Research Collection Doctoral Thesis Untersuchungen zur Dynamik von Peptiden und Proteinen mit NMR-Relaxationsmethoden Author(s): Ernst, Matthias Publication Date: 1993 Permanent Link: https://doi.org/10.3929/ethz-a-000926149 Rights / License: In Copyright - Non-Commercial Use Permitted This page was generated automatically upon download from the ETH Zurich Research Collection . For more information please consult the Terms of use . ETH Library
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Rights / License: Research Collection In Copyright - Non ...22360/eth-22360-02.pdfInhaltsverzeichnis 7 5.2 TheoriederSIIS-Kreuzrelaxation 130 5.2.1 Sprungmodelle 131 5.2.2 Diffusionsmodelle
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Research Collection
Doctoral Thesis
Untersuchungen zur Dynamik von Peptiden und Proteinen mitNMR-Relaxationsmethoden
Dt Diffusionskonstante der ersten internen Bewegung
D2 Diffusionskonstante der zweiten internen Bewegung
DSE Diffusionskonstante nach Stokes-Einstein
Dn TO(ß(0) Wigner Rotationsmatrixelement des Ranges l
E Energie
h Plancksches Wirkungsquantum
h Plancksches Wirkungsquantum geteilt durch 2ji
H Hamiltonsuperoperator
H(0 Hamiltonoperator
H (t) Hamiltonoperator in der Wechselwirkungsdarstellung
Hm(t) Hamiltonoperator des gesamten Systems
HQ statischer Teil des Hamiltonoperators
Hj(f) zeitabhängiger Teil des Hamiltonoperators
/ skalare J-Kopplungskonstante
/(to) spektrale Leistungsdichtefunktion
k Boltzmannkonstante
K Matrix der Übergangswahrscheinlichkeiten
p. Gleichgewichtspopulation i
P Matrix der bedingten Wahrscheinlichkeiten
P(x(t), t\ x(0)) Bedingte Wahrscheinlichkeit das System zum Zeit¬
punkt t im Zustand x(t) zu finden, wenn das Systemzum Zeitpunkt Null im Zustand x(0) war.
Pfic) Legendre-Polynom vom Grad /
Abkürzungen und Symbole 11
Q Gütefaktor
Qm modifizierter Gütefaktor
rKi Abstand der beiden Protonen k und /
R hydrodynamischer Radius eines Moleküls
t Zeit
T Temperatur
Tl longitudinale Relaxationszeit
T1P longitudinale Relaxationszeit im rotierenden Koordi¬
natensystem
T2 transversale Relaxationszeit
Tln, Spintensoroperator des Ranges / und der magneti¬schen Quantenzahl m
wi Übergangswahrscheinlichkeit
Ya» Kugelflächenfunktion des Ranges / und der magneti¬schen Quantenzahl m
a Rotationswinkel einer internen Bewegung
a(0 Eulerwinkel
ß Bindungswinkel in der Aminosäureseitenkette
ß(') Eulerwinkel
Y gyromagnetisches Verhältnis
w Eulerwinkel
f RelaxationssuperoperatorrB B
Kreuzrelaxationsratenkonstante zwischen den beidenDj, D2
Operatoren B2 und Bx8 chemische Verschiebung
8m,n
Kronecker-Delta
A Laplaceoperator
Tl Viskosität
e Neigungswinkel der Spinlockachse
^0 magnetische Feldkonstante im Vakuum
%*m reelle zeitabhängige Funktion der Wechselwirkung \l
12
o.. Hauptachsenwert des chemischen Verschiebungsten¬sors
a(t) Dichteoperator
oeq Gleichgewichtsdichteoperator
oT(t) Dichteoperator in der Wechselwirkungsdarstellung
x Korrelationszeit
t Korrelationszeit des „rotational tumbling"
x effektive Korrelationszeite
x Korrelationszeit eines Austauschprozesses
t .Korrelationszeit einer internen Bewegung
t Mischzeitm
cpQ Restriktionswinkel der beschränkten Diffusion
((>. dihedraler Winkel im Peptidgerüst
<&'(*) Satz von Eulerwinkeln, die eine Orientierung des Ten¬
sors im i-ten internen Koordinatensystem beschreiben
<J>lab(£) Satz von Eulerwinkeln, welche die Orientierung eines
Tensors im Laborkoordinatensystem beschreiben
Omo1 Satz von Eulerwinkeln, welche die Orientierung eines
Tensors im molekülfesten System beschreiben
X erster Torsionswinkel der Seitenkette in Aminosäuren
X2 zweiter Torsionswinkel der Seitenkette in Aminosäu¬
ren
¥(Q, t) Wahrscheinlichkeitsfunktion für die Orientierungen Q,
(o Kreisfrequenz
u>0 Resonanzfrequenz
weff effektive Resonanzfrequenz im gekippten rotierenden
Koordinatensystem
Q(t) Satz von Eulerwinkeln, welche die Transformation
zwischen zwei Koordinatensystemen beschreiben
Q,l(t) Satz von Eulerwinkeln, welche die Transformation
vom (i-l)-ten in das i-te interne Koordinatensystembeschreiben
Zusammenfassung 13
Zusammenfassung
Die vorliegende Arbeit befaßt sich mit der Untersuchung interner
Bewegungen in Peptiden und Proteinen mit Hilfe von NMR-Relaxa¬
tionsmethoden.
Die Dynamik des Peptidgerüstes von Antamanid in Dioxan wurde
mit Kernresonanzmethoden untersucht und mit dem bekannten Ver¬
halten in Chloroform verglichen. Basierend auf dem MEDUSA Such¬
algorithmus wurde eine große Anzahl Konformationen erzeugt, die
auf den experimentellen Abstände aus ROESY-Spektren beruhen.
Diese Konformationen wurden zu Paaren kombiniert, welche die
experimentellen Daten deutlich besser beschreiben als die Einzel¬
strukturen. Die Bewertungsfunktion für die Paarbildung wurde
gegenüber dem ursprünglichen MEDUSA Ansatz modifiziert und
verbessert, so daß eine Bewertung der Signifikanz der einzelnen
Paare möglich ist. Die jeweils besten Strukturpaare weisen in beiden
Lösungsmitteln ähnliche Eigenschaften auf. In Dioxan wurde eine
schnellere Interkonversion des Peptidgerüstes (x «10 |i.s) als in
Chloroform gefunden.
Die Seitenkettenbewegung der vier Phenylalaninreste in Antamanid
wurde mit Hilfe von NMR-Relaxationsmessungen analysiert. Ver¬
schiedene Bewegungsmodelle mit zwei Freiheitsgraden wurden an
eine große Zahl von Relaxationsdaten numerisch angepaßt, um
damit die Unterscheidbarkeit dieser Modelle zu testen. Hierbei
zeigte sich, daß nicht für alle vier Phenylalaninreste eine signifikante
Unterscheidung der untersuchten Modelle möglich war. Nur zwei
der vier Reste erlaubten eine eindeutige Aussage über das beste
Modell. Die Bewegung der Phenylringe wird in Antamanid am
besten durch 180" Sprünge mit Korrelationszeiten im Bereich von
x2 = 50-200 ps beschrieben, während die Bewegung um die erste Bin¬
dung am besten durch eine beschränkte rotatorische Bewegung um
14
einen Winkelbereich von ca. ±50° mit einer Korrelationszeit Xj ~ 500-
1500 ps beschrieben wird.
Zur Untersuchung von Seitenkettenbewegungen wird ein neues
Experiment (SIIS-Kreuzrelaxation) vorgeschlagen, das die Kreuzrela¬
xation zwischen dem Sz-Einspin- und dem 4S2Il2I2z-Dreispintermbenützt. Die SIIS-Kreuzrelaxation beruht auf der Kreuzkorrelation
der beiden heteronuklearen dipolaren Kopplungen in einer CH2-
Gruppe. Sie erlaubt für einen bestimmten Bereich von Korrelations¬
zeiten durch eine einfache Analyse des Vorzeichens von Kreuzpeaksdie Unterscheidung beschränkter und unbeschränkter Bewegungen
um die erste Bindung der Seitenkette in Aminosäuren. Nur für eine
freie Bewegung um die C-C-Bindung kann die Kreuzrelaxationsra¬
tenkonstante positiv werden und so zu einem negativen Kreuzpeakin einem 2D-Spektrum führen.
Abstract 15
Abstract
This thesis is concerned with the analysis of internal motional proc-
esses in peptides and proteins based on NMR relaxation methods.
The dynamic of the peptide backbone of antamanide in dioxane is
investigated and compared with the known dynamic behaviour in
chloroforme. Based on distances derived from ROESY spectra, a
large number of conformations were generated by applying the
MEDUSA search algorithm. In order to improve the agreement with
the experimental data, pairs of structures were formed by optimizingthe populations in a normalized quality function. This function was
modified and improved to allow an estimation of the significance of
the differences in the generated ensemble of pair structures. In com-
parison to the behaviour in Chloroform we found similar characteris-
tics of the best pair structures in dioxane but the correlation time of
the exchange process (x « 10 jis) is faster than in Chloroform.
The side-chain motion of the Phenylalanine residues in antamanide
has been investigated, modelling the internal motion with two
degrees of freedom. Several physical modeis have been fitted to a
large number of relaxation data. The differences between the physi¬cal modeis were not always significant and only two of the four resi¬
dues allowed an unambiguous selection of one of the modeis. For the
other two residues no final conclusions about the type of internal
motion could be drawn. The motion of the phenyl ring is best
described by a two site jump model with a correlation time of x2 =»
50-200 ps and a spacing of the two positions by 180°. The motion
about the first side-chain bond in Phenylalanine was found to be a
restricted rotational diffusion with an restriction angle of approxi-
mately ±50° and a correlation time of xa * 500-1500 ps.
A new experiment (named SÜS cross relaxation) for the investigationof side-chain motion is proposed, which is based on the cross rela¬
xation from Sz polarization to 4SzIlzI2z three spin order. It is based
16
on the cross correlation between the two heteronuclear dipolar inter-
actions in a CH2 group. The SIIS cross relaxation experiment allow s
to distinguish between a restricted and an unrestricted internal rota-
tion about the first bond in amino acid side chains based on the signof the cross peak in a 2D correlation spectrum. Only for an unre¬
stricted type of motion the cross relaxation rate constant gets positivefor a certain ränge of internal correlation times leading to a negative
cross peak in the spectrum.
Einleitung 17
1 Einleitung
1.1 Struktur und Dynamik von Molekülen
Die hochauflösende NMR-Spektroskopie in Flüssigkeiten [1,2] ent¬
wickelte sich in den vergangenen Jahren zu einer der wichtigsten
Methoden zur Bestimmung der dreidimensionalen Struktur von bio¬
logisch relevanten Molekülen [3]. Sie bietet damit zur Zeit die ein¬
zige Alternative und Ergänzung zur Strukturbestimmung mittels
Röntgenbeugung im Einkristall. Basierend auf Abständen zwischen
vielen Protonen, welche man durch die Auswertung von NOE-
(„nuclear Overhauser effect") und ROE-Spektren („rotating frame
Overhauser effect") erhalten kann, werden heute Moleküle bis zu
einer Masse von ca. 20.000 Dalton routinemäßig untersucht. Dies
entspricht einem Protein mit ungefähr 200 Aminosäuren und ist
damit für ein biologisch aktives Molekül klein. Die Limitierung der
Methode auf Moleküle dieser Größe ist charakteristisch für die
NMR-Spektroskopie. Aufgrund der Abnahme der transversalen
Relaxationszeit T2 mit zunehmender Größe der Moleküle, nimmt die
Linienbreite mit steigender molekularer Masse stark zu. Dies hat zur
Folge, daß die Auflösung und die Empfindlichkeit der Spektrenschlechter werden und gewisse Experimente aufgrund der Linien¬
breite nicht mehr möglich sind. Mit zunehmender Größe der Prote¬
ine nimmt häufig auch die Löslichkeit ab und führt so zu einer redu¬
zierten Empfindlichkeit. Große Proteine bilden teilweise schon bei
relativ geringen Konzentrationen Aggregate, und darüber hinaus ist
ihre Stabilität in Lösung ein weiteres Problem, welches eine aufwen¬
dige Probenvorbereitung erfordert [4].
Erst in letzter Zeit wird versucht, auch dynamische Eigenschaften
von biologisch interessanten Molekülen mit Hilfe der NMR-Spektro¬
skopie zu charakterisieren. Der Grund für dieses Interesse ist, daß
die biologische Aktivität einer Substanz häufig nicht nur mit der
18 Kapitel 1.1
Struktur des Moleküls in Lösung, sondern auch eng mit seinen dyna¬mischen Eigenschaften verbunden ist.
Eine volle experimentelle Charakterisierung aller dynamischen Pro¬
zesse in einem Molekül ist ein Ziel, das wahrscheinlich kaum jemalserreicht werden kann. Die Anzahl unabhängiger Parameter, die zu
einer vollständigen Beschreibung der Dynamik notwendig sind,
wird immer viel größer sein als die Zahl der meßbaren bewegungs¬
empfindlichen Größen. Daher muß man die Modelle zur Beschrei¬
bung der internen Bewegungen stark vereinfachen. Dies trifft auch
auf die NMR-Spektroskopie zu, obwohl sie für die Beobachtung vie¬
ler unterschiedlicher Zeitbereiche benutzt werden kann. Die Art der
Einwirkung eines dynamischen Prozesses auf die NMR-Spektrosko¬
pie ist von dessen Geschwindigkeitskonstanten abhängig:
- Sehr langsame Prozesse (z.B. Faltung der Proteine, Protonenaus¬
tausch, stark gehinderte Seitenkettenbewegungen) können durch
die Interkonversion mehrere diskreter Konformationen beschrie¬
ben werden. Diese Prozesse kann man entweder direkt durch die
Aufnahme zeitaufgelöster Spektren (x > 1 s), über Linienform-
effekte (lD-Austauschspektroskopie) oder durch 2D-EXSY-Spek-tren (x > 1 ms) messen.
- Prozesse im mittleren Zeitbereich (1 ms > x > los, z.B. Peptidkon-
formationsänderungen) können mittels Tx -Messungen beobachtet
werden, wenn eine Modulation der chemischen Verschiebung oder
J-Kopplung erfolgt.
- Prozesse im schnellen Zeitbereich (30 ps > x > 10 ns, z.B. „rotatio-
nal tumbling" des gesamten Moleküls, Seitenkettenbewegungen,
Konformationsänderungen) beeinflussen direkt die Relaxationsra¬
tenkonstanten über eine Modifikation der spektralen Leistungs¬
dichtefunktion. Daher können sie über eine direkte Messung von
Relaxationsratenkonstanten charakterisiert werden.
Struktur und Dynamik von Molekülen 19
- Lokale Schwingungen einzelner Atome oder Atomgruppen
(30 ps > x), die durch harmonische oder anharmonische Bewegun¬
gen beschrieben werden, führen zu gemittelten Parametern (z.B.
Bindungslängen, Bindungswinkeln).
Eine theoretische Beschreibung des Einflusses von internen Bewe¬
gungen auf die Korrelationsfunktion und damit auf die Relaxation
wurde zuerst von Woessner [5] formuliert. Dieser betrachtete die
Relaxation der Protonen in einer rotierenden Methylgruppe, die an
einem großen Molekül befestigt ist, für die Modelle einer freien rota¬
torischen Diffusion und eines Dreisprungmodells unter der
Annahme einer isotropen Bewegung des gesamten Moleküls. Ausge¬
hend von diesen ersten Berechnungen wurden immer komplexere
physikalische Modelle für interne Bewegungen formuliert und
berechnet [6,7] und auf axialsymmetrische und asymmetrischen Dif¬
fusionstensoren ausgedehnt.
Ein anderes Vorgehen für die Charakterisierung der internen Bewe¬
gung wurde von Lipari und Szabo [8,9] vorgeschlagen. Ihre Beschrei¬
bung der internen Dynamik, die unter dem Namen „model free
approach" bekannt wurde, geht von einer allgemeinen Beschreibungder internen Bewegung durch eine Korrelationszeit und einen Ord¬
nungsparameter aus. Die beiden Parameter sind nicht an ein physi¬kalisches Modell gebunden, sondern werden erst in einem zweiten
Schritt durch unterschiedliche Bewegungsmodelle interpretiert. Es
ist besonders geeignet, um viele ähnliche Bewegungen miteinander
zu vergleichen und die Zeitkonstante und räumliche Beschränkung
der Bewegung abzuschätzen. Dieses „Modell" findet heute mit ver¬
schiedenen Modifikationen und Erweiterungen hauptsächlich Ver¬
wendung für die Beschreibung der Bewegung des Peptidgerüstes in
Proteinen [10-14].
Die Analyse der Seitenkettenbewegung in Peptiden und Proteinen
wird häufig auf der Basis von gemittelten J-Kopplungen durchge¬führt. Ausgehend von einer kleinen Anzahl diskreter Konformatio-
20 Kapitel 1.1
nen, die durch einen unterschiedlichen Xj-Winkel charakterisiert
sind, berechnet man über die Karplusbeziehungen [15-17] die theore¬
tischen J-Kopplungen aus den dihedralen Winkeln der unterschiedli¬
chen Konformationen. Durch eine Optimierung der Populationenversucht man, den gemittelten Wert der theoretischen Kopplungenan die experimentellen J-Kopplungen anzupassen.
In der vorliegenden Arbeit werden in Kapitel 2 die Grundlagen der
Relaxationstheorie in Flüssigkeiten, soweit sie für die Beschreibungder Experimente benötigt werden, in einer einheitlichen Form
zusammengefaßt. Kapitel 3 behandelt die Dynamik des Peptidgerü¬stes von Antamanid in Dioxan. Diese wurde mit dem MEDUSA-
Ansatz untersucht, der so modifiziert wurde, daß eine Bewertungder Signifikanz der Ergebnisse möglich ist. Die Resultate werden mit
den Ergebnissen einer ähnlichen Untersuchung in Chloroform ver¬
glichen.
Die Dynamik der vier Phenylalaninseitenketten in Antamanid wird
in Kapitel 4 analysiert. Mit der Messung heteronuklearer Relaxati¬
onsdaten wird versucht, die Bewegung der Phenylalaninseitenketten
zu charakterisieren. Dieser Ansatz ist teilweise komplementär zu der
Charakterisierung der Seitenkettenbewegung über J-Kopplungskon-
stanten, da man bei der Relaxationsanalyse hauptsächlich Informa¬
tionen über die Geschwindigkeitskonstanten erhält und praktischkeine Information über Populationen. Mittels einfacher physikali¬scher Modelle für die Beschreibung der Seitenkettenbewegung sol¬
len die Grenzen einer solchen Charakterisierung untersucht werden.
Hierbei geht es vor allem um die Frage, ob man unterschiedliche
physikalische Modelle innerhalb der heute gegebenen Meßgenauig¬keit signifikant unterscheiden kann.
In Kapitel 5 wird die SIIS-Kreuzrelaxation zwischen einem S2-Ein-
spinterm und dem 4S27l272z-Dreispinterm als neues Experiment zur
Charakterisierung der Bewegung um den ersten Torsionswinkel in
der Seitenkette von Aminosäuren vorgeschlagen. Es erlaubt die
Antamanid 21
Unterscheidung von gehinderten und ungehinderten Bewegungenum den %1-Winkel. Dieses Experiment wurde ebenfalls an Antama¬
nid und an Ubiquitin, einem kleinen Protein, getestet.
1.2 Antamanid
Viele der in dieser Arbeit beschriebenen Methoden und Untersu¬
chungen wurden an Antamanid durchgeführt. Daher sollen kurz die
wichtigsten Eigenschaften dieser Substanz zusammengefaßt werden.
Antamanid ist ein zyklisches Dekapeptid mit der Aminosäurese¬
wobei die beiden Konstanten pa und p2 die a priori Wahrscheinlich¬
keiten sind, die in Gleichung (2.68) definiert wurden und die beiden
Korrelationszeiten
1und x, =
—^ (2.72)1 210J + w2
2 2it>3 + w.^
sind. Die bedingten Wahrscheinlichkeiten können nun wieder in
Gleichung (2.57) eingesetzt werden, und man erhält die Diagonalele¬mente der Winkelkorrelationsfunktion:
C>m(0= [ [2p2 (-1 )m cos (mV)+Pl]2
+ 2Plp2- [(-l)m-cos(mfl)] -e"f/Tl
+ 2p2-sin2(mu)-eT2 ]
(2.73)
Da im weiteren dieses Modell nur für die erste interne Bewegungverwendet wird, soll auf die Berechnung der Außerdiagonalele¬mente verzichtet werden. Aus dem allgemeinen Ergebnis sollen
einige Spezialfälle abgeleitet werden. Unter der Annahme, daß die
Barrieren zwischen den Positionen 1 und 3 sowie 1 und 2 unendlich
hoch sind, d.h. die Übergangswahrscheinlichkeit w2 und die Popula¬tion pj Null sind, erhält man das Resultat eines Zweisprungmodells
54 Kapitel 2.6
(Gleichung (2.65)) zwischen den beiden Positionen 2 und 3 für den
Spezialfall, daß beide Populationen gleich groß und gleich ein Halb
sind.
Macht man die Barriere zwischen den Positionen 2 und 3 groß, so
wird die Rate u?3 klein, und man erhält den Fall eines gehinderten
Dreisprungmodells, bei dem einer der drei möglichen Übergängeverboten ist. An der Korrelationsfunktion ändert sich in diesem Falle
nur die Definition der zweiten Korrelationszeit, da nur diese durch
die Rate w3 beeinflußt wird.
Ein anderer wichtiger Spezialfall ist das Dreisprungmodell mit glei¬chen Populationen und gleichen Raten, d.h.
V\ = Vi = P3 = 1/3 (2-74)
und
w1 = w2 = w3 = w. (2.75)
Hierbei erhält man eine Winkelkorrelationsfunktion, die nur noch
von zwei Parametern, der Sprungrate w und der Position Q der bei¬
den symmetrischen Positionen abhängig ist:
Ca (0 =
2
{? (-l)mcos(mf3) + ^}
2 m2 2 -y
-'/t,
+ (öK-l) -cos(mfl)] +^sin2(m^)}e1
J (2.76)
Man kann diese Beziehung weiter vereinfachen und erhält für eine
äquidistante Verteilung der drei Positionen (£2 = 120°):
C^(0 =
offl>0 + e-,/Tl(l-8m;0) (2.77)
Auch hier gibt es wieder Außerdiagonalelemente der Winkelkorrela¬
tionsfunktion für m±m'. Diese werden im weiteren nicht benötigt
„Normal Mode" Darstellung der Relaxation 55
und sollen daher nicht berechnet werden. Man findet sie in der Lite¬
ratur [72].
2.7 „Normal Mode" Darstellung der Relaxation
GrundsätzUch kann man die Relaxation direkt auf der Basis von
Gleichung (2.10) berechnen und die Differentialgleichung zur
Beschreibung der Zeitevolution für alle Elemente des Dichteopera¬tors in einer beliebigen Basis lösen. Betrachtet man nur longitudinale
Magnetisierung, so kann man sich auf die Diagonalelemente des
Dichteoperators in der Eigenbasis des Hamiltonoperators beschrän¬
ken und so die Größe des Systems stark reduzieren. Für die physika¬lische Intuition ist es jedoch sehr oft besser, den Dichteoperator in
einer Basis von symmetrieangepaßten Basisoperatoren [73] zu ent¬
wickeln, da diese in vielen Fällen direkt mit beobachtbaren Größen
in Beziehung gebracht werden können und zum Beispiel die Rela¬
xation einzelner Multiplettlinien im Spektrum beschreiben. Diese
Basisoperatoren sollten orthogonal sein im Sinne der Beziehung
Tr{Bl-Bn} =dmn-const . (2.78)
Die Wahl der Basisoperatoren ist ähnlich zu der Zerlegung des Dich¬
teoperators in Produktoperatoren [1], aber die Normierung der Ope¬ratoren ist in den beiden Ansätzen häufig unterschiedlich. Um eine
symmetrische Relaxationsmatrix zu erhalten, d.h. damit die Relaxati¬
onsratenkonstanten rB B und TB B gleich groß sind, genügt es,
daß alle Basisoperatoren eines Systems gleich normiert sind, da eine
Skalierung mit einem konstanten Faktor nicht relevant ist. In dieser
Darstellung soll im Gegensatz zur Darstellung bei Werbelow und
Grant [73] die Normierung des Produktoperatorformalismus über¬
nommen werden. Die Werte der Relaxationsratenkonstanten werden
durch diese Wahl der Basisoperatoren nicht beeinflußt. Die Zerle¬
gung des Dichteoperators in symmetrieadaptierte Basisoperatorenhat zusätzlich den Vorteil, daß man das System in Unterräume auf-
56 Kapitel 2.7
teilen kann, die sich aufgrund ihrer unterschiedlichen Symmetrieei¬
genschaften ergeben und so die Dimension des Problems weiter
reduzieren.
Da im weiteren nur die Relaxation longitudinaler Magnetisierungbetrachtet wird, soll auch die Darstellung hierauf beschränkt wer¬
den. Sie folgt in der Notation und in der Numerierung der Basisope¬
ratoren („normal modes") weitgehend derjenigen von Werbelow
und Grant [73]. Ein Satz von orthogonalen Basisoperatoren wird
unter Berücksichtigung der folgenden Bedingungen [81,82] gene¬
riert, wobei man bei der Wahl der einzelnen Operatoren eine gewisseFreiheit hat:
- Die Gesamtpolarisationen der einzelnen Gruppen magnetisch
äquivalenter Spins bilden die ersten Basisoperatoren.
- Alle anderen Basisoperatoren sollten im thermischen Gleichge¬wicht Null sein. Hierdurch erreicht man eine Separation der auto-
korrelierten und der kreuzkorrelierten spektralen Leistungsdichte¬funktionen [81].
- Alle Basisoperatoren für die Beschreibung longitudinaler Rela¬
xation müssen in der Basis der Eigenvektoren des Hamiltonopera¬tors diagonal sein.
- Die Basisoperatoren müssen orthogonal und gleich normiert sein.
- Gibt es mehrere mögliche Sätze von Basisoperatoren, so wird jene
Darstellung genommen, welche die meisten unabhängigen meßba¬
ren Größen beschreibt.
Im Falle von Spinsystemen ohne entartete Energieübergänge kann
man die longitudinalen Basisoperatoren aus dem Einheitsoperatorund den Sz-Operatoren der einzelnen Spins erzeugen, indem man
alle möglichen Tensorprodukte der S2-Operatoren bildet. In einem
Spinsystem mit entarteten Energieübergängen, müssen aufgrund der
Permutationssymmetrie der magnetisch äquivalenten Spins auch die
Normal Mode" Darstellung der Relaxation 57
Basisoperatoren dieser Permutationssymmetrie genügen. Daher ent¬
halten die Basisoperatoren in diesem Fall auch Nullquantenterme.
Der Erwartungswert der Basisoperatoren ist definiert als die Spurdes Operators mit dem Dichteoperator, d.h. die Zeitevolution des
Erwartungswertes eines Basisoperators ist gegeben durch
<B,.>(0 = fr{B+.(o(0-oe<i)} (2.79)
Die Spurbildung erfolgt hier mit einem Differenzdichteoperatoro(0-oeq, damit das System gegen das thermische Gleichgewichtrelaxiert. Man kann die Zeitevolution der longitudinalen Basisopera¬toren in einer Matrixdarstellung formulieren und erhält dabei eine
Differentialgleichung erster Ordnung
d_dt
(ßiXO
<ß2X0
<ß„>(0
= -r
<ßaX0
<ß2>(0
<ß„)(0
(2.80)
welche in der Matrix
r =
....ß„.ßi
r r rBVB1 B2,B2
"•
Bn,B2
BVBn
(2.81)
sämtliche longitudinalen Auto- und Kreuzrelaxationsratenkonstan-
ten des betrachteten Systems enthält, die gemäß Gleichung (2.22)
definiert sind. Die Basisoperatoren können aufgrund ihrer Symme¬trie gegen die Inversion aller Spins in symmetrische und antisymme¬trische Operatoren eingeteilt werden. Ändert sich das Vorzeichen
eines Operators bei Spininversion, so wird er als antisymmetrischbezeichnet und mit einen Index a links oben charakterisiert, ändert er
sein Vorzeichen nicht, so wird er als symmetrisch und mit einen
58 Kapitel 2.7
Index s bezeichnet. Aufgrund dieser Einteilung in symmetrische und
antisymmetrische Basisoperatoren erhält der Relaxationssuperopera¬tor für bestimmte Relaxationswechselwirkungen eine Blockdiago¬
nalform, wodurch die Größe des gekoppelten Differentialglei¬
chungssystems weiter reduziert wird.
Die Spinordnung ist die Anzahl der kartesischen Spinoperatoren, in
die der Basisoperator zerlegt werden kann, d.h. Sz ist ein Term mit
der Spinordnung eins, und 2SZIZ hat die Spinordnung zwei. Die
Berechnung der Matrixelemente des Relaxationssuperoperators
(Gleichung (2.22)) beruht auf einem Doppelkommutator des Basis¬
operators mit dem Spinanteil der betrachteten Wechselwirkung.Wird der Spinanteil durch bilineare Terme dargestellt, so kann sich
die Spinordnung des Basisoperators durch den Doppelkommutatornicht oder um plus oder minus zwei ändern [83]. In diesem Fall
bleibt also die oben erwähnte Symmetrie gegen Spininversion erhal¬
ten, d.h. unter einer Wechselwirkung mit der Spinordnung zwei zer¬
fällt die Relaxationsmatrix T in zwei unabhängige Blöcke, die nicht
miteinander kreuzrelaxieren. Das wichtigste Beispiel einer Wechsel¬
wirkung der Spinordnung zwei ist die Relaxation durch Dipol-
Dipol-Wechselwirkungen.
Kann man den Spinanteil der Relaxationswechselwirkung durch
Operatoren mit einer Spinordnung von eins darstellen, so ändert
sich die Spinordnung der Operatoren durch den Doppelkommutatornicht. Daher kann eine solche Wechselwirkung nur Autorelaxations¬
raten erzeugen. Ein wichtiges Beispiel für diese Art von Wechselwir¬
kung ist die chemische Verschiebungsanisotropie. Nur durch Kreuz¬
korrelationen zweier Wechselwirkungen mit einer Spinordnung von
eins und zwei kann sich die Spinordnung der Basisoperatoren durch
den Doppelkommutator um eins ändern, so daß man Kreuzrelaxa¬
tion zwischen den beiden Symmetrieblöcken erhält.
Für den einfachen Fall eines AX-Spinsystems sollen hier die Basis¬
operatoren und die Relaxationsraten kurz diskutiert werden. Das
„Normal Mode" Darstellung der Relaxation 59
AMX- und das AX3-Spinsystem, die in dieser Arbeit ebenfalls ver¬
wendet werden, sollen nur kurz behandelt werden und für die
Details wird auf die Literatur verwiesen. Stellt man die Basisoperato¬
ren für das AX-Spinsystem auf, so erhält man zwei antisymmetrische
Operatoren und einen symmetrischen Operator [73]
a-nAX c
ßj=
sz B2 I, K = 2S2I2(2.82)
welche durch Kreuzrelaxationsratenkonstanten miteinander gekop¬
pelt sind. Unter Berücksichtigung von dipolarer und CSA-Relaxation
erhält man eine volle Matrix:
TV1A_
r r r
K, s. L, L 2S/,/
F2Sz/z,S2r2S2/2J2r2S2/2>2S2/;
(2.83)
Die Autorelaxationsratenkonstanten T sind nur durch die Auto-nn
korrelationsfunktionen der dipolaren und CSA-Tensoren, die Kreuz-
relaxationsratenkonstanten zwischen den Ein- und Zweispintermen
nur durch die Kreuzkorrelation der dipolaren und CSA-Tensoren
bestimmt. Vernachlässigt man die CSA-Relaxation, so reduziert sich
das System der gekoppelten Differentialgleichungen auf ein 2x2
und ein lxl System, die sich unabhängig voneinander entwickeln,
d.h. die Matrix erhält die Form
p/ix _
r r
r r'z'Sz Vz
o
0
0 o r.
(2.84)
Die Elemente der Relaxationsmatrix für Dipol-Dipol- und „random
Field"-Wechselwirkung finden sich bei Werbelow und Grant [73], die
Beiträge der CSA-CSA-Autokorrelation und der Dipol-CSA-Kreuz-korrelation wurden zuerst von Goldman [84] ausführlich beschrie-
60 Kapitel 2.8
ben und seither experimentell und theoretisch an Modellsystemen[85-88] verifiziert, auf den Fall einer anisotropen Bewegung des
Moleküls verallgemeinert [89] und als Methode zum Transfer von
Polarisation [90] verwendet. Die Unterdrückung dieser Kreuzkorre¬
lation zwischen dipolaren und CSA-Tensoren ist für die genaue Mes¬
sung von Relaxationsraten der N-H-Spinsysteme in Makromolekü¬
len wichtig [91,92].
Die Dipol-Dipol-Beiträge für das AMX-Dreispinsystem finden sich
ebenfalls bei Werbelow und Grant [73]. Die dipolare Kreuzkorrela¬
tion in homonuklearen Systemen wurde zuerst von Dalvit und
Bodenhausen [93-95] im Laborkoordinatensystem und von Brüsch-
weiler et al. [96] in einem geneigten rotierenden Koordinatensystem
experimentell gemessen. Die Beiträge der Kreuzkorrelation zwi¬
schen dipolaren und CSA-Tensoren zur Relaxationsmatrix findet
man bei Burghardt et al. [97] für den allgemeinen Fall eines beliebig
geneigten rotierenden Koordinatensystem.
Auch für das AX3-Spinsystem findet man die Dipol-Dipol-Beiträgein dem Übersichtsartikel von Werbelow und Grant [73], und der Ein¬
fluß der Kreuzrelaxation auf die Tr und T2-Zeiten in CH3-Gruppenwird bei Kay und Torchia [98] ausführlich diskutiert.
2.8 Relaxation im rotierenden Koordinatensystem
Legt man während der Mischzeit xm ein schwaches rf-Feld mit der
Feldstärke yBx an, so erhält man eine neue Quantisierungsachse (z-
Achse) in einem rotierenden und geneigten Koordinatensystem. Bei
einem Frequenzoffset von Ato erhält man ein effektives Feld der
ersetzt werden. Diese Notation geht von einem Spinlockfeld entlangder x-Achse aus. Hierbei muß die Stärke des Spinlockfeldes größerals die maximale skalare Kopplung sein, da sonst die Näherung, daß
alle Linien eines Multipletts die gleiche Spinlockachse einnehmen,
nicht mehr gilt. Bull [83] hat auch für den Fall eines schwachen selek¬
tiven rf-Feldes einen geeigneten Satz von Basisoperatoren für die
Beschreibung der longitudinalen Relaxation in einem geneigtenrotierenden Koordinatensystem hergeleitet.
62 Kapitel 2.8
Diese Art von Relaxationsexperimenten im rotierenden Koordina¬
tensystem wurde zuerst im homonuklearen ROESY-Experiment
(„rotating frame Overhauser spectroscopy") [100] realisiert und von
Bull [101] theoretisch verallgemeinert. Die Matrixelemente der Rela¬
xationsmatrix für unterschiedliche Spinsysteme mit und ohne Dipol-CSA-Kreuzkorrelation findet man in den Arbeiten von Bull [101,102]
und Burghardt et al. [97], sowie in einem Übersichtsartikel über Rela¬
xation im rotierenden Koordinatensystem von Bull [83].
Struktur und Dynamik von Antamanid in Dioxan 63
3 Struktur und Dynamik von Antamanid in Dioxan
3.1 Einleitung
Bei der Bestimmung der Struktur von Antamanid in Chloroform
[39,40] zeigte sich, daß die experimentellen Daten sich nicht mit einer
starren Struktur vereinbaren lassen. Zum einen konnten nicht alle
NOE- („nuclear Overhauser effect") und J-Kopplungsbedingungenerfüllt werden, zum anderen zeigten sich aber auch feldstärkeabhän¬
gige Relaxationseffekte in den Tlp-Messungen der NH-Protonen in
Antamanid. Diese deuten auf einen zusätzlichen langsamen Aus¬
tauschprozeß hin, dessen Zeitkonstante bei 300 K ca. 43 us beträgt.Eine eindeutige Bestimmung des Austauschprozesses war in diesen
Untersuchungen nicht möglich, aber es wurde hier ein Brechen der
Wasserstoffbrücken vermutet.
Um eine langsame Dynamik von Molekülen zu beschreiben, werden
häufig mehrere einzelne Konformationen dynamisch kombiniert.
Diese optimierten Kombinationen führen erwartungsgemäß immer
zu einer Verbesserung der Beschreibung der experimentellen Daten.
Die einzelnen Konformationen werden jedoch häufig unter der
Annahme erzeugt, daß das Molekül in einer starren Konformation
vorliegt. Hierdurch wird die Bandbreite der möglichen Konformatio¬
nen eingeschränkt, da bereits eine einzelne Struktur die experimentel¬len Daten gut beschreiben muß, um durch den Algorithmus zur
Erzeugung der Strukturen ausgewählt zu werden. Um diese Ein¬
schränkung zu umgehen und eine breitere Streuung der Konforma¬
tionen zu erhalten wurde die MEDUSA-Prozedur („multiconforma¬
tional evaluation of distance information using a stochastically con¬
strained mirtimization algorithm") [39,40] zur Erzeugung von Struk¬
turen vorgeschlagen. Hierbei muß jede einzelne erzeugte Struktur
nur eine Teilmenge der vorhandenen „distance constraints" erfüllen
und erst durch die Kombination zweier oder mehrerer Strukturen
werden sämtliche experimentellen Daten richtig beschrieben.
64 Kapitel 3.1
Ein Vergleich des NH-Bereiches der beiden lD-Protonenspektren
von Antamanid in Chloroform (bei T = 320K) und Dioxan (bei
T = 300 K) (Abb. 3.1) zeigt deutliche Unterschiede zwischen den bei¬
den Lösungsmitteln. Die Linienverbreiterungen der Amidprotonen
in *Val und 6Phe ist nur in Chloroform sichtbar und die 3J(NH-Ha)-Kopplungskonstanten scheinen in Dioxan eine geringere Streuung
aufzuweisen. Dies könnte auf eine schnellere Bewegung des Peptid¬
gerüstes hindeuten, welche zu einer stärkeren Ausmittelung der
Kopplungskonstanten führen würde. Die starke Verschiebung ein¬
zelner Linien kann durch die unterschiedliche Temperatur und
durch die unterschiedlichen Wasserstoffbrückenbindungen in den
beiden Lösungsmitteln erklärt werden. In Dioxan können die NH-
Protonen des Antamanids intermolekulare Wasserstoffbrücken zum
Lösungsmittel bilden, während in Chloroform nur intramolekulare
Wasserstoffbrücken innerhalb des Moleküls möglich sind.
a)
b)
4NH
A
9NH 6NH 10NH 1NH 5NH
4NH 6NH 1NH 10NH
—i 1 1 -[' -—i i i t 1 i i 1 r -] 1 1 n r-
8.3 7.8 7.3 8[ppm]
Abbildung 3.1: NH-Region des lD-Protonenspektrums von Antamanid in a)
Dioxan bei T = 300 K und b) in CDC13 bei T = 320 K. Man sieht die Linienverbrei¬
terungenbei 6NH und 1NH im Chloroformspektrum.
Einleitung 65
Die ersten Untersuchungen, die auf ein dynamisches Gleichgewicht
von Antamanid in Lösung hindeuteten, waren Ultraschallmessun¬
gen von Burgermeister [33,34] in Dioxan. Patel [30-32] fand später
ein unterschiedliches Verhalten des Antamanids in Lösungsmittelndie als Wasserstoffbrückenakzeptoren wirken können und solchen,
die diese Eigenschaft nicht besitzen. Alle weiteren Untersuchungenwurden jedoch in Chloroform durchgeführt. Ziel der Untersuchung
von Antamanid in Dioxan war es, die Struktur und Dynamik des
Peptidgerüstes zu bestimmen und diese mit der bekannten Struktur
in Chloroform zu vergleichen, wie sie von Blackledge et al. [40]
ermittelt wurde. Hierzu mußte als erstes die Zuordnung der chemi¬
schen Verschiebungen der Protonen und Kohlenstoffatome in
Dioxan bestimmt werden. Danach wurden ROE-Aufbauraten („rota¬
ting frame Overhauser effect") zur Berechnung von „distance con-
straints", sowie weitere experimentelle Größen (NH-Tlp-Zeiten,Kohlenstoff Ta-Zeiten und 3J(NH-Ha)-Kopplungskonstanten)gemessen, die bei der Bestimmung der Struktur und Dynamik wert¬
volle Informationen liefern.
Für sämtliche Messungen wurde eine 36.8 mM Lösung von Antama¬
nid in 99.5% deuteriertem Dioxan bei einer Temperatur von
T = 300 K verwendet. Alle Messungen mit Ausnahme der HMQC-
und HMBC-Spektren sowie der 13C-T1-Messungen wurden auf
einem Bruker MSL-400 Spektrometer (Protonenresonanzfrequenz400.13 MHz), die restlichen Messungen an einem Bruker AMX-600
Spektrometer (Protonenresonanzfrequenz 600.13 MHz) durchge¬führt. Die Eichung der chemischen Verschiebungen der Protonen
erfolgte mittels der Signale des nicht deuterierten Dioxans mit
8 = 3.58 ppm. Die 13C-chemischen Verschiebungen wurden in den
1H-detektierten Experimenten auf die Resonanzfrequenz der proto-
nierten Kohlenstoffatome (8 = 67.6 ppm) und in den 13C-detektierten
Experimenten auf die Resonanzfrequenz der deuterierten Kohlen¬
stoffatome (8 = 66.5 ppm) des Dioxans bezogen.
66 Kapitel 3.2
3.2 Zuordnung der chemischen Verschiebungen
Die Zuordnung der chemischen Verschiebungen der Protonen
erfolgte mit Standardmethoden [3]. Für das DQF-COSY [103,104],
das TOCSY [105,106] mit einer DIPSI-2 Mischsequenz [107,108] und
einer Mischzeit von 30 ms bzw. 63 ms, das NOESY [109,110] mit
einer Mischzeit von xm = 300 ms und das „compensated" ROESY
[100,111,112] wurden jeweils 1024 tpZeiten mit 32 Experimenten und
2048 reellen Datenpunkten aufgenommen. Die Unterscheidung der
positiven und negativen Frequenzen erfolgte mit Hilfe der TPPI-
Methode („Time Proportional Phase Incrementation") [113]. Alle
Spektren wurden nach der Apodisierung und „zerofilling" auf 2048
mal 2048 komplexe Datenpunkte fouriertransformiert und phasen¬
korrigiert. Die gemessenen chemischen Verschiebungen für sämtli¬
che Protonen finden sich in Tabelle 3.1. Eine eindeutige Zuordnungder aromatischen Protonen war erst mit Hilfe der heteronuklearen
Korrelationsspektren möglich, da im aromatischen Bereich starke
Überlappungen von Kreuzpeaks auftraten. Die Intensitäten des
NH Ha Hß Hp-H0
HyHm
H8
HpH8.
Val1 7.46 4.38 1.99 0.92 0.93
Pro2 3.78 1.69 1.99 1.56 1.91 3.45 3.53
Pro3 4.21 2.03 2.41 1.65 1.81 3.44 3.44
Ala4 8.54 4.37 1.21
Phe5 7.38 4.57 2.77 3.06 7.12 7.15 7.10
Phe6 7.87 4.67 2.86 3.18 7.25 7.25 7.17
Pro7 3.60 1.64 1.96 1.62 1.89 3.26 3.37
Pro8 4.04 1.74 2.20 0.66 1.46 3.00 3.22
Phe9 8.20 4.56 3.06 3.06 7.21 7.29 7.17
Phe10 7.64 4.40 3.06 3.06 7.04 7.08 7.06
Tabelle 3.1: Chemische Verschiebung der Protonen von Antamanid in Dioxan
bei T = 300 K. Die Eichung erfolgte auf die Linie des nicht deuterierten Dioxans
mit 8 = 3.58 ppm.
Zuordnung der chemischen Verschiebungen 67
NOESY-Spektrums waren erwartungsgemäß klein, da man sich bei
einer Temperatur von 300 K nahe beim Nulldurchgang der homonu¬
klearen Kreuzrelaxation von u)0xc = 1.12 befindet. In den Spektrenfanden sich sowohl positive als auch negative Kreuzpeaks. Daher
wurden für die Zuordnung und auch später für die Berechnung von
Protonenabständen nur ROESY-Spektren verwendet.
Die Zuordnung der Kohlenstoffresonanzen erfolgte mit HMQC-
(„Heteronuclear Multiple Quantum Correlation Spectroscopy")[114,115] und HMBC-Spektren („Heteronuclear Multiple Bond Cor¬
relation Spectroscopy") [116]. Die Zahlenwerte der chemischen Ver¬
schiebungen wurden dann in den besser aufgelösten lD-13C-Spek-tren gemessen und sind in Tabelle 3.2 wiedergegeben. Sämtliche
Kohlenstoffatome des Antamanids sind in den lD-Spektren aufge¬löst und konnten zugeordnet werden.
Bei der Aufnahme der homonuklearen ROESY-Spektren fanden sich
von fast allen NH- und Ha-Resonanzen Austauschpeaks zu einem
zweiten Satz von Resonanzfrequenzen. Dieser zusätzliche Satz von
Ca Cß S Q CE CS C
Val1 57.8 32.5 19.5/20.3 171.3
Pro2 60.4 29.8 26.4 48.8 171.1
Pro3 62.6 32.9 23.5 47.7 172.3
Ala4 50.6 18.6 174.6
Phe5 56.2 38.5 139.3 131.0 129.6 127.6 171.2
Phe6 53.6 38.2 138.6 131.4 129.5 127.9 171.1
Pro7 60.3 29.7 26.3 48.5 171.0
Pro8 62.5 32.6 22.8 47.7 171.3
Phe9 57.5 39.6 139.5 130.8 129.8 127.8 173.9
Phe10 57.5 37.9 140.1 131.1 129.3 127.2 171.7
Tabelle 3.2: Chemische Verschiebung der Kohlenstoffatome von Antamanid in
Dioxan bei T = 300 K. Die Eichung erfolgte auf die Kohlenstoffresonanz des pro-tonierten Dioxans mit 8 = 67.6 ppm.
68 Kapitel 3.3
Resonanzfrequenzen scheint zu einer zweiten Konformation zu
gehören, die in einem langsam austauschenden dynamischen Gleich¬
gewicht mit der Hauptkonformation steht. Die relative Intensität der
Diagonalpeaks dieser zweiten Konformation betrug ca. 2% und
wurde nicht weiter untersucht.
3.3 Messung von Struktur- und Dynamikdaten in Dioxan
3.3.1 ROE-Aufbauraten
Um die homonukleare Kreuzrelaxationsrate im rotierenden Koordi¬
natensystem zu bestimmen, wurden „offset compensated" ROESY-
Spektren [112] mit einem Spinlockfeld von 7ß1/2n = 3850 Hz und
Abbildung 3.2: NH-H^ß-Region des ROESY-Spektrums mit 150 ms Mischzeit.
Die Zuordnung der einzelnen Kreuzpeaks ist soweit als möglich eingetragen.Besonders im Bereich der Hß gibt es Überlagerungen von Kreuzpeaks, die keine
eindeutige Zuordnung erlauben.
70 Kapitel 3.3
Eine lineare Auftragung der Integrale gegen die Mischzeiten zeigte,daß teilweise bereits für Mischzeiten x < 75 ms diese Linearität
m
nicht mehr erfüllt war.
Die genauste Methode zur Bestimmung der Distanzen ist die Anpas¬
sung der vollen Relaxationsmatrix an die experimentellen Werte
(„complete relaxation matrix approach") [118-121]. Hier wurde ein
anderer Weg für die Auswertung der Aufbauraten gewählt. Unter
der Annahme eines isolierten Zweispinsystems kann man die Kreuz-
peakintensitäten lAB{xm) als Funktion der Mischzeit xm für die
Kreuzrelaxation der beiden Spins analytisch berechnen [1]:
QV^) = -L7^(^ *""-elÄT""-) (3.2)
mit
und
R=±(Rl + R2) (3.3)
Q = 1/(R1-R2)2 + 4R;2 (3.4)
Ru ist die gesuchte Kreuzrelaxationsratenkonstante zwischen den
beiden Spins, Rj und R2 sind die Autorelaxationsratenkonstanten.
n-, sind die Anzahl äquivalenter Spins und M0 ist die Anfangsma¬
gnetisierung. Mit Hilfe eines nichtlinearen Dreiparameterfits wurden
die Parameter R12, R1 und R2 an die gemessenen Kreuzpeakintensi-täten angepaßt und so die Kreuzrelaxationsraten bestimmt. Dabei
wurden die Intensitäten für den durch das Spinlockfeld.erzeugtenkohärente Magnetisierungstransfer nach der Methode aus Referenz
[122] und [123] korrigiert, indem der theoretische TOCSY-Transfer
Messung von Struktur- und Dynamikdaten in Dioxan 71
unter Berücksichtigung der beiden effektiven Spinlockachsen und
der J-Kopplungskonstanten berechnet wurde. Diese Korrektur fand
nur bei Kreuzpeaks nahe der Diagonalen Anwendung, da nur dort
ein signifikanter Beitrag des TOCSY-Transfers zu erwarten ist. Die
Anfangsmagnetisierung M0 wurde durch die Integration über einige
gut aufgelöste Diagonalpeaks in dem ROESY-Spektrum mit 20 ms
Mischzeit bestimmt. Die so berechneten Werte für die Kreuzrelaxati-
onsratenkonstanten für sämtliche aufgelösten Protonenpaare finden
sich in Tabelle 7.1 im Anhang 7.1.
Unter Vernachlässigung von internen Bewegungen ist der Abstand
zweier Protonen direkt proportional zum Kehrwert der sechsten
Wurzel der Kreuzrelaxationsratenkonstante
r12 = Jfc--^=, (3.5)
und mit Hilfe einer Eichung auf die bekannten Abstände von gemi¬nalen Protonen kann man die Konstante k berechnen
k = r6JR
.
(3.6)
gern V gernv**/
Berechnet man den Mittelwert der Kreuzrelaxationsratenkonstanten
der vier aufgelösten geminalen Protonenpaare, so erhält man
R = 3.241 s"1. Mit einem geminalen Protonen-Protonen Abstand
von r = 1.779 Ä führt dies zu einem Wert von
* = 2.1642 Ä s"1/6. (3.7)
Diese Gleichungen (3.5) bis (3.7) gelten nur für starre Moleküle, da
eine zusätzliche interne Bewegung den Wert der Konstanten k beein¬
flußt. Daher ist es besonders wichtig, daß die gewählten geminalen
Eichsysteme eine möglichst geringe interne Bewegung zeigen. In die
Fehler der so berechneten Abstände gehen die Fehler der Integraleund der hieraus berechneten Kreuzrelaxationsratenkonstanten, die
Fehler der gewählten geminalen Eichsysteme und die Fehler auf-
72 Kapitel 3.3
grund der internen Bewegungen des Moleküls ein. Um die experi¬mentellen Fehler abzuschätzen, wurden die berechneten Werte der
Abstände (Tabelle 7.1 in Anhang 7.1) aus den Kreuzpeaks oberhalb
und unterhalb der Diagonale der Spektren verglichen. Man findet
Abweichungen in der Größenordnung von ca. 5%.
Da in der Berechnung der Molekülstruktur nur die Abstände des
Peptidgerüstes verwendet werden, d.h. die Abstände zwischen den
NH- und Ha-Protonen, und keine Abstände zu den Protonen in den
Seitenketten, sind diese in Tabelle 3.3 noch einmal zusammengefaßt.Oberhalb der Diagonalen finden sich die gemittelten Abstände (in A)
und unterhalb der Diagonalen die berechneten Kreuzrelaxationsra-
tenkonstanten R12 (in s"1). Ein X in der Tabelle bedeutet, daß der
betreffende Kreuzpeak beobachtet wurde, aber aufgrund von tj-Rau¬
schen oder Überlagerung mit einem anderen Kreuzpeak nicht inte¬
griert werden konnte. Ein A bedeutet dagegen, daß der entspre¬
chende Kreuzpeak nicht beobachtet wurde. Diese nicht vorhandenen
Kreuzpeaks liefern ebenfalls wertvolle Strukturinformationen, da
man aus ihnen schließen kann, daß die Entfernung zwischen den
beiden Protonen oberhalb einer bestimmten Schranke liegt.
Vergleicht man diese Tabelle mit der entsprechenden Tabelle aus
Referenz [40] für die Strukturbestimmung in Chloroform so fällt auf,
daß fast alle in Dioxan sichtbaren ROE-Kreuzpeaks auch in den
Chloroformspektren gefunden wurden. Die einzigen beiden ROE's,
die nur in einem der beiden Lösungsmittel auftreten, sind 5NH-6NH
(nur in Chloroform r=3.0 Ä) und 1NH-4NH (nur in Dioxan r=4.0 Ä).
Alle anderen NOE's sind entweder in beiden Lösungsmitteln vor¬
handen, oder konnten in einem der beiden Lösungsmittel nicht auf¬
gelöst werden. Vergleicht man die berechneten Abstände, so findet
man deutliche Unterschiede zwischen den beiden Lösungsmitteln.
Diese Ähnlichkeiten der experimentell bestimmten Abstände lassen
erwarten, daß auch die Strukturen in den beiden Lösungsmitteln
ähnlich sind.
Messung von Struktur- und Dynamikdaten in Dioxan 73
IN 4N 5N 6N 9N ION la 2a 3a 4a 5a 6a 7a 8a 9a 10a
IN / (4.1) X A A X X X A A 3.1 A A A A 2.2
4N 0.02 / 3.2 A A A A 2.6 3.3 3.1 A A A A A A
5N X 0.09 / A A A X 3.4 (4.7) 2.3 X A A A X A
6N A A A / A 2.8 X A A X 2.3 X (4.7) A A 3.2
9N A A A A / X A A A A X A 2.6 3.2 X A
ION X A A 0.21 X / A A A X A A 3.5 A 2.4 2.5
la X A X X A A / A A A X A A A X A
2a X 0.36 0.07 A A A A / 2.1 A A A X A A A
3a A 0.09 0.01 A A A A 1.34 / A A A A A A A
4a A 0.12 0.65 X A X A A A / A A A A A A
5a 0.11 A X 0.79 X A X A A A / A A A A X
6a A A A X A A A A A A A / A A A A
7a A A A 0.01 0.38 0.06 A X A A A A / 2.0 A A
8a A A A A 0.11 A A A A A A A 1.43 / A A
9a A A X A X 0.58 X A A A A A A A / X
10a 0.90 A A 0.10 A 0.41 A A A A X A A A X /
Tabelle 3.3: Übersicht über die Abstände zwischen den Protonen des Peptidge¬rüstes. Oberhalb der Diagonalen sind die berechneten Abstände in Ängströmangegeben, unterhalb der Diagonalen die berechneten Kreuzrelaxationsraten-
konstanten R12 in s"1. Ein A bedeutet, daß der entsprechende ROESY-Kreuzpeakin den Spektren fehlt, ein X, daß der entsprechende Kreuzpeak nicht aufgelöst ist
und daher nicht integriert werden konnte.
3.3.2 NH-Tlp-RelaxationszeitenBei der Untersuchung von Antamanid in Chloroform [40] fand sich
eine starke rf-Feldabhängigkeit der T^-Relaxation der Amidproto¬
nen, die auf einen langsamen Austauschprozeß mit einer Geschwin¬
digkeitskonstanten in der Größe der rf-Feldstärke hindeutet. Ver¬
mutlich wird die chemische Verschiebung der Amidprotonen durch
eine Änderung der Wasserstoffbrückenbindungen moduliert.
Nimmt man einen Austauschprozeß zwischen zwei unterschiedli-
74 Kapitel 3.3
chen Konformationen an, so erhält man für die Relaxationsratenkon¬
stante [125,126]
wobei T* den dipolaren Anteil an der Relaxation und Tf? den Bei¬
trag durch den Austauschprozeß beschreiben. Nur der Beitrag des
Austauschprozesses ist von der rf-Feldstärke yB1 abhängig:
-L=^2-(A0))2. T"(3.9)
TiP 1 + (YVJ
Hierbei sind p1 und p2 die Populationen der beiden Konformatio¬
nen, x die Zeitkonstante des Austauschprozesses und Aco die Diffe¬
renz der chemischen Verschiebungen. Aufgrund dieser Abhängig¬keit nimmt die Relaxationszeit mit steigender Feldstärke quadratisch
zu.
Die Tlp-Relaxation für die Amidprotonen von Antamanid in Dioxan
wurde bei den rf-Feldstärken yB1/2n zwischen 1.20 kHz und
10.33 kHz gemessen. Für jede Feldstärke wurden 16 lD-Spektren mit
unterschiedlichen Mischzeiten xm zwischen 4 us und 2 s gemessen.
Die Trägerfrequenz wurde für alle Spektren in die Mitte des NH-
Bereiches gelegt, um „off-resonance" Effekte zu minimieren. Nach
Fouriertransformation und Basislinienkorrektur wurden die einzel¬
nen Amidresonanzen integriert und die Relaxationszeiten mit einem
nichtlinearen Zweiparameterfit einer exponentiellen Funktion der
Form
I(xm) = 70.(l-fl-efVTlp) (3.10)
bestimmt. Die numerischen Werte finden sich in Tabelle 7.2 im
Anhang 7.1. Die Abhängigkeit der Tlp-Relaxationszeiten von der rf-
Feldstärke sieht man am besten in einer Auftragung von Tlp gegen
Messung von Struktur- und Dynamikdaten in Dioxan 75
das Quadrat der rf-Feldstärke, da man dann eine lineare Beziehung
der beiden Größen erhält. In Abbildung 3.3 erkennt man keinen
signifikanter Einfluß der Feldstärke auf die Relaxationszeiten. Für
Feldstärken über 4 kHz findet man einen schwachen linearen
Anstieg, aber die beobachteten Effekte sind so klein, daß man andere
Ursachen (z.B. Temperaturänderungen aufgrund der unterschiedli¬
chen rf-Einstrahlung) als deren Ursache nicht ausschließen kann.
Das Verhalten unterhalb von 4 kHz mit einem Anstieg der Tlp-Rela-xationszeit für kleinere Feldstärken konnte nicht erklärt werden. Die
beiden NH-Resonanzen von Phe5 und Val1 Hegen sehr nahe neben
den intensiven Aromatenresonanzen (siehe Abb. 3.1) und weisen
daher eine geringere Genauigkeit auf als die anderen vier Linien. Die
U.£U
O 4NH
D 9NH
O 6NH
0.18-
*
A10NHx 1 NH
X**
* 5NHX %
0.16-
* X
*X
*
* *
TlP [s]
0.14- O
0.12-
o°
=>o
O
A
o
6
O
oO
A"
D
o
A
a
0.10- r- r~
D
1
a
—i 1
D
-i 1 1—
"T''•
0.0 20.0 40.0 60.0 80.0
(TB^tkHz]
100.0 120.0
Abbildung 3.3: Tip-Relaxationszeiten (bei T = 300K) der Amidprotonen in
Antamanid aufgetragen gegen das Quadrat der rf-Feldstärke. Die Genauigkeitder Messungen für 5 NH und 1 NH sind deutlich schlechter, da diese direkt
neben den aromatischen Protonen (siehe Abb. 3.1) liegen.
76 Kapitel 3.3
Messungen bei 2.84 bzw 2.94 kHz zeigten eine große und nicht
erklärbare Streuung der Meßwerte (siehe Tabelle 7.2).
Das Verhalten der verschiedenen Amidprotonen legt den Schluß
nahe, daß bei der gemessenen Temperatur von T = 300 K kein Aus¬
tauschprozeß mit einer beobachtbaren Zeitkonstante xex stattfindet,
d.h daß alle ablaufenden Austauschvorgänge schneller als der Kehr¬
wert der verwendeten Feldstärken sind. Langsamere Prozesse kön¬
nen ebenfalls ausgeschlossen werden, da diese entweder als Aus-
tauschpeaks in den ROESY-Spektren auftreten, oder aber zu sichtba¬
ren Linienverbreiterungen führen müßten.
3.3.3 Kohlenstoff Tj-Relaxationszeiten
Für sämtliche Kohlenstoffatome wurden die Tj-Relaxationszeitennach der „Inversion Recovery" Methode [124] mit Protonenentkopp¬
lung während der Mischzeit und 13C-Detektion bei einer Protonen¬
resonanzfrequenz von 600 MHz gemessen. Nach der Fouriertrans-
formation wurde die Basislinie mit einem Polynom fünften Grades
korrigiert. Mit einem nichtlinearen Dreiparameterfit eines monoex-
ponentiellen Zerfallsgesetzes der Form
7(xm) = J0(l-a-e"VTl) (3.11)
an die Peakmaxima wurde die Zeitkonstante T1 bestimmt. Die
numerischen Werte der Kohlenstoff Tj-Zeiten finden sich in Tabelle
7.3 im Anhang 7.1. Ein Vergleich der Relaxationszeiten in Dioxan
und in Chloroform (Tabelle 7.3, Spalte 4) zeigt, daß das Verhältnis
T^CDCL;) zu T^Dioxan) für die Ca-Kohlenstoffatome in einem
engen Bereich (1.47 bis 1.55) liegt. Aufgrund der viel größeren Visko¬
sität des Dioxans (n = 1.150 cp, T = 300 K), sind alle Relaxationszeiten
deutlich kürzer als in Chloroform (r) = 0.553 cp, T = 320 K). Für ein
starres Molekül sollte dieses Verhältnis für alle Atome den selben
Wert haben. In den Seitenketten findet man sowohl deutlich niede¬
rere als auch deutlich höhere Werte für das Verhältnis der Relaxati-
Messung von Struktur- und Dynamikdaten in Dioxan 77
onszeiten, was ein Hinweis auf zusätzliche interne Beweglichkeitenist. Berechnet man die Korrelationszeit des Antamanids aus den 13C-
Tj-Relaxationszeiten der a-Kohlenstoffatome in Dioxan, so erhält
man den Wert xc = 335 ps im Vergleich zu xc = 195 ps für die Chloro¬
formlösung bei T = 300 K.
3.3.4 3J(NH-Ha)-KopplungskonstantenEine weitere Quelle von Struktur- und Dynamikinformationen sind
3J-Kopplungen, deren Größe über die verallgemeinerten Karplusbe¬
ziehungen [15-17] von dem dihedralen Winkel abhängt. Für Anta¬
manid in Dioxan wurden die homonuklearen 3J(NH-Ha)-Kopplun-gen gemessen, die den dihedralen Winkel 0(HN-N-Ca-Ha) bestim¬
men. Die Bestimmung erfolgte über den Fit eines Paares von
Lorentzlinien an das basislinienkorrigierte 1D-Spektrum bei
600 MHz Protonenresonanzfrequenz. Die Separation der beiden
Linienpositionen ist direkt die gesuchte Kopplungskonstante, wel¬
che in Tabelle 3.4 für alle sechs in Frage kommenden Aminosäuren
A: 3J = 9.4 cos28 - 1.1 cose + 0.4
Abbildung 3.4: Zwei unterschiedliche Parametrisierungen der Karplusbezie¬hung für die 3J(NH-Ha)-Kopplungskonstanten, die sich stark in den angenom¬
Tabelle 3.4: ^(NH-H^-Kopplungskonstanten von Antamanid in Dioxan bei
T = 300 K. Zum Vergleich sind auch die Meßwerte in Chloroform [40] bei
T = 320 K angegeben. Die großen Werte in Dioxan deuten auf eine bevorzugteAusrichtung des dihedralen Winkels in der eis (0=0°) oder trans (0=180°) Kon¬
formation hin.
wiedergegeben ist. Bei der Verwendung von J-Kopplungskonstantenals strukturelle Parameter ergeben sich zwei Probleme. Zum einen
sind die Karplusbeziehungen (Abbildung 3.4) nicht eineindeutig,d.h. es gibt zu fast allen Werten der J-Kopplung mehr als einen dihe¬
dralen Winkel. Zum anderen ist die Parametrisierung der Karplusbe¬
ziehungen nicht sehr genau und es existieren in der Literatur für die
NH-Ha-Kopplung mehrere unterschiedliche Beziehungen [17], die
sich vor allem in den Extremwerten für die J-Kopplungen stark
unterscheiden. Die Uneindeutigkeit der Karplus-Beziehungen zwi¬
schen der J-Kopplungskonstanten und dem dihedralen Winkel kann
zu Problemen bei der Benutzung von J-Kopplungen als „constraints"
für die Berechnung einer Struktur führen.
3.4 Strukturberechnung in Dioxan
3.4.1 Implementierung der MEDUSA-Prozedur
Bei der MEDUSA Prozedur wird die Berechnung der Struktur in
zwei Schritte aufgeteilt. In einem ersten Schritt werden einzelne
Strukturen mit Hilfe der vorhandenen NOE „distance constraints"
(DC) und „anti distance constraints" (ADC) erzeugt, die als einzelne
Struktur nur einen Teil der NOE-DC erfüllen müssen. Ein NOE-DC
(im weiteren wird immer der Begriff NOE-DC gebraucht, auch wenn
Strukturberechnung in Dioxan 79
die Daten aus ROESY-Spektren erhalten wurden) ist der berechnete
Abstand zweier Protonen aus den NOE/ROE-Daten, der als zusätz¬
liches virtuelles Energiepotential in die Energieminimierung eingeht.Dies bedeutet, daß es bei einer Kombination mehrerer Strukturen in
einem dynamischen Gleichgewicht mindestens eine Struktur mit
einen Abstand r(k t)< r(e^} geben muß. Daher wählt man für das
NOE-Energiepotential eine Funktion der Form
(lr. (r -rexP)2
r >rexP
E(rttn)=f((M) r*I),,r*,) *«»
, (3.12)0 r <rexP
*'(*,/) (k,l)
die nur für zu große Abstände eine quadratische Form besitzt und
für zu kleine Abstände Null ist. Ein ADC dagegen zeigt an, daß
keine der Strukturen im dynamischen Gleichgewicht einen Abstand
r (ki)<r (TT)' P1/6 nat' WODeir (H) durch das Signal zu Rauschen der
NOE/ROE-Spektren gegeben ist und p die Population der betrachte¬
ten Struktur ist. Das Vorgehen zur Erzeugung der einzelnen Struktu¬
ren ist im einzelnen wie folgt [39,40] (siehe auch Anhang 7.2 zur
Implementierung des Suchprotokolls im Detail):
(l)Eine zufällige Struktur wird aus einem Satz von möglichen
Anfangsstrukturen ausgewählt.
(2) Eine Permutation der Liste der DC wird erzeugt.
(3) Ein zufälliger Grenzwert für die maximale Energie wird aus dem
Intervall [Emin, E^J ausgewählt.
(4) Der erste DC wird aus der permutierten Liste der DC ausgewähltund als zusätzliches Potential auf das CHARMM-Kraftfeld aufad¬
diert. Die Struktur wird energieminimiert und ergibt so eine neue
Struktur. Falls die Energie dieser neuen Struktur größer ist als der
gewählte Grenzwert aus (3), so wird der entsprechende DC von
der Liste gestrichen und die neue Struktur verworfen. Liegt die
Energie unterhalb des Energiegrenzwertes, so wird die neue
Struktur als Ausgangsstruktur für den nächsten Schritt verwen-
80 Kapitel 3.4
det und der entsprechende DC wird bei allen weiteren Schritten
beibehalten.
(5) Der nächste DC wird aus der permutierten Liste genommen und
die Energieminimierung aus Schritt (4) wiederholt, bis alle DC
aus der Liste abgearbeitet sind. Danach wird die Endstruktur mit
allen akzeptierten DC und allen ADC ein letztes Mal energiemini¬miert und die Koordinaten sowie weitere wichtige Parameter
abgespeichert.
(6) Die Prozedur wird erneut bei (2) oder bei (1) gestartet, bis genü¬
gend Strukturen erzeugt sind.
Die so erzeugten Konformationen erfüllen im allgemeinen aufgrunddes gewählten Protokolls nur einen Teil der experimentellen „con¬
straints", aber man erhält mit diesem Vorgehen eine bessere Abdek-
kung des vollen Konformationsraumes des Moleküls. Daher werden
die so erhaltenen Konformationen in einem zweiten Schritt zu Paa¬
ren kombiniert, die dann sämtliche experimentellen Daten besser
erfüllen sollen als die einzelnen Strukturen. Realisiert wird dieser
zweite Schritt, indem man alle möglichen Paare bildet und die Popu¬lationen so optimiert, daß der Gütefaktor Q minimal wird. Dieser
Gütefaktor beschreibt die Abweichung des dynamischen Mittelwer¬
tes der J-Kopplungen und der Protonenabstände von den experi¬mentellen Daten. Blackledge et al. [40] schlugen die Funktion
ö = AI[lpa4/)-/(^)l2+ßl[(^f/))_6-^(T5)r6]2(3-i3)(M) L a (k,D
mit den Normierungs- und Gewichtungsfaktoren
L(M)
-i-i
(3.14)
und
Strukturberechnung in Dioxan 81
-\ 5>(KD
exp
(M)
-12-1
(3.15)
vor. Diese beiden Faktoren A und B wurden so gewählt, daß die
Mehrzahl aller Werte von Q im Bereich zwischen null und eins liegt.Der effektive wirksame Abstand des Protonenpaares (k, l) ist defi¬
niert als:
,eff(U) 5A(ri:u)>
-1/6
(3.16)
Die Berechnung der Q-Werte beruht auf der Basis der Kreuzpeakvo-lumina (V« 1/r ) und der J-Kopplungen, da die experimentellenFehler auf diesen Skalen homogen sind. Die Gewichtung der J-Kopp¬
lungen gegenüber den NOE-Beiträge erfolgt bei Blackledge [40] über
die Summe der experimentellen Beiträge. In einem letzten Schritt
wurden Paare eliminiert, die für einzelne Parameter zu große Abwei¬
chungen von den experimentellen Werten aufweisen, aber dennoch
einen niedrigen Q-Wert besitzen.
In der Untersuchung von Antamanid in Dioxan soll eine modifizier¬
ter Gütefaktor Qm verwendet werden, der durch eine normierte Feh¬
lerfunktion beschrieben wird. Diese berücksichtigt die experimentel¬len Fehler der beiden Größen und hat die Form:
Q" X(U)
5>«/ft _rexP
D Uk,l)
A7exP*> (KD (M)
.eil -rexP(U) '(Kl)
Ar(M)(3.17)
Die beiden Größen AJ,.exp und Ar£xp sind die experimentellen Fehler,
die mittels Fehlerfortpflanzung aus den Meßwerten berechnet wer¬
den. Die Fehler der J-Kopplungen wurden auf A/exp = 0.5 Hz
geschätzt, und die Fehler in den Abständen berechnen sich zu:
Tabelle 3.7: Abstände und J-Kopplungskonstanten der jeweils besten Struktur¬
paare der vier verschiedenen Strukturklassen im Vergleich zu den experimentel¬len Werten. Die Abweichungen der einzelnen Parameter Ar und AJ ist gegenüberden einzelnen Strukturen (Tabelle 3.5) stark reduziert.
90 Kapitel 3.5
ses Paar gebildet wird, beträgt fast einen Faktor zwei und auch die
maximalen Abweichungen in den einzelnen Parametern reduzieren
sich auf 0.8 Ä in den Distanzen und 0.7 Hz in den J-Kopplungen.Nur zwei der insgesamt 27 „constraints" liegen knapp außerhalb der
experimentellen Fehlergrenzen. Das zweitbeste Strukturpaar, mit
einem minimal größeren Qm-Wert, ist ein syn-Paar, da die Vorzei¬
chen der Winkel sich hier korreliert von (-102°,-87°) nach (26°,66°)
ändern. Hierbei sind die Populationen mit 62% der (-,-) Konforma¬
tion etwas weniger ausgeglichen als bei dem anti-Paar. Auch bei die¬
sem Paar findet man eine gute Übereinstimmung der Abstände
(maximale Abweichung 0.4 Ä) und der J-Kopplungen (maximale
Abweichung 0.9 Hz) mit den experimentellen Werten. Diese beiden
Strukturpaare sind in Abbildung 3.9 als Stereobilder wiedergegeben.Neben diesen beiden Typen findet man in dem Ensemble von 75 Paa¬
ren auch noch die Strukturpaare (51018/53086) und (55036/57022)
bei denen nur einer der beiden Winkel sein Vorzeichen nach dem
Schema (-,+) «-» (+,+) bzw. (-,+) <-» (-,-) ändert. Diese beiden Paare
weisen einen deutlich schlechteren Qm-Wert von 5.8 bzw. 6.4 auf, als
das syn- und das anti-Paar und sie weisen größere Differenzen zu
den experimentellen Daten auf.
3.5 Diskussion der Ergebnisse
Die von Blackledge et al. [40] vorgeschlagene MEDUSA-Prozedur
wurde in der Bewertung der Strukturpaare (Qm-Wert) so modifiziert,
daß eine Gewichtung der Abstände und J-Kopplungskonstanten mit
ihrem berechneten experimentellen Fehler erfolgt. Dadurch wird die
Abschätzung der Signifikanz einer Änderung des Qm-Wertes mög¬
lich und erlaubt es, ein Ensemble von relevanten Strukturpaaren aus¬
zuwählen. Auf die Benutzung eines Kriteriums der maximalen
Abweichungen für einzelne Abstände und J-Kopplungen wurde ver¬
zichtet, da die Fehler auf der Skala der Abstände nicht linear sind.
Trotzdem sind die maximalen Abweichungen der besten erzeugten
Strukturpaare fast alle in den Grenzen der experimentellen Fehlerin-
Diskussion der Ergebnisse 91
Abbildung 3.9: Stereobilder der beiden besten Strukturpaare. Das Paar (51018/
55014) ist ein anti-Paar, d.h. die beiden dihedralen Winkel <|>5 und tyw ändern
sich antikorreliert. Das Paar (50101/53086) ist ein syn-Paar, bei dem sich die bei¬
den dihedralen Winkel korreliert ändern.
92 Kapitel 3.5
tervalle. Dies zeigt, daß man bei Verwendung einer sinnvoll gewich¬teten Fehlerfunktion auf dieses Kriterium verzichten kann.
Ein Vergleich der Ergebnisse aus Kapitel 3.4.3 mit den Ergebnissender Studie an Antamanid in Chloroform [40] zeigt, daß das Verhalten
von Antamanid in beiden Lösungsmitteln ähnlich ist. In Dioxan muß
die Interkonversion zwischen den beteiligten Konformationen
schneller sein als in Chloroform, da keine Feldstärkeabhängigkeitder Tlp-Messungen der NH-Protonen gefunden wurde. Eine
Abschätzung der Austauschkonstanten ergibt xex « 10 |xs (T=300K).
Sowohl in Dioxan als auch in Chloroform sind die beiden besten
Strukturpaare ein syn-Paar, bei dem die beiden Winkel ty5 und <t>10ihr Vorzeichen gleichzeitig und in der gleichen Richtung ändern,
und ein anti-Paar, bei dem der Vorzeichenwechsel antikorreliert ist.
Darüber hinaus wurden in Dioxan weitere Typen von Strukturpaa¬ren gefunden, bei denen sich nur einer der beiden Winkel ändert.
Diese weisen zwar einen größeren Qm-Wert als das syn- und das
anti-Paar auf, liegen aber immer noch innerhalb eines Bereiches von
zwei Standardabweichungen um den niedrigsten Wert. Eine zusätz¬
liche Klassifizierung der Strukturen nach den Wasserstoffbrücken¬
bindungen ist im Falle des Dioxans nicht möglich, da über die Tlp-Zeiten der Amidprotonen keine weitere Informationen über die Art
dieser Bewegung erhalten wurde.
Die zusätzlichen Strukturpaare in Dioxan, bei denen sich nur einer
der beiden Winkel ändert, sind ein Hinweis, daß die Bewegungenbei \|r4, <|)5 und y9, <t>10 unabhängig voneinander ablaufen können.
Die Abweichung der berechneten Parameter für die besten Struktur¬
paare von den experimentellen Werten liegen fast alle innerhalb der
Fehlerbereiche der experimentellen Daten. Daher ist eine Erweite¬
rung des dynamischen Gleichgewichts auf vier Strukturen in diesem
Fall nur sinnvoll, wenn sich hierdurch die Anzahl der freien Parame¬
ter nicht vergrößert.
Bewegung von Phenylalaninseitenketten 93
4 Bewegung von Phenylalaninseitenketten
4.1 Einleitung
An einem einfachen Beispiel sollen die Grenzen einer Charakterisie¬
rung der Seitenkettenbewegung in Peptiden und Proteinen durch
NMR-Relaxationsmethoden getestet werden. Als Testsystem wurden
die vier Phenylalaninseitenketten in Antamanid benutzt, deren
Bewegung durch verschiedene Bewegungsmodelle mit zwei inter¬
nen Freiheitsgraden beschrieben wird. Die beiden Freiheitsgrade
(siehe Abbildung 4.1) sind die Rotation um den Winkel %v d.h. um
die Ca-Cß-Bindung, und die Rotation um den Winkel %2, d.h. die
Rotation des Phenylringes um die Cß-Cy-Bindung. Die physikali¬schen Modelle zur Beschreibung der Bewegung der Seitenkette um
die beiden Rotationsachsen sollen mit Hilfe experimenteller Relaxa¬
tionsdaten analysiert werden, die für alle Kohlenstoffatome der
Phenylalaninseitenketten außer dem quartären Cy gemessen wur¬
den. Hierzu wurden die analytischen Lösungen für die Relaxations-
Abbildung 4.1: Definition der zwei Bewegungsfreiheitsgrade für die Rotation
der Phenylalaninseitenkette. x, markiert die Rotation um die erste, x2 die Rota¬
tion um die zweite Bindung der Seitenkette, ß ist der Winkel zwischen den bei¬
den Rotationsachsen und wurde bei allen Berechnungen als 109.5° (idealer Tetra¬
ederwinkel) angenommen.
94 Kapitel 4.2
ratenkonstanten numerisch an die gemessenen Daten angepaßt und
so die unterschiedlichen Parameter zur Beschreibung der Bewegun¬
gen für jedes Modell optimiert. Die wichtigste Fragestellung bei die¬
ser Untersuchung ist, ob sich die unterschiedlichen theoretischen
Modelle signifikant unterscheiden lassen, d.h. ob die gemessenen,
fehlerbehafteten Daten eine Aussage über die Art der Seitenketten¬
bewegung erlauben. Um eine sinnvolle Auswertung der Daten zu
ermöglichen, dürfen die verwendeten Modelle nicht zu komplex
sein, da sonst die Anzahl der freien Parameter schnell ansteigt. Es
muß außerdem beachtet werden, daß die Relaxationsratenkonstan¬
ten nur in einem relativ engen Bereich
10 -xc > x > t/10 (4.1)
empfindlich auf die interne Bewegung sind, wobei x. die Korrelati¬
onszeit der internen Bewegung und xc die Korrelationszeit des „rota¬
tional tumbling" ist.
4.2 Einfluß der internen Bewegung auf die Relaxation
Die allgemeinen Formeln für die Berechnung der Relaxationsraten¬
konstanten aus Kapitel 2 sollen in diesem Abschnitt für den speziel¬len Fall der Phenylalaninseitenketten vereinfacht werden. Wir neh¬
men im weiteren an, daß die Kohlenstoffatome nur durch die dipo-lare Wechselwirkung mit den direkt gebundenen Protonen und
durch die chemische Verschiebungsanisotropie relaxiert werden, d.h.
daß der Einfluß anderer Protonen auf die Relaxation der Kohlen¬
stoffatome vernachlässigt werden kann. Berechnet man den Einfluß
der nächsten nicht direkt gebundenen Protonen auf die dipolare
Relaxation der Kohlenstoffatome, so findet man pro Proton einen
Beitrag zur Relaxationsratenkonstanten von ca. 1.5% des Beitrages
eines direkt gebundenen Protons. Diese Vernachlässigung führt
daher zu einem Fehler von ca. 1-5% in den berechneten Relaxations¬
zeiten, abhängig von der Anzahl der direkt gebundenen Protonen
und der Anzahl nächster Nachbarn. Die chemische Verschiebungs-
Einfluß der internen Bewegung auf die Relaxation 95
anisotropie der Protonen und auch der aliphatischen Kohlenstoff¬
atome wird vernachlässigt. Eine Abschätzung der Größe dieses
Effektes wird am Ende dieses Kapitels gegeben.
Unter der Annahme eines isotropen „rotational tumbling" kann man
sämtliche autokorrelierten spektralen Leistungsdichtefunktionen in
der Form einer verallgemeinerten spektralen Leistungsdichtefunk¬tion
oo
/ffi^>W<«) = 4* / *<rl>) rJS'W)*-*" (4.2)
—oo
schreiben, da die beiden Wechselwirkungen dipolare Kopplung und
chemische Verschiebungsanisotropie mit Hilfe von Tensoren vom
Rang zwei beschrieben werden können. Nimmt man zusätzlich an,
daß die beiden Wechselwirkungen eine starre relative Orientierungzueinander besitzen, so kann man auch die kreuzkorrelierten spek¬tralen Leistungsdichtefunktionen durch die verallgemeinerte spek¬trale Leistungsdichtefunktion (4.2) ausdrücken [84]. In diesem Fall
berücksichtigt man die Koordinatentransformation zwischen den
Hauptachsensystemen der beiden Tensoren nicht in der Korrelati¬
onsfunktion, sondern durch einen konstanten Faktor in den kreuz¬
korrelierten Kreuzrelaxationsratenkonstanten des Relaxationssuper¬
operators.
Für den numerischen Fit der Modelle zur Analyse der Seitenketten¬
bewegungen wurden folgende Relaxationsratenkonstanten verwen¬
det:
- Die longitudinale Autorelaxationsratenkonstante der Kohlenstoff¬
atome (Ti-Zeit).
- Die Kreuzrelaxationsratenkonstanten zwischen Protonen und Koh¬
lenstoffatomen (heteronuklearer statischer NOE).
96 Kapitel 4.2
- Die Kreuzrelaxationsratenkonstante zwischen S2-Polarisation und
dem Zweispinterm 2SZIZ, die durch die Kreuzkorrelation von
dipolarer Kopplung und der chemischen Verschiebungsanisotro-
pie der Kohlenstoffatome erzeugt wird.
Die analytischen Ausdrücke für diese Relaxationsratenkonstanten in
den betrachteten Zwei- und Dreispinsystemen findet man in der
Literatur [73,84] und sind in der hier verwendeten Notation zur bes¬
misch korrigierter Abstand: rCH = 1.097 Ä) verwendet. Diese Me߬
werte aus der Neutronenbeugung kann man aufgrund der unter¬
schiedlichen Schwingungsmittelung der Bindungslängen in der
Einfluß der internen Bewegung auf die Relaxation 99
Neutronenbeugung (hier erfolgt eine lineare Mittelung (rik)) und in
der NMR-Spektroskopie (durch die dipolare Kopplung werden die—%
Bindungen nach (rik) gemittelt) nicht direkt verwenden. Man muß
die Werte aus der Neutronenbeugung für die Verwendung in der
Auswertung von NMR-Daten korrigieren. Szabo und Henry [133]
zeigten, daß der Einfluß der Schwingungsmittelung auf die dipolare
Kopplungskonstante praktisch unabhängig von der Umgebung und
von der Art der Bindung ist. Daher kann man die Bindungslängen,
die mit der Neutronenstreuung ermittelt wurden, in einer guten
Näherung mit einem konstanten Faktor skalieren, um den NMR-
aktiven Abstand zu erhalten. Dieser Faktor wurde von Henry und
Szabo bestimmt [133] und hat den Wert 1.010. Die für die thermische
Bewegung korrigierten Daten der Neutronenbeugung wurden mit
diesem Faktor skaliert und für sämtliche Berechnungen verwendet.
Die Bindungslängen für Ca-Ha beträgt damit 1.108 Ä, für Cß-Hß1.109 Ä und für die aromatischen C-H-Bindungen 1.101 Ä.
Ein zweiter ebenfalls wichtiger Parameter für die Berechnung der
Relaxationsratenkonstanten ist die Anisotropie der chemischen Ver¬
schiebungstensoren. Die Anisotropie der chemischen Verschiebung
aller Protonen wurde als Null angenommen, obwohl Kreuzrelaxa¬
tion aufgrund der chemischen Verschiebungsanisotropie von Proto¬
nen in der Literatur bereits beschrieben wurden [87,134]. Die Grö¬
ßenordnung der Anisotropie des CSA-Tensors für Protonen wurde
von Kutzelnigg et al. auf ca. 10 ppm abgeschätzt [135]. Auch für die
aliphatischen Kohlenstoffatome wurde der Einfluß der CSA-Aniso-
tropie vernachlässigt, da auch hier die Anisotropie des Tensors in der
Größenordnung von nur ca. 20 ppm liegt. Der Fehler der durch diese
Vernachlässigungen erzeugt wird beträgt für das betrachtete Mole¬
kül und eine Protonenresonanzfrequenz von 600 MHz ca. 1% und
liegt damit deutlich unter der Meßgenauigkeit der Geschwindig¬
keitskonstanten. Für die aromatischen Kohlenstoffatome wurde der
volle Tensor verwendet, der aus Festkörpermessungen an Benzol
[136] bekannt ist. Die erste Hauptachse des Tensors (azz = 118 ppm)
100 Kapitel 4.3
liegt parallel zu der C-H-Bindung, die zweite Hauptachse (o -
-97 ppm) steht senkrecht auf der Ebene des aromatischen Ringes und
die dritte (oyy = -21 ppm) liegt senkrecht zu den ersten beiden
Hauptachsen tangential zum Phenylring.
4.3 Bewegungsmodelle für die Phenylalaninseitenkette
Um die Korrelationsfunktionen und damit die spektralen Leistungs¬dichtefunktionen zu berechnen, werden folgende Annahmen für die
untersuchten Modelle gemacht:
- Das Molekül hat ein starres Peptidgerüst und führt eine isotrope
Rotationsbewegung (isotropes „rotational tumbling") im Lösungs¬mittel aus.
- Es gibt keine weiteren internen Bewegungen des Peptidgerüstes.
- Die internen Rotationsbewegungen und das „rotational tumbling"sind nicht korreliert.
- Die beiden internen Bewegungen sind unkorreliert.
Die Kohlenstoffatome der Phenylalaninseitenkette kann man bezüg¬lich ihrer Empfindlichkeit auf die drei betrachteten Bewegungen
(Abbildung 4.1) in drei Klassen einteilen:
- Ca wird nur vom „rotational tumbling" des gesamten Moleküls
und nicht von den Rotationen um die beiden Achsen der Seiten¬
kette beeinflußt.
- Cß und C^ werden durch die Rotation um %1 und durch das „rota¬
tional tumbling" beeinflußt.
- Cg und CE werden durch beide interne Bewegungen, d.h. durch die
Rotation um %j und um %2, und durch das „rotational tumbling"beeinflußt.
In den folgenden drei Unterkapiteln werden acht Bewegungsmo¬delle für die Rotation um die beiden Achsen und der Einfluß der
Bewegungsmodelle für die Phenylalaninseitenkette 101
Modelle auf die drei Klassen von Kohlenstoffatomen kurz beschrie¬
ben. Die dazugehörigen analytischen Formeln für die spektralen
Leistungsdichtefunktionen J(u)) aus Gleichung (4.3) sind in Anhang
7.3 gesammelt für alle Modelle wiedergegeben.
4.3.1 Bewegungsmodell für das Ca-Atom
Unter der Annahme eines starren Peptidgerüstes wird der C-H dipo¬
lare Vektor der a-Kohlenstoffatome nur durch das isotrope „rotatio¬
nal tumbling" des gesamten Moleküls beeinflußt. Daher ist hier die
spektrale Leistungsdichtefunktion für alle Bewegungsmodelle (A-H)
durch Gleichung (7.3) beschrieben.
4.3.2 Bewegungsmodelle für Cß und C^Die Relaxation der beiden Kohlenstoffatome Cß und C^ wird durch
die Bewegung um %y und durch das „rotational tumbling" beein¬
flußt, nicht jedoch durch die Bewegung um %r Die dipolaren Vekto¬
ren der drei C-H Bindungen nehmen den gleichen Winkel mit der
Rotationsachse der Bewegung um %1 von 70.5" ein. Daher ist der Ein¬
fluß der Bewegung um %x auf die beiden Kohlenstoffatome gleich,
und die Formeln zur Berechnung der Relaxationsratenkonstanten
unterscheiden sich nur in der Anzahl der direkt gebundenen Proto¬
nen, in der Bindungslänge der CH-Bindung und in der Größe der
Anisotropie des CSA-Tensors. Wie bereits in Kapitel 2.6 diskutiert
wurde, kann man die Modelle in zwei Klassen einteilen, die sich im
Ansatz zur Beschreibung der Rotationsbewegung unterscheiden.
Auf der einen Seite kann man die Bewegung um xa durch Diffusi¬
onsmodelle beschreiben, wobei der erlaubte Winkelbereich entweder
in der Amplitude beschränkt oder unbeschränkt sein kann. Auf der
anderen Seite kann man die Bewegung durch Sprungmodelle mit
einer unterschiedlichen Anzahl diskreter Positionen und mit unter¬
schiedlichen Populationen beschreiben. Die Zahl und die Position
der Minima sollte die Symmetrie des betrachteten Fragmentes
berücksichtigen. Im Falle der Rotation um den Xj-Winkels wird die
102 Kapitel 4.3
Bewegung im einfachsten Modell durch Sprünge zwischen drei
unterschiedlich besetzten Positionen beschrieben, die um jeweils120° auseinander liegen. Aufgrund der hohen Komplexität des allge¬meinen Dreisprungmodells mit zwei Populationen und drei Über¬
gangsraten, wurde nur ein vereinfachtes symmetrisches Dreisprung¬modell verwendet, bei dem zwei der drei Populationen gleich sind.
Wie sich im Verlauf der Untersuchung herausstellte, war selbst die¬
ses Modell immer noch zu komplex und mußte weiter vereinfacht
werden.
Im weiteren sollen für die Bewegung um %1 die folgenden vier
Modelle berücksichtigt werden, für die die analytischen Ausdrücke
der spektralen Leistungsdichtefunktionen im Anhang wiedergege¬ben sind:
- Freie Diffusion um %1 (Gleichung (7.4), Modell A und B).
- Dreisprungmodell mit gleichen Populationen (Gleichung (7.5),
Modell C und D).
- Symmetrisches Dreisprungmodell (siehe Kapitel 2.6.3) mit unter¬
schiedlichen Populationen (Gleichung (7.6), Modell E und F).
- Auf den Winkelbereich [-<p0, +<p0] beschränkte Diffusion um %j
(Gleichung {7.7), Modell G und H).
4.3.3 Bewegungsmodelle für C5 und Ce
Die Relaxationsratenkonstanten der beiden Kohlenstoffatome C8
und Ce werden durch beide internen Rotationen und durch das
„rotational tumbling" des Moleküls beeinflußt. Aufgrund der Sym¬metrie des Phenylringes (Planarität) müssen die Modelle zur
Beschreibung der Bewegung um %2 symmetrisch bezüglich einer
Drehung um 180° sein. Die wahrscheinlichsten Modelle, die diese
Bedingung erfüllen, sind ein Zweisprungmodell mit gleichen Popu¬lationen und die freie Diffusion um %r Kompliziertere Sprungmo¬delle mit mehr als zwei Positionen sind möglich, aber unwahrschein-
Bewegungsmodelle für die Phenylalaninseitenkette 103
licher, da sie weitere Minima im Rotationspotential des Phenylringesvoraussetzen. Ein anderes geeignetes Modell für die Bewegung um
X2, das ebenfalls im weiteren nicht berücksichtigt werden soll, ist die
Kombination des Zweisprungmodells mit gleichen Populationenund einer beschränkten Diffusion um die beiden Gleichgewichtsla¬
gen des Sprungmodells. Aufgrund der zu langen Rechenzeiten war
eine numerische Auswertung dieses Modells nicht möglich.
Die acht Modelle entstehen durch die Kombination der vier Modelle
für die Bewegung um xx mit den zwei Modellen für die Bewegungum Xr Auch hier sind die analytischen Ausdrücke für die acht
Modelle gesammelt in Kapitel 7.3 wiedergegeben:
- Freie Diffusion um xx und um x2 (Gleichung (7.9), Modell A).
- Freie Diffusion um Xj und Zweisprungmodell mit gleichen Popu¬lationen um x2 (Gleichung (7.10), Modell B).
- Dreisprungmodell mit gleichen Populationen um x1 und freie Dif¬
fusion um x2 (Gleichung (7.11), Modell C).
- Dreisprungmodell mit gleichen Populationen um X\ und Zwei¬
sprungmodell mit gleichen Populationen um %2 (Gleichung (7.12),
Modell D).
- Symmetrisches Dreisprungmodell mit unterschiedlichen Popula¬tionen um X\ un£* freie Diffusion um x2 (Gleichung (7.13), Modell
E).
- Symmetrisches Dreisprungmodell mit unterschiedlichen Popula¬tionen um X\ ""d Zweisprungmodell mit gleichen Populationenum x2 (Gleichung (7.14), Modell F).
- Beschränkte Diffusion um Xj und freie Diffusion um x2 (Gleichung(7.15), Modell G).
- Beschränkte Diffusion um Xj und Zweisprungmodell mit gleichen
Populationen um x2 (Gleichung (7.17), Modell H).
104 Kapitel 4.4
4.4 Messung der Relaxationsdaten
Alle Messungen für diese Untersuchung wurden auf AC-200F, MSL-
400 und AMX-600 Spektrometern der Fa. Bruker durchgeführt. Die
entsprechenden Protonenresonanzfrequenzen sind 200.13, 400.13
und 600.13 MHz. Für die Messungen wurden zwei unterschiedliche
Proben von Antamanid in 99.9% deuteriertem Chloroform verwen¬
det, eine 34.9 mM Lösung in einem 5 mm Probenröhrchen bei 600.13
MHz und eine 15.5 mM Lösung in einem 10 mm Probenröhrchen bei
200.13 und 400.13 MHz. Die Temperatur betrug bei allen Messungen320 K. Die Zuordnung der chemischen Verschiebungen aller Kohlen¬
stoffatome in Antamanid basierte auf den veröffentlichten Daten von
Müller bei 300 K [36-38] und auf HMQC- [114,115] und HMBC-Spek¬tren [116]. Die chemischen Verschiebungen sind auf deuteriertes
Chloroform (8 = 77.0 ppm) bezogen und finden sich in Tabelle 7.4
(siehe Anhang 7.4).
4.4.1 Kohlenstoff TrZeiten
Alle ^C-Tj-Zeiten wurden als lD-Spektren unter Protonenentkopp¬
lung und 13C-Detektion mit Hilfe der „Inversion Recovery" Methode
[124] bestimmt. 17 Spektren mit unterschiedlichen Mischzeiten xmzwischen 4us und 4 s wurden bei den drei Protonenresonanz¬
frequenzen von 200.13, 400.13 und 600.13 MHz gemessen. Nach der
Fouriertransformation wurde eine Basislinienkorrektur mit einem
Polynom fünfter Ordnung durchgeführt und die Zeitkonstante des
Zerfalls der einzelnen Linien mit Hilfe einer exponentiellen Funktion
der Form
I(xm) = I0{l-a.e'Xm/Tl) (4.4)
an die experimentellen Daten angepaßt. Die Optimierung wurde mit
Hilfe des Nelder-Mead [137] Simplex-Algorithmus, implementiertim Programmpacket MATLAB [138], durchgeführt. Unter der
Annahme unabhängiger und gleichgewichteter Meßwerte wurde die
Messung der Relaxationsdaten 105
Kovarianzmatrix der Fitparameter berechnet [139]. Die aus dem Fit
resultierenden Tj-Zeiten bei den unterschiedlichen Protonenreso¬
nanzfrequenzen und die berechneten Fehler sind in Tabelle 7.4 (siehe
Anhang 7.4) zusammengestellt. Betrachtet man die Tj-Relaxations-
zeiten der Ca-Kohlenstoffatome, so sieht man daß diese deutliche
Variationen aufweisen. Dies ist ein Hinweis, daß die Annahme eines
vollständig starren Peptidgerüstes nicht zutrifft, sondern sehr wohl
zusätzliche interne Bewegungen auch die Ca-Atome beeinflussen.
Diese zusätzlichen Bewegungen werden im Abschnitt 4.6 kurz dis¬
kutiert.
4.4.2 Kern-Overhauser-Effekt (NOE)
Der Kern-Overhauser-Effekt (NOE) wurde nach einer Methode von
Kay et al. [140] gemessen. Dabei wird die Vorsättigung durch eine
Serie von 120° Pulsen mit einem Pulsabstand von 20 ms erreicht. Um
eine statistische Abschätzung der Fehler zu erhalten, wurden drei
Spektren mit und drei ohne Vorsättigung unter identischen Bedin¬
gungen bei den Protonenresonanzfrequenzen von 400.13 und 600.13
MHz aufgenommen. Nach der Fouriertransformation und Basis¬
linienkorrektur wurden alle Peaks integriert und der Mittelwert und
die Standardabweichungen für die beiden Sets mit und ohne Vorsät¬
tigung berechnet. Die NOE-Faktoren sind das Verhältnis der Intensi¬
täten mit und ohne Vörsättigung und finden sich zusammen mit den
berechneten Fehlern in Tabelle 7.5 (siehe Anhang 7.4). Die heteronu¬
kleare Kreuzrelaxationsratenkonstante rq , kann man aus den stati-
sehen heteronuklearen NOE-Werten und den Tj-Zeiten der Kohlen¬
stoffatome berechnen [141]:
rs i
=?•—^-'(NOE-1) (4.5)** 7; Ti(13C)
106 Kapitel 4.4
Diese Formel folgt aus den gekoppelten Differentialgleichungen für
die Beschreibung der Relaxation im Zweispinsystem, wenn man die
Stationaritätsbedingung
jj (Sz)(t) = 0 (4.6)
und zusätzlich (lz)(t = °o) = 0 annimmt. Eine exakte Herleitungdieser Formel, die auch die Umwandlung der longitudinalen Terme
in transversale Terme berücksichtigt, findet man in einem Artikel
Die Kreuzrelaxationsratenkonstante F7c , , wird durch die Kreuz-
korrelation der dipolaren Kopplung und der chemischen Verschie¬
bungsanisotropie des Kohlenstoffatoms erzeugt. Daher kann sie
auch nur für Kohlenstoffatome gemessen werden, die eine große
Anisotropie des chemischen Verschiebungstensors aufweisen. Im
Falle der Phenylalaninreste sind dies nur die aromatischen 13C-
Kerne. Experimentell wurde auch bei einer Protonenresonanzfre¬
quenz von 600.13 MHz keine Kreuzrelaxation von 2SZIZ nach S2 für
die aliphatischen Kohlenstoffatome gefunden. Dies stützt die in
Kapitel 4.2 gemachte Annahme, daß die Anisotropie der chemischen
Verschiebung für die aliphatischen Kohlenstoffatome vernachlässigtwerden kann.
Um einen möglichst genauen Wert für die Kreuzrelaxationsraten¬
konstante zu erhalten, wurde das volle System von gekoppelten Dif¬
ferentialgleichungen in einem AX-Spinsystem [84] berücksichtigt,wie es in Kapitel 2.7 kurz diskutiert wurde. Das Differentialglei¬
chungssystem besteht im Falle des AX-Spinsystems aus drei gekop¬
pelten Basisoperatoren:
Messung der Relaxationsdaten 107
d_dt
<w V T<A °"
<wn
<s2X0 = - r r rVz Sz'Sz 2Sz'z>Sz <s2X0
<2S2i2X0 o r r
2^,5/25^25^<2SZ/Z)(0
(4.7)
Hierbei wurde bereits die chemische Verschiebungsanisotropie der
Protonen vernachlässigt, was zu einer Null in den Matrixelementen
F2SzVZUndr/z'2VzfÜhrt"Damit bleiben fünf Elemente der Relaxationsmatrix, die alle in die
Zeitevolution der drei Operatoren eingehen. Die Werte für Ts s=
1/T1(13C) sind bereits aus den Kohlenstoff-Tj-Messungen aus Kapi¬tel 4.4.1 und die Werte für Ts 7
aus den NOE-Messungen aus Kapi¬tel 4.4.2 bekannt und können direkt als feste Parameter in Gleichung(4.7) eingesetzt werden. Die T1-Relaxationszeit der Protonen wurde
mit Hilfe einer „Inversion recovery" Pulssequenz unter Entkopplungder Kohlenstoffatome während der Mischzeit und anschließendem
Transfer der Polarisation mit einer INEPT-Sequenz [143,144] auf die
direkt gebundenen Kohlenstoffatome (Abbildung 4.2) gemessen.
Durch diesen zusätzlichen Transfer kann man die bessere spektrale
(f)xMy(f)x (f)» W« (f)y Wx
I |aiäJAJAc
(«)x (f)x («)x
Abbildung 4.2: Pulssequenz zur Messung der Protonen Tj-Relaxationszeit mit
anschließendem Transfer der Polarisation mit Hilfe einer INEPT-Sequenz auf die
direkt gebundenen Kohlenstoffatome. Die Inversion der Protonen erfolgte mit
einem „composite" 180° Puls.
108 Kapitel 4.4
Auflösung der aromatischen Kohlenstoffatome ausnützen. Die
Inversion der Protonenmagnetisierung am Anfang der Pulssequenzwurde mit einem „composite" 180° Puls [145-147] durchgeführt. Die
Auswertung des Relaxationszerfalls erfolgte gleich wie die Auswer¬
tung der ^C-Tj-Zeiten mit einem Dreiparameterfit einer monoexpo-
nentiellen Funktion. Die berechneten Werte für T7 ; zusammen mit
den Fehlern finden sich in Tabelle 7.6 (siehe Anhang 7.4).
Damit sind außer zwei Elementen der Relaxationsmatrix alle Para¬
meter der Differentialgleichung (4.7) bekannt, und es müssen nur
noch die beiden Ratenkonstanten T2S j 2S fund r2S; s
bestimmt
werden. Hierzu wurde die Zeitevolution der beiden Terme 2SJZund Sz ausgehend von den Anfangsbedingungen <2SZIZ)(0) = 1
und (S2)(0) = (Zz)(0) = 0 experimentell gemessen. Um die Kreuzre¬
laxation des Zweispinterms 2SZI2 zu S2-Polarisation zu messen,
wurde mit Hilfe der Pulssequenz in Abbildung 4.3 ein Anfangsdich¬
teoperator erzeugt, der proportional zum Term 2S2I2 ist und danach
die Zeitentwicklung der kreuzrelaxierten Sz-Polarisation unter Ent¬
kopplung der Protonen beobachtet. Die Selektion des Zweispintermszu Beginn der Mischzeit erfolgt durch einen Phasenzyklus, der in
(f)x («), (f)y(K)x
h H(i)x (f)x
*m 1 | IIImAA AAAAaaaa/1UyVvv»''vv
Abbildung 4.3: Pulssequenz für die Messung der Kreuzrelaxation von 2SZ72nach Sz. Mit Hilfe eines nicht refokussierten INEPT wird ein Anfangsdichteope¬rator proportional zu 2S2I2 erzeugt und die Zeitevolution der transferierten
Polarisation auf dem S-Spin gemessen. Das Delay A1 wurde auf 1/ (4/CH) ein¬
gestellt. Der Pulswinkel k ist ein 0° bzw. 180° Puls in alternierenden Experimen¬ten und dient der Selektion des gewünschten Terms im Dichteoperator.
Messung der Relaxationsdaten 109
alternierenden Experimenten einen k = 0° bzw. einen k = 180°
Puls erzeugt. Aufgrund des schlechten Signal zu Rauschverhältnis¬
ses der Kreuzrelaxationsspektren wurden die einzelnen Linien über
einen Fit mit einer Lorentzkurve integriert.
Die Zeitevolution des Zweispinterms wurde mit der in Abbildung4.4 gezeigten Pulssequenz gemessen. Auch hier wurde wieder ein
Anfangsdichteoperator proportional zu 2S2J2 erzeugt. Nach der
Mischzeit xm wird der noch vorhandene Anteil des Zweispintermsdurch einen Phasenzyklus selektiert, indem die Länge des Pulses k
wieder alternierend 0° und 180° beträgt. Nach Refokussierung zu SzPolarisation wird unter Protonenentkopplung auf dem S-Spin detek-
tiert.
Die numerische Lösung der Differentialgleichung (4.7) wurde mit
den Randbedingungen <2SZI2>(0) = 1 und <S2)(0) = <I2>(0) = 0
berechnet und an die beiden Zeitevolutionen (2S2I2)(f) und (Sz)(t)angepaßt. Die beiden noch unbekannten Ratenkonstanten der Diffe¬
rentialgleichung (4.7) (r2S jt2s iunc* r2S j ys ) wurden in einem
nichtiinearen Zweiparameterfit simultan optimiert. Die numerischen
(|)x Wx (f)yMx Mx Wx
Abbildung 4.4: Pulssequenz zur Messung des Zerfalls von 2SZIZ. Durch einen
einfachen INEPT-Transfer wird ein Anfangsdichteoperator proportional zu
2S2J2 erzeugt und dessen Zerfall nach einer Refokussierung zu S2 Polarisation
auf dem S-Spin detektiert. Der Pulswinkel k ist ein 0" bzw. 180° Puls in alternie¬
renden Experimenten und dient der Selektion des gewünschten Terms.
110 Kapitel 4.4
Werte und die berechneten Fehler sind in Tabelle 7.7 (siehe Anhang7.4) wiedergegeben. Die so bestimmten Werte für T2S j t2s i entspre¬
chen nicht den theoretischen Werten für ein isoliertes Zweispinsy¬stem, da dieses für Protonen fast nie eine gute Näherung darstellt.
Die Protonen und auch der Zweispinterm werden zu einem nicht
unerheblichen Anteil durch andere Protonen in der Umgebung rela¬
xiert und weisen daher eine viel kürzere Relaxationszeit auf, als man
dies aus der theoretischen Berechnung für ein isoliertes Zweispinsy¬stem erwarten würde.
Bei den experimentellen Messungen der Zeitevolution des Zweispin¬terms sieht man die Auswirkungen der starken Kopplung unter den
aromatischen Protonen in den Oszillationen, die dem eigentlichen
exponentiellen Zerfall überlagert sind. Diese Oszillationen entstehen
durch die Evolution des Zweispinterms 2S2J2 zu Protonen Null-
Abbildung 4.5: Zerfall des 2SJZ-Terms für das Phe9-8 System bei 400.13 MHz
Protonenresonanzfrequenz. Neben den experimentellen Punkten ist auch der
beste Fit eines monoexponentiellen Zerfalls gezeigt. Besonders für kurze Misch¬
zeiten sieht man zusätzliche Oszillationen.
Simulation der Energiepotentiale 111
quantentermen unter dem starken homonuklearen Kopplungshamil-
tonoperator. Abbildung 4.5 zeigt als Beispiel die gemessenen Daten
und den besten Fit für das Phe9-8 System bei 400.13 MHz Protonen¬
resonanzfrequenz.
4.5 Simulation der Energiepotentiale
Um die Auswertung der NMR-Relaxationsdaten mit zusätzlichen
Daten zu ergänzen, wurden die Energiepotentiale der Seitenketten
simuliert. Die potentielle Energie einer Phenylalaninseitenkette kann
als eine Funktion der beiden Rotationswinkel X\ uno^ X2 beschrieben
werden. Diese Energiehyperfläche E(xv X2) wurde durch ein „rigid
geometry energy mapping" [127] berechnet, indem die Gesamtener¬
gie des Systems für die verschiedenen Werte der beiden Winkel
berechnet wurden. Hierzu wurden die beiden Winkel unabhängigvoneinander in 5° Schritten varüert und der Rest des Moleküls nicht
verändert. Alle Berechnungen erfolgten mit dem Programm
CHARMM22 unter Benutzung der Standard Kraftfeldparameter für
Proteine mit allen Protonen [128]. Als Startstruktur für diese Berech¬
nungen wurde eine der mit Hilfe der MEDUSA-Prozedur [40]
erzeugten Strukturen (G129) von Antamanid in Chloroform benutzt.
Alle Berechnungen erfolgten im Vakuum ohne Berücksichtigungeines Lösungsmittels.
Der aussagekräftige Teil der berechneten Energiehyperflächen um
die Gleichgewichtsposition der beiden Torsionswinkel ist für alle
vier Phenylalaninreste in Antamanid in Abbildung 4.6 wiedergege¬ben. Aufgrund der starren Geometrie des Moleküls dominieren die
Beiträge der van-der-Waals Wechselwirkungen [127] bei dieser Art
der Berechnung der Energiehyperfläche und erzeugen so unnatür¬
lich hohe Energiebarrieren zwischen den Minima. Man kann daher
aus den so berechneten Energiehyperflächen keine quantitativeInformation über die Höhe der Energiebarrieren erhalten, sondern
nur eine qualitative Aussage über den Verlauf der Energiepotential-
112 Kapitel 4.5
funktion in der direkten Umgebung des Minimums. Man darf sie
daher auch nicht zur Berechnung von Populationen und Übergangs¬raten zwischen den verschiedenen Positionen benutzen. Es ist aber
möglich, den Bereich einer beschränkten Diffusion um die Gleichge¬
wichtslage herum abzuschätzen.
a) Phenylalanin 5 b) Phenylalanin 6
260'
220° 260° 300° 340° 380°
X1
c) Phenylalanin 9
200° 240° 280° 320° 340°
X1
d) Phenylalanin 10
Abbildung 4.6: Zweidimensionale Energiehyperflächen für die Rotation der
Phenylalaninseitenketteum die beiden Winkel %l und X2 Die Energien wurden
mit dem Programm CHARMM22 unter Benutzung des Standard Kraftfeldes für
Proteine mit Hilfe des „rigid energy mappings" berechnet. Die Werte der beiden
Winkel in der Ausgangskonformation sind mit einem Punkt markiert.
Simulation der Energiepotentiale 113
Phenylalanin 5 und 10 zeigen sowohl in der Xj als auch in der x2-Dimension relativ steile Potentialbarrieren um das Minimum. Daher
sollte auch der Winkelbereich einer beschränkten Diffusion um X\oder x2 für diese beiden Phenylalanine klein sein. Phenylalanin 6
und 9 zeigen flachere Potentiale in beiden Dimensionen, und man
erwartet daher für diese eine größere Amplitude als bei Phenylala¬nin 5 und 10 für eine beschränkte Diffusion um %j oder x2-
Um einen sinnvolle Aussage über die Aktivierungsenergien und die
Populationen mit Hilfe von MD-Berechnungen machen zu können,
muß man das „Umbrella sampling" anwenden. Hierbei wird wäh¬
rend einer MD-Simulation ein zusätzliches Potential entlang der
Reaktionskoordinate auf die potentielle Energie des Systems aufad¬
diert, um die Potentialbarrieren entlang der Reaktionskoordinate zu
verringern. Während der MD-Trajektorie wird so der gesamte
Bereich der Reaktionskoordinate überstrichen, da keine großen Ener¬
giebarrieren zu überwinden sind. Während der MD-Trajektorieerstellt man eine Statistik für die Besetzung der einzelnen Positionen
entlang der Reaktionskoordinate. Ohne dieses zusätzliche
„Umbrella"-Potential überstreicht die MD-Simulation unter Umstän¬
den nur einen kleinen Bereich um die Startposition und man erhält
nur für einen eingeschränkten Bereich der Reaktionskoordinate eine
aussagekräftige Statistik. Diese Verteilung der Populationen entlangder Reaktionskoordinate kann man mit Hilfe der Boltzmannvertei-
lung und unter Berücksichtigung des zusätzlichen Umbrellapoten-tial in eine potentielle Energie entlang der Reaktionskoordinaten
umrechnen.
114 Kapitel 4.6
4.6 Anpassung der Bewegungsmodelle an die Meßwerte
Um die gemessenen Daten für die in Kapitel 4.3 beschriebenen phy¬sikalischen Modelle auszuwerten, wurden die unterschiedlichen
Modelle an die 13C-TrZeiten bei 200.13,400.13 und 600.13 MHz, die
NOE-Faktorenbei 400.13 und 600.13 MHz und die Kreuzrelaxations¬
raten bei 400.13 und 600.13 MHz angepaßt. Der Fitfehler
(T?*(i)-T^(i,p))2f(P) = £-
(Airp(0)2
| y(NOE exP (Q - NOEcalc (t, p))'
i (ANOEexP(i))2
(r2SXP;.sW-r2Csal/,s(^))2^
z z' z z z' z
T (Ar-p (i))2(4.8)
wurde für die Optimierung verwendet, wobei p den Satz der ver¬
wendeten modellabhängigen Parameter beschreibt, und der Index i
läuft über sämtliche Meßwerte, d.h. über sämtliche unterschiedli¬
chen Kohlenstoffatome bei allen drei Spektrometerfrequenzen.
Araexp, ANOE exP und Arf^ps
sind die berechneten Fehler der 13C-
Tj-Zeiten, der NOE-Faktoren bzw. der Kreuzrelaxationsratenkon-
stanten zwischen 2S2J2 und S2. Die Minimierung dieses Fitfehlers
erfolgte mit dem Nelder-Mead Simplexalgorithmus [137] des Pro¬
grammpaketes MATLAB [138].
Eine genauere Betrachtung der 13C-TrZeiten (Tabelle 7.4) zeigt, daß
für alle vier Phenylalaninreste in Antamanid die Relaxationsraten¬
konstanten durch die interne Bewegung der Seitenkette beeinflußt
werden. Da Antamanid sich bei allen gemessenen Feldstärken links
des TrMinimums befindet (Abbildung 4.7) werden die 13C-T1-Zei-ten durch interne Bewegungen immer verlängert. Bei allen vier Phe¬
nylalaninen sieht man, daß die a-Kohlenstoffatome die kürzesten, ß-
Anpassung der Bewegungsmodelle an die Meßwerte 115
und £,- mittlere und 8- und e-Kohlenstoffatome die längsten ^-Zei¬
ten besitzen. Daraus folgt, daß die Relaxationsratenkonstanten durch
eine interne Bewegung um Xj und x2 beeinflußt werden, die im Zeit¬
bereich
10-t > t > T/10 (4.9)
liegen. Dieser Bereich entspricht einer Änderung der effektiven Kor¬
relationszeit
\ =
1 1- +- (4.10)
von mindestens 10% gegenüber den beiden asymptotischen Werten
für schnelle (xe - xt) und langsame (xe = xc) interne Bewegung. Bei
einer Genauigkeit der Meßwerte zwischen ca. 3% und 10% sollten
die experimentellen Daten eine Unterscheidung der Modelle in die¬
sem Bereich erlauben.
Abbildung 4.7: Verlauf der 13C-T1-Zeit als Funktion der Korrelationszeit des
„rotational tumbling" für drei Spektrometerfrequenzen. Die Korrelationszeit des
Antamanids von xc = 152 ps ist markiert. Man sieht, daß Antamanid bei allen
drei Frequenzen links des Tj-Minimums ist.
116 Kapitel 4.6
Die Diffusion um Xj mit einer Beschränkung des Winkelbereiches
zeigt eine hohe Korrelation (mit einem Korrelationskoeffizienten von
über 0.98) zwischen den beiden Parametern D1 und (p0 des Modells.
Diese Korrelation bewirkt, daß der Fit nicht richtig konvergiert und
keine konsistenten Ergebnisse liefert. Um das Modell trotzdem ver¬
wenden zu können, wurde der Restriktionswinkel cp0 als externer
Parameter auf numerische Werte fixiert, die aus den Simulationen
der Energiepotentiale in Kapitel 4.5 genommen wurden. Der Winkel
(p0 wurde für Phenylalanin 6 und 9 auf einen Wert von ±60°, auf ±50°
für Phenylalanin 5 und ±40° für Phenylalanin 10 festgelegt. Auf¬
grund der hohen Korrelation zwischen den beiden Parametern
ändert sich die Qualität f(p) des Fits mit einer Änderung des Restrik¬
tionswinkels cp0 nur wenig, aber der Wert der Diffusionskonstanten
Dj wird stark durch die Wahl von cp0 beeinflußt.
Das symmetrische Dreisprungmodell um xa mit unterschiedlichen
Populationen ergab bei der Fitprozedur ähnliche Probleme. Die Kor¬
relation zwischen den verschiedenen Übergangswahrscheinlichkei¬ten war ebenfalls hoch und erreichte in vielen Fällen Werte von über
0.95. Daher mußte das Modell vereinfacht werden, um eine sinnvolle
Konvergenz des Fits zu erreichen. Es wurden mehrere Stufen der
Vereinfachung getestet, aber alle Modelle mit variablen Populatio¬nen zeigten Korrelationskoeffizienten von ebenfalls über 0.95 zwi¬
schen den verschiedenen Populationen. Daher wurden alle Popula¬tionen gleich groß gewählt und eine der Übergangswahrscheinlich¬keiten Null gesetzt, d.h. man erhält ein Dreisprungmodell mit glei¬chen Populationen, bei dem einer der drei Übergänge verboten ist.
Damit besitzen alle acht Modelle drei variable Parameter, in der
Form einer Korrelationszeit für jede der drei Bewegungen. Man kann
daher die Qualität der Anpassung der unterschiedlichen Modelle an
die gemessenen Relaxationsdaten direkt aus den Fitfehlern f(p) able¬
sen. f(p) ist ein normiertes Maß des Fitfehlers, da eine Änderung voneiner Standardabweichung in den gemessenen Daten oder in den
Anpassung der Bewegungsmodelle an die Meßwerte 117
optimierten Parametern eine Änderung von einer Einheit in f(p)bewirkt. Nimmt man eine Gaussverteilung der Fehler an, so ent¬
spricht eine Verringerung des Fitfehlers f(p) um eine Einheit einer
Wahrscheinlichkeit von 68%, eine Verringerung um zwei Einheiten
einer Wahrscheinlichkeit von 94%, daß die Verbesserung des Fits
wirklich signifikant ist und nicht nur Variationen im Rahmen der
Meßfehler sind.
Generell kann man zwei Beiträge zu f(p) unterscheiden:
- Systematische, modellabhängige Beiträge zu f(p), die durch die
Differenzen zwischen dem gewählten Modell und der tatsächli¬
chen Bewegung entstehen.
- Statistische, modellunabhängige Beiträge zum Fitfehler fip), die
durch die fehlerbehafteten experimentellen Daten entstehen. Die¬
ser Teil kann durch die Wahl des Modells nicht beeinflußt werden.
Die optimierten Parameter und die berechneten Werte des Fitfehlers
f(popt) für die acht untersuchten Modelle und vier Phenylalaninresterinden sich in den Tabellen 4.1 - 4.4. Die Fehler der Parameter wur¬
den nach Referenz [139] berechnet und geben das Vertrauensinter¬
vall einer Standardabweichung an.
Die Ergebnisse für die Korrelationszeit xc des „rotational tumbling"stimmen für die unterschiedlichen Modelle und die vier Phenylala¬ninreste gut überein. Die Werte für die Korrelationszeit xc liegen zwi¬
schen 145 ps und 166 ps und die berechneten Fehlerintervalle über¬
decken sich gegenseitig fast vollständig. Der gemittelte Wert der
Korrelationszeit über alle Fits ist t = 152 ps. Die Unterschiede zwi¬
schen den Phenylalaninresten können durch zusätzliche interne
Bewegungen des Peptidgerüstes erklärt werden, die in den Model¬
len nicht berücksichtigt wurden und daher durch eine Variation von
xc kompensiert werden. Die deutlich kürzeren Werte für Phenylala¬nin 5,6 und 10 zeigen, daß zumindest für diese drei Aminosäuren die
Annahme eines starren Peptidgerüstes nicht vollständig gerechtfer-
Modells.
ents
prec
hend
endes
Qualität
die
für
Maß
ein
ist
Spalte
letzten
der
in
0opt)
Fitfehler
Der
angegeben.
Standardabweichung)
(eine
Fehlern
berechneten
den
mit
zusammen
Spalten
drei
nächsten
den
in
sind
gen
Bewegun¬
verschiedenen
drei
die
für
Korrelationszeiten
Die
x2-
und
x,
Winkel
die
um
Bewegungen
beiden
die
rakterisieren
cha¬
Spalten
drei
ersten
Die
5.
Phenylalanin
für
Daten
experimentellen
die
an
Modelle
acht
der
Fits
der
Erge
bnisse
4.1:
Tabelle
14.5
14.9
10.1
109.21
78.4
±845.4
446.6
±903.9
401.1
±777.4
5.0
±148.4
5.4
±149.4
Zweisprungmodell
Diffusion
freie
+50°
=(Po
mit
Diffusion
beschränkte
±50°
=(p0
mit
Diffusion
beschränkte
HG
15.1
16.2
12.8
122.3+
113.6
±913.3
41.1
±239.4
45.4
±241.8
5.5
±148.6
6.1
±147.9
Zweisprungmodell
Diffusion
freie
Dreisprungmo
dell
gehindertes
Dreisprungmodell
gehindertes
FE
15.2
16.3
12.8
121.8+
112.5
±903.6
62.8
±383.5
71.1
±391.2
5.6
±148.5
6.1
±147.5
Zweisprungmodell
Diffusion
freie
Popu
lati
onen
gleichen
mit
Dreisprungmodell
Popu
lati
onen
glei
chen
mit
Dreisprungmodell
DC
15.1
16.2
10.6
±105.4
78.1
±790.1
184.9
±1079.7
206.8
±1093.8
5.5
±148.6
6.1
±147.8
Zweisprungmodell
Diffusion
freie
Diffusion
freie
Diffusion
freie
BA
fäopt)
1/(2«;)
1/D2
l/(3Wj)
1/D!
1/(6D)
X2
Winkel
den
um
Xi
Winkel
den
um
Nr.
Fitfehler
[ps]
Korrelationszeiten
Bewegungsmodelle
vo
nn3wro
ft>&3CO'S$fDCO
i-l
fDCL
093CCO
to
a>>
Modells.
entsprechenden
des
Qualität
die
für
Maß
ein
ist
Spalte
letzten
der
in
f(popt)
Fitfehler
Der
angegeben.
Standardabweichung)
(eine
Fehlern
berechneten
den
mit
zusammen
Spal
ten
drei
nächsten
den
in
sind
gen
Bewegun¬
verschiedenen
drei
die
für
Korrelationszeiten
Die
x2-
und
%.
Winkel
die
um
Bewegungen
beiden
die
rakterisieren
cha¬
Spal
ten
drei
ersten
Die
6.Phenylalanin
für
Daten
experimentellen
die
an
Modelle
acht
der
Fits
der
Ergebnisse
4.2:
Tabelle
20.6
23.6
5.3
33.2+
42.4
±436.7
242.1
±558.3
258.9
±495.3
6.4
±149.9
7.9
149.9+
Zweisprungmodell
Diffusion
freie
±60°
=<p0
mit
Diffusion
beschränkte
±60°
=<p0
mit
Diffusion
beschränkte
HG
22.0
25.7
6.2
±36.8
51.8
±434.1
24.9
±150.8
32.0
157.3+
7.2
±149.6
8.6
±146.2
Zweisprungmodell
Diffusion
freie
Dreisprungmodell
gehindertes
Dreisprungmodell
gehinderte
s
FE
22.2
26.0
6.3
±36.7
50.7
±427.4
38.6
248.7+
50.5
261.0+
7.3
±149.4
8.7
145.7+
Zweisprungmodell
Diffusion
freie
Populationen
glei
chen
mit
Dreisprungmodell
Populationen
glei
chen
mit
Dreisprungmodell
DC
21.8
25.7
5.6
+32.1
38.9
±390.3
111.8
±677.8
145.4
±708.2
7.2
±149.5
8.6
±146.3
Zweisprungmodell
Diffusion
freie
Diffusion
freie
Diffusion
freie
BA
f(Po
pt)
l/(2u>)
1/D2
1/(3»!)
1/Dj
1/(6D)
Xi
Winkel
den
um
Xi
Winkel
den
um
Nr.
Fitfehler
[ps]
Korrelationszeiten
Bewegungsmodelle
Modells.
ents
prec
hend
endes
Qualität
die
für
Maß
ein
ist
Spalte
letzten
der
in
f(popt)
Fitfehler
Der
angegeben.
Standardabweichung)
(eine
Fehlern
berechneten
den
mit
zusammen
Spal
ten
drei
nächsten
den
in
sind
gen
Bewegun¬
verschiedenen
drei
die
für
Korrelationszeiten
Die
x2-
und
Xj
Winkel
die
um
Bewegungen
beiden
die
rakterisieren
cha¬
Spal
ten
drei
ersten
Die
9.
Phen
ylal
anin
für
Daten
experimentellen
die
an
Modelle
acht
der
Fits
der
Erge
bnis
se4.3:
Tabelle
24.4
28.6
8.8
±55.5
66.9
±562.1
760.7
±1463.2
±1034.8
1589.7
8.2
±166.5
10.2
±162.1
Zweisprungmodell
Diffusion
freie
±60°
=(p0
mit
Diffusion
beschränkte
±60°
=<p0
mit
Diffusion
beschränkte
HG
25.7
30.6
10.1
±60.2
85.6
±568.1
58.5
239.9+
88.2
±269.4
9.0
166.2+±10.7
159.0
Zweisprungmodell
Diffusion
freie
Dreisprungmodell
gehindertes
Dreisprungmodell
gehindertes
FE
25.9
30.8
10.1
±60.1
83.8
560.3+
90.8
389.1+
444.5+143.1
9.1
±165.9
10.7
±158.1
Zweisprungmodell
Diffusion
freie
Popu
lati
onen
gleichen
mit
Dreisprungmodell
Populationen
gleichen
mit
Dreisprungmodell
DC
25.4
30.6
8.9
±53.6
66.6
±521.1
257.3
1073.8+
402.5
1220.8+
8.8
166.4+
158.8+10.6
Zweisprungmodell
Diffusion
freie
Diffusion
freie
Diffusion
freie
BA
KPop
t)l/(2a>)
1/D2
1/(31^)
1/Dt
1/(6D)
Xi
Winkel
den
um
Xi
Winkel
den
um
Nr.
Fitfehler
[ps]
Korrelationszeiten
Bewegungsmodelle
N>
fD
fDsfS'
SUST
o&'SfD
fDCO
11
fD
CO
CO
U>>
Modelle.
entsprechenden
des
Qualität
die
für
Maß
ein
ist
Spalte
letzten
der
in
f(ßot,t)
Fitfehler
Der
angegeben.
Standardabweichung)
(eine
Fehlern
berechneten
den
mit
zusammen
Spalten
drei
nächsten
den
in
sind
gungen
Bewe¬
verschiedenen
drei
die
für
Korrelationszeiten
Die
x2-
und
xxWinkel
die
um
Bewegungen
beiden
die
charakterisieren
Spal
ten
drei
ersten
Die
10.
Phen
ylal
anin
für
Daten
experimentellen
die
an
Modelle
acht
der
Fits
der
Ergebnisse
4.4:
Tabelle
20.4
20.7
27.2
178.6+
261.8
±1316.2
1464.6+1741.1
880.8
±452.6
6.7
±149.8
6.8
151.7+
Zweisprungmodell
Diffusion
freie
±40°
=<p0
mit
Diffusion
beschränkte
±40°
=<p0
mit
Diffusion
beschränkte
HG
21.0
22.1
33.9
±197.7
266.5
±1192.9
±207.1
487.9
±262.7
537.4
7.0
±148.0
7.2
±145.4
Zweisprungmodell
Diffusion
freie
Dreisprungmodell
gehi
nder
tes
Dreisprungmodell
gehi
nder
tes
FE
21.1
22.2
33.8
±197.2
260.2
±1177.8
769.5+321.0
426.1
±864.7
7.0
±147.9
7.2
±145.0
Zweisprungmodell
Diffusion
freie
Populationen
gleichen
mit
Dreisprungmodell
Populationen
gleichen
mit
Dreisprungmodell
DC
20.9
22.1
28.4
±175.5
200.8
±1086.5
919.0
±2186.3
±1207.5
2448.4
6.9
±148.2
7.2
±145.3
Zweisprungmodell
Diffusion
freie
Diffusion
freie
Diffusion
freie
BA
f(Popt)
1/(2»)
1/D2
1/(3»!)
1/DX
1/(6D)
Xi
Winkel
den
um
%\
Winkel
den
um
Nr.
Fitfehler
[ps]
Korrelationszeiten
Bewegungsmodelle
122 Kapitel 4.6
tigt ist. Dieses Verhalten kann man auch bei einer qualitativen Ana¬
lyse der 13C-T1-Zeiten in Tabelle 7.4 sehen, da die Relaxationszeiten
eine nicht unerhebliche Variationsbreite aufweisen. Diese zusätzliche
Bewegung des Peptidgerüstes muß ebenfalls eine Zeitkonstante in
der Größenordnung der Korrelationszeit des „rotational tumbling"besitzen. Die von Blackledge et al. [40] untersuchte langsame Inter¬
konversion zwischen zwei Gleichgewichtskonformationen kommt
hierfür nicht in Frage, da sie eine zu lange Korrelationszeit besitzt
(x;» 43 us). Es besteht auch keine direkte Korrelation zwischen den
Bereichen (\|r4, $5, \\r9 und fyw), in denen diese Interkonversion statt¬
findet und der Größe der 13C-T1-Zeiten. Bei 600 MHz Protonenreso¬
nanzfrequenz besitzt Alanin-4 die längste und Phenylalanin-9 die
kürzeste Ca-Tj-Relaxationszeit. Eine genaue Charakterisierung die¬
ser Bewegungen ist nicht möglich. Vermutlich handelt es sich um
schnelle Fluktuationen des Peptidgerüstes, wie sie auch bei der
Untersuchung von größeren Proteinen [10-14] gefunden wurden. Ein
physikalisches Modell basierend auf der Auswertung von Festkör-
per-NMR-Spektren wurde von North und Cross [148] vorgeschla¬
gen.
Für die Bewegung um x2 ergibt die Annahme eines Zweisprungmo¬
dells für alle betrachteten Bewegungsmodelle um X\ uno^ für alle
vier Phenylalaninseitenketten immer einen kleineren Fehler als die
freie Diffusion um x2- Dies ist ein Hinweis, daß die Bewegung um %2
durch Sprünge zwischen zwei um 180° getrennte Gleichgewichtspo¬sitionen besser beschrieben wird als durch eine Diffusionsbewegung,bei der alle Orientierungen des Ringes gleich wahrscheinlich sind.
Dieser Befund stimmt mit den Ergebnissen von Festkörpermessun¬
gen an polykristallinem Phenylalanin und an Phenylalanin und
Tyrosin in Proteinen überein [149-152], die auf einer Linienformana-
lyse der Deuteriumresonanzen beruhen. Man kann jedoch eine
zusätzliche eingeschränkte Diffusionsbewegung um die beiden
Gleichgewichtslagen nicht ausschließen. In der Signifikanz der Ver¬
besserung A/(p0 f) der Fitfehler gibt es jedoch Unterschiede zwischen
Anpassung der Bewegungsmodelle an die Meßwerte 123
den vier Phenylalaninresten. Im Falle des Phenylalanin 6
(A/(p f) « 3-3.9) und 9 (A/(pop() » 4.2-5.2) kann man das Modell einer
freien Diffusion um x2 nüt einer Wahrscheinlichkeit von über 99%
ausschließen und das Zweisprungmodell als das beste Modell
bezeichnen. Für die beiden anderen Phenylalanine ist der Unter¬
schied nicht so groß (Phenylalanin 5 A/(popf)»0.4-1.1 und 10
A/(p0 t) ~ 0.3-1.2) und man kann in diesem Fall das Diffusionsmodell
nicht ausschließen, da die Wahrscheinlichkeit, daß das Zweisprung¬modell signifikant besser ist, nur ca. 50% beträgt.
Die Ergebnisse für die Bewegung um %x können nicht so eindeutigklassifiziert werden. Vergleicht man die unterschiedlichen Modelle
für eine Bewegung um xr wobei die Bewegung um x2 durch ein
Diffusionsmodell beschrieben wird (Zeilen A, C, E und G in den
Tabellen 4.1 - 4.4), so findet man nur eine nicht signifikante Ände¬
rung von f{popt) um maximal 0.3 Einheiten für alle Modelle außer der
beschränkten Diffusion um %v Lediglich die eingeschränkte Diffu¬
sion um X\ weist in Kombination mit der freien Diffusion um x2 eine
deutliche Verbesserung des Fitfehlers fipopt) auf. Aufgrund der
Ergebnisse der Analyse für die Bewegung um %2 im letzten
Abschnitt, wird im weiteren die Diskussion der verschiedenen
Modelle für die Bewegung um X\ auf die Modelle mit einem Zwei¬
sprungmodell um x2 (Zeilen B, D, F und H in den Tabellen 4.1 - 4.4)
beschränkt. Für alle vier betrachteten Phenylalaninseitenketten
ergibt die beschränkte Diffusion den kleinsten Fitfehler f(popt). Der
Fit ist aufgrund der hohen Korrelation zwischen dem Winkel cp0 und
der Diffusionskonstante D, unempfindlich gegen eine Variation von
(p0. Daher wurde der Winkel für die Phenylalaninreste auf die bereits
weiter oben diskutierten Werte fixiert.
Phenylalanin 6 und 9 zeigen einen relativ großen Unterschied im Fit¬
fehler zwischen dem schlechtesten und dem besten Modell von
A/(pop() = 1.6 bzw. 1.5. Sogar die Differenz zwischen dem besten
Modell geschränkte Diffusion) und dem zweitbesten Modell (freie
124 Kapitel 4.6
Diffusion) beträgt immer noch A/(p0 () = 1.2 bzw. 1.0. Daher sind die
Unterschiede zwischen den untersuchten Modellen in diesem Fall
mit einer Wahrscheinlichkeit von ca. 72% signifikant, und man kann
alle Modelle außer der beschränkten Diffusion mit dieser Wahr¬
scheinlichkeit für die relaxationsaktive Bewegung ausschließen.
Aufgrund der hier diskutierten experimentellen Ergebnisse kann
man nicht ausschließen, daß es auch noch andere langsamere Bewe¬
gungen gibt, die keinen direkten Einfluß auf die Relaxationsraten¬
konstanten haben. Die experimentell beobachteten gemittelten
3J(Ha-Hp)-Kopplungskonstanten der Phenylalaninreste 5 und 6 in
Antamanid [54] wurden mittels Sprüngen zwischen drei gestaffeltenPositionen erklärt. Diese Sprünge müssen somit eine deutlich län¬
gere Korrelationszeit als das „rotational tumbling" besitzen.
Die beiden anderen Phenylalaninseitenketten (5 und 10) weisen klei¬
nere Unterschiede zwischen dem besten und dem schlechtesten
Modell (A/(p ,) = 0.6 bzw. 0.7) für die Bewegung um Xj auf. Die Dif¬
ferenzen zwischen dem besten (beschränkte Diffusion) und dem
zweitbesten Modell (freie Diffusion) sind noch kleiner mit
Af(p ,) = 0.5. Daher kann man für diese beiden Seitenketten keine
eindeutigen Schlußfolgerungen für die Bewegung um xx ziehen. Die
relative Reihenfolge der verschiedenen Modelle ist jedoch gleich wie
für die beiden anderen Phenylalanine.
Die Zeitkonstanten für die Bewegung um die x2_Achse zeigen deut¬
liche Unterschiede. Phenylalanin 10 zeigt die langsamsten Sprüngemit einer Korrelationszeit x2 «175-200 ps. Die Bewegung des Phe¬
nylalanin 5 ist etwas schneller mit Korrelationszeiten x2 «100-125 ps,
während die beiden Phenylalanine 6 und 9 eine deutlich schnellere
Bewegung um x2 mit Korrelationszeiten x2 ~ 30-40 ps bzw. x2 « 50-
60 ps zeigen.
Um die relative Beweglichkeit der Seitenketten für die Bewegung
um X\ zu vergleichen, wurden die Werte für die Korrelationszeiten
Tj der vier Phenylalaninreste in Abbildung 4.8 gegen die Modellbe-
Anpassung der Bewegungsmodelle an die Meßwerte 125
Zeichnungen aufgetragen. Für alle Modelle, außer der beschränkten
Diffusion (G und H), ist die Reihenfolge der relativen Beweglichkeit
unabhängig von dem gewählten Modell. Bei der winkelbeschränk-
ten Diffusion um X\ ze%t insbesondere Phenylalanin 10 große Feh¬
ler, die auf ein breites und flaches Potential des Fitfehlers hindeuten
und die Änderung der Reihenfolge der relativen Beweglichkeit
erklären können. Phenylalanin 6 zeigt immer die schnellste Bewe¬
gung, gefolgt von Phenylalanin 5 und 9, während Phenylalanin 10
immer die langsamste Bewegung aufweist. Die numerischen Werte
der Korrelationszeiten sind von dem gewählten physikalischenModell abhängig und können nicht direkt miteinander verglichenwerden. Für die beschränkte Diffusion um Xj (G und H) hängt der
Wert der Korrelationszeit wegen der hohen Korrelation zwischen
A
.O Phenylalanin 5
A D Phenylalanin 6
2000-C> Phenylalanin 9
A Phenylalanin 10
O
*i [ps]; ö
O
O O1000-
AO
"
A oD D
8 O
AA
a
A
"
D G ö OD
D D
0- I, 1 1 i 1— 1 1
B D E
Modell
H
Abbildung 4.8: Die Korrelationszeiten tj der vier Phenylalaninreste für die acht
unterschiedlichen Bewegungsmodelle A bis H (siehe Tabelle 4.1 bis 4.4 für die
Definition der Modelle).
126 Kapitel 4.7
den beiden Parametern stark von dem gewählten Restriktionswinkel
<p0 ab. Da für die vier Phenylalaninreste unterschiedliche Werte für
diesen Winkel gewählt wurden, ist hier ein Vergleich der Diffusions¬
konstanten nicht aussagekräftig.
4.7 Diskussion der Ergebnisse
In dieser Untersuchung konnte gezeigt werden, daß man auch
Systeme mit mehreren internen Freiheitsgraden mit NMR-Relaxati-
onsparametern charakterisieren kann. Dabei ist es wichtig, einen
möglichst großen Satz von experimentellen Daten mit einer mög¬lichst hohen Genauigkeit zu messen. Die normalerweise erreichbare
Genauigkeit begrenzt jedoch die Unterscheidbarkeit unterschiedli¬
cher physikalischer Modelle und man findet teilweise mehrere
Modelle, welche die experimentellen Daten gleich gut beschreiben.
Die hier untersuchten Seitenketten der vier Phenylalaninreste in
Antamanid bilden ein gutes Testsystem. Alle 13C-Resonanzen sind
bei drei Feldstärken gut aufgelöst und können zur Messung der
dynamischen Prozesse benutzt werden. Für jede der vier Seitenket¬
ten konnten daher 28 unabhängige experimentelle Werte gemessen
werden. Trotzdem war es nicht in allen vier Fällen möglich, eindeu¬
tig zwischen den unterschiedlichen physikalischen Modellen zu
unterscheiden. Nur für zwei Phenylalaninreste (Phe6 und Phe9)
waren die Unterschiede in den Modellen groß genug, um eindeutigein bestes Modell auszuwählen.
Die Korrelationszeit des „rotational tumbling" von Antamanid in
Chloroform bei T = 320 K beträgt x »150 ps und führt daher zu
einem Beobachtungsfenster für die interne Korrelationszeit von tj =
15-1500 ps. Die bestimmten Korrelationszeiten der internen Bewe¬
gung liegen fast alle in diesem Bereich. Die Bewegung um den Win¬
kel x2 wird für alle vier Phenylalaninreste am besten durch ein Zwei¬
sprungmodell beschrieben, in dem der Phenylring 180° Sprünge aus¬
führt. Die Korrelationszeiten für diese Sprünge des Phenylringes lie-
Diskussion der Ergebnisse 127
gen für Phenylalanin 6 und 9 im Bereich von x2 » 30-60 ps und für
Phenylalanin 5 und 10 im Bereich von x2 «100-200 ps. Die Bewe¬
gung um den Winkel xa wird für Phenylalanin 6 und 9 am besten
durch eine beschränkte Diffusion mit einer Korrelationszeit Tj « 500-
1500 ps beschrieben.
Eine interessante Möglichkeit zur Erweiterung dieser Untersuchungbietet eine Verschiebung des sensitiven Zeitfensters der internen
Bewegung durch eine Variation des Lösungsmittels und damit der
Viskosität. Man kann erwarten, daß die Korrelationszeit xc des „rota¬
tional tumbling" durch die Änderung der Viskosität viel stärker
beeinflußt wird als die interne Dynamik, solange die Änderung der
Viskosität nicht eine starke Konformationsänderung des gesamten
Moleküls bewirkt. Eine andere Möglichkeit um die Viskosität zu
variieren, ist die Variation der Temperatur. Allerdings muß man in
diesem Fall die Aktivierungsenergie der internen Bewegung kennen,
um die Änderung der Temperatur in die theoretischen Modelle ein¬
beziehen zu können.
Eine genauere Analyse der Seitenkettenbewegungen erfordert ent¬
weder ein genaueres Messen der Relaxationsdaten oder die Einbe¬
ziehung weiterer Relaxationsparameter. Die erreichbare Meßgenau¬
igkeit ist eine Funktion der Meßzeit und der Empfindlichkeit des
verwendeten Spektrometers und kann daher direkt über die Wahl
der Resonanzfrequenz oder die Anzahl der aufaddierten Experi¬mente beeinflußt werden. Ein weiterer Faktor, der die Genauigkeitder Auswertung beeinflußt, ist die Vernachlässigung einzelner Rela¬
xationsbeiträge in der Analyse der experimentellen Daten. Insbeson¬
dere die Annahme isolierter Spinsysteme, die nur durch die direkt
gebundenen Protonen relaxiert werden, kann die Genauigkeit einer
solchen Analyse beeinträchtigen. Die Beiträge der nächsten nicht
gebundenen Protonen führt zu einem Fehler (siehe Kapitel 4.2), der
in der selben Größenordnung ist wie die in dieser Arbeit erreichte
Meßgenauigkeit.
128 Kapitel 4.7
Kreuzkorrelierte SIIS-Kreuzrelaxation 129
5 Kreuzkorrelierte SIIS-Kreuzrelaxation
5.1 Einleitung
Wie die Untersuchung der Bewegung der Phenylalaninseitenkettenin Antamanid im letzten Kapitel zeigte, erlaubt die numerische Ana¬
lyse von Relaxationsdaten nicht immer eindeutige Aussagen über
die Art einer internen Bewegung. Die Genauigkeit der gemessenen
Relaxationsdaten läßt häufig keine Unterscheidung der verschiede¬
nen Modelle zu. Es ist daher sinnvoll, mit geeigneten Experimentenzusätzliche Informationen über die Art der internen Bewegungen zu
erhalten, um so verschiedenartige Seitenkettenbewegungen zu
unterscheiden. Das hier vorgeschlagene Experiment nutzt die kreuz¬
korrelierte Kreuzrelaxation von Einspin Sz- zu Dreispin 4S2Il2I22-Polarisation in CH2- und CH3-Systemen aus und wird im weiteren
als SIIS-Kreuzrelaxation bezeichnet.
Kreuzkorrelation zwischen zwei unterschiedlichen Wechselwirkun¬
gen wurde schon für mehrere Experimente verwendet. Die Kreuz¬
korrelation zwischen dipolarer Kopplung und der Anisotropie der
chemischen Verschiebung wurde von Goldman [84] theoretisch
beschrieben und experimentell beobachtet. Sie erzeugt eine Kreuzre¬
laxation, bei der sich die Spinordnung um eins ändert, d.h. man
erhält z.B. eine Kreuzrelaxation zwischen den Termen Sz und 2S2I2.Dipol-Dipol-Kreuzkorrelation wurde zuerst von Hubbard [99] bei
der Relaxation von Protonen in Methylgruppen theoretisch gefun¬den und später mit Hilfe der ungleichen Zerfälle der verschiedenen
Multiplettlinien in heteronuklearen AX3-Spinsystemen auch experi¬mentell nachgewiesen. Bodenhausen et al. maßen als erste die homo¬
nukleare Kreuzrelaxation von Il2 nach 4JlzJ22I32 (TQF-NOESY) [93-
95], die durch die Kreuzkorrelation der beiden homonuklearen dipo¬laren Kopplungen (1,2) und (1,3) entsteht. Brüschweiler et al. [96]
führten dasselbe Experiment in einem gekippten rotierenden Koor¬
dinatensystem durch (T-ROESY) und benutzten es zur Analyse der
130 Kapitel 5.2
Populationen des ersten Rotationswinkels in der Seitenkette von
Proteinen. Man beobachtet dabei den Relaxationstransfer Lz, ->
47azJo2,7ß2,. Im ortho-ROESY Experiment [153] benutzt man die
Kreuzkorrelation zwischen einer Modulation der isotropen chemi¬
schen Verschiebung und der skalaren J-Kopplung zur Beobachtunglokaler interner Bewegungen.
Die SIIS-Kreuzrelaxation kann ebenfalls zur Charakterisierung der
Bewegung um den xx -Winkel in Seitenketten von Peptiden und Pro¬
teinen benutzt werden und erlaubt es unter gewissen Bedingungen,zwischen unbeschränkten und winkelbeschränkten Bewegungen zu
unterscheiden. Die unbeschränkte Bewegung kann z.B. durch ein
Dreisprungmodell mit gleichen Populationen oder durch eine freie
Diffusion um die Ca-Cß-Bindung realisiert werden, während die
winkelbeschränkte Bewegung durch ein Zweisprungmodell oder
durch eine beschränkte Diffusion beschrieben werden kann. Diese
beiden Klassen von Modellen können mit der vorgeschlagenenMethode aufgrund des Vorzeichens der Kreuzpeaks in einem 2D-
Spektrum unterschieden werden.
5.2 Theorie der SIIS-Kreuzrelaxation
Bei dem betrachteten Relaxationsprozeß handelt es sich um die
kreuzkorrelierte Kreuzrelaxation
°z "viz^ (5.1)
in einem CH2-Dreispinsystem. Diese Art der Kreuzrelaxation wird
durch die Kreuzkorrelation der beiden dipolaren Vektoren Slx und
Sl2 erzeugt, die durch einen stochastischen Prozeß korreliert modu¬
liert werden. Berechnet man die Kreuzrelaxationsratenkonstante für
diesen Prozeß nach Gleichung (2.22) so erhält man
Theorie der SIIS-Kreuzrelaxation 131
3 (Hof (TSV/*)2. r(SV.(«2)rn. ,„.
rS!x'
rSI2
mit der spektralen Leistungsdichtefunktion definiert gemäß Glei¬
chung (2.21). Diese spezielle spektrale Leistungsdichtefunktion ent¬
steht durch die Fouriertransformation einer Kreuzkorrelationsfunk¬
tion der beiden verschiedenen C-H Bindungsvektoren. Die Eigen¬schaften der Kreuzrelaxationsratenkonstanten aus Gleichung (5.2)
sollen für unterschiedliche Modelle berechnet und diskutiert wer¬
den. Im folgenden werden vier Modelle für die interne Bewegung
untersucht, zwei Sprungmodelle und zwei Diffusionsmodelle.
An dieser Stelle ist es wichtig darauf hinzuweisen, daß die Kreuzre¬
laxationsratenkonstante für starre Moleküle und nicht isotropem
„rotational tumbling" von der Orientierung der Rotationsachse zu
den Hauptachsen des Diffusionstensors abhängig ist. In diesem Fall
kann sie sowohl positive als auch negative Werte annehmen. Da die
Auswertung dieses Experimentes auf dem Vorzeichen der Kreuzre¬
laxationsratenkonstante beruht, kann sie nur auf Moleküle angewen¬
det werden, die sich in guter Näherung durch ein isotropes „rotatio¬
nal tumbling" beschreiben lassen.
5.2.1 Sprungmodelle
Die Bewegung der Seitenkette wird auf Sprünge zwischen den drei
gestaffelten Konformationen (Abbildung 5.1) beschränkt und es sol¬
len zwei Fälle betrachtet werden: Im ersten Fall, der eine ungehin¬derte Bewegung beschreibt, sind alle drei gestaffelten Konformatio¬
nen mit gleicher Wahrscheinlichkeit besetzt. Im zweite Fall, der eine
im Winkelbereich beschränkte Bewegung darstellt, sind nur zwei der
drei möglichen Konformationen mit unterschiedlichen Populationenbesetzt. Man kann die Kreuzkorrelationsfunktionen für diese beiden
Modelle in der allgemeine Form
132 Kapitel 5.2
c'äir^-^i^B.e t/x.
4rc(5.3)
darstellen. Die beiden Modelle unterscheiden sich in den Konstanten
A und B, sowie in der internen Korrelationszeit x., die im Zwei¬
sprungmodell als
xf = l/(w1 + w2) (5.4)
und im Dreisprungmodell als
x;. = l/(3w) (5.5)
gegeben ist. Hierbei ist w die Übergangswahrscheinlichkeit zwi¬
schen den diskreten Positionen im gleichbesetzten Dreisprungmo¬dell während w1 und w2 die beiden Übergangswahrscheinlichkeitenim Zweisprungmodell mit verschiedenen Populationen sind. Die
Korrelationsfunktion ist dann
/:(S/,), (S/2) 1
2,2,1,1 (W)=4^-2x
+ B-2x.
l+(COTc)2 l+«0Te)2(5.6)
mit der effektiven Korrelationszeit
N H,
Hßl H
C N
% Hh
X, = 180°
Abbildung 5.1: Die drei gestaffelten Konformationen einer Aminosäureseiten¬
kette mit der Definition des zugehörigen Xj -Winkels.
Theorie der SIIS-Kreuzrelaxation 133
ri 11X = — + —e X X.
.
c 1.
(5.7)
Mit einem idealen Bindungswinkel von 109.5° erhält man für die bei¬
den Konstanten A und B folgende Werte:
Zweisprungmodell Dreisprungmodell
A -0.3329 +1.3329-p^l-pj) 0.1114
B -1.3329-Pl(l-Pl) -0.4443
Für den Fall einer langsamen internen Bewegung, d.h. mit x.» x,
erhält man als Grenzwert in beiden Fällen wieder das Resultat eines
starren Moleküls:
72,2,1,1 («)1 2'\-=-
• (-0.3329) —.
471 l+(u)xj2(5.8)
5.2.2 Diffusionsmodelle
Für den Fall einer freien rotatorischen Diffusion erhält man für die
Winkelkorrelationsfunktion nach Gleichung (2.51):
2
Ca /a —m Dt £
m.mM = e -8 (5.9)
Eingesetzt in die gesamte Korrelationsfunktion und unter Berück¬
sichtigung der idealen tetraedrischen Geometrie des Kohlenstoff¬
Die interne Korrelationszeit x. ist hier der Kehrwert der Diffusions¬
konstanten D, der internen Rotation. Dies führt zu einer Kreuzrelax¬
ationsratenkonstante
134 Kapitel 5.2
3 fM2 (YsY,fc)2"4W2*S, 10 Uit
-0.1485-
rs/j" rsi2
0.1108-2-t.
2-t.
1+ (u)cx)
v S e'
0.2961-
l+((osxc)
2-x'
l+«V'e), (5.11)
wobei die Korrelationszeit x durch Gleichung (5.7) definiert ist. Die
zweite effektive Korrelationszeit ist
(5.12)
Für den Fall einer auf das Intervall [-<p0, <p0] beschränkten Diffusi¬
onsbewegung, muß die Korrelationsfunktion wie in Abschnitt 2.6.2
als eine unendliche Reihe geschrieben werden:
- ri ie
~
X X_
c i
(SIj), (SJ2)_
-t/z,
L2,2,1,1~~ e
fc = 0
-f/x,(5.13)
Hierbei sind die Konstanten
2
4t = SKo(ß)| -£m,^0) •*2 1 m(2rt/3)
(5.14)
m = -2
und die Korrelationszeiten
(5.15)
ß ist der Winkel zwischen der Rotationsachse und dem dipolarenVektor und die Funktionen Em k((p0) sind in Gleichung (2.55) defi¬
niert. Die Kreuzrelaxationsratenkonstante hat dann die Form
Theorie der SIIS-Kreuzrelaxation 135
^W^z 10
3 fM2 (V/^)2 ~.
2-T*
3 3^4n
mit den effektiven Korrelationszeiten
5> C—2' (5.16)
rS/j-rS/2 * = 0 l+(WsTe)
< =
n i— + — (5.17)
Für die Grenzfälle <p0 -> 0 und D, -» 0 erhält man das gleiche Ergeb¬nis wie im Falle des starren Moleküls (Gleichung (5.2) und (5.8)). Auf
der anderen Seite erhält man für cp0 = n nicht das Resultat einer
unbeschränkten Rotation, was bereits in Referenz [78] erwähnt
wurde. Dieser Unterschied kann durch die Tatsache erklärt werden,
daß auch bei einem Restriktionswinkel von 180° eine Bewegung über
die Grenze von +180° nach -180° hinweg, im Gegensatz zur unbe¬
schränkten internen Bewegung, verboten ist.
5.2.3 Beschreibung im rotierenden KoordinatensystemDa die Geschwindigkeitskonstante für die SIIS-Kreuzrelaxation im
Laborkoordinatensystem (Gleichung (5.2)) nur eine Funktion der
spektralen Leistungsdichte der Frequenz a>s ist, strebt sie für großeMoleküle, d.h. für große Werte von xc gegen Null. Dies hat zur Folge,daß der Kreuzrelaxationsprozeß langsam wird. Legt man ein Spin¬lockfeld der rf-Amplitude y&B1 auf den S-Spins mit einer Offsetfre¬
quenz A(ös an (Abbildung 5.2), so erhält man im rotierenden Koordi¬
natensystem einen effektiven Neigungswinkel der neuen quantisier-ten z-Achse von
@s = ^{^) <5-18>
gegen die z-Achse des statischen B0-Feldes. In diesem Koordinaten¬
system ist die Geschwindigkeitskonstante der SIIS-Kreuzrelaxation
136 Kapitel 5.2
*Sz>U>2?Sz3_20 4n
47t-
rsi1' rsi2
4 ,
3Sin20s
(S7j),(S7) 2 (S7j),(SJ2) -l
x h, 2, o, o (0) + (1 + cos2Os)•
]% 2]h 1 (ws) J (5.19)
eine Funktion der spektralen Leistungsdichte der Frequenzen Null
und u)s. Es ist daher von Vorteil das Experiment für große Moleküle
im rotierenden Koordinatensystem durchzuführen, da die Kreuzre¬
Diese Beziehung gilt unabhängig vom Modell der internen Bewe¬
gung, aber aufgrund der C3-Symmetrie sind nicht alle Modelle
gleich wahrscheinlich, die für die CH2-Gruppe beschrieben wurden.
5.3 Berechnung der Kreuzrelaxationsratenkonstante
Um das unterschiedliche Verhalten der Kreuzrelaxationsratenkon¬
stante im Rahmen der vier diskutierten Modelle zu vergleichen, wer¬
den in diesem Abschnitt numerische Berechnungen der Geschwin¬
digkeitskonstanten gemacht. Unter der Annahme einer idealen
138 Kapitel 5.3
Tetraedergeometrie (alle Bindungswinkel 109.5°) und einer C-H-Bin-
dungslänge von rCH - 1.09 Ä wurde rs;jS für drei unterschiedliche
Korrelationszeiten xc des isotropen „rotational tumbling" als Funk¬
tion der internen Korrelationszeit x. berechnet. Die Resonanzfre¬
quenz des Kohlenstoffes betrug a>s/27t = 150.8 MHz und für die
Korrelationszeiten des „rotational tumbling" wurde x = 0.106 ns,
1.06 ns und 10.6 ns gewählt, entsprechend den Werten usxc = 0.1, 1
und 10. Diese Werte stehen für ein kleines, ein mittleres und ein gro¬
ßes Molekül und sollen die Unterschiede und Gemeinsamkeiten im
Verhalten der verschiedenen Molekülklassen illustrieren. Die beiden
Abbildungen 5.3 und 5.4 zeigen rs//s als Funktion der internen Kor¬
relationszeit x{ für die vier diskutierten Modelle. Die Geschwindig¬keitskonstante ändert ihr Vorzeichen nur für den Fall des Drei¬
sprungmodells (Abb. 5.3 a) und der freien Diffusion (Abb. 5.4 a),
nicht aber für die Modelle mit einem eingeschränkten Winkelbe¬
reich. Da die Differentialgleichung (2.80) zur Beschreibung der Zeit¬
evolution der gekoppelten Basisoperatoren ein zusätzliches Minus¬
zeichen vor dem Superoperator f enthält, führt eine negative Kreuz¬
relaxationsratenkonstante zu einer positiven kreuzrelaxierten
Magnetisierung und umgekehrt. In einem zweidimensionalen
Kreuzrelaxationsspektrum sind daher negative Kreuzpeaks
(rs//s > 0) ein Hinweis auf eine interne Bewegung, die in ihrem Win¬
kelbereich nicht beschränkt ist und daher gut durch ein Dreisprung¬modell oder durch eine freie interne Diffusion beschrieben werden
kann. Das Zweisprungmodell (Abb. 5.3 b) mit einer Winkeldifferenz
von 120° zwischen den beiden Positionen und das Diffusionsmodell
mit einem auf das Intervall [-60°, 60°] beschränkten Winkelbereich
(Abb. 5.4 b) ergeben für alle Werte der internen Korrelationszeit t.
positive Kreuzpeaks (rsjJS < 0). Vergrößert man den Winkel q>0 so
steigt das Maximum von rs/;s bis man den Wert einer freien Diffu¬
sion erreicht. Eine quantitative Analyse der experimentellen Daten
kann in günstigen Fällen eine Unterscheidung aller vier Modelle auf¬
grund der unterschiedlichen Abhängigkeit von der internen Korrela-
Berechnung der Kreuzrelaxationsratenkonstante 139
a)
0.5-
— 0
co
N-0.5
co
N
CM -1N
N -1hCOTt
U -2
-2.5
-3
10'12
Dreisprungmodelli riiir" i i i i mim
CöeTr, = 1
10"<
b)1
0.5
—1 n1
N
co
-0.5
N
_C\IN
~NCO
r-T
-1
-1.5
-2
-2.5
-3
Zweisprungmodell
-
•
"^ST—-._____ tösXc = 0.1
\\ /tösTc=10
\yC____ cosxc=i
•
--
ri-11 m-10 -tn-910"^ 10"11 10"lu 10"s 10"0 10
X,[S]
i-7 io-<
Abbildung 5.3: Verhalten der SIIS-Kreuzrelaxationsratenkonstanten als Funk¬
tion der internen Korrelationszeit x für Sprungmodelle, (a) zeigt ein symmetri¬sches Dreisprungmodell mit gleichen Populationen, (b) ein Zweisprungmodellmit einem Winkelabstand von 120°.
140 Kapitel 5.3
a) freie Diffusion
0.5
r"~i 0
CO
-0.5co
NCM -1NT—
co-1.5
•*
U-2
-2.5
-3
10"12 10- 11 1Q-10 10-9 10-8 1Q-7 1Q-6
X,[S]
b) winkelbeschränkte Diffusion
0.5
'co
"n -0.5CO
_£M -1 .
N
~n.15
co '°h
-2.51-
-3
10-12 1Q-11 1Q-10 10"9 10"8 10"7 10"6
x,[s]
Abbildung 5.4: Verhalten der SIIS-Kreuzrelaxationsratenkonstanten als Funk¬
tion der internen Korrelationszeit x für Diffusionsmodelle, (a) zeigt eine freie
interne Diffusion und (b) eine beschränkte interne Diffusion auf das Intervall
cpfl = ±60°.
Berechnung der Kreuzrelaxationsratenkonstante 141
tionszeit erlauben. Für den Fall eines kleinen Moleküls oder niedri¬
ger Felder (wsxc < 1) ist rs/;s streng monoton fallend mit steigenderinterner Korrelationszeit x.. Für große Moleküle und hohe Felder
(u>sxc>l) ist die Abhängigkeit der Geschwindigkeitskonstanten
rsj/s von der internen Korrelationszeit nicht mehr monoton, und die
Kreuzrelaxationsratenkonstante wird durch die interne Bewegung
verringert bis die Geschwindigkeitskonstante ein Minimum erreicht.
Bei noch schnellerer Bewegung ist sie dann wieder streng monoton
steigend für zunehmende interne Bewegung.
Die beiden Klassen von Modellen können nur unterschieden wer¬
den, wenn die interne Bewegung relativ zum „rotational tumbling"des Moleküls schnell ist. Der kritische Wert von cosx. für den Null¬
durchgang von rsns ist eine Funktion des gewählten Modells und
von cocx.Die untere Schranke für x, für die man die beiden Modell-
b c t
klassen gerade noch unterscheiden kann, berechnet sich nach der
Gleichung
cöst. = /(cösxc)| . (5.24)
Für das Dreisprungmodell ist die Abhängigkeit der internen Korre¬
lationszeit x. von der Korrelationszeit x des „rotational tumbling" in
Abbildung 5.5 gezeigt. Die Bereiche mit einer positiven Geschwin¬
digkeitskonstanten sind mit einem '+', die Bereiche mit einer negati¬ven Geschwindigkeitskonstanten mit einem '-' gekennzeichnet. Für
niedrige Werte von cosxc geben die Experimente im Laborkoordina¬
tensystem und im rotierenden Koordinatensystem die gleichen Ein¬
schränkungen, während für große Werte von cosxc, d.h. große Mole¬
küle und hohe Magnetfelder, das Experiment im rotierenden Koordi¬
natensystem eine Unterscheidung der beiden Modellklassen bereits
für eine viel langsamere interne Bewegung erlaubt.
Abbildung 5.6 zeigt das Verhalten der Kreuzrelaxationsratenkon¬
stante für ein hypothetisches Molekül mit einer Korrelationszeit
system, d.h. es ist kein Spinlockfeld auf dem Spin S angelegt, wäh¬
rend @s = 90° ein starkes Spinlockfeld oder einem geringen Reso¬
nanzoffset beschreibt. Der Winkel 0S = 45° repräsentiert einen Fall
zwischen den beiden Extremen, bei dem Resonanzoffsets wichtigwerden. Auch hier sieht man, daß für das Experiment im rotierenden
Koordinatensystem der Nulldurchgang von rsj/s bereits für einen
10 ;
10
10
10
(OsTj
10
-210
10
Tm 1—I I I I im 1—I I I I I III
.rotating frameV
10
0>s*c
Abbildung 5.5: Abhängigkeit der internen Korrelationszeit x. von der Korrelati¬
onszeit x des „rotational tumbling" für die Bedingung rs;/s = 0 berechnet für
das Dreisprungmodell (Abb. 5.3). Die Bereiche positiver und negativer Kreuzre-
laxationsratenkonstanten sind mit einem '+' und einem '-' gekennzeichnet.
Berechnung der Kreuzrelaxationsratenkonstante 143
viel größeren Wert von x erfolgt als für das Experiment im Laborko¬
ordinatensystem. Außerdem ist gut erkennbar, daß der Betrag der
Kreuzrelaxationsratenkonstantenim rotierenden Koordinatensystemviel größer ist als im Laborkoordinatensystem. Daher und aufgrunddes nach rechts verschobenen Nulldurchganges im rotierenden
Koordinatensystem ist für große Moleküle das Experiment im rotie¬
renden Koordinatensystem demjenigen im Laborkoordinatensystemvorzuziehen.
15
10
5
"
0
N -5
-S-10
Jp -15
U-20
-25
-30
-3510'12 10"11 10"10 10"9
X,[s]
' im
lO"1
0S=45'
' '' •
10'1 10"1
Abbildung 5.6: Abhängigkeit der Kreuzrelaxationsratenkonstanten für ein Drei¬
sprungmodell mit unterschiedlichen Werten für den Neigungswinkel 0S des
rotierenden Koordinatensystems von der internen Korrelationszeit x .
144 Kapitel 5.4
5.4 Numerische Simulation des AMX-Spinsystems
Nur für kurze Zeiten t ist der Relaxationstransfer 4S2/l2J22 -> Szdirekt proportional zur Kreuzrelaxationsratenkonstanten rs//s(„initial rate" Näherung). Ist man an der vollen Zeitentwicklung des
Relaxationstransfers interessiert, so muß man sämtliche Operatoren
berücksichtigen, die über Kreuzrelaxation mit einem der beiden
Operatorterme Sz oder 4S2Jl2J2_ verknüpft sind und das System von
gekoppelten Differentialgleichungen (2.80) lösen. Unter dipolarer
Relaxation erhält man in einem AMX-Spinsystem nur Kreuzrelaxa¬
tion zwischen den asymmetrischen Operatoren 7lz, I2z, Sz und
4S_JlzJ-2. Die Beiträge weiterer Protonen zu den Autorelaxationsra¬
ten wurden in der Form eines „random field" Beitrages berücksich¬
tigt. Dieser Beitrag wurde so groß gewählt, daß die Autorelaxations¬
rate eines I-Spins gegenüber dem isolierten System verdoppelt
wurde, was in der Größenordnung dem von Peng und Wagner [129]
experimentell bestimmten Beitrag anderer Protonen entspricht. Das
Differentialgleichungssystem, das die vier asymmetrischen Basis¬
operatoren verknüpft, ist in der Literatur ausführlich diskutiert und
man findet die Ausdrücke für die Geschwindigkeitskonstanten in
den Referenzen [73] und [83]. Die numerische Lösung unter den
Anfangsbedingungen <4S2Il272z)(0) = 1 und <Sz>(f) = (Ilz)(t) =
(I2z)(t) = 0 für ein Dreisprungmodell mit gleichen Populationen und
langen bzw. kurzen internen Korrelationszeiten x( finden sich in
Abbildung 5.7 für ein kleines Molekül mit einer Korrelationszeit
cosxc = 0.1. Die Zeitevolution der vier Operatoren ist für langsame
interne Bewegung (linke Hälfte, x = 10+12 s) und für eine schnelle
interne Bewegung (rechte Hälfte der Abbildung 5.7, x; = 10"12 s)
berechnet und wiedergegeben. Die beiden Operatoren Jl2 und l2zevolvieren identisch, solange die Relaxationsraten der beiden I2-Terme identisch sind. In einem isolierten Dreispinsystem ist daher
die Kreuzrelaxationsrate zwischen den beiden Termen nicht sichtbar.
Sobald die beiden Terme durch Wechselwirkungen mit anderen
Spins außerhalb des Dreispinsystems unterschiedlich relaxiert wer-
Numerische Simulation des AMX-Spinsystems 145
Tj « Tc
0.4 0.8 1.2 1.6 2 0 0.4 0.8 1.2 1.6 2
Abbildung 5.7: Zeitevolution der vier gekoppelten Basisoperatoren eines AMX-
Spinsystems berechnet für ein Dreisprungmodell mit einer Korrelationszeit von
xc = 106 ps und einer Spektrometerfrequenz von as/2n = 150.8 MHz. (a)-(c)
zeigt den Fall eines starren Moleküls ohne interne Bewegung, während (d)-(f)
eine schnelle interne Bewegung mit einer Korrelationszeit von x = 10"12 s zeigt.
Abbildung 5.8: Zeitevolution der vier gekoppelten Basisoperatoren eines AMX-
Spinsystems im rotierenden Koordinatensystem (selektiver Spinlock auf dem S-
Spin) berechnet für ein Dreisprungmodell mit einer Korrelationszeit von
%c = 4.2 ns und einer Spektrometerfrequenz von u>s/2n = 150.8 MHz. (a)-(c)
zeigt den Fall eines starren Moleküls ohne interne Bewegung, während (d)-(f)
eine schnelle interne Bewegung mit einer Korrelationszeit von x = 10 s zeigt.
Numerische Simulation des AMX-Spinsystems 147
den, wird diese Symmetrie gebrochen und die beiden Operatorenentwickeln sich verschieden. Man sieht in Abbildung 5.7, daß die
kreuzrelaxierte Polarisation auf dem S-Spin gering ist und immer
unter sechs Prozent bleibt. Daher ist eine geringe EmpfindUchkeitdes Experiments zu erwarten. Trotzdem ist der Vorzeichenwechsel in
der Kreuzrelaxationsratenkonstante beim Übergang von einer lang¬samen zu einer schnellen internen Bewegung direkt am Vorzeichen
der kreuzrelaxierten Polarisation ersichtlich (Abb. 5.7 b und e). Für
eine langsame interne Bewegung ist das Vorzeichen von (Sz)(f) posi¬tiv (Abb. 5.7 b), was einer negativen Geschwindigkeitskonstanten
entspricht, während für die schnelle interne Bewegung das Vorzei¬
chen negativ (Abb. 5.7 e) wird, da rs//s jetzt im positiven Bereich ist.
Führt man das Experiment im rotierenden Koordinatensystemdurch, so vereinfacht sich das System der gekoppelten Differential¬
gleichungen. Auch hier wurde wieder die numerische Lösung der
gekoppelten Differentialgleichungen mit den Parametern xc = 4.1 ns
(d.h. für ein mittelgroßes Molekül) und tos/2n = 150.8 MHz berech¬
net. Die Beiträge anderer Protonen zur Relaxation der verschiedenen
Operatoren wurden wie im Falle der Beschreibung im Laborkoordi¬
natensystems durch einen „random field" Term berücksichtigt, der
die Geschwindigkeitskonstante der Protonen gegenüber einem iso¬
lierten Dreispinsystem verdoppelt. In Abbildung 5.8 ist die Lösungdes Differentialgleichungssystems für die Anfangsbedingungen<4SzIlzI2z>(0) = 1 und <Sz>(f) = (Ilz)(t) = (I2z)(t) = 0 dargestellt. Auch
hier zeigt die linke Seite (Abb. 5.8 a-c) die Lösung für ein Systemohne interne Bewegung (x; = 10+12 s) und die rechte Seite (Abb. 5.8
d-f) für ein System mit schneller interner Bewegung (x. = 10"12 s).
Der Wechsel des Vorzeichens für die nach Sz kreuzrelaxierte Magne¬tisierung ist wiederum klar in Abbildung 5.8 b und 5.8 e zu sehen.
148 Kapitel 5.5
5.5 Experimentelle Realisierung der SIIS-Kreuzrelaxation
Aufgrund der Symmetrie des Relaxationssuperoperators kann man
entweder einen Anfangsdichteoperator erzeugen, der proportionalzu S2 ist und die Zeitevolution des 4S2/lzI2z Operators detektieren,
oder den umgekehrten Weg benutzen. Für den Fall der SIIS-Kreuzre¬
laxation ist es experimentell besser, den Relaxationsweg
o(xm= 0) ~ 4S2Il2I22 -> o(xm) - S2 (5.25)
zu wählen, da es dabei einfacher ist, die unerwünschten Terme durch
geeignete Phasenzyklen zu eliminieren. Diese Variante soll im weite¬
ren mit SII-S-Kreuzrelaxation bezeichnet werden, der umgekehrte
Weg mit S-SII-Kreuzrelaxation. Die Unterdrückung von uner¬
wünschten Termen im Dichteoperator zu Beginn und am Ende der
Mischzeit ist für dieses Experiment kritisch, da die Kreuzrelaxations¬
ratenkonstante klein ist und die Simulationen (Kapitel 5.4) Effekte in
der Größenordnung von ca. 5% erwarten lassen.
Der gewünschte Anfangsdichteoperator kann durch einen INEPT-
Polarisationstransfer [143,144] ausgehend von den I-Spins erzeugt
werden. Durch einen Doppelquantenfilter auf den I-Spins und einen
Phasenzyklus auf den S-Spin Pulsen können alle Operatoren außer
dem Dreispinterm am Anfang der Mischzeit eliminiert werden. Die
Amplitude des Dreispinterms ist eine Funktion der beiden Intervalle
Aj und A2 (Abb. 5.9) und hat für CH2- und CH3-Gruppen folgendeForm [154]:
Die Maxima des INEPT-Transfers nach Gleichung (5.26) und (5.27)
sind ebenfalls 1 für die CH2- und CH3-Gruppen und erreichen somit
das theoretische Maximum. Durch den Zweiquantenfilter auf den
Protonen wird die Amplitude des Dreispinterms um einen Faktor
zwei reduziert. Für die CH2-Gruppe kann man diesen Verlust mit
einer modifizierten Präparationssequenz verhindern. In Abbüdung5.10 ist eine 2D-Version der modifizierten Pulssequenz gezeigt, bei
der die Kreuzpeakintensität ein direktes Maß für die Kreuzrelaxati-
(f)x Wx Wx (f)yDQF
1 | t1+A! Ai A1 nhWx (|)x Wx
(I):2>*
(spinlock)x|
Abbildung 5.10:2D-"rotating-frame"-Version einer modifizierten Präparations¬
sequenz für das SII-S-Kreuzrelaxationsexperiment, die für CH2-Gruppen eine
um einen Faktor zwei bessere Empfindlichkeit als die INEPT-Sequenz aus Abb.
5.9 ergibt.
Experimentelle Ergebnisse 151
onsratenkonstante rs//s ist. Der maximale Transfer für CH2-Grup-
pen wird für Aj = 1/ (4/CH) erreicht, wobei die Intensität der CH3-
Gruppen Null wird.
Neben der bisher beschriebenen Durchführung des Experimentes,könnte man es auch in der S-SII-Variante durchführen, indem man
die Kreuzrelaxation mit dem Term Sz startet und die Zeitevolution
des 4SzIl2I2z-Terms beobachtet. Um einen Beitrag des Dreispinterms
zum Anfangsdichteoperator zu vermeiden, sollte man in diesem
Experiment von der Gleichgewichtspolarisierung der S-Spins ausge¬
hen und keinen Polarisationstransfer zur Steigerung der Empfind¬lichkeit verwenden. Nach der Mischzeit kann dann der Dreispintermmit einem Doppelquantenfilter auf den I-Spins selektiert und nach
einem Polarisationstransferschritt und Refokussierung auf den
I-Spins detektiert werden.
5.6 Experimentelle Ergebnisse
Um die praktische Anwendung der Sü-S-Kreuzrelaxation zu erpro¬
ben wurden zwei Testsysteme untersucht. In dem zyklische Deka-
peptid Antamanid wurde die Zeitevolution der Sü-S-Kreuzrelaxa¬
tion in zwei Lösungsmitteln gemessen, um den Vorzeichenwechsel
der Kreuzrelaxationsratenkonstante an den CH3-Gruppen zu
demonstrieren. Ubiquitin, ein Protein mit 76 Aminosäuren, diente als
ein Testbeispiel für ein größeres Molekül. Alle Messungen wurden
auf einem Bruker AMX-600 Spektrometer mit einem BB-aH Proben¬
kopf durchgeführt, der für die Detektion des X-Kernes optimiert ist.
5.6.1 Messungen an Antamanid
Da die Änderung des Vorzeichens der Kreuzrelaxationsratenkon¬
stante rsns von dem Verhältnis der internen Korrelationszeit x. und
der Korrelationszeit für das „rotational tumbling" x abhängt, kann
die eine oder andere Größe varüert werden, um experimentell den
Nulldurchgang der Kreuzrelaxationsratenkonstanten zu beobachten.
152 Kapitel 5.6
Hierzu wurde die Zeitevolution der Sü-S-Kreuzrelaxation an voll¬
ständig 13C-markiertem Antamanid in zwei Lösungsmitteln mit der
in Abbildung 5.9 gezeigten Pulssequenz an einer 17.5 mM Lösung in
Chloroform bei 280 K und in Aceton bei 310 K gemessen. Die beiden
Zeitintervalle wurden auf Aj = 1.666 ms und A2 = 1/(12.8/CH) =
0.521 ms eingestellt, so daß sowohl für die CH2- als auch für die
CH3-Gruppen eine effiziente Erzeugung des Dreispinterms durch
die INEPT-Sequenz sichergestellt ist. Sechs Mischzeiten mit jeweils2048 aufaddierten Experimenten wurden für die beiden Lösungsmit¬tel aufgenommen. Die prozessierten Spektren sind in Abbildung 5.11
und 5.12 dargestellt.
Aceton wurde aufgrund seiner niedrigen Viskosität (n. = 0.285 cp bei
T = 310 K) gewählt, während Chloroform bei einer Temperatur von
280 K eine hohe Viskosität (n = 0.651 cp) besitzt. Durch die Wahl der
Temperaturen wurde der Unterschied in der Viskosität der beiden
Lösungsmittel noch verstärkt. Mit Hilfe der Stokesschen Beziehung
xc = -gIL- (5.30)
erhält man für das Verhältnis der Korrelationszeiten
X (Chloroform, 280K)=.2.61 . (5.31)
X (Aceton, 310K)
Für die Auswertung wird angenommen, daß der Einfluß des
Lösungsmittels auf die internen Bewegungen vernachlässigt werden
kann. Der Einfluß der Temperatur auf die interne Bewegung kann
dagegen nicht vernachlässigt werden. Unter der Annahme einer
Arrheniusbeziehung für die Aktivierungsenergien des Prozesses
kann man die internen Korrelationszeiten x für die Temperaturdiffe¬
renz korrigieren.
Ein Vergleich der beiden Serien von lD-Spektren in den unterschied¬
lichen Lösungsmitteln zeigt drei Klassen von Linien:
I—\—I I I—I—I—1—I ]—I—I—I—I—I—I—I—I—I—I—1—1—1—I—I—I—I—1—I—I—[—I—I—I—I—I—
40 30 8[13C] 20 ppm
Abbildung 5.12: SIIS-Kreuzrelaxationsspektren des 13C-markierten Antamanids
in Chloroform bei T = 280 K. Sechs verschiedene Mischzeiten zeigen die Zeit¬
evolution der kreuzrelaxierten Magnetisierung für die verschiedenen Kohlen¬
stoffatome. Da die interne Bewegung der CH3-Gruppen in diesem Lösungsmit¬
tel schnell im Vergleich zum „rotational tumbling" des Moleküls ist, sind die
Kreuzrelaxationsratenkonstanten für die drei CH3-Gruppen positiv und führen
zu einer negativen kreuzrelaxierten Magnetisierung.
Experimentelle Ergebnisse 155
- Die drei Linien der Methylgruppen von *Val und 4Ala sind in
Chloroform (T = 280 K) negativ und in Aceton (T = 310 K) positiv.
- Die Linien der CyH2-Protonen von 2Pro und 7Pro sind in beiden
Lösungsmitteln negativ.
- Alle anderen CH2-Gruppen sind sowohl in Aceton, als auch in
Chloroform positiv und die Amplituden der Signale variieren nur
wenig.
Für die Methylgruppen kann man mit Hilfe der gemessenen Daten
und der Beziehung zwischen den beiden Korrelationszeiten x; und
x aus Abbildung 5.5 eine obere und untere Schranke für die
Geschwindigkeitskonstante der internen Rotation angeben. Die Kor¬
relationszeit für das „rotational tumbling" in den beiden Lösungs¬
mitteln und bei den zwei Temperaturen wurde aus den TrRelaxati-onszeiten (Tabelle 5.1) der Ca-Kohlenstoffatome berechnet und
beträgt:
xc(Aceton, 310K) = 95 ps
x/Chloroform, 280K) = 250 ps
Aufgrund des beobachteten Vbrzeichenwechsels der SII-S-Kreuzrela-
xation kann man aus diesen beiden Korrelationszeiten einen Bereich
für die möglichen internen Korrelationszeiten x. abschätzen:
30 ps < x; < 85 ps (5.33)
Berücksichtigt man die Temperaturabhängigkeit der internen Bewe¬
gung, so wird der Bereich der möglichen Korrelationszeit weiter ein¬
geschränkt. Mit Hilfe der Aktivierungsenergien für die Methylgrup¬
penrotation, die mittels Festkörper-NMR-Spektroskopie gemessen
wurden, kann man die Änderung der Korrelationszeit x. auf dem
betrachteten Temperaturintervall von 40° abschätzen. Für Valin, mit
einer Aktivierungsenergie Efl» 7.7 kj/mol in festem poly-Valin,erhält man einen Faktor 1.38 und für Alanin, mit einer Aktivierungs-
156 Kapitel 5.6
13C-AtomTjls]
Chloroform, 280 K Aceton, 310 K
aVal-a 277 ± 8 ms 580 ± 10 ms
2Pro-a 261 ± 12 ms 570 ± 11ms
3Pro-a 280 ± 6 ms 622 ± 12 ms
4Ala-a 285 ± 16 ms 613 ± 17 ms
5Phe-a 260 ± 10 ms 561 ± 14 ms
6Phe-a 269 ± 8 ms 574 ± 11ms
7Pro-a 265 ± 8 ms 571 ± 13 ms
8Pro-a 268 ± 6 ms 565 ± 13 ms
9Phe-a 262 ± 8 ms 565 ± 12 ms
10Phe-a 267 ± 8 ms 558 ± 10 ms
JVal-Y 282 ± 10 ms 594 ± 14 ms
Val-f 399 ± 12 ms 757 ± 14 ms
4Ala-ß 266 ± 12 ms 582 ± 11 ms
Tabelle 5.1: JC-Tj-Zeiten der a-Kohlenstoffatome und der drei Methylgruppendes Antamanids in Chloroform bei T = 280 K und in Aceton bei T = 310 K. Beide
Messungen wurden bei einer Protonenresonanzfrequenz von 400 MHz durchge¬führt. Die berechneten Fehler geben das Vertrauensintervall einer Standardab¬
weichung an.
energie Ea=10 kj/mol [156] in festem poly-Alanin, einen Faktor
1.51 zwischen den beiden Temperaturen. Damit ergeben sich die fol¬
genden Bereiche für die Korrelationszeiten der beiden Methylgrup¬
pen bei den beiden unterschiedlichen Temperaturen:
Aminosäure X. (280K,CDC13) X. (310 K, Aceton)
Valin 40 ps... 85 ps 30 ps ...60 ps
Alanin 45 ps ...85 ps 30 ps ...
55 ps
Diese Werte kann man mit einer unabhängigen Berechnung der Kor¬
relationszeiten aus den gemessenen 13C-T1-Relaxationszeiten(Tabelle 5.1) bei den beiden Temperaturen vergleichen. Unter Benut-
Experimentelle Ergebnisse 157
zung der in Gleichung (5.32) angegebenen Korrelationszeiten für das
„rotational tumbling" und unter Annahme eines Dreisprungmodellserhält man die folgenden Werte für x.:
Methylgruppe X!.(280K,CDC13) X; (310 K, Aceton)
aVal-v 50 ps 25 ps
:Val-Y 25 ps 15 ps
4Ala-ß 55 ps 25 ps
Die Korrelationszeiten, die aus den Tj-Zeiten der Kohlenstoffatome
berechnet wurden, sind alle kleiner oder liegen am unteren Rand der
oben abgeschätzten Bereiche. Dies kann dadurch erklärt werden, daß
in beiden Methoden zur Bestimmung der internen Korrelationszeit
zusätzliche Bewegungen vernachlässigt wurden. Betrachtet man die
^-Zeiten der verschiedenen a-Kohlenstoffatome genauer, so sieht
man, daß 4Ala-Ca eine um 10 Prozent längere Relaxationszeit hat, als
das a-Kohlenstoffatom mit der kürzesten Relaxationszeit. Diese län¬
gere TrZeit kann auf eine zusätzliche Bewegung des Peptidgerüstes
zurückgeführt werden. Bei Valin gibt es die Möglichkeit einer
zusätzlichen Bewegung um die Ca-Cp-Bindung, welche bei der Aus¬
wertung der Tj-Zeiten ebenfalls nicht berücksichtigt wurde und
daher eine scheinbar zu schnelle Bewegung der Methylgruppe zur
Folge hat. Diese zusätzlichen Bewegungen können die I3C-TrZeitenund die SIIS-Kreuzrelaxationsratenkonstante unterschiedlich beein¬
flussen und so die leicht verschiedenen Resultate erklären.
Die negativen Kreuzpeaks der Cy-Atome von 2Pro und 7Pro werden
durch das schnelle „Ringpuckering" des Fünfringes mit einer Korre¬
lationszeit von ca. 30 ps bewirkt [157]. Diese Bewegung entsprichteinem rotatorischen Sprungmodell mit zwei Gleichgewichtspositio¬nen und einem Winkel zwischen den beiden Positionen von ca. 70°.
Allerdings ist der Winkel zwischen der Rotationsachse und dem
dipolaren Vektor für das „Ringpuckering" 90° und nicht 70.5° wie für
die bisher betrachteten Seitenkettenbewegungen. Dadurch ändern
158 Kapitel 5.6
sich die Eigenschaften der SÜS-Kreuzrelaxationsratenkonstante, ins¬
besondere verschiebt sich der Nulldurchgang. Eine quantitative
Analyse der Daten wurde nicht durchgeführt, doch stimmen die
beobachteten Effekte qualitativ mit den theoretischen Voraussagenüberein. Die anderen Kohlenstoffatome der beiden Aminosäuren
2Prolin und 7Prolin zeigen alle positive Kreuzpeaks, da hier die
Amplitude der Rotationsbewegung, die durch das „Ringpuckering"des Fünfringes erzeugt wird, viel kleiner ist [157].
5.6.2 Messungen an Ubiquitin
Als Beispiel für die Anwendbarkeit der SIIS-Kreuzrelaxation auf grö¬ßere Moleküle wurde ein 2D-SII-S-Kreuzrelaxationsspektrum einer
3.2 mM Lösung von vollständig 13C-markiertem Ubiquitin in Wasser
aufgenommen. Ubiquitin hat ein Molekulargewicht von 8.57 kDa
und besitzt bei der gemessenen Temperatur von T = 310 K eine Kor¬
relationszeit von xc - 4.1 ns [158]. Die chemische Verschiebung der
Protonen wurde aus den beiden Arbeiten von Weber und Mueller
[159] und DiStefano und Wand [160] übernommen, während die che¬
mischen Verschiebungen der Kohlenstoffatome, basierend auf einer
partiellen Zuordnung der a-Kohlenstoffresonanzen von Domaille
[161], mit Hilfe von Standard 2D-Spektren verifiziert und erweitert
wurde. Das Spektrum (Abb. 5.13) zur Messung der Kreuzrelaxation
im rotierenden Koordinatensystem wurde mit der in Abbildung 5.10
gezeigten Pulssequenz aufgenommen. Die Mischzeit betrug für die¬
ses Molekül xm = 25 ms und die Wartezeit A, wurde auf 1.666 msm 1
eingestellt, um einen optimalen Transfer für CH2-Gruppen zu erhal¬
ten. Die Feldstärke des Spinlockfeldes betrug ysB1/2n = 4000 Hz.
512 tj-Zeiten mit jeweils 512 Scans und 4096 komplexen Datenpunk¬ten wurden aufaddiert. Die Unterscheidung der positiven und nega¬
tiven Frequenzen in der ti-Domäne erfolgte mit Hilfe der TPPI-
Methode [113]. Nach einem „zerofilling" auf 2048 mal 2048 kom¬
plexe Datenpunkte wurde das Spektrum Fouriertransformiert.
Experimentelle Ergebnisse 159
i l ' i ' i ' i i i ' i ' i ' i
65 64 63 62 8C [ppm]
| I ' | i I i | ' I i | i I ' | ' I
30 29 28 27 8c[ppm]
Asp^ß
ATsP's f « iLys33*^
r 5H![ppm]
2.6
2.8
-3.0
3.2
1 I > | i l ' | ' l ' | ' I ' | ' i
43 42 41 40 8c[ppm]
Abbildung 5.13: Die relevanten Ausschnitte aus dem 2D-SII-S Kreuzrelaxati¬
onsspektrum von vollständig 13C-markiertem Ubiquitin gemessen mit der Puls¬
sequenz aus Abbildung 5.10. Negative Konturen sind gestrichelt gezeichnet. Die
Meßzeit betrug ca. 24 Stunden, die Mischzeit 25 ms.
160 Kapitel 5.6
Die meisten der 13CH2-Kreuzpeaks im Ubiquitin SII-S-Kreuzrelaxati-
onsspektrum zeigen ein positives Vorzeichen mit Ausnahme von
37Pro-Y, 57Ser-ß und den y-, 5- und e-CH2-Gruppen von Lysin. Der
negative Kreuzpeak von Prolin 37 ist ein Hinweis auf ein schnelles
„Ringpuckering" mit großer Amplitude des Fünfringes, wie es
bereits beim Antamanid kurz beschrieben wurde. Die beiden ande¬
ren Proline in Ubiquitin, Pro und 38Pro, zeigen keine Kreuzpeaksim SÜS-Kreuzrelaxationsspektrum.
Die CßH2-Gruppe von 57Ser zeigt als einzige ß-CH2-Gruppe in Ubi¬
quitin einem negativen Kreuzpeak. Daher kann für die Bewegungder Serinseitenkette eine freie Rotation angenommen werden. Für
die Korrelationszeit der internen Bewegung erhält man als untere
Grenze
x, < 0.335 • xc» 1.37 ns . (5.34)
Die beiden anderen Serine zeigen beide intensive positive Kreuz¬
peaks. Daraus kann man schließen, daß die Bewegung um den Win¬
kel Xj entweder langsam und in der Amplitude unbeschränkt mit
einer Korrelationszeit x größer als 1.37 ns ist oder daß die Bewegungin ihrer Amplitude beschränkt mit einem Winkelbereich kleiner als
±60° ist. Diese beiden Fälle können mit der SIIS-Kreuzrelaxation
nicht unterschieden werden.
Die negativen Kreuzpeaks der Lysine in Ubiquitin zeigen, daß die
Lysinseitenketten sich rasch und mit einer großen Amplitude bewe¬
gen. Aufgrund der Überlagerung verschiedener Bewegungsfreiheits¬
grade kann man keine Aussagen über die effektiven Rotationsachsen
der einzelnen CH-Bindungsvektoren machen. Es ist anzunehmen,
daß die NH3-Gruppen sich frei in der Lösung bewegen und die
Bewegungen um die x2/ X3 und x4 Winkel relativ schnell sind, wäh¬
rend die Bewegung um den x1 Winkel entweder langsam oder stark
beschränkt ist.
Diskussion der Ergebnisse 161
5.7 Diskussion der Ergebnisse
In diesem Kapitel wurde gezeigt, daß die SIIS-Kreuzrelaxation
zusätzliche Informationen über die Art einer internen Bewegung lie¬
fern kann. Für den Fall einer schnellen internen Bewegung kann man
aufgrund des Vorzeichens der Kreuzrelaxationsratenkonstante
T4s/ ; s zwischen unbeschränkten und im Winkelbereich
^z'uhz' äZ
beschränkten Bewegungsmodellen unterscheiden. Diese Aussage ist
bereits aufgrund der qualitativen Analyse der Vorzeichen in einem
1D- oder 2D-Spektrum möglich und benötigt keine komplizierte
quantitative Analyse.
Eine quantitative Auswertung der SIIS-Kreuzrelaxation ist prinzipi¬ell möglich, wird aber durch die Einflüsse der benachbarten Proto¬
nen auf die Relaxationszeiten der betrachteten Protonen und des
Dreispinterms erschwert. Dies hat zur Folge, daß das Modell eines
isolierten Dreispinsystems oft nicht angemessen ist und durch das
Modell eines erweiterten Systems oder durch ein offenes System (mit
„random field" Beiträgen) ersetzt werden muß.
Aufgrund der geringen Empfindlichkeit des SüS-Experimentes muß
man für dieses Experiment 13C-markierte Substanzen verwenden.
Dies ist heute keine starke Einschränkung der Verwendbarkeit einer
Methode, da auch für die Zuordnung und Strukturbestimmung von
wendung finden. Wie am Beispiel des Ubiquitin gezeigt wurde, sind
vollständig markierte Substanzen für diese Methode ausreichend.
Selektiv (z.B. ß-) 13C-markierte Verbindungen hätten den Vorteil
eines besseren Signal zu Rausch Verhältnis, da bei diesen Verbindun¬
gen die Verbreiterung der Multipletts durch die zahlreichen 13C-13C-
Kopplungen entfällt.
Die Verwendung dieser neuen Relaxationsmethode sollte immer im
Zusammenhang mit anderen Methoden gesehen werden, die eben¬
falls Informationen über die Seitenkettenbewegung von Proteinen
und Peptiden liefern können. Als erstes ist hier die Analyse von
162 Kapitel 5.7
dihedralen J-Kopplungen zu erwähnen, die über die Karplusbezie¬
hungen [15-17] Informationen über die Populationen der Konforma¬
tionen liefern können. Die Kreuzrelaxation zwischen dem Ca-Proton
und den beiden Cß-Protonen in der Seitenkette der Aminosäuren
sind ebenfalls ein Maß für den mittleren Abstand und können
zusätzliche Informationen über die Bewegungumden Winkel X-, lie¬
fern. Eine weitere wichtige Quelle der Information über Seitenket¬
tenbewegungen sind die Relaxationsratenkonstanten der Kohlen¬
stoffatome in der Seitenkette, wie sie in Kapitel 4 für die Analyse der
Bewegung von Phenylalaninseitenketten in Antamanid benutzt
wurden. Das T-ROESY-Experiment [96] liefert ebenfalls Informatio¬
nen über die bevorzugten Konformationen des X\-Winkels. Auf¬
grund der Komplexität des Problems der Beschreibung von internen
Bewegungen ist es wichtig, Informationen aus möglichst vielen
unabhängigen Experimenten zu einem kohärenten theoretischen
Modell zu vereinen.
Zusammenfassung und Ausblick 163
6 Zusammenfassung und Ausblick
In dieser Arbeit wurden zwei unterschiedliche Arten von interner
Bewegung in Peptiden und Proteinen untersucht. Die Bewegung des
Peptidgerüstes in Antamanid wurde mit Hilfe des MEDUSA-Ansat¬
zes bestimmt. Hierbei interpretiert man die gemessenen gemittelten
Strukturparameter mit Hilfe eines dynamischen Gleichgewichts zwi¬
schen zwei unterschiedlichen Konformationen. Um den Konformati¬
onsraum möglichst gut abzudecken, werden die einzelnen Struktu¬
ren so berechnet, daß nur ein Teil der experimentellen „constraints"
durch die einzelnen Strukturen erfüllt sein muß und erst die Konfor¬
mationspaare alle „constraints" erfüllen. Beim Vergleich von Anta¬
manid in Dioxan mit der bekannten Struktur in Chloroform zeigtsich, daß auch in Dioxan ein dynamisches Gleichgewicht zwischen
zwei Konformationen vorliegt. Allerdings ist der Zeitbereich des
Austausches schneller, da in den Tlp-Messungen keine starke
Abhängigkeit von der rf-Feldstärke festgestellt werden konnte.
Die Bewegung von Seitenketten in Peptiden und Protonen ist die
zweite Art der internen Bewegung, die in der vorliegenden Arbeit
untersucht wurde. An einem Modellsystem (Phenylalaninseitenket¬ten in Antamanid) wurde die Realisierbarkeit einer Charakterisie¬
rung der Seitenkettenbewegung mittels Relaxationsmethoden gete¬stet. Hierbei zeigte sich, daß die Genauigkeit der gemessenen Daten
bei zwei der vier Phenylalaninreste eine Unterscheidung der geteste¬ten physikalischen Modelle erlaubte, während bei den anderen bei¬
den keine eindeutigen Aussagen über die Art der Bewegung mög¬lich waren. Eine Erweiterung einer solchen Untersuchung ist mög¬lich, indem man weitere Relaxationsratenkonstanten mißt und so
einen größeren Satz experimenteller Daten zur Verfügung hat. Ein
kritischer und wichtiger Punkt hierbei ist die korrekte Gewichtungder einzelnen Messungen in Abhängigkeit ihrer Genauigkeit. Eine
genaue Fehlerbestimmung ist für diese Art von Untersuchungen
164 Kapitel 6
unerläßlich, da eine falsche Gewichtung der Daten das Ergebnis ver¬
fälschen kann.
Eine weitere Möglichkeit, zusätzliche Informationen über die Art der
internen Bewegung zu erhalten, ist die Benutzung spezieller Experi¬
mente, die eine Unterscheidung verschiedener Modellklassen erlau¬
ben. Im Falle der SIIS-Kreuzrelaxation ist dies die Unterscheidung
einer beschränkten und einer unbeschränkten Bewegung um die
erste Bindung der Seitenkette in Aminosäuren. Aufgrund der großenZahl von Parametern, die man zur Beschreibung der vollen Dynamikin größeren Molekülen benötigt, wird man immer auf Informationen
aus unterschiedlichen Quellen angewiesen sein. Nur so ist es mög¬
lich die Dynamik eines Moleküls im Rahmen unterschiedlicher
Tabelle 7.3:13C-T1-Relaxationszeiten von Antamanid in Dioxan bei T = 300 K
und einer Protoneneresonanzfrequenz von 600 MHz. Die vierte Spalte ist jeweilsdas Verhältnis der Relaxationszeiten bei 600 MHz Protonenresonanzfrequenz in
Chloroform und in Dioxan. Die Fehler geben das Vertrauensintervall einer Stan¬
dardabweichung an.
Implementierung der MEDUSA-Prozedur 169
7.2 Implementierung der MEDUSA-Prozedur
Die MEDUSA-Prozedur besteht aus mehreren Teilen. Zentraler Teil
ist ein C-Programm (medusa_search.c), das die verschiedenen
CHARMM-Makros (streaml.inp, stream2.inp und stream3.inp) auf¬
ruft und die Selektion der NOE's und Anti-NOE's durchführt. Das
Resultat einer solchen Suche ist ein Satz von Atomkoordinaten in der
Datei final_xxxxx.crd und ein Satz von dihedralen Winkeln und
NOE-Abständen in der Datei final_xxxxx.out. In einer Datei mit dem
Namen logfile.out werden alle wichtigen Schritte protokolliert. Als
Eingabe dienen zwei Dateien mit den NOE's (constraints_noe.inp)und den Anti-NOE's (constraints_anti.inp). Sämtliche Namen der
verschiedenen Dateien können am Anfang des Programms einfach
geändert werden.
Die relevanten Daten werden aus den Dateien final_xxxxx.out mit
Hilfe eines Bourne Shellscripts (make_lists) und verschiedenen Pro¬
zeduren (awknoe.inp, awkphLinp, awkpsiinp und awktheta.inp) für
das Programm awk (ein „Patternrecognition" Programm unter Unix)
extrahiert und in eine für die Weiterverarbeitung mit MATLAB
geeignete Form gebracht. Hierdurch verringert sich die Datenmengebeträchtlich.
C-Programm: medusa_search.c
This program implements the search part of the MEDUSA approach as described in
R BrUschweiler, M Blackledge and R R Ernst, j Bio NMR 1, 3 (1991)
(c) 1993 by Matthias Ernst, Laboratorium fuer Physikalische Chemie, ETH-Zuerich,
ETH-Zentrum, CH-8092 Zuerich, Switzerland
Compile the program with the command
ycc -o medusa_search medusa_search c -D(sun,sgi,aix,convex} -Im'
to get an executable for the chosen architecture You probably have to adjust
at least the pathnames of the CHARMM22 command at the beginning of the program
There is a c-program called medusa_search c and three macros for CHARMM22 which
are very closely connected If you make changes in one of these programs, you
have to change the other ones, too
The general outline of the MEDUSA procedures is the following
1 Check how many NOE's are in the file NAME_NOE
2 check how many antinoe's are in the file name_anti
170 Kapitel 7.2
3 The startmg structure is in the file "antainit crd" in CHARMM22 mput format
This name can be changed in the macro NAME„MACR01
4 Generate a random permutation of the NOE's
5 Select a random energy threshhold between the values ENERGY_MIN and ENERGY_MAX
(I don't understand how one should choose these two values This is never
described and not obvious how to do )
6 Start CHARMM22 with the first NOE constraint (macro NAME_MACR01) and do an
energy minimization for the startmg structure
7 Add one distance constraint (=noe) at a time and run CHARMM22 each time
(macro NAME_MACR02) to do an energy minimization If the final energy is
higher than the chosen threshhold, discard this constraint and take the
next one from the list If the constraint is not discarded, use the new
final structure for the next run, otherwise keep the old one
8 Repeat step 7 tili the last distance constraint (-NOE) is used
9 Run a final CHARMM22 (macro NAME_MACR03) energy minimization with all accepteddistance constraints (NOE's) and all ANTINOE's The final coordinate set
"final_%05d crd" is stored and the Output of the CHARMM run "final_%05d out" is
also stored It contams the dihedral angles as defined in NAME_MACR03 and
all the values for the NOE s and ANTINOE s The numbering of the coordinate sets
Starts with NUMBER_START
10 Start over at point 4 tili NUMBER_RUNS structures are generated
/* some mclude files */
»include <stdio h>
#include <strings h>
»include <math h>
#ifndef convex
#include <malloc h>
tendif
»include <sys/time h>
/*
This is the defimtion of the CHARMM22 command it should contain the füll path
name in order to make execution independent of the path settings
#ifdef convex
#define CHARMM
#endif
»lfdef sgi
»define CHARMM
tendif
#ifdef aix
»define CHARMM
»endif
#lfdef sun
»define CHARMM
»endif
"/scr/chem/maer/charmm/exec/convex/charmm22"
"/nmrnet/var/charmm/exec/sgi/charmm22"
"/nmrnet/var/charmm/exec/ibmrs/charmm22"
/nmrnet/var/charmm/exec/sun/charmm22"
These are some global definitions, which can be changed to tailor the use of the
program They define some variable numbers as well as the names for files used
in the program if you change any of the filenames, make sure that you change
them in the CHARMM macros, too Otherwise the program will no longer run
[156] E.R. Andrew, R. Gaspar und W. Vernart, Chem. Phys. Lett. 38,141 (1976).
[157] Z.L. Mädi, C. Griesinger und R.R. Ernst, J. Am. Chem. Soc. 112, 2908
(1990).
[158] D.M. Schneider, M.J. Dellwo und AJ. Wand, Biochemistry 31,3645 (1992).
[159] P.L. Weber und L. Mueller, Biochemistry 26,7282 (1987).
[160] D.L. DiStefano und AJ. Wand, Biochemistry 26, 7272 (1987).
[161] P. Domaille, private Mitteilung.
202 Kapitel 8
Danksagungen 203
Danksagungen
Meinem Doktorvater Prof. Richard Ernst danke ich, daß er mir nach meiner
Diplomarbeit die Gelegenheit zur Promotion in seiner Arbeitsgruppe gegebenhat. Er hat mir während meiner ganzen Dissertation immer viel Verständnis ent¬
gegengebracht, auch wenn die Arbeit gerade während der ersten beiden Jahre
nicht immer zufriedenstellend verlief.
Prof. Christian Griesinger danke ich für die gute Zusammenarbeit während der
ersten Zeit meiner Dissertation und für die Bereitschaft das Korreferat zu über¬
nehmen.
Irene Schlönvogt und Tobias Bremi haben während ihrer Diplomarbeiten viel
zum Gelingen dieser Arbeit beigetragen. Durch ihren Einsatz, ihr Interesse und
durch das Hinterfragen vieler Aussagen haben sie auch mein Verständnis der
Kernresonanzspektroskopie ein gutes Stück weitergebracht.
Im Bereich der verschiedenen Computersysteme habe ich von Dr. Beat H. Meier
vieles gelernt und auch viel von seinem breiten Wissen auf dem Gebiet der Fest¬
körper NMR-Spektroskopie profitiert. Wenn wir auch öfters unterschiedliche
Ansichten über Computerfragen hatten, so konnten wir doch immer einen
gemeinsamen besseren Weg finden und so die anstehenden Probleme lösen.
Meinen Laborkollegen während der fünf Jahre, Dr. Roland Kreis, Dr. Armin
Stöckli, Dr. Benoit Roux, Dr. Ole Serensen, Dr. Jürgen Schmidt und Tobias Bremi
danke ich für die vielen Diskussionen über wissenschaftliche und allgemeineThemen. Ich habe die freundschaftliche Atmosphäre im „F-34" stets zu schätzen
gewußt.
Dr. Thomas Schulte-Herbrüggen bin ich für seinen Einsatz für das 600 MHz
Spektrometer, an dem viele der in dieser Arbeit enthaltenen Messungen durch¬
geführt wurden, zu Dank verpflichtet. Außerdem hat er zusammen mit Tobias
Bremi verschiedene Versionen meiner Dissertation korrekturgelesen und dabei
viele Schwachstellen aufgedeckt und Verbesserungen vorgeschlagen.
Der „Computer Gruppe" mit Serge Boentges, Tilo Levante, Zoltan Mädi und Dr.
Scott Smith danke ich für die (hoffentlich beiderseits) fruchtbare Zusammenar¬
beit. Die Zusammenarbeit mit Dr. Dieter Suter, Institut für Quantenelektronik,führte zu einem interessanten Projekt über die „Time Translation Machine", das
in der voriiegenden Arbeit nicht enthalten ist.
Allen anderen momentanen und früheren Mitgliedern der Arbeitsgruppe mit
denen ich während meiner Zeit an der ETH zusammengearbeitet habe, Gabriele
Aebli, Marc Baldus, Dr. Martin Blackledge, Dr. Jacques Briand, Dr. RaphaelBrüschweiler, Dr. Marc Chiu, Sabine Hediger, Eric Hoffmann, Jürg Leuthold, Dr.
204
Mark McCoy, Dr. Peter Meier, Dr. Rolf Meyer, Dr. Jeff Peng, Dr. Alessandro
Ponti, Dr. Christian Radioff, Pierre Robyr, Martin Schick, Dr. Christian Schönen-
berger, Paul Schosseier, Prof. Arthur Schweiger, Dr. Jochen Sebbach, Gustavo
Sierra, Suzana Straus, Marco Tomaselli, Dr. Thomas Wacker, Michael Willer, Dr.
Shanmin Zhang und Dr. Ping Xu, danke ich für die schöne Zeit, die ich hier
gemeinsam mit ihnen verbringen konnte. Frau Irene Müller hat die vielen Ver¬
sionen der Publikationen immer wieder geduldig neu geschrieben.
Die mechanische Werkstatt, mit Josef Eisenegger, und die Elektronikwerkstatt,
mit Martin Neukomm und Paul Signer, haben auch die ausgefallensten Wün¬
sche schnell und funktionstüchtig in die Praxis umgesetzt. Der Unterhalt der
elektronischen Geräte durch Walter Jäggi, Konrad Boss und Karl Burkhalter
funktionierte immer gut und hat viel zum effizienten Arbeiten beigetragen.Herrn W. Jäggi danke ich auch für seinen Einsatz um die Computersysteme.Auch wenn unsere Meinungen hier manchmal differierten, so war die Zusam¬
menarbeit doch immer hervorragend. Walter Lämmler und Guido Grassi küm¬
merten sich um die Vorbereitung der verschiedenen Proben.
Die Versorgung der Experimente und supraleitenden Magnete mit flüssigemStickstoff und Helium wurde durch Erwin Pleisch, Hansruedi Hager und Bruno
Lambillotte gesichert, die sich auch durch kurzfristige und überraschende
Bestellungen nicht aus der Ruhe bringen ließen. Die Verwaltung der Physikali¬schen Chemie mit Heinrich Willi, Marie-Therese Werder, Verena Baumann,
Sonja Steiger und Doris Kaufmann sorgte stets für einen problemlosen Betrieb
der unterschiedlichen Dienste.
Den anderen Mitarbeitern des Praktikums Physikalische Chemie II, Dr. Erich
Meister, Dr. Alois Renn, Dr. Georg Seyfang und Dr. Rene Spycher, danke ich für
die reibungsfreie Zusammenarbeit während der gemeinsamen Zeit.
Vielen Mitarbeiter der Firmen Bruker, Karlsruhe, und Spektrospin, Fällanden,
bin ich für die große Hilfsbereitschaft bei Problemen mit der Hard- und Software
der unterschiedlichen Spektrometer und für die großzügige Überlassung von
Meßzeit dankbar. Besonders erwähnen möchte ich Dr. Wolfgang Bermel und Dr.
Rainer Kerssebaum (Applikationslabor Karlsruhe) für die Hilfe bei den manch¬
mal langen Messungen am Freitag abend. Herr Franz Meier, Dr. Hans Förster
und Dr. Stefan Steuernagel (Bruker Karlsruhe) halfen mir bei der nicht immer
ganz einfachen Betreuung unseres MSL-400 Spektrometers. Dr. Detlev Moskau
(Applikationslabor Fällanden) und Herr Daniel Baumann (NMR-Service Fällan¬
den) hatten immer ein offenes Ohr für die unterschiedlichsten Probleme und
fanden meistens auch eine schnelle provisorische Lösung. Dr. Beat U. Meier
(Softwareentwicklung Fällanden) stellte uns immer die neueste Version der
NMR-Software Uxnmr/P zur Verfügung und bemühte sich, die gefundenen
Danksagungen 205
Fehler so rasch als möglich zu beheben. Ich hoffe, daß diese Zusammenarbeit
beiden Seiten Nutzen gebracht hat.
Die Informatikdienste der ETH bemühten sich immer um einen sicheren Betrieb
der verschiedenen Computernetze, ohne die heute eine wissenschaftliche For¬
schung fast nicht mehr denkbar ist. Besonders möchte ich mich bei Dr. Andreas
Karrer (Kommunikationssysteme) und bei den Mitarbeitern der VPP-Gruppefür ihre Hilfsbereitschaft bedanken, die weit über das Normale hinausging.
Zum Schluß gilt mein Dank allen denen, die häufig vergessen werden, aber hin¬
ter den Kulissen für den Betrieb der ETH unentbehrlich sind: den Mitarbeitern
des Hausdienstes, dem Reinigungspersonal, den Mitarbeitern der Telefonzen¬
trale und allen anderen Mitarbeitern der ETH mit denen ich in der einen oder
anderen Weise Kontakt hatte.
206
Lebenslauf 207
Lebenslauf
Persönliche Daten
Name
Geburtsdatum
Geburtsort
Staatsbürgerschaft
Eltern
Matthias Christoph Ernst
2. Februar 1964
Stuttgart-Bad Canstatt, Bundesrepublik Deutschland
Deutscher
Hans-Jürgen und Ilse Ernst
Ausbildung
1970-1974 Schneeburg Grundschule in Freiburg i. Brsg.