Politikfeldanal yse I Finanzpolitik und Föderalismus Johannes Gutenberg-Universität Mainz Institut für Politikwissenschaft Hauptseminar: Die 1. und 2. Große Koalition im Vergleich Seminarleitung: Prof. Dr. Jürgen W. Falter Referenten: Thomas Bremser Marcel Hebeler Lars Koch
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Politikfeldanalyse I Finanzpolitik und Föderalismus Johannes Gutenberg-Universität Mainz Institut für Politikwissenschaft Hauptseminar: Die 1. und 2. Große.
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Politikfeldanalyse I
Finanzpolitik und Föderalismus
Johannes Gutenberg-Universität Mainz Institut für Politikwissenschaft Hauptseminar: Die 1. und 2. Große Koalition im Vergleich Seminarleitung: Prof. Dr. Jürgen W. Falter
Referenten:Thomas Bremser Marcel Hebeler Lars Koch
Gliederung1. Finanzpolitik der großen Koalition 1966-1969
1.1 Ausgangslage 1966
1.2 Gründe
1.3 „blanke(s) Entsetzen“
1.4 Zielsetzungen/Leitlinien
1.5 Maßnahmen
1.6 Abschlussbilanz
2. Finanzpolitik der aktuellen großen Koalition2.1 Ausgangslage 2005
2.2 Dilemma
2.3 Theorie
2.4 Zielsetzungen/Leitlinien
2.5 Maßnahmen
2.6 (Zwischen-) Bilanz
Gliederung
3. Finanzverfassungsreform 19693.1 Regierungserklärung von Kurt Georg Kiesinger
3.2 Gründe für die Reformbedürftigkeit
3.3 Änderungen des Grundgesetzes von 19693.3.1 Kompetenzverteilung
3.3.2 Änderung der Finanzverfassung
3.4 Gesetzgebungsverfahren
Gliederung
4. Föderalismusreform 20064.1 Ausgangslage4.2 Typen der Gesetzgebung vor der Reform
4.3 Die Gesetzgebung nach der Föderalismusreform 20064.3.1 Ausschließliche Gesetzgebung des Bundes4.3.2 Ausschließliche Gesetzgebung der Länder4.3.3 Konkurrierende Gesetzgebung 4.3.4 Rahmengesetzgebung 4.3.5 Gemeinschaftsaufgaben
5. Unterschiede/Gemeinsamkeiten der Föderalismusreformen6. Diskussionspunkte
1. Finanzpolitik der großen Koalition 1966-1969
1.1 Ausgangslage 1966
1964: - Einnahmenüberschuss von 5,5 Mrd. DM
1965: - Überschuss verbraucht + Defizit von 2 Mrd. DM
1966: - ausgeglichener Haushalt nur durch „Sicherungsgesetz“ zu erreichen- Prognose für 1967 Defizit von 6 Mrd. DM- Rückgang der Wachstumsrate des realen BIP- steigende Arbeitslosenzahlen
1. Finanzpolitik der großen Koalition 1966-1969
1.2 Gründe
„Dynamisierungs-Prinzip“ Ausgabensteigerung
Vielfalt der öffentlichen Aufgaben
überaltertes Haushaltsrecht („Reichshaushaltsordnung“ von 1922)
„eingeschränkte“ Bundesregierung
Kurzfristigkeit der Finanzplanung
1. Finanzpolitik der großen Koalition 1966-1969
1.3 „blanke(s) Entsetzen“ (Helmut Schmidt)
Haushaltsausgleich Wirtschaft ankurbelnvs.
„weniger Frage des Sachverstandes als des politischen Mutes“
dämpfende Wirkung Ausgabenkürzung und Steuererhöhung Hauptteil in Zeiten stärkeren Wirtschaftswachstums Maßnahmen dort wo negative Effekte am geringsten
Unternehmenssteuer und Sozialversicherungsbeiträge eher senken als erhöhen
generelle Erhöhung Einkommenssteuer nicht sinnvoll
Diskussionsanregung69 mahnten Sachverständige vor der Gefahr, den Gewinn schnell wieder zu verspielen, „die geschaffenen Instrumente machen allein noch keine stabilisierende Politik aus. “ (Spree, 1969)
Generaldebatte des Deutschen Bundestages zum Haushalt 2008
Die deutsche Wirtschaft ziehe die europäische Wirtschaft wieder "nach vorne", bilanzierte Merkel.
Jahresgutachten 2007/08 der „Wirtschaftsweisen“
„Wir werden das Erreichte nicht verspielen“, versicherte Angela Merkel dem Vorsitzenden des Sachverständigenrates, Bert Rürup, bei der Entgegennahme des Jahreswirtschaftsgutachtens
Wie sicher ist der Aufschwung, taugen die Maßnahmen zur Dauerhaftigkeit, oder wird das erreichte aus wahlkampfpolitischer Orientierung wieder verspielt?
3. Finanzverfassungsreform 1969
3.1 Regierungserklärung Kurt Georg Kiesinger 11. Dezember 1966
Es ist zu prüfen, ob Aufgabenverteilung des Grundgesetzes noch sachgerecht ist
Überprüfung im Rahmen der Reform der Finanzverfassung, welche die Regierung als eine der großen innenpolitischen Aufgaben ansehe
Zudem sei es nötig, durch einen kooperativen Föderalismus eine „gerechte und fruchtbare Ordnung“ zwischen Bund, Ländern und Gemeinden herzustellen
3. Finanzverfassungsreform 1969
3.2 Gründe für die Reformbedürftigkeit der Finanzverfassung
Unterschiedliche Entwicklung der Steuereinnahmen von Bund und Ländern
Bund begann aufgrund seiner Finanzstärke Länderaufgaben zu finanzieren
Hierfür keine verfassungsrechtliche Grundlage
Bund führte Länder an „Goldenen Zügeln“
3. Finanzverfassungsreform 1969
„Troeger-Kommission“ 1964-1966:
Expertenkommission, sollte Vorschläge für eine Reform der Finanzverfassung erarbeiten
Vorsitz: Heinrich Troeger, Vizepräsident der Bundesbank
Legte im Februar 1966 Gutachten vor
Vorschläge von der Großen Koalition ab Dezember 1966 weitgehend übernommen
3. Finanzverfassungsreform 1969
3.3 Grundgesetzesänderungen 19693.3.1 Kompetenzverteilung: Gemeinschaftsaufgaben Art 91a/b GG
Hochschulbau einschließlich Hochschulkliniken
Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur
Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes
Bund übernimmt jeweils Hälfte der Kosten
Voraussetzung: für Gesamtheit bedeutsam, Verbesserung der Lebensverhältnisse
Bildungsplanung
Förderung von Einrichtungen und Vorhaben der wissenschaftlichen Forschung von überregionaler Bedeutung
Freiwillige Kooperation
Finanzierung ist im Einzelfall zu klären
Artikel 91 a Grundgesetz: Artikel 91 b Grundgesetz:
3. Finanzverfassungsreform 1969
3.3.2 Reform der Finanzverfassung
„großer Steuerverbund“ (Art. 106 GG): Einkommensteuer, Körperschaftsteuer und Umsatzsteuer als gemeinsame Steuern von Bund und Ländern (und Gemeinden)
11.12.1968: 2/3-Mehrheit für Reformentwurf der Regierung
07.02.1969: keine 2/3-Mehrheit
Vermittlungsausschuss
20.03.1969: keine 2/3-Mehrheit für Vermittlungsergebnis
Vermittlungsausschuss
23.04.1969: Zustimmung mit 2/3-Mehrheit
09.05.1969: Zustimmung mit 2/3-Mehrheit
3. Finanzverfassungsreform 1969
4. Föderalismusreform 2006
„Die Unfähigkeit und Unwilligkeit der deutschen Politik, zwischen Bund, Ländern und Gemeinden Probleme zu lösen, ist furchtbar. Mir ist doch völlig egal, wer da zuständig ist – es muss einfach geregelt werden.“
4.1 Ausgangslage
„Politikverflechtungsfalle“
Mangel an Transparenz, Effizienz, finanzieller Solidarität und Europafähigkeit
Kommission 2003 scheiterte
Große Koalition brachte umfassende Grundgesetz-Änderungen durch
Seit 1. September 2006 in Kraft
4. Föderalismusreform 2006
4.2.1 Ausschließliche Gesetzgebung des Bundes (Art. 73GG)
Kein Mitspracherecht der Länder
Bsp.: auswärtige Angelegenheiten, Einwanderung, Währung, Luftverkehr, Post und Telekommunikation
4.2.2 Ausschließliche Gesetzgebung der Länder (Art. 70GG)
„Die Länder haben das Recht der Gesetzgebung, soweit dieses Grundgesetz nicht dem Bund Gesetzgebungsbefugnisse verleiht.“
Länder haben Befugnisse nur dann, wenn der Bund sie nicht wahrnimmt
„Der Bund hat in diesem Bereich das Gesetzgebungsrecht, wenn und soweit die Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse im Bundesgebiet oder die Wahrung der Rechts- oder Wirtschaftseinheit im gesamtstaatlichen Interesse eine bundesgesetzliche Regelung erforderlich macht.“
Bsp.: Strafvollzug, Versammlungsrecht, Waffenrecht, Förderung der Forschung
4.2 Typen der Gesetzgebung vor der Reform
4. Föderalismusreform 2006
4.2.4 Rahmengesetzgebung (Art. 75 GG)
Bund kann Rahmenvorschriften erlassen, die Länder mit eigenen Gesetzen ausfüllen
auch hier greift die Erforderlichkeitsklausel
Bsp.: Grundsätze des Hochschulwesens, Naturschutz, allgemeine Rechtsverhältnisse der Presse
4.2 Typen der Gesetzgebung vor der Reform
4. Föderalismusreform 2006
4.2.5 Gemeinschaftsaufgaben (Art. 91a/b GG)
Bund wirkt bei der Erfüllung der Aufgaben der Länder mit, wenn diese „für die Gesamtheit bedeutsam sind und die Mitwirkung des Bundes zur Verbesserung der Lebensverhältnisse erforderlich ist“
Bsp.: Aus- und Neubau von Hochschulen, Bildungsplanung, Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur
Bund ist zu finanzieller Unterstützung verpflichtet
4.2 Typen der Gesetzgebung vor der Reform
4. Föderalismusreform 2006
4.3.1 Ausschließliche Gesetzgebung des Bundes
mehr Kompetenzen auf Bund übertragen Bsp.: Kernenergie, Waffen- und Sprengstoffrecht, Melde- und
Ausweiswesen
4.3.2 Ausschließliche Gesetzgebung der Länder
mehr Kompetenzen, z.B. Strafvollzug, Ladenschluss, Gaststättenrecht, Großteil des Hochschulrechts, allg. Rechtsverhältnisse der Presse
stärkerer Einfluss der Landesparlamente, soll Wettbewerb fördern, kann aber auch zu Konfusionen sorgen (Rauchverbot)
4.3 Die Gesetzgebung nach der Föderalismusreform 2006
4. Föderalismusreform 2006
4.3.3 Konkurrierende GesetzgebungErweiterungen / neue Zuordnung in ausschließliche Kompetenzen
a) Kernkompetenzen: Erforderlichkeit ist stets zu bejahen, keine Prüfung Unterschied zu ausschließlicher Gesetzgebung:
Bund muss keine Regelungen treffen, dann Ländersache
b) Bedarfskompetenzen: Erforderlichkeitsprüfung notwendig Nur noch 11 statt 33 Bereiche
4.3 Die Gesetzgebung nach der Föderalismusreform 2006
4. Föderalismusreform 2006
4.3.3 Konkurrierende GesetzgebungErweiterungen / neue Zuordnung in ausschließliche Kompetenzen
c) Abweichungskompetenzen:
Länder dürfen in sechs Bereichen von den Gesetzen des Bundes abweichen (z.B. Umwelt, Hochschulrecht)
„Landesrecht bricht Bundesrecht“
das zeitlich letzte Gesetz muss angewendet werden (Bund erlässt Gesetz, Land ändert Gesetz, Bund novelliert Gesetz, Land muss wieder Abweichung beschließen => Gesetzes-Pingpong)
von schon bestehenden Gesetzen kann erst ab 2010 abgewichen werden
4.3 Die Gesetzgebung nach der Föderalismusreform 2006
4. Föderalismusreform 2006
4.3.4 Rahmengesetzgebung
wurde komplett abgeschafft, Kompetenzen verteilt
4.3.5 Gemeinschaftsaufgaben
wurde nicht abgeschafft, Länder wollten sich finanzielle Unterstützung sichern
Hochschulbau und Bildungsplanung gingen an Länder
Finanzielle Übergangsregelung ist im Grundgesetz verankert: Bund zahlt bis 2019 mit
Misstrauen der Länder erkennbar
4.3 Die Gesetzgebung nach der Föderalismusreform 2006
4. Föderalismusreform 2006
3. Föderalismusreform 2006
„Die Unfähigkeit und Unwilligkeit der deutschen Politik, zwischen Bund, Ländern und Gemeinden Probleme zu lösen, ist furchtbar. Mir ist doch völlig egal, wer da zuständig ist – es muss einfach geregelt werden.“
(Quelle: Der Spiegel Nr. 47, 19.11.2007, S. 44)
4. Föderalismusreform 2006
1969: finanzielle Neuordnung stand im Mittelpunkt, 2005: Fragen der Finanzverteilung erst in 2. Stufe
Politikverflechtung vs. Politikentflechtung
In beiden Fällen Beratungen in Kommissionen schon vor Bildung der Großen Koalition
5. Unterschiede/Gemeinsamkeiten der Föderalismusreformen
6. Diskussionspunkte
Folgen der Gemeinschaftsaufgaben? Folgen des Länderfinanzausgleichs? Ausgleich gerechtfertigt? Auswirkungen der Abweichungsgesetzgebung? Wurde durch die Reform 2006 eine Politikentflechtung erzielt? Ist eine grundlegende Neuordnung der Finanzverteilung überhaupt
möglich? (-> Föderalismusreform 2) Erleichtern große Koalitionen Reformen des Föderalismus?