Psychiatrieplan Landkreis Mittelsachsen (2017) - Seite 1 Anlage 1 Psychiatrieplan zur gemeindenahen Versorgung psychisch kranker Menschen im Landkreis Mittelsachsen bestätigt durch die Psychosoziale Arbeitsgemeinschaft (PSAG) gemäß § 7 Sächsisches Gesetz über die Hilfen und die Unterbringung bei psychischen Krankheiten (SächsPsychKG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 10. Oktober 2007 (SächsGVBl. S. 422), zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes vom 07.08.2014 (SächsGVBl. S. 446) Freiberg, 02.11.2016
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Psychosoziale Arbeitsgemeinschaft - PSAG€¦ · Klinikum Adresse Bettenkapazität davon für Lk. Mittelsachsen Fachkrankenhaus für Psychiatrie und Psychotherapie BETHANIEN Hochweitzschen
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Psychiatrieplan Landkreis Mittelsachsen (2017) - Seite 1
Anlage 1
Psychiatrieplan
zur gemeindenahen Versorgung psychisch
kranker Menschen im Landkreis Mittelsachsen
bestätigt durch die Psychosoziale Arbeitsgemeinschaft (PSAG)
gemäß § 7 Sächsisches Gesetz über die Hilfen und die Unterbringung bei
psychischen Krankheiten (SächsPsychKG) in der Fassung der Bekanntmachung
vom 10. Oktober 2007 (SächsGVBl. S. 422), zuletzt geändert durch
Art. 1 des Gesetzes vom 07.08.2014 (SächsGVBl. S. 446)
Freiberg, 02.11.2016
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Angebote von Beratung, Begleitung, sozialer Wiedereingliederung, Kontaktstiftung, Wohnen
und Arbeiten
Förderung von Selbsthilfe und Angehörigenarbeit
In den letzten zehn Jahren ist im Zuge tiefgreifender gesellschaftlicher Wandlungsprozesse zu
beobachten, dass Hilfebedarfe komplexer werden und sich dadurch nicht selten eine Vielzahl
gemeinsamer fachlicher Schnittmengen unterschiedlicher Leistungsträger innerhalb der
Sozialgesetzgebung ergeben. Deshalb ist die Psychiatrieplanung wie bereits erwähnt ein Bestandteil der
Integrierten Sozialplanung (ISP) des Landkreises Mittelsachsen. Die ISP stützt sich auf verschiedene
wissenschaftliche Methoden und Leitlinien, etwa die Analyse des Landkreisterritoriums mit Hilfe von
„Sozialregionen“ (vgl. Anlage, Seite 34) oder die „Balanced Scorecard“ als Steuerungs- und Controlling-
Instrument zur ausgewogenen Einschätzung von Bedarf und Hilfeleistung. Diese Planungshilfen sind
nicht auf die Gesamtheit der Gemeindepsychiatrie und Suchtkrankenhilfe übertragbar. Sie kommen
jedoch bei einzelnen Modulen zur Anwendung (vgl. 4.2.3 ff.) und sind auf die übergeordnete Zielstellung
der Integrierten Sozialplanung ausgerichtet, eine optimale Daseinsvorsorge und Lebensqualität für die
Bürger Mittelsachsens zu ermöglichen.
2 Rechtliche Grundlagen Rechtliche Grundlagen der Planung auf dem Gebiet der psychiatrischen Versorgung sind das bereits
genannte SächsPsychKG sowie einschlägige Bestimmungen folgender Rechtsgrundlagen:
Grundgesetz (GG)
Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)
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Sozialgesetzbücher (SGB)
Gesetz über den öffentlichen Gesundheitsdienst im Freistaat Sachsen (SächsGDG)
einschlägige Verordnungen, Verwaltungsvorschriften und Richtlinien
3 Strukturbeschreibung des Planungsgebietes Der Landkreis Mittelsachsen bildet mit rund 312.450 Einwohnern (Stand 31.12.2015) das
Planungsgebiet. Mit einer Ausdehnung von rund 2 113 Quadratkilometern ist der Landkreis
Mittelsachsen nur wenig kleiner als das Bundesland Saarland oder Luxemburg. Geografisch betrachtet
erstreckt sich der Landkreis über das mittelsächsische Hügelland, über das Erzgebirgsvorland sowie über
das Osterzgebirge. Als Bestandteil des Landesdirektionsbezirkes Chemnitz befindet sich der Landkreis in
zentraler Lage Sachsens zwischen den drei Oberzentren Dresden, Leipzig und Chemnitz.
Dem Landkreis gehören 54 Kommunen an, davon besitzen 21 Kommunen das Stadtrecht. Die
einwohnerstärkste Kommune ist die alte Bergstadt Freiberg mit rund 40 000 Einwohnern, gefolgt von
Döbeln mit rund 24 000 Einwohnern und Frankenberg mit rund 15 000 Einwohnern.
Die sozialen Angebote (z.B. Behindertenberatung, Familienentlastender Dienst, Schuldnerberatung
usw.) sind im Wesentlichen in der Kreisstadt Freiberg sowie den Großen Kreisstädten Brand-Erbisdorf,
Döbeln, Flöha, Hainichen, Mittweida und Rochlitz angesiedelt. Mit Hilfe des Öffentlichen
Personennahverkehrs sowie eines gut ausgebauten Straßennetzes können diese Dienste - außer aus
Richtung einiger südlich beziehungsweise äußerst westlich gelegener Ortschaften - relativ gut erreicht
werden.
Aus der Geschichte des Sächsischen Krankenhauses Hochweitzschen und der ehemaligen Forensischen
Psychiatrie Waldheim sowie der damit im Zusammenhang stehenden Enthospitalisierung resultiert eine
überdurchschnittlich hohe Konzentration von psychisch kranken und behinderten Menschen, die im
Landkreis leben. Eine Berücksichtigung dieser Entwicklung ist bei der Koordinierung und Planung der
Gemeindepsychiatrie in Mittelsachsen unabdingbar.
4 Module der Gemeindepsychiatrischen Versorgung psychisch kranker Erwachsener ‚Die Vernetzung mit anderen Angeboten der gemeindepsychiatrischen Versorgung ist sicherzustellen.‘
Diese Forderung erstreckt sich über den gesamten Inhalt des 2. Sächsischen Landespsychiatrieplans und
wird als übergeordnete Zielstellung bei allen einzeln beschriebenen Leistungsangeboten hervorgehoben.
Zur Sicherstellung der geforderten Vernetzung wurde im Planungsgebiet ein „Gemeindepsychiatrischer
Verbund“ (im Folgenden „GPV“ genannt) aufgebaut. Einem GPV gehören spezifische Fachdienste und
Einrichtungen an. In ihnen sind die vier zentralen Funktionsbereiche der psychiatrischen Versorgung
vertreten (vgl. 2.LPP, S.31):
1. Behandlung, Rehabilitation, Pflege,
2. Tagesstrukturierung, Kontaktaufbau und -verstetigung, Alltagsgestaltung,
3. Arbeit und
4. Wohnen
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4.1 Stationäre und teilstationäre Versorgung 4.1.1 Fachkrankenhaus Die stationäre psychiatrische und psychotherapeutische Behandlung psychisch kranker Menschen im
Landkreis Mittelsachsen wird durch das Fachkrankenhaus für Psychiatrie und Psychotherapie
BETHANIEN Hochweitzschen abgesichert. Es fungiert als „Haupt-Versorgungskrankenhaus“ auf dem
Gebiet der Erwachsenenpsychiatrie, als einziges Fachkrankenhaus innerhalb des Landkreises
Mittelsachsen. Nach der vom SMS im Jahr 1997 herausgegebenen Rechtsverordnung zur Festlegung von
Einzugsgebieten der psychiatrischen Krankenhäuser im Freistaat Sachsen (PsychKHEinzugsgebietsVO) ist
es primär für die Regionen bzw. früheren Landkreise Freiberg, Brand-Erbisdorf, Hainichen und Döbeln
zuständig. Das Krankenhaus gliedert sich in drei Kliniken: Klinik für Allgemeinpsychiatrie und
Psychotherapie (CA Dr. R. Lehle), Klinik für Gerontopsychiatrie und Gerontopsychotherapie (CA Dr. H.
Knospe) und die Klinik für Suchtmedizin (CÄ Dr. U. Ernst).
Für zwei weitere, durch die o.g. Rechtsverordnung definierte und auf dem Territorium des Landkreises
Mittelsachsen liegende Bereiche sind andere psychiatrische Fachkrankenhäuser hauptzuständig:
So wird die Region bzw. der frühere Landkreis Flöha von der Klinik für Psychiatrie, Verhaltensmedizin
und Psychosomatik am Klinikum Chemnitz hauptversorgt, die Region bzw. der frühere Landkreis
Rochlitz von der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Diakoniewerk Zschadraß gGmbH. Hier
gelten die gleichen Prinzipien hinsichtlich der Regelversorgung und Aufnahmepflicht.
„Als Richtwert zur Bedarfsplanung im Bereich der allgemeinpsychiatrischen Versorgung gelten im
Freistaat Sachsen 0,60 bis 0,65 Betten pro 1.000 Einwohner, wobei die konkreten Messziffern nach den
regionalen Bedingungen sowie spezifischen Versorgungsaufgaben einzelner Kliniken bestimmt werden
müssen“ (2.LPP, S. 44). So ist etwa festzustellen, dass das Fachkrankenhaus Bethanien Hochweitzschen
dem tatsächlichen regionalen Bedarf an allgemeinpsychiatrischer Versorgung nicht entsprechen kann,
wenn allein von rein rechnerisch ermittelten Messziffern ausgegangen würde.
Nach dem aktuellen Krankenhausplan sind für den Bereich der stationären psychiatrischen Versorgung
im Landkreis Mittelsachsen vorzuhalten:
Klinikum Adresse Bettenkapazität davon für Lk. Mittelsachsen
Fachkrankenhaus für Psychiatrie und Psychotherapie BETHANIEN Hochweitzschen
OT Hochweitzschen 04720 Großweitzschen
121 121
Klinik für Psychiatrie, Verhaltensmedizin und Psychosomatik am Klinikum Chemnitz
Dresdner Straße 178 09131 Chemnitz
179 Bettenkapazität als Gesamtanzahl „für Chemnitz und Umgebung“ angegeben*
Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Diakoniewerk Zschadraß gGmbH
Im Park 15a 04680 Colditz
140 Bettenkapazität als Gesamtanzahl „für Zschadraß und Umgebung“ angegeben*
* eine Differenzierung nach Landkreisen wird im Krankenhausbettenplan nicht vorgenommen
Im Sinne einer bedarfs- und patientenorientierten psychiatrischen Versorgung (vgl. Abschnitt 1,
Allgemeine Arbeitsgrundsätze) soll es psychisch kranken Menschen auf Wunsch ermöglicht werden,
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auch in einem anderen als dem hauptzuständigen Fachklinikum innerhalb oder in fachlich begründeten
Einzelfällen auch außerhalb des Landkreises Mittelsachsen Behandlung zu erfahren.
Planungsvorgabe 2017 - 2021:
Der 2.LPP zielt u.a. darauf ab, dass „die Verbesserung der stationären Behandlung […] von allen
Krankenhäusern unter Beachtung der gesetzlichen Vorgaben und durch Maßnahmen der
Qualitätssicherung zu gewährleisten“ sei und dass im Zuge der Krankenhausplanung eine Integration
von psychiatrisch-psychotherapeutischer und psychosomatisch-psychotherapeutischer Versorgung
erfolgen solle (vgl. 2.LPP, S. 44). Im Sinne dieser Zielstellungen baute das Fachkrankenhaus Bethanien
Hochweitzschen seit 01.01.2013 mit Hilfe eines Facharztes für Psychiatrie & Psychotherapie sowie
Psychosomatische Medizin intern ein besonderes psychosomatisches Konzept (tiefenpsychologisch
fundierte Grundlage) auf, das nach dessen Ausscheiden von Psychologen multiprofessionell fortgeführt
wird.
Gemäß § 7 SächsPsychKG ist die PSAG als fachberatendes Gremium des Landkreises vor grundlegenden
Veränderungen in der psychiatrischen Versorgung zu hören.
4.1.2 Tagesklinik Die Tagesklinik ist eine teilstationäre Einrichtung zur Behandlung nicht (mehr) vollstationär
behandlungsbedürftiger psychisch kranker Menschen. Eine solche Behandlung kann zur Vermeidung
oder Verkürzung eines nicht erforderlichen stationären Aufenthaltes dienen bei Patienten, die aber
mehr Hilfe benötigen, als ambulant möglich ist.
Während einer tagesklinischen Behandlung sind die Patienten den realen Anforderungen des
Alltagslebens stärker als innerhalb des stationären Aufenthaltes ausgesetzt und werden so in ihrer
Eigenkompetenz und -verantwortung gezielter gefordert und gefördert. Darüber hinaus können auch
die Angehörigen der Patienten Entlastung und Sicherheit erfahren, ohne gänzlich auf das
Zusammenleben mit dem Betroffenen im häuslichen Umfeld verzichten zu müssen.
Auf dem Gebiet des Landkreises Mittelsachsen arbeiten drei Tageskliniken. Am Standort Döbeln werden
22 Plätze, am Standort Freiberg 25 Plätze und am Standort Rochlitz 15 Plätze vorgehalten (Stand:
31.12.2016). Als Betreiber der Tageskliniken in Döbeln und Freiberg fungiert das Fachkrankenhaus für
Psychiatrie und Psychotherapie BETHANIEN Hochweitzschen, in Rochlitz die Klinik für Psychiatrie und
Psychotherapie der Diakoniewerk Zschadraß gGmbH.
Planungsvorgabe 2017 - 2021:
Nach den Vorgaben des 2.LPP ist das Angebot tagesklinischer Behandlung im Sinne einer
gemeindenahen Versorgung „konzeptionell und kapazitiv entsprechend dem regionalen Bedarf und den
regionalen Besonderheiten zu gestalten. […] Fachkrankenhäuser und Fachabteilungen sollten daher
mindestens 20 % ihrer Platzkapazität als tagesklinisches Angebot vorhalten“ (2.LPP, S. 42). Gemäß § 7
SächsPsychKG ist die PSAG als fachberatendes Gremium des Landkreises vor grundlegenden
Veränderungen in der psychiatrischen Versorgung zu hören.
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4.1.3 Tagesstätte Gemäß den Vorgaben des 2.Sächssichen Landespsychiatrieplans (LPP) „stellen die Sozialtherapeutischen
Tagesstätten ein teilstationäres komplementäres Angebot der Eingliederungshilfe dar, das als
Leistungstyp in der Anlage des Rahmenvertrages gem. § 79 Abs. 1 SGB XII definiert ist. In Abgrenzung zu
den psychosozialen Kontakt- und Beratungsstellen [vgl. Abschnitt 4.2.3 - d.Verf.] halten Tagesstätten ein
verbindliches tagesstrukturierendes Beschäftigungsprogramm für einen festen Personenkreis vor. Es
richtet sich an Menschen, die chronisch psychisch erkrankt sind, nicht vordergründig an einer
Suchtmittelabhängigkeit leiden und die das Regelangebot einer Werkstatt für behinderte Menschen
(WfbM) nicht, noch nicht, nicht mehr oder noch nicht wieder in Anspruch nehmen können.
Das Angebot muss wochentags für jeweils mindestens sechs Stunden in Anspruch genommen werden.
In Abgrenzung zu teilstationären medizinischen Angeboten stehen Maßnahmen der sozialen und
vorbereitenden beruflichen Rehabilitation zur (Wieder-) Erlangung und Erhalt einer selbstständigen
Lebensführung im Vordergrund“ (2.LPP, S.50 f.).
Im Freistaat Sachsen wurden während der Laufzeit des 1. Sächsischen Landespsychiatrieplans fünf
Sozialtherapeutische Tagesstätten in Chemnitz, Crimmitschau, Dresden, Görlitz und Plauen geschaffen.
Diese Einrichtungen trugen modellhaften Charakter und waren mit entsprechender (Anteils-
)Finanzierung des Freistaates Sachsen ausgestattet.
Planungsvorgabe 2017 - 2021:
Der Vorgabe des 2.Sächssichen Landespsychiatrieplans, Sozialtherapeutische Tagesstätten „regional und
bedarfsgerecht vorzuhalten“ (vgl. 2.LPP, S.51), kann trotz im Landkreis Mittelsachsen kleinflächig
bestehender Bedarfe nicht entsprochen werden. Soweit möglich sind diese Klienten auf Grund der
räumlichen Nähe nach Chemnitz zu vermitteln. Zur Finanzierung einer Tagesstätte im Landkreis
Mittelsachsen ist eine Beteiligung des Freistaates unabdingbar, allein aus Kreismitteln kann diese nicht
ermöglicht werden.
Gemäß § 7 SächsPsychKG ist die PSAG als fachberatendes Gremium des Landkreises vor grundlegenden
Veränderungen in der psychiatrischen Versorgung zu hören.
4.2 Ambulante Versorgung 4.2.1 Niedergelassene Fachärzte, Medizinische Versorgungszentren und Institutsambulanzen Die niedergelassenen Fachärzte (in der Regel Fachärzte für Psychiatrie/Psychotherapie oder
Psychiatrie/Neurologie; gebräuchlichste Bezeichnungen: Psychiater oder Nervenarzt) bilden eine
wesentliche Säule der ambulanten Versorgung psychisch kranker Menschen im Sinne von Vorsorge,
Früherkennung, Behandlung und Nachsorge.
Die Kassenärztliche Vereinigung Sachsen definiert einen Bedarfsplanungsschlüssel von einem Facharzt
auf 39.000 Einwohner. Gemäß dem 1.LPP war eine durchschnittliche Versorgungsdichte von einem
Psychiater auf etwa 27.000 Einwohner (!) vorgesehen. Der 2.LPP enthält keine diesbezüglichen
Vorgaben mehr, sondern stellt lediglich fest, dass „derzeit für ca. 14.000 Einwohner ein Facharzt zur
Verfügung steht, was einer bevölkerungsbezogenen Zahl von 0,71 Fachärzten auf 10.000 Einwohner
entspricht“ (2.LPP, S.34).
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Auf dem Territorium des Landkreises Mittelsachsen sind derzeit 6 bei der Kassenärztlichen Vereinigung
Sachsen gemeldete Fachärzte für Psychiatrie und Psychotherapie in freier Niederlassung tätig. Hinzu
kommen gleichartige fachärztliche Leistungen, die durch Medizinische Versorgungszentren (MVZ)
erbracht werden. Über den Link http://www.kvs-sachsen.de/arztsuche/ sind die aktuellen
Arztniederlassungen bei der KVS abrufbar.
Diese Angebote werden durch die Psychiatrische Institutsambulanz (PIA) des Fachkrankenhauses
BETHANIEN Hochweitzschen mit drei Standorten (Hochweitzschen, Döbeln, Freiberg) und die PIA des
Diakoniewerkes Zschadraß in Rochlitz ergänzt. Bei der PIA handelt es sich um ein multiprofessionelles,
komplexes ambulantes Behandlungsangebot für Patienten, die nach Art und Schwere ihrer Erkrankung
(§118 SGB V) einer solchen Therapie bedürfen. Diese Behandlungsform umfasst ärztliche,
psychologische, sozialpädagogische, ergotherapeutische und pflegerische Leistungen, die unbefristet
mit der jeweils erforderlichen Frequenz erbracht werden können.
Nach den Bedarfsplanungszahlen der Kassenärztlichen Vereinigung Sachsen sei die ambulante
nervenärztliche Versorgung auf dem Gebiet des Landkreises Mittelsachsen ausreichend gegeben, das
Territorium müsse sogar als „überversorgt“ gelten. Jedoch entspricht diese Einschätzung keinesfalls den
realen Erfahrungen der täglichen fachlichen Praxis, so dass die zuständigen Stellen des Landkreises, die
Psychosoziale Arbeitsgemeinschaft (PSAG) sowie Angehörigen- und Betroffenenvertretungen schon seit
mehreren Jahren übereinstimmend einschätzen, dass die Versorgungslage als unzureichend zu
bezeichnen ist.
Die Verantwortung für die Sicherstellung einer bedarfsgerechten Versorgung liegt bei der
Kassenärztlichen Vereinigung Sachsen (KVS) auf Grundlage der Vorgaben des Gemeinsamen
Bundesausschusses. Mehrere fachliche Interventionen der PSAG auf Ebene der für die Bedarfsplanung
zuständigen Stellen führten bisher nicht zu einer übereinstimmenden Sichtweise auf die Problematik
und entsprechende Zulassung zusätzlicher Fachärzte im Kreisgebiet.
Planungsvorgabe 2017 - 2021:
Der 2.LPP fordert, dass die ambulante fachärztliche Versorgung flächendeckend bedarfsgerecht
erfolgen muss. Der Freistaat Sachsen unterstütze dabei im Rahmen seiner Möglichkeiten
Maßnahmen, die einer drohenden Unterversorgung entgegenwirken. Dies könne unter Beachtung des
Subsidiaritätsprinzips auch den Einsatz finanzieller Mittel beinhalten. Darüber hinaus unterstütze der
Freistaat Bemühungen zu einer Reformierung der Bedarfsplanungsrichtlinie (vgl. 2.LPP, S. 34 ff.).
Der Landkreis Mittelsachsen hat auf Grund der Steuerungsverantwortung der KVS und des
gemeinsamen Bundesausschusses kaum Einflussmöglichkeiten auf die Bedarfsplanung. Dennoch sollen
ab dem Jahr 2017 durch die Psychosoziale Arbeitsgemeinschaft (PSAG) initiiert konkrete fachliche
Stellungnahmen des Landkreises erfolgen, mit Hilfe derer auf die Verbesserung der Versorgungslage
hingewirkt werden kann. Insbesondere soll damit erreicht werden, dass sich weitere FACHÄRZTE für
Psychiatrie und Psychotherapie im Landkreis ansiedeln.
4.2.2 Niedergelassene Psychotherapeuten Psychotherapie beinhaltet die Erkennung, Behandlung, Prävention und Rehabilitation bezogen auf
psychische bzw. psychogen bedingte Erkrankungen. Derzeit sind auf dem Territorium des Landkreises
geboten. Insofern muss die Versorgungssituation als noch nicht ausreichend eingeschätzt werden.
Planungsvorgabe 2017 - 2021: Der Landkreis Mittelsachsen hat auf Grund der Steuerungsverantwortung der KVS und des
gemeinsamen Bundesausschusses kaum Einflussmöglichkeiten auf die Bedarfsplanung. Dennoch sollen
ab dem Jahr 2017 durch die Psychosoziale Arbeitsgemeinschaft (PSAG) initiiert konkrete fachliche
Stellungnahmen des Landkreises erfolgen, mit Hilfe derer auf die Verbesserung der Versorgungslage
hingewirkt werden kann. Insbesondere soll damit erreicht werden, dass sich weitere Ärztliche und
Psychologische PSYCHOTHERAPEUTEN im Landkreis ansiedeln.
4.2.3 Psychosoziale Kontakt- und Beratungsstellen (PSKB) Diese Einrichtungen beinhalten ein niedrigschwelliges Kontakt-, Beratungs- und Kommunikations-
angebot für psychisch kranke Menschen, deren Erkrankung chronisch verläuft. Nach dem Grundsatz
„Beratung vor Behandlung“ richtet sich das Angebot auch an Menschen in seelischen Krisensituationen
und bei beginnenden psychischen Erkrankungen sowie deren Angehörige oder sonstige Bezugs-
personen. Deshalb besteht die übergeordnete Zielstellung der PSKB’n darin, einer sozialen Isolierung
und einem Verlust an Kompetenzen zur Alltags- und Lebensbewältigung entgegen zu wirken. Außerdem
sollen stationäre Klinikaufenthalte vermieden bzw. verkürzt und die (Wieder-)Eingliederung in das
soziale und gesellschaftliche Umfeld gefördert werden. Im Vordergrund steht dabei stets eine
Befähigung der Hilfe zur Selbsthilfe. Wie alle Leistungserbringer der Gemeindepsychiatrie wirken auch
PSKB’n an präventiven Angeboten mit.
Gemäß §§ 5 und 6 SächsPsychKG gehört die Sicherstellung des Leistungsangebotes der PSKB‘n zu den
weisungsfreien Pflichtaufgaben des Landkreises im Rahmen seiner Leistungsfähigkeit. Im Sinne des
Subsidiaritätsprinzips hat der Landkreis diese Aufgaben an frei-gemeinnützige Leistungserbringer auf der
Grundlage eines jeweiligen Versorgungsvertrages übertragen. Der Vertrag beinhaltet u.a. die
Sicherstellung der Finanzierung aus Mitteln des Landkreises, einer Anteilsfinanzierung des Freistaates
Sachsen nach RL-PsySu sowie Eigenmitteln der Leistungserbringer. Die Konzeption der jeweiligen PSKB
ist Bestandteil des Versorgungsvertrages. In den PSKB werden qualifizierte Fachkräfte eingesetzt. Als
personelle Mindestausstattung ist je PSKB ein 1,0 VZÄ-Fachkraftvolumen vorzusehen, welche sich an
den fachlichen Standards der RL-PsySu des SMS zu orientieren hat.
Im Planungsbiet sind derzeit an den Standorten Döbeln, Freiberg und Mittweida je eine PSKB etabliert.
Wegen der besonderen psychiatriegeschichtlichen Entwicklung der Region (Altkreis) Döbeln und der
Enthospitalisierung aus den großen Landeskliniken (hier: ehemaliges Sächsisches Krankenhaus
Hochweitzschen mit Außenstelle Waldheim), welche nach 1990 einsetzte, ist in der Stadt Waldheim
eine weitere PSKB angesiedelt. Alle 4 Einrichtungen arbeiten auf der Grundlage geltender
Versorgungsverträge und sind auf der Grundlage regionaler Psychiatriepläne der Altkreise Döbeln,
Freiberg und Mittweida aufgebaut worden. Aus Gründen einer optimalen fachlichen Vernetzung sind die
PSKB‘n an den im Landkreis bestehenden Sozialtherapeutischen Wohnstätten bzw. Außenwohngruppen
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(vgl. Abschnitt 4.5.1/4.5.2) angegliedert bzw. explizit diese Leistungserbringer mit dem Betreiben von
PSKB‘n beauftragt.
Planungsvorgabe 2017 - 2021:
Die oben beschriebenen, fachlich sorgfältig aufgebauten und konsequent nach den Grundsätzen einer
sparsamen Haushaltsführung entwickelten Angebote an Psychosozialen Kontakt- und
Beratungsstellen sind im Blick auf Standort, Umfang und Inhalt als solche beizubehalten.
Voraussetzung dafür ist eine Anteilsfinanzierung des Freistaates Sachsen auf der Grundlage der
Richtlinie Psychiatrie und Suchthilfe (RL-PsySu) des SMS.
Das im Jahr 2015 gemeinsam mit den PSKB eingeführte Steuerungs- und Controlling-Instrument
„Balanced Scorecard“ (BSC) ist regelmäßig für die Bedarfsplanung zu nutzen. Die BSC ermöglicht
ausgewogene Einschätzungen unter Berücksichtigung verschiedener bedarfsplanerischer Perspektiven.
Dieses Instrument soll künftig maßgeblich bei der Gestaltung der Versorgungsverträge herangezogen
werden.
In den beiden zurückliegenden Planungszeiträumen wurden von Betroffenen, deren Angehörigen wie
auch von Leistungserbringern der gemeindepsychiatrischen Versorgung folgende Optionen zur
Erweiterung des PSKB-Angebotes thematisiert:
Schaffung einer PSKB am Standort Flöha,
Schaffung einer Außensprechzeit der bestehenden PSKB-Mittweida am Standort Frankenberg.
Eine konkrete Planung und Umsetzung dieser Optionen ist angesichts erheblicher finanzieller
Mehraufwendungen des Landkreises Mittelsachsen zur Absicherung der bereits bestehenden 4 PSKB-
Standorte derzeit nicht möglich.
Gemäß § 7 SächsPsychKG ist die PSAG als fachberatendes Gremium des Landkreises vor grundlegenden
Veränderungen in der psychiatrischen Versorgung zu hören.
4.2.4 Suchtberatungs- und -behandlungsstellen (SBB) Diese Einrichtungen nehmen Aufgaben ambulanter Basisversorgung wahr. In erster Linie sind dies eine
Beratung von Suchtkranken, Suchtgefährdeten, deren Angehörigen und sonstigen Bezugspersonen, die
Vorbereitung, Begleitung und Nachsorge stationärer Behandlungsmaßnahmen und die Mitwirkung an
der Prävention (z.B. Projekt Zwischenstopp). Dadurch sollen stationäre Klinikaufenthalte vermieden
bzw. verkürzt und die (Wieder-)Eingliederung in das soziale und gesellschaftliche Umfeld gefördert
werden. Im Vordergrund steht dabei stets eine Befähigung der Hilfe zur Selbsthilfe.
Gemäß §§ 5 und 6 SächsPsychKG gehört die Sicherstellung des Leistungsangebotes der SBB’n zu den
weisungsfreien Pflichtaufgaben des Landkreises im Rahmen seiner Leistungsfähigkeit. Im Sinne des
Subsidiaritätsprinzips hat der Landkreis diese Aufgaben an frei-gemeinnützige Leistungserbringer auf der
Grundlage eines jeweiligen Versorgungsvertrages übertragen. Der Vertrag beinhaltet u.a. die
Sicherstellung der Finanzierung aus Mitteln des Landkreises, einer Anteilsfinanzierung des Freistaates
Sachsen nach RL-PsySu sowie Eigenmitteln der Leistungserbringer. Die Konzeption der jeweiligen SBB
ist Bestandteil des Versorgungsvertrages. In den SBB‘n werden qualifizierte Fachkräfte eingesetzt.
Psychiatrieplan Landkreis Mittelsachsen (2017) - Seite 13
Sofern noch nicht vorhanden ist eine suchtspezifische Zusatzausbildung unverzüglich nachzuholen. Als
personelle Mindestausstattung ist nach der RL-PsySu des SMS je SBB ein 3,0 VZÄ-Fachkraftvolumen
vorzusehen, welches sich an den fachlichen Standards dieser Richtlinie zu orientieren hat.
Im Planungsbiet sind derzeit an den Standorten Döbeln, Freiberg und Mittweida je eine SBB etabliert.
Auf der Grundlage der fachlichen Standards der RL-PsySu des SMS und entsprechender
Konkretisierungen in den jeweiligen Konzeptionen halten diese SBB’n regionale Außenstellen und
Außensprechstunden vor. Alle drei SBB’n arbeiten auf der Grundlage geltender Versorgungsverträge
und sind auf der Basis regionaler Psychiatriepläne der Altkreise Döbeln, Freiberg und Mittweida
aufgebaut worden.
Planungsvorgabe 2017 - 2021: Die oben beschriebenen, fachlich sorgfältig aufgebauten und konsequent nach den Grundsätzen einer
sparsamen Haushaltsführung entwickelten Angebote an Suchtberatungs- und Behandlungsstellen sind
im Blick auf Standort, Umfang und Inhalt als solche beizubehalten.
Voraussetzung dafür ist eine Anteilsfinanzierung des Freistaates Sachsen auf der Grundlage der
Richtlinie Psychiatrie und Suchthilfe (RL-PsySu) des SMS.
Der vom SMS und der SLS hinsichtlich der Bedarfsplanung empfohlene Versorgungsschlüssel von
1:20.000 dient als Orientierungswert, nicht aber als alleinige Messgröße. Auf Grund komplexer
werdender Herausforderungen in der Suchtkrankenhilfe ist vielmehr das gemeinsam mit den
Suchtberatungsstellen im Jahr 2015 eingeführte Steuerungs- und Controlling-Instrument „Balanced
Scorecard“ (BSC) regelmäßig für die Bedarfsplanung zu nutzen. Die BSC ermöglicht ausgewogene
Einschätzungen unter Berücksichtigung verschiedener bedarfsplanerischer Perspektiven. Dieses
Instrument soll künftig maßgeblich bei der Gestaltung der Versorgungsverträge herangezogen werden.
Gemäß § 7 SächsPsychKG ist die PSAG als fachberatendes Gremium des Landkreises vor grundlegenden
Veränderungen in der psychiatrischen Versorgung zu hören.
4.2.5 Ambulante Pflege für psychisch kranke Menschen Ambulante psychiatrische Krankenpflege kann auf Grundlage von § 37 SGB V als Leistung der
gesetzlichen Krankenkassen gewährt werden, wenn eine Krankenhausbehandlung geboten, aber nicht
ausführbar ist oder wenn dadurch eine Krankenhausbehandlung vermieden oder verkürzt wird bzw.
wenn sie zur Sicherung des Ziels der ärztlichen Behandlung erforderlich ist. Sie steht damit in
unmittelbarem Zusammenhang mit der nach § 27 SGB V realisierten Krankenbehandlung.
Da es nach wie vor an psychiatrisch qualifizierten Fachkräften in den ambulanten Pflegediensten
mangelt, existieren im Landkreis Mittelsachsen nach wie vor keine, im Freistaat Sachsen nur wenige
Leistungsanbieter. Teile der mittelsächsischen Region werden derzeit durch den Ambulant
Psychiatrischen Pflegedienst der Heim gGmbH Chemnitz mitversorgt.
Planungsvorgabe 2017 - 2021:
In ihrer Funktion als fachberatendes Organ soll die PSAG des Landkreises Mittelsachsen in enger
Zusammenarbeit mit dem Pflegenetz Mittelsachsen und dessen Koordinierungsgruppe fachlich darauf
hinwirken, dass ambulant psychiatrische Pflege gemäß den Vorgaben des 2.Sächsischen
Landespsychiatrieplans „bedarfsgerecht und regionalen Erfordernissen entsprechend“ eingerichtet und
Psychiatrieplan Landkreis Mittelsachsen (2017) - Seite 14
gestaltet wird (vgl. 2.LPP, S. 40). Dabei kann auch die Möglichkeit zu fachlichen Konsultationen mit dem
Pflegestützpunkt des Partnerlandkreises Calw genutzt werden.
4.3 Sozialpsychiatrischer Dienst Auf der Grundlage von § 6 SächsPsychKG sind die Sozialpsychiatrischen Dienste (SpDi) im Freistaat
Sachsen durch die Landkreise und Kreisfreien Städte einzurichten. Der SpDi nimmt hoheitliche
Steuerungsaufgaben wahr und ist gemäß den Vorgaben des „2.Sächsischen Landespsychiatrieplans“
(2.LPP) vom Juni 2011 als grundlegender Bestandteil der ambulanten, gemeindenahen psychiatrischen
Versorgung am Gesundheitsamt verortet. Im Rahmen seiner koordinierenden und fallsteuernden
Tätigkeit trägt der SpDi zur Verkürzung psychiatrisch-stationärer Behandlungen bei, vermittelt Angebote
der Nachbehandlung, wirkt auf Lebensmöglichkeiten außerhalb stationärer Einrichtungen und damit auf
eine Vermeidung kostenintensiverer Hilfeformen hin (vgl. 2.LPP S.37 ff.).
Der SpDi wird gemäß den Vorgaben des SächsPsychKG von einem Arzt geleitet, der eine
Facharztanerkennung auf dem Gebiet der Psychiatrie und Psychotherapie erworben hat. Die Leistungen
beinhalten schwerpunktmäßig Aufgaben der Beratung, Diagnostik, Krisenintervention, Behandlung und
Begleitung. Sie werden im Rahmen einer überwiegend aufsuchenden Tätigkeit von einem
multiprofessionellen Team realisiert. Zielgruppe des SpDi sind vorrangig chronisch psychisch erkrankte
Menschen mit komplexem Hilfebedarf und deren Angehörige (vgl. ebd.).
Gemäß §§ 5 und 6 SächsPsychKG gehört die Sicherstellung der Steuerungsaufgaben des SpDi zu den
weisungsfreien Pflichtaufgaben des Landkreises im Rahmen seiner Leistungsfähigkeit. Die
Sicherstellung der Finanzierung erfolgt aus Mitteln des Landkreises und einer Anteilsfinanzierung des
Freistaates Sachsen nach RL-PsySu. Die Konzeption des SpDi ist regelmäßig vom Gesundheitsamt
fortzuschreiben. Folgende weitere Vorgaben des „2.Sächsischen Landespsychiatrieplans“ (2.LPP) sind für
den SpDi verbindlich:
„Die Bemessung der Personalausstattung von einer Fachkraft pro ca. 25.000 Einwohner sollte unter
Berücksichtigung regionaler Besonderheiten eingehalten werden. Die Mindestpersonalausstattung mit
einem Facharzt und den entsprechenden Fachkräften ist zu gewährleisten. Zur Förderung der
Behandlungskontinuität ist anzustreben, dass die Personalbesetzung möglichst konstant bleibt.“
„Der Facharzt ist möglichst mit einer kassenärztlichen Ermächtigung für bestimmte Patienten und für
die Gefahrenabwehr im Notfall auszustatten. Dies erscheint […] erforderlich, um die zur
Gefahrenabwehr nach SächsPsychKG geforderten ambulanten Behandlungsalternativen zeitnah
sicherzustellen.“
„Für die Gewährung der Hilfen sollten Wegezeiten mit öffentlichen Verkehrsmitteln von
ca. 30 bis 45 Minuten möglichst nicht überschritten werden.“
„Zur Umsetzung einer integrierten gemeindenahen Versorgung ist anzustreben, die Vernetzung mit
allen regionalen medizinischen und komplementären Leistungsanbietern stetig zu verbessern. Die
Zusammenarbeit mit den Leistungsträgern der Eingliederungshilfe ist zu gewährleisten.“
„Der SpDi sollte in regelhaft stattfindenden Hilfeplankonferenzen federführend wirken.“
(vgl. 2.LPP, S.38)
Im Planungsbiet sind derzeit an den Standorten des Gesundheitsamtes in Döbeln, Freiberg und
Mittweida je ein SpDi etabliert. Mancherorts ist die Erreichbarkeit für die Patienten nicht
Psychiatrieplan Landkreis Mittelsachsen (2017) - Seite 15
in ausreichendem Maße gegeben. Die zum Teil langen Wegezeiten stellen umgekehrt für
die Mitarbeiter bei der Gewährung aufsuchender Hilfen einen hohen Aufwand dar.
Planungsvorgabe 2017 - 2021:
Die oben beschriebene, fachlich sorgfältig aufgebaute und konsequent nach den Grundsätzen einer
sparsamen Haushaltsführung entwickelte Leistungsfähigkeit des SpDi sind im Blick auf Standort,
Umfang und Inhalt als solche beizubehalten.
Den Vorgaben des 2.LPP zur personellen Mindestausstattung wird der SpDi des Gesundheitsamtes des
Landkreises Mittelsachsen derzeit quantitativ nicht gerecht*. Im Planungszeitraum soll deshalb eine
(Wieder-)Herstellung mindestens folgender Personalausstattung des SpDi-Mittelsachsen angestrebt
*Hinweis: grau schattierte Angaben = Planungsrückstände auf Grund Nichtbesetzung
Die Einhaltung der Fachkraftstundenvorgaben ist Grundvoraussetzung zum Erhalt der Anteilsfinanzierung des Freistaates Sachsen gemäß RL-PsySu. Gemäß § 7 SächsPsychKG ist die PSAG als fachberatendes Gremium des Landkreises vor grundlegenden
Veränderungen in der psychiatrischen Versorgung zu hören.
4.4 Psychosoziale Notfall- /Krisenintervention und Versorgung suizidgefährdeter Personen Psychosoziale Notfall-/Krisenintervention hat die Aufgabe, Menschen in akuten psychischen Krisen
einschließlich Suizidgefährdung professionell zu begleiten. „Das Interventionsspektrum umfasst im
Wesentlichen Beratung und Unterstützung sowie die Einleitung psychiatrischer, psychotherapeutischer,
psychosomatischer oder somatischer Weiterbehandlung im ambulanten oder, falls erforderlich, im
teilstationären oder stationären Setting“ (2.LPP, S.39). Diese Leistungen werden von Notärzten,
niedergelassenen Nervenärzten bzw. Psychotherapeuten, Institutsambulanzen und Medizinischen
Versorgungszentren übernommen.
Nach den Vorgaben des 2.LPP soll Krisenintervention niederschwellig organisiert, 24-stündig
vorgehalten und in die vorhandenen Versorgungsstrukturen integriert werden. Diese Planungen sehen
jedoch nicht vor, dass ein Krisendienst als separates Angebot in Form einer neuen professionellen
Institution eingerichtet wird (vgl. 2.LPP, S.39).
Das Gesundheitsamt hat deshalb einen „Handlungsleitfaden Psychiatrische Krise / Psychiatrischer
Notfall“ erarbeitet, der die konkreten Einzelmaßnahmen der zu beteiligenden Akteure beschreibt und
durch die Psychosoziale Arbeitsgemeinschaft (PSAG) des Landkreises Mittelsachsen beschlossen wurde
sowie regelmäßig fortgeschrieben wird. Sofern es sich um Maßnahmen nach § 13 SächsPsychKG
handelt, kommt dem SpDi eine fachliche Steuerungsfunktion hinsichtlich der Krisenintervention zu (vgl.
dazu auch 2.LPP, S.39).
Psychiatrieplan Landkreis Mittelsachsen (2017) - Seite 16
Einzelne Sozialtherapeutische Wohnstätten (vgl. Abschnitt 4.5.1) im Landkreis Mittelsachsen sind mit
einem sogenannten „Krisenzimmer“ oder einer „Krisenwohnung“ ausgestattet, welche Bewohnern
dieser Einrichtungen im Bedarfsfall zur Verfügung gestellt werden kann. Die Finanzierung dieser
Angebote ist jeweils mit dem zuständigen Kostenträger (KSV) verhandelt. Durch eigens dafür
vorgesehenes Fachpersonal sollte eine Rund-um-die-Uhr-Betreuung sicher gestellt sein.
Planungsvorgabe 2017 - 2021:
Auf Grund der oben beschriebenen Vorgaben des 2.LPP sowie im Ergebnis regelmäßiger fachlicher
Bedarfsermittlungen und Abstimmungen auf Ebene der PSAG ist die Schaffung eines
Kriseninterventionsdienstes als separate Institution im Landkreis Mittelsachsen nicht vorgesehen.
Der zur zeitnahen Versorgung suizidgefährdeter Personen seit dem Jahr 2013 gemeinsam vom
Fachkrankenhaus Bethanien Hochweitzschen und dem Landkreis Mittelsachsen herausgegebene und
inzwischen in mehreren Auflagen erschienene Flyer „Suizid ist kein Ausweg“ ist auch künftig als
Präventionsmaßnahme zu planen. Die Kosten teilen sich die Herausgeber zu je fünfzig Prozent.
4.5 Betreute Wohnformen „Im Verlauf chronischer psychischer Erkrankungen kann es erforderlich werden, dass die Betroffenen
zumindest vorübergehend ein Leben und Wohnen in einem geschützten Umfeld benötigen. Im Freistaat
Sachsen ist auf Basis der Planungen aus dem Ersten Sächsischen Landespsychiatrieplan als
Standardmodell ein abgestuftes dreigliedriges Hilfsangebot bestehend aus Wohnstätten,
Außenwohngruppen und aufsuchend ambulant betreutem Wohnen etabliert. Es kann durch
Wohnformen wie ‚Betreutes Wohnen in Familien‘ ergänzt werden“ (2.LPP, S.52).
Das Bundeskabinett hat am 28. Juni 2016 den vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS)
eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Teilhabe und Selbstbestimmung von
Menschen mit Behinderungen (Bundesteilhabegesetz - BTHG) bestätigt. Das Inkrafttreten des BTHG ist
gestuft vorgesehen (1. Januar 2017: Verbesserungen bei der Einkommens- und Vermögensanrechnung;
1. Januar 2018: gemeinsame Regelungen für alle Rehabilitationsträger sowie Verbesserungen der
Teilhabe am Arbeitsleben; 01. Januar 2020: Neugestaltung der Eingliederungshilfe, insbesondere
Umsetzung der Personenzentrierung). Nach dem Willen des Gesetzgebers sollen Leistungen der
Eingliederungshilfe nicht länger institutionen- sondern personenzentriert erbracht werden. So ist auch
betreutes Wohnen nicht mehr an einer bestimmten Wohnform, sondern unter ganzheitlicher
Perspektive am notwendigen individuellen Bedarf auszurichten. Damit stellt sich auch der bisherige
Grundsatz „ambulant vor stationär“ künftig anders dar.
Die Bestimmungen des künftigen BTHG werden sich planerisch auch auf die bisherigen Leistungstypen
der Betreuten Wohnformen für psychisch kranke und suchtkranke Menschen auswirken. Deshalb sind
die in diesem Abschnitt des Kreispsychiatrieplans enthaltenen Festlegungen vorläufig und nach
Inkrafttreten des BTHG an dessen konkrete Vorgaben anzupassen (z.B. Projekt Zwischenstopp).
Regelmäßiger Anpassungs- und Abstimmungsbedarf der Kreispsychiatrieplanung besteht auch im
Hinblick auf das am 19. Mai 2016 vorgestellte „Zukunftsprogramm des KSV Sachsen,
Maßnahmekonzept (MANAKO) III Moderne Verwaltung“. Dieses an das bisherige MANAKO II
anknüpfende Konzept bildet die Grundlage zur Weiterentwicklung der Eingliederungshilfe im Sinne der
Psychiatrieplan Landkreis Mittelsachsen (2017) - Seite 17
UN-Behindertenrechtskonvention und regelt die Zusammenarbeit mit den kommunalen
Gebietskörperschaften bei der Erfüllung der gemeinsamen Aufgaben.
4.5.1 Sozialtherapeutische Wohnstätten In Sozialtherapeutischen Wohnstätten (STW) werden chronisch psychisch kranke (cpK) bzw. chronisch
mehrfach geschädigte abhängigkeitskranke (cmA) Menschen mit komplexem Hilfebedarf 24 Stunden
täglich betreut. Übergeordnetes Ziel ist die Vermeidung, Beseitigung oder Milderung
krankheitsbedingter Beeinträchtigungen und ihrer Folgen und eine Wiedereingliederung in die
Gesellschaft, perspektivisch in einer weniger betreuten Wohnform bis hin zum selbstständigen Leben im
eigenen Wohnraum. Jedoch besteht grundsätzlich auch die Möglichkeit zum unbefristeten Wohnen in
einer STW. Die Finanzierung erfolgt für 18-65jährige Personen durch den KSV Sachsen als zuständigen,
aus Kommunalumlagen finanzierten Kostenträger, für über 65jährige Personen durch den Landkreis.
Nach den Vorgaben des 2.LPP werden Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität mit den Leistungstypen
gemäß Anlage 1 zum Rahmenvertrag und den darauf aufbauenden Vereinbarungen nach § 75 Abs. 3
SGB XII definiert. Eine Messziffer von 0,33 Plätzen je 1.000 Einwohner entspricht in etwa den für den
Freistaat Sachsen ermittelten Bedarfszahlen. Die Kapazität der einzelnen STW soll in der Regel zwischen
25 und 35 Plätzen liegen, meist unterteilt in Wohngruppen mit ca. 8 Bewohnern. (vgl. 2.LPP, S.53)
Im Landkreis Mittelsachsen sind folgende STW existent (Stand 31.12.2016):
Einrichtung / Träger* Adresse* Platzkapazität*
Diakonisches Werk Flöha e.V. STW „Haus Weitblick“
Am Steinbruch 49 09557 Flöha
32 CPK
Verein für Betreutes Wohnen Mittweida e.V. STW Seifersbach
Frankenberger Landstr. 15 09661 Rossau
50 CPK
Die Arche – Wohnstätten gGmbH Waldheim STW “Die Arche“
Hainichener Str. 4 04736 Waldheim
36 CPK
GeSo Gesellschaft für soziale Einrichtungen mbH STW „Haus Frankenberg“
Dr.-Wilhelm-Külz-Straße 51 09669 Frankenberg
31 CMA
Sozialwerk Münch gGmbH STW Neuhausen für CPK „mit Besonderheiten bzw. Doppeldiagnosen“ gemäß Psychiatrieplan des Altkreises Freiberg
August-Bebel-Straße 9 09544 Neuhausen
32 CPK
*Die Angaben in der Tabelle sind durch das zuständige Gesundheitsamt regelmäßig zu überprüfen und im Rahmen der Integrierten Sozialplanung in eine gemeinsame Datenbank einzupflegen. Planungsvorgabe 2017 - 2021:
Nach den Vorgaben des 2.LPP ergibt sich für den Landkreis Mittelsachsen folgende Bedarfsplanungszahl: 312.450 Einwohner am 31.12.2015 / 1.000 Einwohner x 0,33 Plätze = 103,11 Plätze Damit ist der Landkreis Mittelsachsen deutlich über dem Bedarf liegend mit STW-Plätzen ausgestattet.
Ein weiterer Ausbau der Platzkapazitäten ist daher nicht vorgesehen, vielmehr ist der Grundsatz
„ambulant vor stationär“ konsequent umzusetzen (vgl. 2.LPP, S. 60). Kapazitätsveränderungen sind
durch Antrag beim überörtlichen Träger der Sozialhilfe und nach Befürwortung durch die PSAG möglich.
Die Kriterien guter Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität sind regelmäßig zu überprüfen. Die Träger
von STW sollen die Qualität Ihrer Leistungsangebote im Sinne einer Verbesserung der Privatsphäre der
Psychiatrieplan Landkreis Mittelsachsen (2017) - Seite 18
Bewohner optimieren und orientiert am MaNaKo II des KSV die Eigenverantwortlichkeit und
Selbständigkeit der Klienten durch Wohnen und Betreuung im Einzelzimmer noch besser fördern
(vgl. dazu auch 2.LPP, S. 54 sowie einschlägige Beschlüsse der PSAG-Mittelsachsen).
4.5.2 Sozialtherapeutische Außenwohngruppen „Außenwohngruppen [AWG] sind in der Regel ausgelagerte Wohngruppen der Sozialtherapeutischen
Wohnstätten. Sie sollen als räumlich und inhaltlich vom Wohnstättenbereich getrennte, diesem jedoch
zugehörige Teile in der Nähe des Kernwohnheims gelegen sein, so dass die Bewohner dessen
Angebotsstruktur nutzen können; eine organisatorische Anbindung an andere teilstationäre bzw.
ambulante Angebote ist ebenfalls möglich. Außenwohngruppen ermöglichen stärker als Wohnstätten
Autonomie und Selbstbestimmung für die Bewohner, sie stellen an deren Eigenständigkeit
höhere Anforderungen und gelten als erster Schritt in Richtung eines angestrebten
selbstständigen Wohnens“ (2.LPP, S.54 f.).
Nach den Vorgaben des 2.LPP werden Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität mit den Leistungstypen
gemäß Anlage 1 zum Rahmenvertrag und den darauf aufbauenden Vereinbarungen nach § 75 Abs. 3
SGB XII definiert. Eine Messziffer gibt der 2.LPP nicht vor, vielmehr ist „der Platzbedarf an
Außenwohngruppen regional zu prüfen“ (2.LPP, S.55).
Im Landkreis Mittelsachsen sind folgende AWG existent (Stand 31.12.2016):
Einrichtung / Träger Adresse Platzkapazität
Diakonisches Werk Flöha e.V. 1 Außenwohngruppe in der Stadt Flöha
Am Steinbruch 49 09557 Flöha
6 CPK
Verein für Betreutes Wohnen Mittweida e.V. 4 Außenwohngruppen in der Stadt Mittweida
Frankenberger Landstr. 15 09661 Rossau
16 CPK (CMA)
Die Arche - Wohnstätten gGmbH Waldheim 3 Außenwohngruppen in der Stadt Waldheim
Hainichener Str. 4 04736 Waldheim
21 CPK
GeSo Gesellschaft für soziale Einrichtungen mbH 1 Außenwohngruppe in der Stadt Frankenberg
Dr.-Wilhelm-Külz-Straße 51 09669 Frankenberg
6 CMA
*Die Angaben in der Tabelle sind durch das zuständige Gesundheitsamt regelmäßig zu überprüfen und im Rahmen der Integrierten Sozialplanung in eine gemeinsame Datenbank einzupflegen. Planungsvorgabe 2017 - 2021:
Die oben genannte Vorgabe des 2.LPP, den „Platzbedarf an Außenwohngruppen regional zu prüfen“
(2.LPP, S.55), ist kontinuierlich umzusetzen. Dabei soll das ebenfalls im 2.LPP enthaltene, für AWG
verbindlich erklärte Prinzip handlungsleitend sein: „Die Erweiterung der Platzkapazität und die
Flexibilisierung der Zugangsvoraussetzungen können dazu beitragen, dass eine Erweiterung der
Wohnheimkapazitäten nicht erforderlich wird“ (ebd.). Kapazitätsveränderungen sind durch Antrag beim
überörtlichen Träger der Sozialhilfe und nach Befürwortung durch die PSAG möglich.
Die Kriterien guter Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität sind regelmäßig zu überprüfen. Die Träger
von AWG sollen die Qualität Ihrer Leistungsangebote im Sinne einer Verbesserung der Privatsphäre der
Psychiatrieplan Landkreis Mittelsachsen (2017) - Seite 19
Bewohner optimieren und orientiert am MaNaKo II des KSV die Eigenverantwortlichkeit und
Selbständigkeit der Klienten durch Wohnen und Betreuung im Einzelzimmer noch besser fördern
(vgl. dazu auch 2.LPP, S. 54 sowie einschlägige Beschlüsse der PSAG-Mittelsachsen). 4.5.3 Ambulant Betreutes Wohnen Ambulant Betreutes Wohnen (ABW) ist ein Leistungsangebot für „chronisch psychisch erkrankte
Menschen, die infolge ihrer Erkrankung nicht (mehr) ohne Betreuung in eigenem Wohnraum leben
können und alternativ in eine stationäre Wohnform aufgenommen werden müssten, einer stationären
Betreuung nicht (mehr) bedürfen und bei einer regelmäßigen sozialpädagogischen Betreuung ihren
Lebensbereich weitgehend selbst gestalten können. […] Die Hilfen werden aufsuchend und
durchschnittlich in ein bis drei einstündigen Betreuungskontakten wöchentlich erbracht; sie können im
Einzel- oder Paarwohnen sowie auch für Wohngemeinschaften realisiert werden“ (2.LPP, S.55 f.).
Nach den Vorgaben des 2.LPP werden Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität mit den Leistungstypen
gemäß Anlage 1 zum Rahmenvertrag und den darauf aufbauenden Vereinbarungen nach § 75 Abs. 3
SGB XII definiert. „Die Messziffer liegt gegenwärtig etwa bei 0,4 Plätzen je 1.000 Einwohner; sie
ist jedoch aufgrund der Möglichkeit, Kapazitäten im ambulant betreuten Wohnen auf Antrag
bedarfsentsprechend zu erweitern, nur als sehr allgemeiner Näherungswert zu verstehen“ (2.LPP, S.56).
Im Landkreis Mittelsachsen sind folgende ABW-Leistungsangebote vorhanden (Stand 31.12.2016):
Einrichtung / Träger Adresse Platzkapazität
Diakonisches Werk Flöha e.V.
Bahnhofstraße 8b 09557 Flöha
30 CPK
Diakonisches Werk Freiberg e.V. Petersstraße 44 09599 Freiberg
27 CPK
Verein für Betreutes Wohnen Mittweida e.V.
Zimmerstraße 14 09648 Mittweida
80 CPK
Die Arche - Wohnstätten gGmbH Waldheim Hainichener Str. 4 04736 Waldheim
54 CPK
Stadt Oederan
Hainichener Straße 43 09569 Oederan
5 CPK
GeSo Gesellschaft für soziale Einrichtungen mbH Dr.-Wilhelm-Külz-Straße 51 09669 Frankenberg
15 CMA
*Die Angaben in der Tabelle sind durch das zuständige Gesundheitsamt regelmäßig zu überprüfen und im Rahmen der Integrierten Sozialplanung in eine gemeinsame Datenbank einzupflegen. Planungsvorgabe 2017 - 2021:
Nach den Vorgaben des 2.LPP ergibt sich für den Landkreis Mittelsachsen folgende Bedarfsplanungszahl: 312.450 Einwohner am 01.12.2015 / 1.000 Einwohner x 0,4 Plätze = 124,98 Plätze Damit ist der Landkreis Mittelsachsen deutlich über dem Bedarf liegend mit ABW-Plätzen ausgestattet.
Ein weiterer Ausbau der Platzkapazitäten ist auf Grund der im 2.LPP explizit enthaltenen Option möglich
(vgl. 2.LPP, S. 56) und entspricht dem im MaNaKo II des KSV enthaltenen Grundsatz „ambulant vor
stationär“. Kapazitätsveränderungen sollten jedoch im Voraus präzise auf ihre fachliche Notwendigkeit
und Zweckmäßigkeit geprüft werden. Sie sind durch Antrag beim überörtlichen Träger der Sozialhilfe
und nach Befürwortung durch die PSAG möglich.
Die Kriterien guter Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität sind regelmäßig zu überprüfen. Die Träger
von ABW sollen die Qualität Ihrer Leistungsangebote durch Förderung der Eigenverantwortlichkeit und
Psychiatrieplan Landkreis Mittelsachsen (2017) - Seite 20
Selbständigkeit der Betreuten optimieren und orientiert am MaNaKo II des KSV auf eine Vermittlung
dieser Klienten in niedrigschwelligere und kostengünstigere Leistungsangebote (z.B. Psychosoziale
Kontakt- und Beratungsstellen - KOBS) hinwirken (vgl. dazu auch 2.LPP, S. 54 sowie einschlägige
Beschlüsse der PSAG-Mittelsachsen).
4.5.4 Betreutes Wohnen in Familien „Betreutes Wohnen in Familien (BWF) ist definiert als das Aufnehmen von psychisch erkrankten
Menschen in fachlich supervidierten Gastfamilien. Das Konzept, im späten 19.Jahrhundert unter dem
Begriff der Familienpflege relativ weit verbreitet und in den letzten Jahren wiederentdeckt, stellt ein
sehr individuelles ambulantes Betreuungsangebot dar, das vor allem langfristig hospitalisierten
Patienten, die aufgrund ihrer Erkrankung nicht zu einer selbstständigen Lebensführung fähig sind, ein
Leben in der Gemeinschaft ermöglichen kann. […] Der Erfolg dieser Betreuungsform ist wesentlich von
der Bereitschaft und Befähigung der Gastfamilien sowie von der Tragfähigkeit der Beziehung
zwischen Gastfamilie und Patient abhängig“ (2.LPP, S.56).
Das BWF wird vom KSV seit einigen Jahren unterstützt, ist in Sachsen bisher jedoch kaum realisiert. Im
Landkreis Mittelsachsen existieren keine derartigen Leistungsangebote.
Planungsvorgabe 2017 - 2021:
Die Schaffung von BWF-Plätzen entspricht dem im MaNaKo II des KSV enthaltenen Grundsatz „ambulant
vor stationär“. Nach gemeinsamen Einschätzungen der an der gemeindepsychiatrischen Versorgung im
Landkreis Mittelsachsen beteiligten Partner werden derzeit keine Platzkapazitäten im BWF benötigt.
Sofern sich in Zukunft Bedarf ergibt, sind die Vorgaben des 2.LPP anzuwenden, wonach das BWF
optional „vor allem in strukturschwachen ländlichen Regionen etabliert werden soll, […] wobei die
Indikation dieser Intervention geprüft und die Kriterien für die Auswahl der Gastfamilien klar definiert
sein müssen und ein strenger Maßstab an die Fachbetreuung anzulegen ist“ (2.LPP, S.56).
Analog zur Verfahrensweise in den Leistungsbereichen STW, AWG und ABW ist ein Antrag beim
überörtlichen Träger der Sozialhilfe und eine Befürwortung durch die PSAG obligatorisch. Die Kriterien
guter Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität sind regelmäßig zu überprüfen. Die Träger von BWF sollen
die Qualität Ihrer Leistungsangebote durch Förderung der Eigenverantwortlichkeit und Selbständigkeit
der Betreuten optimieren und orientiert am MaNaKo II des KSV auf eine Vermittlung dieser Klienten in
niedrigschwelligere und kostengünstigere Leistungsangebote (z.B. Psychosoziale Kontakt- und
Beratungsstellen - PSKB) hinwirken (vgl. dazu auch 2.LPP, S. 54 sowie einschlägige Beschlüsse der PSAG-
Mittelsachsen).
Psychiatrieplan Landkreis Mittelsachsen (2017) - Seite 21
4.6 Rehabilitation und Arbeitsangebote
Die übergeordnete Zielstellung aller arbeitsweltbezogenen Maßnahmen für psychisch kranke Bürger
des Landkreises Mittelsachsen besteht darin, für die noch in einem versicherungspflichtigen
Beschäftigungsverhältnis stehenden Betroffenen nach Möglichkeit Dauerarbeitsplätze zu erhalten
und/oder auf ihre Wiedereingliederung am sogenannten ersten Arbeitsmarkt hinzuwirken.
Dem Sozialpsychiatrischen Dienst (SpDi) kommt dabei im Rahmen seiner Fall-Steuerungsfunktion eine
wesentliche Bedeutung zu (vgl. Abschnitt 4.3), denn häufig müssen Betroffene erst stabilisiert werden,
bevor sie in ein Beschäftigungsangebot vermittelt werden können.
Der Psychiatriekoordinator hat die Aufgabe, im Sinne der genannten übergeordneten Zielstellung
Kooperationsbezüge zwischen den beteiligten Institutionen (BA, SMS, DRV, Jobcenter u.a.) zu initiieren
und über die PSAG zu moderieren.
Die im Abschnitt 4.5 enthaltenen Festlegungen, wonach der Kreispsychiatrieplan an die Bestimmungen
des künftigen BTHG und des MANAKO III anzupassen ist (vgl. ausführlich S. 16 f.), gelten auch für die in
Kapitel 4.6 dargestellten Leistungsbereiche.
Der Zweite Sächsische Landespsychiatrieplan (2.LPP) stellt heraus, dass die Grundvoraussetzung einer
erfolgreichen beruflichen Rehabilitation psychisch kranker Menschen in einer engen Kooperation und
Vernetzung aller relevanten Akteure des Gemeindepsychiatrischen Verbundes besteht und dem Sozial-
psychiatrischen Dienst (SpDi) dabei eine zentrale Bedeutung zukommt (vgl. 2.LPP, S. 50). Jedoch gibt der
2.LPP für Angebote der Beschäftigung und beruflichen Integration psychisch kranker Menschen (cpkM)
keine eindeutigen Messziffern vor und verzichtet insgesamt auf konkrete Planungsvorgaben. Im Pla-
nungszeitraum 2012 bis 2016 wurde deshalb die PSAG-AG 1.1 „Beschäftigung“ beauftragt, fachliche
Empfehlungen auf Grund der regionalen Gegebenheiten des Landkreises Mittelsachsen zu erarbeiten.
Diese Arbeitsgruppe, in der regelmäßig ein Vertreter des KSV mitwirkt, realisierte zunächst eine
Bestandsaufnahme aller Angebote der Beschäftigung und beruflichen Integration von cpkM auf dem
Gebiet des Landkreises Mittelsachsen. Demnach stehen derzeit in den unterschiedlichen
Leistungsbereichen insgesamt 193 Plätze zur Verfügung (vgl. Übersichten der Abschnitte 4.6.1 bis 4.6.4).
Auf Grundlage der Ergebnisse der Bestandsaufnahme wurden im zweiten Schritt Kriterien formuliert,
welche bei der Bedarfsplanung berücksichtigt werden sollten:
Die Platzkapazität von insgesamt 193 Plätzen wird als insgesamt nicht ausreichend eingeschätzt.
Jedoch ist eine Bildung von Kennziffern, wie sie etwa im Bereich der STW-Plätze Anwendung finden
(vgl. 2.LPP, S.53 sowie o.a. Kapitel 4.5), nicht zu empfehlen. Vielmehr sollte die Bedarfsplanung auf
der Grundlage regelmäßiger Analysen (z.B. Monitoring zu Trends und Tendenzen in der Versorgung)
erfolgen. Dazu sind regelmäßige Zuarbeiten bzw. Bedarfsanzeigen der Leistungsträger erforderlich.
Angebote der Beschäftigung für cpkM - gleich welchen Charakters - sollten in einem Umkreis von
durchschnittlich 15 bis 20 Kilometern erreichbar sein. Im Netzplan der WfbM von 1995 wird diese
Entfernung sogar noch deutlich unterboten. Insgesamt sind jedoch unterschiedliche regionale
Spezifika zu berücksichtigen. So erscheint es vorteilhaft, Beschäftigungsangebote für cpkM etwa im
mittleren Umfeld eines Fachkrankenhauses oder einer Wohnstätte zu etablieren.
Um dem individuellen Hilfebedarf besser zu entsprechen, sollten Angebote der Beschäftigung für
cpkM sowohl „geschützt“ als auch „integrativ“ in unterschiedlichen Leistungsbereichen vorgehalten
werden. Beispielshaft seien hier die flexiblen Angebote der WfbM genannt, welche auch
Psychiatrieplan Landkreis Mittelsachsen (2017) - Seite 22
Außenarbeitsplätze auf dem ersten Arbeitsmarkt anbieten. Da WfbM Menschen aller
Behinderungsarten betreuen, beschäftigen sie meist sogar mehr cpkM, als in separierten Gruppen
einsetzbar sind. Die Gruppenseparierung erscheint manchen cpkM auch gar nicht notwendig.
Auf Grund der regelmäßigen Erfahrungen aus der fachlichen Alltagspraxis wird die Entwicklung von
(Assistenz-)Angeboten eines „systemübergreifenden an-die-Hand-nehmens“ für cpkM, vor allem im
Hinblick auf die oft komplizierten Antragsverfahren vor der Aufnahme in ein Beschäftigungs-
angebot, empfohlen.
Insgesamt stellt die PSAG-AG Beschäftigung fest, dass die Anzahl beschäftigungssuchender cpkM stetig
zunimmt und die Vermittlung in individuell geeignete Angebote zunehmend komplizierter wird.
4.6.1 Rehabilitationseinrichtungen für psychisch kranke Menschen (RPK) „Rehabilitationseinrichtungen für psychisch kranke und behinderte Menschen (RPK) stellen als
integrierte Komplexleistung von medizinischer und beruflicher Rehabilitation, verbunden mit
ergänzenden psychosozialen Hilfen, ein Leistungsangebot zur Teilhabe für Menschen mit schweren
psychischen Störungen, mit ausgeprägten Schädigungen (einschließlich psychischer Funktionen) und
daraus resultierenden Beeinträchtigungen der Aktivitäten und der Teilhabe dar“ (2.LPP, S.45).
Als fachliche Orientierungsgrundlage für den Aufbau von RPK-Einrichtungen fungieren die am
01.07.2006 in Kraft getretenen Empfehlungen der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation (RPK-
Empfehlungsvereinbarung). In Sachsen existieren bisher vier derartige Angebote in Dresden, Glauchau,
Görlitz und Leipzig, jeweils finanziert über die Bundesagentur für Arbeit und die Deutsche
Rentenversicherung als zuständige Kostenträger.
Im Blick auf konkrete Planungsvorgaben zu RPK-Einrichtungen heißt es im 2.LPP: „Ein flächendeckendes
Angebot von ca. 4-5 dezentralen Einrichtungen mit einer dem Versorgungsgebiet angepassten Platzzahl
ist dabei gegenwärtig als bedarfsgerecht anzusehen“ (2.LPP, S.45). Weiter heißt es, dass „wirtschaftlich
tragbare Strukturen vorzuhalten“ seien und der Freistaat „entsprechende Bemühungen von Trägern“
unterstütze.
Planungsvorgabe 2017 - 2021:
Da im 2.LPP keine eindeutige Messziffer vorgegeben ist, richtet sich die Bedarfsplanung nach den in
Kapitel 4.6 benannten Kriterien.
Interesse am Aufbau einer RPK-Einrichtung hatte das Diakonische Werk Freiberg e.V. erklärt. Die PSAG
des Altkreises Freiberg hatte bereits vor dem Vollzug der Kreisreform einen zustimmenden Beschluss
gefasst. Die Planungsphase, in die der Träger zwischenzeitlich das Fachkrankenhaus BETHANIEN
Hochweitzschen als Partner einbezogen hat, wurde bisher nicht beendet. Das Versorgungsgebiet der
geplanten RPK-Einrichtung soll sich auf den seit 2008 bestehenden Landkreis Mittelsachsen erstrecken.
Soweit die beiden Träger ihr Vorhaben konkret umsetzen wollen, sind ein Antrag bei den zuständigen
Kostenträgern und eine Befürwortung durch die PSAG obligatorisch.
Die Kriterien guter Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität sind regelmäßig auf Grundlage der bereits
genannten RPK-Empfehlungsvereinbarung zu überprüfen.
Psychiatrieplan Landkreis Mittelsachsen (2017) - Seite 23
4.6.2 Integrationsprojekte und Zuverdienstfirmen für psychisch kranke Menschen „Integrationsprojekte nach § 132 SGB IX sind rechtlich und wirtschaftlich selbstständige Unternehmen
(Integrationsunternehmen) oder unternehmensinterne Integrationsbetriebe oder
Integrationsabteilungen von Unternehmen bzw. öffentlichen Arbeitgebern im Sinne des § 71 Abs. 3 SGB
IX“ (2.LPP, S. 45). Eine Förderung dieser Unternehmen erfolgt nach § 134 SGB IX aus Mitteln der
Ausgleichsabgabe. Der Anteil schwerbehinderter, mit einer festen wöchentlichen Arbeitszeit von mehr
als 15 Stunden beschäftigter Mitarbeiter liegt zwischen 25 und 50 %. Davon weisen jedoch nach den in
Sachsen vorliegenden Erfahrungen lediglich ca. 5% eine vorrangige seelische Behinderung auf (vgl.
Bundesarbeitsgemeinschaft der Integrationsämter und Hauptfürsorgestellen – BIH, In: 2.LPP, S.45).
Zuverdienstfirmen bieten niederschwellige Beschäftigungsangebote für psychisch kranke Menschen.
Die Arbeitsanforderungen sind den spezifischen Krankheitsbildern angepasst, Leistungsschwankungen
und Krankheitsausfälle werden berücksichtigt. Die wöchentliche Arbeitszeit beträgt in der Regel weniger
als 15 Stunden. Gastronomische Angebote, Hausmeisterservice, Garten- und Landschaftspflege,
Elektromontage, Verpackungsarbeiten und Möbelaufarbeitung sind nach bisherigen Erfahrungen die
typischen Einsatzgebiete für psychisch kranke Menschen in Zuverdienstfirmen (vgl. 2.LPP, S.46).
Mit dem vorliegenden 2.LPP konstatiert der Freistaat Sachsen, dass die Anzahl verfügbarer
Zuverdienstarbeitsplätze „noch immer als nicht bedarfsgerecht bewertet werden muss“ und deshalb
„ein bedarfsgerechtes Angebot von Integrationsprojekten und Zuverdienstfirmen“ anzustreben ist
(2.LPP, S. 46).
Im Landkreis Mittelsachsen existieren folgende Integrationsprojekte und Zuverdienstfirmen für
*Die Angaben in der Tabelle sind durch das zuständige Gesundheitsamt regelmäßig zu überprüfen und im Rahmen der Integrierten Sozialplanung in eine gemeinsame Datenbank einzupflegen. Planungsvorgabe 2017 - 2021:
Da der 2.LPP keine eindeutige Messziffer vorgibt und auf konkrete Planungsvorgaben insgesamt
verzichtet, orientiert sich die Bedarfsplanung an den im Kapitel 4.6 benannten Kriterien. Kapazitäts-
veränderungen sind durch Antrag beim überörtlichen Träger der Sozialhilfe und nach Befürwortung
durch die PSAG möglich. Der Freistaat Sachsen sollte angeregt werden, sich auch weiterhin angemessen
an der Finanzierung von Integrationsprojekten und Zuverdienstfirmen gemäß RL-PsySu zu beteiligen, so
dass diese im Landkreis Mittelsachsen weiter etabliert werden und sich nach der Startphase
wirtschaftlich solide entwickeln können.
4.6.3 Werkstätten für behinderte Menschen (WfbM)
Psychiatrieplan Landkreis Mittelsachsen (2017) - Seite 24
Auf Grundlage des § 136 SGB IX bieten Werkstätten für behinderte Menschen (WfbM) dieser Zielgruppe
eine Teilhabe am Arbeitsleben. Hinsichtlich der spezifischen Bedürfnisse chronisch psychisch kranker
Menschen sollen WfbM ein individuell anpassbares Angebotsspektrum vorhalten. Dazu gehören auch
„ausgelagerte Plätze auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, die zum Zwecke des Übergangs bzw. auch als
dauerhaft ausgelagerte Plätze mit entsprechendem Betreuungsangebot vorgehalten werden“ (2.LPP,
S.47). „Im Freistaat Sachsen konnte in der Laufzeit des Ersten Landespsychiatrieplanes ein
breitgefächertes Angebot an WfbM für psychisch kranke und seelisch behinderte Menschen aufgebaut
werden“ (ebd.).
Im Landkreis Mittelsachsen bieten folgende WfbM eine Beschäftigung und im Sinne eines „Soll-Wertes“
Platzkapazität für psychisch kranke Menschen (Stand: 31.12.2016):
Einrichtung / Träger* Adresse* „Soll- Plätze“*
Diakonisches Werk Freiberg e.V. Freiberger Werkstätten „Friedrich von Bodelschwingh“ (WfbM)
*Die Angaben in der Tabelle sind durch das zuständige Gesundheitsamt regelmäßig zu überprüfen und im Rahmen der Integrierten Sozialplanung in eine gemeinsame Datenbank einzupflegen. Die Platzkapazitäten können bzgl. der CPK-Anzahl wie auch insgesamt variieren. Alle WfbM verfügen
auch über Außenstellen in anderen Städten und Gemeinden. Interessierte Personen können sich beim
jeweiligen WfbM-Träger über gegebenenfalls in Frage kommende Möglichkeiten der Beschäftigung in
einer solchen WfbM-Außenstelle informieren.
Planungsvorgabe 2017 - 2021:
Nach den Vorgaben des 2.LPP ist im Bereich der WfbM „ein differenziertes, bedarfsorientiertes Angebot
für chronisch psychisch kranke und seelisch behinderte Menschen überwiegend in eigenen Abteilungen
und unter Nutzung betriebsintegrierter Werkstattplätze sicherzustellen“ (2.LPP, S.47). Dabei ist aus Sicht
des Landkreises Mittelsachsen zu beachten, dass einerseits „Einbahnstraßeneffekte“ vermieden werden,
indem chronisch psychisch kranke Menschen aus der WfbM heraus Übergangsperspektiven in den
Arbeitsmarkt erhalten. Andererseits ist zu berücksichtigen, dass es regelmäßig auch einen nicht zu
unterschätzenden Anteil psychisch kranker Menschen geben wird, für welche eine WfbM die
geeignetste und langfristige Beschäftigungsmöglichkeit darstellt.
Da der 2.LPP keine eindeutige Messziffer vorgibt und auf konkrete Planungsvorgaben insgesamt
verzichtet, orientiert sich die Bedarfsplanung an den im Kapitel 4.6 benannten Kriterien. Kapazitäts-
veränderungen sind durch Antrag beim überörtlichen Träger der Sozialhilfe und nach Befürwortung
durch die PSAG möglich.
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4.6.4 Integrationsfachdienste, Berufsbildungswerke, Berufsförderungswerke, Berufstrainingszentren Integrationsfachdienste unterstützen schwerbehinderte Menschen bei der Aufnahme, Ausübung und
Sicherung einer möglichst dauerhaften Beschäftigung. In jedem Bezirk einer Agentur für Arbeit ist
mindestens ein solcher Dienst vorhanden. Dieses Angebot besitzt allerdings bei der Rehabilitation
chronisch psychisch kranker Menschen eine untergeordnete Bedeutung. Dennoch regt der 2.LPP eine
Nutzung der Integrationsfachdienste an, insbesondere zur Unterstützung für „chronisch psychisch
kranke Menschen, die – krankheitsbedingt – keinen Schwerbehindertenausweis und keine
Gleichstellung als schwerbehinderter Mensch besitzen, weil sie das Antragsverfahren und das damit
zusammenhängende Prozedere meiden“ (2.LPP, S. 48). Das Gebiet des Landkreises Mittelsachsen wird
vom Integrationsfachdienst Chemnitz betreut.
Berufsbildungswerke (BBW) ermöglichen auf der Grundlage des § 35 SGB IX als überregionale
Einrichtungen jungen Menschen mit Behinderungen eine dreijährige berufliche Erstausbildung nach
individuellen Förderplänen und bieten daneben auch Freizeitangebote und Wohngelegenheiten. Diese
Maßnahmen werden durch ein interdisziplinäres Team von Ausbildern, Lehrern, Ärzten, Psychologen
und Sozialpädagogen sowie Erziehern realisiert.
Im Freistaat Sachsen wurden und werden keine speziell abgestimmten BBW-Angebote für Menschen
mit psychischen Erkrankungen realisiert, können diesem Personenkreis aber nach Einzelfallentscheidung
zur Verfügung gestellt werden (vgl. 2.LPP, S.48 f.).
Berufsförderungswerke (BFW) sind nach § 35 SGB IX anerkannte, überregional aufnehmende Zentren
der beruflichen Rehabilitation, welche grundsätzlich der Fortbildung und Umschulung von Erwachsenen
dienen, die in der Regel bereits berufstätig waren und eine tägliche Belastbarkeit von acht Stunden
aufweisen. Maßnahmen der Arbeitserprobung, beruflichen Bildung und Qualifizierung sollen eine
Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt fördern. Als Fachkräfte stehen Mediziner, Psychologen und
Sozialpädagogen zur Verfügung. Nach dem 2.LPP liegt der Anteil der Rehabilitanden, welche eine
psychische Erkrankung aufweisen, bei ca. 20 bis 25 % (vgl. 2.LPP, S. 49).
Derzeit gibt es in Dresden und Leipzig je ein Berufsförderungswerk. Das BFW-Leipzig betreibt auf dem
Territorium des Landkreises Mittelsachsen eine Außenstelle in Döbeln.
Berufsfindung/Arbeitserprobung (BF/AP) lang - Assessment
18
Integration in den Arbeitsmarkt (IdA) 18
*Die Angaben in der Tabelle sind durch das zuständige Gesundheitsamt regelmäßig zu überprüfen und im Rahmen der Integrierten Sozialplanung in eine gemeinsame Datenbank einzupflegen.
Berufstrainingszentren (BTZ) bieten auf der Grundlage von § 35 SGB IX individuelle, auf die
Leistungsfähigkeit psychisch kranker und seelisch behinderter Menschen zugeschnittene, teilweise unter
realen Arbeitsmarktbedingungen realisierte Spezialangebote der beruflichen Rehabilitation an.
Voraussetzung für die Aufnahme ist die Anerkennung als Rehabilitand und eine tägliche Belastbarkeit
von vier Stunden. Zielgruppe sind Personen, die noch im Erwerbsleben stehen und/oder eine
Psychiatrieplan Landkreis Mittelsachsen (2017) - Seite 26
psychiatrische Behandlung durchlaufen bzw. diese bereits abgeschlossen haben. Im Freistaat Sachsen
stehen BTZ gegenwärtig in Dresden und Plauen zur Verfügung.
Planungsvorgabe 2017 - 2021:
Da der 2.LPP für die genannten Leistungsangebote nach § 35 SGB IX keine eindeutige Messziffer vorgibt
und auf konkrete Planungsvorgaben insgesamt verzichtet, orientiert sich die Bedarfsplanung an den im
Kapitel 4.6 benannten Kriterien. Kapazitätsveränderungen sind durch Antrag beim zuständigen
Kostenträger und nach Befürwortung durch die PSAG möglich. Der 2.LPP betont, dass die
Grundvoraussetzung einer erfolgreichen beruflichen Rehabilitation psychisch kranker Menschen in einer
engen Kooperation und Vernetzung aller relevanten Akteure des Gemeindepsychiatrischen Verbundes
besteht und dem Sozialpsychiatrischen Dienst (SpDi) dabei eine zentrale Bedeutung zukommt (vgl.
2.LPP, S. 50).
4.7 Angehörigenarbeit „Die Angehörigen von psychisch erkrankten Menschen sind emotional und körperlich stark gefordert,
tragen den größten Teil der Versorgungs- und Betreuungsaufgaben und sind auf Grund dieser
Belastungen selbst gesundheitlich gefährdet; sie haben einen erheblichen Einfluss auf den Erfolg einer
Behandlung und damit auf den Krankheitsverlauf, so dass sie im Sinn einer familienorientierten Therapie
möglichst frühzeitig in den Behandlungsverlauf einzubeziehen sind.
Vor diesem Hintergrund ist Angehörigenarbeit ein wesentliches Kontextelement für die Versorgung
psychisch erkrankter Menschen. Sie trägt dazu bei, die Qualität der Gesundheitsversorgung von
psychisch erkrankten Menschen zu verbessern und stärkt die oft schwer belasteten Familien, holt sie
aus der Isolation und gibt ihnen auch in schweren Krisen Halt. Hauptaufgaben der Angehörigenarbeit
sind die Aufklärung, Beratung und Betreuung von betroffenen Familien sowie die Stärkung in
Krisensituationen in trialogischer Zusammenarbeit mit Fachleuten. Zudem sind Information,
Unterstützung und Stärkung des Selbstbewusstseins von Angehörigen wichtige Instrumente, um der
Stigmatisierung psychischer Krankheiten und psychisch kranker Menschen entgegenzuwirken“ (2.LPP, S.
56 f.).
Im Landkreis Mittelsachsen wird die Angehörigenarbeit wesentlich vom Sozialpsychiatrischen Dienst
(SpDi) am Gesundheitsamt in Zusammenarbeit mit der „Kontakt- und Informationsstelle für
Selbsthilfegruppen (KISS) Mittelsachsen“ initiiert und gesteuert sowie von regional organisierten
Angehörigen auf Selbsthilfegruppenbasis getragen. Das Gesundheitsamt, die KISS und perspektivisch
auch das Pflegenetz Mittelsachsen verfügen über aktuelle Verzeichnisse der im Landkreis aktiven
Gruppen. Diese sind in der Regel an den Psychosozialen Kontakt- und Beratungsstellen (PSKB)
angesiedelt. Die hier tätigen Fachkräfte leisten fachliche Beratung und Begleitung der
Angehörigengruppen. Eine finanzielle Unterstützung ihrer Arbeit ist auf Antrag durch die Gesetzliche
Krankenversicherung als zuständigen Kostenträger gemäß § 20 SGB V möglich.
Planungsvorgabe 2017 - 2021:
Der 2.LPP gibt für die Angehörigenarbeit keine Messziffern vor, formuliert jedoch als wesentliche
fachliche Zielstellung, dass ein flächendeckendes Netz von Angehörigengruppen geschaffen und
insbesondere in den ländlichen Regionen ausgebaut werden soll (vgl. 2.LPP, 57). Sofern sich auf Grund
der regionalen Gegebenheiten des Landkreises Mittelsachsen Konkretisierungsbedarf ergibt, sollte
Psychiatrieplan Landkreis Mittelsachsen (2017) - Seite 27
dieser durch die Mitgliederversammlung der PSAG Mittelsachsen geprüft werden, in der die regionalen
Angehörigenvertreter ein satzungsmäßig verankertes Sitz- und Stimmrecht haben. Besonderes
Augenmerk soll auf geeignete Maßnahmen zur Unterstützung von pflegenden Angehörigen
demenzkranker Menschen gerichtet werden.
Der 2.LPP stellt insgesamt heraus, dass die Grundvoraussetzung einer erfolgreichen Angehörigenarbeit
in einer engen Kooperation und Vernetzung aller relevanten Akteure des Gemeindepsychiatrischen
Verbundes besteht (vgl. 2.LPP, S. 57).
4.8 Selbsthilfegruppen Selbsthilfegruppen arbeiten als freiwillige und selbstorganisierte Zusammenschlüsse psychisch kranker
Menschen. Ihre Aktivitäten sind insbesondere auf Krankheitsbewältigung, Erfahrungsaustausch,
gegenseitige Unterstützung und Stabilisierung des Selbstbewusstseins ausgerichtet. Dadurch leisten
Selbsthilfegruppen positiv-unterstützende, die Behandlung flankierende Beiträge. Sie werden in der
Regel durch Personal der psychosozialen Versorgung fachlich begleitet (vgl. 2.LPP, S.57). Diese
Fachkräfte können nach vorheriger Vereinbarung an ausgewählten Gruppenveranstaltungen
teilnehmen.
Im Landkreis Mittelsachsen wird die Selbsthilfegruppenarbeit wesentlich vom Sozialpsychiatrischen
Dienst (SpDi) am Gesundheitsamt in Zusammenarbeit mit der „Kontakt- und Informationsstelle für
Selbsthilfegruppen (KISS) Mittelsachsen“ initiiert und gesteuert sowie von regional organisierten
Betroffenengruppen getragen. Das Gesundheitsamt und die KISS verfügen über aktuelle Verzeichnisse
der im Landkreis aktiven Gruppen der im Landkreis aktiven Selbsthilfegruppen. Diese sind in der Regel
an den Psychosozialen Kontakt- und Beratungsstellen (KOBS) und in Einzelfällen am Gesundheitsamt
angesiedelt. Eine finanzielle Unterstützung ihrer Arbeit ist auf Antrag durch die Gesetzliche
Krankenversicherung als zuständigen Kostenträger gemäß § 20 SGB V möglich.
Planungsvorgabe 2017 - 2021:
Der 2.LPP gibt für die Selbsthilfegruppenarbeit keine Messziffern vor, formuliert jedoch als wesentliche
fachliche Zielstellung, dass diese Gruppen unter „Beachtung der Autonomie und Unabhängigkeit sowie
der vorhandenen Angebote zu unterstützen und zu fördern“ (vgl. 2.LPP, 58) sind. Außerdem sollen ihnen
„unterstützende Angebote zur Organisation und Abwicklung der erforderlichen Gruppenarbeit zur
Verfügung gestellt“ (ebd.) werden. Auf Ebene des Landkreises Mittelsachsen sind dies in erster Linie die
Psychosozialen Kontakt- und Beratungsstellen (PSKB), die Kontakt- und Informationsstelle für
Selbsthilfegruppen (KISS), ferner auch der Sozialpsychiatrische Dienst (SpDi) im Rahmen seiner
Steuerungs- und Fachberatungsaufgaben. Sofern sich auf Grund der regionalen Gegebenheiten des
Landkreises Mittelsachsen Konkretisierungsbedarf ergibt, sollte dieser durch die Mitgliederversammlung
der PSAG Mittelsachsen geprüft werden, in der die regionalen Selbsthilfegruppenvertreter ein
satzungsmäßig verankertes Sitz- und Stimmrecht haben.
Der 2.LPP stellt insgesamt heraus, dass die Grundvoraussetzung einer erfolgreichen
Selbsthilfegruppenarbeit in einer engen Kooperation und Vernetzung aller relevanten Akteure des
Gemeindepsychiatrischen Verbundes besteht (vgl. 2.LPP, S. 58).
Psychiatrieplan Landkreis Mittelsachsen (2017) - Seite 28
5 Versorgung psychisch erkrankter Minderjähriger
„Der Bereich der Kinder- und Jugendpsychiatrie umfasst Diagnostik und Behandlung sowie
Rehabilitation und Prävention psychischer Erkrankungen im Kindes- und Jugendalter. Neben den Hilfen
des ambulanten, teilstationären, stationären und komplementären psychiatrischen Versorgungssystems
werden psychisch erkrankten Minderjährigen häufig auch Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe sowie
weiterer Rehabilitations- und Sozialhilfeträger gewährt. Überschneidungen mit benachbarten
Fachgebieten wie Pädiatrie und zu den Bereichen der Sozial- und Heilpädagogik sind bei der Planung
und Ausgestaltung der Versorgung Rechnung zu tragen“ (2.LPP, S. 60). Hier sei auf das bestehende Netz
von Frühförderstellen und weiterführender Beratungs- und Fördermöglichkeiten verwiesen, die auch
von psychosozialen Risikofaktoren bedrohten Kindern und deren Familien schon vor Schuleintritt
beratend und fördernd zur Seite stehen sowie dem Erfordernis einer frühen Begegnung drohender