Structural Strains Seminar: Soziale Bewegungen in Deutschland Referenten: Géraldine Cromvel und Simon Hörrle
Jun 15, 2015
Structural Strains
Seminar: Soziale Bewegungen in Deutschland
Referenten: Géraldine Cromvel und Simon Hörrle
Die Theorie der relativen Deprivation
Annahmen der Theorie einer relativen Deprivation:
1. Unzufriedenheit wird durch die (subjektive) Wahrnehmung einer relativen Benachteiligung (=Deprivation) verursacht.
• “Relative deprivation defined as a perceived discrepancy between men’s value expectations and their value capabilities […]” (Gurr 1970: 37)
• Value Expectations: Was wir glauben zu verdienen• Value Capabilities: Was wir tatsächlich fähig sind zu
erreichen
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Die Theorie der relativen Deprivation
Achtung!:
• Expectations (Erwartungen) sind nicht mit Aspirations (Bestrebungen) zu verwechseln.o Expectations: Man besteht darauf bzw. geht davon aus, dass
es einem rechtmäßig zusteht.• Bsp: Menschenwürde
o Aspirations: Man ist bestrebt etwas zu erreichen, von dessen Rechtmäßigkeit des Besitzes man aber nicht Überzeugt ist (Man wünscht sich etwas)• Bsp: Ein neuer Fernseher
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Die Theorie der relativen Deprivation
Annahmen der Theorie einer relativen Deprivation:
2. Unzufriedenheit dient als Antriebsmotor für Handlungen, bzw. in diesem Fall „Politcal Violence“ (Notwendige Bedingung).
• Politische Gewalt wird wahrscheinlicher, wenn:o Die Diskrepanz zwischen Value Expectations und Value
capabilities groß ist Unzufriedenheit wird intesiviert (frustration-aggression mechanism).
o Der Staat als Verursacher/Verantwortlicher für die Diskrepanz wahrgenommen wird.
o Politische Gewalt als ein angemessenes und effektives Mittel wahrgenommen wird.
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Die Theorie der relativen Deprivation
Annahmen der Theorie einer relativen Deprivation:
3. Mögliche Ursachen für die Wahrnehmung von Relativer Deprivation
• Steigende Erwartungen können nicht erfüllt werdeno Nur andere soziale Gruppen scheinen zu profitieren
• Ungerechtfertigter Rückgang des Wohlbefindens durch äußere Einwirkungeno Wie etwa durch Rückgang der Wohlfahrt eines Staates
oder durch Beschneidung zuvor vorhandener Rechte
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Die Theorie der relativen Deprivation
Annahmen der Theorie einer relativen Deprivation:
4. Die Bedeutung des Umfangs der relativen Deprivation:• Kollektive politische Gewalt benötigt auch eine kollektive
Wahrnehmung der relativen Deprivation
5. Die Organisationsfähigkeit von Aufständischen kann das Ausmaß der Gewalt noch verstärken
o Diese bleibt jedoch nach wie vor hauptsächlich vom Ausmaß / der Wahrnehmung der relativen Deprivation abhängig
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Die Theorie der relativen Deprivation
Arten von relativer Deprivation:
• Dekrementelle Deprivation
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Niedrig
Hoch
Zeit
Werterwartungen
Wertkapazitäten
Kollektive Werteposition
Die Theorie der relativen Deprivation
Arten von relativer Deprivation:
• Aspirationale Deprivation
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Niedrig
Hoch
Zeit
Werterwartungen
Wertkapazitäten
Kollektive Werteposition
Die Theorie der relativen Deprivation
Arten von relativer Deprivation:
• Progressive Deprivation (J-Curve - Davis 1969: The j-curve of ricing an declining satisfactions as a cause for some great revolutions and a contained
rebellion)
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Niedrig
Hoch
Zeit
Werterwartungen
Wertkapazitäten
Kollektive Werteposition
Structural Strains – Das klassische Modell
• Ausgangsbasis: Pluralismus
• Politische Macht ist nicht in den Händen weniger, sondern verteilt zwischen konkurrierenden Gruppen.
• Die Abwesenheit von konzentrierter Macht sichert die Offenheit und Reaktionsfreudigkeit des Systems, indem es die Anwendung von Gewalt auf politische Gegner verhindert.
• Koalitionenbildung wird durch das System gefördert bzw. gefordert.
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Structural Strains – Das klassische Modell
McAdams Fragen:
• Wenn dieses Erklärungsmodell angemessen sein soll, wie werden damit soziale Bewegungen erklärt?
• Warum sollte eine Gruppe die Vorzüge des Systems (Offenheit, Reaktionsfreudigkeit, Verhandlungsfreudigkeit) ignorieren und rebellieren?
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Structural Strains – Das klassische Modell
Antworten die das klassische Modell liefert:
• Diese Gruppen begehen einen taktischen Fehler (ungenügend)
• Mitglieder sozialer Bewegungen handeln außerhalb der rationalen politischen Arena. Sie haben andere, abweichende Motive im Gegensatz zu den anderen Gruppen.
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Structural Strains – Das klassische Modell
McAdam stellt drei Varianten des klassischen Modells vor, die versuchen soziale Bewegungen zu erklären.
• Alle drei basieren auf dem folgenden Kausalzusammenhang :
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Strukturelle Spannungen
Unruhe stiftender
psychischer Zustand
Soziale Bewegung
Structural Strains – Das klassische Modell
Modell 1: Mass Society Theory
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Soziale Isolation
Entfremdung und Angst
Extremes Verhalten
Ernste und weit verbreitete
Unstimmigkeiten
Wahrgenommene Unstimmigkeit Soziale Bewegung
Structural Strains – Das klassische Modell
Modell 2: Status Inconsistency
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Spannungen im System
Normative Ungewissheit
Soziale Bewegung
Structural Strains – Das klassische Modell
Modell 3: Collective Behavior
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Structural Strains – Das klassische Modell
Zusammenfassung über die Annahmen der drei Modelle:
• Soziale Bewegungen scheinen eine kollektive Reaktion auf störende Systemspannungen zu sein.
• Es geht allen drei Modellen eher um die psychologischen Effekte von sozialen Spannungen auf die Individuen,
als um die Effekte auf das politische System.
• Individuelle Unzufriedenheit (Angst, Entfremdung, Unstimmigkeiten) stellt die unmittelbare Ursache für das
Aufkommen von sozialen Bewegungen dar.
• Das Individuum bildet in der empirischen Analyse das Zentrum der Untersuchung.
• Soziale Bewegungen werden als Entstehung einer Gruppe aus unzufriedenen Individuen definiert.
• Die Motivation für soziale Bewegungen ist nicht das Erreichen von politischen Zielen, sondern das Bedürfnis
psychische Spannungen, welche aus einer stressvollen sozialen Situation stammen, zu bewältigen.
• Alle drei Modelle behaupten, dass sich soziale Bewegungen auf einem psychologischen Level befinden und
nicht auf einem politischen.
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Structural Strains – Die Schwächen des klassische Modells
Behauptung 1: Soziale Bewegungen seien eine Antwort auf Spannungen
Problematisch, weil:
• Spannungen nicht automatisch soziale Bewegungen verursachen.
• wenn soziale Spannungen ein gelegentlich auftretendes soziales Phänomen sind, muss man schlussfolgern, dass Systemspannungen ein anormaler sozialer Zustand sind.
• das Potential für soziale Bewegungen immer präsent ist.
• der Bezug zum politischen Kontext, in welchem soziale Aufruhen entstehen fehlt.
• das klassische Modell zu mechanistisch und linear ist und das Zusammenspiel von Kosten und Nachfrage ignoriert.
Systemspannungen sind eine notwendige, aber keine hinreichende Bedingung für das Entstehen von sozialen Bewegungen.
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Structural Strains – Die Schwächen des klassische Modells
Behauptung 2: Individuelle Unzufriedenheit als Ursache für soziale Bewegungen
Problematisch, weil:
• Es eine isolierte Betrachtungsweise ist• Diese Sichtweise dem Individuum unterstellt er sei anormal, wenn er sich einer sozialen
Bewegung anschließt. • Die Teilnehmer vom Rest der Bevölkerung unterschieden werden, als ob sie unbedeutend oder
nicht integriert seien. • Es eine Korrelation zwischen Protestaktivität und Integration gibt (Orum).• Unzufriedenheit objektiv gemessen wird und nicht subjektiv.• nur Teilnehmer bezogen auf ihre Unzufriedenheit beobachtet und die Nicht-Teilnehmer ignoriert
werden.• Die These, dass soziale Bewegungen nur aus der Unzufriedenheit eines Bevölkerungsteils
resultieren laut Orums Untersuchung nicht bestätigt ist.
Das klassische Modell ignoriert völlig, dass soziale Bewegungen ein kollektives Phänomen sind und nicht bloß die Ansammlung unzufriedener Bürger.
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Structural Strains – Die Schwächen des klassische Modells
Behauptung 3: Soziale Bewegungen repräsentieren ein psychologisches Phänomen und kein politisches
Problematisch, weil:
• Institutionalisierte Politik angeblich durch eine rationale Gruppenaktion mit einem politischen Ziel gekennzeichnet ist.
• Reagiert eine Regierung auf Systemspannungen, wird dies als normale politische Reaktion empfunden
• Reagieren soziale Bewegungen auf Systemspannungen wird dies als psychologisches Problem angesehen und nicht als politische Aktion.
• Teilnehmer einer sozialen Bewegung nicht in rationalen politischen Aktionen involviert sind. Sie suchen nach psychologischer Entlastung.
• Soziale Bewegungen ein komplett anderes Verhalten aufweisen als institutionalisierte Aktionen
Das klassische Modell ignoriert den direkten Zusammenhang zwischen einem politischen Problem und dem Entstehen einer sozialen Bewegung.
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Structural Strains – Die Schwächen des klassische Modells
Zusammenfassung: Schwächen des klassischen Modells:
1. Systemspannungen sind eine notwendige aber keine hinreichende Bedingung für das Entstehen von sozialen Bewegungen
2. Das klassische Modell ignoriert völlig, dass soziale Bewegungen ein kollektives Phänomen sind und nicht bloß die Sammlung unzufriedenere Bürger.
3. Das klassische Model ignoriert den Zusammenhang zwischen einem politischen Problem und dem Entstehen einer sozialen Bewegung.
Referenten: Géraldine Cromvel und Simon Hörrle
Structural Strains – Die Schwächen des klassische Modells
• Das klassische Modell ist mit seiner Erklärung über die Ursachen sozialer Bewegungen gescheitert.
• Diese Sichtweise diskeditiert soziale Bewegungen
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Structural Strains – Die Schwächen des klassische Modells
Wir benötigen ein anderes Erklärungsmodell, denn:
• Soziale Bewegungen sind ein wichtiger Faktor für sozialpolitische Veränderungen
• Historische Prozesse können nicht bloß unbeabsichtigte Nebenprodukte eines kollektiven Bestrebens nach Spannungsregulierung sein!
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