Research Collection Doctoral Thesis Synthese von (+ sub -)-trans-4,4,7,9-Tetramethyl-3β-hydroxy- decalon-(8) Author(s): Löffel, Hans Rolf Publication Date: 1959 Permanent Link: https://doi.org/10.3929/ethz-a-000113881 Rights / License: In Copyright - Non-Commercial Use Permitted This page was generated automatically upon download from the ETH Zurich Research Collection . For more information please consult the Terms of use . ETH Library
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Research Collection
Doctoral Thesis
Synthese von (+ sub -)-trans-4,4,7,9-Tetramethyl-3β-hydroxy-decalon-(8)
zur Erlangungder Würde eines Doktors der technischen Wissenschaften
genehmigte
PROMOTIONSARBEIT
vorgelegt von
HANS ROLF LÖFFEL
dipl. Ing.-Chem. E. T. H.
von Müntschemier (Bern)
Referent: Herr Prof. Dr. 0. Jeger
Korreferent: Herr Prof. Dr. V. Prelog
Juris-Verlag Zürich
1959
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Meinen lieben Eltern
in Dankbarkeit gewidmet
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Meinem sehr verehrten Lehrer,
Herrn Prof. Dr. O. Jeger,
unter dessen Leitung die vorliegende Arbeit ausgeführt wurde, sowie
Herrn Dr. J. Kalvoda und
Herrn Dr. D. Arigoni
möchte ich herzlich danken für alle wertvollen Ratschläge und Anregungen und für
die unermüdliche Hilfe, die sie mir stets zuteil werden liessen.
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- 7 -
Inhaltsverzeichnis
I. Die Synthese von (t)-trans-4, 4, 7
, 9-Tetramethyl-3 (3 -
hydroxy-decalon-(8) 9
Einleitung 9
Theoretischer Teil 10
Anhang 16
Experimenteller Teil 20
Zusammenfassung 29
II. Zur Kenntnis der Chry ser gonsäure 30
Einleitung 30
Theoretischer Teil 31
a) Frühere Arbeiten über Mutterkornfarbstoffe 31
b) Eigene Arbeiten über die Chrysergonsäure 34
Experimenteller Teil 51
Zusammenfassung 65
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- 9 -
I. DIE SYNTHESE VON (±)-TRANS-4, 4, 7, 9-
TETRAMETHYL-3 ß-HYDROXY-DECALON-(8)
E inleitung
Nachdem die Konstitution der meisten Di- und Triterpene aufgeklärt war, be¬
gann man sich mit ihrer Partial- und Totalsynthese zu befassen. Da den meisten
Triterpenen, wie z.B. Onocerin (A), Lanosterin (B) und ß-Amyrin (C), wie auch
den Diterpenen wie Manool (D), Sclareol (E), Labdanolsäure (F) und anderen dasselbe
trans-Decalinsystem zu Grunde liegt, sind bicyclische Verbindungen vom Typus (G)
für die Totalsynthese von besonderem Interesse.
B
OH
COOH
-O
- 10 -
Theoretischer Teil
Im Zusammenhang mit der Konstitutionsaufklärung und Konfigurationsbestim¬
mung von eK-Amyrin wurde schon Ende der Vierzigerjahre ' das (-)-trans-4,4,1,9-
Tetramethyl-3 ß -hydroxy-decalon-(8) (Xa) erhalten. Zur gleichen Verbindung führte2)
in neuerer Zeit der Abbau vonUrsolsäure '. Da das genannte Hydroxyketon sterisch
eindeutig definiert ist und den in der Einleitung zitierten Vorbedingungen entspricht,
schien es reizvoll, zu diesem einen synthetischen Zugang zu finden.
Xa
Die zu lösende Aufgabe bestand in der Einführung von Sauerstoffunktionen in die
Stellungen 3 und 8 und von Methylgruppen in die Stellungen 4, 7 und 9 eines geeigneten
Decalinderivates. Einen besonders wichtigen Aspekt stellte die Stereochemie dar, da
die Verbindung vier asymmetrische C-Atome aufweist und somit im Verlauf der Syn¬
these Gelegenheit zur Bildung von Stereoisomeren geboten war.
Als Ausgangsmaterial für die nachfolgenden Versuche war es naheliegend, das
bekannte und leicht zugängliche A -9-Methyl-octalin-3, 8-dion (I) 'zu wählen, da
darin bereits die beiden Sauerstoffunktionen des gesuchten Endproduktes, sowie die
Methylgruppe an der Ringverknüpfungsstelle (C-9) vorgebildet sind.
Bevor zur Einführung der beiden Methylgruppen am C-4 geschritten werden
konnte, stellte sich zunächst die Aufgabe, die bei dieser Operation störende Carbonyl-
gruppe C-8 vorübergehend zu blockieren. Eine solche Blockierung gelang in präpara-
tiv ergiebiger Ausbeute durch Behandlung von I mit Aethylenglykol in Anwesenheit von
4)p-Toluolsulfonsäure ,
wobei erwartungsgemäss das Carbonyl der <x, ß -ungesättig¬
ten Ketongruppierung bedeutend langsamer als das isolierte Carbonyl am C-8 reagier¬
te. Nach chromatographischer Trennung des anfallenden Reaktionsgemisches an Alu¬
miniumoxyd konnte in 50 - 60-proz. Ausbeute das gesuchte Monoketal II, das isome-
1) R. Rüegg, J. Dreiding, O. Jeger und L. Ruzicka, Helv. 33, 889 (1950).2) D. Arigoni, H. Bosshard, J. Dreiding und O. Jeger, Helv. 37, 2173(1954).3) P. Wieland & K. Miescher, Helv. 33, 2215 (1950).4) Vgl. z.B. S. Bernstein, M. Heller~S S.M. Stollar, J. Amer. ehem. Soc. 76,
5674 (1954).—
-li¬
re Monoketal ni (0 - 5-proz.) sowie das Diketal IV (3 - 12-proz.) in reiner Form
isoliert werden ' '.
Die nachfolgende Methylierung des ex, (3 -ungesättigten Ketons n erfolgte in
Anlehnung an die Vorschriften von J.M. Conia ', wobei in einer glatt verlaufenden
Reaktion ein Produkt der Zusammensetzung CjcH22°3 resultierte. Dieses konnte
anhand der Analyse und seiner spektroskopischen Daten als (±)-A '-4,4,9-Tri-
methyl-octalin-3, 8-dion-8-äthylenketal (V) charakterisiert werden.
Die Verbindung V wurde nun mittels Lithiumaluminiumhydrid in Aether redu¬
ziert, wobei in ungefähr gleichen Ausbeuten die beiden am C-3 epimeren Alkohole VI
vom Smp. 87° sowie VII vom Smp. 148° entstanden. Die bereits an dieser Stelle vor¬
genommene Konfigurationszuteilung an die Hydroxylgruppe des Epimerenpaares VI
und VII ist zulässig, da das tiefer schmelzende Isomere VI im weiteren Verlauf der
Synthese das Racemat von Xa mit ß -ständiger Hydroxylgruppe am C-3 liefert.
Für weitere Versuche war es nun ratsam, die Ketalgruppierung von VI hydroly¬
tisch zu spalten, was durch Erwärmen mit verdünnter Essigsäure leicht erzielt wer¬
den konnte. Das anfallende, in reiner Form nicht isolierte ungesättigte Hydroxyketon
wurde mit Acetanhydrid-Pyridin zum O-Acetylderivat verestert und dieses in Eis¬
essiglösung einer katalytischen Hydrierung in Anwesenheit eines Platinoxyd-Kataly¬
sators unterworfen. Da bei der Hydrierung, wie aus dem Wasserstoffverbrauch ge¬
schlossen werden kann, mit der Doppelbindung gleichzeitig auch die Carbonylgruppe
reduziert wird, hat man das rohe Reduktionsprodukt mit Chrom(VI)-oxyd nachoxydiert.
Durch chromatographische Trennung des Reaktionsgemisches an Aluminiumoxyd ge¬
lang es wiederum mühelos, zwei kristalline Verbindungen: das (t) O-Acetyl-trans-
4,4,9-Trimethyl-3 ß-hydroxy-decalon-(8) (VIII) vom Smp. 94°, sowie das am C-10
stereoisomere IX vom Smp. 54 zu isolieren. Auch im Falle des Verbindungspaares
Vni und IX wurde die Konfigurationszuteilung auf Grund der Ueberführung von vm in
das Endprodukt X vorgenommen.
5) Man hat sich nicht bemüht, die genaue Lage der Doppelbindung in den Nebenproduk¬ten HI und IV der Ketalisierung zu bestimmen, und man formuliert sie in Anlehnungan die Ergebnisse der analogen Versuche bei ,â4-3-Keto-steroiden, bei welchen
die Ketalisierung der C-3-Carbonylgruppe mit einer Verschiebung der Doppelbin¬dung zwischen C-5 und C-6 verbunden ist.
6) Es sei bemerkt, dass diese Ausbeuten ohne weiteres reproduzierbar sind, wenn
man die im experimentellen Teil dieser Arbeit angegebenen Vorschriften genau be¬
folgt. Insbesondere sei erwähnt, dass bei Verlängerung der Reaktionsdauer wohl
die Ausbeute am gesuchten Monoketal II fällt, ohne dass dabei aber die Ausbeute
am Diketal IV entsprechend erhöht würde - was man auf sekundäre Vorgänge (Zer¬setzung) zurückführen kann.
7) Bull. Soc.chim. France 1954, 690, 943; 1956, 1040. Vgl. auch R.B. Wood war d,A.A. Patchett, D.H.RTHarton, D.ÄTTTlves & R.B. Kelly ,
Konfiguration'einnimmt, folgt aus der Verschiedenheit der beiden Diketone, dass
in XV und somit auch in den Zwischenprodukten XII und XIV die beiden Ringe eis ver¬
knüpft sein müssen.
Die Hydroxyketone Villa, IXa, Xlla, Xllla, (t) Xa, (-)Xa und XlVa wurden für
uns freundlicherweise von Herrn Dr. S ehr eiber oxydiert ,wobei der Verlauf
der Reaktion qualitativ verfolgt wurde. Man erhielt die folgenden k*-Werte: 1,62;
3,55; 0,83; 1,50; 1,60; 1,57; 0,83.
Anhang
Die Aktualität des Problems brachte es mit sich, dass sich mehrere Forschungs¬
gruppen gleichzeitig mit der Synthese dem Hydroxyketon Xa analog gebauter bicyc-
lischer Verbindungen befassten. Unabhängig von uns synthetisierten B. Gaspert,
T.G. Halsall undD. Willis '
ausgehend vom Diketon I über die Zwischenstufen
XVI - XVIII das auch von uns hergestellte Decalon VIII, während F. So ndhe im er
12)und D. E lad ' dasselbe Decalon mit etwas veränderter Reihenfolge der Zwischen¬
stufen XIX - XXI bereiteten. Die Alkylierung der Verbindung VIH durch F. Sond-
heimer führte im Verlauf der weiteren Synthese zum Decalon Xa, das sich mit un¬
serem Präparat nach dem Smp., Misch-Smp. und dem IR. -Absorptionsspektrum als
identisch erwies.
9) Beim trans-Diketon XI ist es wohl die Konfiguration mit äquatorialer Lage der
Methylgruppe. Da das nicht-kristalline cis-Isomere XV in zwei Konstellationen
vorliegen kann, ist eine Aussage über die bevorzugte Lage der Methylgruppe amC-7 in dieser Verbindung nicht möglich.
10) Zur Methodik vgl. J. Schreiber & A. E schenmoser, Helv. 38, 1529 (1955).11) J.Chem.Soc. 1958, 624.
—
12) J.Amer. chemTSöc. 80, 1967(1958).
17
O OR' OR« OR'
XVI XVII
OH OR' OR'
O'RO
\..-Q
RO—S
H' x H'
XDC xx xxi vni
o
RO_
H
H^ RO'
xxn xxm
R R"
RO
OH
RORO-K^s^ R°-
rA H i "H
'
XXIV XXV XXVI XXVII
- 18 -
Wie den Berichten der beiden Arbeitsgruppen zu entnehmen ist, entstehen sämt¬
liche Zwischenprodukte in sterisch einheitlich verlaufenden Reaktionen. Unsere Resul¬
tate weichen demnach in dieser Hinsicht von denjenigen der erwähnten Forschungs¬
gruppen ab. Die Reduktion des Ketals V mit Lithiumaluminiumhydrid liefert in un¬
gefähr gleichen Ausbeuten die beiden epimeren Alkohole VI und VII. Ebenfalls
zeigte es sich (siehe oben), dass die katalytische Hydrierung der Doppelbindung
C-5-C-10 zu einem Gemisch beider möglicher Stereoisomeren führt, dessen Zusam¬
mensetzung in unserem Fall stark von der Konfiguration am C-3 abhängig ist. So lie¬
fert die Hydrierung der Verbindung XXII mit ß -ständiger O-Acetylgruppe am C-3
das trans-Decalon VIH sowie das entsprechende cis-Isomere IX in einem Verhältnis
von 3:1. Bei der Hydrierung der am C-3 epimeren O-Acetyl-Verbindung XXIH wird
dagegen in 83-proz. Ausbeute das cis-Decalon XII isoliert, wobei die entsprechende
Verbindung vom Typus des trans-Decalins Xni nur zu 17-proz. anfällt.
Eine Erklärung für das ungleiche Verhalten des Ketals V und des Pyranyläthers
XVI bei der Reduktion mit Lithiumaluminiumhydrid könnte wohl in der Verschieden¬
heit der sterischen Verhältnisse gefunden werden. Bei der Reduktion der Ketogruppe
am C-3 der Verbindung XVI erfolgt der Angriff des Hydridjons fast ausschliesslich
von der oc -Seite des Moleküls. Im Falle des Ketons V wird jedoch mindestens in der
Konstellation B (R,R" = O; R', R*" = -0-CH2-CH2-0-) durch den axial gebundenen
ot-ständigen Substituenten (Ketal-O) am C-8 die hintere Seite des Moleküls abge¬
schirmt, was eine Reduktion der Ketogruppe zu einem 3 ß -Hydroxyl erschweren
könnte14)15).Im Zusammenhang mit der Hydrierung der 5-6-Doppelbindung spielt neben
der Konfiguration des Substituenten in Stellung 8 auch die Orientierung der Sau-
erstoffunktion am C-3 eine bedeutende Rolle. Bei der Hydrierung eines Präpara¬
tes, welches einen 3 (3 -Substituenten trägt oder am C-3 unsubstituiert ist, kann eine
bevorzugte Anlagerung des Wasserstoffes von der ungehinderten Rückseite des Mole¬
küls angenommen werden '. Dies führt eo ipso überwiegend zu Verbindungen der
trans-Decalinreihe. Wenn dagegen Verbindungen mit einem 3 tx-Substituenten der
Hydrierung unterworfen werden, so erfolgt wegen der sterischen Hinderung der Rück-
13) Bezogen auf die Summe der isolierten Alkohole.
14) Die obere Ableitung ist nur dann zulässig, wenn der Verlauf der Reduktion mit
Metallhydriden durch sterische Hinderung beeinflusst wird (vgl. dazu D.H.R. Bar¬
ton, J.chem.Soc. 1953, 1027). Bekanntlich werden sterisch gehinderte Ketone zu
axialen Alkoholen reduziert, was auch im Fall des Ketons V zu 50% zutreffen wird.
15) In der zweiten möglichen Konstellation (A) ist bei den Verbindungen die Vordersei¬
te des Moleküls durch einen axialen /J-ständigen Substituenten am C-8 gegen einen
Angriff geschützt. Das Keton kann auch als relativ weniger gehindert angesehenwerden.
16) Vgl. auch J.D. Cocker und T.G. Halsall, Chemistry and Ind. 1956, 1275
und Anm. 17).
- 19 -
seite des Moleküls die Wasserstoffanlagerung syn zur Methylgruppe am C-9. Da eine
derartige Beeinflussung der Stereochemie der Hydrierungsreaktion bei den Steroiden
17)gut bekannt ist
, war eine Inversion der Ausbeuten an eis- und trans-Produkten auch
in der bicyclischen Reihe a priori zu erwarten. Trotzdem sollten aber zu weit gehen¬
de Analogieschlüsse vermieden werden, da die konstellativen Verhältnisse bei beiden
Gerüsten nicht identisch sind und im Falle des A l'-Trimethyloctalons sich zusätz¬
liche Faktoren auswirken können. Es sei einerseits auf die Wechselwirkung der bei¬
den axialen '
Methylgruppen am C-4 und C-9, welche eine Deformation des Ring¬
systems hervorrufen könnte, hingewiesen und anderseits die formelle Möglichkeit
der Ausbildung der Konstellation A erwähnt, in welcher, wie Modellbetrachtungen
zeigen, die Vorderseite des Moleküls einem Angriff des Wasserstoffes eher ausge¬
setzt ist.
Die Hydrierung des Dien-Systems der Verbindung XXIV führt nach Angaben von
19)N.B. Hay n es und C.J. Timmons 'in einer sterisch einheitlich verlaufenden Re¬
aktion zum O-Benzoyl-Derivat des Decalins XXV. Ebenso ergibt die Hydrierung der
Verbindung XXVII und Nachoxydation der Hydroxylgruppe am C-8 das O-Benzoylderi-
vat des Ketons VTfla. Im Gegensatz dazu liefert die Hydrierung des Dienonsystems
der Verbindung XXVI das Derivat des cis-Decalons iXa.
Im Zusammenhang mit den oben beschriebenen Versuchen sei hervorgehoben,
dass verschiedene Autoren auch solche eis- und trans-Decalone herstellten, die eine
Ketogruppe am C-6 oder C-7 enthalten. T.G. Halsall, W.J. Rodewald und D.
Willis ' synthetisierten die Verbindung XXVIII, während das Decalon XXDC von
21)
S.L. Mukher jee undP.C.Dutta '
hergestellt wurde. Von T.G. Halsall und22)
D.B. Thomas ' wurde ferner das Decalin XXX bereitet, das ein Zwischenpro¬
dukt für die Synthese der Ringe D und E von (3 -Amyrin darstellt.
,-Çp »°-ÇQ,oRO-
xxvm xxDC~
xxx
17) I.R. Lewis und C.W. Shopee, J.chem.Soc. 1955, 1367.
18) Das Auftreten von Konstellationen mit äquatorialer Lage der C-9-Methylgruppeerscheint anhand von Modellbetrachtungen aus rein sterischen Gründen nicht wahr¬
scheinlich. Neben A und B könnte möglicherweise noch eine Konstellation, in wel¬
cher der Ring I in Wannenform vorliegt, eine Rolle spielen.19) Proc. chem.Soc. 1958, 345.
20) ibid. T55?, 231.
21) ibid. 1358", 351.
22) J.chem.Soc. 19567~2431.
- 20 -
Experimenteller Teil '
4Partielle Ketalisierung von I. Eine Mischung von 6 g A -9-Methyl-octalin-3,8-dion
(I), 35 ml Aethylenglykol und 100 mg p-Toluolsulfonsäure in 170 ml Benzol wurde in
24)einem Rundkolben mit angeschlossenem Wasserabscheider 21/4 Std. unter Rück-
fluss erwärmt (Oelbad-Temperatur 120^. Das abgekühlte Reaktionsgemisch wurde mit
gesättigter Natriumhydrogencarbonat-Lösung und anschliessend mit dest. Wasser ge¬
waschen. Nach dem Eindampfen der mit wasserfreiem Natriumsulfat getrockneten
Benzol-Lösung konnten 7, 720 g eines rotbraunen, zähflüssigen Oeles isoliert werden.
Dieses wurde zwecks Auftrennung der Reaktionsprodukte in 40 ml eines Petroläther-
Benzol-(4 : 1)-Gemisches aufgenommen und an einer Säule von 180 g neutralem Alu¬
miniumoxyd (Akt. n) chromatographiert.
Mit dem gleichen Lösungsmittelgemisch konnten aus der Säule 1,08 g des Dike-
tals IV eluiert werden. Nach viermaliger Umkristallisation aus Hexan schmolz das
so erhaltene Präparat bei 92 - 93°. Im UV. -Bereich des Spektrums tritt keine selek¬
tive Absorption auf, und im IR. -Spektrum der Verbindung fehlt die Absorptionsbande
der Carbonylgruppe.
C15H22°4 Ber- C 67'64 H 8'"
Gef. C 67,77 H 8,52%
Mit Petroläther-Benzol (1: 1) und mit reinem Benzol eluierte man aus der Säule4
in Form eines Oeles 4,12 g (t)- A -9-Methyl-octalin-3,8-dion-8-äthylenketal (II).
Dieses absorbiert im UV. -Spektrum bei 242 mju (log £ = 4,10) und weist im IR. -Ab¬
sorptionsspektrum das Doublett der <x, (3 -ungesättigten Keton-Gruppierung bei 1670
und 1625 cm" auf. Es siedet im Hochvakuum (0,1 Torr) unter teilweiser Zersetzung
bei 124 ; n_ =1, 5370. Zur Analyse wurde eine Probe aus dem Chromatogramm im
Hochvakuum bei Zimmertemperatur getrocknet.
C13H18°3 Ber- C 70'24 H 8>16%
Gef. C 70,27 H 8,17%
23) Die Smp. wurden in offenen Kapillarröhrchen im Kofler-Block bestimmt und sind
korrigiert. Die angegebenen Sdp. beziehen sich auf Badtemperatur. Die IR. -Ab¬
sorptionsspektren wurden in Chloroformlösung mit einem Perkin-Elmer-Spektro-photometer, Modell 21, aufgenommen. Die Angaben über UV.-Absorptionsspek¬tren beziehen sich auf Lösungen der Substanzen in Feinsprit.
24) Beim längeren Erwärmen (6 Std.) konnten aus 1 g angesetztem Diketon I neben
grossen Mengen Zersetzungsprodukten lediglich 300 mg Diketal IV und 150 mgMonoketal II isoliert werden. Ein kurzes Erwärmen (1 Std.) liefert neben 20%Ausgangsmaterial 5% Monoketal in, 5% Diketal IV und 40% Monoketal II. Bei
grösseren Ansätzen fällt die Ausbeute stark ab.
- 21 -
Zur weiteren Charakterisierung der Verbindung II wurde eine Probe durch
Kochen mit Semicarbazidhydrochlorid und Natriumacetat in Methanol in das ent¬
sprechende Semicarbazon übergeführt. Zur Analyse gelangte ein dreimal aus Metha¬
nol umkristallisiertes Präparat vom Smp. 203 - 204 (im Vakuum).
C14H21°3N3 Ber- C 60,19 H 7'58%
Gef. C 60,18 H 7,49%
Benzol-Aether-Gemische mit steigendem Aether-Gehalt eluierten aus der Säule
lediglich 0,22 g des unreinen Monoketals (n). Beim Auswaschen der Säule mit Aether-
Methanol (1 : 1) konnten schliesslich 1,25 g dunkelgefärbter Produkte unbekannter Kon¬
stitution isoliert werden.
Bei kurzer Reaktionsdauer (1 Std. ) konnte bei der chromatographischen Auftren¬
nung, wie bereits angegeben ', anschliessend an das Diketal IV, mit gleichem Lö¬
sungsmittel auch das (t)-A * '-9-Methyl-octalin-3, 8-dion-3-äthylenketal (III) eluiert
werden. Nach dreimaliger Umkristallisation aus Hexan erhielt man ein Präparat vom
Smp. 61-62,welches im UV. -Spektrum keine Absorption über 220 mu aufwies. Im
IR. -Absorptionsspektrum der Verbindung tritt die Frequenz des gesättigten Carbonyls
bei 1715 cm" auf. Das Präparat wurde zur Analyse im Hochvakuum destilliert.
C13H18°3 Ber* C 70'24 H 8>16%
Gef. C 70,06 H 8,29%
(t)-A ^10*-4,4,9-Trimethyl-octalin-3,8-dion-8-äthylenketal (V). Zu einer auf
0 abgekühlten Lösung von 7 g Kalium in 150 ml t-Amylalkohol wurden unter Durch -
leiten von Stickstoff und Feuchtigkeitsausschluss 4,7 g des Monoketals II in 15 ml t-
Amylalkohol getropft. Anschliessend versetzte man das Reaktionsgemisch tropfen¬
weise innert 30 Min. mit 50 g Methyljodid und liess unter Stickstoff bei 20 drei Tage
stehen. Die praktisch farblose Lösung, zusammen mit dem ausgefallenen Kaliumjodid,
wurde dann auf Eis gegossen, mit Aether versetzt und wie üblich aufgearbeitet. Nach
dem Abdampfen des Lösungsmittels im Vakuum wurde das erhaltene Reaktionsprodukt
im Petroläther-Benzol-(l : 1)-Gemisch gelöst und an einer mit dreissigfacher Gewichts¬
menge neutralem Aluminiumoxyd (Akt. II) beschickten Säule chromatographiert. Mit
dem gleichen Lösungsmittelgemisch wurden 4, 7 g 4' '-4,4, 9-Trimethyl-octalin-
3,8-dion-8-äthylenketal (V) eluiert. Das als nichtkristallisierendes Oel vorliegende
Produkt wies im IR.-Absorptionsspektrum bei 1710 cm" eine der gesättigten Keton-
Gruppierung entsprechende Bande auf. Im UV. -Spektrum der Verbindung tritt ober¬
halb 220 mju keine selektive Absorption auf. Zur Analyse gelangte ein zweimal im
löst in 5 ml Eisessig, wurden mit 5 ml einer 0,67-proz. Lösung von Chrom(VI)-oxyd
in 99-proz. Essigsäure versetzt und vier Std. unter Rühren bei 20° stehengelassen.
Die Aufarbeitung lieferte 11 mg des rohen Diketons XV, welches chromatographiert
und bei 0,04 Torr destilliert wurde (Sdp. 95°). Im IR. -Spektrum fehlt die Hydroxyl-
bande im 3640 cm" - Bereich, wobei jedoch eine kräftige Carbonylbande bei 1705
cm auftritt.
Zusammenfassung
Es wurde das racemische trans-4,4,7, 9-Tetramethyl-3ß -hydroxy-decalon-(8)
(Xa) synthetisiert. Das stereoisomere racemische cis-4,4,7,9-Tetramethyl-3ot-hy-
droxy-decalon-(8) (XlVa) und die zwei Hydroxyketone (+)-trans-4,4,7-Trimethyl-3cK.-
hydroxy-decalon-(8) (Xina) und (t)-cis-4,4,7-Trimethyl-3 ß-hydroxy-decalon-(8) (IXa)
wurden ebenfalls als Nebenprodukte der Synthese erhalten.
- 30 -
II. ZUR KENNTNIS DER CHRYSE RGONSAE URE
Einleitung
Die starken physiologischen Eigenschaften der Mutterkornmetabolitenprodukte
richteten frühzeitig die Aufmerksamkeit der Forscher auf diese Verbindungen, die
vom Pilz Claviceps purpurea auf verschiedenen Getreidearten, insbesondere auf
Roggen erzeugt werden. Die darin enthaltenen Alkaloide sind äusserst giftig und ha¬
ben durch ihre Anwesenheit im Getreidemehl besonders im Mittelalter Anlass zu
schweren Epidemien gegeben. Daneben wurde ebenfalls frühzeitig ihre therapeutische
Wirksamkeit zur Auslösung von Uteruskontraktionen bei der Anwendung von schwachen
Dosen erkannt.
Intensive Forschungen über Mutterkornalkaloide, bei denen A. S t o 11 und Mit-
arbeiter ' '
massgeblich beteiligt waren, führten zur Isolierung von sechs verschie¬
denen Basen, die alle Amide derselben Schlüsselsubstanz, der Lysergsäure I, dar¬
stellen. Die endgültige Formel der letzteren wurde 1949 von A. S toll et al. ' auf¬
gestellt. Die d, 1-Lysergsäure ist in der Folge 1956 von R.B. Woodward und Mit¬
arbeitern ' totalsynthetisch hergestellt worden.
COOH
N-CH3
HN
Neben den erwähnten Alkaloiden produziert der Pilz Ergosterin, Vitamin D und eine
grössere Anzahl von Aminen '. Ferner werden in geringen Mengen gelbe Farbstoffe
erzeugt, über die nachfolgend berichtet werden soll. Unter diesen besitzen die Seca-
lonsäure und die Chrysergonsäure nach Untersuchungen von A. S toll et al. ' eine
gewisse antibakterielle Wirksamkeit, indem sie das Wachstum von Staphylokokken zu
hemmen vermögen.
1)A. Stoll in "Fortschritte der Chemie organischer Naturstoffe", Band IX, S. 114,Springer-Verlag, Wien (1952).
2) Cl. Schlöpf in "Festschrift A.Stoll". S.5, Birkhäuser Basel (1957).3) A. Stoll, A. Hof mann und F. Troxler, Helv. 32, 506 (1949).4) E.C.Kornfeld, E.J. Fornef eld, G.B.Kline, M.J.Mann, D.E.Morrison,R.G.Jones und R.B. Woodwar d, J. Amer. ehem.Soc. 78, 3087(1956).
5) A. Stoll, J. Renz und A. Brack, Helv. 35, 2022 (1952).
- 31 -
Theoretischer Teil
a) Frühere Arbeiten über Mutterkornfarbstoffe
Das Mutterkorn enthält in Mengen von 1-2 Gewichtspromillen gelbe Farbstoffe.6-9)
Frühere Untersuchungen verschiedener Forscher ' beschränkten sich hauptsäch¬
lich auf die Isolierung der Farbstoffe, doch wurden diese nur mangelhaft charakteri¬
siert. Erst in neuerer Zeit wurden einige Pigmente durch genauere physikalische
Daten und chemische Eigenschaften gekennzeichnet.
Die ersten bedeutenden Beiträge zur Kenntnis von Mutterkornfarbstoffen stam¬
men von W. Bergmann ,der 1932 aus den Rückständen der Mutterkornextraktion
einen Farbstoff isolierte, den er Ergochrysin nannte. Die Identität mit einem früher
von C. Jacoby' beschriebenen gleichnamigen Farbstoff wurde jedoch nicht belegt.
Die Isolierung erfolgte nach der Entfernung der ätherlöslichen Bestandteile aus den
Mutterkornrückständen durch Extraktion mit Chloroform, aus welchem Ergochrysin
in goldgelben Blättchen vom Smp. 266 auskristallisierte. Auf Grund der Verbren¬
nungswerte und der Molekulargewichtsbestimmung nach Rast stellte W. Bergmann für
Ergochrysin die Formel C28H28°12 au*'
W. Bergmann gelang es als erstem, durch Alkalischmelze von Ergochrysin
mehrere definierte Abbauprodukte zu fassen. In der Säurefraktion identifizierte er
neben Essigsäure und Oxalsäure die 1,3,5-Kresotinsäure (II) und in der phenolischen
Fraktion Resorcin (III) und 2,4,2,,4'-Tetrahydroxydiphenyl (IV). Durch Acetylieren
von Ergochrysin mit Acetanhydrid und einer Spur Pyridin in der Hitze erhielt W.
Bergmann ein farbloses Produkt vom Smp. 240°, das er auf Grund der Verbrennungs¬
werte als Dekaacetat, C^H^gO^^i auffasste. Ferner gelang W. Bergmann durch Ein¬
wirkung von kalter, konzentrierter Salpetersäure die Darstellung eines stickstoffhal¬
tigen Reaktionsproduktes vom Smp. 260,dem er die Formel CigH.gOgN zuschrieb.
A. S to 11, J. Renz und A. Brack isolierten 1952 aus ungarischem Mutter¬
korn einen gelben Farbstoff, den sie Secalonsäure nannten. Die Identität mit einem
Farbstoff, den ein früherer Autor ' unter demselben Namen beschrieben hatte, ist
jedoch nicht gesichert. Die Isolierung der Secalonsäure aus Mutterkorn erfolgte nach
der Entfernung von öligen Bestandteilen mit Petroläther durch Extraktion mit Chloro¬
form und Eisessig. Eine detaillierteBeschreibungfindet sich in unseren eigenen Arbeiten.
6) G. Dragendorff und V. Podwy ssotzky, Arch. exp. Path. Pharm. 6,172(1877).7) C. Jacoby, Arch. exp. Path. Pharm. 39, 85(1897).8) F. Kraft, Arch.Pharm. 244, 344 (19TJB).
9) G. Barger, Ergot andTTrgotism, Gurney and Jackson, London, 1931, p.140.10) W. Bergmann, Ber. deutsch, ehem. Ges. 65, 1489(1932).
- 32 -
Die Autoren konnten in der Secalonsäure Methoxylgruppen nachweisen. Auf
Grund dieses Methoxylgehaltes und in der Annahme, dass das Molekül zwei Methoxyl¬
gruppen enthält, wurde ein Molekulargewicht berechnet, das in Uebereinstimmung
mit den Verbrennungswerten der Formel C-^HoßonOia entsprach. Die Bestimmung
nach Zerewitinoff ergab für die Secalonsäure 6-7 aktive Wasserstoffe. Die Verbin¬
dung ist auch durch ein UV. -Absorptionsspektrum charakterisiert, das in der Publi¬
kation von A. S to 11 und Mitarbeitern ' abgebildet ist.
Die Secalonsäure erwies sich als optisch aktiv. Während die Drehung in Chloro¬
form oder Acetonlösung einen konstanten Wert behielt, änderte sich diese in Pyridin-
lösung zu einem allmählich konstanten Wert. Die Mutarotation betrug ungefähr 140 .
Da es nicht gelang, das ursprüngliche Pigment vollständig aus der Pyridinlösung zu¬
rückzugewinnen, scheint die Mutarotation eher auf einer Abbaureaktion als auf einem
Gleichgewicht zu beruhen. Rascher als in Pyridinlösung vollzog sich die Mutarotation
in alkalischen Medien.
Die Acetylierung der Secalonsäure mit überschüssigem Pyridin und Acetanhydrid
bei Zimmertemperatur ergab keine kristallinen Verbindungen. Das amorphe Reaktions¬
produkt lieferte einen Acetylgehalt von etwa 40%.
Die Secalonsäure lieferte bei der Acetylierung in heissem Acetanhydrid und Py¬
ridin ein farbloses, kristallines Derivat vom Smp. 205 - 206,für das Stoll et al. die
Formel CirjHjgO- vorschlugen. Es gelang den Autoren nicht, Acetylgruppen nachzu¬
weisen '. Sie stellten fest, dass die Verbindung eine Methoxylgruppe pro Molekül ent¬
hielt und in Soda unlöslich war.
Die Alkalischmelze der Secalonsäure lieferte in der Phenolfraktion 2,4,2', 4'-
Tetrahydroxydiphenyl; dasselbe Produkt hatte bereits Bergmann ' durch Alkali¬
schmelze von Ergochrysin erhalten. In der Säurefraktion konnte die von Bergmann
gefundene Kresotinsäure nicht isoliert werden. Dagegen wurden zwei neue Säuren, die
Bernsteinsäure (V) und die Methylbernsteinsäure (VI) gefasst. Bei milderer Behand¬
lung fiel Methylbernsteinsäure als einziges Produkt an.
ÇOOH OH
H-c CH9-COOH CH,-CH-COOH
H\=f CH2-COOH CH2-COOH
v /-vu m
V VI
-OH
HO OHm
ho —<( y——\ fi—OH
IV
*) Vgl. eigene Arbeiten.
- 33 -
5)
S toll et al. ' konnten die Secalonsäure in schweizerischem Mutterkorn nicht
auffinden, doch gelang ihnen die Extraktion eines neuen Farbstoffes, für den sie den
Namen Chrysergonsäure einführten. Zur Isolierung der Chrysergonsäure wurde das
mit Petroläther entfettete Mutterkorn mit 80% Methanol extrahiert, worauf die kon¬
zentrierte Lösung mit Salzsäure gerade angesäuert und mit Aether ausgeschüttelt
wurde. Die aus der ätherischen Lösung abgeschiedenen Bestandteile wurden durch
Filtration oder Zentrifugieren abgetrennt. Nach der Extraktion mit Eisessig, Metha¬
nol und Aether Hess sich das gelbe Pulver aus Dioxan-Aether Umkristallisieren.
Die Chrysergonsäure war in typischer Weise durch schwerere Löslichkeit von
der Secalonsäure zu unterscheiden. Die analytischen Werte und die chemischen Eigen¬
schaften zeugten indessen von einer nahen Verwandtschaft der beiden Farbstoffe. Auf
Grund der Elementaranalyse wurde für die Chrysergonsäure die Formel C32H30-32O14aufgestellt. Die Verbindung enthält ebenfalls zwei Methoxylgruppen pro Molekül. Die
Bestimmung nach Zerewitinoff ergab für die Chrysergonsäure 6 aktive Wasserstoff¬
atome. Das UV. -Absorptionsspektrum der Chrysergonsäure ist nahezu deckungsgleich
mit demjenigen der Secalonsäure (siehe Abbildung der Spektren in der Publikation von
5)Stoll et al. ')• Die beiden Pigmente unterschieden sich in der Drehung und in der
Mutarotation, welche bei der Chrysergonsäure nur annähernd 40 betrug. (Die Drehung
der Chrysergonsäure konnte wegen ihrer schweren Löslichkeit nicht in Chloroform
oder Aceton bestimmt werden.) Die Chrysergonsäure lieferte bei der Alkalischmelze
dieselben Abbauprodukte wie die Secalonsäure. Ein bei Zimmertemperatur acetylier-
tes Präparat wies ebenfalls 40% Acetylgehalt auf.
Angeblich lieferte die Chrysergonsäure durch Acetolyse in der Hitze ein Präpa¬
rat vom Smp. 237 - 246,welches verschieden war von dem nach derselben Methode
dargestellten Präparat der Secalonsäure '. Die Verbrennungswerte stimmten auf die
Formel C,rHic^v Auch bei diesem Produkt gelang den Autoren der Nachweis von
Acetylgruppen nicht. Pro Molekül wurde eine Methoxylgruppe gefunden.
Ein weiterer Mutterkornfarbstoff wurde von verschiedenen Autoren~
'unter
dem Namen Ergoflavin beschrieben. Bedeutende Beiträge zur Kenntnis des Ergoflavins
wurden jedoch erst in neuester Zeit geleistet. A. Robertson und Mitarbeiter '
extrahierten 1958 aus dem alkaloidfreien Rückstand von Mutterkorn den Farbstoff
Ergoflavin, ohne indessen die Identität ihres Farbstoffes mit dem Ergoflavin früherer
Autoren näher zu belegen.
11) A. Freeborn, Pharm.J. [4] 34, 568(1912).12) A.W. Forst, Arch. exp. Path. PTTarm. 114, 125 (1926).13) W. Bergmann, Ber.deutsch.ehem.Ges. 65, 1486(1932).14) G. Eglinton, F.E.King, G. Lloyd, J.TV. Loder.J.R. Marshall, Alexan¬
der Robertson and W.B. Whalley, J.chem.Soc. 1958, 1833.
- 34 -
Die englischen Autoren stellten für Ergoflavin die Summenformel C30H2gOj4auf. Das Pigment enthält vier phenolische Hydroxylgruppen, zwei alkoholische Hydro¬
xylgruppen, zwei Carbonylgruppen und zwei y -Lactonringe. Der Abbau des Tetra-
O-Methyläthers mit Bariumhydroxyd lieferte einen Dimethyläther von 3,3'-Diacetyl-
2,4,2',4'-tetrahydroxydiphenyI(VH); dieses liess sich durch Reduktion und Methylie-
rung in 3,3,-Diaethyl-2,4,2,,4'-tetramethoxydiphenyl(VIH)überführen, welches iden¬
tisch war mit einem synthetischen Präparat.
ToH OhI fäcHg ÔCH3Ivn vm
Es bestehen somit Anzeichen für die Annahme, dass den drei Farbstoffen Secalon¬
säure, Chrysergonsäure und Ergoflavin ein substituierter Diphenylkern zu Grunde
liegt. A.Robertson et al. halten es ferner für wahrscheinlich, dass Ergoflavin
symmetrisch gebaut ist und in der Natur durch oxydative Kupplung von identischen
Cjg-Bestandteilen entsteht.
b) Eigene Arbeiten über die Chrysergonsäure
Das zur Verfügung stehende Mutterkorn wurde nach dem von A. S to 11 und Mit¬
arbeitern bei der Extraktion von Secalonsäure angewandten Prinzip bearbeitet. Das
Mycelium wurde fein gemahlen, mit Petroläther entfettet und mit Chloroform extra¬
hiert. Nach dem Einengen des Chloroforms entfettete man ein zweites Mal mit Petrol¬
äther. Der braune Rückstand wurde nach der Pulverisierung dreimal mit Essigsäure
ausgewaschen, wobei das Filtrat nur noch schwach gelb ablief. Man kochte das zurück¬
bleibende gelbe Pulver mit Methanol auf und extrahierte es nach dem Abfiltrieren mit
Chloroform im Soxhlet. Auf diesem Wege konnte mit einer Ausbeute von knapp l%o
ein gelber Farbstoff isoliert werden. Auf Grund des direkten Vergleiches mit Proben
von Secalonsäure und Chrysergonsäure, die uns von A. S toll und Mitarbeitern freund¬
licherweise zur Verfügung gestellt wurden, liess sich die Identität unseres Präparates
mit der Chrysergonsäure (DC) feststellen.
Die Chrysergonsäure ist in allen organischen Lösungsmitteln mit Ausnahme von
Pyridin sehr schwer löslich und lässt sich aus der tausendfachen Gewichtsmenge Chlo¬
roform Umkristallisieren. Aus diesem Lösungsmittel bildet sie optisch aktive Nadeln
- 35 -
vom Smp. 257°. Der Anfangswert der Drehung in Pyridin betrug [oc] _ = -2° t 1°.
Die Verbrennungswerte stimmten auf die Formel C/o-j» or,H„pO. .. Auf Grund der
wahrscheinlicheren C32-Formel enthält die Chrysergonsäure 17 Ringe bzw. Doppel¬
bindungen. Pro Molekül wurden zwei Methoxyl, zwei C-Methyl- und eine Acetylgruppe
nachgewiesen. Infolge der Schwerlöslichkeit konnten keine Zerewitinoffbestimmungen
durchgeführt werden. Für röntgenographische Molekulargewichtsbestimmungen waren
die Kristalle ungeeignet.
Das IR. -Absorptionsspektrum der Chrysergonsäure (Nujol) zeigte eine schmale
Hydroxylbande bei 3600 cm" und eine Càrbonylschwingung bei 1745 cm". Ein Triplet
in der Gegend von 1600 cm" könnte von der Anwesenheit eines aromatischen Systems
herrühren. Eventuell vorhandene, chelatisierte Carbonylgruppen könnten ebenfalls
in diesem Bereich liegen. Das UV. -Absorptionsspektrum (in Feinsprit) zeigte ein
ausgeprägtes Maximum bei 342 mu, log 6 = 4,46 und zwei weniger ausgeprägte Ma-
ximabei262mu, logt = 4,11 und 241 mp, log fc = 4,14. Der pK-Wert von rund 9 (er konn¬
te wegen der schweren Löslichkeit der Chrysergonsäure in Cellosolve nur approxima¬
tiv bestimmt werden), weist darauf hin, dass der saure Charakter auf der Anwesen¬
heit phenolischer Gruppierungen beruht. Im Einklang mit diesem Befund steht die
rotbraune Farbreaktion der Chrysergonsäure mit Ferrichlorid.
Die ersten chemischen Versuche ' galten der Charakterisierung der funktionel¬
len Gruppen der Chrysergonsäure. Die Acetylierung der Chrysergonsäure mit Acetan-
hydrid und einer Spur Pyridin bei Zimmertemperatur lieferte ein schwach gelbes,
amorphes Produkt, das in Benzol löslich war und auf Silicagel chromatographiert
wurde. Die Verseifung lieferte vier Aequivalente Essigsäure, die Oxydation nach
Kuhn Roth sechs Aequivalente Essigsäure, wobei angenommen wurde, dass durch die
Oxydation vier Acetyl und zwei C-Methylgruppen erfasst worden sind. Im IR. -Absorp¬
tionsspektrum des Produktes war die Hydroxylschwingung von 3600 cm" nur noch
schwach angedeutet. Eine breite Bande trat bei 1755 cm" auf, die ohne Zweifel aus
der Ueberlagerung einer Schwingung, die der Gegenwart phenolischer Acetate zugewiesen
werden kann, mit der im Spektrum der Chrysergonsäure bereits vorhandenen Bande
bei 1745 cm hervorgeht. Die Aetherschwingung der Acetate war bei 1200 cm" sicht¬
bar. Auffallend war die neue Carbonylschwingung bei 1685 cm" ; da diese Bande in der
Chrysergonsäure selbst nicht enthalten ist, liegt die Annahme nahe, dass diese von
einer Carbonylgruppe herrührt, deren Schwingung bei der nicht acetylierten Säure in¬
folge Chelatisierung in den Bereich von 1600 cm verschoben wurde. Das Acetat ent¬
hält anscheinend immer noch Phenole, da es mit Ferrichlorid eine braune Farbreaktion
[) Eine Uebersicht über die Reaktionen, die in der Folge durchgeführt wurden, findet
man im Reaktionsschema auf Seite 50.
- 36 -
liefert. Das UV.-Absorptionsspektrum zeigt zwei Maxima bei 244 mji, log £ =3,37
und 277, log 6=4, 32.
Ein kristallines Acetat wurde durch die Einwirkung von Acetanhydrid in der Ge¬
genwart von Bortrifluorid bei Zimmertemperatur auf die Chrysergonsäure erhalten.
Man isolierte ein Produkt X vom Smp. 222 - 226°, das als Tetraacetat C40H4QO18der Chrysergonsäure aufgefasst werden könnte. Vorläufig fehlen jegliche Beweise da¬
für, ob das Gerüst unverändert geblieben ist, da noch kein Versuch unternommen wur¬
de, aus dem Acetat die Chrysergonsäure zurückzugewinnen. Eine halbierte Formel
CgoHonOn kann nicht ausgeschlossen werden.
Auf Grund der C4Q-Formel wurden zwei Methoxyl und vier Acetylgruppen pro
Molekül nachgewiesen. Ferrichlorid gab auch mit dem kristallinen Acetat eine braune
Farbreaktion. Die Verbindung erwies sich als optisch inaktiv.
Im IR. -Absorptionsspektrum traten Schwingungen bei 1775 cm" (nur Schulter),
1755 cm" und 1740 cm" auf. Ueberraschend fehlte beim kristallinen Acetat die Ban¬
de bei 1680 cm" ebenso wie jede Hydroxylschwingung. Das Fehlen dieser Bande so¬
wie die positive Ferrichloridprobe sprechen für die Anwesenheit einer o-Hydroxy-
Ketogruppierung, die wohl infolge Ausbildung von Wasserstoffbrücken im Spektrum
nicht sichtbar wäre. Sehr charakteristisch war das UV. -Absorptionsspektrum mit
vier Maxima bei 248, 255, 261 und 313 mu, log £ = 4,41; 4,41; 4,37 bzw. 4,20.
Verätherungen der Chrysergonsäure mit Diazomethan lieferten keine kristallinen
Verbindungen. Nach einer Einwirkungszeit von 15 Minuten wurde ein benzollösliches
Produkt erhalten, das zur Hauptsache mit Aether-Essigester aus der Silicagelsäule
eluiert wurde. Sämtliche Fraktionen waren amorph. Das IR. -Absorptionsspektrum
schien ähnlich demjenigen des Ausgangsmaterials, wenn man von einer stark in die
Breite entwickelten Hydroxylbande bei 3460 cm und einer starken Verstümmelung
der übrigen Bande absieht. Deutlich verschieden wie beim Ausgangsmaterial verhielt
sich das UV. -Absorptionsspektrum mit einem einzigen Maximum bei 327 mu, log £ =
4,47. Ferrichlorid lieferte mit dem amorphen Produkt nach wie vor eine braune Farb¬
reaktion.
Eine Verätherung von Chrysergonsäure mit Diazomethan unter Zusatz von Borti-
fluorid blieb ebenfalls erfolglos. Diese Methode, welche nach W.S. Johnson et al. '
sowie nach E. Müller und W. Rundel ' Methyläther von sterisch ungehinderten
primären und sekundären aliphatischen Alkoholen in guten Ausbeuten liefert, führte
in unserem Fall zu Ausgangsmaterial.
15) M. C. Caserio, J.D. Roberts, M. Nee man and W.S. Johnson, J. Amer,
ehem.Soc. 80, 2584 (1958).16) E.Müller und W. Rundel, Angew.Chem. 70, 105(1958).
- 37 -
Eine kristalline Verbindung wurde bei der Methylierung von Chrysergonsäure
mit Methyljodid und Kaliumcarbonat in kochendem Aceton isoliert. Mit einer Ausbeute
von 10% wurde ein Produkt XI vom Smp. 305 - 308° gefasst, das aus Methanol umge¬
löst wurde. Die Analysenwerte schienen auf eine Isomerisierung hinzuweisen, da sie
wie beim Ausgangsmaterial auf die Formel Cg2H32°14 passten. Der Methoxylgehalt
blieb gegenüber der Chrysergonsäure unverändert: es wurden zwei Methoxylgruppen
pro Molekül nachgewiesen. Im IR. -Absorptionsspektrum wurden an Stelle von einer
Hydroxylbande deren drei festgestellt bei 3660, 3500 und 3360 cm" . An Stelle von
einer Carbonylschwingung waren zwei bei 1735 und 1755 cm" sichtbar. Eine Bande
bei 1640 cm" könnte von einem chelatisierten Keton herrühren. Das UV. -Absorp¬
tionsspektrum war ebenfalls gänzlich verschieden vom Ausgangsmaterial mit zwei
Maxima bei 362 mu, log £ =3,64 und 261 mu, log 6 = 4,40.
Die Entstehung des Produktes ist unklar. Das Ausbleiben einer Zunahme an
Kohlenstoff und Wasserstoff bei den Verbrennungswerten sowie der gegenüber dem
Ausgangsmaterial unveränderte Methoxylgehalt schien eine Verätherung auszuschlies-
sen. Eine Verseifung konnte ebenfalls nicht stattgefunden haben, da das Kochen von
Chrysergonsäure in Aceton und Kaliumcarbonat allein unverändertes Ausgangsmaterial
lieferte.
Keinen Erfolg zeitigte ein Versuch, allfällig vorhandene Ketogruppen der Chry¬
sergonsäure mit Natriumborhydrid zu reduzieren. Die Säure war gegen dieses Re¬
duktionsmittel beständig. Drastischer wirkte das Lithiumaluminiumhydrid, das den
gelben Farbstoff in einen braunen, amorphen Schaum umsetzte. Im IR. -Absorptions¬
spektrum war die Ketobande von 1740 cm verschwunden, und die Hydroxylschwin-
gung bei 3300 cm" war breit und ausgeprägt. Das UV. -Absorptionsspektrum zeigte
zwei Maxima bei 216 mu, log £ =4,53 und 257 mu, log £ = 4,18 sowie eine Schul¬
ter bei 282 mfi, log £ = 3,83. Analytische Bestimmungen wurden keine durchgeführt.
Die Acetylierung des Rohproduktes lieferte einen fast farblosen, amorphen
Schaum, dessen IR.-Absorptionsspektrum Banden bei 3500, 1765 und 1735 cm zeigte.
Das UV.-Absorptionsspektrum wies ein Maximum bei 217 mu, log £ =4,45 auf.
Ebenfalls amorph war das mit Methyljodid und Kaliumcarbonat verätherte Derivat.
Die Nitrierung der Chrysergonsäure mit kalter, konzentrierter Salpetersäure
führte zu farblosen, verfilzten Nadeln vom Smp. 250° (Verbindung Xn). Die Analysen¬
werte stimmten auf die Formel Cg2H3()OjgN2. Es wären demnach zwei Nitrogruppen
in das Molekül eingeführt worden. Der pK-Wert von 5,95 (in Cellosolve) lag bedeutend
tiefer als bei der Chrysergonsäure, was mit einer Aktivierung der Phenole durch die
Nitrogruppen zu verstehen wäre.
Im IR. -Absorptionsspektrum traten neben einer schmalen, sehr ausgeprägten
- 38 -
Hydroxylbande bei 3580 cm" und der ursprünglichen Carbonylbande bei 1735 cm"
Schwingungen auf bei 1525, 1557 und 1310 cm",die von den Nitrogruppen herrühren
könnten. Das UV. -Absorptionsspektrum erlitt mit seinen zwei Maxima bei 338 mfi,
log £ =4,45 und 262 mu, log 6 =4,48 relativ wenige Veränderungen.
Die Chrysergonsäure erwies sich gegen kalte, absolute methanolische Salzsäure
als beständig.
Da eine milde Behandlung der Chrysergonsäure wenig erfolgreich schien, wurde
versucht, durch drastischere Methoden ein Abbauprodukt zu erhalten, dessen Aufklä¬
rung weniger Schwierigkeiten mit sich bringen würde. Günstig in dieser Hinsicht51
schien eine Verbindung, die A. S toll und Mitarbeiter ' bei der Behandlung von Chry¬
sergonsäure mit Acetanhydrid und Pyridin in der Hitze erhalten hatten. Bei der Wie¬
derholung dieser Versuche isolierten wir ein Produkt, das nach dem Chromatogra¬
phieren auf Silicagel und Umlösen aus Methanol bei 201 schmolz. Dieses Produkt ist
daher verschieden von der Verbindung, die von A. Stoll et al. beschrieben wurde '.
Das Acetolyseprodukt (Xin) erwies sich hingegen als identisch mit einer Verbindung,
die von der Basler Forschungsgruppe durch analoge Behandlung der Secalonsäure er¬
halten worden war. Die Entstehung eines identischen Spaltstückes ausgehend von Se¬
calonsäure konnte in der vorliegenden Arbeit bestätigt werden.
Molekulargewichtsbestimmungen konnten wegen der ungünstigen Beschaffenheit
der Kristalle nicht durchgeführt werden. Aus den Werten der Methoxylbestimmung
Hess sich ein Molekulargewicht von 430 - 500 berechnen. Ferner erhielt man ein
Aequivalentgewicht von 470 aus der Säuretitration eines Oxydationsproduktes, das
später beschrieben wird. Auf Grund der Verbrennungswerte stellte man die Formel
C04H22O10 au*• Pr0 Molekül wurde eine Methoxylgruppe, vier C-Methyl und vier
Acetylgruppen nachgewiesen '. Das Acetolyseprodukt erwies sich als optisch inaktiv.
Das IR. -Absorptionsspektrum des Acetolyseproduktes zeigte keine Hydroxyl-
schwingungen mehr. Eine Carbonylschwingung bei 1775 cm" wurde der Anwesenheit
von phenolischen Acetaten zugeordnet. Wie im Spektrum der Chrysergonsäure war
eine Bande bei 1730 cm" sichtbar. Die Schwingung von 1680 cm" wurde als nicht
chelatisiertes Keton aufgefasst. Dieses wurde bereits im Spektrum der bei Zimmer¬
temperatur acetylierten Chrysergonsäure beobachtet. Das UV. -Absorptionsspektrum
zeigte eine schwache Absorption mit zwei Schultern bei 290 m/i, log £ =3,29 und
235 mp, log £ = 4,04. Die Ferrichloridprobe war negativ.
*) Laut mündlicher Mitteilung von Dr. Renz gelang es nicht, die Herstellung des
Spaltstückes vom Smp. 237 - 246° zu wiederholen.
**) Dies steht im Gegensatz zu den Beobachtungen von A. Stoll et al., die in ihrem
Produkt vom Smp. 206° keine Acetylgruppen nachgewiesen hatten.
- 39 -
Die ersten Reaktionen galten der Untersuchung über das Verhalten des Acetolyse-
produktes bei der Verseifung. Die Behandlung mit Alkallen führte selbst bei milden
Bedingungen zu Verharzungen. Die Einwirkung von heisser methanolischer Salz und
Schwefelsäure lieferte hellgelbe, nicht kristalline Reaktionsprodukte, die im IR. -Ab¬
sorptionsspektrum nur noch schwache Anzeichen für die Anwesenheit von phenolischen
Acetaten (1775 cm" ) zeigten, während die Bande von 1720 cm" intakt blieb.
Die Verseifung der phenolischen Acetate gelang mit Hydroxylaminhydrochlorid
in pyridinhaltigem Alkohol. Die dabei entstandene, leuchtend gelbe Substanz, welche
von uns Ergotin (XIV) genannt wurde, konnte aus Methanol-Wasser umkristallisiert
werden und schmolz bei 186.Die Verbrennungswerte stimmten auf die Formel
C-, gHjgOn. Ergotin enthielt immer noch eine Methoxylgruppe; ferner wurden eine
C-Methyl- und ein Acetylgruppe pro Molekül nachgewiesen. Im IR. -Absorptionsspek¬
trum war im Gegensatz zum Spektrum des Acetolyseproduktes eine Hydroxylbande bei
3280 cm sichtbar. Verschwunden war die Carbonylschwingung bei 1775 cm,wäh¬
rend die Banden bei 1725 und 1690 cm" unverändert geblieben waren. Das UV. -Ab¬
sorptionsspektrum zeigte zwei Maxima bei 252 mu, log £ =4,27 und 360 mu,
log £ = 3,62 (siehe Abbildung).
Die unmittelbare Beziehung des Ergotins zum Acetolyseprodukt ging aus der Be¬
obachtung hervor, dass das Acetylieren von Ergotin wiederum zum Acetolyseprodukt
führt.
Die oben erwähnten Befunde können dadurch zur Uebereinstimmung gebracht
werden, dass im Acetolyseprodukt drei phenolische Acetate vorhanden sind, die durch
die Einwirkung von Hydroxylaminhydrochlorid verseift wurden. Was die Natur der
vierten Acetylgruppe anbetrifft, die im Ergotin immer noch nachgewiesen wurde,
muss ausgeschlossen werden, dass es sich um ein phenolisches Acetat handelt wegen
des Fehlens einer Bande bei 1775 cm im Spektrum der Verbindung. Es wäre denk¬
bar, dass es sich um eine aliphatische Acetoxygruppe handelt, die durch die Einwir¬
kung des relativ milden Verseifungsmittels Hydroxylaminhydrochlorid nicht ange¬
griffen worden wäre. Da aber später gezeigt wird, dass im Acetolyseprodukt und dem¬
nach auch im Ergotin eine Säureestergruppierung enthalten ist, wären bei der Anwesen¬
heit von vier Acetylgruppen im Acetolyseprodukt alle Sauerstoffatome der Formel
^24^22^10 cnaraIcterisiert: acnt Sauerstoffatome würden auf Acetylgruppen und zwei
auf die Säureestergruppe entfallen. In diesem Falle wäre aber die Bande bei 1690 cm"
im IR. -Absorptionsspektrum des Acetolyseproduktes und des Ergotins nicht mehr er¬
klärbar. Anderseits scheint eine Aenderung der Formel auf O*-. durch analytische Re¬
sultate ausgeschlossen.
Wir hielten daher die Anwesenheit einer aliphatischen Acetoxygruppe für unwahr¬
scheinlich und vermuteten, dass die beim Ergotin analytisch erfasste Acetylgruppe der
- 40 -
Gegenwart einer labilen C-CO-CH, Gruppe zuzuschreiben ist. Diese Labilisierung
wäre z.B. durch die Anwesenheit einer Hydroxylgruppe in o- oder p-Stellung zum
Keton zu erklären. Im Falle einer o-Stellung des Hydroxyls wäre das Keton chelati-
siert. Die Anwesenheit einer Bande bei 1690 cm" im Spektrum lässt daher die p-
Stellung als wahrscheinlicher gelten, wie sie durch die Partialformel XV ausgedrückt
wird:
>-o-<HO—({ V—COCHg
XV
Dass bei der alkalischen Verseifung tatsächlich Essigsäure entweicht, wurde papier-
chromatographisch ermittelt. Die Anwesenheit dreier phenolischer Acetylgruppen,
eines Säureesters und eines Methylketons würde neun Sauerstoffatome des Acetolyse-
produktes charakterisieren. Die Bruttoformel verlangt, dass eine zehnte Sauerstoff¬
funktion als weiteres Carbonyl oder als Aether vorliegt.
Das Ergotin war so empfindlich, dass es durch Chromatographieren auf Silica-
gel in ein amorphes Produkt verwandelt wurde. Es gelang nicht, Ergotin auf anderem
Wege aus dem Acetolyseprodukt, z.B. durch Verseifung mit Pyridinhydrochlorid zu
erhalten, da stets amorphe Produkte anfielen. Durch Verätherung mit Diazomethan
lieferte Ergotin keine kristallinen Derivate.
Weiteren Aufschluss über die Struktur des Acetolyseproduktes brachten Reduk¬
tionsversuche. Das Acetolyseprodukt war weder mit Palladiumkohle noch mit Platin¬
oxyd in Eisessig oder Acetanhydrid hydrierbar. Angegriffen wurde das Acetolysepro¬
dukt durch Natriumborhydrid in kochendem Dioxan. Das Reaktionsprodukt war jedoch
amorph und eignete sich nicht für weitere Untersuchungen.
Einen farblosen Schaum lieferte dagegen die Reduktion des Acetolyseproduktes
mit Lithiumaluminiumhydrid in heissem Dioxan. Im IR.-Absorptionsspektrum des
Produktes waren keine Carbonylschwingungen mehr sichtbar, und es erschien die er¬
wartete Hydroxylschwingung bei 3300 cm . Das UV. -Absorptionsspektrum war wenig
charakteristisch mit einem schwachen Maximum bei 280 mju.
Wurde dieser Schaum reacetyliert, so konnte in schlechter Ausbeute ein kri¬
stallines Produkt XVI vom Smp. 230 erhalten werden, das aus Methanol umgelöst
wurde. Aus den Verbrennungswerten ging eine Bruttoformel Co^noOg hervor. Wich¬
tig ist, dass im neuen kristallinen Acetat keine Methoxylgruppe mehr nachgewiesen
werden konnte. Diese Tatsache und das Verschwinden der Bande bei 1730 cm" im IR. -
Absorptionsspektrum des Präparates Hessen es als sehr wahrscheinlich erkennen,
dass die Methoxylgruppe des Acetolyseproduktes und des Ergotins von einem Säure-
- 41 -
ester und nicht von einem Aether stammt. Die Schwingung von 1765 cm deutete
wiederum auf die Anwesenheit von Phenolacetaten hin. Dagegen fehlte die Bande von
1680 cm" wohl als Folge der Reduktion des Ketons.
Die Ferrichloridprobe war negativ. Umso schwerer verständlich war die An¬
wesenheit von nur zwei Aequivalenten Essigsäure bei der Verseifung. Auch die Brutto¬
formel C04H22O0 konnte nicht gedeutet werden. Das UV. -Absorptionsspektrum des
Acetates zeigte kein Maximum. Der Mechanismus der Reaktion ist unklar und bedarf
weiterer Untersuchungen.
Aus den vorangehenden Reaktionen ist zu entnehmen, dass die hohe Alkaliempfind¬
lichkeit des Acetolyseproduktes immer noch ein Hindernis zur weiteren Aufklärung
bildet. Es wurde daher versucht, durch drastische Methoden noch weiter abzubauen
und zu bekannten Spaltprodukten zu gelangen.
Durch energische Oxydation mit Chromsäure in Eisessig-Acetanhydrid wurde
eine farblose, kristalline Säure XVII erhalten, die aus Essigester umgelöst wurde
und bei 300 sich zu zersetzen begann. Der pK-Wert von 4,32 (in Cellosolve) wies
auf eine starke Säure hin. Das Aequivalentgewicht von 470 machte es jedoch klar,
dass das Acetolyseprodukt nur unwesentlich angegriffen worden ist. Die Ergebnisse
der Elementaranalyse stimmten auf die Formel Cj^HjqOj,. Es wurde eine Methoxyl-
gruppe pro Molekül nachgewiesen.
Die Formel verlangt, dass die Behandlung mit Chromsäure eine Methylgruppe
des Acetolyseproduktes in eine Carboxylgruppe überführte. Der tiefe pK-Wert der
Säure macht es wahrscheinlich, dass die oxydierte Methylgruppe aus einer Methyl-
ketongruppierung -CO-CH» hervorgegangen ist, so dass die Säure eine cx-Ketosäure
-CO-COOH darstellt. Damit im Einklang ist die Beobachtung, dass das UV.-Absorp¬
tionsspektrum des Oxydationsproduktes nur unwesentliche Aenderungen erfährt, (Schul¬
ter bei 238 mu, log £ =4,15 und ein Maximum bei 295 mu, log 6 = 3,52), was
nicht der Fall sein dürfte, wenn die bei der Oxydation angegriffene Methylgruppe direkt
am aromatischen Kern sitzen würde. Das IR. -Absorptionsspektrum des Oxydations¬
Von den fünf Sauerstoffatomen des Kaliumhydroxydabbauproduktes (XXVD.) sind
deren vier charakterisiert. In der Annahme, dass dem Produkt ein Diphenylgerüst zu
- 48 -
Grunde liegt, muss aus der Bruttoformel gefolgert werden, dass die fünfte Sauer-
stoffunktion als Carbonyl oder Aether vorliegt. Eine Carbonylgruppe kann aber nicht
im Gerüst untergebracht werden, da alle Kohlenstoffatome durch den Diphenylkern,
die Carboxylgruppe und die C-Acetylgruppe gefasst sind. Es muss sich daher um eine
Aetherbindung handeln, welche direkt am aromatischen Kern haftet. Das ist nur mög¬
lich, wenn ein Dibenzofurangerüst vorliegt.
Der Grundkörper des Bariumhydroxydabbauproduktes (XIX) bzw. (XXII), für
welchen sich eine Formel CjcHjoCv berechnen lässt, unterscheidet sich von der
Kaliumhydroxydabbau säure C^H^qOij, die gleichzeitig der Grundkörper dieser Reihe
ist, um den Mehrgehalt von einem Mol Wasser. Dies macht es wahrscheinlich, dass
das eine Produkt aus dem andern entstanden ist. Von den zwei Abbaumethoden ist
zweifellos diejenige des Bariumhydroxydes bzw. des Kaliumcarbonates die mildere.
Der Gedanke liegt nahe, dass die Entstehung des Dibenzofurangerüstes auf eine Se¬
kundärreaktion zurückzuführen ist, nämlich auf eine Wasserabspaltung aus dem Grund¬
körper des Bariumhydroxydabbauproduktes. Dies würde bedingen, dass je zwei Hy¬
droxylgruppen in 2,2'-Stellung am Diphenylkern sitzen. Auf Grund dieser Ueberlegung
sowie aus früheren Beobachtungen lässt sich die Formel XIX für die Reihe der Ba-
riumhydroxydabbauprodukte und die Formel XXVII für die Reihe der Kaliumhydroxyd-
abbauprodukte ableiten, wobei lediglich die Lage der Carboxylgruppe unbewiesen bleibt.
Die Wasserabspaltung eines substituierten 2, 2'-Dihydroxydiphenyls (bzw. eines
Diacetoxydiphenyls) mit Alkalien ist in der Tat bereits beobachtet worden '. Der
Mechanismus einer solchen basenkatalysierten Wasserabspaltung lässt sich wie folgt
formulieren:
COOH
OH OH I
XDC
ÇOOH
COOH
Be H
ÇOOH
OH
COOH
- Q-W^
xxvn
17) W.E. Parham in "Heterocyclic Compounds, R.C. Elderfield", Vol.2_, 123(1951).J. van Alphen, Rec.Trav. chim. 51_, 715 (1932).
- 49 -
Schliesslich sei die Natur des Ueberganges von Ergotin (XIV) zu seinen Abbauproduk¬
ten diskutiert.
Das Ergotin stellt einen Methylester dar, dessen entsprechende Säure die Brutto¬
formel Cj^H-i^O- besitzt. Da dem Grundkörper des Bariumhydroxydabbauproduktes
die Bruttoformel C15H12Ofi zukommt, muss der Uebergang mit einem Verlust von
CgHgO, d.h. eines Acetylrestes verknüpft sein.
In Anbetracht der Tatsache, dass Ergotin eine labile C-Acetylgruppe enthält,
die in den Abbauprodukten nicht mehr nachgewiesen werden kann, liegt die Möglich¬
keit nahe, dass der durch das Bariumhydroxyd bewirkte Abbau lediglich in der Ab¬
spaltung dieser labilen Gruppe besteht. Damit im Einklang ist die Tatsache, dass in
den Spektren der Abbauprodukte keine Bande bei 1690 cm" auftritt. Das Fehlen einer
Chelatisierung und die Labilität dieser C-Acetylgruppe könnte durch die Gegenwart
einer p-Hydroxyketogruppierung erklärt werden (siehe Formel XV). Eine mögliche
Struktur für Ergotin ist durch die Formel XIV wiedergegeben.
COOH
XIV
Bedeutend schwieriger zu deuten ist der Uebergang der Chrysergonsaure zum Acetyl-
ergotin. Unter der Annahme, dass die zwei Methoxylgruppen, die in der Chrysergon¬
saure nachgewiesen wurden, von zwei Carbomethoxygruppen stammen, hätte die ent¬
sprechende freie Dicarbonsäure die Bruttoformel ConHogOj.. Der Uebergang zum
Grundkörper des Ergotins wäre daher mit dem Verlust einer C.,H« .On Gruppe ver¬
bunden. Auffallend ist die hohe Oxydationsstufe des abgespaltenen Restes. Dieser
scheint übrigens derjenige Teil zu sein, der für die optische Aktivität der Chrysergon¬
saure verantwortlich ist.
Weitere Aussagen über die Natur dieses Spaltstückes müssen bis auf das Vor¬
liegen von mehr Tatsachenmaterial verschoben werden.
- 50 -
Reaktionsschema
Bortrifluorid - Acetolyseprodukt
X
"Chrysergon- CHgJ/K^Ogsäureäther" XI
O.prod. CH2N2 Oxydât CrOjverestert
"
prod.
xvm
Ac20/BF3
Chrysergonsäure IX
Ac20/Py
Acetolyseprodukt
xm
HNO,
1. LiAlH.
Dinitrochrysergonsäure
xn
xvn
LiAlH.-Red.prod.2. Ac20/Py «acetyliert
XVI
KOH-Abbausäure
acetyliert XXVm
Ac20/Py
A. CHjJ/KjC^B. 1. Ba(OH)2
Aether A Säure B
acetyliert XXIV
XX
NaBH„Aether A
xrx
Na BH4 - Red. prod.
XXV
- 51 -
Experimenteller Teil '
Isolierung der Chrysergonsäure (PC). Diese erfolgte in Anlehnung an die von A. S toll
und Mitarbeitern bei der Isolierung der Secalonsäure angewandten Methode. 10 kg
Mutterkorn schweizerischer Provenienz wurden fein gemahlen, in einem Soxhlet mit
Petroläther entfettet und mit Chloroform extrahiert. Nach dem Einengen des Lösungs¬
mittels wurde der Rückstand mit Petroläther aufgeschlemmt und abgenutscht. Man
pulverisierte das Gut, zerrieb es mit ca. 60 ml Eisessig und filtrierte ab. Den Rück¬
stand wusch man noch zweimal mit 40 ml Essigsäure, bis das Filtrat nur noch schwach
gelb ablief. Das gelbe Pulver wurde mit 400 ml Methanol aufgekocht und nach dem Ab-
nutschen im Soxhlet mit Chloroform extrahiert, wobei die Säure auskristallisierte.
Nach dem Einengen des Chloroforms erhielt man 10 g gelbe feine Nadeln vom Smp.
248 - 255. Zur Analyse wurde eine Probe ein zweites Mal aus Chloroform umgelöst.
Smp. 250 - 258. Das Präparat wurde im Hochvakuum bei 100° getrocknet.
<=*q° = -2° ±1° (c = 1,037) 2 dm Rohr
UV.-Absorptionsspektrum: 342/4,46; 262/4,11 und 241/4,14 (mu/log 6 )
IR. -Absorptionsspektrum (Nu): 3600, 1740 und 1600 cm
H 5,04% Gef. C 60,35 H 4,72%Gef. 9, 39% (für 2 Methoxyle)
Gef. 2,43% (für 1 Acetyl)
Gef. 4,06% (für 2 C-Methyle)
Acetylierung der Chrysergonsäure (PC) bei Zimmertemperatur. 100 mg Chrysergon¬
säure wurden in 20 cm^ Acetanhydrid und 2 cm Pyridin aufgeschlemmt, wobei die Säure
nach ungefähr dreissig Minuten in Lösung ging. Nach drei Stundenwurde am Vakuum einge¬
dampft, und das benzollösliche Reaktionsprodukt (131 mg) wurde an 6,5 g Silicagel '
chromatographiert. Man eluierte mit Benzol-Aether 4 : 1 ein schwach gelbes, amorphes
Produkt, das mit Ferrichlorid immer noch eine braune Farbreaktion lieferte.
UV.-Absorptionsspektrum: 244/3,37 und 277/4,32 (mu/log £ )***\
*) Die Schmelzpunkte wurden in evaquierten Kapillarröhrchen im Kofler-Block be¬stimmt und wurden nicht korrigiert. Die IR. -Absorptionsspektren wurden mit ei¬
nem Perkin-Elmer-Spektrophotometer, Modell 21, aufgenommen. Die Angabenüber UV. -Absorptionsspektren beziehen sich auf Lösungen der Substanzen in Fein¬
sprit.**) Das Silicagel wurde von Bender-Hobein bezogen. Sofern nichts besonderes ver¬
merkt ist, verwendete man unbehandeltes Silicagel.***) Berechnet für ein Tetraacetat C4qH.qO, a
der Chrysergonsäure.
pKMCS = ca. 9
C32H32°14 Ber. C 60,00
OCH3 Ber. 9,69%
CO-CH3 Ber. 2,34%
C-ÇH3 Ber. 4,69%
- 52 -
m. -Absorptionsspektrum (Nu): 3600 (schwach), 1755, 1685 und 1200 cm"
CO-CHg Ber. 7,40% Gef. 8,51% (für 4 Acetyle)
C-CHg Ber. 11,11% Gef. 11,40% (für 6 C-Methyle)
Acetylierung der Chrysergonsäure (PC) in Gegenwart von Bortrifluorid. 73 mg Chry-
sergonsäure wurden in 50 ml Acetanhydrid unter Zugabe von 12 Tropfen (ca. 0,15 ml)
ätherischer Bortrifluoridlösung suspendiert. Die genaue Einhaltung der Bortrifluorid-
menge ist wichtig, da sonst die Ausbeuten stark abfallen. Die Chrysergonsäure ging
unter starker Rotfärbung nach ca. 30 Minuten in Lösung. Nach 2 Std. Reaktionszeit
zerstörte man das Bortrifluorid durch Zugabe von Eis. Das Acetanhydrid wurde mit
Benzol azeotrop weitgehend eingedampft, und es wurde mit Chloroform aufgearbeitet.
Man erhielt 96 mg benzollösliches Reaktionsprodukt, das sich mit Benzol-Aether 4 : 1
aus einer Säule von 6 g Silicagel eluieren liess. Durch Anspritzen mit Methanol wur¬
den 55 mg Rohkristalle erhalten. Nach mehrmaligem Umlösen schmolz das Produkt
etwas unscharf bei 222 - 226 ; es lieferte mit Ferrichlorid eine braune Farbreaktion.
UV".-Absorptionsspektrum: 248/4,41; 255/4,41; 261/4,37 und 313/4, 20 (mu/log £ )
IR. -Absorptionsspektrum (Nu): 1775 (Schulter), 1755 und 1740 cm".
H 4,99% Gef. C 59,52 H 4,70%
Gef. 6,88% (für 2 Methoxyle)
Gef. 3,72% (für 2 Methoxyle)
Gef. 7,47% (für 4 Acetyle)
Verätherung von Chrysergonsäure (IX) mit Diazomethan. 55 mg Chrysergonsäure
wurden in 20 ml Aceton suspendiert und man versetzte mit 10 ml frisch destillierter
ätherischer Diazomethanlösung, wobei die Säure in einigen Minuten in Lösung ging.
Nach 15 Minuten Reaktionszeit wurde die Diazomethanlösung eingedampft. Man erhielt
56 mg amorphes Reaktionsprodukt, das auf 4 g Silicagel chromatographiert wurde.
Die Hauptfraktion liess sich mit Aether-Essigester 4 : 1 aus der Säule eluieren. Sämt¬
liche Fraktionen waren amorph.
UV.-Absorptionsspektrum: 327/4,47 (mu/log £ )
IR.-Absorptionsspektrum (Nu): 3460, 1730 cm.
Veräußerung von Chrysergonsäure (K) mit Diazomethan in Gegenwart von Bortrifluorid.
49 mg Chrysergonsäure wurden unter Zugabe von 6 Tropfen ätherischer Bortrifluorid¬
lösung in 20 ml Aceton suspendiert. Man destillierte 15 ml ätherische Diazomethan-
C40H40°18 Ber. C 59,40
OCH3 Ber. 7,65%
OÇH3 Ber. 3,70%
CO-CH3 Ber. 7,40%
Es liegt Verbindung X vor.
- 53 -
lösung in die Lösung über. Die Chrysergonsäure löste sich nicht. Nach einer Stunde
wurde das Bortrifluorid mit Wasser zerstört, und man schüttelte mit Chloroform
aus. Es wurde unverändertes Ausgangsmaterial isoliert.
Behandlung von Chrysergonsäure (IX) mit Methyljodid und Kaliumcarbonat. 320 mg
Chrysergonsäure wurden in 25 ml Aceton suspendiert und mit 7 ml Methyljodid und
305 mg Kaliumcarbonat 2V2 Stunden am Rückfluss gekocht. Nach dem Erkalten des
Reaktionsgemisches wurde das Kaliumcarbonat abfiltriert und das Lösungsmittelge¬
misch weitgehend eingedampft. Nach dem Ansäuren wurde mit einem Gemisch Aether-
Essigester (3 : 1) ausgeschüttelt. 345 mg Rohprodukt wurden an 18 g Silicagel chromato¬
graphies, wobei 40 mg kristallines Produkt mit Benzol-Aether 4 : 1 eluiert werden
konnten. Die späteren Fraktionen (Aether-Essigester) waren alle amorph. Die Aus¬
beute konnte durch Veränderung der Reaktionszeit oder der Menge an Kaliumcarbonat
nicht erhöht werden. Zur Analyse wurde eine Probe drei mal aus Methanol umgelöst,
Nitrierung von Chrysergonsäure (IX). 144 mg Chrysergonsäure wurden mit 5 ml
konzentrierter Salpetersäure 14 Stunden bei Zimmertemperatur stehen gelassen. Das
Reaktionsprodukt wurde mit kaltem Wasser übergössen, wobei farblose Nadeln aus¬
fielen. Nach dem Abfiltrieren liess sich der Rückstand aus Methylenchlorid Umkri¬
stallisieren. Nach mehrmaligem Umlösen erhielt man 30 mg eines Produktes vom
Smp. 250°.
UV. -Absorptionsspektrum: 262/4,48 und 338/4,45 (mu/log t )
IR.-Absorptionsspektrum (Nu): 3580, 1735, 1557, 1525 und 1310 cm
pKMCS = 5'95
C32H30O18N2 Ber. C 52,60 H 4,00 N 3,80%
Gef. C 52,33 H 4,14 N 3,85%
Es liegt Verbindung XII vor.
Behandlung der Chrysergonsäure (PC) mit methanolischer Salzsäure. 51 mg Chryser¬
gonsäure wurden zwecks Verätherung in 30 ml Methanol suspendiert, und man leitete
aus einem Kipp'schen Apparat Salzsäure bis zur Sättigung ein. Die Chrysergonsäure
löste sich nicht und erwies sich nach der Aufarbeitung als unverändertes Ausgangs¬
material.
Acetylierung der Chrysergonsäure (IX) in der Hitze. 1,5 g Chrysergonsäure wurden
mit 30 ml Acetanhydrid und 1, 5 ml Pyridin 31/2 Stunden am Rückfluss gekocht. Nach
dem Abdampfen des Lösungsmittels wurde der Rückstand mit wenig Wasser zerrieben
und filtriert. Das braune Acetat fiel nach längerem Stehen aus Essigester aus. Man
*) Da für das Reduktionsprodukt keine bestimmte Formel aufgestellt werden konnte,wurde zur Berechnung der Extinktion ein Molekulargewicht von 550 angenommen.
**) Berechnet als Tetraacetat des Reduktionsproduktes.
- 55 -
C24H22°10 Ber. C 61,27 H 4
OCH3 Ber. 6,60% Gef
OÇH3 Ber. 3,19% Gef
CO-ÇH3 Ber. 12,77% Gef
C-ÇH3 Ber. 12,77% Gef
Es liegt das Acetolyseprodukt (Xm) vor.
löste die noch stark verunreinigten Kristalle in Benzol und chromatographierte sie
an der fünfzigfachen Menge Silicagel, wobei sich 1,4 g gelbes Rohprodukt mit Benzol-
Aether 4 : 1 eluieren liess. Nach mehrmaligem Uirflösen aus Methanol wurden 500 mg
Produkt vom Smp. 198° erhalten. Zur Analyse wurde eine Probe noch zweimal um¬
kristallisiert; das reine Produkt schmolz bei 201.
UV.-Absorptionsspektrum: 290/3,29 und 235/4,04 (mu/log £); keine Maxima; nur
IR.-Absorptionsspektrum (Nu): 2400, 1770, 1725/30 und 1660 cm-1
pKMCS = 5'88 Aequ.-Gew. = 321
C-CH, Ber. 9,61% Gef. 8,86% (für 2 C-Methyle)
CO-CH3 Ber. 4,80% Gef. 5,85% (für 1 Acetyl)
Es liegt das Säureacetat XXVIII vor.
Veresterung der Säure XXVII mit Diazomethan. 300 mg Säure XXVII wurden in 20 ml
Aceton aufgeschlemmt und mit 50 ml destillierter aetherischer Diazomethanlösung
während 30 Minuten stehen gelassen. Nach dem Absaugen des Lösungsmittels am Va¬
kuum wurden 330 mg Reaktionsprodukt erhalten, das mit Benzol auf eine Säule von
25 g Silicagel aufgezogen wurde. Die Hauptfraktion konnte mit Benzol : Aether 9 :1
eluiert werden. Der Ester wurde aus Methanol umkristallisiert. Die Reinigung des
Produktes bereitete Schwierigkeiten, da es von einem roten Begleitkörper durchsetzt
war. Nach mehrmaligem Umlösen wurden 77 mg eines grünlichen Esters vom Smp.
292 erhalten, das mit Ferrichlorid eine violette Farbreaktion lieferte.
UV.-Absorptionsspektrum: 234/3,73; 272/3,78; 297/3,80 und 380/3,18 (mu/log e )
IR. -Absorptionsspektrum (Nu): 1730 und 1645 cm"
C16H12°5 Ber' C 67'60 H 4»26% Gef« c 67>63 H 4»01%
OCH3 Ber. 5,28% Gef. 5,46% (für 1 Methoxyl)
C-CH3 Ber. 5,28% Gef. 5,48% (für 1 C-Methyl)
CO-CH3 Gef. 0,00%
Es liegt Verbindung XXDX vor.
Alkalische Verseifung der Verbindung XXDC. 77 mg Säureester (XXDC) wurden mit
25 ml 2-proz. wässrig-methanolischem Kaliumhydroxyd 1: 1 während 2ty2 Stunden
auf dem Wasserbad erhitzt. Die nach dem Ansäuern ausgefallene schwerlösliche Säure
wurde abgenutscht und aus Methylenchlorid-Methanol umkristallisiert. Man erhielt
60 mg Rohkristalle, die sich mit der Säure vom Smp. > 360° auf Grund des IR. -Ab¬
sorptionsspektrums als identisch erwiesen.
Veresterung der Säure XXVn mit Dimethylsulfat und Kaliumhydroxyd. 107 mg Säure
XXVII wurden mit 3 ml Aethanol und 0,1 ml 50-proz. Natronlauge erhitzt und, nach¬
dem sich die Säure gelöst hatte, mit 0,5 ml Dimethylsulfat versetzt. Nach 10 Minuten
- 64 -
fügte man weitere 6 ml Aethanol, 0,04 ml Natronlauge und 3 ml Dimethylsulfat hinzu.
Man kochte drei Stunden am Rückfluss. Nach dem Erkalten wurde angesäuert und wie
üblich aufgearbeitet. Man erhielt 111 mg eines gelben, benzollöslichen Rohproduktes,
das mit Benzol-Aether 9: 1 aus der Silicagelsäule eluiert wurde. Nach mehrmaligem
Umlösen aus Methanol isolierte man 30 mg eines Produktes, das bei 210 sinterte
und bei 250 vollständig schmolz. Die schwach positive Ferrichloridprobe deutete
auf phenolische Verunreinigungen hin.
UV.-Absorptionsspektrum: 233/4,34; 270/4,45; 288/4,26 und 376/3,64 (m/i/logC )
IR. -Absorptionsspektrum (Nu): 1730 und 1645 cm"
C17H14°5 Ber* C 68'45 H 4>73% Ber- c 68>15 H 4,10%
Es liegt Verbindung XXX vor.
Die Analysen wurden in der mikroanalytischen Abteilung des organisch-chemi¬
schen Laboratoriums der ETH unter der Leitung von Herrn W. Manser ausgeführt.
Die IR. -Absorptionsspektren wurden von Frl. V. Klopfstein und Herrn R. Dohner
aufgenommen.
Die pK-Bestimmungen verdanke ich Herrn Dr. W. Simon.
Für diese wertvolle Mithilfe möchte ich den Genannten meinen besten Dank aus¬
sprechen.
- 65 -
Zusammenfassung
Bei der Konstitutionsaufklärung zweier Farbstoffe des Mutterkorns, der Seca-
lonsäure und der Chrysergonsäure, wurde durch Acetolyse eine kristalline Verbin¬
dung der Bruttoformel C94H22<">10 ernalten> Die Sauerstoffunktionen dieses Abbau¬
produktes konnten als eine Carbomethoxygruppe, zwei Methylketongruppierungen und
drei phenolische Acetate charakterisiert werden.
Der weitere alkalische Abbau des Acetolyseproduktes, dem provisorisch das
Grundgerüst XIV zugeordnet werden konnte, führte zu Derivaten des 2,2 '-Dihydroxy-
diphenyls (XIX) und des Dibenzfurans (XXVII).
Lebenslauf
Ich wurde am 14. August 1930 in Bern geboren. Dort besuchte ich die Primar¬
schule, das Städtische Progymnasium und das Städtische Gymnasium und bestand im
Herbst 1950 die Maturitätsprüfung Typus B. Im Herbst 1951 immatrikulierte ich mich
an der Abteilung für Chemie der Eidgenössischen Technischen Hochschule, wo ich im
Sommer 1956 mein Studium mit dem Diplom als Ingenieur-Chemiker abschloss. Seit¬
her arbeitete ich unter der Leitung von Herrn Prof. Dr. O. Jeger am organisch¬chemischen Institut der Eidgenössischen Technischen Hochschule an der vorliegenden