba !Dunkoro ! Mussit a !“ (Das waren die alten Hauptleute in Kaarta . )Sie fielen übereinander her , und die Mannschaften aus Segu und dieaus Kaarta begannen in dieser Nacht ein morderisch es Gefecht.In derselben Nacht kamen die Truppen des Königs von Massina

vor den Toren der Stadt Söina an . Es trafen aber auch die Mannschaften aus Saro ein , die der Konig B ina Salogo Traore gesandthatte

,und als sie das „Amadu -Amadu“ der Massinaleu te hörten ,

da fielen sie über j ene her,und auch hier hob in dunkler Nacht ein

Streiten und Kämpfen an , bei dem kein Leben geschenkt wurde .Als aber der andere Tag nahte und die Sonne aufging , da warenauf beiden Seiten alle Tapferen gefal len , und rings um die Stadtlagen die Leichen von Pferden und Kriegern. Als d ie Sonne aufging , sagte Siga Sanke zu den Tromm lern : „Nun hört auf !

“ E rsagte zu den Dialli : Nun hört auf !“ Er stieg auf das Dach deshöchsten Hauses , sah über al l die Toten hin und rief : „Ihr vierScharen von Kampfern ! Ich habe euch al le vier kommen lassen ,ihr seid alle vier gekommen . Ihr habt diese Nacht h indurch kräftiggekämpft. Ihr habt eure besten Männer verloren . Wißt ihr , weshalb ich das tat ? Ich tat das

,um meine Felder zu düngen . Und

meine Felder sind j etzt von gutem Blute und mit den LeichenTapferer gedungt . Meine Ernte wird gut werden .

“ Dann rief er denSchmied Boj i und sagte : „Schlage gegen die Mauern , daß man amKlange höre , ob sie gut oder sch lecht sind .“ Der Schmied Boj ischlug dagegen und sagte : „S ie sind gut !

“ Siga Sanke rief denKämpfern zu : Ihr habt den Klang geh ort . Die Mauern sind gut.Das kommt davon , daß meine Männer alte Hosen anzogen , daßmeine Frauen alte Stoffe umhängten

,als sie d ie Mauern bauten .

Sie arbeiteten nicht mit neuen Kleidern , sondern in alten , und dagr i ffen sie gut zu . Ich selbst gehe ja j edes Jahr nur zweimal ausder Stadt , ihr könnt aber selbst die Männer fur die ausgezeichneteArbeit beim Mauerbau bezahlen .

Alle zogen ab . S ira Bo , der Bruder des Konigs von Kaarta undHeerführer , der vom Könige Njagaleng Gara gesandten Mannschaft , war der letzte vor den Toren Söinas . S iga Sanke rief seinenLeuten zu : Verhöhnt ihn !“ Darauf schr ien al le Leute SigaSankes : „Ho , Sira Bo ! Ho , Sira Bo ! Ho , Sira Bo !

“ S ie schr ien esdreimal . Sira Bo r ief : „Heute lachst du mich aus , S ira Sanke !Aber eines Tages werde ich es sehen

, daß du Zahne spe iest .“ Dann

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und heulte. Er rief : „Tote mich nicht.“ Dreimal wiederho lte sich

das . Dann hatte er die Tore von Sö°

ina erreicht.Sira Bo rie f : „Du weinst ? ! Da kannst du sehen , daß du ein

Njamogode (ein Unedler ) bist. Ich aber bin ein Njerre Ulu (reinenBlutes , Edler ) . I ch bin ein Massassi . Du hast geweint !“ Dannkehrte Sira Bo heim. S iga Sanke war gerettet. Als er in der Stadtangekommen war

,fragte er seine Leute : „Wo ist die Trommel ?

Die Leute antworteten : „Du has t sie draußen au f dem Bolan ien i

zurückgelassen.

iga Sanke hatte nun mit al len Leuten Streit angefangen. EinesTages sagte auch der König der Surakka : „Wir wollen den

S iga Sanke angrei fen.

“ Er machte sich mit allen seinen Leuten au fund kam vor Sö

°

ina an. Seine Leute umkreisten Sö°

ina . S iga Sankehatte die Tore rechtzeitig geschlossen , aber er hatte doch Furcht ,es mochte diesmal ein böses Ende nehmen.

Er rief seinen Sohn und seinen Bruder und sagte : „Geht zu KonigNj agaleng Gara von Kaarta und sagt , ich hätte ihm unrecht getanund ihn geschädigt. Aber ich bäte ihn auch um Entschuldigu ng.In Zukunft will ich sein Horiger sein . J etzt soll er mir aber gegendie Surakka hel fen .

“ Die beiden machten sich auf den Weg undkamen an den Hof des Konigs von Kaarta . Sie richteten ihren Au ftrag aus. König Njaga leng Gara und sein Volk riefen : „Jetzt habenwir zwei aus dieser Gesellschaft. Schlagt sie tot.“ Damals war aberein Numu der Richter. Der sagte : „Laßt das , tötet diese Leute nicht.Der Konig soll mit einem Heerhaufen hinz iehen !“ Darauf gabender König und das Volk den Gedanken auf. Er sandte die beidenBoten zuruck und ließ sagen : „In drei Tagen kommen meineLeute .“

Der Konig Njagaleng Gara war mit seinem Heerhaufen unterwegs . Da sandte ihm auch der König der Surakka eine Botschaftund ließ ihm sagen : „Überlaß mir diesen Siga Sanke . Ich wil l ihmden Kopf abschlagen und wil l ihn mit Gold aufwiegen . Das Goldsol l dein sein .

“ Der König von Kaarta war einverstanden. Erwoll te nun Siga Sanke in eine Falle locken , denn es war nichtmoglich , die Mauern zu zerstören Siga Sanke kam heraus undverhandelte mit den Boten König Njagaleng Garas . Er entdeckteaber d ie Absicht , l ieß sein Pferd zurück und entkam in die Stadt .Man sagt , Njagaleng Gara habe nachher doch noch den Siga

Sanke getötet.

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IO. Bessema Suki

Besseme war ein Dimadio des Fu lbeh errsch ers Galadio . Er hatteein Dorf namens Suki im Konare lande inne , und wenn er auch

(als Dimadio ) zum Stamme der Unterwor fenen gehörte , so gab ihmdoch sein gewaltiger Reichtum viel Freiheit. Er hatte nicht wenigerals 5000 Pferde , von denen keines mehr als zweij ähr ig war, und diedazugehöri gen Reiter waren vom besten Alter . Keiner hatte nochgeheiratet. Er selbst ritt nicht , sondern er pflegte sich auf einerKärakalawal (das ist eine Tragbahre einMattenbett ) au f den Kopiender Leute tragen zu lassen. Er und sein Land gehörten Galadio . Erwar aber so mach tig wie ein freier Ritter. Wenn er sich nach demMarkte Fatagoma hatte tragen lassen , so ward allsogleich dieHälfte von j eder Kanne mit Besu ihm zugemessen , während dieandere dem Könige Galadio zufiel .Einmal waren wieder e1n1ge Freunde Ga ladios mit diesem au f

dem Markte Fatagoma . Sie sagten zu Galadio : Hore , dieser Bessema aus Suki

,dein Dimadio , gefällt uns nicht mehr. Er wird

schon zu voll . Er scheint schon wohlhabender als du zu sein undwird dir eines Tages große Schwierigkeiten bereiten. Er tritt hiergerade so auf als wenn er der König ware . Paß auf !“ KönigGaladio sagte : Ach , bis j etzt hat das wohl noch nicht viel zusagen .

“ Die Freunde sagten : „Paß auf !“

Galadio blieb noch einen Tag , dann machte er sich auf den Heimweg . Bessema war schon vor ihm in sein Dorf zurückgekehrt .Unterwegs dachte Galadio : „Mit diesem Dimadio Bessema könnteich es j a einmal versuchen .

“ Er brach also au f der Hälfte seinesWeges , in Niankungo , seine Reise ab und sandte an Bessema eineBotschaft. Er belud 120 Pferde mit 120 leeren Sacken und ließdiese nach Suki führen . Die Boten sollten sagen : König Galadioist in Niankungo l iegen geblieben , sende ihm in diesen 120 SäckenKorn .

Die Boten kamen mit Sacken und Pferden in Suki an und richteten ihre Botschaft a u s. Bessema sagte : „Die Pferde mit denSäcken sollen sogleich zurückkehren . Ich bin zwar nur em Dimadio , ich kann aber meine Sendungen auch so einrichten . Abgaben zahle ich nicht , aber au f eine freundl iche Bitte sol l e inGeschenk folgen . Meine Gabe wird sogleich kommen .

“ Dami tsandte er die Pferde , Säcke und Leute Galadios zuruck. Er l ießdann 120 von seinen eigenen Sacken zurechtstellen und beauftragte

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seine Leute,al len ekelhaften alten und neuen Unrat , der im Dorfe

und den umliegenden Weilern herumlag , zusammenzutragen undin die Sacke zu füllen . Alsdann ließ er 120 hinkende , einarmigekrankhafte Kruppel zusammenkommen und gab denen den Befehl ,die 120 übelriechenden Traglasten nach Niankungo zu tragen .

Die Leute nahmen die Säcke auf und brachten sie nach Niankungo .

In Niankungo l ieferten sie die Sacke ab . Galadio kehrte heim .

Als wieder Markt in Fatagoma war , l ieß Bessema sich wieder ausSuki dahin tragen . Als er ankam , gab er sogleich den BefehlAlles Besu , das heute hier zu Markte kommt , ist fur mich . Wennes irgend j emand wagt , Galadio auch nur einen Tropfen Honigweines abzutreten , so lasse ich ihn töten , die ganze Einwohnerschaftverkaufen und den Ort anzunden .

“ Die Leute sagten : „Laß Galadiodoch wenigstens ein wenig zukommen , um den Frieden zu wahren.

Bessema sagte : Nicht einen Tropfen . Ihr werdet sehen , was ichtue , wenn man meinen Befehl überschreitet.

Nun brachte man Bessema alles . Er hatte große Mengen zu

tr inken und betrank sich . Galadio und seine Freunde hatten abernichts . Abends ging Bessema über den Markt. Da standen d ieLabo (Holzschnitzer ) und boten Mörser und Keulen feil . Bessema

fragte : Was sind das für Leute Man antwortete ihm : „Das sindLabo , Holzschnitzer. Das sind Freie .“ Bessema sagte : „Ach was ,Freie ! I ch bin frei ; sonst gibt es keine Freien . Die hier sind meineSklaven .

“ Damit gab er den Befehl : Schneidet ihnen alle Haareab . Die Haare füllt in einen Korb .

“ Seine Leute taten es. Dannverkaufte Bessema die Labo für seine Rechnung

,l ieß den Korb mit

den Haaren Galadio hintragen und ihm sagen : Das ist dein Antei l .Ich habe namlich meine Labo in Fatagoma verkauft.“

Galadio reiste in seine Ortschaft Gundaga ab . Bessema kehrtenach Suki zurück . Galadio war in großem Zorne . Er sagte zu seinen Freunden : „ Ihr habt recht. Dieser Bessema spielt den Herrn .

Der Dimadio i st voll . Nun werde ich aber das Nest ausnehmen .

Galadio sandte sogleich eine Kolonne Reiter nach Suki . Die Reiternahmen alles Rindvieh Bessemas fort und trieben es nach Gundaga.Bessema l ieß Galadio sagen : Das ist so eure Fu lbeart , anderenLeuten das Vieh fortzutreiben . Aber nimm ruhig die Tiere . Solange du nicht meine Angehörigen nehmen kannst

,stört mich das

nicht. Ich bin wohlhabend genug , um die paar Stück Rindviehvergeben zu können .

“ Am anderen Tage zogen Galadios Reiter wieder aus und töteten vierz ig von Bessemas Kr iegern .

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schlagen ?“ Die Leute sagten : „Das tat ein Fu lbemadch en ,die au f

dem Markte Milch verkauft .“ Der König konnte die Fulbe sowiesonicht leiden . Als er das nun hörte , befah l er seinen LeutenSchlagt das Fu lbemädch en , das meinen armen Hund geschlagenh at . Zerschlagt alle Milch ge fäße . Jagt al le Fulbe vom Markte .“

Die Leute taten es . Fatumata Hamasiri ward geschlagen . IhreMilchschalen wurden zerschlagen . S ie und alle ihre Leute und auchal le anderen Fulbe wurden aus Deera ausgetrieben . Sie ging nachSendige zuru ck. Auf dem ganzen Wege weinte sie . In Sendigeweinte sie . Die Leute fragten : Was hat die schone Fa tuma ta

Hamasiri ?“ Fatumata Hamasiri erzählte , wie es ihr gegangen sei .Die Leute sagten : „Da gibt es nur einen guten Rat. Trage deineBeschwerde Du ldibu lukassu vor.“ Fatumata Hamasiri hörte aufzu weinen . S ie sagte : „Das werde ich tun .

Fa tumata Hamasiri bereitete fun fzig Boliro (Flasch enkurbisse )vol ler Butter

'

vor. S ie tat dreitausend Kolanüsse in Körbe. Damitmachte sie sich auf den Weg . S ie kam mit den Trägern in Boni , derStadt Duldibu lukassus an . S ie brachte dem Könige die Geschenkedar. Du ldibu lukassu sagte : „Was wünschest du von mit ?“ Fatumata Hamasiri sagte : „I ch war mit meinen Sklaven auf denBammanamarkt Deera gegangen . Ich verkaufte meine Milch . DerHund des Königs kam und soff aus meinen Milchschalen . I chkonnte das nicht mit ansehen und schlug den Hund mit einem gefloch tenen Sch alendecke l. Der Hund lief heulend fort. Darauf l ießder Bammanakön ig mich schlagen , meine M ilch ge faße zerbrechenund alle Fulbe von dem Marktplätze vertreiben . Diese Schmachkann ich nicht auf mir sitzen la5 5en.

Du ldibu lukassu sagte : „Das ist eine Sache der Fulbe . Ich werdesie zu der meinen machen. Es ist sehr einfach .

“ Fa tumata Hamasir i ging. Du ldibu lukassu sandte an den Bamman akön ig folgendeBotschaft : „Du hast ein Fu lbemädch en mißhan delt , ihre Milchschalen zerschlagen lassen und die Fulbe vom Marktp latze vertr ieben . Wenn die Regenzeit zu Ende ist , werde ich zu dir kommenund dir Unannehmlichkeiten bereiten .

“ Als der Bamman akon ig

von Deera diese Nachricht empfing , rief er die Leute aus fun fDörfern in seine Stadt

,damit sie ihm hülfen , sie zu verteidigen.

Dann verstärkte und verbesserte erdie Mauern .

Als er mit seinen Vorbereitungen fertig war, sandte er eine Botschaft an den König Du ldibu lukassu , die lautete : Willst du dennnicht bald kommen ? Glaubst du , daß ich soviel Zeit übrig habe , um

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auf dich zu warten ?“ Als diese (spo tt isch e ) Nachricht kam , meintendie Freunde Duldibu lukassus : „Sende doch Nachricht aus undsuche nach Bundesgenossen . Denn die Stadt Deera ist j etzt festgebaut und stark verteidigt.“ Du ldibu lukassu sagte : Wenn icheine solche Nachricht sende , sende ich sie nur an mein Pferd . Undmein Pferd sendet solche Nachricht an mich . Andere Bundesgenossen gibt es für uns nicht . Mir genugen meine eigenen Dimadj o .“

Nun weiß j eder , daß der Held des Baudi in der Lage ist , gegen120 Reiter zu kämpfen. Du ldibu lukassu hatte außerdem 2500 Dimadj o , 12 0 Reiter , 12 Flötenbläser , 3 Mabo (Barden ) . Er versammelte sie . Er l ieß die Spielleute das Dondor i anstimmen . DasDondor i ist eine Melodie , die macht das Herz schlagen und entflammt den Kriegszorn der Tapferen . Es ist so wirksam , daß einSchwa ch ling , der es hort , daran sterben kann . Du ldibu lukassu

setzte sich mit seinen Leuten in Bewegung und sandte an denBammanakon ig folgende Botschaft : Bereite deine Speise , denn indrei Tagen werden wir kommen , sie zu verzehren .

“ Der Bammanakönig l ieß antworten : „Nehmet nur al len Mut zusammen. JederFlüchtling soll auch erschlagen werden , und wenn ihr nicht tapferseid , konnte es sich ereignen , daß die ganz kleinen Fu lbekinderheranwachsen mussen , ehe die Fulbe wieder dazu kommen , in denStädten Milch zu verkaufen.

“ Du ldibu lukassu l ieß antwortenWenn ihr nicht zu verteidigen wißt , laßt es sein . Denn es könntesich ereignen , daß die Bammana frauen neue Kinder gebären müssen ,damit die als erste wieder die Acker zu bestellen vermogen .

Die Truppen Du ldibu lukassu s kamen vor Deera an . Die Reiterund das Fußvolk verteilten sich um die Festungswerke und gr i ffensie von al len Seiten zugleich an . Sie gri ffen an und schossen . DieBammana waren aber gut geruste t und schlugen so die Fulbezuruck , und als die nochmals angr i ffen , wiederum , und dies Spielwiederholte sich mehrere Male hintereinander. Zuletzt gingen dieFulbe ziemlich weit zurück und schlachteten im Hintergrundeeinige Ochsen . S ie zogen denen die Haute ab und kamen damitwieder.Du ldibu lukassu hatte sich bislang um die ganze Sache nicht vie lbekümmert. Als er nun seine Leute mit den Och senh au ten ankommen sah , fragte er : Was soll denn das ? Was wollt ihr denndamit ?“ Die Leute sagten : „Das soll uns dazu dienen , die Kugelnund Pfeile der Feinde abzufangen .

“ Du ldibu lukassu fragte : Ja ,

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habt ihr denn die Festung noch nicht eingenommen ?“ Die Leutesagten : Nein

,die Festung ist zu stark .

“ Du ldibu lukassu sag te

„Nun , dann werde ich euch einmal zeigen , wie man so etwas macht .Gebt mir erst einmal etwas zu trinken .

“ Die Leute reichten ihmBesu . Du ldibu lukassu nahm drei starke Zuge . Dann war erleicht angetrunken. Er machte sich auf den Weg. Unterwegswetzte er die Spitzen zweier Speere aneinander , so wie man wohlzwei Messer wetzt.Er kam an das Stadttor , das durch die Festungsmauer fuh rte .

Er trat das Tor einfach ein. Er trat dagegen und es zerspl itterte .Dann zog er quer durch Deera . Mit dem Speer stieß er immer nachrechts und l inks. Die Leute wichen so zur Seite und flohen . Dreisolche Querzuge machte er durch die Stadt. Dann war der S ieg endgültig gewonnen .

Die Bammana waren geschlagen . Du ldibu lukassu hatt e zweitausendfun fhundert Bammana- Gefangene . Er band sie un tereinander mit Stricken zusammen , sandte sie an Fa tumata Hamasiri

und ließ ihr sagen : „Nun brauchst du nicht mehr zu weinen und

dich nicht mehr zu schämen.

Seitdem hatte es in Gimbala nie wieder ein Bammana gewagt ,e inen Fulbe zu schlagen . Duldibu lukassu kehrte in seine Stadtzuruck.

I2. Maliki Egadasega*

inmal war ein großer und gewaltiger Naba (Furst oder Konigder Mossi ) in Uah igu ja . Dieser Naba hatte tausend Geier.

Eines Tages sandte er eine Botschaft an die S idibe in Seno , dielautete : „Meine tausend Geier haben lange nicht gegessen . Meinetausend Geier essen nur Fulbe . Meine tausend Geier haben großenHunger. Sendet mir also sogleich hundertzwanzig Fulbe als Nahrung für meine tausend Geier .“ Der Fürst der Sidibe in Seno ,Maliki Egudusega , sagte : Das i st zuviel . Ich will ihm fünfzig senden .

“ Die Botschaft sandte er zuru ck . Darauf erhielt er die Nachr icht aus Uah igu ja : Nein , mit den fun fzig bin ich nicht e inverstanden . Ich muß alle hundertzwanzig Fu lbe haben . Wenn sie dienicht bekommen , essen sich die Geier selbst.

“ Auch diese Nachr ichterhielt Maliki Egudusega .

D iese Gesch ichte gilt als sehr a lt und wird nur deswegen noch beh alten ,

we il e ine Fu lbefrau darin e ine ganz besondere Ro lle spielt. So sagt der er

zählende Mabo .

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ringen zusammengeschlossen , so daß er genau so gefesselt war wieein Sklave . Die beiden Heere kamen zum Gefecht. Die Fulbedrangen siegreich vor. Da wurde Mal iki Egudusegas Pferd totgestochen . Er saß am Boden. Nun drangen die Mossi siegreich vor

,

und die Fulbe mußten weichen . Ein Mabo fing aber ein anderesPferd ein und brachte es dem Fursten der S id ibe . Er schwang sichhinauf , griff aus , und sogleich mußten die Mossi vor den siegreichvorruckenden Fulbe zurückgehen . Da wurde Maliki Egu dusegasPferd wieder zu Boden gestochen , und es kam genau wie vordem .

Dreimal brachte der Mabo dem Herrn ein neues Pferd . Als erdas viertemal angrei fen wollte , rief er alle seine Leute zusammenIhr Fulbe ! Wenn ihr j etz t nicht endgültig siegt , steche ich euchselbst al le Pferde nieder , schneide erst euch und dann mir selbst denHals durch .

Dann gri ff er mit seinen Leuten an . Darauf wurden die Mossivon den S idibe endgü ltig in die Flucht gesch lagen . Der Naba aberward gefangen genommen .

Maliki Egudusega rückte bis Uah iguja vor . Dort uberreich te erDiko Dierra Ali den Naba. Diko B ierra Al i sagte zu dem NabaIch will dich nicht töten , denn du bist genug bestraft. Aber wagees nie wieder

,solche Worte den Fulbe zu sagen . Verkehrt vielmehr

in Freundschaft und Frieden mit ihnen .

“ Sie l ieß ihn frei .Seitdem sind die Mossi und die Fulbe gute Freunde .

13. Hassum Labo

ondu Gorori galt als der klugste Mabo im ganzen Farimaka .

Eines Tages sagte die Frau des Hassum Labo : Wenn du mirnicht das Rindvieh des Fondu Goror i wegtreibst , lasse ich mich vondir scheiden

,denn alles , was du bis j etzt getan hast , genügt mir

nicht . Du bist kein rechter Labo und kein rechter Fulbe .“ Hassum

(der Malinke- Dolmetscher sagt : Kassum) sagte : Ich werde sogleich mein Pferd satteln lassen und das Vieh des Fondu holen .

Hassum machte sich auf den Weg. Er kam an Ort und Stelle ,nahm alles Vieh zusammen und trieb es fort. Fondu hörte es un dsetzte hinter ihm her . Er erreichte ihn nach einiger Zeit. Fondufragte : „Willst du heute lieber in der Erde oder im H immel übernachten Hassum sagte : „Ich will bei mir zu Hause übernachten .

Wird für das Baudi in An spruch genommen , ist aber in gewissem Sinn eder Kastengesang der Labo , d. h . der Kaste der Holzschn itzer.

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Fondu nahm seine Lanze und warf sie nach Hassum . Sie zersplitterte. Hassum nahm seine Lanze und warf sie nach Fondu .

Sie zersplitterte . Hassum hatte noch einen ganz kurzen Speer. Mitdem warf er nach Fondu und verwundete ihn so , daß er vom Pferdesank . Hassum trieb aber sein erbeutetes Vieh heim .

Als Fondu Goror i kam,schalt ihn seine Frau und sagte : „Du bist

kein echter Labo,kein echter Fulbe . Erst laßt du dir das Rindvieh

fortnehmen,dann laßt du dich verwunden !“ Fondu fragte : „Wer

ist nun ein richtiger Labo Seine Frau sagte : „Hassum .

“ Fondusagte : „Es ist gut.“

Am anderen Morgen verband Fondu sein Bein und setzte sich au fsein Pferd. Er r itt nach dem Gehöft Hassums . Hassum war nichtda. Hassums Frau war da. Fondu fragte : „Wo ist Hassum ?

“ DieFrau sagte : Mein Mann ist im Dorf. Was willst du ?“ Fondusagte : „Dich will ich !

“ Die Frau sagte : Bitte , nimm mich . Du

kannst mich nehmen . Ich weiß , daß mein Mann hinter dir hersetzen wird , also l

“ Fondu nahm die Frau Hassums und setztesie hinter sich aufs Pferd . Dann r itt er fort.Die Sklaven liefen zu Hassum und sagten ihm : Fondu hat deineFrau genommen .

“ Hassum ruste te sein Pferd , sprang au f undsetzte hinter Fondu her . Fondu hatte hinterlassen : Sagt Hassum ,

daß ich kein Rauber bin . Ich werde vor dem Zäune meines Geh öftes auf ihn warten , um ihn zu sehen .

“ Die Leute sagten dasHassum. Hassum erreichte Fondu an dem Eingang vor dessenGehöft. Fondu hatte hinter sich auf dem Pferde die FrauHassums .

Fondu hatte immer sein Toru bei sich,das ihm guten Rat gab .

Dies war ein Uodjerre , ein Kaninchen , das er in seinem Ledersackeingeschlossen hatte. Fondu fragte das Toru : „Was muß ich tun

,

um Hassum heute zu überwinden ?“ Das Uodjerre antworteteDu darfst nicht hoffen , mit einem Speere irgendwie etw as gegenHassum ausrichten zu konnen. Du kannst nur obsiegen

,wenn

du mit dem Sattelgurt nach ihm schlägst .“ Fondu sagt e : „Esist gut.Hassum kam heran . Hassum nahm seine Lanze und warf nach

Fondu . Es war ein Fehlwurf . Fondu nahm den Gurt,schlug nach

Hassum und da sank er getroffen vom Pferde . Fondu sagte : „Wennich dir weiter nichts tue , so ist das , weil ich eine Frau hinter mirau f dem Pferde habe . Fondu kam nach Hause . Er sagte zu seinerFrau : „Wer ist nun der wahre Labo ? Hassum hat mir zweihundert

2 I I

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Stuck Rindvieh genommen . Ich aber habe se ine Frau , und ichwerde sie ihm nur wiedergeben , wenn er mir mein Rindvieh wiedersendet und zweihundert Stück obendrein .

Hassum tat so .

14. D ie Bailalegende*

m Dorfe Sai zwischen Konkonkurru und Dj enne lebte der Fulbeschmied J ar i Bailu . Es war das ein mächtiger Recke . Er zer

storte die Moschee , tr ieb die Mohammedaner fort und setzte denNama ein . Er hatte die Angewohnheit

,alle Tage allein nach Tonge

zu reiten . Dort trank er dann Besu . Nie nahm er einen Begleitermit , legte den Weg vielmehr immer al lein zuru ck . Als Toru hatteer auf j eder Schulter und auf dem Kopfe j e einen Schädel desKummareba , das ist der Komma der Mande (der Kronenkranich ) .Das machte ihn so stark , daß er hundert Reiter zu besiegen vermochte .Eines Tages trank er wieder in Tonge bis Sonnenuntergang. Dann

ging er heim . Unterwegs kehrte er in einem Dor fe ein , in dem wardie Frau eines Bailu , der gerade abwesend war . J ari Bailu sagte zuihr : Komm mit mir , ich bin stark .

“ Die Frau zögerte . J ar i Bailuredete ihr gut zu . Zuletzt ging sie mit ihm fort und blieb dann beiihm . Diese Gegend gehörte damals zum Lande Saro . Der SaroMassa (Konig von Saro ) hörte davon . Er sandte einen Boten an

Jar i Bailu und l ieß ihm sagen : Gib mir die Frau wieder , sie gehörteinem meiner Schmiede . Des weiteren darfst du dich ni cht mehrim Dorfe Tonge aufhalten und dort zechen . J ar i Bailu hörtedie Botschaft an. Dann sagte er : „Daß ich nach Tonge gehe unddort zeche , das kann mir nur Gott verbieten . Im übrigen behalte ichdie Frau .

J ar i Bailu hatte einen Dimadio (Ackerbauan geh origen ) , der hießKelebe - jongfe (d . h . Wer i st der Herr der WennJar i r ief : „Kelebe - j ongfe !

“so antwortete der D imadio : „Du bist

der Herr der Streitmacht , mein Herr.“ Nun sagte J ar i Bai lu zu

Kelebe - j ongfe : „Rüste mein Pferd ! Ich will nach Tonge reiten !“

Der Dimadio tat es . Jar i Bailu machte sich auf den Weg . Er kamnach Tonge . Saro -Massa hörte das . Er fragte den Dorfhäuptl ingvon Tonge : „Ist das da Jar i Bailu ?

“ Der Dorfh auptling sagte : „Ja ,

Der San g von Jari Bailu wird von den Ba ilu als Kasten gesan g gepflegtund wird von ihnen die Zugehörigke it zum Baudi in Anspruch genommen .

2 12

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I5 . D ie M abolegende*

5 war ein Mabo mit Namen Ali . Der Ali Mabo heiratete zweiFrauen

,nämlich eine aus dem Dorfe Sosobe , die andere aus

Sa lsalbe . Ali Mabo war auf sein Handwerk außerordentlich eifersüchtig. Er konnte es nicht haben , daß in seinem Orte noch einzweiter Mabo arbeitete. Deshalb wußte er j edem Mabo , der sichseinem Dorfe näherte , so geschickt mit Toru (Zaubermitteln ) beizukommen , daß der Betreffende nach einiger Zeit starb , und daßer derart der einz ige Mabo in dem Orte blieb .

Einmal nun kam wieder ein webender Mabo in diesem Orte an,

und er nahm sein Absteigequartier bei einer Fu lbe frau aus Salsalbe .

Er schl ie f die Nacht durch und fragte am anderen Morgen die Fulbefrau : „Ich bin ein Mabo und möchte wohl morgen hier arbeiten .

Gibt es nicht Wolle und etwas zu tun ?“ Die Fu lbe frau sagte : „Oh ,das ist nun eine schlechte Sache . In diesem Orte ist ein Ali Mabo ,der ist so e ifersuch tig auf seinen Beruf , daß er mit seinen Toru j edentötet , der neben ihm hier arbeiten wil l .

“ Der fremde Mabo sagt eDas ist mir ganz gleich . Die einz ige Frage ist , ob du Wolle oderWollfaden hast , so daß ich hier etwas arbeiten kann .

“ Die Fulbefrau sagte : „Ja , den habe ich schon , aber der Ali Mabo wird dichtoten , wenn ich dir Wolle zur Arbeit gebe .“ Der fremde Mabosagte : „Ach , das ist mir ganz gleich . Gib nur die Wolle her .“

Dann stellte er seinen Tj engu (Webstuhl ) auf und begann zu arbeiten .

Die Tochter des Ali Mabo ging in der Stadt spaz ieren. Sie hortedas Klappern eines Webstuhles , schaute über den Zaun , sah denMabo , der ein Fremder war , und lief heim . S ie sagte : „Vater , einfremder Mabo arbeitet in dieser Stadt.“ Ali Mabo sagte : Denwollen wir schon beiseite bringen . Hier , meine Tochter , nimmdieses Toru in die Hand . Geh zu dem Mabo und wunsche ihm einenguten Morgen . Er braucht dir nur zu antworten und du wirst sehen ,welche Wirkung das hat.“ Die Tochter nahm das Tom und ging hin .

Sie sagte zu dem fremden Mabo : „Guten Tag.

“ Der fremde Maboerwiderte den Gruß . Kaum aber hatte er die Worte ausgesprochen ,so fort schlug aus dem Kassastre ifen , den er webte , Feuer . Der Mabowarf aber ein wenig eigenes Tom in das Feuer und sogleich wardFaden wieder zu Faden , Stoff zu Stoff. Der Mabo webte gelassenD ieses Stü ck wird von den Mabo gewissermaßen als Kastengesang be

trachtet und ist insofern von sozialhistorischer Bedeutung.

2 14

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weiter. Das Madchen aber l ief nach Hause und erzah lte alles seinemVater.Der Vater horte den Ber icht mit an und sagte : „Soso ! Nun , da

werden wir etwas anderes unternehmen mussen.

“ Er nahm eineMulle Reis und bereitete ein Gericht . Das gab er seinem Hahn undsagte : „Nimm dieses Gericht , br inge es dem fremden Mabo hin undbestelle ihm einen schönen Gruß von mir und daß ich ihn willkommen heiße .“ Der Hahn nahm das Ger icht , das in einer Ho lzschale war

,brachte es zu dem fremden Mabo und sagte : „Mein

Herr,der Ali Mabo sendet dir dieses Gericht und läßt dir sagen , du

solltest es dir gut schmecken lassen .

Die Fu lbe frau ,bei der der Mabo abgestiegen war , sah das und

sagte : Iß um alles nichts von diesem Gericht. Denn wenn du dasgenießt

,wird es dir gehen wie den anderen Mabo und du wirst

sterben .

“ Der fremde Mabo aber lachte und sagte : „Ach , das machtmir j a gar nichts.“ Er webte noch etwas , dann begann er zu essenund das von Ali gesandte Gericht zu verzehren . Danach setzte ersich wieder an den Webstuhl und began n zu weben . Er webte undwebte

,warf das Schiffchen hin und her. Aber während er webte ,

begann der Mann mitsamt dem Webstuhl in Bewegung zu geraten der Mann und der Webstuh l rückten durch die Stadt fort.Der Mabo webte . Alle Leute , die dem Mabo begegneten , l iefen ingroßer Angst fort. Der Mabo webte und bewegte sich mit seinemWebstuhl so lange fort, bis er auf dem Hofe des Ali Mabo angekommen war.Als Ali ihn so kommen sah , wollte er fortlaufen . Der fremde

Mabo warf aber seine schwarze Kopfbinde auf den Boden , da wardsie zur Schlange. Die Schlange wand sich um Ali und ließ ihn nichtfort. Dann sagte der fremde Mabo : So , Ali , nun gib mir deineAugen.

“ Ali nahm seine Augen aus dem Kopfe und gab sie demfremden Mabo . Der fremde Mabo steckte sie in seine Tasche . Dannsagte der fremde Mabo : Ich töte dich nicht. Aber du und deineNachkommen sol len blind sein .

“ Er begann wieder zu weben , seinWebstuhl begann wieder zu wandern und kam so wieder bei seinerFu lbewirtin in Salsalbe an .

Es ist wahr : Man tr ifft heute noch viele Mabo,die blind sind .

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16. Kombe Alhassa *

n uralter Zeit gab es in ganz Mass ina nur eine einz ige Ortschaftund das war Konza . Dia , das einige für älter halten , ist in Wahr

heit um zwo lf Jahre j ünger als Konza. Das kann man auch daranerkennen : Als die Dj eddo (Soroko ) Dia erbauen wollten , rollte dieErde immer wieder auseinander und wollte nicht halten . Zuletz tblieb nichts anderes ubrig , als ein wenig Erde aus Konza zu holen .

Die Einwohner gaben sie . Das Erdreich aus der Ortschaft Konzagab Dia seinen Halt.Eines Tages verl ieß ein Fulbe namens Kombe Alh assu se ine Hei

mat und ging au f die Wanderschaft. Er wollte sich die Welt ansehen und die Welt kennen lernen . Als er ein Stuck weit gekommenwar , traf er einen Mann . Er entbot ihm seinen Gruß . Der andereerwiderte den Gruß . Der andere sagte : „Ich bin Mamuru .

“ KombeAlh assu fragte : „Woher kommst du Mamuru sagte : „Ich kommeaus Missira (bei Mekka) . Wer bist du ?

“ Der andere sag te : Ichbin Kombe Alh assu .

“ Mamuru sagte : Was wil lst du ?“ Kombesagte : „I ch will mir die Welt ansehen . Dann wil l ich Lam (Konig )werden .

“ Mamuru sagte : „Ich gehe auch umher und suche .“

Kombe sagte : Was suchst du ?“ Mamuru sagte : „ Ich wil l reichwerden .

“ Kombe Alh assu sagte : „Das ist gut , dann konnen wirgemeinsam wandern.

“ Mamuru sagte : Damit bin ich zufr i eden .

So reisten die beiden gemeinsam weiter.Als sie ein Stück weit gegangen waren

,trafen sie einen Mann , der

entbot ihnen seinen Gruß . S ie erwiderten den Gruß und fragten :Wer bist du Der Dr itte sagte : „Ich bin Mana.

“ Kombe fragteWas willst du Mana sagte : Ich trachte danach , moglichst vielzu erlernen und zu sehen . Ich möchte al les kennen lernen . I chmochte ein Kallang (ein Gelehrter ) werden .

“ Die anderen beidensagten : „Es ist gu t . Wir reisen auch umher , um die Welt kennenzu lernen . So komm mit uns .

“ Mana sagte : Das ist mir geraderecht.“ So reisten denn die drei , die die Welt kennen lernen wollten ,gemeinsam den gleichen Weg zusammen weiter.Nach einiger Zeit kamen sie an einem sehr großen Teufel vorbei ,

der hatte ganz rote Augen . Der Teufel sagte : „Ach , ihr dre i da ,sagt mir doch einmal , wo geht ih r hin und was habt ihr vor ?

Kombe Alh assu sagte : „Ich ziehe in die Welt. Ich wil l mir die Welt

M itgete ilt vom alten Alle i Sango , Fu lbe -Mabo in Mopti , und von d iesemdem Baudi der Fulbebarden Massinas und Konares zugeschrieben . DieserAlh assu entspricht jedoch auch der Märch en figur Alh assuma der Mal inke .

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Kombe Alh assu aber legte die Speere der beiden genossenen Genossen zu den seinen. Er wartete. Ein Tag verging. Als es wiederum Mitternacht war , kam der Teufel mit den roten Augen wiederan das Steinhaus und rief durch die Türe : „Ich will j etz t den letztenvon euch dreien essen . Komm heraus.“ Kombe Alh assu ergri ffseine drei Speere und kam an den Eingang des Steinhauses . Dergroße Teufel mit den roten Augen rief : Wer ist denn nun nochda Kombe Alh assu sagte : „Ich .

“ Der große Teufel mit den rotenAugen fragte : „Von welchem Volke Ngonda ) bist du ?

“ Kombesagte : „Wenn du etwas von mir wissen willst , so komm auch zu

mir herein .

“ Der große Teufel mit den roten Augen sagte : „Was ,du weißt nicht einmal , von welchem Volke du bist ?

Der große Teufel mit den roten Augen trat in das Haus aus Steinen . Da ergriff Kombe Alh assu seine erste Lanze und war f sie ihmin das Auge . Dann ergri ff er die zweite und warf sie ihm in denUnterleib . Dann ergri ff er d ie dritte und warf sie ihm in den Oberkörper , so daß sie ihm das Herz durchbohrte. Dann war der großeTeufel mit den roten Augen tot und Kombe Alhassu machte sichau f den Weg , seine Straße fortzusetzen .

Als Kombe Alh assu ein Stück weit gegangen war , traf er au f einriesenhaftes Weib . Er entbot ihr seinen Gruß , und sie erw iderte ihn .

Die riesenhafte Frau fragte ihn : Was machst du ?“ KombeAlh assu sagte : „I ch wandere und sehe mir die Welt an .

“ Dier iesenhafte Frau fragte ihn : Was willst du denn zuletz t ?“ KombeAlh assu sagte : „Ich mochte gern König werden .

“ Das riesenhafteWeib sagte : „B leibe nicht den Tag uber h ier. Denn hier i st esdoch sehr gefährl ich .

“ Kombe Alh assu sagte : „Ich werde danngerade h ierbleiben , denn ich ziehe doch umher , um etwas zu

sehen!‘

Die riesenhafte Frau hatt e drei Soh ne , das waren Riesen (Fulfulde lal ‚ Soroko korra oder kurra , Malinke kumang ) .Von denen to te te j eder j eden Tag drei Elefanten und brachte siesich zum essen mit nach Hause . Als es nun Mitt ag war , kamendiese drei Söhne heim . J eder hatte seine drei getöteten Elefanten .

Jeder trug j e einen auf j eder Schulter und den dritten auf demKopfe. Das riesenhafte Weib , ihre Mutter , sagte : „Heute ist einNeuer bei uns angekommen . Mari muß darauf achten , daß man ihnnicht aus Versehen zertritt.“ Da bückte sich j eder von den dreien ,hob Kombe Alh assu in die Höhe , l ieß ihn auf seinem Handtellerteh en und betrachtete ihn und seine Waffen sehr genau. Dann

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stellte er ihn,sich n iederbuckend , mit großer Vorsicht wieder au f

die Erde . Da bekam Kombe Alh assu Angst , und er sagte zu demriesenhaften Weibe : I ch will doch l ieber gehen.

“ Die Frau abersagte : Nun ist es zu spät geworden. Nun iß nur erst mit uns zuAbend .Darauf trugen die jungen drei Riesen einen mach tigen Topf her

bei . S ie schnitten ihre Elefanten in einige Stücke und warfen diesehinein. Sie zündeten Feuer darunter an und begannen zu kochen .

Als sie ihre Speise gar hatten , ergri ffen sie r iesige Balken und be

gannen ordentlich zu löffeln. Sie sagten : „Der Mensch hier mußaber auch etwas zu essen haben .

“ Und sie setzten Kombe Alh assuau f die Kante des riesigen Topfes. Aber aus Versehen fiel KombeAlh assu in die Bruh e des riesigen Topfes h inein , und als einer derLal nun wieder hineingriff , einen B issen zu erhaschen , da kam erihm in die Hände . Die Hand schob ihn aber sogleich in den Mund .

Als die La] fertig mit essen waren , sahen sie sich nach dem kleinenMenschen um. Die Mutter sagte : „Wo ist er Einer sagte : „Ichhabe ihn vorhin noch auf dem Topfrand sitzen sehen .

“ Sie sahenin alle Ecken . S ie konnten ihn aber nicht finden. Einer sagteEben füh le ich etwas in meinen Zähnen. Das muß eine Elefantensehne sein.

“ Er zog es heraus. Da sahen'

sie , daß es Kombe Alh assuwar , der aus Versehen mit in den Mund des Lal geraten war. Dasriesenhafte Weib sagte zu Kombe : „Siehst du ? Habe ich dir nichtgesagt , daß es hier gefährlich für euer einen ist ?“

Dann sagte die r iesenhafte Mutter der drei Lal : Nun komm aber .Leg dich auf meine Matte

,schlaf dich aus. So kann dir nichts

weiter geschehen , und morgen kannst du dann weitergehen .

“ Dieriesenhafte Frau legte eine Matte h in und nahm Kombe Alh assuzu sich . Als es Nacht war , wollte Kombe Alh assu fl iehen . Er tapptein der Dunkelheit umher und kam endlich in eine große Höhle . Inder Höhle versteckte er sich .

Diese Höhle war aber nichts anderes als die r iesenhafte Vaginades Riesenwe ibes . Gegen Morgen kam das Riesenwe ib das Bedu rfn is an , zu ur inieren . S ie stand auf und pißte . Mit dem Stromeaber , der dem enormen Ausgang en t floß , wurde auch KombeAlh assu fortgeschwemmt . Ja , dieser Strom war so gewaltig , daßer nur mühsam schwimmend sich vor dem Ertrinken retten konnte .Der Strom des Riesenurin es führte ihn weit , weit fort.Am Morgen fragte die Mutter : Wo ist denn nur unser kleinerMensch Alle suchten ihn und konnten ihn nicht finden . Darauf

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sagte die r iesenhafte Mutter : „Es ist nicht ausgeschlossen , daß ichden kleinen Kerl in dieser Nacht selbst fortgespült habe . Denn ichmußte pissen , und in dem Ur in kann er mit fortgeschwommen

sem .

Kombe Alh assu machte sich aber rustig auf den Weg , sobald erdem Strome des Riesenurin es entronnen war . Er kam an einenr iesigen Baum , und da derselbe an seinem Fuße eine mächtige Höhlehatte

,so verbarg er sich dar in , um sicher zu schlafen . Auf dem

Baume saß ein r iesenhafter Duta , d . i . ein Geier . Nach einiger Zeitkam ein riesenhafter Elefant . Der sagte zu dem r iesenhaften Geier :Guten Tag , mein Uralter . Heute ist Diama- Nara (Sonn enwend

tag,Jahreswechsel ) . Da wunsche ich dir Glück (d . h . im Fulfulde :

kebere waka oder waga ) . Du bist älter als alle Lebenden . Deshalb weißt du auch mehr als alle anderen , und deshalb bitte ich dich ,mir heute etwas zu erzah len .

Der uralte , r iesenhafte Geier sagte : „Es ist wahr , heute ist DiamaNara , und ich wunsche dir auch viel Glück . Es ist allerhand zu erzählen . So wil l ich dir denn gern das eine oder andere berichten .

Wenn man z . B . von den Blättern dieses Baumes nimmt und sietrocknet

,stößt und als Medikament verwendet , so nützt das

gegen die Iund die Krankheit . Wenn man von der R inde j enesBaumes nimmt , so nutzt das gegen j enes Leiden . Heute ist aberein großer Tag

,und da will ich dir auch etwas ganz Besonderes

berichten .

Es gibt in Massina ganz dicht bei Dia ein Dorf , das heißt Maitaki.

In Maitaki ist eine Senkung (die Sache mit der Senkung ist unklar ,es kann geradesogut eine Erdgrube sein ) . Wenn man au f demBoden derselben scharrt , so kommt ein großer Topf zum Vorschein .

Dieser Topf ist bis oben hin angefüllt mit purem Golde . Man kannden Topf emporheben , dann strömt aber sogleich ein Fluß von derStelle durch das Land .

Der uralte Geier erzah lte das . Alh assu horte es . Er machte sichauf den Weg und kam nach langer Wanderung am Morgen nochnach Maitaki. Er hob den Goldtopf. Der Fluß strömte .Es gibt noch heute einige Familien , die heißen Umgere (oder

u rugire ) . Das sind So , Fulbe . Denen gehört e igentlich Massina ,dessen Hauptstadt Konza war . Kombe Alh assu war der erste Fulbein Massina . Man nennt ihn auch So Sobe Uru Gir i . Sein Nachkomme war Samba Omar , dessen Name man mit Ehrfurcht nennt ,wenn man F ische aus dem Plusse Kombe Alh assus ißt.

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war,heraus . Die Leiche l ieß sie l iegen und ging mit dem Fett nach

Hause . Sie bereitete mit dem Fett ein Ger icht. Sie stellte eine Speiseher

,die war üb er alle Maßen schmackhaft.

Inzwischen war es Morgen geworden , und die angesehenen Leuteversammelten sich au f dem Platze , wo sie miteinander plauderten .

Die Frau Babas nahm das Gericht , das sie bereitet hatte , und truges auf den Platz hinaus. Sie kniete vor ihrem Manne (nach alterSitte ) nieder und überreichte die Schussel . Die Männ er begannenzu essen . Einer sagte : „Ach , das ist ausgeze ieh n e t .

“ Ein anderersagte : Ach , das ist ganz besonders gut zubereitet.

“ Baba selbstsagte : Ja , das ist das wohlschmeckendste Gericht , das ich j e inmeinem Leben genossen habe .“

Baba hatte die Gewohnheit , j eden Morgen zu seiner Mutter einenBoten zu senden und sich nach ihrem Befinden zu erkundigen. Err ief auch heute einen Haussklaven und sagte zu ihm : „Geh zumeiner Mutter und frage sie , wie es ihr geht.

“ Der Haussklave ging.

Er kam in das Haus. Er sah die Leiche in ihrem Blute und mitaufgetrenntem Leibe . Er kam zu Baba zuru ck . Baba fragt e : „Wiegeht es meiner Mutter ?“ Der Haussklave sagt e : „Ich kann dir dasnicht berichten .

“ Baba sagte : „Sofort sage es mir , oder ich tötedich .

Der Haussklave sagte : „Tote mich , aber ich kann dir doch nichtwiederholen , was ich gesehen habe .

“ Darauf l ieß Baba den Sklaventöten .

Baba sagt e zu einem anderen Haussklaven : „Geh hin und fragemeine Mutter

,wie es ihr geht.“ Der Haussklave ging . Er sah die

blutige Leiche , kam zurück und sagte : „I ch kann nicht wiederholen ,was ich gesehen habe.“ Baba ließ auch diesen totschlagen . Er riefe inen dr itten Haussklaven und sagte zu ihm : „Geh hin und frage ,wie es meiner Mutter geht.“ Der Haussklave ging. Er sah dieblutige Leiche

,kam zuruck und sagte : Ich kann ni cht wieder

holen , was ich gesehen habe .“ Baba ließ auch diesen to tschlagen .

Es war da ein Spielmann , der sagte : Baba , du solltest dochdeine Leute nicht so hinschlachten , wie die Ochsen und Schafe .Baba sagte : „Gut . Wenn dir das nicht zusagt , so geh du in dasHaus meiner Mutter und frage sie , wie es ihr geht. Der Spielmannging hin. Er sah die blutige Leiche , kehrt e zuru ck und sagt e :Baba , was deine Sklaven gesagt haben

,ist wahr. Man kann es

nicht wiederholen .

“ König Baba sagte : Sage es j etzt , oder ichlasse dich auch totschlagen .

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Der Spielmann sagte : Baba , deine Mutter ist tot. Das ubrige

sieh selbst.“ Baba ging hin . Er sah die blutige Leiche mit dem aufgeschnittenen Leib . Daruber ward der König über alle Maßenzornig. Er ließ sofort eine Botschaft in die Runde gehen , die lautete :Alle Familienvorstände sol len allsogle ich sich danach umtun , festzustel len

,wer meine Mutter getötet hat . Wenn es nicht bis heute

abend klar festgestellt ist , werde ich tausend Menschen töten .

Darauf machte sich alle Welt daran und suchte und spürte . Aberniemand vermochte eine Spur zu finden . Es kam nicht heraus , werdie Mutter Babas getötet hatte .Als nun alle Leute vergebens gesucht hatten , und der Konig Babamit den Spielleuten und Alten beratend au f dem Platze saß , kamSch okolo , Babas Frau . S ie l ieß sich (der alten Sitte entsprechend )vor Baba auf die Knie nieder und fragte : Habe ich dir nicht heutemorgen ein Gericht bereitet und es hier auf den Platz gebracht ?“

Baba sagte : „Das ist richtig. Es h at allen sehr gut geschmeckt , undich selbst habe dir gesagt

,daß ich nie in meinem Leben eine so aus

gezeichnete Speise genossen habe .“ Sch okolo sagte : „Diese Speisehabe ich mit dem Leibfett deiner Mutter bereitet. Ich habe deineMutter getötet. Nun tue mit mir , was du willst.

Der eine von den Umsitzenden sagte : „Man soll diese Frau totschlagen .

“ Der zweite sagte : Man sol l sie totschießen .

“ Derdr itte sagte : „Man sol l ihr auch den Leib aufschneiden .

“ Der viertesagte : „Man soll sie verbrennen .

“ Es war da aber ein alter Mann ,der war sehr angesehen im Rate

,der denke

,man soll

sie leben lassen . Man soll gar nichts tun. Man soll warten . Vonschlechtem Vater und von schlechter Mutter kommen schlechteKinder.“ Er stand auf und ging.

Man tat nichts.

wei Jahre nachher wurde von der Frau ein Knabe geboren , derward Sidi Baba genannt , weil Baba sein Vater war. Der

Knabe wuchs heran . Als er zehn Jahre alt war war seine Hauptbesch a ftigung , Fal len zu legen und Tauben zu fangen . Eines Tageshatte sich in einer seiner Fallen ein Gire (Eich h ornch en ) gefangen .

Als Sidi Baba naher kam , r iß das Tier in seiner Angst im letztenAugenblick seine Schnur durch und rannte von dannen . Es gelangihm , in sein Loch zu entschlüpfen . Sidi Baba sah das gerade noch .

Sidi machte sich sogleich daran , die Erde abzusuchen und dasE ich h ornch en auszugraben . Er grub und grub . Sidi Baba grub

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e inen Tag und eine Nacht , ohne an etwas anderes zu denken . Alse ine Nacht vergangen war , ohne daß der Knabe heimgekehrt war ,sandte Baba Boten aus , die seinen Sohn suchen sollten . Ein Botetraf Sidi . Er sagte zu S idi Baba : „Dein Vater hat Boten ausgesandt ,d ich suchen zu lassen .

“ Sidi sagte : „Sage meinem Vater , daß inmeiner Falle ein Gire gefangen war , daß dieses Gire aber im letztenAugenblick entwichen ist und in sein Loch schlüpfte , so daß ichj etzt seine Höhle aufgraben muß .

“ Der Bote kehrte heim und ber ichtete Baba.

Sidi grub weiter,und nach langer Zeit ergatterte er sein Eich

b ornchen und tötete es . Dann begab er sich au f den Heimweg.

Ehe er aber noch wieder heimkam , war Baba , sein Vater , gestorben , und man hatte das Königreich dem Vaterbruder ubergeben . Man hatte ein großes Fest veranstaltet , hatte viel Besu getrunken und den neuen König herrl ich gefeiert . Als Sidi heimkam

,

sagte man ihm : „Dein Vater ist gestorben . Dein Onkel ist zumKönige gemacht worden .

“ S idi Baba fragte sogleich : „Zei ge mir ,wo mein Vater begraben worden ist.“ Man zeigte es Sidi . Sidi sagt e :Ö ffnet das Grab .

“ Man tat es . Es war da der Sklave , dessen Amtes immer gewesen war

,Peitschenhiebe zu verabfolgen. Sidi Baba

sagte : Gib diesem Baba fun fzig Hiebe mit dem Knotenstock , dennder Mann ist h inter meinem Rücken gestorben . Darum wird esj etzt Streit geben .

Darauf sandte Sidi Baba an seinen Onkel eine Botschaft und l ießihm sagen : Wem kommt nach dem Tode meines Vaters das Königtum zu ?“ Als der Onkel diese Nachricht empfing , bekam er Angstund sagte : Ich bin j a gar nicht König. Ich trinke nur ein wenigund freue mich meines Lebens .“ Sidi Baba sagte : „Du kannst al leWeiber meines Vaters nehmen , meinetwegen auch meine Mutter.Aber sonst bekommst du nichts .“ Darauf wurde Sidi Baba selbstKönig.

Nachdem Sidi Baba sich derart zum Kon ige gemacht und er seinenOnkel beiseite geschoben hatte , sagte er : Wartet , ihr Alten , seidihr so ? Wollt ihr mich so loswerden ?“ Sidi Baba hatte fünf großeHallen . Er ließ im Lande verkünden : Alle Alten sollen zusammenkommen , die Ritter , die Bauern , die Spielleute , die Schmiede . Allesollen in dem Geh o fte des Sidi Baba zusammenkommen .

“ Siekamen von allen Seiten und versammelten sich in großer Menge indem Hofe

,und manche dachten , sie wurden nun ganz besonders

geehrt werden. Als aber alle beisammen waren , l ieß Sidi Baba

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Einer ward hinter den anderen gebunden . Wie eine Kette vonSchafen nahm sich das aus. Er unterwarf 100 Dorfer und band dieUnterworfenen j eden in die Schlei fe eines der 10 000 Stricke. DieLeute sagten zu ihm : Herr , du hast schon soviel getan , kehre dochheim !“ Er sah an der Reihe der Gekoppelten entlang an das Endeund fragte : „Ist noch freie Schnur da ?

“ Die Leute sagten : „J a , esist noch e twas Schnur da.

“ S id i Baba sagte : Dann sind wir nochnicht fertig , dann konnen wir noch nicht heimgehen .

Er unterwarf das Land bis nach Barbe und Fen tala im Kunarigebiete . Dann war fast die ganze Schnur aufgebraucht. Als erwieder nach dem Busch Nampala kam , sah er aber , daß doch noch200 Schnure ungenutzt herunterbringen Darauf sagte er : Wirhaben gerade 200 Djongwal(de ) (soviel wie Kun tigi bei den Bammana , d . i . Abteilungsleiter , Sklavenaufseher , ursprüngl ich wohlDistrikts resp . Hau fen füh rer) . Wir haben gerade 200 Strickeübr ig. Mit den 200 Stricken wollen wir den 2 00 Djongwal(de ) dieHände auf dem Rücken zusammenbinden lassen . Dann wil l ich die200 Dj ongwa l(de ) verkaufen . Sollten deren Kinder und Weiber aberschreien , so laß ich al le 200 Djongwal(de ) einfach totsch lagen .

So wurden die 200 Anführer verkauft , und dafür kaufte sich S id iBaba Getränke .Sidi Baba starb

,nachdem er 30 Jahre regiert hatte . Er hat in

seinem Leben 62 0 Dörfer eingenommen (das so ll auch im „Tarick

es Sudan“ stehen ) . Seinem Stamme nach war Sidi Baba Ku lloballi.Seine Nachkommen leben noch heute zwischen Gumbu und Sokolo .Es sind Bammana.

18. Der Ursprung der Fulbe

lle Fulbe , ob sie heute im Toro , Diallon , Massina oder wo sie

A sonst wollen , wohnen , stammen ab von I lle Diallali Diaje .

Der hatte einen j üngeren Bruder mit Namen Diommero Diaje . Diesebeiden sol len in Kigeri, einem am Niger gelegenen Orte , aufgewachsen sein einem Orte , der am Niger gegenüber von Saneanding lag. Einige allerdings behaupten , I l le Dialla li Diaje wäre nichthier , sondern anderweitig , weiter dem Senegal zu , groß geworden .

Mit den beiden Burschen zusammen entstand ein Ei . Die Muttersagte zu I lle D iallali Dia j e : „Achte stets darauf , daß dem Ei nichtsgeschehe , und daß dessen Schale nicht vorzeitig zerbreche. Baut ihmein eigenes Häuschen .

“ I lle D1allali Diaje sagte : Wir wollen es

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tun.

“ Er baute ein Haus und legte mit großer Vorsicht das Ei dahinein . Jeden Morgen ging er mit seinem jüngeren Bruder hin undbl ickte das Ei an .

Eines Tages traten sie am fruh en Morgen wieder in das Haushinein und betrachteten das Ei . Da sahen sie , daß seine Schale zerbrochemwar und daß eine kleine Frauengestalt dar in lag. DieseFrauengestalt war aber nicht vollständig. Vielmehr war es nur e inOberkörper von woh lausgebilde ten Formen , mit Kopf , Armen ,Brust. Aber der Unterkörper fehlte. Als das Mädchen I lle DiallaliDiaj e sah , wollte sie entfl iehen. Sie erschrak sehr. I l le DiallaliDiaje aber sagte : „Erschrick nicht , meine Schwester , ich werde dichnicht essen.

“ Darauf ward das Madchen ruhig und sagte : „So willi ch dir denn sagen

,wie ihr es in Zukunft mit mir zu halten habt.

Nie darf mich ein Fu lbemädch en sehen , das noch nicht entwickelteBruste hat . Und nie darf e in Fulbe ein Mädchen heiraten , dessenBruste noch nicht entwickelt sind . Solange ihr das einhaltet , werdetihr bei mir stets Mehrung des Wohlstandes finden . Ihr werdet reichwerden , und es wird euch wohlergehen. Sobald aber meine Geboteübertreten werden , ergeht es euch nicht mehr gut.

“ I l le DiallaliDiajesagte : „Meine Schwester , wir wollen das einhalten .

Das Mädchen ohne Unterkorper hieß Tsch opijo . Tsch opijo verl ieß ihre kleine Hütte niemals. Sie aß aber auch nie etwas . JedenMorgen kam Ille Dialla li Diaje in ihre Behausung , nach ihr zu sehen ,und j eden Morgen gab Tsch op1j o ihm etwas . So ward er von Tag zuTag wohlhabender , und endlich ward er ein sehr reicher Mann . Alser nun über viele Rinder und Kühe und Reichtümer verfügte , vergaßer das Gebot seiner Schwester und heiratete eines Tages ein jungesMädchen , dessen Busen noch nicht entw ickelt war.Am anderen Tage r ief Tsch opijo ihren Bruder I l le Diallali Diaj e

in ihre Hütte und sagte zu ihm : „Habe ich dich nicht gewarnt unddir gesagt , daß nie ein j unges Madchen , dessen Busen noch nichtentw ickelt ist , mich sehen , daß nie ein Pulo ein junges Mädchen ,dessen Busen noch nicht entw ickelt ist , heiraten darf ? Jetzt hastdu mein Gebot doch ubertre ten und ein Mädchen geheiratet , dessenBusen noch nicht entwickelt ist. Nun wirst du selbst sehen müssen ,was geschieht. Sorge dafür

,daß mich deine junge Frau nicht sieht ,

sonst gebe ich dir morgens nichts mehr.“ I lle Diallali Dia je sagte

„Ich verspreche dir hierfür zu sorgen .

“ Darauf ging es denn eineZeitlang wie bisher. Jeden Morgen erhielt der Bruder von seinerSchwester die Gaben.

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Eines Tages sagte aber die junge Frau zu ihrem Gatten I lleDia llali Diaj e : „Sag mir doch , was hast du in dem kleinen Hauschen ? Es sind sicher Toru (Zaubermittel ) , die darin sind .

“ DerBruder sagte : „Das geht dich gar nichts an . Unterstehe dich niemals

,da hineinzusehen !“ Die j unge Frau versprach es. Am ande

ren Morgen rief aber Tsch opijo ihren Bruder I l le Diallali Diaje undsagte zu ihm : „Mein Bruder , ich weiß , das Unglück wird geschehen .

Deine j unge Frau wird zu mir h ereinseh en . Geh also und bringemir einen Stock .

“ I l le Diallali Diaj e ging hinaus , nahm einen Stockund reichte ihn seiner Schwester Tsch opij o . Seine Schwester sagtezu ihm : An dem Tage , da deine j unge Frau in meine Hütte sehenwird , werde ich mich aufmachen und von dannen gehen . Dannwerden mir alle die Rinder und Kühe folgen , die du durch meineGaben erworben hast

,und es wird nichts mehr bei dir bleiben . Es

gibt nur ein Mi ttel , dir etwas zu retten : „Nimm diesen Stab undschlage auf j edes Stück Vieh , das du noch erreichen kannst , undj edes derart getro ffene Tier wird bleiben .

“ I l le Diallali Diaje nahmden Stock .

Am anderen Morgen machte I l le Diallali Diaje sich auf , nachseinem Felde zu sehen . Als er fortgegangen war , vermochte diejunge Frau ihre Neugier nicht mehr zu bändigen . Sie schl ich sichvorsichtig h in und ging zu dem Häuschen , in dem Tsch opijo lebte .Sie ö ffnete das Häuschen und bl ickte hinein . Darauf aber erhobsich Tsch opijo und ging von dannen . S ie ging. Alle Rinder undKühe erhoben sich , um sich auf den Weg zu machen und Tsch opij ozu folgen .

Als I lle Diallali Diaje mit seiner Feldarbeit fertig war , machte ersich auf den Heimweg . Als er heimkam , war Tsch opijo fortge

gangen , und die Hälfte alles Rindviehs war ihr schon gefolgt. Danahm er schnell den Stab

,den Tsch opij o dagelassen hatte und

schlug das Rindvieh damit,und das getroffene bl ieb bei ihm .

Das andere Rindvieh war mit Tsch opij o nach Dilali (am LacDebo ) in Farimaka und da ins Wasser gegangen . Dort kann manheute noch Rinder im Wasser sehen . Tsch opij o lebte ewig undimmer im Wasser , bis die Franzosen ins Land kamen . Da starb sie .

(Berichtet von einem Fulbe in Mopti )

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Die einstigen Toro

aruber sind sich alle Stamme der westl ichen Sahel und al leMande , Wolo f und Fulbe einig : daß näml ich die sen ega lisch e

Landschaft Toro einstmals eine große Bedeutung für Gesch ichte undKultur der westl i chen Länder hatte .Nach al lem , was früher von den Fulbe gesagt wurde (S . 94

und 155 ff. ) ist es naturlich , daß die hier stark vertretene Fu lbesch a ftden Ruhm einstiger Mach tausgestaltung Toros für sich in Anspruchnimmt , ein Anspruch , der in den nachfolgenden Stücken des Niau lezum Ausdruck kommt. Aber hier finden wir sogar un ter .den Fulbeselbst Skeptiker , wie aus den beiden nachfolgenden Originalberichtenhervorgeht :Als Älteste im Lande Futa Diallon gelten die Sacke (Soninke in

Tamba,Firigija Benda , Diaberri sar i in der Dingiraigegend ) . Sonst

sind in diesem Lande zumal zahlreiche Diallon ,deren Ursprung man

nach Futa Toro zurückführt. In Futa Toro sind al le vier B iamu(Dia llon , Sidibe , Sankare und Diagite ) heimisch , und von hier sollenal le größeren und erfolgreichen j üngeren Wanderungen der Fulbeausgegangen sein . In Toro gibt es Mabo (Weber ) , Bailu(Schmiede ) und Bambadu (Dialli) . Über ihnen herrschen dieHirten .

Der Urahn der Fulbe in Torowar Jelli (oder Dje lli, vgl . S . 2 26

ein H irte . Dem war eines Tages eine Kuh entlaufen , die warschwanger. Sie rannte unter einen Baobab . J ell i suchte sie dreiTage lang umsonst. Am dr itten Tage fand er sie . Auf dem Baumesaß e in uralter Geier , der hatte kaum noch einige uralte Federn .

Aber er hatte eine Gitarre und sang zum Gitarrespie l . Der Geier sang„Gib mir die Kuh , dann wirst du von mir vielen Besitz und auchdie Gitarre erhalten ; aber gib mir die Kuh .

“ J ell i wollte erst seineKuh nicht fortgeben . Endlich tat er es aber doch . Er sagte : „Nimmdie Kuh .

“ Darauf erhielt J ell i von dem Geier die versprochenenGaben . Der Geier wurde , sobald er die Kuh hatte , ganz jung undbedeckte sich mit schönen , kräftigen Federn . (Berichtet von einemFulbe aus Futa Toro . )Die Futa-Toro leu te heiraten nur eine Toro frau ,

wenn sie sonstauch Beisch läferinnen haben . Sie tragen die Haare ganz lang. DieToronke (wie die Mandestämme sie nennen ) , haben nur vierStämme. Dagegen haben die Torodo viele Volker und Stämme(Diamu ) . Sie sind nach Osten hin unendlich wei t ausgebreitet.(Dieselbe Quelle. )Die Toro leu te heiraten also nur Toro frauen . S ie verehelichen sich

nicht mit den anderen Fulbe . Und fernerhin nennen die Fulbeselbst die Urbewohner Saeko . Saeko traf ich auch als aus dem

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Osten gekommene Wolo f an derWestku ste . Und endl ich bezeichnendie südlichen Mande das Niau le a ls einen Sang der Wolo f.Die Fulbe bezeichnen das N iau le das ist der nachfo lgende Sang

von Samba Ga ladj ie als Lagia und sind sehr stolz darauf. S ie bestreiten die Herkunft des Sanges von den Wolo f und zeigen ebendamit nur , daß sie fähig sind , das einmal Geraubte auch festzuhalten.

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und sangen vor dem Hause das Lied . Sie sangen es , und alle Leutehörten es. Auch der Bruder des Vaters Samba Galadj ies hörte dieLeute singen . Er hieß Konko Bo Mussa. König Konko Bo Mussafragte : „Was sind das für Landstreicher , die vor dem Hause SambaGa lad11es randalieren ?

“ Die Leute gingen h in und hörten zu . S i edachten (unter sich ) : Das ist ein sehr schoner Gesang.

“ Danngingen sie zu Konko Bo Mussa zuruck und sagten : „Das ist eineGesel lschaft von Gaulo , die singt vor Samba Galadj ies Haus demjungen Königssohne zu Ehren .

“ Konig Konko Bo Mussa sagteWeshalb singen sie vor dem Hause des Samba Ga ladj ie ? Was istan dem ?“ Er l ieß die Gaulo kommen und fragte : Weshalb singtihr vor dem Hause dieses Samba Galadj ie , an dem nichts dran ist ,aus dem nichts Sonder l iches werden wird ? Weshalb singt ihr nichtvor dem Hause meines Sohnes Su len jäi ? S ingt vor dem Hausemeines Sohnes Su lenj öi, dann tu t ihr etwas Rechtes , und ich werdemit euch zufr ieden sein .

“ Die Gaulo gingen . Aber sie sangen nichtvor dem Hause Su len jäis , denn sie kannten keinen Sang für ihn , undkein Vogel hatte ein Lied für den Neffen des alten Königs gesungen .

Samba Galad11e und Su len jäi waren gute Freunde . Sie saßenj eden Tag zusammen . S ie trafen sich abends am Senegal und verbrachten ihre Zeit plaudernd auf einer Sandbank . So ging das langeZeit , und lange Zeit waren sie gute Freunde . Eines Tages kam einDiapoto (d . i . ein Maure , Surakka bei den Mandingo ) des Weges .Er sah die beiden Freunde da sitzen . Er sagte zu ihnen : „ I ch habehier zehn Stück Stoff und eine kleine Kalebasse . I ch werde diesekleine Kalebasse in die Luft werfen . Derj enige von euch , der sieherunterzuschießen weiß , bekommt die zehn Stück Sto ff.

“ SambaGaladj ie sagte zu Su lenj éi: Fang du an .

“ Dann rüstete Su len j éisein Gewehr und rief : Wir f !“ Der Diapo to warf die kleine Kalebasse in die Luft. Su len jöi schoß und fehlte . Er rief : Wirf nocheinmal !“ Der Diapo to warf die kleine Kalebasse noch einmalin die Luft. Inzwischen hatten sich schon viele Menschen angesammelt. Die sahen zu . Su len jäi schoß noch einmal . Er traf nicht .Er ward ärgerl ich und r ief : Wirf dann noch einmal .“ Der Diapo towarf die Kalebasse noch einmal in die Luft. Su lenj éi schoß nocheinmal und traf wiederum nicht. Da lachten alle Menschen , die sichrundherum angesammelt hatten , laut über Su lenjöi, den Sohn desVaterbruders des verstorbenen Konigs.Nunmehr nahm Samba Galad11e sein Gewehr in die Hand . Ersagte zu dem Diapato : Wirf die Kalebasse noch einmal in die

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Luft.“ Alle Leute waren stil l und sahen hin . Der Diapoto warf dieKalebasse in die Luft. Der Sohn des Königs schoß und zerschme t

terte sie mit diesem Schuß . Darauf s chr ie die Volksmenge : „Ho ,Samba Galadj ie ! Ho , Ga ladj ie !

“ Die Gaulo begannen das Lied zusingen

, das der Ko ladjo dem Vogel im Walde abgelauscht hatte .Su lenjéi aber war böse . Mit bösem Antlitz verließ er den Platz aufder Sandbank.

Am anderen Tage erzah lte Su len j äi alles das dem Kon ige KonkoBo Mussa. Er sagte : „Alles Volk hängt an diesem Samba Galadj ie .

König Konko Bo Mussa sagte : „Mein Sohn Su lenjäi, argere dichnicht. Was ist dieser Samba Galadj ie ? Er ist ein Strauchdieb , einKnabe , der im Walde mit den Tieren lebt , ein vater loses , besitzlosesKind . Dich aber , mein Sohn Su len jäi, dich will ich zum Königemachen. Du sollst das Land erhalten , das einst Samba Ga ladj iesVater gehörte . Dann wirst du mit diesem Burschen machen können ,was du willst. Du wirst der König sein , nicht er. Er wird nichtssein .

“ Su len jäi sagte : „Dann ist es gut , mein Vater.“

Darauf begab sich Samba Galadj ie zu seinem Onkel , dem Kon ige

Konko Bo Mussa und sagte : „Jüngerer Bruder meines Vaters !Seinerzeit gehörte dieses Land meinem Vater. Er starb und dunahmst es an dich

,wie du mich an dich nahmst. Wenn ich er

wachsen sein werde , gib mir das Erbe meine3_

Va ters wieder. Eskommt deinem Sohn Su len jäi nicht zu . Du hast Su len j é

'

i gesagt ,du wolltest ihn zum Könige machen , das war unrecht , denn diesesLand gehört mir von Rechts wegen .

“ Konko Bo Mussa sagte : „Wasdu

_gewinnst ‚ was du selber gewinnst , gehört dir. Das Land geb ichmeinem Sohne . Nun mach , was du willst. Mir ist es gleich . ZumKon ige mache ich dich nicht.

“ Samba ging.Seuod Amalad sagte zu Samba Galadj ie : „Erwarte von demBruder deines Vaters nichts . Er spielt dir übel genug mit . Du wirstvon ihm nichts erhalten . Kummere dich aber nicht darum , sondernfolge seinem in schlechter Absicht gegebenen Rate . Erwirb dir , wasdu erwerben kannst , damit kommst du am weitesten .

“ SambaGaladj ie sagte : Es ist gut . Rüste die Pferde .“

2. Samba Galadj ies Ausfahrt

amba Galadj ie ging zu seiner Mutter und sagte : „Hat dennmein Vater sonst nichts h interlassen ?“ Die Mutter sagte

„Gewiß , er hinterl ieß noch einige Schnure Gold .“ Samba sagte

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„So gib mir eine , denn ich wil l in fremde Lande ziehen und wil lversuchen

,mir einiges zu erwerben , denn Konko Bo Mussa wird

mir mein Land nicht herausgeben .

“ Die Mutter gab ihm eine Goldschnur und sagte : „Ziehe hin , mein Sohn . Sieh , was du für dicherreichen kannst . Dein Vater starb allzufruh .

Samba nahm einige Gewehrkugeln , einiges Pulver und einenFetzen Stoff , der war so rot wie Pulver. Das packte er in einenBeutel , den gab er einem Bot en und sagte : „Bring das Konko BoMussa. Das sol l er sich aufbewahren

,zum Zeichen , daß ich wieder

kehren werde .“ Der Bote brachte den Beutel dem König und sagte :Das sendet Samba , und er läßt dir sagen , das mochtest du dir aufbewahren zum Zeichen , daß er wiederkehren werde .“ Konko BoMussa betrachtete es und sagte : „Was ist das ?

“ Die Leute sagten :Man weiß es nicht.“ Einer sagte , das sind Pu lverkugeln und einroter Tuch fetzen .

“ Konko Bo Mussa sagte : „Das ist mehr. Ruftdie klugen Leute zusammen .

“ Man tat es. Die Alten und Erfah renen betrachteten es. Ein Alter sagte : „D as heißt : WennSamba wiederkommt , wird er das Land mit Pulver verbrennen , erwird mit Kugeln schießen , und es wird Blut fl ießen , das so rot ist ,wie dieser Zeugfe tzen .

“ Konig Konko Bo Mussa sagte : „Es ist gut .So seid denn alle auf eurer Hut und seht , ob ihr den Burschen nichti rgendwo fassen und totschlagen könnt .“

Samba ritt mit seinem getreuen Spielmann nach Bakilli (Bakel )im Sarrakolletgebiet und begann nach allen Richtungen P lünderungszuge zu unternehmen . Bald war er im Norden , bald im Süden ,bald im Osten . Es gelangen ihm viele Unternehmungen , und erward auf diese Weise ein wohlhabender Mann . Als er soweit gekommen war , hatte er im Bakilligebiet drei J ahre verbracht. Dannl ieß er seine Mutter und die Mutter seines Spielmanns aus Torokommen , gab beiden das Gewonnene und sagte : Bleibt ihr beidehier in Bakilli. Ich wil l mit Seu od Amalad eine Wanderung unternehmen und sehen , ob ich nicht eine Truppe gewinne , mit der ichdas Erbe meines Vaters meinem Oheim Konko Bo Mussa wiederabnehmen kann . Lebt wohl .“ Damit machte sich Samba mit sein em Spielmann auf den Weg .

Erst kamen sie nach Kaarta . Er fragte den Konig von KaartaWillst du mir eine Kr iegsschar anvertrauen , damit ich Konko BoMussa mein Königreich wieder abnehme ?“ Der König von Kaarta

sagte : „Ich habe kein Bedürfnis nach Kr iegszügen .

“ Dann zogensie weiter nach Segu . Samba fragte den König von Segu : „Willst

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ritt mit seinem Spielmann dahin . S ie stiegen ab und Samba sagtezu den Leuten : „Bringt mir doch Wasser herbei für die Pferde.“

Die Leute sagten : Wasser für die Pferde ? Ja , das gibt es h iernicht. WerWasser für die Pferde haben will , darf nicht nach Baelleaede kommen .

“ Samba fragte : Was gebt Ihr denn aber eu erenPferden zu tr inken ?“ Die Leute sagten : Wenn wir die Kühemelken , stel len wir ein wenig Milch beiseite und geben das denPferden .

“ Samba fragte : Und in diesem großen Lande , im Waldehier , gibt es gar kein Wasser ?

“ Die Leute sagten : „Oh , wir habenschon ein Wasser , da ist aber Kungale da ist etwas ) darin , dakann kein Mensch tr inken .

“ Samba sagte : „ I ch bin vom Senegalund habe die Gewohnheit , mein Pferd bis zu den Knien ins Wasserzu führen . EuerKungale kümmert mich nicht.

“ Samba sagt e zu

seinem Spielmann : Morgen wollen wir unsere Pferde in aller Fruh etranken .

Am anderen Morgen noch vor Sonnenaufgang weckte Sambaschon seinen Spielmann und sagte : Wir wollen unsere Pferdetränken .

“ Der Spielmann sag te : „Ach , Samba , sagten uns gesternnicht die Leute , daß es verboten sei , zu j enem Wasser zu gehen ?Aber ich weiß

,Samba

,du mußt immer das tun

,was verboten ist.

Sen od Amalad stand auf. S ie machten sich auf den Weg. DerSpielmann sagte : „I ch komme nicht mit.“ Er bl ieb stehen . Sambasagte : Wenn du dein Pferd verdursten lassen willst , ist es mirrecht.“ Samba ging weiter . Seu od folgte ihm . Samba sagte : „Was

willst du ? Wenn dein Pferd erst verdurstet ist , dann lau fst du nachher zu Fuß . Lieber doch diese kleine Unannehmlichkeit.“ Er gingimmer weiter voran. Der Spielmann folgte ihm .

Sie kamen an den See . Samba trieb sein Pferd in das Wasser.Das Tier wollte nicht. Samba trieb es. Da hob das Untier Kungale

(nach Angabe einiger ein Pferd , nach Angabe anderer ein Stier ) ,den Kopf aus dem Wasser . Es hob das Haupt zornig und hoch indie Luft. Samba ergri ff sein Gewehr. Er legte an . Er tötete dasUngetüm mit einem Schuß . Seuod Amalad rief : „Ho , SambaGaladj ie .

“ Samba ging hin und schnitt dem Tier den Schwanz ab .

Er nahm den Schwanz an sich . Der Spielmann sang ein Lied , dasheute noch bekannt ist. Sie nahmen die Pferde am kurzen Züge!und trankten sie . Dann gingen siewieder in die Stadt. Samba ließaber mit Absicht am Ufer seine Schuhe stehen .

S ie kamen in die Stadt zuruck. Samba sagte zu seinem Spielmann : „Ich gehe in meine Hütte und lege mich sch lafen. Paß auf ,

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daß mich niemand stort , wecke mich auch selbst nicht.“ Der Spiel

mann sagte : Ich will es verhindern .

“ Samba Ga lad11e hatte dieGewohnheit

,daß er sich nie von einer Hand wecken ließ . Wol lte

oder sollte Seuod Amalad ihn wecken , so mußte er es in der Weisemachen

,daß er sein Instrument nahm und neben seinem Lager ein

L ied sang.An dem Morgen

,als Samba Galadj ie sich schon in aller Fruh e

wieder zum Schlafe niedergelegt hatte , ruste te das Volk Bae lle - aede

sich zu einem großen Feste . Denn heute sollte die Tochter desKönigs Aluagewissi dem Untier Kunga le zum Opfer dargebrachtwerden . Das Untier verlangte von Zeit zu Zeit eine Jungfrau , undman mußte sie ihm geben , damit das Land nicht verdurstete . DieTochter des Königs war jung . Die Tochter des Konigs war schön .

Sie wurde in schöne Kleider gehüllt und mit schönem Schmuck geziert ; sie war gekleidet , wie eben ein Mädchen gekleidet ist , das demBrautigam als Braut ins Eh eh aus geführt wird . S ie ging zum Seehin alles Volk ging mit.Es war eine ungeheure Menge- von Menschen , die zum See hin

ging , um das Mädchen dem Ungeheuer Kunga le zuzuführen . Das

Madchen machte erst ein ige Schritte in das Wasser hinein . AllesVolk wartete schweigend auf das , was nun kommen wurde. DasMädchen ging einige Schr itte weiter in das Was ser hinein . Das Untier Kungale pflegte gar schnell mit Gier sein schönes Opfer zu ergreifen und mit in die F lut hinabzuziehen . Alles Volk wartete , dochheute l ieß sich kein Ungeheuer Kunga le sehen . Das Mädchen gingweiter und immer weiter ins Wasser hinein . Alles blieb ruhig. EinMann schr ie aus der Menge : „Kungale ist tot.

“ Alles Volk schr ie

„Kungale ist tot.“ Einige sagten : „Man sol l sehen , ob Kungale tot

ist.“ Einer stocherte mit der Lanze am Seerande . Es rührte sichnichts . Dann fand einer am Ufer die Schuhe Samba Galadj ies. DieLeute riefen : „Es h at j emand Kungale getötet.

“ Und alles Volkjubelte und kreischte vor Freude .Man führte das Mädchen lachend in die Stadt zuruck. Der Konig

ließ ausrufen : „Der , der Kunga le getötet hat , sol l zu mir kommen .

Ich will ihm jeden Wunsch erfü l len .

“ Ein Maure kam und sagteIch habe es getan .

“ Ein zweiter kam und sagte : „Nein , ich habees getan . Der andere ist ein Lügner.“ Ein dr itter kam und sagteAlle beide lügen , ich habe es getan .

“ In Scharen kamen die Leuteund sagten : Wir haben Kungale uberwunden und getötet nunerfülle uns unsere Wünsche .“ Der König saß da und bl ickte die

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Leute an,und er hatte die Schuhe vor sich stehen , die man am Ufer

des Sees gefunden hatte . Der König sagte : „Wir werden sehen .

Der Mann,bei dem Samba Galadj ie abgestiegen war , kam zum

Könige und sagte : „Ich habe einen Fremden in meinem Hause .Der stieg da mit seinem Spielmann zusammen ab . Er ging heutemorgen fort und kam ohne Schuhe wieder .“ König Alu agewissisagte : Br inge ihn hierher.“ Samba Galadj ie hatte inzwischen ausgesch lafen . Der Wirt seines Gehö ftes sagte zu ihm : Der Konigmochte dich sprechen .

“ Samba machte sich mit seinem Spielmannauf und kam an den Platz , wo der König Hof hielt und viele Leuteherumlagen und herumstanden . Vor dem Könige auf dem Bodenstanden die beiden Schuhe .Samba Galadj ie ging auf den Konig Aluagewissi zu . Er nahmdie Schuhe und streifte sie über die Füße . Er zog den SchwanzKungales aus der Tasche und reichte ihn dem Kon ige . Der Königsah Samba Galadj ie und die Schuhe und den Schwanz Kungales undsagte : „Nimm meine Tochter zur Frau und sage mir , was du willst.Willst du Kamele ? Willst du Pferde ? Was willst du ?“ SambaGaladp e sagte : „Ich bin nicht gekommen , um Weib , Pferde , Kameleoder irgend welche Reichtümer zu gewinnen . I ch wünsche nureines : „Ich bin Samba Galadj ie , der Sohn des Königs von Futa Toro .

Der Bruder meines Vaters,Konko Bo Mussa , hat mir mein Land

fortgenommen . Gib mir eine Heeresmacht in die Hand , daß ichmein Futa Toro zuruckerobern kann .

“ König Aluagewissi sagte :

„Ich will deinem Wunsche will fahren . Ich will ein Heer vorbereiten . Vorher aber heirate meine Tochter und bleibe einige Zei tin unserem Lande , daß wir dir Gutes tun konnen . Denn du hasteine große Sache fur uns verr ichtet.“

Darauf heiratete Samba Galadj ie die Tochter des Konigs Alnagewissi des Diapo to in Baelle - aede .

Eines Tages wollte sich die Frau Samba Galad11es die Haare neuordnen lassen . Sie legte also all ihren Goldschmuck ab und au f

ihr Lager. Sie sagte aber ihrem Manne nicht , daß er auf ihn achtensolle . Nach einiger Zeit kam ein Dauwal (ein Strauß ) herein . Erging au f das Lager zu und verschluckte den Goldschmuck . Es ware in Strauß des Konigs. Samba Galadj ie nahm einen Gegenstandau f und warf ihn nach dem Strauß . Er warf dem Strauß ein Augeaus . Der Strauß lief von dannen .

Einige Zeit später kam die Frau , die Tochter des Konigs , zuruck.

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ein Auge e ingebußt hat , und rufe mir gleichzeitig deine Tochter .Zum zweiten gib mir ein Heer , das ich nach Futa Toro aufbrechenkann .

“ Der König sagte : Beides soll geschehen .

“ Man brachte denStrauß . Man r ie f die Frau Samba Ga ladj ies . Samba Ga lad j ie sag tezu seinem Spielmann : Nun br inge noch einen großen Topf .“ Dasgeschah . Dann schnitt Samba Ga ladj ie dem Strauße die Kehledurch . Er öffnete den Leib und sagte zu seinem Spielmann : Nimmden Bauch heraus und untersuche , was dar in ist .

“ Senod Amalad

tat es. Er warf den ganzen Le ibinh alt in den großen Topf undsuchte

, was dar in sei. Da fanden sich das Halsgeschmeide , der Ohrschmuck , die Haarringe . Samba Galadj ie sagte zu seiner FrauHier hast du deinen Dieb .

Samba Galadp e wandte seiner Frau den Rucken und sag te zu

dem Könige : Du willst mir also eine Kriegsschar geben ?“ DerKönig sagte : „Dort , wo der Weg in den Wald führt (in alter Zeit ,so erläutert der Erzahler , war auch die Sahel mit mächtigenBüschen !Wald : Fello oder Ferlo] bedeckt ) , wil l ich eine starkeDattelpalme über den Weg legen . Alle Reiter , die ich dir gebe ,sol len darübersetzen

,und es sollen soviele sein , daß info lge des

Darüberstre ifens der ubersch re itenden Pferdehufe die Palme durchschnitten und an der Stel le eine so starke Abreibung statt findenwird , daß damit der Stamm in zwei Teile geschnitten wird .

“ DieRei ter kamen

,eine Schar nach der anderen . Sie r itten alle uber die

Palme . Der P almstamm ward durch die Pferdehufe meh r und mehrdurchgescheuert . Endlich war der Palmstamm getei lt. Der Königsagte : „Nun will ich dir außerdem noch 2 00 000 Kamele

,j edes mit

zwei bewaffneten Kriegern besetzt , geben .

“ Der König tat es .Das war die Kriegsmacht

,die Samba Galadj ie nach Süden führte ,

um seinem Onkel Konko Bo Mussa das Königreich Futa Toro wieder zu entreißen .

4. Samba Galadj ies Rückkehr

Samba Ga lad11e machte sich mit seinem getreuen Spielmann an

der Spitze seiner gewaltigen Kriegsmacht auf den Weg nachFuta Toro . Er marschierte erst nach Timbuktu , dann marschierteer nach Massina

,dann marschierte er nach Kallari (Kalla ) , dann

marschierte er nach Badugu,dann marschierte er nach Bakunu ,

dann marschierte er nach Gidimaka,dann ruckte er auf das Land

der Malanke (Sarakolle ) . und zwar auf Bakilli (Bakel am Senegal )

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zu,wo Samba Galadp e und der Spielmann ihre Mutter zurück

gelassen hatten .

Diesen beiden Frauen , den Muttern von Samba Galad31e und seinem Gaulo Seuod Ama lad

, war es inzwischen sehr schlecht ergangen. Der Konig von Bakilli hatte wie alle anderen geglaubt ,daß Samba Galadj ie und sein Spielmann längst umgekommen warenund da die beiden Frauen keinerlei Beschützer oder Fürsprecherhatten

,so hatte der räuberische Konig ihnen alles weggenommen ,

was der Held seinerzeit erworben und fur sie zuruckge lassen hatte .Die beiden Frauen mußten sich nun mühsam ihren Lebensunterhaltsuchen , und sie taten das in der Weise , daß sie täglich ausgingen ,altes trockenes Holz sammelten und au f dem Markte verkauften .

Kein Mensch kummerte sich darum ,daß der Vater Samba Ga ladj ies

einst der mächtigste Konig und der Ehemann der einen der beidenFrauen gewesen war , denn in Futa Toro herrschte j etzt KonkoBo Mussa und sein Sohn Su len jéi.Als Samba Galadj ie und sein Spielmann mit ihrem mach tigen

Heere naher kamen , waren die beiden alten Frauen gerade au f demWege der Holzsuch e in dem Busch .

Der Spielmann sprang zuweilen hoch auf , stel lte sich au f denSattel und r ief laut : „Hooo , Samba Galadj le ! Hoooo , SambaGalad11e !

“ Die Mutter Seuod Amalads blieb im Walde stehen un d

sagte zur Mutter Samba Galadj ies : Horch, das war die Stimme

meines Sohnes . Samba Galadj ie kehrt zurück .

“ Die Mutter SambaGaladj ies schüttelte den Kopf und sagte : Mein Sohn ist lange tot.

S ie gingen weiter. Nach einerWeile blieb die Mutter des Spielmannswieder stehen und sagte : So horche doch . Das ist die Stimmemeines Sohnes . Samba Galadj ie kehrt siegreich zurück .

“ Die Mu t

ter Samba Galadj ies schüttelte den,

Kopf . Sie sagte : Mein Sohn istschon lange tot.“ Sie gingen weiter. Wiederum nach einer Weilebl ieb die Mutter des Spielmanns Seuod Amalad stehen und r iefAber so höre doch . Das kann nur die Stimme meines Sohnes sein .

Heute noch muß Samba Galadp e siegreich hierher zurückkehren .

Die Mutter Samba Galadj ies schüttelte den Kopf : „Ach , mein Sohnist schon lange tot .“ Sie wollte weitergehen .

Au f dem Wege kamen Samba Ga ladj ie und sein Spielmann an derSpitze des Heeres daher . Sie sahen die Frauen . Sie erkannten dieMütter. Sie sprangen vom Pferde . Sie knieten nieder und hobenihre Lippen zur Brust ihrer Mutter , als seien sie kleine K inder , dieNahrung zehren wollten (das ist die entsprechende Bewillkomm

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nungsform bei den Fulbe , wenn Mutter und Kinder sich lange nichtgesehen haben ) . Die Frauen fragten : Wo kommt ihr her ?“

Samba Galadj ie fragte : „Was machst du hier im Busch ?“ SeineMutter sagte : „Der König von Bakilli hat mir al les geraubt. Nunmussen wir uns dadurch ernähren , daß wir Holz sammeln .

“ SambaGaladj ie fragte : „Lebt Konko Bo Mussa , der Bruder meines Vaters ,noch ?“ Seine Mutter sagte : „J a , er lebt noch .

“ Samba Galadj lefragte : Lebt sein Sohn Su len j é

'

i noch ?“ Seine Mutt er sagt e : „Ja

er lebt noch .

Es war da ein Mann aus der Dumiafamilie , der hieß Dide . ImAnfange hatte er Angst , denn er dachte , Samba Galadj ie würde ihnzur Rechenschaft ziehen . Samba Galadj ie sagte zu Dide : „Ich habenicht vor

,dir etwas Böses anzutun . Du sollst aber an meinen Oheim

Konko Bo Mussa eine Botschaft bringen .

“ Er stel lte einen kleinenBeutel her , in dem waren Kugeln und Pulver und ein Tuch fe tzen ,

so rot wie Blut . Er sagte zu Dide : „Geh hin , bringe das zu meinemOnkel .“ Dide ging . Er kam zu Konko Bo Mussa. Er sagte : „Das

sendet dir Samba Galadj ie .

“ Konko Bo Mussa sagte : „Hat SambaGaladj ie Kr ieger bei sich Dide sagte : Er hat ein Heer bei sich .

Konko Bo Mussa fragte : Wieviel Menschen hat er ?“ Dide fu lltedreimal die zusammengeschlossenen Hände mit Sand und häufte ,ihn von der rechten zur l inken hebend

,einen kleinen Haufen auf.

Er fragte : Konko Bo Mussa , kannst du die Sandkörner diesesHaufens zahlen ?“ Der König sagte : Nein , das kann ich nicht.

Dide sagte : Siehst du , soviel Reiter hat Galadj ie bei sich .

Inzwischen war Samba Galadj ie nach Bakilli gekommen . Erfragte : Wo ist der König , der meine Mutter beraubt hat ?“ DieLeute sagten : Er ist gestorben .

“ Samba Galadj ie sagt e : Wo istsein Grab Die Leute sagten : „Es ist schon verwest.“ SambaGaladj ie sagte : „Es ist mir gleich . Ich will sein Grab öffnen undein paar Kugeln in seine Reste senden

,denn er hat meine Mutter

bestohlen .

“ Die Leute sagten : Man wird ihn nicht mehr finden.

Samba Galadj ie sagte : „Ich werde ihn finden . Ich will ihn finden .

I ch will ihn ausgraben und ihn schanden,so wie er meine Ehre ge

sch ande t hat .“ Der König war aber versteckt.Bei Bakilli (Bakel ) steht heute noch ein mach tiger Baum .

Samba Galadj ie sagte zu den Leuten : Ihr seht den Baum. Ihrwerdet einen Haufen von Stoffen und Hirse auftürmen , der so hochist wie dieser Baum . Das sol l eure Buße sein .

“ Die Leute schlepptenStoffe und Hirse herbei . Der Berg wuchs und wuchs . Zuletz t hatt e

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der anderen das Bett betrat , schwoll das mit Menschen und Tierenüberfü l l te Wasser derart an , daß die letzteren nur noch mit Mühedas andere Ufer erreichen konnten . Die Pferde vermochten nichtmehr den Boden des Flusses zu beruh ren . S ieben Tage lang währteder Übergang über den Senegal .Su len j é

'

i sagte zu seinem Vater : „Gib mir hundert Reiter. Ichwill mit Samba Galadj ie kämpfen .

“ Konko Bo Mussa gab ihm dieseReitersch ar. Su len j éi r itt Samba Galadj ie entgegen . Su lenjäi riefDiawa l (Guten Tag ) . Rüste dich .

“ Su len jéi schoß . SambaGaladj ie schoß . Su len j e1 fiel tot vom Pferde . Die ReitervölkerKonko Bo Mussas sturmten heran , um die Leiche zu retten , dennKonko Bo Mussa wollte seinen Sohn begraben . Die ReitervölkerSamba Mussas verteidigten den Toten , denn Samba Galadj ie wollteden Leichnam behalten . Es wurde bitter gekämpft. Das war derTag , an dem die Kugeln in der Luft gegeneinander pral lten , an demsich Himmel und Erde berührten , an dem der Boden schwarz wardvom Pu lverbrand , an dem Blut in Flüssen strömte . Das war derTag , an dem Konko Bo Mussa das Land Toro an Samba Galadj iezurückgeben mußte .

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das Gebiet zwischen Komboro - Kenp- Tema bis zum Berglande um

faßt. Auch südlich von Komboro Kenj i bis vor die Tore vonUah iguja ,

d . h . Jatenga , wohnen noch gleichsprachige und gleichgesittete Stämme , sie werden von den eigentlichen Bergbewohnernaber nicht zu gleicher Art gerechnet , weil sie schon sehr stark vonMossie lemen ten durchdrungen sind . In der histor ischen Überl ieferung wird davon die Rede sein , daß weiter imWesten die Ganna nochzur gleichen Art gehören .

Diese Bergmensch en nun , die , wie aus obigem hervorgeht , nichtnur Bergspitzen , sondern auch die großen Ebenen im Süden undnach Westen hin bewohnen , haben selbst keinen eigenen , zusammen fassenden Namen . Das sagt schon viel . Sie sagen

,sie wären die

Brüder der Bosso - Soroko im Nigertale und führten bei denen denNamen : Tommo oder Tombo , Bergbewohner. Man gibt ihnen vielfach den Namen Habbe (Sing : Kado oder Kaddo ) , aber das ist eineFu lbebezeich nung , die mit dem Namen für die alte Art ihrerWohnungen zusammenhängt. Sie haben vordem eine Art Mattenhaus gehabt , d ie die Fulbe Ga (Sing : Danki ) , die Habbe selbstSauru nennen und die mit den alten Mattenhäusern in Timbuktueine große Ähnl ichkeit haben . Weiter unten sollen sie näher beschrieben werden . Diesen Wohnungen verdanken sie ihren Namen ,und mit dem fu lbisch en Namen Habbe (Sing : Kado ) bezeichnensie sich heute nun selbst. Wir aber wollen sie Tommo nennen .

Es ist ein buntes Gemisch von allerhand Stämmen , die unterdiesem Namen zusammengefaßt werden . Fraglos bieten die verschiedenen Provinzen allerhand auffallende Varianten , aber ingenerel lem Unterschied , eine Zweitei lung wird für j eden au fmerk

samen Beschauer sogleich notwendig . Ich glaube , man kann zweiRassen unterscheiden , und hoffe , daß das Material an Schädeln , dasgesammelt werden konnte , diesem äußerl ichen Eindruck feste Beweisformen verleihen kann . Der eine Typus dieser Menschen ist dereiner , sagen wir , kuschitischen Art : rötl iche Hautfarbe , mongol ischschief stehende Augen , feine Glieder bei verhäl tnismäßig kleinerStatur. Der Schädel lang , tie f eingedrückte Nasenwurzel ‚ Sti rnschmal , H interkopf breit. Der Kopf h at etwas Zierl iches , Wohlgeformtes . Der zweite Typus nähert sich dagegen mehr dernegroiden Art

,und zwar muß man die Tommovarian te dieser Art

a ls durchaus ähnlich dem Bammanatypus bezeichnen : größere ,starke Menschen , dunkle Hautfarbe , der Kopf klobiger , massig ,breite , hervorstehende Backenknochen , gekrümmte Nase . Inwie

weit die beiden Typen geographisch mehr nach der einen oderanderen Seite als überwiegend hervortreten , wage ich nicht zu entscheiden , denn ich kenne den Norden nicht. Es würde mich abernicht wundern , wenn eine intensive systematische Forschung zu

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dem Resultate kommt : im Westen und Suden vorwiegend Bammanatypus , im Nordosten , in den entlegenen Gebieten und in denFe lsnestern mehr mongolischer Typus .Das würde wenigstens auch mit den eigenen Vorstellungen der

Tommo von ihrem Werdegang an übereinstimmen . Die Tommo des

Südens und Ostens geben unisono an , sie stammten aus dem LandeMande

,ihre Stämme Diamu

,oder in Tommo Tiga ) seien die

gleichen wie die heute im Bammana und Malinkegebie t ansässigen .

Sie hätten‘ nur andere Namen angenommen .

Jedenfalls muß gerade bei den Tommo betont werden , daß derVölkerkundige das Gewordene betrachten sol l , ehe er sich der Fragenach dem Gewesenen zuwendet . I ch habe mich ernstl ich bemüht ,dasWesen und den Zustand der heutigen Tommo zu durchdr ingen ,um damit ein Instrument in die Hand zu bekommen , das es ermöglich te , das Vergangene vom Heutigen säuberl ich zu scheidenund am Aufbau dieses Völkerwesens eine ergebnisreiche anatomische Sektion durchzuführen .

Zu diesem Zwecke habe ich zunachst moglichst viele Legendengesammelt und glaube , daß gerade diese kleine Sammlung hellerin das Wesen und Werden der Tommo hineinleuchtet , als ein nochso umständl iches Schildern der Volksart. Vertiefen wir uns nun indiese Legenden , so fäll t der ganz eigene Charakter auf , der ihneneigen ist.Als geschichtl iches Leitmotiv spr icht aus ihnen , daß die Tommo

als ein zerstückeltes Volk sich ängstl ich in den schwer zugängl i chenFelsenburgen verstecken . Die Menschen sind übermütig , wenn sie

eine reiche Ernte auf ihre Felsnester geschleppt haben . Dannkönnen die Feinde ihnen nichts anhaben . Fulbe und Mossi belagerndie Felsburgen , aber sie vermögen die Tommo nicht zu packen , unddie Tommo sind dann frech und räuberisch , stehlen und lachen überdie Gefoppten . Wehe aber , wenn das nächste Jahr mit der Ackerarbeit herannaht. Wenn sie draußen die Felder bestellen , fallen d ieReitervölker der Ebene über sie her und rauben die Feldarbeiter ,Männer und Weiber. Dann ist es mit dem Stolze und dem Ubermute vorbei . Dann gilt es Abgaben zahlen

,um die Angehör igen zu

befreien . Dieses Motiv kehrt in den meisten Legenden der Bergtommo wieder , und es ist der Vorgang , der das Leben dieser BergBurgmensch en charakter isiert . In der einen Jahreszeit Raubritter ,in der anderen geschorene Bauern .

Aber es geht durch das ganze noch etwas , das wohl noch tieferin den Werdegang der Tommo hineinleuchtet : staatl iche Zerrissenheit und Degeneration im eigentlichen nördlichen Berg lande , staatl i che Kraft und Geschlossenheit in der südl ichen Ebene , in derEbene der Ganna. Es ist ein Gegensatz , so ausgesprochen und

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markant, so unverkennbar deutl ich , daß j eder Irrtum ausgeschlossen

ist . Er ist das Wesen der Lebensgrundlage , des geographischenBodens

, des Wohnsitzes , das als Daseinsgesetz dies Volkslebenregiert , modifiziert , umbildet und nie eine En twicklungsgröße au f

kommen läßt . Es ist ganz gleich , ob die Elemente dieser Legendenkunst kosmogon isch en oder was son startigen Ursprunges sind . Aufj eden Fall ist die Fabu lei bei allen diesen Völkern ku ltursymptomatisch . Die langen Ependich tungen der Soninke und Fulbe mitihren markanten Heldengestalten , deren siegreicher Kraft nichtsStand hält au f der einen Seite , die langen Sänge der Bosso - Soroko ,in denen magische Kunst , magischer Wa ffenprunk , Spuk , Teufelswesen und asiatisch verschrobener Mystizismus prunkt und irrlich tert , die großzügige Heldensage , das sieggekrön te Sunjata beiden Malinke einerseits und demgegenüber diese kleine , engherzige Welt der Tommoerzäh lungen ! Wer wil l weitergehendeDurchdringung und Überlegenheit durch geographische Tatsachenbedingter Charaktereigenschaften. J edes Städtchen auf seinerFelsenspitze eine Welt , klein und k leinl ich egoistisch und unfähig ,den Blick weiter h inausschweifen zu lassen , a ls über das Tal , indem die Acker der Ortschaft angelegt sind . Es ist , wie gesagt , fürdiese Betrachtung gleichgültig , ob die Elemente dieser Legendenkunst kosmogon isch en oder andersartigen Ursprunges sind . Es sindvielleicht dieselben Legendenelemen te bei Marka , Fulbe , Bosso undTommo ‚ aber bei den Tommo wird alles überal l über die Maßenschmalbrüstig und kümmerlich . Der eine Ortskumpan holt Mossi ,der andere Fulbe

,der dri tte die Djalgoddi- Leute herbei , um die

eigenen Landsleute zu vernichten . Im Glück ist er reich und übermütig , im Unglück gehässig !Es ist ein zerrissenes , in kleinl iche Felsbrocken zertrummertes

Bergland , ebenso seine Menschen , und nur die Menschen derSteppe , die Ganna usw. , künden von größeren Helden und Männertaten . Das ist das Volksleben der Tommo .

Das Aufwachsen der Jugend

ie j unge Frau , die dem Familienzuwachs entgegensieht , sucht ,wenn irgend möglich , im Gehöfte der Mutter zu gebären .

Einige alte Frauen stehen ihr bei . Die Nachgeburt wird in demHause , in dem die Geburt stattfand , in der Erde begraben . Nachsieben Tagen erhält das Kind seinen Namen , (1. h . den o ffiziel lenNamen , und zwar vollzieht d ie Zeremonie , wenn er noch lebt , derGroßvater (mütterl icherseits ) , sonst die Mutter . Man schlachtetHuhn , Hammel , Ziege . Man tr inkt . Es ist ein Fest Besonderswenn die Frau Zwill ingen das Leben gab , ist die Freude groß . Dann

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Der kleine Junge ahmt zunachst Spielend die Arbeit der Mutternach und stampft Kolben im Mörser. Die erste ernstere Arbeit aberist für ihn das Herbeischaffen von Holz . Er steigt mit den anderenDorfbuben hinab ins Ta l und sucht in dem fernen Busch dürresKnüppelholz , das er dann zu Berge schaffen muß . Nachher wirdihm und seinen Kameraden das Hüten der Ziegen und Schafe undnoch später die Ese lwartung anvertraut. Nach dieser Zeit erst gehter mit dem Sichelmesser ins Ta l und holt H eu herauf.In dieser Per iode zeigt sich die erste soziale B i ldung der Tommo .

Der Bursch tr i tt j etzt , in der Zeit vor der Beschneidung , in denKnabenbund , d . h . in den Sanakurre . Das Zeremon ial d iesesKnabenbundes , das dem Tombo kung der Mande entschieden äh nl ich ist , findet kurz vor Beginn der Regenzeit bis zum Beginn derSaat statt . In einigen Ortschaften bedingt es für die Burschen eineAbwesenheit , ein Busch un d Höh len leben von einem Monate , ineinem anderen eine solche Zurückgezogenheit oder Verwilderungfür nur wenige Tage . Anscheinend war die Zeitspanne früher längerals heute , andererseits ist es aber auch nicht ausgeschlossen , daßeine unerwartet frühzeitige Regenzeit dem von erstem Sinn belebten kindischen Spiele ein vorschnel les Ende bereitet.Die Burschen bauen sich im Busch oder in einer Höhle ein Haus

chen , das den Namen Arina ngina hat. Bei dem Häuschen lebensie . In dem Arina ngina steht ein Topf mit Wasser . Es sind kleineTonpuppen dar in , die Amba heißen (vgl . S . Amba ist sovielwie Gott ; wir werden später darauf zu ru ckkommen . Die Knabensuchen Eidechsen und bringen diese als Opfer dar . Aber es ist nochWertvol leres in dieser Ar ina ngina

,nämlich die Lewe oder Laewe ,

das sind Steinbei le , alte Müh lmah lste ine oder j ene konischen ,schweren Steinspitzen , die man hier und da als Reste einer uns bisher noch nicht ganz verständl ich gewordenen Arbeitsweise der Steinzeit findet und die einem Kanonenproj ektil nicht unähnlich sehen.

Diese Ste inkonusse sind bis an die Spitze in die Erde gegraben undals besonders hei l ig erachtet. Man opfert ihnen , um Regen zu erlangen .

Außer der Wartung dieser Arina ngina l iegt den Burschen nochein großes Tanzzeremon ial ob ganz wie beim Tombo - kung.Allerdings fehlt dem Mummenschanz anscheinend die Holzmaske .Es ist nur ein Blätterkleid und ein Blätterhu t mit weit herabfal l endem Blätterschmuck . Darin tanzen die Jungen . Ein älterer Knabeist ihr Lehrmeister. Er lehrt sie , d ie Kle ider herstellen und lehrtsie d ie Tanzweisen . Er ist streng und bestraft die Unachtsamkeit .Die Vermummten aber selbst haben al ler le i fröhliche Rechte . Siestehlen Milch und auch wohl das eine oder andere Stück Kleinviehund bringen die Ergebnisse kleiner Raubzüge in der Ar ina ngina

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als Opfer dar. Oder aber , sie z iehen in ihrem Blatterkle ide , wohleingehüllt und unerkennbar in die Ortschaft und bereiten den nochnicht eingeweihten Knaben und vor allen Dingen den kleinen Mädchen Schrecken. Sie schlagen mit kleinen Ruten , jagen die Erschreckten und lassen sich erst durch kleine Geschenke besänftigen .

Auch Erwachsene geben den Burschen gerne . Summa summarumliegt doch wohl , wie gesagt , ein tieferer Sinn in diesem kindischenSpiele , sonst würde man nicht die Wartung der heiligen Laeweihnen anvertrauen . Und da dies Zeremon ial vor der Regenzeit anfängt , da die Laewe die Spender fruchtbaren Regens sind , und dain der Ar ina ngina auch außerhalb dieser Knaben tanzze it vor denAlten geopfert wird

,so werden wir kaum einen falschen Schluß

ziehen , wenn wir annehmen , daß ähnlich dem Umgange der Tombokung dieses Zeremon ia l der Fruchtbarkeit gewidmet ist .Der nächste wichtige Abschnitt für den Knaben beginnt mit Ein

tri tt in die Gruppe der Amagun o- unue , d . h . der Besch n eidungs

kandidaten . Irgendwo in der Nähe des Dorfes wird ein Ma ttenzaun

abgesperrt. Darin halten sich die Beschnittenen tagsüber au f . DieNacht dürfen sie im Dorfe zubringen . Die Per iode der Heilung derWunde wird auf etwa zwei Monate berechnet. In dieser Zeit gehendie Burschen mit den Sossogo ,

d . h . den Besch n e idungsklappern

(aus Kalebassenstücken ,bei Zen tralmande Wassamba genannt ) ,

umher. Ist die Per iode abgelaufen , so werden alle Kleider , diewährend dieser Zeit getragen werden

,die Sossogo , Bandagen usw . ,

zusammen au f einen Haufen geworfen,das ganze Lumpenzeug an

gezündet und verbrannt. Dabei sind die Alten anwesend . Es wirdsehr gut gegessen und auch getrunken . Zuletzt wird Wasser au fdas Feuer gegossen und es so ausgelöscht.Wie bei den Mande sind es die Schmiede

,welche die Besch ne i

dung ausfuhren,die Männer die Knaben

,die Schmiedewe iber die

Mädchen.

'Die Knaben werden im Alter von 15 bis 1 7 Jahren operiert , den Mädchen wird die Spitze der K l itor is abgeschnitten , wennsie etwa acht Jahre a lt sind , d . h . also , wenn die Entwicklung dergeschlechtlichen Rei fe eintritt.Der vollständige Name der männlichen Besch n eidungsgruppe istamba guna unne be ginna ‚ _

der der weiblichen : amba guna unun iamwe , eine Bezeichnung , die an Wortfül le nichts zu wünschenübr ig läßt , die aber auch hochinteressant ist. Ambaguna heißt soviel wie „Gottesdiener“ oder „Go ttessklave

“,Unne K inder“ .

Ginna ist der Name des Hauses,in dem die Beschnittenen leben .

Niamwe Mädchen .

In diesem Alter werden auch die bezeichnenden Korperverun

staltungen anderer Art ausgeführt. Sehr beliebt ist bei den Tommo

„Inni - lau“, das ist die Zuspitzung der oberen vier Schneidezähne

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(inni Zahn ) . Diese Versch onerungsarbeit wird durch dieSchmiede ausgeführt. Von hinten resp . innen wird ein Holz gegendie Zähne gestützt , das verhindern soll , daß beim Dagegensch lagen

die Zahnkronen etwa ganz abbrechen . Von vorn resp . außen wirdmit einem kleinen Eisenhämmerch en oder Keil e in Spl itter nachdem anderen abgeschlagen . Bei den Mädchen wird diese Verstümmelung vor der Beschneidung , bei den Buben kurz vorher oderkurze Zeit später ausgeführt. Nach der Beschneidung müssen diekleinen B irn en sich noch der B ini - karu , das ist der Le ibtätowierungunterziehen . Sie wird mit einem Messer in langen Schnitt en ausgeführt. In die Schnittwunden wird mit Baumbu tter gemischteKohle gerieben .

Mit diesen Versch on erungen des Korpers und einer zieml ichgleich förmigen Erziehung des Geistes erreicht das Tommo

Menschenkind in diesem Alter das Interessengebiet des Geschlechtsl ebens .

Liebesleben. Werbung . Ehe

us dem Mandegebie t kommend , erreichen wir bei den Tommo

A eine wichtige Sitten und An sch auungsgrenze . Bei den Mandeist für das weibl iche Geschlecht Einhalten der Sittenre inh e it strengstes Gesetz . Wehe dem Mädchen , das bei den zentralen Mande vorder Ehe beim Beischlaf ertappt oder dessen Versündigung in diesemSinne bei der Eheschl ießung offenbar wird ! Sie verl iert al leAchtung der Mitwelt und wird zunächst

,wenn ihre „Sch lech tig

keit“ bekannt wird , weniger geachtet , wie die übl ichen Ortsh uren .

Dagegen scheint das Geschlechtsleben der verheirateten Frauenweniger streng überwacht und beurtei l t zu werden

,und z . B . in

Konian und Bate geht manche Frau mit Wissen des Mannes miteinem Freunde auf „Geschäftsreisen

“.

Genau umgekehrt bei den Tommo . Das Tommomadch en ist frei .(die Mädchen - jnj ewe ) . Es kann über seinen Körper nach eigenemWohlgefal len verfügen und sich einem Geliebten hingeben , ohnedaß dadurch ihre Ehre geschädigt werde . Ja , es wird sogar versichert , daß das Mädchen , das ein von einem Gel iebten gezeugtesKind mit in die Ehe bringt , als Gattin mehr erstrebt , mehr geschätz tund geachtet wird , a ls eine , die keine Belege ihrer Liebeskunst undFruchtbarkeit aufweisen kann . I ch glaube , daß das wahr ist , dennsolche Anschauung finden wir in dieser Form des Sittengesetzes ,das auf Mädch en fre ih eit und Frauenkeusch h e it hält , häufig Einkleines Tommomädch en hat es in dieser Richtung sehr gut. Esbraucht nicht einmal darauf zu warten

,daß der Geliebte sich ihm

nähert. Es kann und darf sehr wohl ihm seine Gefühle , Wünscheund Hoffnungen bekanntgeben .

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Ansch auungsmodus. Ich wil l es nicht entscheiden , ob die Änderungdes Sittengesetzes , das heute in allen zentralen Mande ländern aufMädch enkeusch h e it lautet und bei den Tommo Mädch en fre ih eit

gibt , in den heutigen Tommo ländern vor sich ging , oder ob darauseine ältere soziale Anschauung der Urmande (wenn man so will )spricht. Aber letzteres ist mir unwahrscheinl ich . Denn patriarch a lische Sippengruppierung und Mädch en fre ih e it scheint mir überallin der Welt , (1. h . in j ener Kulturform , die diese Gruppierung schuf ,zusammengeh orig . Die ger ingen Mittel , die genügen , die Frau zu

gewinnen , das Fehlen des eigentlichen Brautkaufes sind auffal lend .

Der junge Mann , der heiraten will , sieht sich entweder im eigenenoder in einem benachbarten Orte

,mit dem man nicht in Bann und

Fehde lebt , nach einer Braut um . Man heiratet in eigener Kaste ,und nie wird ein Vornehmer ein Schmiede oder Spielmannsfräu le in

freien wenigstens sagt man es . Bei der Wahl der Frau sprichtdie Liebe nicht mit. Der Freier geht darauf au s , möglichst „gu te

Familie zu gewinnen , also sieht er vor allem auf die „Fam i l ie“, und

in zweiter L inie erst betrachtet er die eigentliche Braut. Natürl ichsucht man immer möglichst weit „nach oben zu ehel ichen , undprotzt damit , daß man sein Weib „aus gutem Hause

“ hat. Danndie Braut ! Sie muß gesund und kräftig sein , muß vor allem denbeiden Hauptanforderungen

,die an sie in der Ehe gestel lt werden ,

entsprechen , (1. h . sie muß gute Aussicht auf Vermehrung bietenund außerdem arbeiten können .

Hat der Eh elustige ein seinen Wunschen und Hoffnungen entsprechendes Mädchen gefunden

, so macht er nicht etwa eine feurigeLiebeserklärung , sondern er wendet sich mit einer Gabe an dieSchwiegermama . Man unterscheidet im Tommogebie te zwei ArtenKauri , eine kleine Sorte , kogo - uju

,und eine große , kogo - luro ge

nann t . Von der kleinen Art sendet er 1000 an die Schwiegermutter ,die auf den schwer auszusprechenden NamenAmwan j aung hört. (Dieerste Si lbe könnte man statt Am oder Anno auch Auw oder Aunwschreiben . Man spreche sie recht nasal und möglichst undeutlichaus , dann stimmt es . ) Also die brave Frau bekommt die 1 000

Schnecken und dann weiß sie Bescheid . Sie spricht mit ihremManne , der spr icht mit der Sippe . Niemand aber spr i cht mit demMädchen , das doch gewissermaßen Hauptwesen bei der Sache ist ,oder mit dem Freier . Ist sich die Schwiegermama mit der Familiein zusagendem Sinne einig , so macht sie au s den Kauri durch Zusammen flech ten eine Art Decke und das ist dann ein Schmuck fürdas Mädchen . Das Mädchen wird nun frisiert , bekommt denSchmuck und erfährt den Namen des Freiers . Zu sagen hat sienichts . Sie weiß nun , daß es mit dem fröhlichen , freien Liebeslebenzu Ende ist und daß j etzt der Ernst des Lebens beginnt. Vielleicht

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weint das kleine Herz einem bisherigen Geliebten nach , aber Augentränen gibt es nicht. Sie trägt den Schmuck der 1 000 Schnecken .

Der Freier sieht es und nun hat er alle Gesch lech tsrech te gegenüber der Braut

,für die es keinen anderen Liebestraum mehr gibt

,

als etwa den , den sie vielleicht mit dem Freier und späteren Gattenträumt. Vielleicht! Denn die Ehe ist , wie gesagt , nicht Liebessache !Der zu solchem Rechte gelangte Freier besucht nun dann und

wann das Haus der Braut und Schwiegermutter. Wenn die kalteJahreszeit eintritt

,also im November , geht er mit den Kameraden

in den Busch . J eder sammelt ein Bündel trockenes Holz . DieBurschen bringen das der Schwiegermutter . Das Holz wird Amwatingu genannt. Tingu Holz . Wenn die nächste Regenzeit beginn t , kommt der Freier mit seinen Kameraden zum Schwiegervater und fragt nach dem Acker . Die Burschen bestellen mit demSchwiegervater und seinem Hausstande dessen Acker. Die Schw iegermu tter sendet ihnen mittags eine Schale mit Speise , auf der eingetrockneter Fisch als Zugabe l iegt. Aber der Freier und seineGenossen essen nichts davon

,denn sie sind keine „Tage loh ner

“, sie

wol len nicht wie angeworbene Arbeiter beköstigt sein und sindwohlhabend genug

,um sich selber zu ernähren . Also hat j eder in

seinem Sack eine gute Atzung mitgebracht , und das Geri cht derSc hwiegermutter wandert in das Dorf und wird den Haussklavendes Bräutigams ubergeben . Solcher Sto lz und die gleiche Sitte istübrigens auch den Malinke eigen .

Wenn die Ernte eingebracht ist,findet die eigentliche Vereh e

lich ung statt . Im Laufe der vergangenen Trockenheit , nachdem derFreier das Jawort der Brau tfamilie gewann , hat er seinen Vatergebeten , ihm eine Stel le für einen Hausbau anzuweisen . Der Vaterwillfah rte dem , und der Bursch baute al lein oder mit seinen Freunden sein Haus. Jetzt , wo die Erntearbeit vollendet ist , sendet er demSchwiegervater ein Paket Tabak und zwei Töpfe H irsebier ken je .

Dieses Bier nennt man Anwa- ken je . Der Tabak heißt Taba .

*

Wenn diese Gabe eintri fft,versammeln sich abends alle Alten u nd

Sippeglieder und es wird bieder gezecht . Ob der Bräutigam an

diesem Tage mit seiner Braut schlafen will oder nicht , ist natürl ichseine Sache . Jedenfalls kann er am anderen Tage mit ihr abziehenund sie in sein eigenes Haus führen . Sie wird übrigens von ihrerMutter mit allem , was zur Küche nötig ist , ausgerüstet (Mörser undKeule , Körben , Kalebassen usw.

D ie Malinke kenn en zwe i Sorten Tabak, namlich Sira oder Sirra , den sie

se lbst a ls n ich t seh r alt beze ich n en , und Djamba ,der ura lt im Lan de se in

so ll. D ie Tabakspfe ife h e ißt dah er be i ih n en auch Djamba daga , be i den

Son inke Djamba - dj inne ‚ be i den Tommo dagegen Tabading .

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Nun erwar tet der Gatte mit einiger Ungeduld Familienvermeh

rung. Wenn während drei Jahren solche nicht eintritt , oder wennetwa alle Kinder

,die geboren werden , wieder sterben , so sagt er ihr ,

s ie sol l ihren Kram zusammenpacken und schickt sie der Amwaj aung wieder zu. Die Ehe ist nun gelost. Die j unge Frau kann inZukunft machen , was sie wil l , von nun an hat sie das Recht , sicheinen Mann auszusuchen . Betont muß aber werden, daß eineverheiratete Frau unbedingt nach außen hin der Theor ie nach treusein muß.

Die erste Frau,die der Tommo heiratet , heißt Nj ama- la oder Nja

gara (oder Njagarang ) . Sie steht dem Hausstande vor und hat dasWirtschaftsrecht und die Aufsicht über al le anderen etwa nochhinzukommenden Frauen . Wenn der Kado es kann , heiratet ermehrere Frauen , und wenn möglich , sucht er auch eine Beischläferin taranjang ) oder mehrere zu gewinnen . S ie stammenaus dem Bereiche der Urussukaste . Die Kinder der Taran janghaben gleiche Rechte mit denen der Frauen . Des ferneren dienender Befriedigung des Mannes Huren (die Hure heißt uj a- au - sara ) ,deren es in einigen Orten mehrere gibt . Diese haben ein eigenesHaus

,sind nicht irgendwie verachtet , r ichten die Preise für ihre

Gunstverteilung und nach dem Rufe , in dem ihre Fertigkeit in derars amandi steht und sind zuwei len sehr reich .

Sozia ler Bau: Kasten, Altersklassen usw.

uch im sozialen Bau der Tommoku ltur Sudmassinas erkennenwir viele Symptome durch gemeinsames Schicksal und Ver

sch lagung herbeigeführten innerer Homogenisierung. Das B iamuexistiert und hat den Namen Tiga. Des weiteren finden wir dasKastenwesen . Kaste heißt togu (Plural : toguna wui ) . Der Beweisder Homogenisierung liegt aber schon in der Tatsache , daß die verschiedenen Kasten nicht verschiedene Diamu haben . In einem Ortesind z . B . nur Togo . Alle Kasten führen den Stammesnamen Togo ;es gibt z . B . Vornehme

,die Togo sind

,Schmiede

,die Togo sind

,

Spiel leute , die Togo sind usw. In einem anderen Orte sind nurGindo . Da haben wir Gindoedele , Gindoschmiede , Gindospie ll eute usw. Dabei wird die Kastenre inh e it aufrechterhal ten undSchmiede heiraten Schmiedemädch en , Vornehme Adelstöchter usw .

Da nun alle diese Stämme und Völker mit prompter Sicherheit angeben , daß sie aus Mande stammen , und da wir den sozialen Bauder anderen Mande sehr wohl zu durchschauen vermögen

, so

spricht daraus die Tatsache,daß die Tommo ihre alten Diamunamen

eingebüßt und andere mehrere oder alle Kasten umfassende Namenerhalten haben .

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sind,haben eine angenehmere Stellung als bei den zentralen Mande .

Sie sind auch weniger gefürchtet als die Numu , da mit dem Aufhören der Übergewa lt des Bundes und mit der höheren Entwicklungder Sch amanengewa lt ihre Macht vermindert wurde . Auch hierwird j edoch viel fach beim Einbringen der Ernte eine kleine Abgabeden Schmieden überw iesen , „weil sie das Ackergerät herstellen“ .

Der Alterse in fluß der männl ichen Tommo ist nach folgendendrei Klassen geordnet :

1 . Die unbeschnittenen Knaben : insinsin -we (Sing : insin - si ) ,2 . die beschnittenen Burschen , d . h . also die J üngl inge : j an-we

(Sing : j a ) ,3 . die j ungen Eh emanner : sagatt a-we (S ing ; sagatt a ) ,4 . die alten Familienältesten , Hofherren : angt ang-we (S ing

angrang ) .

Aber diesem wohlerhaltenen Altersklassensystem entspricht nichtmehr eine leicht durchsichtige Bundesorganisation , wie sie bei denMalinke , Bammana und Bosso so vol l und klar erhalten ist. I cherwähnte oben den Sanakurre , den Knabenbund , der dem Sinne undWesen der Tombo - kung fast vollkommen entspricht . Aber mitd ieser Analogie ist die Summe der absoluten Übereinstimmungenerschöpft.Die zweite und dritte Altersschicht hat auch ihre Bund und

Maskenzeremon ien : Lasuga und Aj a- kaj a. Es sol l das , was ichdavon sah und erfuhr

,hier gleich beigebracht werden , betone aber

ausdrücklich , daß es nur Bruchstücke sind . Die Mangelhaftigkeitder Mittei lungen in diesem Punkte beruht nicht etwa nur in derlokalen Schwier igkeit

,in die Materie einzudringen . Diese Mangel

h a ftigke it hat noch zwei andere Gründe. Einmal ist das Wesendieser Maskeraden fraglos im Zustande der Degeneration . Zumzweiten ist durch die Einwirkung der benachbarten Mossiku ltur eineSittenverwirrung und eine Verunklärung herbeigeführt , die erstdann ein wenig zu beheben sein wird , wenn diese sog. Mossiku ltur

resp . ihre alten Grundlagen durchleuchtet sind . Der Beweis derMossie inwirkung kann heute schon in sehr einfacher Weise gegebenw erden . Die Holzmasken der Lasuga werden anders getragen al s

d ie der Mande ; es sind nämlich zieml ich tief ausgeschälte Vorlegemasken , durch deren Un terqueru ngste il ein Stab geführt ist , den derMasken tänzer in den Mund nimmt , wie das Rei tpferd die Kandare .Diese Art zu tragen ist aber die der Mossi . Auch der hohe Aufbauder Tangamaske erinnert sehr an die hohen Stäbe der Mossimasken ,

die i ch in Ja tenga entdeckte . Gleichermaßen ist das mit der Gesich tsaussch a lung der Uaumasken (den Büffelkopfformen ) der Fall ,die h ier rechteckig und bei Mossimasken spitzoval sind und endlich

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stimmt der Band oder Stricktypus der Lasuga - nja -Maske genau mitdem H in terkopfstrickwerk der Mossimasken überein .

Vor al len Dingen aber muß es sogleich auffal len , daß bei denTänzen der Tommo -Maskierten die Frauen zuschauen dürfen

,was

bei den heil igen Maskenzeremon ien der zentralen Mande nie derFall ist

,aber sowohl bei Mossi beobachtet wird , a ls beim Tschi

warra und Sugun ikong , der östl ichen Mande üblich ist. Das heißtalso , wir haben schon ganz äußerlich genommen eine große Reihevon Symptomen die belegen , daß die Tommomaskensitten mehr deno stlich en Erscheinungen zuneigen als den strengen , westl ichenBundformen der Zentral -Mande . Bei derartigem Tatbestände wirdman es aber wohl als berechtigt anerkennen , wenn die Identität derBundorganisationen bei Tommo einerseits und Malinke nebst Westbammana andererseits angezwei felt wird .Der Leutnant Desplagnes h at aus seiner „Habbe -Arbeit eine

geistreiche Hypothese,die Maskierten betreffend , unterbreitet , die

leider vorschnel l ausgesprochen und vor al len Dingen oberflächlichund verfehlt ist. Er sieht in den „Nabadj i

“ die symbolischen Totentänze der Antilopen

,Vögel , der P flanzenkon födera tionen u sw . I ch

habe viel Mühe daran gewendet , dieser Idee nachzugehen und kannsie hart zurückweisen . Der Autor geht von verfehlten l inguistischen Definitionen aus. Er wirft

die Sprachen der Fulbe undTommo - Habbe mit Tasch enspie lergesch ici chke it durcheinander .Nabadj i ist kein Tommo sondern ein Fu lbewort . Die Antilopensind keine Anti lopen

,sondern wilde Buffel usw.

Soviel ist sicher : Wir haben im südlichen Tommolande heutekeine Bünde mehr

,die einen bemerkenswerteren , sozialen Einfluß

ausüben . Es sind Zeremon ialtänze . Aber es ist nicht zu verkennen , daß in diesem Zeremon ial noch mancherlei Motiv enthalten ist

, das aus dem Bereiche der Zen tralmande mit hinüber insHabbeland geflüchtet ist . Über die Masken und Tänze nachher .Hier nur soviel : Man sagt , daß die Ausführung in den Händen derzweiten und dritten Altersklasse l iegt . I ch sah aber , daß die Altendie Anordnung gaben .

Die Klasse der Alten , die Angrang-we , regieren überhaupt dasDorf. Auch hier muß ich mich wieder gegen die AusführungenDesplagnes wenden . Er spricht viel fach von den „Anna- gara“ undlegt dieser Institution große Bedeutung bei . In Wahrheit heiß t d ieGruppe der regierenden Alten angrang -we im Plural ; angrang imS ingular. Es kann sich nur um ein „Verhören

“, um ein M ißver

ständn is handeln . Das Wort Anna kommt im Tommo vor und heißtsoviel wie Held , Tapferer , entspricht also den Sagate der Fulbe unddem Nganna oder Ganna der Mande . Man verwendet es aber nichtmit dem Adj ektiv ngara oder gara zusammen

,wenigstens im all

2 63

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gemeinen nicht. Ware das der Fall , so hieße Anna gara große Helden ; oder vielmehr großer Held . Zweitens hört man das Wort annasehr häufig im Tommolande in anderem Sinne gebraucht , nämlichals Bezeichnung der „Herkunft aus

“, des „Vorhandenseins in‘ Z . B .

Anna Bankassi,d . h . „es gibt in Bankassi

“. Dann entspricht das

Wort dem abe der Malinke , dem aye der Bammana , dem yako derTommo . Im Malinke heißt 2 . B . „C isse abe Bamako

“: „Es gibt

Hühner in Bamako .

“ Anna in dieser Verwendung kommt bei denTommo vor , i st aber wieder Fu lbeursprunges. Wiederum eine andere Möglichkeit ist , daß Desplagn es sich verhört hat , wie ihm das

o ft zugestoßen ist,und daß man von anda gara, d . h . großem Dorfe

(anda sinsinko kleines Dorf , anda koro oder gina koro altesDorf) sprach . Nach der Verwendung , die Desplagnes im allgemeinen hat

,glaube ich al lerdings , daß er das zu seinen Hypothesen

geeignete Wort Anna Gara oder Anda Gara einmal notierte unddann für Angt ang anwendete . Auf keinen Fall bedeutet Anna garabei den Südtommo aber etwas wie die Roten vom Stamme der Anna.

Die „Anna“ als Stamm gibt es nicht und rote Leute (2 . B . Fulbe ,

also der Hautfarbe entsprechend ) , heißt nege- baung (schwarzeLeute nege geung , weiße nege -mpi. Nege oder nenge Leute ) .Diese Angt ang-we sind bei den Tomme Südmassinas die wirk

lichen Herren und ihre Gemeinsamkeit äußert und ordnet den Dorfwil len in allem

,was innere und äußere Pol itik anbelangt. Es gibt

überal l e inen Anda- amiru,einen Dorfhäuptling , dessen Amt erb

lich ist ; aber der Anda amiru ist nichts anderes als der Vollzieherdes Willens der Alten

,der Angrang und außerdem der Ortsrepräsen

tant. Wenn irgendwo, so herrscht gerade bei den Tommo die Alters

klasse des Angrang und dem Dorfhäuptling fallen sehr wenigeRechte zu . Er beordert

,wenn Fremde kommen , die Speisen usw. ,

er nimmt das , was die Familienalten ubersenden , in Empfang , erbringt es an die richtige Adresse , nimmt das Gegengeschenk dafürin Empfang und vertei l t es unter die Speise lie feran ten . Solcher Artsind seine Amtsgeschäfte . Sehr selten erreicht ein Amiru einehöhere Mach tstu fe . Wenn das aber geschieht , d . h . wenn er denWiderstand der Alten zu brechen weiß , und das eine oder andereNachbardor f erobert , dann kann er es allerdings zum Fanga-ma ,oder Panga-ma

,zum Könige br ingen . Das geschieht aber sehr , sehr

selten und der neue König wird sich beei len , den Fr ieden mit denAlten zu schl ießen , um nicht seine eigene Existenz ständig gefährdetzu sehen . Aber lange währt solch ein kleines Kön igre ich lein imBerglande nicht. Wenn der kluge und tapfere Gründer stirbt , werden seine Nachkommen sehr bald abgesetz t oder wieder zum einfachen Amiru tume heruntergedrückt. (In H omburi, wo ich nichtwar

, scheint das Kön igstum früher wuchtiger gewesen zu sein . )

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Ogong und der gleich zu erwah n ende Lagam gemeinsam vorkommen

,dem Lagam nicht gleichgestell t , sondern mehr unter

geordnet. Und der Lagam ist eine typische Mande institu tion ; derLagam ist der Schamane kat - exoch en .

Der Ogong hat sein eigenes Gehöft , das ihm von der Gemeindeerri chtet wird . Häufig l iegt es seitwärts der großen Ortschaft oderan besonders hervorragender Stelle. Es ist al le denkbare Sorgfaltfür die Errichtung dieses Gehöftes angewendet. Die besten Balkenwerden zur Deckenbildung herangeschleppt. Die Tragestützen werden sorgfältig geschnitzt und mit Figu ren versehen , die sich imRelief abheben . Die Darstel lung von Mann und Weib spielt einegroße Rolle . Fernerhin wird die Mauer mit Rel ie fornamen ten bedeckt und zumal das Haus des verstorbenen Ogongs von Kani Kombole war ein Museum dekorativer Kunstfertigkeit. Es waren außenSchlangen , gehörnte Tierköpfe , in Begattung begriffene Menschen ,dann Strauße

,Kaimane usw. zu erkennen und al l dies Stü ckwerk

noch obendrein mit weißer und roter Färbung wirkungsvol l betont .Der Ogong hat einen o ffiziel len Diener und Beamten , den Ogong

kanda , der das bemerkenswerteste Würdesymbol der Institutionträgt : das Ogong-mbaga ; d . i . der hohe Szepterstab . Zu den wicht igsten Beru fsfunktion en des Ogong- kanda gehört das Auffindendes Vampyrgeistes. Das tu t der Ogong nicht selbst. Die ganzeBedeutung der Ogongwürde kommt zur Entfal tung , wenn sichirgendwo zwei Parteien oder gar die Bewoh nersch a ften zweier Dörfer schlagen , wenn K leinkr ieg ausbri cht. Dann schreitet der Ogongkanda unter die Kämpfenden . Er nimmt den Ogong-mbaga- Stabund stoßt ihn zwischen den Kämpfenden in die Erde . Sogleich entsteht Friede und große Furcht. Denn nun liegt al le Gewal t in derHand des hohen Richters , der die bei der Untersuchung als schuldigbefundenen und besonders die , die j etzt etwa noch widerspenstigsind , einer gehörigen Strafe unterwirft. Der Ogong ist über al lenKriegen und Streitigkeiten als Friedensrichter erhaben .

Der Ogong ist wenigstens kann das für die heutigen SudTommo , die ich kennen lernte , mit Bestimmtheit versichert werdenein seiner Hauptfunktion nach rein weltl icher Beamter. Da

neben aber l iegen verschiedene Zeremon iale , Kulthandlungen usw .

in seinen Händen . Es ist sehr wahrscheinli ch , daß derartige religiöse Funktionen mit seinem Ursprunge verwachsen sind .

Die beiden Lu Zaubermittel ) des Ogong sind Laewe undAmba- ken j e . Die Frau des Ogong , die Ogong- n ja , verwal tet denDienst der Gobuna figur. Uber alle

‘s das weiter unten gelegentl ichder Schilderung der rel igiösen Verhältnisse (S . 275Charakteristisch für die Weltl ichkeit der Ogongwürde ist d ie Tat

sache , daß sie erblich ist. Wenn der al te Ogong gestorben ist und

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seine feierl iche Beisetzung erfolgt , pflegt ein Sohn oder irgendeinanderes Familienmitglied den Richter zu vertreten . Es tritt e inInterregnum von drei J ahren ein. Erst nach dieser Zeit , also dreiJ ahre nachdem der alte Ogong starb , wird der neue in sein Amteingesetzt. Es muß Schon ein ziemlich gravierender Mißbrauch derAmtsgewalt stattgefunden haben , wenn der erbliche Stellvertreternicht der r i chtige Nachfolger wird . Derart bleibt d ieses Amt immerin der gleichen Familie .

Lagam, Ackerordnung , Vampyre

Der zweite hohe Wurdenträger der Tommogemeinden ist durchaus geistiger Natur , es ist der Lagam (Plural : lagamwe ) . Der

Lagam entspricht al len seinen Funktionen nach den Schamanen derMande , den Dj egu - tu der Bosso . Bezeichnend ist schon die Art ,wie der Lagam zu seiner Würde kommt. I ch folge den sehr klarenBer ichten der Eingeborenen von Songo , Dogo , Kani , Bandiangara ,

Bankassi .Die Investitur des Lagam b angt von der Gewinnung eines alten

Halsgeschmeides ab , das aus Stein Schnecken und Porzellanperlen besteht. Die ich sah , waren fraglos Perlen sehr hohen Alters ,aus Karneol , aus Glas (innen rot , außen weiß mit abwechselndroten und blauen Strei fen

,dick

,kurz

,walzenförmig , grün und weiß

längsgestre ift ) . Jeder Lagam hat ein solches Geschmeide und wenner sein Ende kommen sieht , muß er die letzte Kraft verwenden , esin die Felsen zu tragen und so zu verstecken und mit Steinen zu

verbergen , daß es niemand findet. Ist er gestorben , so bleibt dieGemeinde , j a die ganze Gegend , o ft Dezennien lang ohne Lagam .

Eines Tages nun gerat irgendein (gewöhnlich sehr j unger aberebenso begabter ) Bursche in eine gewisse , religiöse Raserei . Erbenimmt sich wie ein Wahnsinniger , j agt durch das Dorf , schreit,gestikuliert wild stürmt au f den Felsenberg , springt wie ein Verrückter tollkühn uber weite Spalten , klimmt mit affenartigem Geschick senkrechte Felswände empor und stürzt sich von hohenBäumen herab . Wenn die Dörfler ein solches wildes Geschöpfsehen , sagen sie : „Der Mann sucht die Dugo .

“ Dugo sind j ene Geschmeideperlen ,

deren Auffindung den Mann zum Lagam machen .

Ohne sie kein Lagam ! Eines Tages h a t der Mann den Sieg gewonnen . Er stürmt in das Dorf , ruft die Leute nach irgendeinerStel le , fordert sie auf , die Hacken zu bringen und bis zu einer Tiefe ,die er angibt , n ach zugraben . Und r ichtig ! Da unten finden sieeinen Topf und in dem Topf die Dugo . Der junge Mann istLagam .

Meist und den meisten genügt das. Gewoh n lich hort damit der

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Wah n sinnszustand auf. Aber einige wollen mehr. S i e stürzenwieder fort in die Felswände. Sie klimmen , nun geschützt durchdie umgehängten Dugogeschmeide in den Schluchten umher , fangeneine Schlange und schlingen sie um den Leib wie einen Gurt. Sokehren sie ins Dorf zurück . Wieder andere belegen die neu gewonnene Kraft damit , daß sie mitten in der schlimmsten Dürre derTrockenzeit j ungen Mais und junges H irsekorn beibr ingen . Dassind dann die höchsten Zeichen des Triumphes .Ist derart ein neuer , j unger Lagam gewonnen , so entsteht unter

den Dörflern große Freude . Denn der Lagam ist wie ein hoherPr iester

,der für gute Ernte sorgen kann und gute S icherheit bietet

und in diesen Ländern , in denen nicht allzu selten Hungerj ahre dieFolgen allzu längerer Dürren sind , spielt die Sorge um das herbstl iche Brotkorn eine hervorragende Rolle . Sogleich , nachdem derneue Lagam entdeckt ward , wird ihm ein schönes , neues Gehö ftmit reichlichem Raum für Vieh und eine gute Zahl großer Speichererr i chtet. Von nun an fal len ihm al le Erstl inge zu : das von einerKuh erstgeworfene männliche Kalb , das erste Böcklein , die ersteFeld frucht usw .

Ein oder zweimal im Jahre halt der Lagam eine große Versammlung ab . Dann sitzt alles um ihn , und Amiru wie Ogong , sowie al leAngrangwe spielen keine Rolle neben seiner Würde . Dann tanzt er.I ch sah solchen Lagamtanz in Dogo . Der Lagam trug eine roteMütze und war in einen weiten

,blauen Burnus gehüll t. Er hatte

am Daumen einen E isenspannring und zwischen den Fingern hiel ter das glockenartig zusammengebogene Eisenblech . Einige Trommler gaben den Takt. Der Lagam starrte gen H immel . Er starrtezur Erde . Dann schu tte lte er , kopfschüttelnd und stampfend denKörper und brummte ein dumpfes wuwu -wuwu . Dann raste er umher wie in hypnotischer We ltverloren h e it und endl ich warf er denBurnus ab

,kam auf mich zu , umarmte mich , zeigte auf die Sonne ,

und murmelte : „Siehst du das Blut , das neben der Sonne herabtropft Alle Anwesenden waren befangen und schienen tief erfüll tvon dem mystischen S inne

,der aus diesen prophetischen Worten

sprach . Denn was der Lagam gelegentl ich solcher phantastischenTänze spricht , ist goldwertige Prophezeiung. Er sagt alles vorher ,was im kommenden Jahre geschehen wird . Er ist eben Schamane .Seine Würde ist so groß , daß alle Morgen sämtl iche Alten des

Dorfes in sein Gehöft kommen , um ihm ehrerbietigen Gruß zu entbieten . Nicht selten ist der eigene Vater des Lagam unter den Devoten .

Das große Zaubermittel (Lu ) des Lagam heißt Buna ; i ch habeuber seine Eigenart nichts anderes erfahren

,als daß er sehr schl imm

ist , und über andere Dörfer o ft schweres Unglück bringen kann .

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gattern . Die werden mit Zaubermitteln gemengt vergraben und soden früheren Besitzern das Lebensmark gestohlen . Ich glaube abernicht , daß man diese Sorte von Zauberwesen mit Recht a ls Dudu

gungwe bezeichnet. Das sind woh l mehr gemeine Zauberer eigen tl ich fremder Art.Gegen all dies Gesindel sch u tzt man sich mit Daura-Dauran i, d . i .

eine Art von Amu le ttanstrich oder Zaubermittel , und dann sol l esnoch ein Tiua genanntes Medikament geben

,das wie eine Schlingen

falle die Dudugungwe stell t.Hat man den Verdacht , daß irgendwo solches Individuum sein Un

wesen treibt , oder wird irgend j emand imWortstreit als „Dudugu ng“

bezeichnet , so tr i tt der Spruch in Kraft : „Buna nj ama ,“ d . h . „wi r

wollen schwören .

“ Der Beschuldigte wird zum Lagam gebracht.Der Lagam reicht ihm den Budama-Trank , den Giftbecher. DerBeschuldigte muß trinken . (Gifttrank bei Bammana und Mal inkesengi . ) Wer den Trank erbricht , h at seine Unschuld bewiesen .

Wer ihn bei sich behält,stirbt. Es war solch ein böses Individuum ,

und der Lagam hat das Recht,al l seinen Besitz für sich in Anspru ch

zu nehmen .

Die erste Aufgabe des Lagam war die Prophezeiung , die zweitedie Fehde gegen die Dudugungwe . Die dritte ist die Überwachungder Ackerop fer. Es kann keine Ackerarbeit ohne Genehmigung desLagam begonnen werden . Der Lagam gibt im Beginn der Regenzei t ,seinen eigenen prophetischen Wahrnehmungen entsprechend , dieAnordnung zum Schlachten der Opfertiere

,dann zum Aufreißen

des Bodens. Kein Mensch,kein Weib darf vor seiner Willen sver

kündigung Hand an die Hacke legen . Ebenso ist es im Herbst. Ergibt den Befehl zum Opfern des notwendigen kleinen oder großenGe tiers, dann zum Brechen der Kornh alme . Es ist al les Ackergerätunter seiner Oberleitung und niemand wird gegen seinen Willenhandeln .

Totendienst. Seelendienst

ie religiösen Einr i chtungen der Tommo z ielen nach drei Richtungen : 1 . To tendienst , 2 . Ackerdienst , 3 . Verteidigung gegen

unholde Geister. Die zu dritt genannten Dinge wurden , soweit ichdavon Kenntnis zu erzielen vermochte , eben wiedergegeben. VomAckerdienst wurde einiges gesagt und wird gleich noch ausführl icherdarauf zurückzukommen sein ; dem To tendienst , See lenglauben usw.

wollen wir aber nun zuerst einige Zeilen widmenDa wirbelt es zunachst wild durcheinander : Nege- nkinde , die

Mensch ensch a tten ,Kinne die Seele

,Anini - uo das Leben , Mir i

das Denken , Nj anga-mu der Traum .

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Wenn j emand traumt , so ist da etwas im Kopfe , das er regelrechterlebt. Das ist Miri ; das Denken (auch bei Malinke und Bammanamir i

,im Fulfulde milo genannt ) , das die Traumbilder im

Schlafenden erzeugt. Aber es erfolgt bei dem Auftreten von Personen auch eine Einwirkung von außen , seitens dieser , gleichgültig ,ob sie noch leben (und sich dessen bewußt sind oder nicht ) oder obsie schon gestorben sind . Angenommen : es erscheint j emandemim Traum der eigene Vater , der vor längerer Zeit gestorben ist , sowird er ein Opfer der Seele des Verstorbenen (hier nkinne ) darbr ingen . Lebt der alte Herr noch und taucht im Traumbildeeines Fremden oder Freundes als Sterbender oder Toter au f , so wirdder das dem Sohne sogleich mittei len . Der fragt eingehend , in welcher Art Kleid der Verschiedene oder Verscheidende aufgetreten ist ,in dunklen oder hel len , langen oder kurzen , neumodischen oderaltertümlichen . Sobald er sich hierüber klar ist , sucht er sogleichein solches Kleid aufzutreiben , zeigt es dem Traummanne und wennder es als entsprechend und richtig erklärt , so schenkt der Sohndas ominöse K leid irgendeinem Manne

,der zum Stamme derer ge

hört , die für seine Familie , also Vater oder Sohn Tanna Tabu )sind . Gleichzeitig ist es sehr wünschenswert , daß der Sohn eingrößeres Opfer an Huh n ern ,

Ziegen und dergleichen den großenZaubermitteln des Dorfes darbringt. —Wird das alles eingehalten ,dann steht zu hoffen

,daß der durch den Traum in bedrohl icher Nähe

befindliche Tod des alten Herrn möglichst wei t herausgeschobenwird .

Wenn ein Mensch stirbt,so entfl ieht seine nkinne in den Luft

raum . Sie weil t schwebend in der Nähe der Nachkommen und bleibtmit diesen häufig in zeitweil igem Konnex. Zum Beispiel taucht sieim Träume auf. Oder aber , wenn j emand erkrankt ist , so sagenhäufig die anderen : Du hast lange nicht den Seelen der Verstorbenen geopfert , das mußt du nachholen .

“ Und wenn der Krankesich wirklich dieser Unterlassungssünde schuldig fühlt , so wird erZiege oder Huhn vor der Grabkammer oder (neuerdings ) auf demGrabe schlachten und niederlegen . Ist man nicht sicher , wer derzürnende Geist

,welches die erregte Seele ist , so läßt man einen in

dieser schweren Kunst Kundigen das Aramanga ,das Erdorake l oder

Angamanga - bira, das Kau riorake l befragen und ist so überzeugt ,

sichere Nachri cht über das „Wer“und das „Warum“ zu erhalten .

In j edem Jahre feierte in alter Zeit j ede Tommogeme inde einsehr würdiges Fest

,ein Fest der Toten

,ein Opferfest

, das Sarraka

Gungesu . Das fand am Anfange der Regenzeit statt . Es ist dasgleiche Fest , das bei den alten Malinke fure - nso , bei den Bammanasuso hieß . Die ganze Familie vereinigt sich . Man stellte die Holzfiguren , die die Toten darstellen , die Gobuna (Gobuna s . buna

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S . au f . Man hatte viel Ken jebierb ereite t . Die Frauen machten ei frig Speise ; die Männer schlachteten al lerhand Opfertiere undin woh lh abendeniFamilien kam es dabei nicht auf ein Stück Rindvieh an . Ogong und Lagam , die geistl ichen und geistigen Würdenträger der Gemeinden und ihre Gefolgschaft , hatten damit nichtsBesonderes zu tun . Es war ein Familienfest und der es leitete , derwar in j eder Sippe das Oberhaupt. Ballen von Reis in Wasser undSchalen mit Ken j ebier ward zur letzten Ruhestatt gebracht. DieGobuna wurden von der Stoffverhüllung , in der sie sich gewöhnl ichbefanden

,befreit und aufgestel l t. Man sprach von den Verstor

b en en ,äman sprach von den Ereignissen des vergangenen Jahres ,von den Hoffnungen , die man auf die kommende Periode derFruchtbarkeit setzte und an Gräbern und vor Gobuna sprach manalte Bitten jaus ‚ die sich zumeist auf glückl iche Erntezeit , auf Gesundh eit und Kinderreichtum bezogen . War das Fest feierl i ch verflossen , dann wartete man auf die Genehmigung des Lagam zumAckerbau und auf reichen H immelserguß .

Dies Fest scheint den Fulbe aus Futa-Dj allon , die zumeist unterHadj Omar in idiesem Lande ein strenges Regiment führten , einDorn im Auge gewesen zu sein. Es wurde untersagt, wie so manchealte

,auch uns sympathische S i tte . Auch das Verfertigen der Toten

darstellungen ist seltener geworden . In alter Zeit sol len al le Verstorben en im Dorfe ihre H olzbildn isse gehabt und die Gobuna sollenaußerordentl i ch hoch im Ansehen gestanden haben . Das ist heutenicht mehr der Fall . I ch hörte nur noch von einem Gobuna inKani -Kombole , die eine hervorragende Rolle spielte und die dannauch glücklich in meine Hände gelangte , wenn es auch Schwierigkeiten genug gab .

Besonders im Suden spielt auch die Frau des Ogong , die Ogongn ja , wenigstens bei einer Gelegenheit eine merkwürdige Rolle , d . i .wenn eine alte Frau im Dorfe stirbt. In diesem Fal le darf keineandere Frau im Dor fe „klagen

“, als nur die Ogong- n ja . Im Hause

j edes Ogong dieses Landstr iches ist eine Gobuna , eine Holzfigur ,aufbewahrt , die besonders der Wartung des Ogong- nj a anvertrautist. Diese Gobuna i st in weiße Stoffe gehüllt und steht so in einemgroßen Tongeschirr. Sowie nun eine alte Frau im Dorfe stirbt ,nimmt die Ogong- n ja die Figur mit in das Sterbehaus und stell t sieda in einem Korbe auf den Boden . S ie singt und klagt vor derGobuna . Dann treten die anderen alten Frauen des Dorfes heran ,tanzen vor der Gobuna und werfen Kauri auf sie . Diese Kaur imuscheln gehören der Ogong- nj a. Das ist angeblich die einzigeVerwendung der Gohuma im Ogongh au se . So sagte man mir inKani - Kombole . Es ist die einzige , offiziel le Tätigkei t der Ogongn ja . Sonst h a t sie ganz und gar kein besonderes Amt , es sei denn ,

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Beziehung steht,von dessen Bewohnerschaft also keinerlei Drehung

der Tatsache oder Verunklärung der erbetenen Orakelsprüche zuerwarten ist . In diesem Dor fe müssen dann die Kundigen das E rdorakel nach der Todesursache befragen . Die Antwort ist dann z . B . :

„Es sind die Längstverstorben en , die den Toten gerufen haben ,oder „es war ein Lu Zauber ) daran schuld .

“ Oder : „Das h a t

ein Vampyrmensch verbrochen“ usw. Dazu kommt aber gewöh nl i ch noch mancherlei andere Prophezeiung , daß es nämlich derGemeinde

,die die K inder sandte , im nächsten Jahre so und so er

gehen würde,daß die Gemeinde das und das er leben würde usw .

Mit dem Bescheide kehren die Kinder zurück und nun mögen dieguten Dörfler sehen , was sie machen .

Jedenfalls wird nun der Tote schleunigst zur letzten Ruhe gebracht. Bis vor nicht allzu langer Zeit haben al le Geb irgstommo

ihre hervorragenden Toten in besonderen , mehr oder weniger festverschlossenen , vermauerten Grabhöhlen untergebracht. Die unwesentl ichsten Toten wurden wohl einfach verscharrt . Als die Fulbeunter Hadj Omar die Oberhand gewannen , verboten sie das Beisetzen in Höhlen und zwangen die Tommo zur Erdh oh lenversch arrung . Doch gelang das Durchführen des Gebotes nicht überall ,an vielen Orten sind die Tommo heute wieder zur Höh lenbe ise tzungzuru ckgekeh rt , an vielen Orten ist in dieser Sittenausfüh rungwohl nie eine Pause eingetreten . Die Art der Grabhöhlen war wohlimmer recht abweichend und entsprechend den Höhlenformen

,die

die Natur bot . In einigen Gegenden gibt es nur sehr flache Felsspalten zwischen den einzelnen Schichten . Solche traf ich in Songound Tonio . Sie boten nicht genug Raum , um mehr tun zu können ,als den Toten hineinzuschieben und darauf den Spalt außen zu vermauern . Andere Höhlen

,wie zumal die im To ten ta l bei Kani

Bonso , sind mehrere Meter hoch . Darin wurden runde Türme aufgemauert

,die 2—4 m im Durchmesser hatten und in der na tür

l ichen Deckenhöhe zwischen Mannshöhe und 3 m schwankten . Aufdie Art , wie darin beigesetzt wurde , werde ich sogleich zu sprechenkommen . Wieder andere Höhlen hatten eine Sohle mit Erdreich .

So sol l bei Kani Bonso eine große Grabhöhle existieren , in der mandie Toten im Erdreich eingrub

,d . h . die Toten wurden aber vorher

in Och sen fe ll gehüllt und es wurde zu dem Zwecke extra ein Stiergetö tet. Das soll n icht mehr vorkommen . Die Höhle wurde mi rverheimlicht .Man trug den Toten auf der oben beschr iebenen einfachen Bahre

zur Höhle . J ede Grabkammer hatte eine kleine Türe , die nur lockermit einigen großen Felsblöcken verschlossen war. Der Eingang warnicht größer , a ls daß ein Mann mühsam ,

gebückt in das Innereschlüpfen konnte . Der Mann

,der es übernahm , den Verstorbenen

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hineinzubringen,wurde fur diese Arbeit reich bezahlt. Der enge

Raum in dem Grabtürmch en machte es unmöglich , unter den früherVerstorbenen besondere Ordnung zu halten . Man schob das Gerippe der früher Beigesetzten , wenn die Verwesung vollendet war ,einfach nach hinten . So schichtete sich im Hintergrunde die Masseder Knochen wie ein kleiner Wall auf. War der zuletzt Beigesetztenoch nicht vollkommen verwest , so legte man den jetzt hinzukommenden Leichnam auf den vorletzten und beide waren nun nurdurch die Leichentücher getrennt. In einer älteren Periode müssendie Toten übrigens in Rohrgeflechte , in Matten eingehüll t gewesensein

,wie sie heute im Lande selbst nicht mehr vorkommen und nur

für teueres Geld aus dem Sikassogebiet beschafft werden können .

Ich fand solche in alten Grabtürmen von Kani Bonso , im übrigenauch noch kleine Nackenstützen , wie sie auch nicht mehr hergestellt werden

,und endlich ein zierl iches Model l von Hose und

Mütze . Sonst waren nur kleine Töpfchen ‚ das übl iche Leichentuchund weiter keinerlei Grabbeigaben festzustellen . Der Tote ward au sgestreckt quer vor dem Ske le ttwa ll direkt am Eingänge hingelegt.Darauf schloß man die Höhle , wusch sich in einem großen Topfedie Hände und den Körper , stülpte den Topf um , schlug in denBoden ein kleines Loch und verl ieß die Höhle und den Grab turm.

Es wurde mir mehrfach ausdrücklich gesagt , daß in diesem Grabturme nur sehr angesehene Leute , zumeist Lagamwe und Ogongwe ,nie aber gleichgültige Menschen Aufnahme gefunden hätten . Nacheiner bestimmten Richtung hat man in den von mir untersuchtenGegenden die Toten nicht gelegt , sondern sich immer danach gerichtet , wie die dem Höhlenräume en tsmech end angelegten Grabkammern es verlangten . Wenn der Wall von Ske le tte ilen im Hintergrunde allzu mächtig anschwoll , schloß man die Grabkammern fürimmer

,und wenn man nun noch Opfer für die darin wohnenden

Toten niederlegte,so geschah das vor dem Eingänge .

Eines sei noch erwahn t : Dem Erben des Toten der heutigen Zeit,d . h . (wenn ein solcher noch vorhanden ist ) seinem Bruder , abersonst dem ältesten Sohn des ältesten Bruders wurde eine gewisseVerantwortung für Toten opferung zugeschoben . Aber auch dieKinder des Toten gedenken am Totenfeste opfernd des Vaters .

Ackerdienst. M asken. Amba

Die zweite religiöse Fursorge gilt dem Ack erdienste . Ich habegefunden , daß sie sehr ausgesprochen ist und fast möchte ich

meinen , sie ware sorgfältiger , gedankenreicher , prädominan ter alsbei den zentralen Mandestämmen . Viel fach er innert sie a h

_die

südl ich benachbarten Ae th ioper. Einiges davon liegt der Wartung

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des Ogong ob . Es ist die einzige religiöse Obliegenheit der Ogongüberhaupt.‚1

‘ In einem Winkel des Ogonggeh o ftes erhebt sich der Sitte gemaß

ein kleiner Erdkloß , der dem Togorobung der Malinke , den kleinenheil igen Erdhügeln der Tombo - kung ähnlich sieht. In seinem Innernbefindet sich ein kleines , gekrümmtes , fisch h aken förmiges Eisen .

Dieser Erdhügel ist das große Lu Zaubermittel ) des Ogong , wieder Buna des Lagam . Sein Name ist Amba-ken j e . Der mit ihm verbunden e Dienst verläuft folgendermaßen : Zur Erntezeit br ingt j edeFrau dem Ogong eine oder mehrere Mullen Korn a ls Geschenk dar .Dann wird ein Fest gefeiert. Männer und Frauen tanzen wahrendzweier Tage . Es werden Opfertiere geschlachtet und es geht hochher . Wenn nun die nächste Saatzeit kommt , begibt sich j eder Hausherr zum Ogong und erhält von diesem eine Handvoll des Kornes

,

dem durch die nahe Lagerung beim Amba- ken j e und außerdemwohl durch speziel le Benediktion seitens des Ogong höhere Keimkraft verl iehen ist. Dieses „heil ige

“ Korn mischt der Hausherrunter sein Saatkorn und so entsteht eine kräftige Saatfru ch t . Außerdem aber schüttet j eder Hausherr neben dem Amba- ken j e Wasserzu Boden

,setzt in die Lache einen Fuß und betet um ein fruchtbares

J ahr.Auch dann

,wenn ungenugende Regenfäl le die Ernte bedrohen ,

tr i tt die Bevö lkerung mit dem Ogong in Verbindung. Es gilt danndem zweiten großen Lu des Dorfes ein Opfer darzubr ingen . Dieserzweite Lu ist der Laewe . Der La ewe ist eine kleine , altarartige Anhäufung alter Steingeräte vergangener Zeiten. Es sind daruntergroße Steinbeile

,Mühlsteine , Re ibste ine und verschiedene große

Formen,die an moderne Arti l ler iegranaten er innern , deren fruh erer

Zweck zunächst nicht klar i st. Der Laewe -Altar befindet sich zu

weilen im Hause des Ogong und ist dann wohl um einen Mittelpfeiler im Lehm eingebettet und das ganze mit weißer und roterFarbe bedeckt. Nicht immer ist der Ogong Inhaber des Laewe , zuweilen hat ein anderer seine Versorgung und ist sein Besitzer . Stetsaber , ehe man sich zur eigentlichen Wasserbesprengung und Op ferung am Laewea ltar begibt , wendet man sich an den Ogong , daßer seine Genehmigung dazu erteile .Hier ist auch der Platz den Lasuga -Masken tanzen , die schon oben

erwähnt wurden,ein Wort zu widmen . Denn ich glaube , daß sie

ebenfalls zum guten Teil wenigstens und nach ihrer heutigen Verwendung

,der Ackerwe ih e gewidmet sind wie wir das doch zu

letzt auch vom mandisch en Tsch iwarra sagen müssen . Die Lasugatanzen nämlich zu r Saatzeit , und ihr fröhlicher Mummenschanzspornt vielleicht den Landarbeiter zu kräftigem Angreifen an . Fürdie Masken gibt es verschiedene Namen . Im Bandianggaragebie t

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den Lasuga leu ten . Also anscheinend ist er dem Lasuga etwas untergeordnet. Wie gesagt , gi lt Aj a - kaj e (oder kaj a ) als schlecht . Erschlägt mit einem Stock auf Weiber und Unerwa ch sen e . Viel leichtbezieht sich auf diesen Aj a- kaj e auch besonders d ie Angabe , daßin die Zeremon ia le der Maskeraden kein Reiter eindringen darf ;kommt er den Masken nahe

,so sterben Roß und Reiter.

Bei der Gelegenheit se i noch ein anderer , anscheinend durchausharmloser Mummenschanz erwähnt

,nämlich der Tingi -Tanga.

Auch diese Maskierten tanzen im Anfange der Regenzeit. Es sindSpaßmacher , deren j edes Dor f an vier oder mehr besitzen soll . DieTingi - Tanga gehen auf Stelzen und haben oft Hosen , die über dieHolzstäbe bis au f den Boden fal len . Im übrigen bedecken roteSchnüre das Gesicht und fallen auch uber den Körper herab . S iekommen morgens und abends auf den Dorfplatz und führen hierihre Sprunge und Kapr io len im Stelztanz aus. Aber j eder tanztallein für sich . Nie tanzen zwei zusammen . Man sagt , das Spiel seiso schwierig , daß Vater und Mutter der Tanzenden zauberkräftigsein mußten , um den Tänzer vor Sturz und Beinbruch zu schützen .

Von dieser Abschwei fung auf das Gebiet harmlos- kindischerNebenersch e inungen wollen wir zurückkehren zu dem Zeremon ial

dienst und wenigstens mit einigen Worten der Frage nach sonstigengroßen Zügen im Glaubensleben der Tommo gerecht zu werdensuchen .

Ein anderer Zug , eine besondere Erscheinung ist fur Niveau undTiefe des Tommoglaubens außerordentl ich bezeichnend . Das ist dieBezeichnung und Auffassung „Amba

‘ oder „Hamba“,die die Fulbe

mit Gott“ übersetzen (mit Allah ) , was aber gänzlich unzutreffendist. Besonders in den alten Zeiten vor dem S iege der fanatischislamisierenden Fulbe pflegten d ie Tommo sich Figuren aus Tonzu formen , und zwar tat das j eder selbst . Solche Erdfiguren wurdenAmba oder Hamba genannt . Waren sie vol lendet , so brachte derVerfertiger der Figur eine Ziege

,Huhn oder Hund als Opfer dar ,

und sagte dabei : „Ich bringe dir dieses Tier a ls Geschenk dar. Ichwünsche , daß das eintritt (etwa Kindersegen , Genesung von Krankheit, reiche Ackerfrucht , Regen , aber auch Erkrankung eines gehaßten Nachbars , Tod eines Erbonkels Wenn du dafürsorgst , daß das gesch ieht , dann erhältst du mehr . Besorgst du dasaber nicht , so erhältst du auch nichts mehr , vielmehr werde ichdich wieder vernichten !“

Man beschränkte sich nicht allein darauf,sich solche Amba

figuren zu bereiten . Manche Leute wandten sich in gleicher Weisean einen Baum

, an ein besonders auffallend geformtes Felsstückusw. Das ward auch Amba genannt

,dem ward gleiche Bitte ,

gleiche Opferung , gleiche Versprechung von mehr zugesagt. Trat

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nun das Erbetene ein,so blieb man bei diesem Amba. Trat es nicht

ein, so ward die Erdfigur zerstört oder der Baum oder Stein voll

kommen vernachlässigt. Das war der alte , prädomin ierende Ambaglaube

,der an Klarheit und gleichzeitig an Primitivität nichts zu

wünschen übrig läßt.Daß es daneben noch eine Menge Zauberglauben gab , geht schon

aus den Legenden hervor.

S iedlung . Hausbau

ie Siedlungen der Tommo waren dem inneren Wesen und derGesamtanlage nach zwe iartig. Die au f den Bergen und Fels

kopien angelegt sind,er innern an Burgen , sie sind auf engem

Raume arg zusammengesch ach telt . Die in den Tälern und besonders die im Graben im Süden des langen Felsabhanges zeigen dagegen eine Neigung sich auseinanderzuzieh en . Gruppen von Geh öften l iegen hier o ftmals weit voneinander entfernt. Die Anlageform der Bergburgen er innert an die zusammengepreßten Bammanaortsch a ften in Be ledugu , die der Ta lwe iler an die Verstreuungder Malinkewe iler im oberen N igergebie te .

Aber im eigentlichen Sti l bleiben sich bei mancherlei interessanterVar iabil ität die Tommodörfer doch gleich . Sie haben durchausrechtwinklig angelegte Mauern , hergestell t aus kubischen Luftziegeln , und zeigen mehr oder weniger deutli ch erkennbar dietypische Konstruktion des Holzbaues . (D . h . im Grundpr inzip neunvertikale Tragstützen , drei horizontale Tragbalken darauf , querdazu eine Knüppe ldecke , die mit Erde beworfen ist .) J e weiter wirnach Süden kommen , desto deutl icher und betonter erscheint dieHolzkonstruktion , und wir werden sehen , wie das Überwiegen derHolzkonstruktion gegenüber dem Mauerwerk im südlichen Grenzgebiet nach Uah igu ja hin fast einen neuen Sti l gezeitigt h a t . Demgegenüber fällt nach Nordwesten hin eine Annäherung an denDj ennestil , an die Mauerbe tonung au f. D . h . die horizontalen Dachbalken werden nicht auf Holzsäulen , sondern auf die Mauern gelegt ,so daß diese zu konstruktiven Elementen werden . Ja , ich habesogar Häuser gesehen

,denen auch die tragenden Ho lzquerbalken

fehlten und bei denen die Zimmer nicht tiefer waren , als es dasdeckenbildende Knüppelholz erlaubte

,d . h . die Knüppe ldecke lag

direkt au f der Mauer. Zwei mit der Längsachse nebeneinanderl iegende Zimmer bildeten dann ein Haus. Solche Häuser er innerndann vollkommen an den Timbuktustil . Aber das fäll t mehr nachNordwesten hin auf , und zumal der Stockwerkbau von Kori -Kor ier leuchtete klar die Bezieh ungsgruppe dieser Entwicklungsgruppe .Im allgemeinen ist der Tommobau ein Bammanastil . Das über

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wiegende Element bleibt das H o lzga lgenwerk . Wir fanden in a llen

Tommoortsch a ften die „Gal la“ der Bammana , die auf dem Pr inz ip

der neun Holzbalken und der drei Querbalken basierende Dorfempore . Sie heißt Sauro . I ch vermerke nun zunächst den großenUnterschied zwischen der Galla der Zen tralmande und des Sauroder Tommo : Die Galla der Zen tralmande ist eine Tr ibüne , auf derman im allgemeinen sitzt. Die Saum der Tommo ist eine Halle ,u nter der man liegt. Dem entsprechend ist bei den Mande mehr dieTragfähigkeit der Decke durch Verwendung dicker Deckenbalken ,bei den Tommo dagegen die Regensich erh e it durch Aufschichtungrege lmaßig gelagerter Massen von Sorgh umstroh durchgeführt . DasStroh liegt o ft meterhoch .

In den Fe lsorten ,in denen Holz naturlich selten ist , Steine aber

ubera ll in guten , passenden Formen zu finden sind , werden dieTragsäulen aus Steinen gebildet

,entweder durch mehrere auf

e inandergese tzte Blöcke oder aber durch Aufr i chtung eines einzelnen , gerade passenden Blockes , einer Naturste insäu le . SolcheSäulen findet man häufig als letzte Reste alter zerfal lener Sauro .

Man erkennt sie sehr leicht als solche,denn die Geb irgsmen sch en

pflegen auch den Boden mit natürl ichen Fl iesen (Felsplatten ) zubelegen .

Die interessanteste Entwicklung dieses Bauwesens sah i ch sudlichresp . südöstli ch von Bankassi . Hier waren nämlich die Holzkonstruktionen niedr iger

,aber im Raum weit ausgedehnter . I ch

sah bis 9 ! 7 Stützsäulen . Das Knüppeldecken- Dach lager war mit

Erde beworfen . Die Eingeborenen hatten nun keinerlei Wohnstattoder Wohngebäude a ls diese Sauro und somit war innen hinein dasGemäuer , und zwar j e nach Bedürfnis gebaut . Einige hatten nurSekkomatten h ine ingebunden und so Wände hergestell t. Anderehatten aus Luftziegeln raumabtrenn ende Mäuerchen err i chtet . AberMauer und Sekkowände reichten meist nicht einmal b is zur Decke .Ich glaube deutlicher a ls aus dieser Stilvarian te kann man die

große Bedeutu ng des alten Holzbaues nicht erkennen . Es ist eineabsolute Schwesterersch einung zu j enen Ma t tenh äusern , die ich inTimbuktu wieder entdeckt habe

,und die auch nichts anderes dar

stellen , als den aus dreimal drei Holzsäulen und drei Tragbalkenhergestel lten Bau

,der das Grundelement der Bammanabau ten ist.

Einige Rundh ütten sieht man in B ogo und sonst am Abh ange derFelskante . Sie sind ein Zeichen der Mossieinmisch ung . Die nochfeuch tbiegsamen Luftz iegel sind , wie seinerzeit schon in den Mandelandern beobachtet

,schräg geschichtet , so daß der Eindru ck der

Sekko fle ch twe ise hervorgerufen wird .

Sehr interessant sind die Speicher der Tommo , viereckige , aufHolzboden

,die durch Steinhaufen gestützt werden . Die Decke ist

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I . Der S tammherr Togolegende)

er Ahnherr Ogoduma der Togo kam mit siebzig Soh n en ausdem Lande Mande. Alle diese Söhne hatten j eder eine andere

Mutter,aber alle den gleichen Vater . Weil sie nun alle verschiedene

Mutter hatten,nennt man sie heute alle Bagi . Ogoduma l iebte nun

die junge Frau,die ihm den letzten Sohn geschenkt hatte , ganz und

gar nicht und konnte deren Sohn nicht ausstehen.

Eines Tages l ieß Ogoduma vielen und sehr guten Honigwein herstellen und verkündete die Veranstaltung eines großen Festes undeiner allgemeinen Zusammenkunft. Alle Söhne Ogodumas solltenkommen . Der j üngste Bagi sagte zu seinem Galo (oder Galob ) : Was

soll ich machen . Ich mag meinen Vater nicht leiden . Wie kannich nun so meinem Vater unter die Augen kommen ? Gib du mireinen Rat !“ Der Galo sagte : „Ich rate dir , geh in den Busch . Dubist ein besserer Jäger als alle deine Brüder. Erlege ein seltenesStück Wild und br inge es deinem Vater mit.“ Der j üngste Bagisagte : „J a , so wil l ich es tun.

Der j üngste Bagi machte sich auf. Er nahm seine Waffen undkam in den Busch . Er erlegte auch glücklich eine Nj anj a (eineAntilope oder Gazelle , die im Fulfulde Nj amala

, im Mali !kanu]Mangarn i heißt ) , das ist das am schwierigsten zu erlegende Wild ,weil es so außerordentl ich flüchtig ist . Die Habbe schätzen dasFleisch nicht so sonderl ich , aber sie achten den Schwanz der Gazelleals ganz besonders wertvol l (anscheinend wegen gewisser Zauberkräfte , die man dieser Gazel le zuschreibt ) . Der jüngste Bagi zerlegte mit seinem Galo schnel l die Nj anj a und sagte : „Nun wollenwir sogleich zuruckkeh ren .

“ S ie machten sich sogleich auf denHeimweg . Als sie an die Nahe des Dorfes gekommen waren , sagteder j üngste Bagi : Mein Galo , nun geh voran und hole deineTrommel . Wenn du wieder h ier bist , wollen wir zu dem Festemeines Vaters Einzug halten .

“ Der Galo ging in die Ortschaftund holte seine Trommel . Er kam wieder . Sie gingen in dasDorf. Sie trugen das Fleisch . Der Galo trug den Schwanz derNj anj a.Als sie auf den großen Platz kamen , saßen alle Leute rund herum ,

Ogoduma und alle siebzig Bagi bis auf den Jungsten . Einige r iefenWas kommt da ?“ Andere riefen : Wer kommt da ?“ Einigespotteten , einige lachten. Einige aber sagten : Er hat eine Nj anj aerlegt .“ Der jüngste Bagi ging auf seinen Vater Ogoduma zu und

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sagte : Du l iebst meine Mutter nicht , und du l iebst mich nicht.Du hast siebzig Söhne , welche alle Bagi sind . Ich bin der Jungste .

Sage mir aber,wer von alle den anderen neunundsechzig Bagi das

kann,was ich hier erzielt habe .“

Der j üngste Bagi legte das Fleisch und den Schwanz der Nj anj avor seinem Vater nieder. Heute noch gilt der , der solches Wildherbeibr ingt

, als ein besonderer Mann . Damals wurde er noch mehrverehrt. Als Ogoduma das sah , sagte er zu seinen Söhnen : Diesist der letzte meiner Söhne . Ihr seid siebzig. Aber solangewir hier sind

,hat noch keiner von euch das vermocht , was der

Kleine konnte. Bis dahin wart ihr die Ältesten. Von nun an so!!eraber der Älteste sein .

“ Als die anderen neunundsechzig Bagi dashörten

,waren sie außerordentlich zornig. Sie sagten : Was der

kann,konnen wir auch . Wir wollen das zeigen .

Alle neunundsechzig Bagi holten ihre Waffen und gingen in denBusch

,um eine Nj anj a zu erlegen . Der eine j agte vierzehn Tage ,

der andere vier Wochen , der dr itte noch langer. Aber keinemglückte es

,eine Nj anj a zur Strecke zu l iefern . Einige kehrten be

schämt heim. Einige gingen in das Senugebie t . Die meisten schamten sich zu sehr , ihrem Vater wieder unter die Augen zu treten. Soverteilten sich die Bagi a ls Stammväter im Lande .Keiner ward so geachtet , wie die Nachkommen des j üngsten

Bagi . Auch bis heute stammen alle vornehmsten Togo von demjüngsten Bagi ab .

2. Der schwarze Hund Togolegende)

Ein Bagi war einmal auf dem Kriegszuge in Massina. DieKolonne war schon lange umhergezogen . Die Leute hatten

kein Wasser gefunden und waren nahe dem Verdursten. Der Bagihatte einen schwarzen Hund bei sich . Eines Tages lief der Hundfort. Nachher kam er wieder angelaufen . Er war ganz naß . EinMann der Bagi sagte : „Wie ist der Hund dazu gekommen ?

“ Einanderer sagte : „Er muß Wasser gefunden und sich darin sogar gebadet haben .

“ Der Bagi sagte zu seinem Sohne : „Folge du demHunde und sieh , wohin er läuft. Dann komme wieder ! Ich binselbst zu müde , um noch viel laufen zu konnen .

Der Hund lief fort , und der j unge Mann ging hinterher. DerHund lief nahe zu dem Dorfe Gamba- Boli (im Lande P ignari) . Eswar da ein felsiger Berg , von dem floß Wasser herab . Der schwarze

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Hund l ief an das Wasser , badete sich darin und trank . Als derBursche das sah , war er froh , nahm von dem Wasser und machtesich au f den Rückweg. Er sah aber , daß oben auf dem Berge uberdem Wasser ein kleines Dor f war. Der j unge Mann kam in dasLager seines Vaters zuruck. Der Bagi fragte ihn : Hast du Wassergesehen ?“ Der Bursche sagte : J a , i ch habe -Wasser gefunden .

Es ist bei einem Dorfe .“ Der Bagi frag te : Ist das Dorf großoder klein ?“ Der Bursche sagte : Es ist nur ein kleines Dorf.Der Vater sagte : So geh voran , mein Sohn , und zeige uns dasWasser .“

Die Kolonne des Bagi machte sich auf den Weg. Der Burschefu h rte sie dahin , wo das Wasser herabfiel . Es war gerade eine Frauaus dem Dorfe Gamba- Boli da , die wollte Wasser schöpfen . Als siedie fremde Kolonne herankommen sah , l ie f sie zurück und meldetedem Dorfchef , was sie gesehen hatte. S ie sagte : „Es kommt eineTruppe von Fremden an unser Wasser .“ Der Hauptling sagte : „Siemogen kommen . Wenn sie in Fr ieden kommen , sind sie wil lkommen . Wenn sie mit uns Krieg führen wollen , werden wir sieempfangen .

“ Dann sandte er einen Boten , der so l lte d ie Fremdenempfangen und befragen .

Der Bote kam zu dem Bagi und fragte ihn : „Kommt ihr mitKrieg oder in Fr ieden ?“ Der Bagi antwortete : „Wir sind al lzu erma tte t , um auch noch Kr ieg führen zu wollen .

“ Der Bote sagteWer hat euch denn den Weg zu dem Wasser gezeigt ?“ Der Bagisagte : „Der schwarze Hund , der bei uns ist , l ie f zu dem Wasser ,badete sich und kam n aß zurück . Dann folgten wir ihm .

“ DerBote fuh rte die Fremden in das Dorf.Der Bagi ward mit seiner Truppe in dem Dorfe ausgezeichnet auf

genommen . Es waren aber e inige unter den Bewohnern,die sagt en

Wir wollen die Fremden nicht länger als drei Tage bei uns behalten , sonst reicht das Wasser nicht lange genug .

“ Andere meinten : „Das Wasser wird wohl nur zwei Tage fur die Fremdenreichen .

“ Nachher bl ieben sie aber langer als acht Tage und auchdas machte dem Wasserreichtum nichts.Wer an dem Wasser schöpfen und trinken will

,muß j edes

Schmuckstuck aus Bronze Membang ) ablegen. Das ist fur dasWasser Tanna. Die Hunde sind nicht Tanna

,aber die schwarzen

Hunde sind seit j ener Zeit besonders‘ beliebt.

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4. Krieg derer von Kani und Emme Togolegende)

owoh l in Kani Bonso (oder Boso ) wie in Emme waren infrüherer Zeit Togo , die aus derselben Familie stammten .

Emme war damals eine bedeutende Ortschaft , heute aber ist es einkleiner F lecken

,und der Grund ist ein Krieg , den die beiden Bruder

stamme der Togo von Kani und Emme miteinander führten . Unddieser Kr ieg war fur die Togo von Kani zunachst sehr unglücklich ,denn bei den Leuten von Emme war ein sehr tapferer und angeseh en er Recke (dessen Name mein Berichterstatter le ider vergessen hat ) .Damals kannte man noch keine Flinten , und die Emmeleu te ver

wendeten auch nicht Bogen und Pfeile . Die Emmeleu te pflegten ingroße Kalebassen ein kleines Loch zu schneiden und die leeren Gefäße in den Bäumen aufzuhängen. Dann schlüpften Bienen hinein ,bauten sich darin an und füllten mit ihrem Baue derart zuletzt denRaum an . Waren die Kalebassen mit B ienennestern gefüllt , sonahmen die Emmeleu te sie von den Baumen herab und au f dieSchultern und zogen damit den Kan ileu ten zum Kampfe entgegen.

Stauden sie denen nun gegenüber , so schleuderten sie die B ienenkalebassen unter die Feinde . Die Gefaßte zersprangen dann

,eine

Unmasse von Bienen kam heraus und fiel uber die Kan ileu te her .Und während sie sich dann mit Umsich sch lagen und Herumspringen vor den Stichen der gereizten Tiere zu wehren suchten ,fielen die Emmekrieger uber sie her und to teten ihrer viele mitMessern und Steinen . Dabei zeichnete sich j ener eine Emmeh eld

ganz besonders aus , und so kam es , daß die Kan ileu te den Emmemann ern gegenuber immer im Nachtei l waren .

In Kani war ein unverheiratetes Mädchen . Das überlegte einesTages , wie wohl die Kan ileu te den Vortei l err ingen könnten . Sieging zu den Kan imann ern und fragte : „Ist denn kein besondersTapferer unter den Emmeleu ten ?

“ Die Männer sagten : „Gewiß istda ein solcher Mann .

“ Sie nannten den Namen des hervorragendenHelden . Darauf kleidete sich das Madchen ganz besonders schonund machte sich auf den Weg nach Emme.Als sie nach Emme kam

,sagten einige Manner : „Komm doch

mit zu uns.“ Andere sagten : „Nimm doch das Abendessen bei unsein .

“ Das Mädchen aber antwortete : Nein,ich wil l den einen

Mann nur besuchen .

“ Und sie nannte den Namen des so hervorragenden Recken . Es war auch der Ga lobo (Galo - bo Galo oder

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Dialli) des hervorragenden Recken auf dem Platze . Der sagte zuihr : „Komm , dieser hervorragende Recke ist mein Herr , ich wil ldich zu ihm führen .

“ Sie ging mit ihm .

Als der Galobo das Mädchen seinem Herrn zeigte,sagte er zu

ihm : Hier bringe ich ein fremdes Madchen. Es war auf demMarkte . Alle Leute luden sie zu sich ein . S ie verlangte aber nurdanach , dich kennen zu lernen .

“ Der hervorragende Recke fragtedas Mädchen : Woher kommst du ?“ Das Mädchen sagte : „Ichkomme aus Kani .“ Dann ließ der hervorragende Recke einen Hammel schlachten und gute Ger ichte bereiten und setzte sie ihr vor.Er plauderte den Abend über mit ihr . Dann sagte das MadchenSo , nun will ich wieder heimkehren .

“ Der hervorragende Reckesagte : Willst du nicht wiederkommen ? Ich wurde dich so gerneheiraten .

“ Das Mädchen sagte : Gut , so will ich in einigen Tagenwiederkommen und dann können wir uns heiraten .

“ Das Mädchenbrach auf und ging nach Kani zuruck.

Nach einigen Tagen machte sich das Madchen wieder auf undging diesmal mit ihrer Galobofrau zusammen nach Emme . Dortheiratete sie den hervorragenden Recken . Am Tage , nachdem sie

den hervorragenden Recken geheiratet hatte,sagte sie zu ihrem

Manne : Gibt es hier denn nicht von der roten,kleinen Hirse

Der Mann sagte : Gewiß haben wir die .“ Die j unge Frau sagteSo laß mir davon bringen

,damit ich daraus ein gutes Bier braue .“

Der hervorragende Recke ließ das rote kleine Korn bringen . DieFrau bereitete ein ausgezeichnetes Bier darauf. Dann sagte sie

„Nun lade alle hervorragenden Männer von Emme zu einemTrunke ein , denn das Bier ist gut und stark geworden .

“ Der Manntat es.Alle ausgezeichneten Manner Emmes kamen zusammen , um das

treffliche Bier zu trinken . S ie tranken . Das Bier , das aus diesemroten Korn gebraut wird

,ist ganz besonders stark

,berauscht schnel l

und raubt den Männern dann bald das Bewußtsein . (Deshalb ist esz . B . bei den Malinke verboten . ) Die Männer waren bald vollkommen betrunken und lagen wie tot umher.Als die Frau das sah

,nahm sie ihr Meung (das ist die lange , an

beiden Enden zugespitzte Walze aus Eisen,mit der die Baumwolle

entkernt wird ) . Sie steckte es mit einem Ende in das Ohr ihresMannes , schlug au f das andere mit einem Stein und trieb es so inden Kopf des Betrunkenen . Er starb sofort , ohne das Bewußtseinwiedererlangt zu haben . Darauf zog sie ihr Meung heraus und

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trieb‚

es in den Kopf eines zweiten . So to te te sie h intereinander diefünfundzwanzig tapfersten aller Manner in Emme . Dann sagte siezu ihrer Ga lobo frau : Nun komm mit mir.Sie nahm ihr Meung und ging nach Kani zuru ck. Als sie in der

Nähe ihrer Stadt angekommen war , sandte sie ihre Ga lobo frau zu

ihrem Vater und ließ ihm sagen : Kommt mit Trommeln mir entgegen

,denn ich habe euch etwas ganz Besonderes zu sagen .

“ DerVater kam mit Trommeln . Die junge Frau zeigte ihm ihr Meungund sagte : Tanzt für mich nicht den Tanz , den man Frauen darbr ingt , sondern den , mit dem man Männer begrüßt. Denn mitdiesem Meung habe ich die fun fundzwanzig der tüchtigsten Männervon Emme totgestochen , und vor allem ist mit den anderen derhervorragende Recke ge to te t .

“ Hierauf entstand unter den Kanileuten große Freude , und sie tanzten al le vor der Frau .

Dann begaben sich die Kan imänn er nach Emme . Die Frauenvon Emme kamen ihnen aber weit entgegen . Sie hatten ihre Kleidung abgenommen und schwenkten sie über dem Kopf. Sie warenunbekleidet . (Das ist bei al len Mandestämmen das Un terw erfungs

zeichen . ) Die Frauen sagten : Wir bitten euch um Entschuldigungwegen aller j ener Männer

,die wir euch im Busch erschlagen haben .

Emme ist nun in eurer Hand .

“ So kam die Ortschaft Emme in dieHände der Kan ileu te , und Emme ist seitdem ein kleiner F lecken .

Bei den Togo von Kani soll es aber bis heute noch Sitte sein , daßden gestorbenen Frauen ein Meung oder gar eine Trommel mit insGrab gegeben wird . Und das ist eine Erinnerung an das , was dieeine Frau aus Kani in Emme tat.

5 . Der Untergang Nj ondes Togolegende)ie Alten erzählen , im Lande Seno , das südlich von Bandiangaral iegt , habe es früher eine außerordentlich starke Stadt ge

ge ben , die hieß Nj on de . Nj onde war so stark, daß kein Widersacher

ihm schaden konnte . Die Fulbe gri ffen Nj onde an , aber sie mußtenzu ru ckwe ich en . Die Mossi gri ffen Nj on de an , aber sie vermochtend ie Stadt nicht zu bezwingen . In N jonde waren die Togo (oderDogong ) , die au s Mande gekommen und über al le Maßen starkwaren . Über die Togo herrschte ih r Konig Ankeme

,der hatte nicht

weniger a ls 700 000 Reiter .Eines Tages hetzte eine Mossifrau au f und sagte : „Die Mossi sind

keine Männer mehr . Wenn die Mossi Männer waren , so wurden

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von Mossi l ieß antworten : „Ja , ich werde es machen .

“ Der Konigvon Mossi bereitete sogleich sein Heer vor.Als der Tag gekommen war , hatten alle Frauen Nkenge bereitet.

Abends tranken die Männer. Nachher waren alle Togo in Nj ondebetrunken . Da griff der König von Mossi an . Die betrunkenen Togobenahmen sich wie die Narren . Einige zogen die Hosen aus undsch lugen damit wie mit schweren Waffen um sich . Andere benutzten Strohbündel als Bogen . Die Mossi hatten sie schnel l uberwunden . Das soll etwa vierhundert J ahre her sein . Fast dieseganze Zeit steht die Stadt leer. Erst seit wenigen Jahren wohnenwi eder einige Menschen darin . Seitdem aber trinkt keine Togofamilie des Njondeursprunges mehr dieses ge furch tete Nkenge . S ietri nken nur noch leichte B iere .

6. D ie Vernich tung Sokons Togolegende)

n alten Zeiten war Sokon eine sehr bedeutende Stadt. Sie wurde1von den (auch aus Mande gekommenen ) Gindo bewohnt . Es warvordem weit und breit die volksreich ste und wohlhabendste Ortschaft ln Massina. Sie l iegt zwischen Kani - Bonso und Sadia. Heuteist sie so gut wie verlassen . Vordem war sie aber so menschenreich ,daß , als man gelegentlich eines großen Festes nur die l inkshändigenMenschen zahlte , man die Zahl von S iebenhundert Leuten dieserArt fand .Die Leute waren infolge ihrer Macht und ihrer Wohlhabenheit

übermütig geworden , und sie sahen mit Verachtung auf alle anderenOrtschaften herab . Sie tr ieben sich oft im Lande umher , tr ieben mitden Frauen der anderen Leute Unzucht und wurden uberh aupt zueiner Art Landplage .Eines Tages nun ward das den anderen zu viel . Die Bewohner

der im weiten Kreise um Sokon liegenden Ortschaften kamen zu

sammen und hielten eine Beratung. Einige Leute sagten : Wirwollen Sokon mit Krieg uberzieh en .

“ Andere Leute sagten : Wiewollen wir das ? Das ist nicht möglich . Wir sind al le miteinandernicht stark genug gegenüber dieser gewaltigen Stadt.“ Die Leutesagten alle : „Ja , das ist wahr.

“ Einige sagten : „Dann wollen wir dieStadt mit starken Diandama (Diandama oder Diadama sind Zaubermittel und entsprechen den Toru der Fulbe und Baschi der Bammana ; auch wird versichert , daß Diadama das Haus der Zaubermittel se i) zerstören .

“ Die anderen sagten : Ja , das ist gut. Wir

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wollen einen mach tigen Diandama- banga (Banga Inhaber , Besitzer

, Ausübender usw . ) aufsuchen .

In der Gegend liegt das kleine unbedeutende Dorf Keru , eine Ortschaft der Togo . Darin wohnte ein zauberkräftiger Diandamabanga. An den wandten sich die Leute . Sie fragten ihn : „Kannstdu uns ein starkes Diandama geben , das die wollüstigen Manner vonSokon vernichtet ?“ Der Diandama- banga sagte : Ja, das kannich . Ich bin bereit , ein solches Diandama herzustellen . Ich werdees in einem Wasser als Flüssigkeit herstellen . Aber damit , daß ichdas herstelle

, ist es n icht gemacht. Ein Mann muß den Topf mitdem Diandamawasser von Keru bis Sokon tragen . Er darf nichtein einziges Mal ausruhend den Topf an die Erde stellen . Er darfauf dem Wege nichts sagen , sondern er muß den Topf mit demDiandamawasser schweigend von hier bis Sokon tragen und ihn dortin der Stadt hinwerfen . Dann muß er dreimal schreien . Findetsich unter euch kein Mann , der das vermag , so nutzt das Diandama.das ich herstellen will , nichts.“ Es war unter den Leuten ein Mann ,der sagte : „Ich bin bereit , das zu tun . Ich will den Topf mit demDiandamawasser schweigend und ohne ihn zu Boden zu setzen , vonhier nach Sokon tragen und will ihn dort auf den Boden werfenund dreimal schreien. Ich will es in der Nacht tun .

“ Der Diandama- banga sagte : „Es ist gut. Dann kann man es machen .

Der Diandama- banga stel lte die Flüssigkeit her. Er füllte dasZaubermittel in einen großen Topf. Ein Mann nahm den Topf mitdem Diandamawasser au f und trug ihn in der Nacht von Keru bis nachSokon . Er trug ihn ununterbrochen . Er setzte ihn nicht ein einziges Mal zu Boden . Er sprach unterwegs kein Wort . So kam ernach Sokon. In Sokon schlief alles , denn es war in dunkler Nacht.Der Mann ging bis auf den großen Platz , wo eine große SauruGalla in der Bammanasprach e ) war. Dort warf er den Topf zu

Boden . Er zersprang in viele Scherben , und das Diandamawasser

floß auf dem Boden weit auseinander. Dann schrie er dreimal undlief , so schnell er konnte , wieder in der Richtung au f Keru vondannen .

Als der Mann schrie,wachten die Leute auf. Sie zunde ten Fackeln

an und kamen au f den Platz . Auf dem Platze sahen sie die Topfscherben und das ausgespritzte Wasser. Ein Mann sagte : „Was istdas Einer sagte : „Ach , es hat nur einer einen Topf mit Wasserfallen lassen . Es hat nichts au f sich .

“ Ein anderer sagte : „Das istnicht wahr. Das ist e in Diandama , das uns bereitet ist. Laßt uns

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sehen , ob wir nicht den Mann fangen konnen .

“ Die Männer l ie fenhinterher , sie vermochten ihn aber nicht mehr zu erreichen. Dennder Mann lief sehr schnel l . Als die Eingeborenen von Sokon nun

derar t mit den flammenden Fackeln durch die Straßen rannten,

fingen einige Speich erdach er Feuer. Das Feuer gri ff sehr schnell umsich . Bald brannte die ganze Stadt. Es verbrannten 100 000 Menschen , und das ganze war zu letzt eine große Ruine. Es war derDiandama der Keru leu te ‚ welcher die Stadt und die wollüstige Bevölkerung vernichtet hatte .Das Togodorf Keru besteht heute noch . Auch ist darin heute ein

großes Diandamah aus , in dem Diandama gegen Männer hergestel ltwerden , die die Frauen anderer vernichten . Wenn man zu Pferdein das Dorf reitet und in die Nahe dieses Diandamah auses kommt,muß man absteigen , denn das verlangt der Diandama.

7. Die Gimminifrau Togolegende)in Hogon in Kani -Bonso hatte einen Sohn

,der war arm und

hatt e nichts als ein gutes Land . Der j unge Togomann undHogonsoh n heiratete ein Gindomadch en aus Gimmini , die hießTando Gindo . Eines Tages begann die Regenzeit. Die Frau Tandofragte ihren Mann : „Hast du Korn zum saen ?

“ Der Togomann

sagte : Nein,i ch habe kein Saatkorn .

“ Die Frau Tando sagte

„Dann wil l ich zu meinem Vater in Gimmin i gehen und ihn bitten ,daß er mir Saatkorn gebe .“ Der Mann sagte : „Gut , wenn du willst ,so tue das .“ Die Frau ging heim und sagte zu ihrem Vater : MeinMann ist arm . Er hat einen guten Ackerboden unten im Tal , aberer hat kein Saatkorn . Willst du uns etwas Saatkorn geben ?“ DerVater sagte : „Gewiß , i ch tue es gern .

“ Er gab , was notig war , dannging Frau Tando nach dem Togoorte Kani - Bonso zurück .

Am Tage,nachdem Tando zurückgekommen war , fiel Regen. Da

sate der arme Togomann das Korn aus Gimmin i. Die Saat g ing au f ,die Saat wuchs

,denn der Ackerboden war sehr gu t . Als das Korn

kniehoch war , sagte die Frau zu ihrem Manne : „Sieh da herab aufunseren Acker (das Dorf l iegt au f der Berghöhe ) . Sieh unser Korn .

Das ist nicht das Korn der Togoleu te in Kani , das ist das Korn derGindo in Gimmin i.“ Der Mann sagte nichts . Am andern Tage r ie fdie Frau ihren Mann wieder , dann sagte sie dasselbe . Sie sagte esihm nun alle Tage . Eines Tages rie f die Gindo frau al le Togo frauenvon Kani zusammen

,zeigte auf den Acker ihres Mannes herab und

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Dann r ie f der alte Hogon alle alten und jungen Männer KaniBonsos zusammen. Er setzte ein Wassergefäß auf und ließ sie beidem Trunke schworen , dafür einzustehen , daß kein Togomann ausKani - Bonso wieder eine Gindofrau aus Gimmin i heirate . Die samtl ichen Leute schworen es . So blieb es auch . Etwa sechshundertJahre lang hat kein Togo aus Kani eine Gindo aus Gimmin i geheiratet. Erst seit wen igen (die Redewendung sagt drei J ahren )ist es wieder erlaubt und ein Verkehr angeknüpft.

8. Der Raub der Gindof rau Togolegende)n Kani - Bonso kam es einmal zu einer großen und schwerenSache . Ein Togomann aus Kani - Bonso kam eines Tages aufeiner Wanderschaft nach dem Lande Dakol (nordöstl ich vonBandiangara ) , und zwar in das Dorf Tesili, in dem Gindowohnen. Da machte er die Bekanntschaft einer Frau , schloßFreundschaft und ein Verhaltnis mit ihr. Er bl ieb einige Zeitbei ihr

,und dann entführte er sie eines Tages heiml ich nach

Kani - Bonso .Die Gindo von Tesili merkten das und setzten hinter dem Frauen

rauber her. S i e vermochten ihn aber nicht einzuholen . Er erreichtevor ihnen Kani - Bonso . Als die Gindo vor der Stadt h inter demFluch tling ankamen , sagten sie zu den Togo : Ihr seid Togo undwir sind Gindo . Aber wir sind beide aus Mande gekommen unddarum Brüder . Rührt nicht einen schlechten Brei . Gebt die Frauheraus , die ein Togo in Tesili geraubt h at . Es gibt sonst eine böseSache .“ Die Togo von Tesili sagten : „Nein , das tun wir nicht.“

Die Gindo sagten : „So seid doch nicht töricht. Ihr zwingt uns j a ,ein Gleiches zu tun .

“ Die Kan ileu te sagten : Wir tun es nicht.Wir behalten die Frau .

“ Die Tesili sagten : „Ganz wie ihr wollt.S ie kehrten nach Hause zuruck.

Dicht bei Tesili l iegt ein großer Marktflecken , der heißt Ibi . InIbi war eines Tages wieder ein großer Markt , und auf dem Marktwaren auch drei Togo aus Kani . A ls die Gindomanner aus Tesili

das wahrnahmen , taten sie sich zusammen , fielen uber die drei Togoher , fesselten sie und nahmen sie als Gefangene mit nach ihremOrte . Darauf sandten sie eine Botschaft nach Kani und l ießensagen : Wir haben drei eurer Männer gefangen . Wenn ihr j etz tnicht die bei uns geraubte Frau herausgebt , so werden wir eureManner als Frauen verheiraten und als Frauen behandeln.

“ Der

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Frauenrauber und seine Familie sagten : Macht , was ihr wol lt ,die Frau geben wir nicht heraus .“ Die Boten der Gindo kehrtenzurück und sagten : „Wie ihr wollt.Darauf entstand aber nun unter den Togofamilien in Kani- Bonso

Streit. Die Familien , deren Mitglieder in Tesili gefangen waren ,sagten zur Familie des Frauenräubers : „Das haben wir nun davon.Ist uns eine Frau der Gindo wertvoller , oder sind uns drei Togomänner aus unserer Stadt l ieber ? Gebt die Frau heraus , damit wirunsere drei Brüder zurückerhalten .

“ Die Familie des Frauenraubers sagte : „Nein , ihr könnt machen , was ihr wollt. Wir gebendiese Frau nicht wieder heraus

,ihr mußt uns denn totschlagen .

Die Familien der Beraubten boten alles mögliche , aber die Familiedes Frauenraubers l ieß sich au f nichts ein . Sie schlug alle Angeboteaus .

Die Familie des Frauenraubers war aber unter den Togo vonKani-Bonso viel angesehener als die der Beraubten . Also konntensie in Kani selbst nichts erreichen . Sie verl ießen aber im Zorne dieStadt , und ein Teil zog zu den Mossi , ein Teil nach Dj e llgodj i (inder Richtung auf Dori zu ) . Sie wandten sich an die Leute vonDj ellgodj i und Mossi und baten sie um Hil fe gegen die Famil ie desFrauenräubers in Kani- Bonso . Die Leute waren einverstanden , undso kamen die Angehörigen der Beraubten mit Truppenmach t vonMossi und Dj ellgodj i. S ie sandten die Botschaft nach Kanivoraus : Wenn ihr j etzt nicht die Frau herausgebt , werden wireuch uberfallen und euch auseinandertreiben .

“ Die Familie desFrau enräubers antwortete aber : „Nein , wir geben diese Frau nichtheraus.“

Da kamen die beraubten Togo mit ihren Bundesgenossen aus

Mossi und Dj ellgodj i heran und stürmten ihre eigene Stadt Kani .Die Togofamilie des Frauenräubers ward besiegt. Sie floh . BeiKani -Bonso ist im Berge eine mächtige Kommi - ngara (Kommihöhle , ngara gross ; entspricht dem Fangfang der Malinke ) . In

diese Höh le floh die Familie des Frauenraubers. Die Eroberer undihre Bundesgenossen aber schleppten aus Kani alle Stroh dach erheran und schichteten sie vor dem Höh len e ingange auf. Dannzundeten sie das an . Darauf kam der größte Tei l der Leute , die darinwaren , in den Flammen und im Rauche um . Seit damals findet manin dieser Hohle Halsperlen , Topfscherben und derartiges .

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9. Die Gräber in der Kanihöh le Togolegende)on derselben Kommi - ngara , in der seinerzeit d ie Familie desFrau enräubers von Kani-Bonso umkam , wissen die Togo

noch mehr zu erzählen.

Als die Togo in Kani- Bonso ankamen , sahen sie diese große Hohle .S ie gingen hinein und betrachteten sie. S ie gefiel einem der Männerso gut , daß er , als er zurückkehrte , sagte : „I ch l iebe diese Höhleso sehr , daß ihr mich gleich darin begraben sol lt.

“ Die anderenTogo überlegten es und sagten dann : „Es ist gut , w ir wollen es tun.

Sch lachte uns aber erst einen Ochsen . In dessen Haut wol len wirdich einnähen und begraben , w ie du es wi llst.

“ Der Mann sagteWie ihr wollt.“

Der Mann kaufte einen Ochsen. Man sch lachtete ihn. Man zerlegte ihn. Man vertei lte das Fleisch . Al le Leute erhielten einen Anteil . Dann aßen sie. Als der Ochse gegessen war , sagte der MannIhr habt mir eine Bedingung gesagt , habt aber vergessen , mich zufragen , ob ich bei Erfüllung derselben nicht auch noch eine Forderung habe . Nun habt ihr meinen Ochsen gegessen und ich sageeuch , daß , wenn ihr nicht nach meinem Wi l len tut , ich von j edemvon euch meinen Ochsen bezah lt haben will . Ich will nun , daß nichtnur ich in dieser Höhle begraben werde , sondern daß in Zukunftalle Alten , die im Togoort Kani - Bonso sterben , auch darin undneben mir bestattet werden . Und ich fordere das fur al le Zeit. Damit ist es fertig.Die To go von Kani verfuhren nach demWi llen . Und heute noch

werden al le Al ten in dieser Höhle beigesetzt , Männer und Frauengleichermaßen. Und wenn ein alter Kan imann oder eine alte Kanifrau auch noch so weit en tfernt von Kani-Bonso stirbt , so sch lachtet man doch einen Ochsen , näht den Toten in diese Ochsenhaut einund trägt ihn nach der großen Höh le von Kani-Bonso und gräbtihn da ein .

*

Genau die gleiche Sitte haben die sehr rein erhaltenen und wilden , nichtmohammedan ischen Malinke , die in Konkodugu leben. Es sind unvermisch teKu lloballi und Nachkommen des von Sumangm vertriebenen „Bmders Sin

jattas“

und Konare . Sie nähen ihre Toten auch in Ochsenhäute ein und

begraben sie in der Berghöhle , die sehr groß ist und angeblich sechs Ausgänge h at . Dies Land Konkodugu liegt.zwischen Kayes und Futa Dja llon ,

und zwar am Nordrande der Bera lstütze von Futa Djallon . Die Dörfer liegenauch au f Berghöhen. Die Kulloballi dieses Landes essen nicht das Mali(Tanna) .

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sehr dankbar. S ie gaben den schwarzen Ochsen und erhielten dieSäule Tu und r i chteten sie in ihrem Dor fe Daga auf.Dann wandten sich die Boli auch noch an die Togo , die in der

Höhle Gono wohnten . Sie sagten dasselbe,was sie den Leuten von

Kani - Bonso gesagt hatten. Die Gono -Togo überlegt en und sagtendann „Ja , wir wol len euch hel fen. Unsere Väter sind gemeinsamaus Mande gekommen. Wir haben ein wertvol les Diandamawasser

und einen Diandamaerdballen namens Loggo . Das sind große undstarke Zaubermittel . Den Loggo mit dem Diandamawasser müßtihr au f die Tusau le stel len , die euch die Togo von Kani- Bonso gegeben haben . Wenn danach einer von euch verwundet wird , mußer schnel l nach Hause zuruckkeh ren ,

muß in irgendeine Speise einklein wenig von dem Diandamawasser und dem Loggoerdkloß in dieSpeise tun und das dann verzehren . Sobald er das genossen hat , istdie Wunde geheilt.“ Die Bol i waren sehr dankbar und kehrten inihr Dorf zurück.

In ihrem Dorfe Daga war nun die Steinsau le Tu errichtet. Daraufstel lten sie den Topf mit dem Diandamawasser und dem Loggo .Darauf begannen sie den Krieg mit den Bar i von neuem . Wenn nuneiner von ihnen verwundet war

,ei lte er hin

,genoß von dem Zauber

mittel in irgendeiner Speise und war sogleich geheilt. Die Bari aberverloren viele von ihren besten Leuten , da sie keine solchen Zaubermittel besaßen . Die Bol i nahmen den Bari alle Alten und allen ihrenReichtum . Und so wie es damals ward , ist es noch heute . Die Bol isind heute viel mächtiger im Süden als die Bari . Und das verdankensie den Zaubermitteln der Togo .

I I . Die drei Freier Togolegende)

amme , Domböu und Kamböu waren drei gute Kameraden .

Tamme war ein Tessuge aus Dimba , Domböu war ein Gindoaus Bankassi . Kambäu war ein Togo aus Kani- Bonso . Sie warenalle drei von verschiedenem Stamme , aber gute Freunde . Ohne daßeiner es von dem andern wußte , bewarb sich ein j eder um die Gunstdes gleichen Mädchens

,das war J el le . J eder von ihnen wollte gerne

Jelle heiraten , die ein fleißiges Mädchen war und gutes E inkommenversprach .

Wenn Tamme zu Jel le ging , um mit ihr zu plaudern , so brachteer stets einen Korb vol l Früchte des Brotfruchtbaumes mit. WennDombou zu Jelle ging , um mit ihr zu plaudern , so brachte er stets

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einen Korb vol l Erdnusse aere ) mit. Wenn Kambeu zu Jelleging

, so brachte er als Geschenk j edesmal einen Korb vol ler Kaur imuscheln kogo ) mit. So suchte ein j eder J elles Gunst zu erwerben . Und das ging eine gute Weile so .

Eines Tages sagte Jelles Mutter zu ihrer Tochter : „Da sind dreituch tige Männer , die dir täglich reiche Gaben gebracht haben unddie dich alle drei zur Frau haben wollen . Nun wähle dir einen vonden Männern. Es scheint , daß j eder von ihnen ein ordentl icherMann ist.“ Jelle sagte : Mutter , ich kann mich nicht entschließen .

Wähle du mir doch einen aus .“ Die Mutter sagte : „Das ist deineeigene Sache . Ich will nicht , daß , wenn ich etwa schlecht wähle ,du mir nachher sollst sagen konnen : Ich hatte dir einen schlechtenGatten gewäh lt .“ Die Tochter sagte : „I ch kann mich aber nichtentschl ießen. Wahle du doch .

Darauf wandte sich die Mutter an eine alte Frau und fragte 3 1eKannst du mir nicht einen guten Rat geben ? Es sind da drei j ungeMänner , von denen wunsch t ein j eder meine Tochter zur Frau zubekommen .

Ein j eder macht ihr bei j edem Besuch reiche Geschenke . Nun wissen wir aber nicht die Wahl zu treffen . Kannstdu mir nicht einen Rat geben ?“ Die alte Frau sagte : Die Sacheist sehr einfach . Laß alle drei kommen , verstecke deine Tochter ;sage ihnen , deine Tochter sei verstorben . Sage ihnen , du wolltestihnen ihre Geschenke wiedergeben. Auf solche Weise wirst duschnell ersehen , was an den Leuten dran ist.“ Die Mutter sagte

„Ja , das ist gut , so wil l ich es machen .

Die Mutter versteckte ihre Tochter und sandte eine Botschaft anden Tamme Tessuge , an Dombou Gindo und an Kamböu Togo . Siesagte zu ihnen : „Kommt zu mir. Meine Tochter J elle ist gestorben.

Ich will j edem das zurückgeben , was er meiner Tochter an Geschenken überbracht hat.“ Alle drei kamen . Der Tamme Tessugesenkte den Kopf zu Boden . Dann sagte er : „Ich bin einverstanden ,gib mir meine Geschenke wieder. Wenn Jelle auch gestorben ist ,so gibt es doch fünfzig andere Mädchen , die ich damit gewinnenkann .

“ Er ging. Der Domböu Gindo senkte den Kopf zu Boden.

Dann sagte er : „I ch bin einverstanden. Gib mir meine Geschenkewieder. Wenn Jel le auch gestorben ist , so gibt es doch fünfz igandere Mädchen , die ich damit gewinnen kann .

“ Er ging.Kambäu Togo senkte den Kopf zu Boden. Die Mutter J elles

fragte ihn : „Und wie ist es nun mit dir Kamben sagte : Was

soll ich mit den Kaurimuscheln ? J elle war J el le. Ich könnte mir

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ein anderes Madchen erwerben. Aber J el le kann ich nicht mehrerlangen .

“ Damit ging er.Vier Monate vergingen . Dann ließ die Mutter wieder al le dre irufen und sagte zu ihnen Jelle ist nicht tot . Jelle lebt !“ S ie zeigteihnen das Mädchen . Sie sagte zu Domböu Gindo und TammeTessuge : Ihr l iebtet nicht meine Tochter J elle , sondern das guteEinkommen , das sie versprach . Es war euer Vorteil , der euchinteressierte .“ Dann sagte sie zu Kambäu Togo : „Du hast meineTochter wirkl ich mehr geschätzt als deine Kaurimuscheln . H ierhast du meine Tochter.“ So erhielt Kambäu Togo das MädchenJelle zur Frau .

12. Halle Sogale (Gannalegende)ie Ganna kamen aus dem Lande . S ie l ießen sich im LandeTibirri (im Süden Kani Bonsos) in den Ebenen nieder. Alle

alten Gesänge dieser Tibirri-Ganna beginnen mit dem Lobe ihresKönigs Halle Sogole , der ein über alle Maßen starker und mächtigerKonig war , wenn er auch nicht derj enige war , der die Ganna ausMande in j ene Lander führte. Hal le Sogole war nicht Mohammedaner, sondern er trank seinen Honigwein gern und häufig.Zu den Zeiten Halle Sogoles waren auch die Fulbe in diesen

Ländern , und sie wurden regiert durch den König Ali , der vomStamme der Ba war und in dem Orte Sena regierte. E ines Tagesl ieß der König Ali an den König Halle Sogole eine Nachricht ergehen und sagen : „Komme am nächsten Markttage in den FleckenUnuna .

‘ Der Kaddo (auch die Ganna gelten als Habbe ) antwortete

„Es ist gut. I ch werde kommen .

“ Als nun der Tag kam, l ieß derKaddo (der Gannakönig) allen Honigwein aufkaufen. Dazuschaffte er noch funf Ochsen zur Stelle und kam selbst mit seinenfünfz ig Reitern so früh auf dem Marktflecken an , daß der Fulbekönig noch nicht da sein konnte. Er l ieß al so den Honigwein beiseite stel len , die Ochsen bereithalten und wartete auf den andern.

Als alles gut geordnet war , kam auch der Fu lbekon ig Ali. Er kamnicht langsam angeri tten , sondern sprengte mit seinen fünfz ig Reitern heran , als ob es einen Kampf gelte . Der Gannakönig reichteihm die Hand entgegen. Halle Sogole , der Kaddo , sagte : „I ch habeschon fünf Ochsen gekauft. I ch habe auch schon al len Honigweinzur Seite stellen lassen . Ich wil l dir mit al ledem eine Freude bereiten , sei mein Gast. Wir wollen zusammen essen und trinken.

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hat bis j etzt nie Furcht gehabt.“ Halle Sogole aber begrub seineFrau .

Dann sandte der Gannakon ig seinen Galobe an den Fu lbekon igAli und l ieß ihm sagen : „Wenn du glaubst , daß du i rgendwie in denHimmel entfl iehen oder dich in die Erde verkriechen kannst , danntue es schnel l , denn ich werde kommen und dich uberall suchen .

Der Fu lbekön ig Ali sagte : „Sage dem Kaddo , er sei nichts als einschmutziger Kaddo . Er solle sich vorsehen , daß er nicht vorzeitigstirbt.“ Der Gannakon ig bereitete seine Truppen vor. Als eral les fertig hatte , l ieß er dem König Al i sagen : „Bereite furmorgen ein Gericht aus Korn oder Reis , oder aus was du willst ,vor , ich werde es morgen fruh auf j eden Fall mit dir zusammenessen .

Am anderen Tage fuh rte Halle Sogole seine Truppen ins Gefecht .Er selbst nahm die Mitte der Reiter unter seinen Befehl . Er griffdie Fulbe an. Im Gefecht kam er alsbald mit Al i zusammen , dennauch Ali kämpfte in der Mitte . Ali warf seine Lanze . Er traf denGannakon ig nicht . Der Kaddo warf seine Lanze . Er verfehlte denFn lbe . Ali ergr i ff den P ferdegurt und schlug auf den Gannakön ig.

Doch er konnte dem anderen damit nichts anhaben . Der Gannakönig Halle Se gole packte nun aber den Fu lbekön ig Ali , hob ihnaus dem Sattel , preßte ihn zusammen und hielt ihn seinem Sklavenmit Namen Sibirri hin . Er sagte : „Fessele den Mann mit starkenStricken.

Dann gri ff er mit seinen Leuten die Fu lbeortsch aft selbst an . Ernahm den Vater und die Mutter König Alis gefangen . Die gesch lagenen Fulbe flohen . Halle Sogole ritt zurück . Als er bei Al i vorbeikam , sagte er : I ch töte dich nicht h ier. Ich töte dich da , wo dumein Lieblingsweib ermordet hast.

“ Er zog mit seinen Leuten undden gefangenen Fulbe an die Stel le

,am Wasser , an der Ali sein

Lieblingswe ib ermordet hatte . H ier stach er erst den Vater Al istot. Dann stach er da die Mutter Alis tot. Dann fragte er Ali

„Nun mochtest du wohl am Leben bleiben ?“ Der Fulbe Al i sagte

„Ja , ich bitte dich zu verzeihen und mir das Leben zu lassen .

“ DerGannakön ig Halle Sogole sagte : I ch bin j a nur ein schmutzigerKaddo . I ch hätte d ich aber nicht um mein Leben gebeten . Ich binzwar nur ein schmutziger Kaddo , aber ich habe mein Lieblingsweibso gerne gehabt , daß du das nicht verstehen kannst.“ Dann töteteer den Fulbe und grub Al i mit seinen Eltern an der gleichen Stellee in .

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Der Rest der geschlagenen Fulbe war in die Berge der Am

(Stamm der Vornehmen : Garango ; Stamm der Fremden“: Arama ,

beide aus Mande kommend ) geflohen . Der Arukon ig nahm sie beisich au f und gewährte ihnen Schutz . Der Arukön ig wußte aber ,daß nun Halle Sogole von ihm die Ausl ieferung der Fulbe verlangenwürde

,und somit rüstete er seine Truppen . Der Gannakon ig sandte

ihm auch eines Tages eine Botschaft und l ieß ihm sagen : „Gib mirdie Fulbe Kön ig Alis heraus, die ich geschlagen habe .

“ Der Arukonig antwortete : „Diese Leute sind meine Leute geworden. Ichgebe dir meine Leute nicht.“ Halle Sogole sandte eine Antwort ,die lautete : Die Leute im Lande Arus und die im Lande Tibirrisind zusammen aus Mande ausgezogen . Wir sind von der gleichenFamilie . Verunein ige dich wegen dieser Fremdlinge , die ich geschlagen habe

,nicht mit deinem Bruder.“ Der König von Am ant

wortete : Das sind meine Leute geworden . Ich werde sie dir nichtgeben .

Der Gannakon ig Halle Sogole sandte nun eine Botschaft an denKönig von Am und l ieß ihm sagen : Du bist schlimmer als dieFulbe . Denn das sind Fremde. Wir aber sind Brüder . Komm alsomit deinen Leuten vom Berge in die Ebene. Wir wollen miteinanderfechten . Die Fulbe kümmern mich j etzt nicht mehr . Ich habe esj etzt nur noch mit dir zu tun .

“ Der Gann akön ig zog mit seinenLeuten in die Ebene vor den Arubergen und wartete , daß der Konigdes Landes Am mit seinen Leuten zum Gefecht herunterkommenwurde . Der König von Am kam aber nicht . Als Halle Sogole langegenug gewartet hatte , zog er mit seinen Leuten wieder nach Hause .Als die ersten Regen der kommenden Frühlingszeit n iedergekommen waren und die Aru leu te auf ihren Äckern im Tale die Felderbestellten

,fiel Halle Sogole mit seinen Reitern unversehens über

die Aru leu te her und nahm fünfzig Söhne des Garango (d . i . dervornehme Stamm ) gefangen . Ebenso griff er fünfzig von den gefloh enen Fulbe au f . Dann sandte er eine Botschaft an den Arukön igund l ieß ihm sagen : „Ich habe dir fünfzig Garango und fünfzigFulbe gefangen genommen . Das wird sich nun Jahr fur Jahrwiederholen . Ich trage nicht die Schuld daran , denn ich habe euchvor einem Familienkriege gewarnt.“ Die Aru leu te bekamen einengroßen Schrecken . Sie sandten sogleich alle Fulbe als Gefangenean Halle Sogole und ließen sagen : Hier sind die Fulbe , die du gefordert hast. Bist du nun zufrieden ?“ Halle Sogole l ieß antworten : „Nein , ich bin damit nicht zufrieden , denn um die Fulbe

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allein hat es sich nicht mehr gehandelt. Ihr habt den Bmderkriegheraufbeschworen und ich sage euch nun , daß ich in Zukunft dieHand über euch haben will , damit das nicht wieder geschehe. Ihrsoll t mir j ähr l i ch zehntausend Mullen Pognon und hundert Salzbarren l iefern . Wollt ihr das ? Die Aru leu te waren e inver

standen und ließen sagen : „Schicke uns Leute , daß wir die Abgabel ie fern und mit den Ganna den Blutschwu r trinken .

So geschah es,und das Verhältnis zwischen den Tibirrileu ten

und den Aru leu ten ist bis heute das gleiche gebl ieben .

13. S ibirri (Gannalegende)

m Lande Tibirri lebte ein Kaddo vom Stamme der Ganna, derhieß Sibirri, und das war ein außerordentlich reicher Mann , der

große Ackerländer und stets reiche Ernten hatte . Sibirri war einMann

,der seinen Wohlstand nicht durch Krieg , sondern durch

emsige Ackerarbeit erreicht hatte . Im gleichen Gebiete waren einigeFu lbeh irten . Eines Tages begannen die Fu lbeh irten ihre Herdenauf den Kornfeldern Sibirris weiden zu lassen . Eine Zeitlang sahSibirri ruhig das mit an . Dann fragte er die Fu lbeh irten : Weshalblaßt ihr euere Herden auf meinen Äckern weiden ?“ Die Fulbe antworteten : J eder Mann h at seine Art von Beschäftigung. Ihr bauteuere Acker. Wir haben nun einmal die Gewohnheit der H irten.

Wir lassen unsere Herden weiden .

Der Kaddo Sibirri rief seine samtlich en Stammesgenossen zusammen und sagte : „Jetzt beginnen die Fulbe ihr Vieh auf unserenÄckern weiden zu lassen . I ch habe sie gefragt , wie sie dazu kämen .

Die Fulbe haben mir geantwortet , j eder mache es nach seiner Art .Wir seien Ackerbauern und sie H irten , und da l ießen sie eben ihreHerden weiden . Was sagt ihr dazu ? Was soll das werden ?“ DieGanna antworteten : Die Fulbe sind stärker als wir. Wir konnennicht Kr ieg mit ihnen führen. J etzt fressen ihre Herden au f unserenFeldern nicht al lzuviel ; es bleibt zum Leben immer noch genugübrig. Wenn wir aber Krieg mit ihnen führen , so würden die Fulbeuns besiegen und uns unser Korn und unsere Acker fortnehmen ,und wir werden nichts mehr fur uns haben . Wir wollen es so

l assen . Wir wollen keinen Krieg beginnen .

Sibirri selbst hatte hundertvierzig Männer. Eines Tages ru ste teer hundert seiner Manner aus. Er fragte die anderen Ganna nochmals : Ihr wollt mir also nicht hel fen Die anderen Habbe sagt en

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Er nahm alle seine Waffen und r itt allein in die Gegend,wo die

Fu lbe waren . Da traf er die Fulbe . Er stieg ab und sagte : „Habtkeine Furcht . Ich bin ganz al lein. Keiner meiner Verwandtschaftbegleitet mich . Ich habe keinen meiner Leute mitgenommen . I chbin ganz allein gekommen , um mich mit euch zu schlagen .

“ Alsdie Fu lbe das hörten , zogen sie sich zurück . Einer der Fulbe abersagte : „Ich will mit ihm kampfen .

“ Es war ein Tapferer. Er kamheran . Sibirri nahm seine Flinte. Er schoß . Der Fulbe sank , in denFüßen getroffen , herab . Ein anderer Fulbe sagte : „ Ich wil l mitihm kämpfen.

“ Der Fulbe kam heran . Sibirri legte einen Pfei l aufdie Sehne und schoß . Der Pfeil durchbohrte Roß und Reiter. DerFulbe fiel zu Boden . Ein anderer Fulbe sagte : „Ich will mit ihmkampfen .

“ Der Fulbe kam heran . Sibirri nahm seine Lanze undwarf sie auf den Fulbe . Er traf. Der Fulbe sank tot zu Boden . Einanderer Fulbe sagte : „Ich wil l mit ihm kämpfen .

“ Der Fulbe kamheran . Sibirri nahm sein Do (das ist das gebogene Kön igsbeil , einealte Form ) . Das Do traf den Fulbe . Er sank zu Boden . Ein andererFulbe sagte : „I ch will mit ihn kampfen .

“ Der Fu lbe kam heran .

Sibirri nahm sein Messer , um es dem Fulbe in den Leib zu stoßen .

Das Messer vermochte nicht einzudringen. Der Fulbe nahm seinMesser , um es dem Kaddo in den Leib zu rennen . Das Messer hatteaber keine Kraft .Da packte der Kaddo Sibirri den Fulbe und schleuderte ihn zu

Boden . Er preßte ihn an den Boden. Der Fulbe aber stieß Sibirridas Messer in den Leib . Da starb Sibirri.Wenn man in diesem Lande seinen Acker baut

,so singt man noch

heute das Lied von Sibirri, der al lein die Fulbe bekampfte .

14. Ambira (Gindolegende)ie Gindo , einige scheinen sie Dj indo zu nennen , kamen seinerD zeit au f der Erde von Mande in das heutige Habbe land . Siewohnten früher auf der anderen Seite des Niger weiter nach Sudenzu. Der sie führte , war ihr König Ambira , ein Mann , der bl ind geboren war. Er wurde sehr alt. Ambira sprach zuweilen von derZukunft. Was er vorhersagte , ging stets in Erfüllung.

Ambira sagte eines Tages : „Ichw erde dereinst drei Söhne haben .

So geschah es. Es wurden ihm drei Söhne geboren . Der erste warAn tando . Der führte Kr iege und starb während eines Feldzugesgegen Dj enne . Der zweite war Ansamba , der wurde ein großer

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Konig im Lande Seno Bankassi . Der dr itte war Are . Auch er lebteim Seno Bankassigebiet . Diese Famil ie war der größte Königsstamm im südl ichen Habbelande . Ihr Tiga (Diamu ) war Gindo .Ihr Damma Tanna ) war Njongono der Panther (Uarran inkallain Malinke ; Niata in Fulfulde ) . Die Gindo waren stets schwarz undnicht rot wie die Fu lbe .

15 . Der S auger Gindolegende)

Fruh er sangen nicht nur die Spielleute , sondern die Vornehmensangen selbst. S ie machten ihre Gesänge selbst , und die Spiel

leute sangen sie dann . Es war ein Ruhm und eine Ehre , solcheLieder selbst anfertigen zu können (in den Malinke ländern war esvordem ebenso ) . Die D ialli übernahmen nachher die Lieder.Es wohnte unter den Habbe in dem Dorfe Sogu au f dem Berge im

Seno lande ein Mann namens Antonio Gindo . Er wußte seine Liederzu dichten . Dabei war er ein vornehmer Gindo und kein Spielmann .

Im Dorfe Gono im Kani-Bonsogebie t l ebte ein Kaddo mit NamenEnne Dj egu. Enne wußte Lieder zu fertigen und zu singen . Dabeiwar er ein Vornehmer vom Stamme der Dj egu und kein Spielmann . Antonio und Enne horten voneinander , aber sie kannteneinander nicht . J eder hörte vom andern , daß der andere ganz Besonderes leiste . Antonio beschloß eines Tages , Enne in seinemDorfe zu besuchen und sich mit ihm in der Sangeskunst zu messen .

Er machte sich auf den Weg . Er kam in das Kani -Bonsogebie t undbegann am Abend abwechselnd mit Enne zu singen . Sie sangen biszum anderen Morgen . Da hatte noch keiner von beiden seine Liedervollendet. Man konnte auch noch nicht sagen , wer mehr vermoge ,

Antonio oder Enne .Antonio wollte in sein Dorf Sogu zuruckkeh ren . Die Leute vonGono Sprachen untere inander. Der eine sagte : Wir wollen ihnnicht gehen lassen . Wir wollen ihn töten . Wenn wir ihn nichttöten , wird er eines Tages mehr konnen als Enne . Heute kann man

noch nicht sagen,wer mehr vermag. Aber es ist besser , wenn wir

ihn nicht zurückkehren lassen.

“ Andere Gonoleu te sagten : Wirwollen uns deswegen keinen Krieg aufladen . Wir wollen ihn gehenlassen . Laßt ihn .

“ Die anderen sagten : „Nein , wir wollen ihntöten.

Die anderen und Enne sagten zu Antonio : „Wir wollen au f denBerg dort steigen.

“ Antonio Gindo sagte : „Es ist gut , gehen wir .“

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Er ging mit Enne und den anderen Dj egu auf die Bergspitze , dieden Namen Tembe führte. Oben to te ten die Leute vom Dj egustamme Antonio , den Sänger der Gindo . Dann kehrten die Bewohner Gomos , ohne den Ge to te ten erst zu begraben , heim.

Die Leute im Dorfe Sogu warteten acht Tage auf die RückkehrAntonios . Er kam nicht. S ie sagten : „Das ist auffallend , Antoniowollte nur einen kurzen Besuch in Gono machen und nun kommter nicht wieder. Wir wollen ihn suchen .

“ Die Leute machten sichauf den Weg , ihren Sanger zu suchen . S ie kamen nach Gono . S iefragten : War nicht Antonio hier ?“ Die Leute in Gono sagtenGewiß war er hier. Er hat gesungen . Er h at sehr schön gesungen.

Der Sänger Enne begann zu singen und sang : „Auf der BergspitzeTembe sind Geier , die sind weise und wissen , was gut zu essen ist.S ie wissen viel und werden euch sagen können

,welch ausgezeich

netes Mahl j etzt dem Sänger Antonio beschieden ist,zu geben.

Die Sogu leu te machten sich wieder auf den Weg. S ie kamen aufden Berg Tembe . Da lag die Leiche Antonios und war schon so

sehr von den Geiern zerfleischt , daß sie kaum noch wiederzuerkennen war. Die Gindo nahmen die Überreste mit sich und kehrtennach Gono zurück . S ie fragten die Dj egu : Wer hat Antonio daoben getötet ? Wart ihr das Die Leute in Gono antworteten

„Ja , wir waren es.“ Die Gindo aus Sogu sagten : Ihr müßt wissen ,

ob ihr recht getan habt und ob das für euere Ortschaft gut ist.“ S ienahmen die Überreste Antonios au f und nahmen sie mit nach Sogu.

In Sogu bestatteten sie Antonio .Die Sogu leu te riefen alle Männer aus Gindo und Gimmin i zu einer

Beratung zusammen und sagten : „Die Leute von Gono , die Familiedes Enne Dj egu , hat Antonio Gindo totgeschlagen , weil er schöneLieder zu singen wußte . Denkt ihr , daß das eine Veranlassung zumKr iege ist ?“ Einige antworteten „Ja , wir wollen die Djegu aufdemselben Berg Tembe den Geiern zum Fraße hinwerfen. Das wirddie gerechte Strafe sein .

“ Andere sagten : „Es ist keine al lgemeineSache . Das ist eine Sache der Famil ie . Denn es handelt sich um

den Streit , wer von zwei Leuten besser L ieder singen könne. Halteteuch an den Enne Dj egu.

“ Andere sagten : „Ja , wir wollen denEnne Dj egu abfangen. Er hat hier in Sogu eine Frau , die er sehrl iebt. Deshalb kommt er häufig hierher. Dann könnt ihr ihnfangen und totschlagen .

“ Die Leute von Sogu sagten : Wir wol lenes tun , wie ihr sagt. Wer den Enne Dj egu in diesem Lande sieht ,der kann ihn totschlagen .

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vermauert. Darauf kehrten die Manner an ihren Stricken zuruck ,

und nun glaubte man den Leichnam für alle Zeiten gesichert.Sogole aber ging ubera ll dahin , wo ein Hogon begraben und in einerFelsspalte vermauert ward . Nachts l ieß er sich dann an einemStricke hinab , raubte dem Toten das Kleid und das Salz und kehrtezuruck. Wenn er arbeitete oder wenn eine Festl i chkeit war , sanger seine eigenen Lied er

,und darin rühmte er sich dann dessen , was

er hier ausgeführt habe . Das ging eine lange Zeit so .

Eines Tages nun starb der Hogon von Bagu ru . Sogole h arte dasund machte sich sogleich auf den Weg nach Baguru und kam auchdort zum Begräbnis an . Bei der Leichenfeier sang Sogole . Er sang :Die Leute versenken ihre gestorbenen Hogone an Orten , an denendie Weihen und Adler nisten . S ie geben den Gestorbenen Gabenmit

,die kein Mensch erreichen so l l , der nicht fl iegen kann wie die

Weihen und wie die Adler. Aber Sogole - Gindo ist wie eine Weihe ,ist wie ein Adler. Er weiß hinabzusteigen in die Nester der H ogone

und nimmt die Eier aus . Nur einer kann das , das ist Sogole .

“ DieLeute von Baguru horten das. Die Leute von Baguru sangenWenn j emand hier solch schmutzige Arbeit sucht , wird er sch lechten Lohn dafür erreichen .

Die Leute von Baguru sagten : Wir wol len aufpassen und einigeLeute zur Seite des Grabes in der Felsnische unterbr ingen .

“ S iel ießen an Stri cken den Leichnam des Hogon mit seinen Gaben herab .S ie l ießen einige Leute herab . Die Leute vermauerten den Leichnam . Dann kehrten einige Leute an den Stricken zuruck. E inigeLeute bl ieben aber unten . Nachts nahm Sogole e inen starken S trickund ließ si ch an ihm hinab . Er wo llte mit den Handen die Mauerder Grabkammer aufreißen . Da packten ihn die Männer , die untenauf ihn gewartet hatten . Die Leute sagten : „Du hast die Gewoh nheit zu stehlen

,aber heute hat dein Gesang ein Ende .“ Sogole sang

„Das Küken lacht heute über den Löwen .

“ Die Leute bandenSe gole und sagten : „Du weißt j a wohl , weshalb das geschieht.

Sogole sang : „Wenn man eine Mütze seitwärts des Weges al lein imGrabe liegen sieht , denkt man , ein anderer habe sie verloren und siegehöre nun niemand mehr.“

Die Leute von Baguru töteten Sogole . S ie schnitten ihm den Kopfab , die Hände und Füße . Noch heut singt man davon : Sogole

bestahl alle toten Hogone . Aber dem Hogon von Bagu ru vermochteer nichts zu nehmen.

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17. Alle Bangodj i Tulemalegende)

Ile Bangod11 vom Stamme der Tulema wurde im Dorfe Nommono

,im Lande Bassare (sudlich von Kani - Bonso ) geboren .

Seit er ein kleiner Knabe war , bestahl er andere Leute . Die Leutesagten dem Kinde : „Laß das sein ; es wird dir sch lecht ergehen .

Alle Bangodj i kümmerte sich nicht darum. Er stahl weiter . DieLeute wandten sich an seinen Vater und sagten ihm : „Dein SohnAlle Bangodj i stiehlt uberall. Wir konnen es nicht mehr mit ansehen . Es wird dir auch große Unannehml ichkeiten bereiten , wenndu den Burschen nicht streng bestrafst .“

Der Vater fesselte den Burschen und schlug ihn mit einem Stock .

Er sagte : „Ich muß mich deiner schämen . Ich weiß gar nicht , weshalb du das tust. Bekommst du viel leicht in meinem Hause nichtzu essen ? Oder gebe ich dir nicht genug für dein Leben ?“ DerBursche sagte : Für andere wurde es genügen . Mir ist es nichtgenug.

“ Als er das hörte , band der Vater die Fesseln Alle Bangodj isnicht los. Er rief seinen Kossodj e (d . i . das richtige Wort für Diallein der hiesigen Kaddosprach e ) und sagte : „Ich kann es mit diesemJungen nicht mehr mit ansehen . Bringt ihn weit fort und verkauftihn an die Fulbe .“ Der Kossodj e nahm den Knaben und brachteihn mit nach Süden . Er verkaufte ihn an einen Fulbe , kehrte zurückund gab das Geld , das er dafür erhalten hatte , dem Vater. Der Vaterhob das Geld aber wohlweisl ich au f , denn er wußte , daß die Fulbees mit dem Burschen nicht lange aushalten wurden .

Alle Bangodj i machten es bei den Fulbe nicht anders als daheim.

Er stahl Vieh , tat sich mit einem jungen Fu lbebursch en zusammenund beging mit dem gemeinsam alle Schlechtigkeiten , die ein Burschenur ausführen kann . Endlich fragte sein Herr , der Fulbe : „Auswelchem Dor fe bist du Alle Bangodj i sagte : „Mein Vater lebt imDorfe Nommono , in der Landschaft Bassare .“ Der Fulbe nahm denBurschen und wanderte mit ihm nach dem Norden zurück . Er kamnach Nommono und fragte den Vater : Hast du das Geld noch , dasich dir seinerzeit für diesen Burschen bezahlt habe ?“ Der Vaterantwortete : Jawohl , das Geld habe ich aufgehoben .

“ Der Fulbesagte : So gib es sogleich heraus

,sonst schlage ich dich tot. Mit

einem Burschen wie dieser hier kann kein Mensch etwas anfangen .

Nimm ihn zuruck.

“ So kam Alle Bangodj i wieder nach Hause.Inzwischen war der Bursche schon ziemlich ausgewachsen . Er

machte nun nicht mehr allein nur kleine Streiche,sondern begann

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sich sein Leben anders einzurichten. Zuwei len raubte er irgendwoeiniges Kleinvieh

,verkaufte es und erwarb dafür sämtliches Kenge

(Hirsebier) , das auf dem Markte ausgeboten wurde . Das l ieß erdann in den Busch bringen . Er lud einige Kameraden ein und begann mit ihnen ein Gelage . So gewann er Freunde . Diese j ungenFreunde sandte er dann aus , um Ziegen , Schafe und Rindvieh zustehlen . E ines Tages versammelte er sie um sich und sagte zuihnen : „Wir haben in unserem eigenen Dorfe genug getrieben. DasLand i st weit. Es gibt noch viele Dörfer. Wir wollen uns nochetwas im Lande umsehen !“

Alle Bangodj i unternahm mit seinen Genossen Raubzuge in demumliegenden Lande. S ie banden die H irten und trieben Kühe undPferde fort und nach Hause . Als die Bewohner der uml iegendenOrtschaften hörten , wer der Ansti fter sei , unternahmen sie eineWanderung nach Nommono und sagten zu dem Vater des Räubers

„Sei vorsichtig und entledige dich dieses Burschen , denn sonst wirdes euerer ganzen Ortschaft des Jungen wegen schlecht ergehen .

Der Vater sagte : „I ch kann nichts tun .

“ Der Bursche sagte : MeinVater kann nichts tun ; aber ich habe nun einmal diese Gewohnheitund kann sie nicht lassen .

“ Die Leute gingen .

Alle Bangodj i fuhr so fort. Wenn er seinen Kameraden einenGefallen tun wollte , raubte er eine Kuh , verkaufte sie und kauftefür den Gewinn Kolanusse , die er unter seinen Kameraden verteilte .Er raubte immer mehr Vieh im Lande . Eines Tages kamen ausallen Dörfern der Landschaft PignariAbgesandte und sagten zu denNommonoleu ten : „Dieser Bursche Alle Bangodj i verwuste t dasLand . Wenn ihr ihn nicht j etzt vernichtet und das Land von dieserPlage befreit , so seid ihr ebenso schlecht wie er selbst.“ Der Vatersagte : „I ch habe den Jungen gezüchtigt. I ch habe ihn verkauft.Man hat ihn mir wiedergebracht. Er i st zu nichts zu gebrauchen .

Was sol l ich nun noch tun ? Nehmt ihn doch selbst.“ Der Vatersagte zu den Leuten von Nommono : „So schafft ihr ihn doch fort ,denn ich als Vater kann es nicht tun .

“ Die Leute von Nommono

fürchteten sich aber schon vor Alle Bangod11 und seinen Genossen ,und daher sagten sie zu den Leuten aus den anderen Dörfern inP ignari : „Nehmt ihr ihn doch ! Wir sind seine Verwandten .

Da gingen die Leute aus den Dörfern in P ignari fort und sagtenuntereinander : Die alten Leute N ommonos haben die Burschenschlecht erzogen . J etzt wollen sie sie nicht in Ordnung br ingen.

Wir wollen uns an das ganze Dorf halten .

“ S ie gingen in ihre

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Hogon sagte : „Was sol l i ch dabei machen ? Au f mein Verbot horter nicht. Greift doch Nommono an und tötet die Burschen.

“ DieLeute aus Pignari sagten : „Das nützt nichts. Wir kommen dagegennicht auf. Wir sind schon einmal geschlagen worden .

“ H i l f du uns

mit einem Endama (das ist das richtige Wort für Baschi , Zaubermittel ; das oben gebrauchte Wort Diandama heißt Haus derEndama ) , du kennst es.

“ Der Hogon sagte : „Ich kann es schon.

Die Leute aus den Ortschaften von Pignari brachten nun 100 Kühe ,100 Pferde , 100 000 Kauri , 100 Schalen mit Honig , 100 Barren Salz ,1 00 Mullen Korn herbei . S ie fragten : „Genügt das ?

“ Der Hogansagte : Das genügt. Geht nur zuruck in euere Dörfer. AlleBangodj i sol l nicht mehr langer im Lande herumstreifen .

“ DerHogon begann sogleich , sein Endama herzustel len.

Alle Bangodj i saß (derweilen ) beim Trunke . Er machte sich aufden Heimweg. Unterwegs kam er an einer Schmiede vorbei . Ertrat in die Schmiede ein , setzte sich nieder und sah der Arbeit zu .

Der Schmied hämmerte . Als er auf das glühende Eisen sch lug ,sprang ein Stück roten Eisens ab und durch den Stie fel in den FußAlle Bangodj is. Alle Bangodj i blieb gelassen sitzen und sagte nichts.Sie schwiegen lange Zeit. Dann sagte der Schmied : Die Hälfte istschon verloren .

“ Alle Bangodj i sagte : „I ch bin nur noch eine halbeKauri .“ Nach einiger Zeit zog er den Stiefel aus. Das gluh ende

Eisen hatte den Fuß bis in den Knochen hinein durchgebrannt. DerSchmied fragte : Weshalb hast du den Stie fel nicht früher ausgezogen ?“ Alle Bangodj i sagte : Mir tut es nicht weh . Aber dieFami l ie wird bald sehen , daß ich nicht mehr lebe .“ Dann starb er.Die Alten sagten , im Felsen von Nommono sehe man noch heute

die Eindrucke , die die Hufe seines Pferdes sch lugen , wenn AlleBangodj i über die Felsen sprengte .

18. Habbe und Bosso Tembelelegena'

e)

ie ersten der Leute aus M ande, die nach dem sudlich en Massinakamen , waren die Tembele und die Uo lloge . Die Habbe kamen

zusammen mit den Bosso zunachst nach P ignari. Da zerstreutensich die Habbe und breiteten sich weit über das Land hin aus. DerPlatz , an dem die Habbe auseinandergingen , war Fiko .

Der Ahnherr (Badj i ) der Habbe (Tommo ) und de r der Bossokamen also gemeinsam . Sie gingen ein Stück weit landein nachMassina. Aber sie fanden nichts zu essen und litten Hunger. Der

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Bosso sagte : „Wir wollen zum Niger zuruckkeh ren ; da kann ichetwas fischen , und wir brauchen so nicht Hungers zu sterben.

Nimm solange meinen Sohn in deine Obhut.“ Der Kaddo sagteEs ist gu t .

“ Der Bosso und der Kaddo hatten j e einen Sohn . BeideSöhne blieben unter dem Schutze des Kaddo im Lande zuru ck .

Der Bosso fischte inzwischen . Aber er blieb lange fort. Der Sohndes Bosso l itt inzwischen solchen Hunger , daß er fast starb. Als derKaddo das sah , sagte er : „Dieser Junge ist mir anvertraut , daß ichfür ihn sorge . Es ware besser , daß mein Kind stürbe , als daß dasKind meines Freundes stirbt. Das darf nicht geschehen .

“ Dannnahm der Habbe sein Messer hervor und schnitt sich eine Wade ab .

Die Wunde verband er. Die Wade rostete er und gab sie dem Knaben des Bosso . Das Leben des Bossoknaben war nun gerettet.Am Abend kam der Bosso zurück. Er hatte Fische ge fangen . Er

reichte dem Kaddo die Hand und fragte : „Wie geht es d ir ?“ DerKaddo sagte : „Es geht mir gut.

“ Sie aßen . Sie bl ieben eine Zeitzusammen . Dann wollten sie aufstehen und weitergehen. DerKaddo konnte sich aber nicht erheben . Der Bosso sah es und fragteWeshalb stehst du nicht auf ?“ Der Kaddo antwortete nicht .Darauf nahm der Bossoknabe seinen Vater beiseite und sagte : „I chwi l l es dir sagen

,weshalb er sich nicht zu erheben vermag : Als du

fort warst , hatte ich solchen Hunger , daß ich fast gestorben ware .Da sagte der Kaddo : ‚Dieser Junge ist mir anvertraut , daß ich fürihn sorge. Es wäre besser , daß meine Kind stürbe , als daß das Kindmeines Freundes stirbt. Das darf nicht geschehen .

‘ Dann schnitter sich eine Wade ab , rostete sie und gab sie mir zu essen .

Seitdem das geschehen war , ist es dem Kaddo verboten , das Blutdes Bosso , und dem Bosso das des Kaddo zu sehen . Wenn beide zusammen im Kriege sind , muß einer beiseite gehen , daß er nicht etwasehe , wie das Blut des anderen aus einer Wunde fl ieße . Auchdürfen sie sich nicht und auf keinen Fall miteinander verheiraten .

Der Name jenes Bosso ist nach der Angabe einiger Tie , nach deranderer Mama , der Name des Kaddo nach der Angabe einigerAnna Held ) , nach der anderer Ankeme gewesen .

19. D ie Gründung Bandiangaras Tembelelegende)in Jager namens Nangaba , vom Stamme der Tembele , kam ausdem Dorfe Gauda Kilemma . Er war mit einem Hunde bis zu

einem Hügel westl ich von Bandiangara gekommen . Er hatte seinen

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Bogen,Pfeile und ein Schalchen mit Pfeilgi ft bei sich . Es gab in

diesem Lande damals noch kein Dorf. Nangaba kam mit seinemHunde an einen kleinen Hugel . Er hatte sich einen Dorn in denFuß getreten , setzte sich au f den Hugel und entfernte den Stachel .Inzwischen lief sein Hund im Busch herum. Er kam an den Fluß

(nahe dem heutigen Bandiangara ) , walzte sich darin herum undlief dann zu seinem Herrn zuruck. Als der den nassen Hund ankommen sah , sagte er : „Es muß ein Wasser in der Nähe sein , sonstkonnte der Hund nicht so naß sein .

“ Nangaba folgte dem Hundeund fand den Fluß .Als Nangaba an den Fluß kam , sah er , daß hier ein starker

Ele fan tenwech sel war. Nangaba kletterte sogleich auf einen Baum ,

der uber dem Wege emporragte und stell te sich eine Platt form ausZweigen und Ästen her . Dann stieg er wieder herab . Er begab sichdarauf nach dem westlich gelegenen kleinen Weiler Sa. In Sawohnte naml ich seine Schwester Sa - ber i . S ie war da mit einemManne namens Gonge Kanda , vom Stamme der Uologe , verheiratet .B is zur Nacht blieb Nangaba bei seiner Schwester. Als es Mitternacht war

,kehrte er zurück an das Wasser und kletterte auf die

Plattform , die er sich in den hohen Baum gemacht hatte .Der Elefant , der diesen Weg gewöhnl ich kam , pflegte vor Sonnen

aufgang das Wasser zu besuchen , um zu tr inken . Er kam auch andiesem Tage um die gleiche Stunde . Nangaba schoß seinen vergifteten Pfei l . Sein Pfei lgi ft war so stark , daß der Pfei l gar nichtdas Wild zu treffen brauchte. Wenn er nur daneben in den Sandfuhr und einige Sandkorner gegen das Tier aufwarf , so wirkte dasschon tödlich . Nangaba sang : „Mein Pfei l , verbiete dem Tiereweiterzugehen . Mein Pfeil , verbiete dem Tiere , in das Wasser zutreten . Mein Pfei l , halte das Tier doch fest !

“(NB . Genau die

gleiche Art , den glückl ichen P feilsch uß mit solchen lau tgesungenenWorten zu begleiten , übten früher auch die Malinke . ) Der Elefantfiel sogleich tot zu Boden .

Nangaba ging zurück in das Dorf seiner Schwester und sagte zuihr : Gib mir vier Mann zum Tragen .

“ Seine Schwester rief vierManner. Er sagte : Gib mir noch vier Männer zum Tragen.

“ DieSchwester r ief vier Männer. Er sagte : „Gib mir noch vier Mannerzum Tragen .

“ Die Schwester rief noch vier Manner. Er sagteGib mir noch vier Männer zum ‘

Tragen .

“ Die Schwester sagte

„Da scheint es schon besser , ich rufe alle Männer des Dorfes zusammen .

“ Nangaba sagte : „J a , das , was i ch geschossen habe , ist

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Nun wollen wir tei len .

“ Der j üngere B ruder sagte : „Da ist nichtszu tei len. Du hast doch selbst gehört , daß dem Sokolo gehört ,der als erster den Pflock einrammt.“ An tandu Kebbe sagte : „Du

hast mich allerdings übertölpelt. Laß gut se in. Die Sache wirdsich regeln. J etzt werde ich erst einmal abseits gehen , um zu

pissen .

An tandu Kebbe ging abseits. Aber er tat nicht , was er gesagthatte , sondern er zündete den trockenen Busch in der Runde an ,so daß er bis weit ins Land hinein abbrannte . Als das geschehenwar , kam er zurück und sagte zu seinem jüngeren B ruder : „Du

hast mich al lerdings übertolpe lt , so daß das Dorf selbst dir gehört.Mir geho f t all das Land , soweit mein Feuer das Land freigelegt hat.Und so ist es auch gebl ieben . Wer sich in diesem Lande einenAcker anlegen will , muß die Erlaubnis der Nachkommen An tanduKebbes , d . h . den Kara-mbe haben .

Der Faulpelz (Binimalegende)n Dogo , südlich von Bandiangara , lebt der Stamm der B inima,der auch aus Mande kam. Ein Kaddo dieses Stammes hatte eine

Frau namens Käire geheiratet. Der Mann war über alle Maßenfaul und suchte sich von j eder Arbeit zu drücken. Da Käire sehrfleißig war , schob er ihr al les zu und fand immer neue Wege , sichselbst arbeitsfrei zu erhalten .

Eines Tages steckte er sich eine Kalebasse in die Hose und hinktezu seiner Frau und sagte : „S ieh , welche furch terlich e Krankheitmich befallen hat. Sieh , i ch habe ganz geschwo llene Hoden (Elefan tiasis ) . Ach , ich habe solche Schmerzen. Ach , ich habesolche Schmerzen . Und nun muß i ch dich al lein auf das Feld zurAckerarbeit gehen lassen . Ach

, was bin ich schlecht daran i‘ Käire

sah die starke Schwellung. S ie bereitete eine gute Speise , setz te sieihrem Manne hin und machte sich sogleich auf den Weg zum Acker.Sie arbeitete den Tag über und kam des Abends wieder. SobaldKäire gegangen war

,zog der Mann die lästige Kalebasse aus der

Hose , legte sie beiseite,aß und machte es sich den Tag uber be

quem . Abends steckte er,ehe seine Frau wiederkam , die Kalebasse

wieder in die Hose und stöhnte.So machte der Mann es alle Tage . Er steckte morgens eine Kale

basse in die Hose , klagte , l ieß sich von seiner Frau Essen bereiten ,l ieß seine Frau bis zum Abend allein auf den Acker gehen , zog die

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Kalebasse dann wieder heraus und steckte sie erst wieder an ihrenPlatz in die Hose

,wenn die Frau des Abends wieder von der Arbeit

heimkam. Es lebte aber in einem Seitenh ause auf demselben Hofeeine alte Frau . Die ging eines Tages in den Speicher , und als sieoben stand

,konnte sie sehen , wie der Mann , kurz nachdem Käire

fortgegangen war,die Kalebasse wieder aus der Hose hervorholte .

S i e gab nun wohl acht , denn sie hatte nicht viel zu tun ; und sie sah ,wie der Mann abends

,ehe Käire wiederkam , die Kalebasse wieder

in die Hose steckte . Die Alte paßte au f , und da sah sie , daß derMann es alle Tage so machte .Eines Tages rief die alte Frau Käire und sagte zu ihr : Weshalb

geht dein Mann eigentl ich nie mehr mit dir zur Feldarbeit hinaus ?Du gehst j etzt alle Tage allein . Warum das ?“ Käire sagte : Meinarmer Mann ist von einer h aßlich en Krankheit befallen . Er hat geschwo llene Hoden . Er kann sich kaum bewegen . Er kann nichtmit auf den Acker gehen .

“ Die alte Frau sagte : Wenn du morgenfrüh deinem Manne die Speise bereitet hast

,dann gehe auf dem Weg

nach dem Acker fort und komme aber schnell hinten herum zu

mir.“ Die Frau Käire sagte : „Ja, das will i ch tun .

Am anderen Tage setzte Käire ihrem Manne die Schussel mitSpeise hin. Dann begab sie sich auf den Weg nach dem Acker undl ief schnel l h inten herum zu der alten Frau. Die alte Frau fuh rtesie an den Speicher. Vom Speicher aus konnte Käire nun sehen ,wie ihr Mann die Kalebasse aus der Hose nahm

,zu essen begann

und es sich so bequem wie moglich machte . Käire sagte nichts. S ieging auf den Acker und arbeitete den Tag uber auf dem Felde. Alsihr Mann sie abends vom Felde heimkommen sah ,

steckte er schnel lwieder die Kalebasse in die Hose .Am anderen Tage sagte der Mann wieder : Ach , was habe ich

mit meinen geschwollenen Hoden für Schmerzen ! Ach , wie binich krank. Ach , daß ich dir nicht bei der Feldarbeit hel fen kann .

Käire sagte : „Du willst mir also bei der Feldarbeit wieder nichthel fen ?“ Der Mann sagte : „Ich wil l schon , aber ich kann dochnicht.“ Die Frau Käire sagte : Heute wil l ich dir zu deiner Arbeithel fen.

“ Käire stürzte sich unversehens auf ihren Mann undpackte ihn in der Hose . Sie zog mit schnellem Gri ff die Kalebasse heraus und sagte : „Siehst du , nun habe ich dich von deinengeschwollenen Hoden befreit. Nun geh du auf den Acker undarbeite. Von nun an werde ich mir die Kalebasse in mein Kleidbinden !“

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Der Mann sch amte sich und stoh nte . Er sagte : „Ich weiß woh l ,wer dir das gesagt hat.“ Dann zog er aus zur Feldarbeit.Seitdem bauen die Habbe die Hütten der Alten seitwärts , so daß

sie nicht alles beobachten können , was zu Hause vergeh t.

22. D ie Affen (Binimalegende)er Hundskopfaffe hat bei den Habbe im Süden Massinas denNamen N dege. Eine Kaddofrau war mit einem Jäger in Bogo

verheiratet. S ie waren vom Stamme der B inima. Die Frau hatteein kleines Mädchen . Das stil lte sie noch und trug es daher immerauf dem Rucken mit sich herum. E ines Tages wurde der Jager sehrkrank. Er konnte das Haus nicht verl assen. Die Frau sagte zu

ihrem Manne : Laß nur , ich kann die Feldarbeit auch allein bewa ltigen . B leib ruhig l iegen

,dann wird es besser werden .

Die Frau begab sich mit dem kleinen Kinde auf dem Rücken aufdas Feld und arbeitete daselbst. Al le J ahre kamen die Ndege vondem benachbarten Felsen herunter und nährten sich von demAcker der Jäger. Als die Frau mit dem Kinde auf dem Rucken aufdas Feld kam , sah sie , daß die Ndege viel Korn gestohlen hatten undso frech waren , daß sie kaum wegliefen , als sie kam. Die Frau arbeite te den Tag über. Als sie abends heimkehrte , sagte sie zu ihremManne : „Die Ndege sind wieder in unseren Feldern. S ie werden unsnoch alles Korn aufessen.

“ Der J ager sagte : Nimm morgen frühalle Hunde mit , dann werden die Ndege sich die Sache uberlegen .

Am anderen Morgen gab der Jager den Hunden gutes Futter.Darauf machte die Frau sich mit den Hunden au f den Weg. Als sieankam , war ein ganzes Rudel von Affen auf dem Felde. S ie verteilte also die Hunde rund herum und hetzte sie dann auf die Affen .

Die Ndege l ie fen davon. Die Hunde bissen einige tot , einige konntensie nicht grei fen . Es war eine Ndegemu tter dabei , die trug ihrJunges au f dem Rucken. Als die Hunde hinter ihr h erh e tzten , fieldas Junge herunter. Die Mutter entfloh , und der Hund gri ff dasJunge auf und brachte es der Frau des Jägers. Das Junge lebte .Abends kehrte die Jagersfrau mit ihrem Kinde , dem Ndegejungenund den Hunden heim. S ie zeigte ihrem Manne das Ndegejunge .

Der Jäger sagte : „Gut , wir wollen das kleine Ndegemädch en au f

ziehen. Gib ihm nur von allen Speisen,die du bereitest , ein wenig

ab . Dann wird der kleine Affe bei uns groß werden.

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Nachher kam die Jägersfrau von der Arbeit zuruck . S ie nahmihr Kind au f und ging mit ihm schnel l nach Hause.Seitdem essen die Dogoleu te den Ndege nicht mehr. Die Dogo

leute sind Schmiede .

23. Ari (Aramalegende)m Dorfe Kogo , das im Aru lande l iegt (südwestl ich von Bandiangara ) , lebte ein Kaddo vom Stamme der Arama* , der hieß

Ar i . Ar i zeichnete sich durch einen ungesetzmäßigen Lebenswandelaus. Er raubte Ziegen , Schafe , Rindvieh , Pferde , Esel und verkauftedas Erbeutete auf den Märkten der Nachbarschaft . Eines Tagesward er von den Landbewohnern erw ischt. Sie banden ihn und beratsch lagten , was sie mit ihm beginnen wollten . Einige sagten : „Esist ein Raub er

,schlagt ihn doch einfach tot.“ Andere sagten

Nein , das durien wir auf keinen Fall tun , denn er ist der Sohneiner vornehmen Familie , und diese vornehme Famil ie wird sichnachher an uns schadlos halten .

“ Andere sagten : So wollen wirihm ein starkes Zaubermittel bereiten

,so daß eine h aßlich e Krank

heit uber ihn kommt. Dann kann er uns nicht mehr schaden . Undniemand kann uns verantwortl ich machen .

“ Alle sagten : „Das istsicherl i ch das Richtige .“

Die Leute l ießen ihn also laufen . S ie bereiteten aber ein Zaubermittel . Das war sehr stark und hatte zur Folge , daß Ari nacheiniger Zeit von einer häßlich en Krankheit befallen wurde , die beraubte ihn seiner Hände und Füße. Ar i sagte : „I ch weiß sehr wohl ,wie ich zu dieser Krankheit gekommen bin . Die Leute wollten michunschädlich machen und haben ein Zaubermittel bereitet , das dieseKrankheit zur Folge hatte . I ch danke euch dafür , l iebe Leute . Ihrwaret sehr gerecht und habt sehr recht gehandelt. Aber ihr werdetmeine Neuigkeiten schon früh genug zu horen bekommen.

Im nächsten J ahre begann eines Tages die Regenzeit. Alles , wasarbeiten konnte , verließ Kogo und ging hinaus , den Acker zu bereiten . Nur ein altes Weib und die Kinder bl ieben im Dorfe zurück.

Ari sagte : „Beglei tet mich doch mit zum Kossue hinab .

“ Der Kossue ist ein ständig fl ießender Fluß nahe Kogo . Die Kinder sagten

„Ja , wir gehen mit dir .“ Es schlossen sich an die hundert KinderDie Arama sind die Nachkommen de r Ruma, d. h . der Marokkan er, d ienach Zerstörung des Songh aireich es sich in d iesen Ländern n iederließen und

in M ischung mit den alte ingesessenen dunklen Völkern aufgingen.

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dem Ari an. Ar i sang : „Als Lebender habe ich schon Schlechtesgetan. Als Toter werde ich noch viel Schlechteres tun .

“ Er sangund führte die Kinder zum Flusse hinab . Am Ufer angekommen ,warf er erst al le Kinder in die Flut und ertränkte sie . Dann aberertränkte er sich zuletzt auch noch .

Als die Kogoleu te vom Felde heimkamen , suchten sie überallnach den Kindern . S ie fragten : Wo sind denn nur die Ki nder ?Wo sind denn nur die Kinder ?“ Die alte Frau , die zurückgebliebenwar

,sagte : Wo die Kinder sind ? I ch horte , wie Ar i d ie Kinder

fragte,ob sie mit ihm zusammen hinab zum Kossue gehen wollten.

Nachher ging er mit ihnen fort und sang : ‚Als Lebender habe ichschon Schlechtes getan . Als Toter werde ich noch viel Schlechterestun .

‘ Seht doch einmal am P lusse nach .

“ Alle Leute li efen nunzum Plusse herab und begannen die Leichen der Kinder au fzu

suchen . Sie begruben die toten Kinder.S ie fischten auch die Leiche Ar is heraus . Aber Leute , die an

dieser Krankheit sterben , werden nicht begraben . Man setzt siean einen Baum gelehnt auf einen Baumstumpf hin und läßt sie so .

So setzten sie auch Ar i nahe dem Dor fe hin . Dann gingen sie fort .Nach einiger Zeit kam eine Karawane von Dju lla . Die Dju llastießen gegen die Leiche. Da fiel sie um . Die Kogoleu te sahen dasund sagten : Ihr Dju lla habt unseren Mann getötet. Zahlt uns seinLeben , oder wir werden euch al l euere Waren wegnehmen .

“ DieDju lla sagten : Wir haben das nicht getan. Wir sind harmloseDju lla (Kaufleute ) . Wir tuen nicht solche schlechten Sachen .

Die Leute von Kogo aber sagten : Zahlt , oder wir nehmen eucheuere Sachen .

“ Da bezahlten die Dju lla für den toten Ar i den Preiseines L ebenden .

24. Der Ahnh err der Spielleute Gindolegende)

in Bagi (Ahnherr ) der Dj ongwe (Spielleute ) vom Gindostamme

lebte in Sadia, _

das im Lande Kani - Boso (oder Kani - Bonso )gelegen ist. Dieser Spielmann war sehr arm . Eines Tages heirateteer ein Madchen aus Gimbal .Die Mutter der j ungen Frau starb . Die junge Frau sagte : „I ch

wil l hingehen , meine Mutter zu beklagen und beweinen .

“ DerSpielmann in Sadia wußte nicht , was er zu dem Trauer feste an

z iehen sollte , konnte also nicht mitgehen und sagte : „Geh voran ,i ch suche mir nur ein Kleid . Sobald ich es gefunden habe

,komme

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i ch nach .

“ Die Frau ging. Sie ging nach Gimbal . Sie bl ieb inGimbal zwei Jahre und wartete auf ihren Mann . Aber der Mannkam nicht.In Gimbal war auch ein Spielmann namens Tamme -Tessuge .

Der hörte diese Sache wie alle anderen Leute , und er sang : „Weshalb kommt der Spielmann aus Sadia ni cht mit seiner Frau , umseine Schwiegermutter zu begraben ? Die Frau kam . Der Mannbl ieb fort. Die Frau blieb und wartete. Der Mann kam nicht . DerMann wird nicht haben , worein er sich kleiden könne . Hat derMann keine Kleidung ? Hat der Mann keinen Acker ? Hat derMann kein Geld ? Wird er nie kommen ?Der Bagi der Spielleute , der Gindo in Sadia , horte das , und er l ieß

dem Tamme-Tessuge sagen : Warum ich nicht komme ? Wei lich ein Unglückl icher bin . Ob ich nie kommen werde ? I chwerde kommen , wenn drei J ahre verstrichen sind . Dann werde i chmeine Schwiegermutter beweinen .

“ Der Bagi der Spielleute vonSadia wartete , bis etwa drei J ahre seit dem Tode seiner Schwiegermutter verstr ichen waren . Dann ging er umher und suchte sich einKleid zu leihen . Aber niemand wollte ihm ein Kleid geben . Erkonnte kein Kleid bekommen

,um darin wurdig nach Gimbal zu

reisen , seiner toten Schwiegermutter die Ehre zu erweisen und seineFrau abzuholen .

Da ging der Bagi der Spiel leute von Sadia in den Busch . Er suchtesich ein Stück Rinde , klopfte die und bereitete sich so ein StückDj au (Rindenstoff ) . (Solche Rinden sto ffe wurden al so früher nichtnur im Suden der Mande länder , im Tukorro

,sondern auch hier in

Massina angefertigt. Übrigens kennen auch die Mal inke und Kassonke diese Rindensto ffe . Die Kassonke nennen sie Djapo und verwenden sie zum Beispiel zur Herstellung der Maske der MumboJumbo . ) Als sein Rindenstoffkle id fertig war , san dte er nach Gimba l die Nachr icht : Morgen werde ich kommen , werde meiner Fraualle Ehre erweisen und sie heimholen .

“ Darauf füllte er seinenZiegenh au tsack vol l mit Baumwollsamenkörnern und machte sichauf den Weg . Als er in den Ort kam ,

versammelten sich sogleichalle Kinder um ihn . Er gr i ff in seinen Sack und streute den Samenweit umher . Die Kinder fielen schnel l und sich überschlagenddarüber her , denn sie meinten , es seien Kaur imuscheln .

Der Bagi der Spielleute von Sadia aber sang : „I ch kam nicht ,weil i ch arm bin . An Stelle eines Sto ffkle ides bereitete ich mir einK leid aus Rinde . An Stel le der Kaur imuscheln nahm ich Baum

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den Leuten von Garu sagen : „Gut tut j etzt wie ihr wol lt. Ihrwerdet meine Neuigkeiten schon seinerzeit hören .

Als nun einige Monate später die ersten Regen der n assen J ahreszeit fielen , bestell ten die Garu leu te in der Ebene ihre Acker. Dasandte Sagare unversehens seine siebzig Reiter aus. Die fielen uberdie Bauern her. J eder der siebzig Reiter tötete e inen Mann aus Garnund nahm einen zweiten gefangen . So kamen siebzig Garu leu teums Leben und siebzig andere wurden gefangen nach Songobia gebracht. Als das geschehen war , sandten die Garu leu te anSagare eine Botschaft und l ießen ihm sagen : Du hast siebzig vonunseren Leuten getötet und hast siebzig gefangen mit fortgen ommen. Mit den siebzig Getöteten laß es nun sein Bewenden habenund sende uns die Gefangenen zurück . Wir erkennen deine Machtan .

“ Sagare antwortete : Ihr habt mir eine sch l imme Antwort gegeben . Dafür will ich euch strafen .

“ Er überlegte einige Zeit.Dann sandte er eine Nachricht und l ieß den Garu leu ten sagen : „I chwill euch euere Leute freigeben ; zahlt mir für j eden der Gefangenen1 00 000 Kaur i etwa 160 Frank heutigen Wertes ) . Das genügtmir als Strafe .“ Die Garu leu te waren damit einverstanden undsandten die Kaur i . Sie erh ielten ih re Gefangenen . Als die Kaurimuscheln ankamen

,sagte Sagare : Ihr seid von meinem Stamme .

Deshalb wil l i ch das Lösegeld nicht ausgeben. I ch wil l mir einenSitz daraus machen lassen , auf dem ich tägl ich Platz nehme.“ Sospottete er auch noch der Garu leu te .

Aber nicht nur die Leute von Garu , sondern auch von Songobia waren über diese Weise so zornig und erregt , daß die Gindonach dem Tode Sagares seine Famil ie als Damma erklärten , damitniemand sich mit den Nachkommen Sagares verheirate . Seitdemsprach und heiratete kein Vornehmer mehr die Sagaresprossen . S i everkamen .

26. Der Protz Togolegende)

m Orte Tendella , im Lande Seno , lebte der Kaddo Serre , der vomStamme (Tiga ) der Togo war. Dieser Mann war über alle Maßenreich , viel reicher als irgendein anderer im Lande Sena . Eines Tagesrief er al le seine Angehörigen und Stammesgenossen zusammen undsagte zu ihnen : I ch habe j etzt so ungeh eu ere Massen von Korn ,daß ich nicht weiß

,was ich damit machen soll .“ Einer der Ange

h origen sagte : „Nun , so verschenke doch an arme Leute , an solche ,die nichts haben .

“ Serre sagte : „Nein , das paßt mir nicht.“ Ein

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anderer sagte : „Nun , so leih doch Saatkorn aus an die , die eine Mißernte hatten und die nun in Sorge sind .

“ Serre sagte : „Nein , daspaßt mir nicht.“ Ein anderer sagte : Nun , so verkaufe doch deinKorn und schaff dir dafür Vieh an .

“ Serre sagte : „Nein , das paßtmir nicht.“

Keiner konnte ihm einen Rat geben . Serre sagte : „Sendet mirfur Verarbeitung des Kornes alle j ungen Mädchen .

“ Die Leutegingen auseinander und sandten ihre j ungen Mädchen . Es kamenhundert j unge Mädchen zusammen. Er gab ihnen das Korn . DieMädchen nahmen die

'

Mahlsteine . Die hundert Mädchen r iebensieben Tage und sieben Nächte lang ununterbrochen Korn. 30 wardeine ungeh eu ere Menge Mehl hergestellt. Als alles Korn vermahlenwar , sagte Serre : So , nun bringt auch Wasser herbei . Wir wollendas Mehl mit Wasser anreiben und daraus eine kleine Mauer herstellen , die mir als S i tz d ienen soll , wenn wir Beratungen pflegen .

Als die anderen Habbe seiner Famil ie das hörten , kamen sie herbeiund sagten : „Laß das , Serre ! Laß das ! Das ist gegen al les Recht.

Serre sagte : Laß mich doch mit meinem Überfluß machen , was ichW i l l . I ch bin reich . I ch kann so etwas tun . Mein Recht ist einanderes so reich bin ich !“ Die anderen Habbe gingen vondannen. Serre l ieß das Mehl mit Wasser anrühren . Er l ieß darausStücke formen , die wie Luftziegel waren. Er ließ aus den Mehlziegeln die kleine Mauer err ichten. Er ließ in die Mauer Kaur imuscheln in Mustern einlegen.

Wenn Beratungen gepflogen wurden , setzte Serre sich auf dieseMauer. Die anderen nahmen neben ihm Platz .Eines Tages hatte Serre eine Mißernte . Er hatte auf einem seiner

Felder nicht einen einzigen Kolben Korn. Er mußte Vieh verkaufen , um Korn für Nahrung und Saat anzuschaffen . Im nächstenJ ahre war es wieder so . So ging es Jahr fur Jahr. Serre mußte seinRindvieh , seine Pferde verkaufen. Ein Teil seiner Leute starb vorHunger. Ein Tei l seiner Leute l ief von dannen , um nicht diesesLeben mitführen zu mussen . Er hatte zuletzt nur noch einen einzigen Esel und ein einziges Mädchen . Das war alles , was von seinem Reichtum übr iggeblieben war. Um nicht Hungers sterben zu

mussen , kratzte er täglich etwas von seiner kleinen Mauer ab , bisauch die aufgezehrt war .Als auch die kleine Mauer verbraucht war

,sagte er eines Tages

„I ch wil l zu dem König der Ganna , zu Alle Sogole , reiten und wil lihn um Saatkorn bitten . Der Gannakön ig ist reich und freigibig ,

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und meine Familie wi l l mir nichts mehr geben .

“ Serre setzte sichmit seiner kleinen Tochter au f den Esel und ritt in das Land Gamma .

Der Konig Alle Sogo le hielt gerade Audienz ab . Rund um ihnsaßen die vornehmen Mitgl ieder und Fremden , alle in schönen Gewändern . Da kam Serre auf seinem Esel in seinen schmutzigenalten Kleidern angeritten . Der König Alle Sogole wechselte mitihm alle Grüße und fragte ihn , woher er komme. Er sagte : „ Ichkomme aus Tende lla .

“ Der Konig Alle Sogole sagte : „Mann ausTendella , mach es dir bequem . Du sol lst sofort ein Quartier haben .

Und er l ieß ihn sogleich in ein gutes Haus bringen . Der König AlleSogole wußte aber nicht , daß der andere der früher so wohlhabendeSerre war.Als der Konig mit seinen Geschäften fertig war und alle anderenentlassen hatte , sagte er zu seinen Leuten : „B ringt mir in meineHalle eine Schale mit Hirsebier, legt mir zur Seite ein Fel l , daß sichder eben angekommene Fremde aus Tendella darauf niederlassenkann , laßt einen Knaben zum B edienen kommen und ruft mir denFremden .

“ Die Leute gingen und riefen Serre . Der König sagteNun

,fremder Mann , tr inke einen langen Zug , denn du hast eine

Reise h inter dir und mußt durstig sein .

“ Serre sagte : „Ich kann nursehr wenig trinken .

“ Der König sagte : Weshalb das ?“ Serresagte : „I ch habe solange gehungert , und es ist mir so schlecht ergangen .

“ Der König sagte : „Wenn es sonst nichts ist , so trinke nurin al ler Seelenruhe , denn j etzt bist du bei mir und somit vor Hungergeschützt. Du wirst alles bekommen , was du brauchst. Trinkenur.S ie tranken zusammen . Nach einiger Zeit fragte der Konig : „Du

kommst aus Tende lla . Lebt denn der reiche Serre noch , der sichseinerzeit aus uberflussigem Mehle eine Sitzmauer machen ließ ?Serre sagte : „J a , er lebt noch .

“ Der König fragt e : „Hat er dennnoch so viele Kühe und Rinder ?“ Serre sagte : „Nein , er hat alleseine Herden verkaufen mussen , weil er keine Ernte hatte .

“ DerKonig fragte : Hat er denn noch seine vielen Pferde Serre sagte

„Nein , er hat alle seine P ferde verkau fen\mussen , wei l er gar nichts

mehr zu essen hatte .“ Der König fragte : „Hat er denn noch so

viele Menschen , Kinder , Haussklaven und Arbeiter Serre sagte

„Nein , die hat er nicht mehr . Ein Tei l ist vor Hunger gestorben ,ein anderer Teil ist davongelaufen, um nicht das gleiche Ende zunehmen . Er selbst h at sein Mäuerchen aus überschüssigem Meh laufgegessen und h at nun nichts mehr als seinen Esel und ein kleines

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e ine kleine Gabe .“ Der Konig sagt e : Was , einen so großen , großenKonig wie mich belästigt er mit solcher B itte .“ Er r ie f seine Sklavenund sagte : „Zieht ihm das Kleid aus und versetzt ihm fünfzig Streichemit dem Kno tenstrick.

“ Die Sklaven nahmen den Mann,ent

kleideten ihn und schlugen ihn . Der Spielmann ging nach Korrozurück .

In Korro wohnte ein Vornehmer mit Namen Gimmile . Er ware in Vornehmer

,aber er wußte Lieder zu machen und zu singen .

Gimmile hörte , was dem armen Spielmann widerfahren sei , und erdichtete ein Lied , das lautete : Der König hat einen großen Bauchder Konig hat einen Kropf —der Konig hat einen Buckel . Man

sieht es nicht. Aber du hast das alles , König Konondjong !“ Gim

mile dichtete das . Bald sangen es einige , dann alle Leute vonKorro . Bald sang man es auch anderweitig im Lande . Die Leutesangen es beim Wassertragen ; die Frauen sangen es beim Mehlreiben ; die Männer sangen es beim Weben . Überall ward es gesungen . Der König selbst horte es überal l .Da l ieß der König eines Tages wieder den Spielmann rufen , den

er seinerzeit hatte schlagen lassen . Er schenkte dem Sp ielmann100 000 Kauri , ein Pferd , eine Kuh , einen Ochsen . Dann sagte er

„Sorge dafur , daß der Gesang Gimmiles nicht mehr gesungen wird .

Der Spielmann sagte : Ich bin nicht der große König. Wenn dergroße König nicht einmal den Gesang des Gimmile verhindern kann ,kann ich es noch viel weniger .“

Das Lied Gimmiles bl ieb bestehen und wird heute noch gesungen .

28. Das Totengerich t Togolegende)

m Gebiet von Kani -B onso lebte ein Kaddo namens Kambäu . Derwar vom Stamme der Togo . Das war ein fleißiger und sehr guterMann , der in aller Leute Munde einen ausgezeichneten Namenführte. Er war frohlich , l iebte zu singen und zu tanzen . SeineFrauen hatte er aus guten Familien genommen , und er hielt sie

gu t . Da auch unter ihnen keine einzige mit schlechtem Rufe odervon schlechter Art war , so waren er und sein Gemeindewesen uberal l außerordentli ch bel iebt. Deshalb wurden seine Familienangehörigen ei fersüchtig

,und sie begannen ihm nach dem Leben zu

stel len . Drei J ahre lang verfo lgtén sie ihn . S ie wol lten ihn miteinem Zaubermittel töten

,und um das anzuwenden , suchten sie

ein Hosenband Kambé'

us zu erlangen . Sie suchten und fanden nach

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drei J ahren al les, was notig war. Es war j etzt nur noch die Frage ,

ob man ihn nur krank machen , oder ob man ihn toten wolle.Eines Tages war alles bereitet und Kambeu starb.Kamböu hinterl ieß einen j üngeren B ruder , der stammte vom

gleichen Vater und gleicher Mutter. Der B ruder beschloß , noch eheder Tote begraben sei

,den herauszusuchen , der seinen au sgeze ich

neten B ruder getötet hatte . Er suchte und suchte . Aber er fandniemand . Er fragte das Erdorake l. Das Erdorake l antwortete nur :Ein Mensch hat Kamböu getötet .“ Aber das Erdorake l sagte nicht ,wer der Mörder war. Kambeu hatte einen guten Freund und Kameraden hinter lassen. Der kam zu dem B ruder Kambéus und sagte :Wir wollen den Morder deines B ruders suchen und wir werden ihnfinden. Ich habe einen treuen

Genossen , der ist unfehlbar. Derwird nun helfen. Der treue Genosse ist ein dreij ähriger Hahn .

Komm , wir wollen dem dreij ährigen Freunde seine Arbeit geben .

Der B ruder sagte : Das ist gu t .“

Der Kamerad und der B ruder gingen mit dem dreij ähr igen Hahnin den Busch . Sie suchten eine Kolonne der großen Wanderameisenund folgten ihrem Weg bis dahin

,wo sie aus der Erde kamen . Dort

kratzte der Kamerad den Boden auf , und dann legten sie den Hahnhinein . Hierauf schlossen sie die Grube wieder. Der Kameradsagte : „Warte nun ab . Nun wird mein Hahn den Morder deinesB ruders verfolgen . Er wird ihn verfolgen , bis er tot i st. Er kannuns nicht mehr entgehen .

“ Darauf begaben sie sich in das Dorfzurück .

Im Dorfe bereiteten sie die Leiche zur Bestattung vor. Dannrichteten sie einen groß en Tarritam ein und begannen das Totenfest.Der Kamerad sang : „Kamben war ein vorzüglicher Mann . Kambéu

hatte einen vorzüglichen Namen. Kambeu mußte darum sterben ,denn andere gonn ten ihm nicht die Ehre .

“ Nun wollte man denToten in das Grab tragen . Einer der Dorfbewohner wol lte die Leicheauf den Kopf nehmen . Der Kamerad sagte : „Nein , das darf nichtsein . Nicht ein Dorfbewohner darf den Toten nehmen . Das muß

ein Mann tun , der nichts mit den Angelegenheiten unseres Stammeszu tun hat. Das muß ein Fremder tun ,

der unsere Familien nichtkennt.“

Ein Mann aus einem anderen Dorfe nahm den Toten au f denKopf und trug ihn . Er wollte ihn dahin tragen , wo die Toten vers charrt werden . Er machte si ch auf den Weg. Der B ruder und derKamerad folgten. Aber der Leichenträger konnte den Weg zum

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Kirchhof nicht gehen . Er ward gezwungen eine andere Richtungeinzuschlagen . Er konnte nicht anders , als auf den Busch zuzugehen . Der B ruder und der Kamerad fo lgten . Der Leichenträgermußte in den Busch gehen , genau dahin , wo der dreij ährige Hahnvergraben war. Über der Stel le mußte er stehenbleiben. DerKamerad sagte : 30 , mein guter Genosse , du machst deine Sachegut. Nun zeige uns den Mörder des Toten .

Darauf mußte der Trager mit der Leiche nach dem Dorfe zuru ckgehen . Er mußte gehen , ob er wollte oder ob er nicht wo l lte . DerB ruder und der Kamerad folgten . Im Dorfe ward der Träger zueinem bestimmten Gehöft gedrängt

,und hier ward er gezwungen ,

gegen eine Tür zu fal len , ob er wo l lte oder ob er nicht wol lte . DieLeute o ffne ten ihm die Ture . Der Trager der Leiche ward in einHaus gedrängt. In der Mitte bl ieb er stehen . Der B ruder und derKamerad gruben an der Stel le die Erde auf und fanden einen Topf ,der da vergraben war . Darin war ein Zaubermittel , ein Stück voneinem Fingernage l und außerdem das Hosenband des Toten . Daraufwußte man , daß in diesem Hause der wohnte , der den ausgezeich

neten Kambéu mit Zaubermitteln getötet hatte . Der Bruder undder Kamerad brachten nun den Toten zur Bestattungsste lle undvermauerten ihn .

Dann aber gingen sie heim,nahmen ihre Gewehre und to teten

den Morder . Es entspann sich daraufhin ein Streit zwischen denGeschlechtern . In einer Familie waren fünfundzwan zig , in deranderen fünfzehn Tote . Seit damals ist es im Lande Kani—Boso(oder Kani- Bonso ) verboten , die Toten auf den Köpfen einzelnerzur Bestattung tragen zu lassen . Man läßt sie j etzt von zwei Leutenwegführen .

29. Der Pferdedieb Togoiegende)m Lande Kane war ein Kaddo namens Kamben , der tat al lesSchlechte , was man tun kann . Er wußte d ie Leute mit Zauber

mitteln einzuschläfern . Wenn sie schlie fen , beraubte er sie . Erraubte alles , vor allem Vieh und Pferde und gab sich als ein ganzbesonders tapferer Mann aus. Das blieb so eine lange Zeit , und esgelang niemand , den frechen Räuber zu fassen .

Eines Tages hörte das ein reicher Fulbe . Der wohnte unten imTale . Der sagte : Dieser Kamben sollte einmal zu mir kommen.

Das möchte ich wohl . Es wäre mir aber gleich . I ch wil l mein Pferdh ier draußen anbinden und ich will sehen

,ob der Mann es wagt ,

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I st das Pferd mehr wert als fun fundzwanzig Tote und zwo lf Ge

fangene ? Gib das Pferd Kambäu wieder und sage ihm , er so lle esmir selbst wiederbr ingen und so die zwölf Gefangenen auslösen . DieToten kann man j a doch nicht zum Leben zuruckru fen .

“ Der Spielmann nahm das Pferd , brachte es zuruck und sagte alles demKambeu . Als der Spie lmann aber gegangen war

,legte der Fulbe

Ali am Wege , auf dem Kambeu kommen mußte , Wächter in denBusch .

Als die Botschaft zu Kambeu kam ,machte er sich auf den Weg

,

um mit dem Fulbe Ali zu kämpfen . Der Fulbe Ali nahm ihn abergefangen , tötete ihn , l ieß ihm den Kopf und alle Glieder abschneidenund al les im Busche verstreuen. In das Habbedorf sandte er aberdi e Nachricht : „Tut so etwas nicht wieder.“

Ein Kaddo ging eines Tages in den Busch , um Holz zu fal len . Erfand den Korper eines Menschen und sagte : Dieser Körper siehtdoch ganz so aus

,wie der des Kambäu . Nur , daß er keine Arme

und Beine und keinen Kopf hat .“

Man sagt heute noch in den Liedern der Habbe : Die Habbekonnen überal l Sch lechtes tun . Aber niemals gegen die Fulbe .

30. D ie erarbeitete Fran (Karambelegende)

n dem Dorfe B olemba,im Lande Sign i, lebte ein Kaddomadch en

mit Namen Samme (oder Sammi ) . Das war vom Stamme derKarambe . Dieses Mädchen war sehr hubsch . S ie wußte au sgezeichnet zu singen und zu tanzen . Vor al len Dingen aber arbeitete siewie keine zweite Frau im Lande Pignari. Es kamen viele Manner ,um sie zu heiraten . S ie sagte zu j edem : „Komm , wir wollen zusammen auf dem Felde arbeiten . Schaffst du mehr als ich , so wil lich dich zum Manne haben .

“ Aber j edesmal , wenn es ans Arbeitenging , zeigte es sich , daß Samme mehr schaffte als alle Männer.Darauf ließ Samme im Lande sagen : „I ch heirate nur den , der beider Feldarbeit mehr leistet als ich .

! Es kamen nun viele Manneraus allen Dörfern P ignaris, aber keiner vermochte Samme in derArbeit zu übertrumpfen .

Im P ignaridorfe B adjugu lebte ein Bursche mit Namen Aldjuma

Bamba. Der war auch vom Stamme der Karambe und in seiner Geme inde bekannt als ein Mann

,den niemand bei der Ackerarbe it zu

übertreffen vermoge . Oftmals sagten Kameraden und Freunde zuihm : „Das ist eine Sache für dich ! Miß dich doch mi t der Samme

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in der Ackerarbeit !“ Aldjuma Bamba sagte : Was soviele nicht gekonnt haben , kann ich auch nicht. Ich bin außerdem weder hübscher noch besser als andere Leute in P ignari, sondern nur ärmer .

Lange Zei t hindurch und oftmals redeten die Freunde und Kameraden ihm zu , den Versuch zu unternehmen . Eines Tages sagte erGut , ich werde es tun . Zwei von euch können mit mir kommen !“

S ie nahmen ihre Hacken (Ina oder kong bei den Habbe , die Dabader Mali und Bammana) . Die Hacke Aldjuma Bambas warlänger als anderer. Ihr Stiel reichte den Männern bis an die Hüfte .Aldjuma Bamba machte sich mit seinen beiden Kameraden aufden Weg .Die drei Burschen aus Badjugu kamen in die Umgebung von

Bolemba. S ie fragten die Leute : „Wo ist der Acker der Samme ?“

Die Leute zeigten ihn . Die drei Burschen begaben sich sogleichdahin . Auf dem Acker arbeiteten gerade der Vater des Mädchens ,Samme selbst , ihr älterer B ruder und ihre j üngere Schwester.Samme sang bei der Arbeit. Die Burschen kamen heraus . Aldjuma

Bamba sagte dem Vater seinen Gruß . Als Samme das hörte , beugtesie sich von der Arbeit auf und sang : „Da kommt ein Mann , michund meine Arbeit anzusehen . Er wird nichts anderes sehen , a ls daßi ch immer in derselben Weise wie bisher arbeite .“ Aldjuma Bambasagte : „Ich bin nicht hübscher , reicher , besser als irgendein andererMann in P ignari. Nur bin ich arm. Aber ich weiß ein wenig zu

arbeiten. Ich hörte deine Nachr icht und daß du nur den heiratenwillst , der besser arbeiten kann als du . Nun bin ich hier .“

Samme sagte : Es ist gut . Wir wollen arbeiten . Vater , sieh duzu .

“ Nun arbeiteten Samme und Aldjuma Bamba um die Wette,

der eine Kamerad mit Sammes älterem B ruder,der andere Kamerad

mit Sammes jüngerer Schwester . Aber sie hatten noch nicht langegearbeitet , da sang Samme : B is heute sah ich nur Männer , heuteerst sehe ich meinen Mann neben mir und vor mir arbeiten . Aldjuma Bamba hatte recht . Er ist nicht schöner a ls andere Manner.Aber er weiß zu arbeiten wie kein zweiter.“

Sie hörten nachher mit arbeiten auf. Nach allen Seiten ward dieNachr icht gesandt , Samme Karambe hat den Aldjuma Bambakennen gelernt. S ie hat mit ihm gearbeitet

,er weiß besser zu ar

be iten als sie . Sie wird mit Aldjuma Bamba Karambe nach Badjugugehen und seine Frau werden .

“ So heirateten sie . Samme ging mitihrem Manne in sein Dor f.Viele Leute in Badjugu waren auf Aldjuma Bamba eifersuch tig

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und mißgonn ten ihm seine ausgezeichnete Frau . Viele Leute suchten die Ehe zu trennen . S ie sagten hinter seinem Rücken zu SammeDein Mann kann j a ein wenig arbeiten , das ist wahr.

Aber siehnur , wieviel wohlhabende Männer es hier im Dorfe gibt , mit denendu auch glücklich und noch viel glücklicher sein könntest.“ DieLeute aber vermochten nichts auszurichten . S ie vermochten dieEhegatten nicht auseinanderzubringen , denn Samme sagte : Ichbin mit ihm sehr glückl ich . Er ist e in braver

,tüchtiger Mann .

Einige Leute waren ganz besonders ei fersüchtig auf Aldjuma

Bamba. S ie wollten versuchen , Samme für sich zu gewinnen . Siesagten untereinander : Wir wollen ihn töten . Wir wollen Aldjuma

Bamba töten . Dann wird Samme einen von un s heiraten .

“ EinesTages gingen sie hinter Aldjuma Bamba her , überfielen ihn imBusch , töteten ihn und warfen den Leichnam in ein felsiges Bachbett. Dann kehrten sie am Abend nach Badjugu zurück .

Samme wartete den ganzen Tag auf ihren Mann . Am Abendsagte ein Mann zu ihr : Du hast verweinte Augen , was ist dir ?Samme sagte : Ich warte auf meinen Mann . Er versprach heutemorgen noch wiede rzukommen , und er ist doch noch nicht heimgekehrt.“ Ein Marin sagte : „Ach , er wird ein wenig wei tergegangensein

,um noch ein wenig Honig zu suchen .

“ Andere sagten : „Ja ,so wird es sein .

“ Samme sagte : Nein , so ist es nicht.“ Abends

spat sagte ein Mann zu ihr : Weißt du , wenn dein Mann gestorbeni st

,wirst du dann einen von uns heiraten Samme sagte : „Nein ,

dann heirate ich nicht wieder .“ Der Mann sagte : „I ch glaube nicht ,daß Aldjuma Bamba heute wiederkommt

,denn wir haben ihn heute

früh im Busche getötet.“

Am anderen Morgen ordnete Samme ihre Haare und Kleider undging zu dem Manne

,der gestern abend zuletzt mit ihr gesprochen

hatte und sagte zu ihm : „Sage mir , wo ihr meinen Mann getötethabt.“ Der Mann sagte : Ach , das war j a Scherz . Ich war gesternabend betrunken. Wir haben deinen Mann nicht getötet . Er wirdsicher heute wiederkommen .

“ Darauf schrie Samme laut auf , solaut , daß viele Leute im Dorfe es hörten und viele gutgesinnteManner herbeikamen und fragten : Was gibt es ?“ Samme sagte :Mein Mann ist sei t gestern nicht wiedergekommen ! Dieser Mannhat mir gesten abend in der B etrunkenheit selbst gesagt , daß er mitanderen meinen Mann getötet hab e . Denn sie wol lten mich haben .

Nun will ich wenigstens wissen,wo die Leiche meines Mannes ist.“

Die anderen nahmen den Mann sogleich gefangen . Der Mann sagte

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Leute gingen sogleich hin , holten ihr Gerat und begaben sich aufden Weg.Als aber An timbe Uologe mit seinen Leuten auf dem Acker an

kam , da hatte B adj i Gindo mit seinen Leuten schon die ganze Erntearbeit vollendet. Mit Antimbe Uologe war J endi , eine Frau ausBandiangara , gekommen . S ie begann vor Badj i Gindo zu tanzenund sang : „Wenn dir eine Frau Kinder gebiert , so werden es guteKinder werden . Badj i Gindo ist ein guter Sohn , er wird ein guterVater werden. Der eine arbeitet , der andere schlaft. Der , der sch läft ,der wird die Frau nicht heiraten . Wer hat nun die Frau gewonnenAls J endi das sang , begannen alle zu lachen . An timbe Uo loge abersan g : „Wir sind im gleichen Dorfe aufgewachsen . Wir sind Kameraden . Das .Mädchen wird ihre Kameraden verlassen , um in einanderes Dorf zu gehen . S ie wird in das arme Dorf Dugo -Kombogehen . I ch habe nicht geschlafen. I ch lasse meine Kameraden abernicht ohne Abschied gehen .

Als er so gesungen hatte,begann eine Schlägerei zwischen den

Leuten aus Bandiangara und den Leuten aus Dugo -Kombo . Alsaber die allgemeine Sch lagerei im heftigen Gange war , kam derHogon von Bandiangara und pflanzte seinen Szepterstab zwischenihnen auf. Da mußten sie den Streit abbrechen .

Am Tage ließ der Hogan einen Mann aus Dugo - Kombo undeinen aus Bandiangara zu sich kommen und fragte : Was hat esheute morgen gegeben ?“ Der Mann aus Dugo - Kombo und der ausBandiangara erzählten die Sache . Darauf sagte der HogonBadj i Gindo war fleißig . Er hat die Frau verdient. Man sol l sieihm geben . Er war fleißig und hat schneller zur Arbeit gegri ffenals An timbe Uo loge .

“ So erhielt Badj i Gindo die Frau .

An timbe Uologe schlich sich aber eines Tages nach Dugo - Kombo .Er fand Badj i Gindo neben seiner Frau schlafend . Da tötete er denBadj i Gindo und floh dann auf den Felsberg Panga. Eines Tageswo l lte er die Frau Badj i Gindos zwingen , ihn zu heiraten , da ertränkte sich diese im Flu sse .

Darauf unterbl ieb während zwo lf J ahren der Verkehr zwischenBandiangara und Dugo - Kombo . (Das Dia -Kombe der Korte .)

32. Die Freunde Gindolegende)n Sadia (im Süden Kanis ) lebte der Konig Anko Gindo . AnkoGindo hatte siebzig Frauen . Aber keine dieser Frauen ward

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schwanger. Von alle diesen siebzig Frauen bekam er kein K ind .

Darauf nahm er eine Urussu frau (also eine Tara-mu ssu , wie dieMalinke sagen wurden ) , und diese ward auch sogleich schwanger.Am selben Tage , wie die junge Frau des Königs Anko , gebar auchdie Frau des Spielmanns des Königs

,und so waren Königssohn und

Spie lmannssoh n gleich alt. Der Kon igssoh n erhielt den NamenBadju . Der Spie lmann ssoh n erhielt den Namen Gimmile (Gimmilewar von dem Stamme der B rami ) .Da Badju Gindo und Gimmile Drami am gleichen Tage geboren

waren , l ieß der König sie au f einen hohen Turm an der Verteidi

gungsmau er br ingen und dort oben ihnen einen Wohnplatz herr ichten . Wenn die kleinen Kinder schrien und genährt werdenmußten , mußten die Mütter immer au f den Turm steigen und nachher ihn wieder verlassen . Und das blieb so , bis die Kinder nichtmehr die Mutterbrust nahmen und auch nachher. Die beiden Kinder kamen nie zur Erde herab

,sie mußten immer oben bleiben und

sahen die Erde und das Leben auf der Erde nicht anders,als von

ihrem Turme aus. Und das wurde nicht anders , als bis sie erwachsen waren . Als sie erwachsen waren , durfte Gimmile zuersteinmal heruntersteigen . Er ging herab , und da sah er eine jungeFrau des Königs

,die war sehr schön. Sowie er sie sah , hatte er sie

sehr l ieb . Es war aber eine Frau des Königs. Da wurde er traurig ,stieg wieder auf den Turm zu Badju

,band sich ein Tuch um den

Kopf und legte sich in eine Ecke . Badju sagte : Was ist dir , meinGimmile ?“ Gimmile sagte : Mir ist nichts Besonderes. Ich habeKopfschmerzen .

“ Badju sagte : Wenn mein Gimmile Kopfschmerzen hat

,habe ich auch Kopfschmerzen .

“ Er band sichein Tuch um den Kopf. Badju und Gimmile waren so guteFreunde , daß sie nicht anders konnten , als al les miteinander zutei len .

Nachher kam eine Frau mit dem Essen fur die beiden auf denTurm . Beide Junglinge lagen mit ihren verbundenen Kopien nachder Wand zu und wandten sich gar nicht um . Badju sagte : Nimmdas Essen nur wieder mit

,wir sind krank und wollen nichts haben .

Badju und Gimmile sind krank .

“ Die Frau nahm das Essen wiedermit herab , gab es der Mutter Badjus und sagte : „Badju und Gimmile sind krank . Sie wollen nichts essen .

“Badjus Mutter nahm

darauf die Schüsseln und stieg auf den Turm . S ie sagte zu BadjuMein Badju , was fehlt dir ?“ Badju sagte : Gimmile ging auf dieErde herab und kam dann mit Kopfschmerzen zuru ck . Du weißt ,

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daß keiner von uns beiden etwas haben kann ohne den anderen !Nun habe ich auch Kopfschmerzen .

“ Die Mutter sagt e : „So ißdoch .

“ Badju sagte : Ich kann nicht. I ch habe Kopfschmerzen .

Gimmile ißt nicht. Da kann ich auch nicht essen .

“ Die MutterBadjus ging.

Als die Mutter Badjus gegangen war , wandte sich Badju an Gimmile und sagte : Mein Gimmile , wir sind in der gleichen S tunde geboren . Wir haben das Leben bisher auf diesem Turme verbracht.Nie sah einer etwas ohne den anderen . Weshalb wi l lst du mir heutenicht sagen

,was du hast !“ Gimmile sagte : „Ich wil l es dir sagen ,

me in Badju . Als ich in den Hof herabkam , sah ich eine schönejunge Frau . Ich habe diese Frau sogleich uber alles l ieb gewonnen ,aber ich kann sie nicht gewinnen

,denn die junge Frau ist eine Frau

des Königs , deines Vaters !“ Badju sagte : „Weiter ist es nichts ?Das werde ich bald geregelt haben . Weiter ist es nichts Gimmile

sagte : „Nein , weiter ist es nichts .“ Badju sagte : So binde das

Stirn tuch ab !“

Auch Badju stieg vom Turme in den Hof. Badju suchte die kleinejunge Frau seines Vaters , des Königs , und sagte zu ihr : Gesternkam mein Freund Gimmile vom Turme herab auf die Erde . Er hatdich gesehen und hat sich in dich verl iebt. Gimmile weiß , daß du diekleine Frau meines Vaters , des Königs , bist. Aber Gimmile wirdsterben

,wenn er dich nicht erwerben kann . Tu ihm das nicht an .

Die junge Frau sagte : „ Ich kann mir das wohl denken , denn ichsah ihn gestern auch zum ersten Male und habe ihn auch liebgewonnen . Ich sehe dich j a auch heute zum ersten Male . Sage Gimmile , er solle zu mir kommen , aber nicht am Tage , sondern nachts.Und er sol le nicht kommen vor Mitternacht. Er sol le auf die Felldecke sehen , die vor meinem Hause ist. Wenn auf der Decke zweiKolanüsse l iegen , sol l er nicht h ineinkommen , denn dann ist derKonig bei mir und ich bin also nicht allein . Dann soll er wiederfortgeb en . Wenn er aber nur eine Kolanuß auf der Decke findet ,soll er getrost hineinkommen . Dann bin ich al lein und erwarteihn .

“ Badju sagte : „Es ist gut.Badju ging auf den Turm zurück und sagte das alles Gimmile .

Gimmile sagte : „I ch danke dir.“ Als es Mitternacht vorbei war ,ging G immile herab und suchte das Haus der jungen Frau auf. Erfand au f der P e lldecke vor der Tür\nur eine Ko la. Er ging hinein .

Nun wanderte er alle Tage vom Turme herab . Fand er nur eineKo lanuß auf der Fe lldecke vor der Tur

, so ging er h inein , und fand

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Hand gepaßt. Da fiel ihm ein : Ich habe j a noch meine beidenBurschen oben im Turme .“ Er rief eine Frau und sagte : „Rufe mirdoch Badju und Gimmile .

“ Die Frau ging und brachte Badju undGimmile herein . Der Konig nahm den Fingerr ing und setzte ihnGimmile auf den kleinen Finger. Er paßte . Der König fragte : Istdies dein Ring ?“ Gimmile sagte : Gewiß ist das mein Ring .

“ DerKonig fragte : Warst du in dieser Nacht bei mir , als ich bei meinerFrau war ?“ Gimmile sagte. J a , ich war in dieser Nacht bei dir ,al s du bei deiner Frau warst . Da hast du mir den Ring genommen .

Badju sagte : Darf ich dir erzählen , mein Vater , wie dies kam ?Der Konig sagte : Spri ch !“ Badju sagte : In der vor igen Nachtstr itten wir uns darum , wer von uns beiden den Mut habe , etwasOrdentliches zu wagen . I ch sagte : ‚Es ist das Gefährl ichste , dieJungen der Lowin aus dem Busch zu holen .

‘Gimmile sagte : ‚Es

ist gefährlicher , den König nachts zu besuchen , wenn er bei seinerFrau liegt.‘ Wir stritten nur deswegen

, was gefährl icher ware ,und beschlossen

,daß j eder seine Sache ausführen solle . Somit war

Gimmile gestern nacht bei dir , als du bei deiner Frau warst , und ichwar heute morgen im Busch , um die Löwin zu besuchen .

“ DerKönig sagte : Den Ring Gimmiles habe ich hier. Und hast du nundie jungen Lowen geholt ?“ B adju sagte : „Sie sind oben auf demTurme .“ Der König sagte zu seinen Leuten : Geht auf den Turmund holt die jungen Lowen .

“ Die Leute gingen und brachten sie .

Der König betrachtete sie und war sehr zufrieden . Er gab j edemder beiden Freunde eine junge Frau .

Seitdem sind die Habbe mit ihren Spiel leuten ausgezeichneteFreunde . Es sind große Freundschaften . Aber wenn die Spiel leutedie Habbe besuchen , gehen sie nicht mehr in das Haus , sondern siewarten vor der Tur.

33. D ie Tapferen (D ibolegende)n der großten (Haupt Stadt des Landes Barsara , in Uo (Barsaral iegt südlich Kanis ) , lebten drei Helden , die waren vom Stammeder Dibo , und man nannte sie Sirri , d . h . Tapfere oder Helden. Eswaren Sirr i Arri , S irri Kunj a und Sirri Pangal i . J eder der drei warimstande , allein den Kampf mit fünfzig Gegnern siegre ich zu bestehen . Sie waren weit und breit beruhmt . Heute noch sind ihreNachkommen im Lande bekannt und angesehen .

Die drei S irri waren gute Freunde,sehr gute Freunde. Sie l ießen

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abwesch selnd Hirsebier bereiten und kamen dann bei dem ,der an

der Reihe war , zusammen und tranken ordentl ich . Eines Tageshatte gerade Sirr i Arr i einige große Gefäße vol l B ier herstellenlassen

,und die anderen waren bei ihm zu Besuch . Da kam eine

Kriegsmacht von Segu und gri ff Uo an . Diese Kriegsmacht war

sehr stark. Es waren bald einhundertzwanzig Ringe von Angreifernum die Stadt versammelt. Die Leute der Stadt l iefen erschrecktdurcheinander und schrien . Arr i sagte zu Kunja : Mein Kunj a , gehdoch einmal heraus und sieh , was die Leute haben .

“ Kunj a ging .

Er kam nach einiger Zeit und sagte : Ach , es sind da einige fremdeRaufbolde , die mit den Städtern Streit haben . Trinken wir weiter.“

Die drei Manner tranken weiter . Die Segu leu te gri ffen aber dieStadt mit großer Macht und Kraft an und hatten sie bald beinaheüberwunden. Als sie in die Stadt eindrangen , entstand ein nochviel großeres Geschrei . Arr i sagte zu Pangali : Pangali , geh docheinmal hinaus und sieh zu , weshalb die Leute solches Geschreimachen .

“ Pangali ging hinaus , sah die Sache an und kam wieder .Er sagte : Diese Raufbolde sind in die Stadt gekommen und sohlagen unseren Mitbürgern die Köpfe ab .

“ Arri sagte : „Gut , töten wirdiese Raufbolde . Gehe j eder nach Hause und hole seine Waffen .

S ie gingen .

Pangali kam nach einiger Zeit an . Er hatte keine anderenWaffen als N jéi Bienen ) . Kunj a kam und hatte keine anderenWaffen als Lure Sch langen ) . Als Arri das sah ,

lachte er undsagte : „I ch brauche heute etwas anderes . Ich brauche Schl immeres .I ch brauche die Ndoa Geier ) , die den Menschen die Augen ausden Hohlen reißen und die Bäuche o ffn en ! I ch wil l heute in B lutwaten. Mein Pferd sol l heute bis an den Bauch in Leichen undB lut stampfen !“ Arr i nahm seine Lanze . Er ließ seine Geier frei .Die drei S irri gri ffen die Segu leu te an . Sie töteten die Segu leu te .

S ie j agten den Rest fort. Als Arr i am Abend die Lanze fortstel lenwollte , konnte er es nicht , denn die Hand war mit B lut fest an denLanzenschaft geklebt. Man mußte das B lut aufweichen .

Solange die drei S irr i lebten , wagten die Segu leu te nicht die StadtUo anzugreifen .

34. Der Geizhals (Karambelegende)m Orte Maku , im Lande P ignari, lebte ein Kaddo , der hieß Ansige .

Er war ein Bastard , aber sem Vater hatte keine anderen Kinder ,

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und so zog er den Ansige auf wie seinen Sohn . Man nannte ihnAn sige Karambe . Als der Vater starb , hinterließ er Ansige al les ,und Ansige war nun ein wohlhabender Mann.

Ansige war ein Bastard und hatte den Charakter eines B astardes .Er war sehr geizig. Er war ganz außerordentlich geizig. Dann warer ein nimmersatter Vie lesser. Er konnte ganz unendliche Massenvertilgen . Als sein Vater gestorben und er ein reicher Mann geworden war

,schaffte er sich drei Frauen an . Alle drei mußten fur

ihn arbeiten,mußten für ihn Essen besorgen . Alle Tage sagte er zu

ihnen : „ Ihr arbeitet mir nicht genug . Ihr macht mir nicht genugEssen . Ich wil l mehr zu essen haben .

“ Die Frauen sagten untersich : Er ist geizig ! Er ißt zu viel !“ Alle Leute sagten : „Ansige

Karambe ist über alle Maßen geizig und gier ig.“ Als Ansige einigeJ ahre verheiratet war

,kam seine erste Frau zu ihm und sagte : I ch

will mich ein wenig nach meiner Familie umsehen und will verreisen .

“ S ie ging zu ihrem Vater. Dann kam se ine zweite Frau undsagte : Ich wil l mich ein wenig nach meiner Famil ie umsehen undverreisen .

“ Sie ging zu ihrem Vater . Dann kam seine dr itte Frauund sagte : Ich will mich ein wenig nach meiner Familie umsehenund verreisen .

“ Sie ging zu ihrem Vater .Nun war An sige allein. Er mußte sich das Essen von anderen

Frauen herstellen lassen , und da er geizig war und gleichzeitiggier ig

, so wollte er für k leine Bezahlung immer sehr viel haben .

Demnach bekam er sehr sch lechtes Essen . Da sagte er eines TagesEs ist ganz abscheulich . Ich habe drei Frauen , die sind nun seitzwei J ahren fortgelaufen zu ihren Eltern , und ich muß mir fürteu ere Bezahlung schlechtes und so wenig Essen von anderen Weibern machen lassen , daß ich beinahe Hungers sterbe . Ich werdemeine Frauen besuchen und ver langen

,daß sie heimkommen .

Ansige machte sich auf den Weg und kam nach einer Wanderungzu dem Dorfe , in dem seine erste Frau wohnte , die hieß Paama. Ersagte dem Vater seiner Frau : Guten Tag.“ Der Vater seiner Frauschenkte ihm einen Hammel . An sige tötete den Hammel , zog ihmdie Haut ab , l ieß von dem Knaben , der ihn gebracht hatte , ein Gerüstbauen , rostete darauf den Hammel in einem Stuck und begann ihndann auch gleich zu verzehren . Wahrend er gute Stucke abschnittund diese dann in den Mund schob

,hielt der Knabe den B raten . Er

gab aber dem Knaben nichts ab .

Einmal fiel ein kleines,schlechtesStuckch en herab . Der

'

Knabehob es auf und aß es. Ansige sah das , wurde sogleich außerorden t

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Ansige aß al len Mais , der in dem Ke rbe enthalten war. Es bliebauch nicht ein Körnchen übrig. Sonst hätte man zwanzig Männerdamit sättigen konnen . Aber Ansige hatte durch den Genuß desj ungen

,frischen Mais die Gier noch mehr befal len . Er ging also

auf den Feldern dahin,wo er glaubte

,daß wohl Mais stehen musse .

Er fand auch das Maisfeld , brach ein gut Teil Kolben ab und nahmsie mit sich . Inzwischen war es aber dunkel geworden , und daAnsige den Weg nicht kannte , so merkte er es nicht , daß ein alterBrunnen im Wege war. Er ging also mit seiner Maislast auf denB runnen zu und fiel mit dem Mais in den Brunnen hinein .

Inzwischen dachte seine Frau daheim : Ich kenne doch meinenMann ! Ich muß doch einmal nach ihm sehen , denn sicherli ch hater in seiner Gier inzwischen eine Sache gemacht.“ S ie machte sichauf den Weg . S ie kam dahin , wo An sige den geroste ten Mais gegessen hatte , und sie fand alle leeren Maiskolben . S ie sagte sich

„Sicherli ch hat er Gier nach mehr Mais gehabt. Ich werde mal aufdas Maisfeld gehen . S ie ging dahin . S ie kam an den Brunnen . S iesah unten irri B runnen ihren Mann . S ie sagte : Was ist das ?“

An sige sagte : „Du kennst mich doch . Tu doch nicht so , als ob dumich nicht kennst ! A ls ich deinen gerösteten Mais gegessen hatte ,bekam ich Lust

,noch mehr zu essen . I ch suchte das Maisfeld auf.

Ich brach mir einen guten Arm vol l Kolben ab . Ich ging zuruck

und fiel auf dem Rückweg mit den Maiskolben in den B runnenhier .“ Die Frau sagte : Laß nur ; ich wil l dir heraushel fen .

Die Frau ging . In der Nähe des B runnens im Maisfe lde warendie Rinder. Die Frau j agte die Kühe ins Maisfeld . Als die Kühe beiemsigem Grasen waren , schrie sie laut auf . Auf den Schrei hinkamen viele Leute auf das Maisfeld . S ie fragten : Was gibt es ?“

Die Frau sagte : Ach , das Ungluck ! Mein Mann ging spaz ierenund sah die Kühe im Maisfeld . Er sah sie die Kolben abbrechen .

Er j agte sie und sammelte die Kolben auf,und da er die Gegend

nicht kennt , wußte er nicht , daß ein B runnen im Maisfelde ist , under fiel h inab . Nun ist er nur wegen der Maiskolben

,die er meinem

Vater retten wollte,in den Brunnen gefal len .

“ Die Leute sagten

„Das ist j a nicht sehr sch l imm . Man kann ihn schon wieder heraufholen .

“ S ie kamen mit Licht und mit S tricken . S ie leuchteten hinunter und holten ihn glückl ich wieder heraus.Dann ging An sige zuruck und aß das Abendessen schnell au f .

Am anderen Tage vergaß er se iner Frau zu sagen,daß sie zu ihm

zurückkommen sol lte .

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Ansige machte sich am nächsten Tage abermals auf den Weg undkam in das Dorf seiner dr itten Frau . Er ging zu seinem Schwiegervater , begrüßte ihn und sagte : „Ich möchte nach meiner Frausehen .

“ Der Schwiegervater sagte : Das ist recht.“ Dann ließ erihm einen Platz anweisen und gab den Auftrag , daß die Frau auchetwas zu essen fur ihren Mann besorge . Die Frau machte sich sogleich an die Arbeit

,stel lte ein Gericht her und brachte ihm das ,

sowie eine große Schale mit Erdnu ssen . Ansige aß sogleich dasGericht , und dann begann er mit dem Knaben , der die guten Speisengebracht hatte , die Erdnusse zu essen . Der Knabe knackte dieErdnusse , wie al le Leute , erst auf , und ließ die Schalen zur Erdefallen . Ansige wollte aber dem Jungen möglichst wenig zukommenlassen und aß deshalb ei lig die Erdnüsse mit den Schalen . Nachhersagte die Mutter der Frau : „Ich will j emand h insenden , der dieSchalen der Erdnüsse wegfegt

,die dein Mann gegessen h at .“ Die

Frau dachte : „Mein Mann wird , wie ich ihn kenne , nicht viele Erdnußsch alen auf die Erde geworfen haben . Du brauchst niemandanders zu senden . Ich werde es selbst machen .

“ Sie ging hin undfand , daß nur die Schalen der wenigen Erdnusse da lagen , die derKnabe gegessen hatte .Nachher sagte der Vater : Bereite zum Abendessen deinem Mannein Gericht , das er gerne ißt .“ Die Frau sagte : „Ich will ihmPunandi machen“ (Klöße , die bei den Malinke Dege heißen unddie aus Reis bere itet besonders bei Marka und Segu leu ten geschätztwerden ) . Der Vater sagte : Nimm die gute Hirse dazu , die unsheute frisch hereingebracht wurde .“ Die Frau sagte : „Ich wil l estun .

“ Dann machte sich die Frau daran , begann das Korn imMorser zu stoßen und stel lte so vier große Mullen Schrotmehl her.Sie tat Wasser dazu und stellte das Gericht her . Alles das sah

An sige von dem Hause aus , das ihm zugewiesen war , und mit Gierblickte er besonders immer auf den Mörser. Dann brachte die Fraudas Gericht Pun andi, das aus den vier Mullen Schrotmehl hergestel lt war (und infolgedessen für zwanzig gewöhnliche Leute gereicht hätte ) . Ansige aß das Gericht vollkommen auf . Als An sigemit dem Gericht fertig war

,mußte er immer an den Mörser denken .

Er sah zu dem Mörser hin und sagte bei sich : „Viel leicht ist in demMörser noch ein wenig Mehl .“ Ansige ging hin und sah in denMorser. Es saß noch ein wenig am Rande . Er steckte den Kopfhinein , um das abzulecken . Als er aber den Kopf wieder herausz iehen wollte , konnte er es nicht . Er war vol lkommen fest einge

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keilt. Er mußte wohl oder übel mit dem Kopfe im Morser stehenbleiben .

Inzwischen dachte seine Frau daheim : „Ich kenne meinen Mann .

Ich muß doch einmal nach ihm sehen , denn sicherlich hat er inzwischen in seiner Gier eine Sache gemacht.“ S ie machte sich au fden Weg. S ie sah in das Haus , das ihm angewiesen war. Er warnicht dar in . Sie sagte : „Er hat die Punandi aufgeges sen . Danachwar er sicher l ich sehr gier ig. Ich werde einmal am Mörser nach ihmsehen .

“ Die Frau ging hin . S ie fand ihren Mann mit dem Kopfein dem Mörser. S ie fragte : Was ist das ?“ Ansige sagte : Dukennst mich doch ! Tu doch nicht so , als ob du mich nicht kennst.Als ich deine Punandi gegessen hatte , bekam ich Lust , von demSchrotmehl zu versuchen . I ch steckte deshalb den Kopf in denMörser

,und nun bekomme ich ihn nicht wieder heraus .

Die Frau sagte : J etzt wi ll i ch dir sogleich hel fen .

“ S ie zogeinen Ring vom Finger und warf ihn in den Mörser. Dann schriesie laut . Hierauf kamen viele Leute angelaufen und fragten : „Was

gibt es ?“ Die Frau sagte : „Das Unglück , das Unglück ! Ich bin andem Unglück schuld . I ch sagte zu meinem Manne , er hätte einendicken Kopf. Er sagte nein , er habe keinen dicken Kopf . Ichfragte ihn

,ob er einen Fingerring , den ich in den Mörser werfen

wolle , glaube mit dem Munde wieder herausholen zu konnen . Ersagte j a

,das könne er. Er steckte den Kopf h inein . Aber nun be

kommt er ihn nicht wieder heraus.“ Die Leute sagten : „Wenn esweiter nichts ist , das ist nicht schwierig .

“ Sie holten eine Axt undzerschlugen den Mörser. Da konnte An sige wieder den Kopfherausziehen .

Am anderen Tage machte sich Ansige schleunigst auf den Heimweg . Er vergaß aber seiner Frau zu sagen , daß sie heimkommensol le . Als er wieder in seinem Dorfe ankam

,fie l ihm ein

,daß er

vergessen hatte , seinen drei Frauen zu sagen , sie sol lten heimkommen . Er sandte eine B otschaft an j ede und l ieß ihr sagen

,sie

sol le sogleich zu ihm zuru ckkommen . Alle drei Frauen antwortetenaber dasselbe , namlich : „ Ich kenne dich doch . Tu doch nicht so ,als wüßtest du nicht , daß ich dich kenne ! Du bist s o geizig undgierig , daß ich nicht wieder zu dir komme .“ Ansige starb frauenund kinder los. Noch heute mögen die Habbefrau en die Geizigenund Gier igen nicht leiden .

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Hambodeju

Hama Ali Sen i und HambodejusKon ig DjennewerreBongoe oder BongoweBubu Ardo GalleSiga Sa -nkeBessema SukiDuldibu lukassu

Mal iki Egu dusegaHassum LaboDie Bailulegende

Die Mabolegende

Kombe Alh assuSidi BabaDer Ursprung der Fulbe

V. Das N ianie

DIE EINSTIGEN TOROI . Samba Galadj ies Kindhe it .

2 . Samba Galadj ies Ausfah rt .3 . Samba Galadj ie in Baelle- aede .

4 . Samba Galadj ies Rückkehr

VI. Trümmer aus den Homburi-BergenDIE ZERSPLITTERTEN TOMMO-HABBEa ) Die Menschen . Das Volkb) Das Aufwachsen der Jugendc) Liebesleben. Werbung . Eh e .

d) Sozialer Bau : Kasten, Altersklassen usw.

e) Ogongf ) Lagam, Ackerordnung , Vampyre .

g ) Totendienst , Seelendiensth ) Ackerdienst . Masken. Ambai ) Siedlung. Hausbau .

DIE LEGENDENI . Der Stammherr (Togolegende )Der schwarze Hund (Togolegende )Wie sie nach Kan i -Bonso kamen (Togolegende )Krieg derer von Kan i und Emme (Togolegende )Der Untergan g Njondes (Togolegende)Die Vern ichtung Sokons (Togolegende )Die Gimmin ifrau (Togolegende )\

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Der Raub der Gindo frau (Togolegende )Die Gräber in

der Kan ih öh le (Togolegende )Die Togoamu lette der Fu lbe (Togolegende )Die dre i Fre ier (Togolegende )Halle Sogole (Gannalegende )Sibirri (Gannalegende )Amb ira (Gindolegende ) .

Der Sänger (Gindolegende )Der Le ich enräuber (Gindo legende )Alle Bangodj i (Tu lemalegende )Habbe und Bosso (Tembelelegende )Die Grundung Bandiangaras (Tembelelegende )Landverte ilung (Karambelegende )Der Faulpelz (Bin imalegende )Die Affen (Bin imalegende )Ari (Aramalegende )Der Ahnherr der Spielleute (Gindolegende )Der wohlhabende Tyrann (Gindolegende )Der Protz (Togolegende )Kön ig und Spielmann (Gindolegende )Das Totengericht (Togolegende )Der Pferded ieb (Togolegende )Die erarbe itete Frau (Karambelegende )Die erarbeitete Frau (Gindolegende )Die Freunde (Gindolegende )Die Tapferen (Dibolegende )Der Geizhals (Karambelegende )

ALS BEILAGENI . TAFEL : Sah elisch - sudan ische Saiteninstrumente .

2 . Karte zur Wanderung der Garamanten .

GEDRUCKT IN DER ROSSBERG’SCHEN BUCHDRUCKEREI IN LEIPZIG

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U RT E I LE D E R P RE S S E ÜB E R A T LA N T I S

U N D D I E B I S H E R ERS C H I E N E N E N BÄN D E

LEIPZIGER TAGEBLATT ; Das Munch ner Forschungsinstitut für Kulturmorphologie tritt hierdurch mit seinen ersten umfassenden Arbeiten an die

Ö ffen tlichkeit. Es will in der Zusammenarbeit unzün ftlerisch er Wissensch aftler (einer der M itarbeiter ist Osw. Spengler) die Probleme der Menschh e itsgesch ich te au f die Dokumente der Prähistorie und das in ihr sich aus

drückende Seelen leben ste llen und die Kultur der Menschheit wissenschaftlich als organ ische Einhe it behande ln .

DER TAG : Mehr noch als die bildende Kunst , die uns die Entdeckung derNegerplastik offenbarte , ist wohl die D ichtung der Primitiven dazu geeignet ,uns e inen Einblick in die Ku ltur der „Ku lturlosen “

zu gewähren und hoheSch önhe iten zu erschließen . Afrika h at eine uralte Kultur besessen zu einerZe it ,daDeutschland n och in den Dämmerungen derVorgesch ich te lag,undvielleicht ist überhaupt dieWiege allermenschlichen Bildung inAfrika zu suchen .

DRESDNER ANZEIGER : Die Berber sind die Trager der Ammonsidee v o r

den Ägyptern . Durch diesen Zug wie durch so man chen andern e rweist sichdie Kabylenku ltu r als eineUrku ltur, die die an tiken Ku lturkreise befruchtete ,wie dies in dem Symbol der fabelhaften Atlantis festgehalten ist . Von solchenZügen ältesterWe ishe it sind nun auch die Märchen der Kabylen erfüllt.

BRESLAUER NEUESTE NACHRICHTEN : Es darf schon heute, nach demErsche inen von zwe i Bänden , gesagt werden , daß h ier eines der wichtigstenverlegerischen Ere ign isse der letzten Ze it zu buchen ist . Auch wer ohneku ltu rmorph ologisch en Voraussetzungen aus re in künstlerisch-menschlicherEinste llung zu der Märch enwe lt der Kabylen kommt , wird von dem starkenund re inen Zauber dieser D ich tungen ,

ihrer bezwingenden , naturverbundenenM enschlichke it

,der Spannwe ite künstlerischer Formkraft , die von zartestem

mensch lichen Ausdruck zu farbigster burlesker Prägung reicht , betroffense in . Wie hier We ltwe ishe it und Lebenswissen , Schicksal und Abenteuer,Narrete i und Dro lerie sich in den Fluß immer neuer erzählerischer Variationen verstromen

,wie Mensch und Tier, Pflanze un d D ing , leicht und frei

in ihrem Wesen atmend , die unerschöpfliche Vielfal t des Daseins aus

sagen , das ist von höchstem Reiz.

DEUTSCH -OSTERREICH ISCHE TAGESZEITUNG : Alles in allem muß

man sagen , daß uns Froben iu s in seinem Werk poetische Schatzkammerne rschlossen h at , von deren Re ichtum wir bisher keine Ahnung hatten und

deren Schätzen in e iner kün ftigen Weltgeschichte der Literatu r e in hervorragender P latz angewiesen werden muß , so daß der Jubelruf des verdienstvollen Forschers : Atlantis lebt wieder !“ volle Berechtigung erhält.

BOHEM IA , PRAG : Das Wesentliche ist , daß das Werk von Frobenius , wieschon die ersten Bände bewe isen ,

tatsächlich für die Geschichte der Mythenund der Märchen unendlich viel Neues bringt und die Wissenschaft alleAugenb licke vor neue Probleme stellt. Au f jeden Fall wird die Atlantisauf lange Ze it Gegenstand der wissenschaftlichen Auseinandersetzung sein .

D ie Märchen und Gesch ichten,Legenden und Schwänke dieser Kabylen

müssen jeden Leser durch ihre erhabene Ursprünglichkeit und künstlerischeSchönh e it entzücken : so fesselnde Bücher wie die ersten zwei Bände derAtlan tis sind eine Seltenheit.

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LOWE—MARTIN CO .LIM ITED

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