TECHNISCHE UNIVERSITÄT BERLIN FAKULTÄT VII – WIRTSCHAFT & MANAGEMENT EHEM. FACHGEBIET VWL INSBES. EMPIRISCHE WIRTSCHAFTSFORSCHUNG PROF. DR. GERNOT WEISSHUHN Qualifikation und Erwerbsarbeit Rekrutierung von Führungskräften über Trainee-Programme aus humankapitaltheoretischer Sicht Eingereicht bei Dipl.-Ök. J. Große Rövekamp Bereich Volkswirtschaftslehre Prof. Dr. G. Weißhuhn von cand. – Ing. Deniz Özgöz Matr-Nr.: 306653
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Rekrutierung von Führungskräften über Trainee-Programme aus humankapitaltheoretischer Sicht(Abgabe 05_02) (1)
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TECHNISCHE UNIVERSITÄT BERLIN FAKULTÄT VII – WIRTSCHAFT & MANAGEMENT
Humankapital, welche das heutige Einkommen schmälern. Vor dem neoklassischem Hintergrund
investiert der Einzelne nur dann, wenn die anfallenden Kosten geringer sind als die zukünftig zu
erwartenden Erträge. Diese Kosten setzen sich zum einen aus den direkten Kosten der
Weiterbildung und zum anderen aus den Opportunitätskosten für das entgangene Einkommen (Zeit,
die durch die Weiterbildungsmaßnahme nicht zur Einkommensgenerierung genutzt werden kann)
zusammen. Die Erträge ergeben sich aus der gesteigerten Arbeitsproduktivität und generieren im
Zeitablauf Quasi-Renten26. Folglich müssen Hypothesen vor diesem humankapitaltheoretischem
Hintergrund formuliert werden, welche zum optimalen individuellem Humankapitalniveau, zur
zeitlichen Verteilung der Weiterbildungsinvestitionen, zur Aufteilung der Kosten und der Erträge
auf die Investoren (Arbeitnehmer und/oder Arbeitgeber), zu anreizkompatiblen Arbeitsverträgen, zu
Folgewirkungen auf das Arbeitsplatzwechselverhalten der Arbeitnehmer (bedingt durch
Bildungsinvestitionen), zu der Einkommensentwicklung im Zeitverlauf führen27.
Nachfolgend werden theoretische Hypothesen vorgestellt, welche sich mit ökonomischen
Fragestellungen zum Thema Weiterbildung auseinandersetzen. Dabei werden diese ökonomischen
Hypothesen im Rahmen dieser Arbeit dahingehend erläutert, dass die Weiterbildungsaktivität
„Trainee-Programm“ im Vordergrund steht.
Im Kapitel 3.1.1 wird die Investition in allgemeines Humankapital ökonomisch erklärt. Es existiert
eine ideale Aufteilung von Einkommen und Investition in allgemeines Humankapital im Zeitverlauf
eines Erwerbslebens28.
Im Kapitel 3.1.2 wird die Investition in firmenspezifisches Humankapital ökonomisch erklärt, das
heißt, dass das vermittelt Wissen nur beschränkt oder gar nicht außerhalb des jeweiligen
Unternehmens verwendet werden kann. Es werden theoretische Ansätze beschrieben, wie die
Kosten/Erträge aufgeteilt werden.
Das Kapitel 3.1.3 beschäftigt sich mit den nicht-monetären Anreiz-Systemen. Es werden
Möglichkeiten erläutert, um das beschriebene Problem des „Moral Hazards“29 zu umgehen. Dabei
werden verschiedene Modelle vorgestellt u.a. das Senioritätsabhängige Beförderungssystem, der
Beförderungswettbewerb und das Modell von Prendergast.
26 Williamson definiert die Quasi-Rente als die Differenz zwischen dem Ertrag einer Investition und dem Ertrag ihrer nächstbesten alternativ Verwendung (vgl. Williamson 1985) 27 Vgl. Pannenberg 1994, S.1528 Vgl. Pannenberg 1994, S.1629 Vgl. Kapitel 3.1.2
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Im Abschnitt 3.1.4 wird der Zusammenhang zwischen der Unternehmensgröße und dem
Investitionsvolumen in Humankapital analysiert, dabei werden verschiedene Erklärungen geliefert,
warum das Investitionsvolumen von der Unternehmensgröße abhängig sein kann.
3.1.1 Der humankapitaltheoretische Ansatz mit Investitionen in allgemeines Humankapital
Dieser theoretische Ansatz ermöglicht einen nutzenmaximalen Zeitpfad für Investitionen in
Humankapital, Löhne, Einkommen, Arbeitsangebot und Konsum30. Dies ist auf die optimale,
individuelle Zeitallokation im Rahmen von dynamischen Arbeitsangebotsmodellen im Verlauf
eines Erwerbslebens zurückzuführen. Dabei zählen in der Theorie alle schulischen und
betrieblichen Ausbildungen als Investitionen in das Humankapital. Trainee-Programme sind
folglich Weiterbildungsmaßnahmen (vgl. Kapitel 2.1) und somit Investitionen in Humankapital. Die
folgenden Annahmen werden im Rahmen der allgemeinen Humankapitaltheorie getroffen.
(a) Investitionen in Humankapital sind allgemein, d.h., dass die Produktivität des
Arbeitnehmers in allen Betrieben gleichermaßen steigt. Dies impliziert, dass der
Arbeitnehmer die Investition alleine zu tragen hat, da ihm auch sämtliche Erträge zu Gute
kommen.
(b) Es existiert ein „Trade-Off“ zwischen heutigem und zukünftigem Einkommen. Unter der
Annahme aus (a) verzichtet man auf heutiges Einkommen (Investition in
Weiterbildungsmaßnahme und Opportunitätskosten in Form des zeitlichen Aufwandes für
die Weiterbildung) zugunsten von zukünftigem Einkommen (Einkommen nach der
Weiterbildung).
(c) Das Humankapital eines Individuums veraltet und wird mit der konstanten
Abschreibungsrate δ abgeschrieben. Eine Erklärung für diese Annahme liefert Weizsäcker
(1986, S.37 f.). Er unterscheidet zwischen globalen (technischer Wandel) und individuellen
(abnehmende geistige Fähigkeiten) Faktoren, welche das Humankapital im Zeitverlauf
schmälern.
(d) Basierend auf dem neoklassischem Ansatz gelten die Marktgleichgewichtsbedingungen. Es
folgt eine einheitliche Ertragsrate aus den Investitionen in Humankapital für alle
Arbeitnehmer31.
(e) Die Arbeitnehmer sind risikoneutral und besitzen perfekte Informationen.
30 Vgl. Pannenberg 1994, S.1731 Weiss (1986 S. 604 ff.) erläutert die Annahmen, welche nötig sind, damit das Gleichgewicht begründet ist
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In der Literatur finden sich unterschiedliche Ansätze für die humankapitaltheoretische
Produktionsfunktion. Für unsere Analyse wählen wir das „Job-Choice Model“, in welchem die
Weiterbildungsaktivitäten an bestimmte Arbeitsplätze gebunden sind32. Denn auch Trainee-
Programme sind Arbeitsplatz gebundene Weiterbildungsmaßnahmen.
Mit Hilfe des Models von Blinder/Weiss (1976) lassen sich Hypothesen erstellen, welche Aussagen
über Investitionen in allgemeines Humankapital und die Einkommensentwicklung im Zeitablauf
treffen. Ausgangspunkt ist die folgende Einkommensfunktion:
(3.1.1)
Dabei ist Et das beobachtbare Einkommen und Ht das bereits akkumulierte Humankapital
(Einkommenspotential) zum Zeitpunkt t. Der Faktor r kann als derjenige Teil interpretiert werden,
welcher von dem Humankapital realisiert wird. Ist r = 1, so wird das komplette
Einkommenspotential umgesetzt. Wenn r = 0 ist, wird kein Einkommen realisiert. Diese Situation
ist mit „reinem schooling“ gleichzusetzen. Damit wird das Humankapital maximal gesteigert. Die
Veränderung des Humankapitals kann dabei mit Hilfe der Humankapital-Produktionsfunktion
beschrieben werden:
(3.1.2)
∆Ht ist die Veränderung des Humankapitals. Ht-1 spiegelt das Humankapital aus der Vorperiode
wieder. Das muss gemäß den oben getroffenen Annahmen mit δ abgeschrieben werden. Mit Hilfe
der Funktion f(th) kann die Humankapitalerhöhung erfasst werden. Der zeitliche Aufwand, welcher
die Opportunitätskosten darstellt, wird mit Hilfe von th beschrieben. Außerdem wird angenommen,
dass H0 ≥0. Des Weiteren wird mit diesem H0 die unterschiedliche Anfangsausstattung an
Humankapital erfasst und auch die individuellen Fähigkeiten, mit denen Humankapital akkumuliert
wird.
Betrachtet man nun den Lebenszyklus eines Individuums vor dem Hintergrund der theoretischen
Überlegungen kommt zu den folgenden 4 Phasen33.
Phase 1: Schule
32Pannenberg (1994 S.18 f.) erläutert das „time-allocation Model“. Er weist das zurück mit der Begründung, dass dieses Modell eine unendliche Anzahl von Arbeit/Weiterbildungsmaßnahmen suggeriert, die es in der Realität nicht gibt, und favorisiert somit ebenfalls das „Jobs-Choice Model“ 33 Vgl. Pannenberg (1994 S.22f.)
16
Et=r∗H t
ΔH t=f ( th )−δH t−1
Hier ist r = 0 (s. Gleichung 3.1.1). Es wird kein Einkommen generiert. Folglich steigt der
Humankapitalbestand an.
Phase 2: Beruflicher Einstieg
Es folgt eine abnehmende Investitionstätigkeit in Humankapital im Zeitablauf. Begründet wird das
mit der im Alter sich verkürzenden Amortisierungszeit. Der Lohn steigt in dieser Phase an. Hat sein
Maximum aber kurz vor der dritten Phase. Auch das Humankapital hat sein Maximum vor dieser
Phase. Begründung ist, dass die Abschreibungen hier größer als die getätigten Investitionen sind.
Denn schaut man sich die Gleichung (3.1.2) an, erkennt man, dass trotz eines Bildungsaufwandes
ein negatives ∆H entstehen kann, wenn die Abschreibungsrate hoch genug ist. Folglich sinken die
Löhne und der Humankapitalbestand trotz Weiterbildungsmaßnahmen.
Phase 3: „Reine“ Einkommenserzielung
Potentielles und beobachtbares Einkommen sind identisch. Hier ist r = 1 (s. Gleichung 3.1.1). Lohn
und Humankapital sinken gleichermaßen (mit der Abschreibungsrate δ).
Phase 4: Ruhestand
In dieser Phase wird das Humankapital weiter abgeschrieben.
Pannenberg (1994 S. 24 f.) kritisiert das Modell anhand von zwei Schwachstellen. Zum einen kann
mit empirischen Untersuchungen widerlegt werden, dass das Einkommen nicht am Ende der Phase
2 und die ganze Phase 3 über sinkt. Die Abschreibungsrate muss folglich kompensiert werden.
Folgende theoretische Überlegung schließt diese Schwachstelle. Geht man von einem learning-by-
doing Effekt aus, welcher keine Investitionskosten besitzt und größer als die Abschreibungsrate ist,
so kommt man auch zu steigenden Löhnen am Ende der Phase 2 und in der Phase 334. Zum anderen
kritisiert Pannenberg, dass keine Aussagen über unfreiwillige Unterbrechungen getroffen werden35.
Diese theoretischen Überlegungen zu den unfreiwilligen Unterbrechungen wird im Rahmen der
Arbeit aber keine Bedeutung bemessen, da sie für die Untersuchung von Trainee-Programmen
irrelevant sind.
Festzuhalten bleibt, dass mit Hilfe der Modelle empirisch testbare Hypothesen erzeugt werden
können. Arbeitnehmer finanzieren ausschließlich die Investitionen in (allgemeines) Humankapital,
da sie selbst die Nutznießer der Investitionen sind. Lebenseinkommensprofile werden mit Hilfe der
34 Vgl. Killingsworth (1982)35 Pannenberg (1994 S. 25) erweitert das oben beschriebene Modell des Lebenszyklus, um unfreiwillige Unterbrechungen im Laufe eines Erwerbslebens
17
Humankapitaltheorie erklärt. Durch Investitionen in das Humankapital und der damit verbundenen
höheren Arbeitsproduktivität des Einzelnen steigt der Lohn im Zeitablauf. Des Weiteren impliziert
dieser theoretische Ansatz, dass das Einstiegsniveau an Einkommen von Arbeitnehmern bei
Investitionen in allgemeines Humankapital geringer ist, dafür aber zu einem höheren
Humankapitalstock führt, was wieder zu höheren Lohnsteigungsraten führt. Durch die unterstellte
Risikoneutralität hat der Arbeitnehmer keinen Anreiz, seinen Arbeitsplatz zu wechseln, da er in
jeder Firma den gleichen Lohn (gemäß seiner Arbeitsproduktivität) erhält.
3.1.2 Der humankapitaltheoretische Ansatz mit Investitionen in firmenspezifisches Humankapital
Bei den in Kapitel 3.1.1 behandelten humankapitaltheoretischen Ansätzen handelt es sich um die
Bildung von allgemeinem Humankapital. Das bedeutet, dass die Aneignung von Humankapital so
interpretiert wird, dass die Arbeitsproduktivität des Arbeitnehmers in allen auf dem Markt
befindlichen Firmen in gleichem Maße steigt. Das hat zur Folge, dass der Arbeitnehmer die
Investition alleine zu tätigen hat, da er auch die Erträge bekommt. Geht man aber davon aus, dass
die Arbeitsproduktivität in der beschäftigten Firma im höheren Maße steigt als in alternativen
Firmen, folgen daraus erhebliche Auswirkungen auf den Umfang an Investitionen in Humankapital,
auf das Betriebswechselverhalten und die Einkommensentwicklung der Arbeitnehmer36. Becker
(1975) spricht an dieser Stelle von „firm-specific-human-capital“ und analysiert die Bildung von
firmenspezifischem Humankapital mit dem folgenden 2-Perioden-Modell. In der ersten Periode
wird in das firmenspezifische Humankapital investiert, in der zweiten Periode resultieren daraus
Quasi-Renten. Für das Modell werden die folgenden Annahmen getroffen37:
a) Das individuelle Niveau an Humankapital ist gegeben.
b) Arbeitnehmer und Arbeitgeber sind risikoneutral38.
c) Die Arbeitsproduktivität in Periode 2 des Arbeitnehmers unterliegt zufälligen
Schwankungen (innerhalb und außerhalb des Betriebes; diese Schwankungen sind per
Annahme nicht miteinander korreliert [Cov(inner,außerhalb)=0] ).
d) Asymmetrische Information (Arbeitsproduktivität): Der Arbeitgeber kennt am Ende der
Periode 1 die Produktivität des Arbeitnehmers in der Firma. Der Arbeitnehmer hingegen
kennt die allgemeine Produktivität und die daraus resultierende alternative Jobangebote.
36 Vgl. Pannenberg (1994 S. 27)37 Vgl. Pannenberg (1994 S. 29)38 Pannenberg (1994 S.33 f.) erläutert den Einfluss von Risikoaversion auf das 2-Perioden-Modell
18
e) Der Kontrakt wird in Periode 1 festgelegt und beinhaltet den Umfang in firmenspezifisches
Humankapital, die Arbeitgeber/Arbeitnehmeranteile an den Investitionen und die Aufteilung
der Erträge (Lohn in Periode 1 und 2).
f) Neuverhandlungen nach Periode 1 sind ausgeschlossen. Der Vertrag kann nur einseitig
aufgelöst werden.
g) Die Kostenfunktion C für firmenspezifisches Humankapital h ist gegeben [mit C(h)´>0,
C(h)´´>0]
Mit Hilfe dieser Annahmen lässt sich die Arbeitsproduktivität a des Arbeitnehmers in der 2. Periode
wie folgt darstellen (gilt für die Weiterbeschäftigung in derselben Firma):
(3.1.3)
H gibt dabei den Bestand von allgemeinem Humankapital an. Das kleine h stellt den Umfang an
firmenspezifischem Humankapital dar. Der Störterm η hat den Erwartungswert Null vor der ersten
Periode (ex ante) kann aber die erwartete Arbeitsproduktivität m (bezogen auf das
firmenspezifische Humankapital) nach der ersten Periode (ex post) ändern:
(3.1.4)
Der Marktlohn in Periode zwei w2 wird mit der oben genannten Formel definiert. Dieser setzt sich
zum einen aus dem Bestand an allgemeinem Humankapital und zum anderen aus dem
firmenspezifischen Humankapital multipliziert mit dem Störterm ε zusammen. Auch hier ist der
Erwartungswert des Störterms Null. Aber falls firmenspezifisches Humankapital vermittelt wird,
welches in Periode 2 auch anderen Firmen nutzt, so erfasst das ε und erhöht folgerichtig den
Marktlohn.
Die Quasi-Rente39 R die sich ergibt, lässt sich wie folgt bestimmen:
(3.1.5)
Der ex ante festgelegte Lohn für Periode 2 wi lässt sich wie folgt definieren:
(3.1.6)
Dabei wird mit Hilfe von α ein Teil der Quasi-Rente dem Arbeitnehmer ausgezahlt.
Auch der Arbeitgeber-Gewinn r lässt sich ermitteln:
39 Williamson definiert die Quasi-Rente als die Differenz zwischen dem Ertrag einer Investition und dem Ertrag ihrer nächstbesten alternativen Verwendung (vgl. Williamson 1985)
19
a=H+h( m+η )
w2=H+hε
R=a−w2
w i=H +α∗m∗h
(3.1.7)
Bei einer volkswirtschaftlichen Betrachtung ist ein Arbeitsverhältnis in Periode 2 effizient, wenn
Gleichung (3.1.5) ≥ 0 ist. Ansonsten sollte gekündigt oder entlassen werden. Es sind aber auch
volkswirtschaftlich ineffiziente Kündigungen/Entlassungen möglich. Dies passiert genau dann,
wenn die Gleichung (3.1.5) ≥ 0 ist und entweder der Arbeitgeber entlässt, weil die Gleichung
(3.1.7) < 0 ist oder der Arbeitnehmer kündigt, wenn der Marktlohn w2 größer ist als der zu
erhaltende Lohn wi. Um diese ineffizienten Trennungen zu minimieren, muss neben der optimalen
Investitionsentscheidung ein in Gleichung (3.1.6) optimales α ermitteltet werden40.
Für empirisch zu überprüfende Hypothesen betreffend der Einkommensentwicklung fehlt noch der
Lohn in der ersten Periode. Bei einem langfristigen kompetitiven Gleichgewicht muss der
Gesamtertrag Null sein, denn der Gegenwartswert des gemeinsamen Ertrages muss genau den
Investitionskosten entsprechen41. Das impliziert, dass der Anteil des Arbeitnehmers am
Gesamtertrag bezogen auf den Gegenwartswert seinen Teil der Investitionskosten wiederspiegelt.
Folglich wird er in Periode 1 einen Betrag erhalten, der unter dem Marktlohn liegt, aber über der
Arbeitsproduktivität an seinem Arbeitsplatz. In Periode 2 erhält er dafür einen Lohn, der über
seinem Marktlohn liegt, aber unter seiner Arbeitsproduktivität an seinem Arbeitsplatz. Darstellen
lässt sich der Lohn w1 wie folgt:
(3.1.8)
β ist somit ein Anteil von den Kosten C für die Investition in das firmenspezifische Humankapital,
welcher der Arbeitnehmer durch einen Lohnabschlag trägt.
Pannenberg (1994 S.37 f.) kritisiert das 2-Perioden-Modell dahingehend, dass die Kosten der
Investition in das Humankapital und die daraus resultierenden Erträge in der Realität nicht objektiv
quantifizierbar sind. Es kommt zum „Dual Moral Hazard“42. Das heißt, dass das Unternehmen nach
getätigter Humankapitalinvestition in den Arbeitnehmer den Anreiz hat, Lohnkosten einzusparen
und die Produktivitätssteigerung leugnet. Diese Strategie antizipiert der Arbeitnehmer und hat
keinen Anreiz mehr firmenspezifisches Humankapital zu generieren. Lösungsansätze für dieses
40 Pannenberg (1994 S. 31f.) maximiert hier den Gesamt-Ertrag und ermittelt somit ein optimales α und den optimalen Anteil der Investition in firmenspezifisches Humankapital. Auch erläutert Pannenberg (1994 S.36) weitere Möglichkeiten ineffiziente Trennungen zu vermeiden41 Vgl. Pannenberg (1994 S.32)42 Vgl. Prendergast (1993 S. 523)
20
r=a−wi
w1=H−ßC
Dilemma erläutert Pannenberg (1994 S.38 f.). Für unsere Arbeit interessante Überlegungen werden
in Kapitel 3.1.3 erläutert.
Festzuhalten bleibt, dass mit Hilfe des 2-Perioden-Modells empirisch testbare Hypothesen erzeugt
werden können. Durch Investitionen in Humankapital steigt das Einkommen im Zeitablauf. Wird in
firmenspezifisches Humankapital investiert, müssen die Ausgangslöhne niedriger sein. Dafür sind
höhere Steigungsraten zu erwarten als bei Individuen ohne Investitionen in firmenspezifisches
Humankapital. Bedingt durch die Beteiligung der Arbeitnehmer an den Quasi-Renten und dem
einhergehenden Verlust dieses Ertrages im Falle eines Arbeitsplatzwechsels sind Arbeitnehmer mit
Investitionen in firmenspezifisches Humankapital weniger geneigt, ihren Arbeitsplatz zu wechseln.
Durch die Möglichkeit der Entlassung/Kündigung lassen sich Mischfinanzierungen ableiten.
3.1.3 Nicht-monetäre humankapitaltheoretische Investitionsmodelle als Anreizsysteme
Das in Kapitel 3.1.2 beschriebene Dilemma zwischen Investitionsvolumen in firmenspezifisches
Humankapital und die Aufteilung der Kosten bzw. der Quasi-Rente versucht dieser Teil der Arbeit
mit einem anderem Ansatz zu lösen. Dabei ist die Nutzung von nicht-monetären Anreizen der
entscheidende Unterschied zum vorherigen Teil. Als nicht-monetäres Instrument dient dem Betrieb
die Beförderung, wobei natürlich eine hierarchische Lohndifferenz innerhalb des Betriebes
angenommen werden muss43. Das führt dazu, dass die Arbeitnehmer einen Anreiz haben, in
firmenspezifisches Humankapital zu investieren, da ihnen eine höhere Position im Unternehmen in
Aussicht gestellt wird. Um das Problem vom „Dual Moral Hazard“ aus Kapitel 3.1.2 (die
Produktivität von dem Arbeitnehmer zu niedrig auszuweisen) aus Arbeitgebersicht umgehen zu
können, bieten sich die folgenden Beförderungsregeln an: die senioritätsabhängige Beförderung
(nach der Lebensalter bzw. Betriebszugehörigkeit) und der Beförderungswettbewerb unter den
Arbeitnehmern. Die beiden Anreiz-Systeme umgehen prinzipiell das Dilemma des beidseitigen
Moral Hazard´s und werden im Folgenden beschrieben. Eine wichtige Voraussetzung dieser
Ansätze ist ein kooperatives Verhalten der Arbeitnehmer. Dies ist aber nicht immer gewährleistet,
da bei dem innerbetrieblichen Beförderungswettbewerb eher ein Leistungswettbewerb unter den
Arbeitnehmern hervorgerufen wird. Dies kann im Extrem Fall zur „Sabotage“44 unter den
Mitarbeitern führen45. Dabei ist auch im Allgemeinen zu berücksichtigen, dass ein Wettbewerb
unter den Mitarbeitern, welcher auf bestimmten Anforderungen basiert, nicht gleich den
Anforderungen für die nächst höhere Ebene ist (Beispiel: der beste Lehrer ist nicht der beste
Schulleiter). Der Leistungswettbewerb würde dann nämlich zu dem Peter Prinzip führen: „In einer
Hierarchie neigt jeder Beschäftigte dazu, bis zu seiner Stufe der Unfähigkeit aufzusteigen.“46.
Daraus folgt, dass nach einer gewissen Zeit jede Position mal mit unfähigen Arbeitnehmern besetzt
wird, die nicht den Anforderungen genügen. Dies impliziert, dass die Arbeiten von den Mitarbeitern
ausgeführt werden, die noch nicht ihre Stufe der Inkompetenz erreicht haben47.
Es zeigt sich also, dass der innerbetriebliche Beförderungswettbewerb kein optimales Instrument für
die Aneignung von firmenspezifischem Humankapital ist.
Die senioritätsabhängige Beförderung lässt sich problemlos in das 2-Perioden-Modell von Kapitel
3.1.2 integrieren. Das Modell wird wie folgt erweitert: 48
a) Arbeitnehmer und Arbeitgeber kennen die erwartete Quasi-Rente in Periode 2 der
Humankapitalinvestition und sind risikoneutral.
b) In der ersten Periode wird ein „on-the-Job“ Training absolviert und ein Lohn w 1 gezahlt.
Der Lohn w1 wird nach der Grenzproduktivität der ersten Periode bezahlt.
c) Nach Abschluss des Trainings wird zu Beginn der zweiten Periode ein erhöhter Lohn von
w2 bezahlt. Im Laufe der zweiten Periode wird dann der Arbeitnehmer befördert. Die
Beförderung wird mit dem Periodenlohnzuschlag B vergütet.
d) Nach dem strikten Senioritätsprinzip, bei dem die Anzahl der höher bezahlten Jobs fest ist,
wird bei dem Ausscheiden der älteren Generation im Unternehmen ein Aufstiegsprozess der
nächst jüngeren in Gang gesetzt. Die Produktivität ist nicht von Relevanz bei der
Beförderung. Entscheidend ist nur die Zeit der Betriebszugehörigkeit.
e) Es wird vereinfacht angenommen, dass man sich durch das „on-the-Job“ Training
ausreichend qualifiziert hat und somit den Anforderungen beider Jobs genügt. Folglich nutzt
der Arbeitnehmer die sich ergebene Aufstiegschance.
Die Arbeitnehmer weisen also ein im Zeitverlauf steigendes Lohnprofil auf. Dennoch sind sie
alleiniger Träger der Investitionskosten in firmenspezifisches Humankapital bei einem
senioritätabhängigen Vertrag. Daraus folgt, dass das Einkommen in der ersten Periode der
Marktlohn (Wert des allgemeinen Humankapitals) abzüglich der Investitionskosten ist. Der
Arbeitnehmer verzichtet auf einen Teil seines Gehaltes in der ersten Periode, um dann in der
zweiten Periode mehr zu bekommen als seinen Marktlohn. Zusätzlich bietet sich die Möglichkeit 46 William Morrow (1969)47 Vgl. William Morrow (1969)48 Vgl. Carmichael (1983)
22
eines Beförderungszuschlages. Dies bietet einen weiteren Anreiz zum Verzicht auf den Lohn in der
ersten Periode. Die individuelle Einkommensentwicklung und die Investition in firmenspezifischem
Humankapital sind somit positiv korreliert laut diesem Modell. 49
„Senioritätsabhängige Beförderungsmodelle implizieren in der dargestellten Form eine
mechanische Beförderungspolitik, die nur Mindeststandards der individuellen Arbeitsproduktivität
über die Kündigungsregel berücksichtigen kann.“50. Die Kündigungsregel, bestehend aus wa dem
Marktlohn für den allgemeinen Humankapitalbestand, M die erwartete Quasi-Rente aus der
firmenspezifischen Investition und w2 der zu bezahlende Lohn in Periode 2 lautet wie folgt:
wa + M < w2 (3.1.9)
Festzuhalten bleibt, dass der Arbeitnehmer die Kosten der firmenspezifischen
Humankapitalinvestition selber trägt. Somit erhält er einen Lohn unter dem Marktlohn in Periode 1.
In Periode 2 erhält der Arbeitnehmer dafür einen Lohn, der über dem Marktlohn liegt. Zusätzlich
besteht die Möglichkeit der Beförderung, welches dem oben beschriebenen strikten
Seniorititätsprinzip folgt und einen weiteren Anreiz zur Akkumulation von firmenspezifischem
Humankapital schafft, indem es mit einem Beförderungszuschlag vergütet wird.
Das Ein-Perioden-Modell von Prendergast (1993) beschäftigt sich mit den Lohndifferenzen im
Unternehmen. Dieses Modell macht folgende Annahmen:51
a. Es existieren zwei unterschiedliche Arbeitsstellen, die sich in dem Anspruch an den
Arbeitnehmer unterscheiden. Job E ist der einfachere, welche eine geringere Fähigkeit (n)
des Arbeitnehmers erfordert, und Job D ist der anspruchsvollere.
b. Dieses Modell berücksichtigt auch die Investition in Humankapital mit der Variablen s,
welche den Wert Null für nicht getätigte Investition und den Wert eins annehmen kann.
c. Die Arbeitsproduktivität des Arbeitnehmers sei dem Arbeitgeber auch die ganze Zeit
bekannt.
d. Ein Arbeitnehmer mit einem höheren Bestand an Humankapital hat einen Vorteil bei dem
Anspruch auf den Job D.
e. Die Humankapitalinvestition bei dem anspruchsvolleren Job weist eine höhere
Produktivitätssteigerung als die Investition in den einfacheren Job aus.
Es lässt sich eindeutig erkennen, dass Trainees im Durchschnitt ein geringeres Gehalt beziehen als
Direkteinsteiger. Der Abschlag ist „relativ“ gering beim Median (5%). Bei dem ersten Quartil
beträgt die Abweichung doch schon „beachtliche“ 16,47%. Beim drittem Quartil sind es „lediglich“
4,55%.
33
Basierend auf dieser empirischen Untersuchung und der oben getroffenen Annahme, dass der
Humankapitalbestand beim Trainee gleich dem des Direkteinsteigers ist, lässt sich ableiten, dass der
Trainee einen Teil der Kosten des Programms durch einen Lohnabschlag trägt. Folgt man der oben
getroffenen Überlegung, dass der Trainee evtl. über einen höheren Humankapitalbestand verfügt, so
würde der Lohnabschlag weitaus höher ausfallen.
Wie man in Kapitel 3.2.1 erkennen kann, sind die Kosten (ca. 91.000 €) nicht alleine durch das
Gehalt (ca. 38.000 €) des Trainees zu erklären. Der Arbeitgeber trägt folglich einen hohen Beitrag
an den Kosten des Trainee-Programmes. Folgt man der Überlegung aus Kapitel 3.1.2, dass
derjenige Arbeitnehmer, welcher eine Investition in firmenspezifisches Humankapital tätigt, einen
Lohn erhält, der unter seinem Marktlohn liegt, aber über seiner Produktivität an seinem
Arbeitsplatz, folgt daraus, dass der Arbeitgeber einen noch größeren Teil der Kosten nicht durch die
Arbeitsproduktivität des Trainees ersetzt bekommt.
Festzuhalten bleibt, dass sowohl der Arbeitgeber als auch der Arbeitnehmer für die Kosten des
Trainee-Programms aufkommen. Der Arbeitnehmer trägt hierbei aber nur einen geringen
Lohnabschlag (5% Lohnabschlag beim Median zum durchschnittlichen Lohn). Der Arbeitgeber
trägt den wesentlich größeren Teil der Kosten (vgl. Kapitel 3.2.1).
3.2.3 Die Bedeutung der Unternehmensgröße
Dieses Kapitel beschäftigt sich mit dem Einflussfaktor der Unternehmensgröße auf die Trainee-
Programme und das Gehalt. Hierbei soll anhand von der empirischen Untersuchung, der Alma
Mater – Gehaltsstudie 2010, die Theorie aus den Kapiteln 3.1.3 und 3.1.4 überprüft werden. An der
Alma Mater-Gehaltsstudie nahmen 932
Unternehmen teil. Die Studie differenziert die
Unternehmensgröße anhand der Anzahl der
Mitarbeiter, wobei dies eine eigene Einteilung
ist. Die Gesetzestexte der EU und Deutschland
definieren die Unternehmensgrößen nach der
Anzahl der Beschäftigten und entweder dem
Umsatz pro Jahr oder der Bilanzsumme pro
Jahr.65
Die 932 Unternehmen machten im Zeitraum
vom 15. November bis zum 07. Februar 2010 4.980 Gehaltsangaben, aber die Gehaltsangaben
65 Vgl. KMU-Definition der EU [2003/361/EG] und laut dem HGB [HGB 2005,§267]34
Quelle: Alma Mater – Gehaltsstudie 2010 S. 5
Abbildung 8: Teilnehmende Unternehmen nach Anzahl der Mitarbeiter
beziehen sich nicht nur auf Trainee-Gehälter sondern auch auf Direkteinsteiger, wobei in Kapitel
3.2.2 kein großer Unterschied zwischen den beiden Berufseinsteigergruppen festgestellt wurde.
Trotzdem sollte unabhängig von der Art des Einstiegs ins größere Unternehmen nach der
allgemeinen Theorie aus Kapitel 3.1.4 mehr Gehalt bezahlt werden. Denn die Unternehmen bieten
laut dem Kapitel eine Karriereleiter, welche Mitarbeiter mit höherem Humankapital lockt.
Außerdem besitzt jeder Mitarbeiter eine höhere Produktivität, bedingt durch eine Spezialisierung
auf seinem Fachgebiet. Auch ist der Weiterbildungsapparat effektiver66 im größeren Unternehmen.
Andererseits steht dem gegenüber die Theorie aus Kapitel 3.1.3. Nach dieser Theorie werden die
Kosten der Weiterbildung von dem Arbeitnehmer getragen, da ihm die Möglichkeit einer
Karriereleiter geboten wird. Das sollte zu einem geringeren Einstiegsgehalt führen.
Diese theoretische Überlegung lässt sich zum
Teil auch in der empirischen Untersuchung der
Alma Mater-Studie erkennen (Abbildung 9).
Hierbei ist eine Spreizung der
durchschnittlichen Gehälter von circa 5.000 €
zu erkennen. Das durchschnittliche
Jahresgehalt ist monoton steigend über der
Mitarbeiterzahl, wobei der Gehaltsprung von
der Gruppe 1.000 - 5.000 zu der über 5.000
Mitarbeiter sehr gering ist. Dies scheint das
durchschnittlich höchste Einkommen zu sein für
einen Einsteiger.
Die Abbildung 10 verdeutlicht nochmal den
prozentualen Unterschied zum
durchschnittlichen Gehalt aller erhobenen
Daten. Sie verdeutlicht, dass bei einem
Unternehmen mit mehr als 5.000 Mitarbeitern
6,44% mehr als das Durchschnittsgehalt
bezahlt wird. Bei Unternehmen mit weniger
als 100 Mitarbeitern ist ein Gehaltsabschlag von
mindestens 11,42% beobachtbar.
66 Vgl. Kapitel 3.1.4 „Economics of Scale“35
Quelle: Alma Mater – Gehaltsstudie 2010 S. 11
Quelle: Alma Mater – Gehaltsstudie 2010 S. 12
Abbildung 10: Abweichung der Einstiegsgehälter vom Durchschnitt
Abbildung 9: Einstiegsgehälter nach Unternehmensgröße
Festzuhalten bleibt, dass die Ergebnisse der theoretischen Modelle aus Kapitel 3.1.4 in der
empirischen Alma Mater-Studie wiederzufinden sind. Zum einen ist nach der Theorie der
Humankapitalbestand der Arbeitnehmer in größeren Unternehmen höher und sie erhalten ein
dementsprechend höheres Gehalt. Zum anderen sind in der Abb. 9 und 10 auch Trainees enthalten.
Diese verursachen durch den „Economics of scale“ Effekt geringere Weiterbildungskosten als bei
kleineren Unternehmen. Dadurch kann den Trainees in größeren Unternehmen ein höheres Gehalt
bezahlt werden.
Es scheint so zu sein, dass die Karrierechance und der daraus resultierende Übernahme der
Weiterbildungskosten laut der Theorie aus 3.1.3 nicht besteht bzw. von der Theorie aus 3.1.4
überkompensiert wird.
36
3.3 Analyse der Investitionsgründe in Humankapital
In den vorigen Abschnitten (Kapitel 3.2) wurde dargestellt, dass im Falle von Trainee-Programmen
hohe Investitionen sowohl von Arbeitnehmern als auch vom Unternehmen getätigt werden müssen.
Die Investition des Arbeitnehmers besteht aus einem geringen Lohnabschlag vom Einstiegsgehalt
im Vergleich zu einem Direkteinsteiger. Im Falle des Unternehmens besteht die Investition aus
hohen finanziellen Ausgaben und zusätzlichen Einbußen in der Produktivität des Trainees67. Im
folgendem Abschnitt wird aus Sicht beider Parteien erläutert, weshalb ein derart, besonders aus
Unternehmenssicht, hoher Aufwand betrieben wird, um Trainee-Programme zu realisieren.
3.3.1 Unternehmenssicht
Aus Unternehmenssicht werden hohe monetäre Investitionen getätigt68, um durch Trainee-
Programme talentierte Absolventen intern für die Managementebene auszubilden. Jedoch stellt sich
hier die Frage, weshalb die Unternehmen sich nicht derart hohe Investitionen sparen und das
Managementpersonal auf dem externen Arbeitsmarkt rekrutieren. Ein Erklärungsansatz bietet der
humankapitaltheoretische Ansatz aus Kapitel 3.1.2. Wird in firmenspezifisches Humankapital
investiert, entstehen Quasi-Renten, welche dem Arbeitgeber in Form von Kosteneinsparungen
(bedingt durch einen Lohn unter der Arbeitsproduktivität) zugutekommen. Zwei Voraussetzungen
müssen dafür gegeben sein, damit sich die Investition lohnt.
Zum einen muss in firmenspezifisches Humankapital investiert werden. Davon ist in unserem Fall
auszugehen. Den nach der Theorie aus Kapitel 3.1.1 würde der Arbeitnehmer die Kosten bei einer
Investition in allgemeines Humankapital alleine tragen müssen. Die empirische Untersuchung69 hat
aber ergeben, dass der wesentlich größere Anteil der Kosten von dem Unternehmen getragen wird.
Zum anderen dürften die Arbeitnehmer nicht den Arbeitgeber nach Beendigung des Trainee-
Programms wechseln, da sonst die Quasi-Rente verloren ginge. Das Wechselverhalten der Trainee
wird laut der Theorie aus Kapitel 3.1.3 dahingehend beeinflusst, dass den Arbeitnehmern 67 Vgl. Kapitel 3.268 Vgl. Kapitel 3.269 Vgl. Kapitel 3.2
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Aufstiegschancen in Aussicht gestellt werden. Es ist auch nicht zu vernachlässigen, dass der
Arbeitnehmer in firmenspezifisches Humankapital investiert hat. Folglich würde auch der
Arbeitnehmeranteil an der Quasi-Rente bei einem Arbeitsplatzwechsel verloren gehen. Leider
konnte das Wechselverhalten der Arbeitnehmer nach Beendigung des Trainee-Programms mangels
brauchbarer Daten nicht empirisch belegt werden. Auch dieses bildet ein interessantes
Forschungsfeld für weitergehende empirische Untersuchungen.
Nachfolgend werden weitere Argumente angeführt, welche als firmenspezifisches Humankapital
identifiziert werden konnten und zusätzliche Argumente für eine interne Rekrutierung liefern.
Kenntnis über das Unternehmen
Wie im Abschnitt 2.1.3 fokussieren sich die verschieden Arten von Trainee-Programmen auf das
Kennenlernen von Unternehmensabläufen. Durch mehrere Hospitanzen in verschiedenen
Bereichen und Abteilungen wird sichergestellt, dass der Trainee ein fundiertes Verständnis über die
Wertschöpfungsketten und Prozesse des Unternehmens erlangt. Spätere Führungskräfte, die solche
eine Ausbildung genossen haben, werden stets auf eine breite Unternehmenskenntnis als Grundlage
für Managemententscheidungen zurückgreifen können. Führungskräfte, die extern rekrutiert
werden, haben zunächst keinerlei Kenntnis über die allgemeine Wertschöpfungsketten und
Prozesse. Es bleibt ihnen aufgrund vom Zeitdruck im Alltagsgeschäft zudem verwehrt, an
innerbetrieblichen Fortbildungen teilzunehmen, um sich über ihren eigenen Bereich hinaus
detailliertes Wissen über das Unternehmen anzueignen.70 Deshalb sind die Entscheidungen vom
externen Führungspersonal zwar betriebswirtschaftlich kompetent. Dennoch fehlt ihnen teilweise
eine tiefgreifende Unternehmenskenntnis. Es besteht die Gefahr, das „big picture“ aus den Augen
zu verlieren. Daher ist es für Unternehmen in der Regel vorteilhafter, Führungspersonal intern zu
rekrutieren, bzw. durch Trainee-Programme auszubilden.
Unternehmenskultur
Neben Kenntnis von Wertschöpfungsketten und Prozessen eines Unternehmens ist es durchaus von
nennenswerter Bedeutung, dass das Führungspersonal ebenfalls Kenntnis von der
Unternehmenskultur besitzt. Besonders das Vorleben von unternehmenskulturellen Werten fällt
extern rekrutiertem Führungspersonal besonders schwer71. Da das Verständnis über die
70 Vgl. S.20 Weiterbildung für den akademischenFach- und Führungskräftenachwuchs71 Vgl. Sackmann, Sonja A: Erfolgsfaktor Unternehmenskultur – Mit kulturbewusstem Management Unternehmensziele erreichen und Identifikation schaffen, Wiesbaden 2004, S. 210
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Unternehmenskultur nur durch ein jahrelanges „Miterleben“ des Unternehmens erlangt werden
kann, ist diesbezüglich eine interne Ausbildung des Führungspersonals der externen Rekrutierung
vorzuziehen.
Netzwerk
Da Trainees in ihrer Ausbildungsphase in zahlreiche Abteilungen arbeiten und nebenbei
Fortbildungen absolvieren, kommen sie mit zahlreichen Personen des Unternehmens in Kontakt.
Dies hat den positiven und auch erwünschten Effekt, dass der Trainee sich frühzeitig ein Netzwerk
im Unternehmen aufbauen kann. Besonders in großen Unternehmen sind solche Netzwerke relevant
für die alltägliche Arbeit. Ein solches Netzwerk muss sich eine extern eingestellte Führungsperson
erst mühsam aufbauen, wodurch er hier deutlich im Nachteil gegenüber dem intern ausgebildeten
Trainee ist.
Fehlbesetzungsrisiko
Bei Einstellungen von Führungspersonal sowohl intern als auch extern trägt das Unternehmen stets
das Risiko einer Fehlbesetzung. Es kann vorkommen, dass Kandidaten falsch eingeschätzt werden
und sich die Besetzung als ungeeignet herausstellt. Diese Fehler schaden dem Unternehmen
beträchtlich, da einerseits finanzielle Mittel für eine ungeeignete Führungsperson verschwendet
wurde und andererseits weitere Mittel aufgebracht werden müssen, um kompetenten Ersatz zu
rekrutieren. Dieses Risiko kann erheblich gesenkt werden, wenn Rekrutierungen intern ablaufen.
Denn nur dann ist es möglich, „Entscheidungen des Managers sowie deren Ergebnisse zu
beobachten und in die Entscheidungsfindung mit einzubeziehen“72. Denn „selbst wenn der
Arbeitgeber davon ausgeht, dass die zu erwartende relative Qualität von internen und externen
Kandidaten in Bezug auf sein Unternehmen gleich ist, wird er eher auf interne zurückgreifen, da
dort das Risiko einer Fehleinschätzung wesentlich geringer ist“73.
Transaktionskosten
Ein weiterer Vorteil der internen Rekrutierung von Führungspersonal ist das Wegfallen hoher
Transaktionskosten. Geeignetes Personal für die Führungsebene zu finden benötigt einen hohen
finanziellen Aufwand. Zunächst fällt der Verlust an Wertschöpfung für die Zeitperiode an, an dem
eine freie Stelle nicht besetzt ist. Darüber hinaus fallen Kosten in der Personalabteilung an für die
Suche nach geeignetem Personal. Außerdem ist es üblich für die Führungsrekrutierung Headhunter
72 Zimmermann 200973 Zimmermann 2009
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zu beauftragen, die über eine Vermittlungsprovision hinaus auch anteilig vom Gehalt des Managers
bezahlt werden. All diese Kosten fallen bei der internen Rekrutierung eines Trainees nicht mehr an.
Folglich gibt es eine Vielzahl von Anreizen, welche die hohen Investitionen bei Trainee-
Programmen erklären und eine interne Rekrutierung vorteilhaft machen.
3.3.2 Arbeitnehmersicht
In Kapitel 3.2.2 wurde festgestellt, dass die Einbußen im Gehalt gegenüber einem Direkteinsteiger
lediglich 5% betragen. Dies ist auch vor dem Hintergrund der Humankapitaltheorien zu erwarten
gewesen74. Der Anreiz des Arbeitnehmers auf die 5% zu verzichten, resultiert zum einen aus der
Überlegung der Aufteilung der Quasi-Renten75 und den damit verbundenen höheren
Steigerungsraten im Gehalt. Auch folgt man den Überlegungen der allgemeinen
Humankapitaltheorie76, kommt man zu höheren Steigerungsraten des Gehaltes im Zeitverlauf. Diese
höheren Steigerungsraten konnten mangels brauchbarer Daten im Rahmen der Arbeit empirisch
nicht überprüft werden. Dies ist aber ein interessantes Forschungsfeld für weitergehende
empirische Untersuchungen. Zum anderen bieten solche Programme enorme Vorteile für die
zukünftige Karrierelaufbahn77 und schaffen somit einen weiteren Anreiz einen Lohnabschlag in
Kauf zu nehmen.
Folglich sind Arbeitnehmer vor dem Hintergrund der theoretischen Überlegungen bereit einen
Diese vorliegende Arbeit beschäftigte sich mit den Trainee-Programmen und zeigte die
verschiedenen Varianten, die derzeit in den Unternehmen praktiziert werden. Diese unterscheiden
sich in der Laufzeit und dem Aufgabenfeld und den daraus resultierend unterschiedlichen Kosten
der Trainee-Programme. Um ein besseres Verständnis für die Gründe der Kosten bzw. der
Investitionen von Arbeitgebern und Arbeitnehmern zu bekommen, gibt diese Arbeit einen
Überblick über die verschiedenen Humankapitaltheorien. Hierbei ist zu unterscheiden zwischen
dem allgemeinen Humankapital und dem firmenspezifischem Humankapital. Die Theorie des
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allgemeinen Humankapitals ist nicht auf die Trainee-Programme anzuwenden, was empirisch auch
gezeigt wurde, da der Kostenträger der Weiterbildung nicht alleine der Arbeitnehmer ist. Daraus
folgt, dass während des Trainee-Programms firmenspezifisches Humankapital vermittelt wird. Dies
wird empirisch unterstützt durch den marginalen Jahresgehalts-Unterschied zwischen dem
Direkteinsteiger und dem Trainee. Das bedeutet, dass der Arbeitgeber den größeren Teil der
Investition übernimmt. Die Gründe, die für den Arbeitnehmer sprechen, ein Trainee-Programm
gegenüber dem direkten Einstieg zu wählen, sind einfach zu identifizieren. Der Arbeitnehmer trägt
nur einen geringen Teil der Investition und erhält zudem die Weiterbildungsmaßnahme an sich.
Daraus sollte auch eine höhere Beförderungswahrscheinlichkeit resultieren. Dieses konnte derzeit
leider nicht empirisch belegt werden, da keine Untersuchungen über Karrierelaufbahnen und
Gehaltsverläufe nach einem Trainee-Programm existieren.
Die Gründe für den Arbeitgeber, diese hohen Investitionen fast ausschließlich alleine zu tragen,
sind erst einmal nicht so trivial. Die Absicht der Arbeitgeber ist es aber talentierte Absolventen
optimal für die eigene Managementebene auszubilden und die Ausbildung auf das Unternehmen
auszurichten. Zusätzlich ist auch anzumerken, dass es sich um eine Weiterbildung handelt mit
anschließender Produktivitätssteigerung bzw. eine Aufteilung der Quasi-Rente nach der
Ausbildung. Dieser monetäre Anreiz amortisiert im Zeitablauf die hohen Investitionskosten. Zudem
hat der ausgebildete Trainee gegenüber einem direkten Bewerber für eine Managementposition die
Vorteile, dass er die Unternehmensabläufe, die Unternehmungskultur kennt und das
Fehlbesetzungsrisiko bei ihm geringer ist. Weiterhin verfügt er über ein betriebliches Netzwerk.
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