This work has been digitalized and published in 2013 by Verlag Zeitschrift für Naturforschung in cooperation with the Max Planck Society for the Advancement of Science under a Creative Commons Attribution 4.0 International License. Dieses Werk wurde im Jahr 2013 vom Verlag Zeitschrift für Naturforschung in Zusammenarbeit mit der Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften e.V. digitalisiert und unter folgender Lizenz veröffentlicht: Creative Commons Namensnennung 4.0 Lizenz. Photoelektronenspektren und Moleküleigenschaften, LXIV 1 Dimethyldiselenid - ein Beispiel für die Wechselwirkung zwischen benachbarten Elektronenpaaren Photoelectron Spectra and Molecular Properties, LXIV Dimethyldiselenide - an Example for the Interaction between Adjacent Electron Pairs G ALINA T SCHMUTOWA u n d H ANS B OCK Universitäten Kazan/UdSSR und Frankfurt/Bundesrepublik Deutschland (Z. Naturforsch. 31b, 1616-1620 [1976]; eingegangen am 16. August 1976) Selenium Organic Compounds, Photoelectron Spectra, Electron Pair Interaction, Gas Phase Conformation The well-resolved helium(I) photoelectron spectrum of H 3 C-Se-Se-CH 3 exhibits distinct bands corresponding to 11 of the total 13 valence electron ionizations. The unequivocal assignment is supported by EHMO calculations including spin/orbit coupling. The two selenium lone pair ionizations differ by 0.23 eV; a split observed also for dimethyl disulfide and discussed within a general model for interactions between adjacent lone pairs. Wechselwirkungen zwischen benachbarten Elektronenpaaren Die Wechselwirkungen zwischen benachbarten Elektronenpaaren - aus vielerlei Gründen von In- teresse 2 - lassen sich mit Hilfe von Photoelektronen- Spektren verfolgen. So zeigen die beiden ersten Ionisierungsenergien von Disulfiden R-S-S-R, welche den Schwefel-Elektronenpaaren zuzuordnen sind, folgende Unterschiede: R-S -S-R IEI IE2 dlEi.a 0) (eV) (eV) (eV) (°) R=C(CH3 ) 3 3 8,17 8,82 0,65 --70 3 CH3 3 8,97 9,21 0,24 84,5 7 Br 4 - 5 9,60 9,85 0,27 83,58 H 3 ' 4 10,01 10,28 0,27 90,6 9 C14.5 10,1 10,3 0,2 84,8 10 F 4 .6 10,84 11,25 0,41 87,9 11 Sonderdruckanforderungen an Prof. Dr. H. BOCK, Institut für Anorganische Chemie II, Theodor-Stern- Kai 7, D-6000 Frankfurt (Main). Aus der unerwartet großen Differenz A IEi>2 für FSSF wird ersichtlich, daß außer sterisch erzwun- genen Öffnungen des Diederwinkels co z.B. in Di(£erf-butyl)-disulfid weitere Effekte zur optimalen Ladungsverteilung in den betreffenden Radikal- kation-Zuständen beitragen müssen. In MO-Model- len für benachbarte Elektronenpaare nx sind daher gegebenenfalls zu berücksichtigen: 1) für kleine Diederwinkel co eine zunehmende und der nx/nx-Aufspaltung entgegenwirkende „Spiro- konjugation" mit geeigneten Orbitalen der Sub- stituenten R : — / Tw L 2) für Diederwinkel a> nahe 90° die Mischung mit tiefer liegenden gleichsymmetrischen Orbitalen, insbesondere mit oxx: n>>
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Photoelektronenspektre n und Moleküleigenschaften , LXIV
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This work has been digitalized and published in 2013 by Verlag Zeitschrift für Naturforschung in cooperation with the Max Planck Society for the Advancement of Science under a Creative Commons Attribution4.0 International License.
Dieses Werk wurde im Jahr 2013 vom Verlag Zeitschrift für Naturforschungin Zusammenarbeit mit der Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung derWissenschaften e.V. digitalisiert und unter folgender Lizenz veröffentlicht:Creative Commons Namensnennung 4.0 Lizenz.
Photoelektronenspektren und Moleküleigenschaften, L X I V 1
Dimethyldiselenid - ein Beispiel für die Wechselwirkung zwischen benachbarten Elektronenpaaren
Photoelectron Spectra and Molecular Properties, L X I V Dimethyldiselenide - an Example for the Interaction between Adjacent Electron Pairs
G A L I N A T S C H M U T O W A u n d H A N S B O C K
Universitäten Kazan/UdSSR und Frankfurt/Bundesrepublik Deutschland
(Z. Naturforsch. 31b, 1616-1620 [1976]; eingegangen am 16. August 1976)
Selenium Organic Compounds, Photoelectron Spectra, Electron Pair Interaction, Gas Phase Conformation
The well-resolved helium(I) photoelectron spectrum of H3C-Se-Se-CH3 exhibits distinct bands corresponding to 1 1 of the total 13 valence electron ionizations. The unequivocal assignment is supported by EHMO calculations including spin/orbit coupling. The two selenium lone pair ionizations differ by 0.23 eV; a split observed also for dimethyl disulfide and discussed within a general model for interactions between adjacent lone pairs.
Wechselwirkungen zwischen benachbarten Elektronenpaaren
Die Wechselwirkungen zwischen benachbarten Elektronenpaaren - aus vielerlei Gründen von In-teresse 2 - lassen sich mit Hilfe von Photoelektronen-Spektren verfolgen. So zeigen die beiden ersten Ionisierungsenergien von Disulfiden R-S-S-R, welche den Schwefel-Elektronenpaaren zuzuordnen sind, folgende Unterschiede:
Sonderdruckanforderungen an Prof. Dr. H. BOCK, Institut für Anorganische Chemie II, Theodor-Stern-Kai 7, D-6000 Frankfurt (Main).
Aus der unerwartet großen Differenz A IEi>2 für FSSF wird ersichtlich, daß außer sterisch erzwun-genen Öffnungen des Diederwinkels co z.B. in Di(£erf-butyl)-disulfid weitere Effekte zur optimalen Ladungsverteilung in den betreffenden Radikal-kation-Zuständen beitragen müssen. In MO-Model-len für benachbarte Elektronenpaare nx sind daher gegebenenfalls zu berücksichtigen:
1) für kleine Diederwinkel co eine zunehmende und der nx/nx-Aufspaltung entgegenwirkende „Spiro-konjugation" mit geeigneten Orbitalen der Sub-stituenten R :
—
/ Tw L
2) für Diederwinkel a> nahe 90° die Mischung mit tiefer liegenden gleichsymmetrischen Orbitalen, insbesondere mit oxx:
n > >
1617 G. Tschmutowa-H. Bock • Photoelektronen-Spektren und Moleküleigenschaften
n ; ( o ) - ö , x ( ° )
n > ) - p ! ( b )
fö ^ J TT
n-(o) n*(b)
P,(«) PR+(b)
CT%
(3) Cfxx(Q)+n-(a)
P~(a) + n;ia) P j l b ) - n ^ ( b )
Ö " ( b l - < ( b )
Im Spezialfall starker Spin/Bahn-Kopplung sind die C2-Symmetrierassen a und b beide durch ei,2, die einzige irreduzible Darstellung in der Doppel-gruppe C2' zu ersetzen, und es können zusätzliche Wechselwirkungen 2. Ordnung auftreten12.
Um weitere spektroskopische Daten zur Über-prüfung vorstehender Modellvorstellungen zu er-halten, haben wir das PE-Spektrum von Dimethyl-diselenid aufgenommen.
Experimenteller Teil Dimethyldiselenid, hergestellt nach13 aus Di-
natriumdiselenid und Methyljodid in Ammoniak, wurde freundlicherweise von L. S O R O K I N A (Uni-versität Kazan, SSSR) zur Verfügung gestellt. Die Reinheit der Probe (Sdp7 = 63°C, 7iD20 = 1,6361) wurde durch das ^-NMR-Spektrum (Singulett bei r = 8,23 ppm), durch das PE-Spektrum (keine Änderung während 7 Stunden Verdampfung) sowie durch Elementaranalyse sichergestellt:
C2H6Se2 (187,99) Ber. C 12,77 H 3,23, Gef. C 12,79 H 3,22. Die EHMO-Rechnungen erfolgten mit einer
SPDF-Version, in der zusätzlich Spin/Bahn-Wech-selwirkung berücksichtigt werden kann14. Einge-geben wurden die bekannten Strukturdaten15
(dsese = 2,326 Ä , dcse = 1,954 Ä , d C H = 1,131, « CSeSe = 98,9°, « SeCH = 108,4°, co = 87,5°), die Se-Parameter16 (Hu(ns) = —20,83 eV, Hu(np) = — 10,79 eV; £=1,738) sowie die Spin/Bahn-Kopp-lungskonstante für Se®17 (Se(4p3) = 0,29).
Helium (I) PE-Spektrum von Dimethyldiselenid und Zuordnung
Die in Abb. 1 eingetragenen Werte IEn und — £ J E H M O h e f e r n DIE Regressionsgerade
— £j = 0,04 + 1,07 IEn (eV) (4)
Diese weist eine nur geringe Standardabweichung SE = 0,259 auf, und belegt, daß der Basissatz und insbesondere die Selen-Parameter (vgl. Exp. Teil) gut gewählt sind.
Qualitativ läßt sich das Dimethyldiselenid-PE-Spektrum aus dem von Dimethylselenid18 wie folgt ableiten:
- £ J (EV)
H s C ( C , v )
n"(bJ 6.56
8.79
12.0 __ — '
H ' C ( C 2 )
»L(b)
o s . J « )
ö ; c ( » )
ÖCH
(5)
1618 G. Tschmutowa-H. Bock • Photoelektronen-Spektren und Moleküleigenschaften
cps
Abb.
(a) (b) (a) (b) (a) (b,a,b,a) (b) (a)
. He(I) PE - Spektrum von H3C-Se-Se-CH3 (Eichmarken X E : 12,13 eV/13,44 eV und Ar: 15,7 6 e V/15,94 e V) rie Korrelation der vertikalen Ionisierungsenergien IE„ (eV) mit EHMO-Eigenwerten — £ J E H M 0 (eV).
Im MO-Bild sollte die Ionisierung nsen bei Entfer-nung einer H3C-Gruppe zum Fragment H3C-Se infolge geringerer hyperkonjugativer Destabilisie-rung erschwert werden (5: V ). Im Gegensatz dazu sollte das zweite Selen-Elektronenpaar-orbital nsea
wegen des Austausches von SeC- gegen SeSe-Bindungsanteil angehoben werden (5: fr). Anein-anderhängung der Bruckstücke H3C-Se- zu H3C-Se-Se-CH3 läßt dessen PE-Bandenmuster im niederenergischen Bereich (Abb. 1) verstehen: Auf die beiden Elektronenpaar-Ionisierungen, deren Aufspaltung nachstehend diskutiert wird, folgen das formal aus den beiden nsea gebildete SeSe-Bindungsorbital sowie die Kombinationen <Tgec und ogec- I m Bereich zwischen 13,5 eV und ~15eV schließen sich 4 Methylgruppen-Ionisierungen an, zuzuordnen unter der Annahme lokaler C3v-Sym-metrie überwiegend Kombinationen der ocH(e)-Orbitale und infolge Gerüsterweiterung CSeC —> CSeSeC induktiv angehoben. Zur Gesamtzahl von 13 Valenzionisierungen fehlen noch die 4 mit über-wiegendem ns-Charakter: Während die beiden mit größerem 2sc-Anteil erst im Helium(II)-Meßbereich
Diskussion der Aufspaltung dIEi,, Im Grundzustand von Dimethyldiselenid beträgt
der Diederwinkel co = 87,5° ± 4°1 5 ; übereinstim-mend ergeben EHMO-Rechnungen für gekreuzte Selen-Elektronenpaare ein Minimum der Gesamt-energie (Abb. 2). Erwartungsgemäß postulieren die Rechnungen für die eis-Konformation (co = 0°) eine höhere Rotationsbarriere als für trans (co=180°). Die Aufspaltung crgec/̂ SeC ist eis am größten, trans mischt CTsec(4b) stark mit dem obersten besetzten ocH(3b)-Orbital. Die nur geringe Wechselwirkung ftse/wse für co = 90° nimmt bei Verdrillung zu und bei co ~25° oder co ~155° erfolgt Sequenzumkehr nSe csese, teils unter Kreuzungsverbot der Leit-linien (Abb. 2). Hingewiesen sei darauf, daß n§e
und nicht gleichartig um einen gemeinsamen
1620 G. Tschmutowa-H. Bock • Photoelektronen-Spektren und Moleküleigenschaften
ergibt als wesentliche Unterschiede, daß die Diffe-renzen ZlIEi.a und zJIEi.s für H3C-Se-Se-CH3
kleiner sind. Ins MO-Bild (5) übertragen bedeutet dies, daß die Mischung der gleichsymmetrischen Orbitale 7is e(a)> crsese(a) und agec(a) größer ist und
1 63. Mitteilung: G . T S C H M U T O W A und H . B O C K , vor-stehend.
2 Vgl. z . B . D. B . B O Y D , J . Phys. Chem. 78, 1554 [1974], der allein für Disulfan 60 Literaturzitate anführt.
3 G . W A G N E B und H . B O C K , Chem. Ber. 107, 68 [1974]; vgl. auch H . B O C K und G . W A G N E R , Angew. Chem. 84, 1 19 [1972]; Int. Ed. 11, 150 [1972].
4 B . SOLOUKI und H . B O C K , Inorg. Chem., im Druck. 5 Vgl. auch R . J . COLTON und J . W . R A B E L A I S , J .
Electron Spectroscopy 3, 345 [1974]. 6 G . W A G N E R , H . B O C K , R . B U D E N Z u n d F . S E E L ,
Chem. Ber. 106, 1285 [1973]. 7 D . S U T T E R , H . D R E I Z L E R u n d H . D . R U D O L P H ,
Z. Naturforsch. 20a, 1676 [1965]. 8 E. H I R O T A , Bull. Chem. Soc. Jap. 31, 130 [1958]. 9 M . W I N N E W I S S E R und J . H A A S E , Z . Naturforsch.
23a, 56 [1968]. 1 0 B . B E A G L E Y , G . H . E C K E R S L E Y , D . P . B R O W N u n d
D. T O M B I N S O N , Trans. Faraday Soc. 65, 2300 [1969]. 1 1 R . L . K U C Z K O W S K I , J . Amer. Chem. Soc. 8 6 , 3 6 1 7
[ 1 9 6 4 ] ; sowie 8 5 , 3 0 4 7 [ 1 9 6 3 ] ; vgl. auch R , D . B R O W N und G . P . P E Z , Spectrochim. Acta 26a, 1 3 7 5 [ 1 9 7 0 ] .
zise(a) stärker als Wge(b) angehoben wird. Das ver-allgemeinerte qualitative Modell (3) vermag auch die anderen Effekte aus (1) zu erfassen: so ist in FSSF4-6 die Differenz A IEi.s = 2,10 eV um mehr als 1,5 eV größer als A IE2.4 = 3,86 eV und trotz eines Diederwinkels co von nur 88° erreicht die «s/ng-Aufspaltung den Betrag A IEi,2 = 0,41 eV.
Die Arbeit wurde vom Fonds der Chemischen Industrie und insbesondere durch ein Stipendium des Deutschen Akademischen Austauschdienstes für G. T S C H M U T O W A gefördert.
1 2 V g l . z . B . K . W I T T E L , H . B O C K u n d R . M A N N E , Tetrahedron 30, 651 [1974]; sowie angeführte Lite-ratur.
1 3 W . H . G R E E N und A. B. H A R V E Y , J. Chem. Phys. 49, 3586 [1968].
14 Freundlicherweise zur Verfügung gestellt von K . W I T T E L , Universität Frankfurt, vgl. Diss. K . W I T -TEL, Frankfurt 1974 oder z.B. 1 2 .
1 5 P . D . A N T O N I O , C . G E O R G E , A . H . L O W R E Y u n d J. K A R L E , J. Chem. Phys. 55, 1071 [1971].
16 Vgl. Diss. A. A. K A R E L O W , Universität Kazan 1973. 17 K . W I T T E L und R . M A N N E , Theor. Chim. Acta 33,
347 [1974]. 18 S. C R A D O C K und R . W H I T E F O R D , J. Chem. Soc.
Faraday II 1972, 281. 1 9 G . T S C H M U T O W A und H . B O C K , unveröffentlichte
Ergebnisse. 2 0 F . H . K R U S E , R . E . M A R S H u n d J . D . M C C U L L O U G H ,
Acta Crystallogr. 10, 201 [1957]. 2 1 S . G . V U L F ' S O N , L . A . SOROKINA , L . M . IVATAJEWA
unci A. N. VERESCHTSCHAGIN , Dokl. Akad. Nauk S S S R 216, 837 [1974],