Nur bei jedem zehnten proktologischen Patienten besteht die absolute oder rela- tive Indikation zur Operation. Bei Hämor- rhoiden liegt dieser Prozentsatz noch um die Hälfte niedriger, der chirurgische Ein- griff ist nur im Stadium III und IV notwen- dig. Bei einer akuten Analthrombose muss dabei der aktuelle Schmerz und Leidens- druck größer sein als der zu erwartende Wundschmerz. Wie Dr. Horst Loch als Gastgeber des „Haupt- stadtkongress – Aktuelle Proktologie“ dar- legte, sind Inzision und Exprimierung des Thrombus nur bis 48 Stunden nach dem Akutereignis sinnvoll. Als bessere Technik stufte der Proktologe die Exzision des gesam- ten Knotens mit Gefäßsegment ein, da damit eine Rethrombosierung vermieden wird. Bei Marisken sind häufige entzündliche Ver- änderungen oder aber die problematische Reinigung ebenso relative OP-Indikationen wie kosmetische Probleme. Praktisch sind kleinere Wunden zu erzielen, wenn die Dia- thermieschlinge vor der Anästhesie gelegt wird. Das Analfibrom stellt keine Karzinomvorstufe dar und entartet nicht. Kleinere Fibrome soll- ten deshalb belassen werden. Bei größeren kann ein Eingriff erfolgen, wenn sie prolabie- ren oder ein störendes Fremdkörpergefühl hervorrufen. Die Analfissur wird primär konservativ behan- delt. Gelingt dies nicht oder liegen Sekundär- veränderungen vor (ausgeprägte Vorposten- falte, Analfibrom, tiefe Krypte, Fistel im Fissur- grund), ist der chirurgische Eingriff ratsam. Dabei legt Loch großen Wert darauf, dass das Hautdrainage-Dreieck groß genug sein muss. Bei Condylomata accuminata stellt die Anzahl von zehn das obere Limit für die topische me- dikamentöse Behandlung dar. Wird dieser Schwellenwert überschritten, können die Feigwarzen in einem flüssigkeitsgestützten Koagulationsverfahren (Wet-shave-Technik) oder per Laserkoagulation abgetragen wer- den. Bei der Lasertechnik ist dabei auf den guten Schutz von Mund und Nase vor den Viren zu achten. Nur die Operation führt bei Akne inversa zur kurativen Heilung. Um den Entzündungs- prozess zu stoppen, riet Loch zu einem mög- lichst frühen Eingriff und den Mut zur Radika- lität: Die Exzision erfolgt am besten im Abstand von 1 cm im Gesunden. Das Wund- areal wird dann der Sekundärheilung überlas- sen. Beim häufigsten Eingriff gewinnen semi- operative Verfahren wie die transanale Hämorrhoiden-Dearterialisierung (THD, HAL, RAR) und die Laserhämorrhoidoplastie zunehmend an Bedeutung. „Diese Verfahren sind vielversprechend, aber alle noch nicht endgültig zu beurteilen“, konstatierte Loch. Sie müssen sich langfristig an den Ergebnis- sen der gängigen Techniken nach Longo und Parks messen, die sich durch Re- sektion bzw. Erhalt des Anoderms, Schmerzhaftigkeit und Heilungsdauer unter- scheiden. Bei proktologischen Wunden ist die Sekundärheilung Standard. Je nach Loka- lisation, Wundform und -größe kann es bis zu einem Vierteljahr dauern, bis die Wunde geschlossen ist. Abduschen zur Reduktion der Keime, saugfähige Kompressen, keine Antibiotika, so fasste Dr. Michael Stoll aus Hannover die wichtigsten Punkte zusam- men. „Käufliche Wundheilungshilfen sind nur teuer und bringen keine Vorteile“, fügte er hinzu. Initial ist eine ausreichende Analgesie erfor- derlich, betonte Stoll. Denn das Anoderm weist – nach der Mundschleimhaut – die höchste Dichte an Schmerzfasern auf. Indifferente Salben können bei großflächigen Wunden perianal, aber nicht intraanal an- gewandt werden, weil es sonst zur Über- feuchtung kommt. Sekret aufsaugende Kom- pressen und Netzhosen sowie das Abdecken der umgebenden Haut bei Überfeuchtung sind notwendig, um einem Ekzem vorzu- beugen. Trotz Stuhlregulation ist eine Kontamination der Wunde mit Stuhl nicht zu vermeiden. Antibiotika sind jedoch nicht angezeigt. Zur mechanischen Reinigung und Keimreduktion reicht das Abduschen mit Wasser. „Ewige“ Sitzbäder sind laut Dr. Bernhard Strittmatter aus Freiburg nicht empfehlenswert. Auch eine „Desinfektion“ mit PVP-Jod ist nicht ratsam, erklärten die Experten. Die ein- zige Indikation sieht Dr. Horst Loch bei einem sehr großen Wundgebiet, das mit einem stark unangenehmen Geruch einhergeht. Doch selbst in diesen Fällen sollte die Anwendung auf eine kurze Zeit beschränkt bleiben. Eine spezielle Salbe, die die Wundgranulation fördert, ist nicht im Handel. Nach Angaben von Professor Volker Wienert aus Aachen haben alle bisher geprüften Externa keinen positiven Effekt gezeigt. Im Verlauf der Wundheilung ist ein Debride- ment bei Auftreten nekrotischer Areale vor- zunehmen, bei Unterminierungen eine chirurgische Wundkorrektur. Dies gilt auch beim Stillstand der intraanalen Heilung und unzureichender Drainage beim Vorliegen einer äußeren narbigen Abriegelung, sagte Stoll. Prokto-Journal 03-2012 Aktuelles aus der Proktologie www.kade.de Art.-Nr. 90117 Ein Service der DR. KADE Pharmazeutische Fabrik GmbH Absolute und relative Operations-Indikationen Nur einer von zehn Patienten muss wirklich „unter´s Messer“ DR. KADE Pharmazeutische Fabrik GmbH, Berlin. DoloPosterine® N Salbe (Creme). DoloPosterine® N Zäpfchen/ – Zäpfchen mit Mulleinlage (Haemotamp). Wirkstoff: Cinchocainhydrochlorid. Verschreibungspflichtig. Zus.:1 g Creme enthält 5,0 mg Cinchocainhydrochlorid. Sonst. Bestandt.: Aluminiumstearat; Butylhydroxytoluol (Ph. Eur.); Cetylstearylalkohol (Ph. Eur.); Citronensäure-Monohydrat; Glycerolmonostearat 40-55; Isopropylmyristat (Ph. Eur.); Magnesiumstearat (Ph. Eur.); Palmitoylascorbinsäure (Ph. Eur.); Parfümöl Kamille PH-Y; Pentaerythritoldicocosfettsäureester; Propylenglycol; hochdisperses, hydrophobes Siliciumdioxid; weißes Vaselin; gereinigtes Wasser. 1 Zäpfchen enthält 6,0 mg Cinchocainhydrochlorid. Sonst. Bestandt.: Butylhydroxytoluol (Ph. Eur.), Citronensäure-Monohydrat, Parfümöl Kamille PH-Y, Glycerolmonostearat 40-55, Hartfett, Palmitoylascorbinsäure (Ph. Eur.), Propylenglycol, mittelkettige Triglyceride. Anw.: Zur symptomatischen Linderung von akuten Schmerzen bei anorektalem Symptomkomplex. Gegenanz.: Überempfindlichkeit gg. Cinchocain- hydrochlorid od. anderen Bestandteil; Kinder < 12 Jahren. Vermeidung gleichzeitiger Anwendung anderer Lokalanästhetika. Nebenw.: Lokale Überempfindlichkeitsreaktionen im Afterbereich (Jucken, Brennen, Rötung, Bläschenbildung); generalisiertes Kontaktekzem (Rötung, Bläschenbildung mit Ausbreitung). Butylhydroxytoluol, Cetylstearylalkohol u. Propylenglycol können örtlich begrenzt Hautreaktionen (z. B. Kontaktdermatitis) bzw. Hautirritationen hervorrufen. Durch Butylhydroxytoluol sind außerdem Reizungen der Augen u. Schleimhäute möglich. Stand: 09/2011 Darreichungsformen und Packungsgrößen: DoloPosterine N Salbe: 25 g Creme, 50 g Creme, 100 g Creme, 10 x 2,5 g Creme in Einmaltuben, 25 g Creme mit Analdehner. DoloPosterine N Zäpfchen: 10 Zäpfchen, 20 Zäpfchen, 10 Zäpfchen mit Mulleinlage (Haemotamp). Posterisan®corte Salbe. Posterisan®corte Zäpfchen. Wirkstoff: Hydrocortisonacetat. Verschreibungspflichtig. Zus.: 1 g Salbe enthält 3,3 mg Hydrocortisonacetat (Ph. Eur.). Sonst. Bestandt.: Phenoxyethanol, gereinigtes Wasser, gelbes Vaselin und Wollwachs (enth. Butylhydroxy- toluol). 1 Zäpfchen enthält 3,3 mg Hydrocortisonacetat (Ph. Eur.). Sonst. Bestandt.: Hartfett, mittelkettige Triglyceride. Anw.: Akute, juckende, gerötete Analekzeme. Gegenanz.: Überempfindlichkeit gg. einen Bestandteil des Arzneimittels, spezifische Hautprozesse (z. B. Tuberkulose, Lues, Gonorrhoe) im Behandlungsbereich, Varizellen, Vakzinationsreaktionen, bakterielle Hautinfektionen, Mykosen, periorale Dermatitis, Rosacea; Säuglinge. Bei länger dauernder Anwendung in hoher Dosierung auf eine mögliche systemische Wirkung achten. Anwendung bei Kindern unter 12 Jahren nur unter strenger ärztlicher Aufsicht. Nebenw.: Allergische Hautreaktionen (allergische Follikulitiden, Lokalreaktion, Blutung, Brennen, Juckreiz, Trockenheit, Spannung im Analbereich); bei länger dauernder Anwendung Hautatrophien, Steroidakne, Teleangiektasien, Striae. Stand: 03/2011 Darreichungsformen und Packungsgrößen: Salbe: 25 g Salbe, 50 g Salbe, 100 g Salbe, 25 g Salbe mit Analdehner, Zäpfchen: 10 Zäpfchen, 20 Zäpfchen. Die proktologische Wunde „Heilung trotz Kontamination durch gute Durchblutung“ Sehr geehrte Frau Kollegin, sehr geehrter Herr Kollege, in dieser Ausgabe des Prokto-Journals fin- den Sie Vorträge vom „Hauptstadtkongress – Aktuelle Proktologie“. Der Dermatologe PD Dr. Gerhard Weyandt aus Würzburg geht unter anderem auf den Stellenwert korti- koidhaltiger Zubereitungen bei Erkrankun- gen in der Analregion ein. In diesem Areal entsteht leicht eine feuchte Kammer. Deshalb ist bei der Wahl von Kortikoiden der Wirkstoff einerseits und die Zubereitungsform andererseits besonders wichtig. Wegweisend ist der therapeutische Index (TIX) von Glucocorticoiden: Der Wert gibt das Verhältnis von erwünschten zu un- erwünschten Wirkungen eines topischen Kortikoids an. Je höher, umso günstiger ist das Verhältnis zugunsten der erwünschten Wirkungen. In der AWMF-Leitlinie „Topische Dermatotherapie mit Glucocorticoiden“ (2009) wurden u. a. Hydrocortison (HC) und Hydrocortisonbutyrat angegeben. Hydro- cortison, wie auch sein Acetat, ein Klasse I- Glucocorticoid, erhielt einen Wert von 1,0, HC-Butyrat (Klasse II) von 2,0. Das Acetat, der Wirkstoff in Posterisan ® corte, liegt näher bei Hydrocortison. Posterisan ® corte Salbe, eine Formulierung aus im Wesentlichen gelber Vaseline und Wollwachs, sollte bei akutem juckenden geröteten Analekzem zweimal täglich angewendet werden. Üblicherweise wird über eine Woche bis 10 Tage behandelt. Dasselbe gilt für die Zäpfchen. Eine syste- mische Resorption von niedrig dosiertem HC-Acetat aus Posterisan ® corte Salbe oder Zäpfchen spielt keine Rolle. Sie sind damit auf der sicheren Seite. Viel Spaß beim Lesen wünscht Ihnen Dr. Ronald Schlegelmilch Leiter Med. Wiss. DR. KADE Pharmazeutische Fabrik GmbH Proktogene Entleerungsstörungen Biofeedback wirkt, ist aber aufwendig Keinerlei Nebenwirkungen, nur „Papierkrieg mit den Kassen“ bringt die Biofeedback-The- rapie bei proktogenen Entleerungsstörungen. Sowohl die Patienten als auch der Therapeut müssen bei diesem Verfahren also gut moti- viert sein. Wie Dr. Johannes Jongen aus Kiel darlegte, können alle konservativen Verfahren zur The- rapie von „Verstopfungen“ nur dann greifen, wenn der Patient bei der Stuhlregulation kooperiert. „Wenn er weiter presst, helfen alle Maßnahmen nichts“, so die eindeutige Aus- sage des Experten. Speziell – aber nicht nur – bei Beckenboden- Dyssynergie stufte der Referent die Biofeed- back-Methode als sinnvoll ein, um die rektale Sensibilität zu trainieren. Gleichzeitig er- folgt ein Koordinations- und Evakuations- training. Die orale Therapie mit Füll- und Quellmitteln kann nur funktionieren, wenn genügend Flüs- sigkeit vorhanden ist, die gebunden werden kann, um das Volumen im Darm zu erhöhen. Gleitmittel wie Paraffinöl oder Glycerin stufte Jongen wegen des Schmiereffektes als un- günstig ein. Bei Laktulose resultieren häufig Blähungen und Durchfälle. Makrogole sind eine Option, ebenso wie Prokinetika. Stimulierende Laxantien zählen zum „gebräuchlichen Arsenal“, auch bei Suppositorien. Bei Klistieren stufte Jongen das Phosphat-Klysma aufgrund der salinisch- osmotischen Wirkung als günstig ein. Alle Umstellungsmaßnahmen dauern Wo- chen, bis sie greifen, betonte der Proktologe. Und sie gehen häufig zunächst mit vermehr- ten Beschwerden einher, worüber der Patient unbedingt zu informieren ist. EU-weit einmalig ist die anerkannte Zusatzbezeichnung „Proktologie“. In Deutschland haben bisher 1.021 Fachärzte diesen Zusatz erworben. Mit 108 Kompe- tenzzentren, die vom Berufsverband und 80, die von der Deutschen Gesellschaft für Ko- loproktologie zertifiziert sind, weist die Versorgungsqualität ein sehr hohes Niveau auf. Der Bedarf an chirurgisch tätigen Fachärzten wird steigen: Dr. Bernhard Strittmatter pro- gnostizierte als Vorsitzender des Berufsverbandes für 2015 eine Rate von rund 20 Prozent – einerseits begründet durch den altersbedingten Rückzug von Kollegen in den Ruhe- stand, andererseits durch die zunehmende Inzidenz von (End-)Darmerkrankungen. Der- zeit werden rund 1,7 Millionen Patienten jährlich allein wegen Hämorrhoidalleiden behandelt, davon 95 Prozent konservativ. Stationäre Aufenthalte zur Fistel- und Fissur- therapie schlagen mit etwas über 31.000 Fällen zu Buche.