Weiterbildung Wundmanager 2010 Projektarbeit Phasengerechte lokale Wundbehandlung Grundlage für eine Weiterbildung für diplomiertes Pflegepersonal Gabriela Schöberl-Bahn Sistrans, August 2010
Weiterbildung Wundmanager 2010
Projektarbeit
Phasengerechte lokale Wundbehandlung
Grundlage für eine Weiterbildung für diplomiertes Pflegepersonal
Gabriela Schöberl-Bahn
Sistrans, August 2010
Phasengerechte lokale Wundtherapie Gabriela Schöberl-Bahn
I
Vorwort
Im Pflegealltag sind es meist die Pflegekräfte, die sich mit einer Wunde und dem
schier unüberschaubarem Angebot an Verbandsmaterialien konfrontiert sehen.
Mangel an zeitgemäßem Fachwissen in der modernen Wundversorgung führt dazu,
dass oft auf altbewährte Mittel zurückgegriffen wird.
Mit meiner Arbeit versuche ich eine Orientierungshilfe im großen Gebiet der lokalen
Wundtherapeutika für den Anwender zu erstellen. Wichtig dabei ist mir allerdings, die
lokale Wundtherapie als eine wichtige Säule des modernen Wundmanagements zu
verstehen. Eine Wunde ist nur ein Symptom. Es gibt immer eine Ursache, die zuerst
diagnostiziert und behandelt werden muss. Neben der phasengerechten
Wundbehandlung sind Begleittherapien wie Schmerztherapie, Druckentlastung,
Kompression und Ernährung von großer Bedeutung. Moderne Wundversorgung ist
eine interprofessionelle Aufgabe, die eine hohe fachliche Kompetenz braucht.
Die folgende Arbeit dient mir als Grundlage für eine Schulung für diplomiertes
Pflegepersonal in der lokalen, phasengerechten Wundversorgung. Lernziele hierfür
sind:
- Verständnis entwickeln für die Komplexität der Wundversorgung
- Vermitteln der Phasen der normalen Wundheilung
- Komplikationen der Wundheilung
- Phasengerechte Wundversorgung mit geeigneten Wundtherapeutika
Als roten Faden verwende ich Farben aus der Farbskala der Wundzustände für die
verschiedenen Phasen der Wundheilung, deren Komplikationen und dem adäquaten
Verbandsmaterial. Als grundlegende Orientierungshilfe, ebenfalls den Farben
zugeordnet, dient die Wundtafel von Dold. Diese kann im Pflegealltag in der
Kitteltasche oder am Verbandsschrank ein Stück Sicherheit geben.
Phasengerechte lokale Wundtherapie Gabriela Schöberl-Bahn
II
Inhaltsverzeichnis
1 EINLEITUNG 1
2 PHASEN DER WUNDHEILUNG 2
2.1 Farbskala der Wundheilung 2
2.2 Physiologische Wundheilung 2
2.2.1 Exsudative/Inflammatorische Phase 2
2.2.2 Granulations- oder Proliferationsphase 3
2.2.3 Regenerations- oder Epithelisierungsphase 4
3 KOMPLIKATIONEN DER WUNDHEILUNG 6
3.1 Infektionen 6
3.1.1 Kontamination 6
3.1.2 Kolonisation 6
3.1.3 Kritische Kolonisation 6
3.1.4 Infektion 6
3.2 Nekrosen 7
3.3 Fibrinbeläge 9
4 PHASENGERECHTE WUNDVERSORGUNG 10
4.1 Wundreinigung 10
4.2 Débridement 11
4.3 Geeigneter Wundverband 11
4.4 Verbandstoffgruppen 13
4.4.1 Folien 14
4.4.2 Hydrokolloide 15
4.4.3 Alginate (Wundfüller) 16
4.4.4 Hydrogele 17
4.4.5 Hydrofaser 18
4.4.6 Polyacrylatkissen 19
4.4.7 Superabsorber 19
Phasengerechte lokale Wundtherapie Gabriela Schöberl-Bahn
III
4.4.8 Schaumstoffe 20
4.4.9 Silberverbände 22
4.4.10 Wundgaze 24
4.4.11 Spezielle Wundauflagen 26
4.4.12 Medizinischer Honig 27
4.4.13 Kollagene 27
4.4.14 Wundrandschutz 28
5 WUNDTAFEL NACH DOLD 29
6 ZUSAMMENFASSUNG 30
LITERATURVERZEICHNIS 31
ANHANG 32
Phasengerechte lokale Wundtherapie Gabriela Schöberl-Bahn
1
1 Einleitung
Voraussetzung für den Beginn einer Wundbehandlung sind erfolgte Wundanalyse
und Wunddiagnostik und die damit verbundenen ursachenbehebenden und
wundheilungsfördernden Maßnahmen.
Eine phasengerechte Lokaltherapie hilft bei der gezielten Auswahl der
Wundtherapeutika und richtet sich nach dem Erscheinungsbild der Wunde.
Entscheidend ist, dass der Behandlungsprozess immer zuerst mit der
„Wundreinigung“ im Sinne von Débridement und Infektsanierung beginnt und erst
danach einer Förderung der Wundheilung durch moderne Lokaltherapeutika erfolgen
kann.
Daher bestimmen Störfaktoren der Wundheilung:
- Infekt
- Nekrose
- Fibrinbelag
die Auswahl der Wundtherapeutika . Sie müssen stets zuerst behandelt werden. Es
handelt sich hierbei um Komplikationen, die sich als Störfaktoren für die Wundheilung
auswirken. Erst, wenn sie beseitigt sind, kann eine Wundheilung stattfinden!
Vgl.: G.Voggenreiter/C.Dold: Wundtherapie, 2009
Phasengerechte lokale Wundtherapie Gabriela Schöberl-Bahn
2
2 Phasen der Wundheilung
2.1 Farbskala der Wundheilung
Den Phasen der Wundheilung können Farben zugeordnet werden, um
Therapieschemata einfacher erstellen zu können.
Abb.1: G.Voggenreiter/C.Dold: Wundtherapie, 2009, S.65, Abb. 5.1
2.2 Physiologische Wundheilung
Die Wundheilung verläuft in 3 sich überschneidenden Phasen ab:
2.2.1 Exsudative/Inflammatorische Phase
Die Exsudative/Inflammatorische Phase beginnt mit dem Zeitpunkt der Verletzung
und dauert physiologisch etwa 3 Tage. In dieser Phase findet eine Selbstreinigung
der Wunde statt. Die Reinigungsphase beinhaltet die Blutstillung sowie einen Ablauf
komplexer immunologischer Prozesse, die als Entzündungsreaktion und
Infektabwehr zusammengefasst werden können:
- Entzündungszeichen ( Rötung, Überwärmung, Schmerz, Schwellung und
ggf. Funktionseinschränkung)
- erhöhte Wundsekretion
Anforderungen an den Wundverband in der Reinigungsphase:
- Entsprechende Saugfähigkeit abhängig von der Exsudationsmenge
- es darf keine feuchte Kammer entstehen
- Mazeration soll vermieden werden
- die Wundoberfläche soll feucht gehalten werden
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3
- Unterstützung der Wundreinigung
- Aufnahme von Bakterien und Abfallprodukten, Schutz vor
Sekundärinfektionen
- Verbandswechselintervalle flexibel in Abhängigkeit von der
Exsudationsmenge
Mögliche Wundverbände:
- Hydrofaserverband z. B. Aquacel
- Hydropolymerverband = Schaumstoffe
2.2.2 Granulations- oder Proliferationsphase
Abb.2: K.Protz: Moderne Wundversorgung, 2009, S.35
Substanzverluste werden durch neu entstehendes Gewebe aufgefüllt. Liegt eine
granulierende Wunde vor, die frei von Infektionen und Belägen ist, hat diese eine
kräftig rote Farbe und eine feinkörnige Struktur. Meist exsudiert die Wunde eher
wenig. Die neuen Kapillaren sind noch sehr empfindlich.
Die Granulationsphase beginnt frühestens ab dem 2. Tag und dauert bis zu 14 Tage.
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4
Anforderungen an den Wundverband in der Granulations-/Proliferationsphase:
- Schaffung und Erhaltung eines idealfeuchten Wundmilieus
- Die Wunde sollte weder zu nass (führt zu einer Mazeration) noch zu
trocken (führt meist zur Bildung von Belägen, behindern die
Epithelisation) sein.
- Atmungsaktiv, bakterien- und wasserdicht
- Wundruhe muss möglich sein: d.h. die Auflage soll mindestens 3 Tage
liegen bleiben
- nicht mit dem Wundgrund verkleben
- Kontaminationsschutz
Mögliche Wundverbände:
- Alginate ( mäßige Exsudation )
- Hydrofasern ( starke Exsudation)
- Hydropolymerverbände ( sehr starke Exsudation )
2.2.3 Regenerations- oder Epithelisierungsphase
Abb.2: K.Protz: Moderne Wundversorgung, 2009, S.36
Phasengerechte lokale Wundtherapie Gabriela Schöberl-Bahn
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Die Epithelisierung ist der letzte Schritt in der Wundheilung. Beginnt bei akuten
Wunden ab dem 4. Tag bis zu 21 Tagen. Eine saubere, epithelisierende Wunde heilt
in der Regel rasch vollständig zu, wenn man ihr die richtigen Bedingungen schafft.
Das heißt:
- die Wunde muss frei von Nekrosen und Belägen sein (mechanische
Behinderung der Epithelisierung, Infektionsrisiko)
- die Wunde braucht ein idealfeuchtes, warmes Milieu (Wundheilung findet
ab 28° C statt!)
- die Wunde braucht Ruhe – lange Verbandswechselintervalle
- Schutz vor äußeren Einflüssen
Mögliche Wundverbände:
- Hydrokolloide
- dünne Schaumstoffplatten
- Folien
Bei chronischen Wunden dauern die unterschiedlichen Phasen wesentlich länger.
Sie können Wochen, Monate, bis zu Jahren dauern. Innerhalb dieser Phasen treten
unterschiedliche Wundzustände auf: Nekrosen, infizierte Wunden, belegte Wunden.
Grundsätzlich gilt es, zuerst die Ursache der Wundheilungsstörung zu beheben,
bevor ein Heilungsprozess initiiert werden kann. Hierbei ist im Rahmen der
Wunddiagnostik /Wundbeurteilung u.a. die möglichen systemischen und lokalen
Störungsfaktoren der Wundheilung zu berücksichtigen. (s. Anhang)
Vgl.: G.Voggenreiter/C.Dold: Wundtherapie, 2009
M.Hintner Skriptum: Wundheilung, 2010
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3 Komplikationen der Wundheilung
3.1 Infektionen
Klassifikationen nach Infektionsgrad:
3.1.1 Kontamination
- Nachweis einzelner Keime
- bakterielles Gleichgewicht
KEINE ANTISEPTISCHE THERAPIE (außer bei MRE = multiresistente Erregern)
3.1.2 Kolonisation
- Nachweis einer Keimvermehrung
- bakterielles Gleichgewicht
KEINE ANTISEPTISCHE THERAPIE (außer bei MRE = multiresistente Erregern)
3.1.3 Kritische Kolonisation
- Bakterielles Ungleichgewicht
- keine typischen Infektzeichen, aber durch Toxinabgabe verzögerte
Wundheilung
LOKALE ANTIINFEKTIVA (z.B. silberhaltige Wundauflage)
ANTISEPTIKUM zur Wundreinigung
3.1.4 Infektion
- Bakterielles Ungleichgewicht
- >10 hoch 5Mikroorganismen/ g Gewebe
- lokale und/ oder systemische Zeichen
ANTISEPTIKUM zur Wundreinigung
SYSTEMISCHE ANTIBIOTIKA
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Eine infizierte Wunde erkennt man durch eine Wundinspektion. Bei jedem
Verbandswechsel sollte die Wunde auf klinische Infektionszeichen inspiziert werden
und wenn nötig ein Wundabstrich durchgeführt werden.
Vgl: M. Hintner: Skriptum “Wundheilung“, 2010
3.2 Nekrosen
Nekrosen sind avitales Gewebe und gelten deshalb als Störfaktoren für die
Wundheilung. Sie fördern Bakterienwachstum und unterbinden die Granulation. Sie
verhindern die Inspektion des Wundgrundes und damit ein frühzeitiges Erkennen
einer Infektion. Die Beschaffenheit von Nekrosen variiert von trocken bis feucht.
Dabei treten farblich Variationen von schwarz über braun, grünlich bis gelb auf.
2 Arten von Nekrosen:
- Feuchte Nekrosen
- Trockene Nekrosen
Feuchte Nekrosen:
Abb.3: K.Protz: Moderne Wundversorgung, 2009, S.33
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Eine feuchte Nekrose muss debridiert werden (Débridement = Wundtoilette/
Wundsäuberung). (s. Anhang)
Sie zeigt sich als grauer Belag auf der Wunde, oftmals kombiniert mit Fibrinbelag.
Für das Débridement eignen sich die folgenden Verfahren:
- chirurgisches Débridement (Scharfer Löffel, Skalpell)
- autolytisch (feuchte Wundbehandlung, Hydrogeltherapie)
- biochirurgisch (Fliegenlarven)
Trockene Nekrosen:
Abb.3: K.Protz, Moderne Wundversorgung, 2009, S.33
CAVE:
Trockene Nekrosen bei einer arteriellen Durchblutungsstörung (pAVK) sind erst im
Anschluss an eine erfolgreiche Revaskularisation (Gefäßbypass oder -dilatation) zu
entfernen. Sie dürfen keinesfalls vor einem solchen Eingriff angeweicht werden. Bis
dahin sind nur trockene Verbandswechsel durchzuführen!
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3.3 Fibrinbeläge
Abb.4: K.Protz: Moderne Wundversorgung, 2009, S.35
Fibrinbeläge können sowohl bei feuchten als auch bei trockenen Wundverhältnissen
vorkommen. Sie können auch den Abheilungsprozess behindern. Insbesondere auf
chronischen Wunden kommt es aufgrund eines beständigen Reizes (z.B. durch be-
gleitende Entzündungsreaktionen) oft zu übermäßiger Fibrinbildung, die zu
Wundheilungsstörungen führt und entfernt werden muss. Die Konsistenz ist von
weicher bis zäher Struktur, die Farbe variiert von hellgelb bis leicht bräunlich, meist
ohne Geruch.
Für das Débridement eignen sich folgende Verfahren:
- Autolytisches Débridement bei trockenen Fibrinbelägen
- Chirurgisches Débridement
- Biochirurgisches Débridement
Vgl.: G.Voggenreiter/C.Dold: Wundtherapie, 2009
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10
4 Phasengerechte Wundversorgung
Was ist phasengerechte Wundversorgung?
Unter Berücksichtigung der physiologischen und pathophysiologischen Abläufe im
Körper eine weitgehend schmerzfreie, für den Patienten akzeptable und unter
Nutzung von geeigneten Wundauflagen und dadurch idealfeuchtem Wundmilieu eine
rasche Wundheilung herbeizuführen.
4.1 Wundreinigung
Jede Wunde muss bei jedem Verbandswechsel gereinigt werden. Nur eine saubere
Wunde kann heilen!
Ziele der Wundreinigung:
- Ausspülen von Nekrosepartikeln
- Entfernen von Exsudat
- Lösen von Belägen
- Wundbeurteilung nur nach Reinigung möglich
Durchführung:
- Aseptische Bedingungen
- NON TOUCH TECHNIK
- Lösungen sollten Körpertemperatur oder mindestens Raumtemperatur
aufweisen: Wundheilung ab 28° C!
- Desinfektion bei kolonisierten oder infizierten Wunden
Geeignete Reinigungslösungen:
- NaCl 0,9%
- Ringerlösung
Geeignete Antiseptika:
- PVP Jod - Betaisodona
- Octenidinhydrochlorid – Octenisept
- Polihexanid – Prontosan, Lavasept (s.Anhang)
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4.2 Débridement
Bei einer chronischen Wunde wird die Reinigungsphase mittels Débridement (Wund-
toilette, Wundsäuberung) unterstützt, um Nekrosen und Fibrinbeläge zu entfernen.
Möglichkeiten des Débridements:
- Mechanisches Débridement
- Chirurgisches Débridement
- Autolytisches Débridement
- Enzymatisches Débridement
- Biologisches Débridement (s.Anhang)
Wenn kein Débridement durchgeführt wird:
- Nährboden für Bakterien
- Dauerhafte Entzündung
- Beeinträchtigte Wiederherstellung
- Schlechte Wundbeurteilung
- Gefahr von Nekrotoxinen
Vgl.: H. Schlögl: Wundmanagement, 2010
4.3 Geeigneter Wundverband
Anforderung an einen modernen Wundverband:
- einfach anwendbar
- gutes Exsudatmanagement
- Umgebungshaut schützend
- Kontaminationsschutz von außen
- dampfdurchlässig
- gutes Preis- Wirksamkeitsverhältnis
- hypoallergen
- keimreduzierend
- schmerzlindernd
- geruchsmindernd
- gut haftend
- leicht zu entfernen
- kombinierbar mit anderen Produkten
- konstante Temperatur haltend
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Ziele der modernen Wundbehandlung:
- Lebensqualität steigern
- Verbandswechselhäufigkeit senken (2 – 3/ Wochen)
- Therapeutischen Aufwand senken
- Unabhängigkeit des Patienten fördern
- Gesamttherapiekosten senken (5 – 20 %)
- Wundverschlusszeit deutlich kürzen
Grundsätzliches in der Auswahl der Verbandstoffe:
a) Trockene Wundversorgung:
- zur Versorgung der Wunde im Rahmen der Ersten Hilfe
- Versorgung von primär heilender, mit Naht verschlossener Wunde
- Versorgung von Wunden durch Zugänge und Ableitungen (z.B. PEG,
Port, ZVK)
- zur Aufnahme von Sickerblutungen
- als Schutz vor Infekt
- Endständige Nekrosen
b) Feuchte Wundversorgung:
- prinzipiell alle chronischen Wunden
- Dekubitus
- Ulcus cruris
- Diabetischer Fuß
- Hautentnahmestellen
- Verbrennungen
- Exulcerierende Tumore
- Hauttransplantate
Prinzipien der feuchten Wundheilung:
- Durch die Schaffung eines feuchten Wundmilieus funktionieren
autolytische Prozesse besser und die Zellaktivität wird gefördert, dies
ermöglicht die Neubildung von Gefäßen und Kollagenfasern
- Eine trockene Wunde ist eine tote Wunde
- zu feuchte Wunden abdrainieren
- zu trockene Wunden rehydrieren
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Vorteile der feuchten Wundbehandlung:
- kein traumatischer Verbandswechsel
- bessere und schnellere Autolyse
- Reduktion des Wundschmerzes
- Aktivitäten der Zellen werden gefördert
- schnellerer Heilungsverlauf
- Senkung der Behandlungskosten
Vgl. H.Schlögl: Skriptum“Verbandstofflehre“2010
4.4 Verbandstoffgruppen
- Folien
- Hydrokolloide
- Alginate
- Hydrogele
- Hydrofaser
- Polyacrylatkissen
- Superabsorber
- Schaumstoffe
- Silberverbände
- Wundgazen
- Spezielle Wundauflagen
- Honig
- Kollagen
- Wundrandschutz
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4.4.1 Folien
Aufbau: einschichtiges Polyurethan mit Polyacrylatklebefläche
Eigenschaften:
- semipermeabel,
- transparent
- bakteriendicht
Anwendung:
- Schutz in der Epithelisierungsphase
- Sekundärverband bei Wundfüllern, VAC Therapie
- Schutz vor Scherkräften
- Zur zusätzlichen Fixierung anderer Verbände
- Tragedauer: bis zu 7 Tagen
CAVE:
Folien zur Kanülen- oder Katheterfixierung sind nicht für die feuchte Wundheilung
geeignet.
Beachte MVTR Werte = Wasserdampfdurchlässigkeitswert (Wert für die
Atmungsaktivität eines Verbandsstoffes):
- Okklusion < 500g/m2/24h
- Semiokklusion > 500g/m2/24h
z.B.
Katheterfolie IV 3000 TM Wundfolie
Trocken Opsite/ Flexigrid
10537g H2O/m2/24h
800g H2O/m2/24h
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4.4.2 Hydrokolloide
Aufbau:
hydrophobe Komponente
- unlöslicher Bestandteil -Polymergerüst
hydrophile Komponente
- Gelatine, Pektin, Carboxymethylzellulose werden bei Kontakt mit
Flüssigkeit in ein Gel umgewandelt
Eigenschaften:
Sehr dichter Verband – okklusiv
Durch Sauerstoffmangel Anregung von Makrophagen => Wachstumsfaktoren
werden angelockt => Einsprießen von Kapillaren. Senken den pH-Wert.
Anwendung:
- Oberflächliche Wunden
- Schwach exsudierende Wunden
- Schutz für frisches Epithel
- Sekundärverband für Wundfüller
- Wundrandschutz für Stomas und VAC
CAVE:
Nicht verwenden bei infizierten Wunden!
Nicht bei freiliegenden Knochen und Sehen!
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4.4.3 Alginate (Wundfüller)
Aufbau:
- aus Braunalgen extrahierte Alginsäure wird zu einem fasrigen Vlies
verwoben
Eigenschaften:
- können bis zum 20-fachen ihres Eigengewichtes aufnehmen
- Calzium-Ionen des Alginats ziehen Natrium Ionen aus der Wunde – das
bewirkt – Aufquellen des Verbandes
- Umwandlung in einen Gelkörper
- Keime und Zelltrümmer werden aufgenommen
- können pH-Wert senken – keimwidrig
- leicht blutstillend
- Nicht über den Wundrand legen - Mazerationsgefahr!
- Kann geformt, tamponiert, zugeschnitten werden
Anwendung:
- Kalziumalginate sind besonders bei granulierenden Wunden mit mäßiger
bis mittel-starker Exsudation (wie z.B. Dekubitalulcera oder Platzbauch)
geeignet.
- Sie sind insbesondere bei tiefen Wundhöhlen indiziert, da sich die
Alginattamponaden den Wundegegebenheiten ausgezeichnet anpassen.
- Alginatkompressen werden zunehmend seltener bei oberflächlichen,
granulieren-den Wunden eingesetzt, da sie inzwischen meist durch
Schaumstoffverbände ersetzt werden.
- Alginatkompressen sind geeignet für Spalthautentnahmestellen, da hier
ihre hämostyptische Wirkung von großem Vorteil ist.
- optimaler Wundfüller besonders in der Reinigungsphase
- oberflächliche Wunden- Auflagen
- tiefe Wunden – Tamponaden
Präparate:
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- z.B. Algesite M, SeaSorb Soft, etc.
Tragedauer:
- idealerweise bis zu 3 Tagen
4.4.4 Hydrogele
Aufbau:
- Gel aus Zellulose, Kochsalzlösungen, Propylenglykol, Alginate,
Polyacrylate
- Feuchtigkeitsgehalt 50 - 95
- Eigenschaften:
- Quellfähigkeit, feucht, durchsichtig
- Autolytisches Débridement
- Zelltrümmer und Exsudat werden aufgenommen
- Gibt es auch mit desinfizierender Wirkung
Anwendung:
- Hydrogel sind indiziert bei sekundär heilenden Wunden jeglicher
Ursache (Dekubiti, Ulcera, traumatisch bedingte Wunden, thermische
Wunden usw.)
- Sie sind in jeder Phase der Wundheilung einsetzbar.
- Hydrogele sind besonders für schwach exsudierende Wunden mit
Fibrinbelag oder feuchten Nekrosen geeignet.
- Sie können, in Kombination mit silberhaltigen Wundauflagen, auch bei
infizierten Wunden eingesetzt werden.
- zum Anfeuchten trockener Wunden
- zum Lösen von Belägen und Nekrosen
- ca. 0,5 cm dick auftragen
- Sekundärverband nötig
Tragedauer:
- 1-3 Tage
Präparate:
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Nu-Gel Hydrogel mit antiseptischer Wirkung
- zum Befeuchten trockener Wunden ( Prontosangel, Octenillingel)
- zum autolytischen Débridement - Schutz vor Keimen
- Hydrogel mit Alginat kann über- - Zur Befeuchtung, Dekontamination
schüssiges Exsudat binden und Reinigung
- kann Fibrinbeläge u. Fibrosen lösen - Verhindern Bakterienwachstum
- kann bis zu 3 Tage auf der Wunde - 6 Wo Haltbarkeit nach Anbruch
bleiben - farblos und geruchsabsorbierend
- nicht reizend, nicht sensibilisierend
schmerzfrei
- keine Gewebetoxizität
4.4.5 Hydrofaser
Aufbau:
- Natriumcarboxymethylzellulose wird zu einer Matrix verwoben
Eigenschaften:
- sehr hohe Flüssigkeitsaufnahme
- vertikale Saugkraft
- wird in Gelkissen umgewandelt
Anwendung:
- bei starker Exsudation (v.a. tiefe, zerklüftete Wunden)
- Wunden in der Reinigungsphase
- als Wundrandschutz
- als Wundfüller
Tragedauer:
- idealerweise 3 Tage bis maximal 7 Tage
Präparat:
- Aquacel
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4.4.6 Polyacrylatkissen
Aufbau:
- kissenförmiger Saugkörper mit superabsorbierendem Polyacrylat
- wird mit Ringerlösung aktiviert
- Eigenschaften:
- Wundspül- Saugdrainage
- gibt kontinuierlich Ringerlösung ab
- Wundexsudat wird aufgenommen
- unterstützt die autolytische Wundreinigung (= „Wundwaschmaschine“)
Anwendung:
- zum Lösen von Fibrinbelägen, Nekrosen, Krusten
- Wunden in der Reinigungsphase oder zu Beginn der Granulationsphase
- infektgefährdete und infizierte Wunden
Tragedauer:
- 12h oder 24h abhängig vom Präparat
Präparat:
- TenderWet
CAVE:
Wegen Mazerationsgefahr unbedingt Wundrandschutz
4.4.7 Superabsorber
Aufbau:
- Saugkissen aus Zellulose und superabsorbierendem Kunstoffgranulat
Eigenschaften:
- nimmt Exsudat auf und schließt es ein, auch unter Druck verhindert
dadurch Mazeration
- Geruchsminderung
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- kann bis zu 1000-fachem des Eigengewichtes aufnehmen
- unterstützt die Heilung des defekten Wundrandes
Anwendung:
- mäßig bis stark sezernierende Wunden
- auch unter Kompression anwendbar
Tragedauer:
- 1 bis mehrere Tage
Präparat:
- Sorbion Sachet S
4.4.8 Schaumstoffe
a) offenporige Schaumstoffe
Aufbau:
- Polyurethanmatrix bestehend aus großen Poren
- zur Wundseite keine Beschichtung
Eigenschaften:
- Große Poren führen zur Einsprossung von Kapillaren – erwünschter
Effekt
- Verband verklebt mit der Wunde
- beim Abnehmen – Blutung, ideale Fläche für Hauttransplantationen
- hohes Exsudataufnahmevermögen
Anwendung:
- Vorbereitungen von Hauttransplantationen
- VAC-Therapie
- Polstermaterial für exponierte Stellen
Tragedauer:
- 1 – 3 Tage
Präparat:
- z.B. VAC Schaumstoffe, Ligasano
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b) feinporige Schaumstoffe:
Aufbau:
- Polyurethan mit unterschiedlichen Porengrößen
- Abdeckung mit Polyurethanfolie mit oder ohne Kleberand
Eigenschaften:
- geringe Verklebungsneigung mit der Wunde
- gutes bis sehr gutes Saugvermögen – abhängig von der
Schaumstoffdicke
- semiokklusiv – schaffen optimales Feuchtigkeitsmilieu
- thermische Isolation
- leichter Polstereffekt
Anwendung:
- bei mäßiger bis starker Exsudation
- für alle Wundphasen geeignet
- Spalthautentnahmestellen
- für alle chronischen Wunden geeignet
Tragedauer:
- bis zu 7 Tage (Minimum 3 Tage)
c) Schaumstoffe mit Silikonhaftbasis (für empfindliche Haut)
Eigenschaften:
- Wundkontaktfläche und Klebefläche sind mit Silikongel beschichtet
Anwendung:
- bei empfindlicher Wundumgebung
- bei Kleberallergien
- Sekundärverband ist nicht erforderlich
- schmerzfreier Verbandwechsel
- längere Verweildauer: kleben gut – lösen sich gut – kleben dann wieder
gut
- auch zum Hineinschauen geeignet
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d) Biatain Ibu
Anwendung:
- wird bei stark schmerzenden Wunden – vor allem bei PAVK -
angewendet
- 0,5 mg Ibuprofen pro cm2 Schaumstoff – Wunde muss feucht sein oder
befeuchtet werden, damit Ibuprofen abgegeben werden kann (mit NaCl
0,9 )
- wird lokal in die Wunde abgegeben
Wirkdauer:
- bis zu 7 Tage
Eigenschaften:
- nicht haftender Schaumstoffverband
- kann bis zu 7 Tage auf der Wunde bleiben
4.4.9 Silberverbände
Wirkung:
- breites antimikrobielles Wirkspektrum – wirksam gegenüber mehr als 150 Keime
wirkt auch gegen multiresistente Erreger wie MRSA (multiresistenter Staph. aureus)
und VRE (Vancomycin restistenter Enterococcus) sowie gegen Pilze
- Silberionen stören die Zellfunktionen und Zellteilung der Bakterien und verhindern
somit die Keimvermehrung
Anwendungen:
a) Infizierte Wunden
Verwendung von hochpotentem silberhaltigem Wundverband
= Acticoat – hat den höchsten Silbergehalt:
- ist mit Aqua zu aktivieren (Beipacktext beachten!)
- bis zu 3 Tage auf der Wunde belassen
- rasche Keimelemenierung
- Wundverfärbung (schwärzlich) ist möglich
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Acticoat absorbent = Alignat mit Silber
- für die feuchte Wunde
- färbt stark durch die Oxidation
Acticoat flex
- flexibler antimikrobieller Wundverband
- antimikrobielle Barriere für 3 Tage
- tötet Bakterien im Wundverband und in der Wunde
- gut anmodellierbar
- Nebenwirkung: es kann zu Wundverfärbung durch Oxidation kommen
Entfernung von Verfärbung mit Öltupfer um die Wunde
b) Infektionsgefährdete Wunden (z.B. Sakraldekubiti)
Verwendung von niederpotenten silberhältigen Wundverbänden:
- keimtötende Wirkung hauptsächlich im Verband, nur geringe Silberabgabe
in die Wunde
Beispiele:
- als Wundfüller:
Silvercel (Hydroalginat mit Silber)/ Seasorb AG (Alginat mit Silber)
- geliert bei Kontakt mit Wundexsudat
- hohe Absorptionskapazität
- bakterizide Wirksamkeit (MRSA u. VRE)
- keine Verfärbung der Wunde
- für mittlere bis stark exsudierende
- infektgefährdete Wunden
- bis zu 3 Tage wirksam
Aquacel AG (Hydrofaser mit geringem Silber)
- das ins Aquacel gesaugte und eingeschlossene Exsudat wird von
Keimen befreit
- Schaumstoffe mit Silber
Mepilex AG, Biatain Ag, Allevyn Ag, etc.
- für keimbesiedelte, oberflächliche Wunden
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- Kohleverband mit Silber
Actisorbsilver 220
- zur Geruchsbindung bei exulcerierenden Tumoren
- Hydrokolloide mit Silber
Contreet
- bei oberflächlich, infektionsgefährdeten Wunden
GENERELL GILT: Herstellerangaben bezüglich Indikation, Kontraindikation,
Kombinationsfähigkeit mit anderen Produkten und Zerschneidfähigkeit müssen
beachtet werden!
c) Chronische Wunden mit bestehender Kolonisation:
Abhängig von der Wundbeurteilung wird ein hochpotentes oder niederpotentes
Silberprodukt verwendet.
Kontraindikationen:
- Überempfindlichkeit gegen einen Bestandteil der jeweiligen Wundauflage
- silberhaltige Wundauflagen sollten vor Strahlenbehandlungen (z.B. CT,
- Bestrahlung) sowie Kernspinntomographie entfernt werden
Tragedauer:
- in der Regel 3 Tage, dann ist das Silber verbraucht
- Maximal für 14 Tage genehmigt
4.4.10 Wundgaze
Gaze und Silikonauflagen
Aufbau:
- Gaze aus Baumwolle oder Viskose mit Vaseline oder PVP-Jod
imprägniert oder silikonbeschichtetes Polyamidnetz
Eigenschaften:
- kein Verkleben mit der Wunde
- flüssigkeits- und luftdurchlässig
- nicht absorbierend
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Besonderheiten:
- Wundruhe durch atraumatische Verbandswechsel
- Schutz der Wundumgebung
- minimale Wundkontaktfläche
Anwendung:
- Oberflächliche Defekte, bei denen kein Okklusivverband verwendet wird
(z.B. Schürfwunden)
- Verbrennungen 2. bis 3. Grades (nach Nekrektomie)
- Ekzeme und Läsionen der wundumgebenden Haut
- als Wunddistanzgitter (z.B. Sorbin plus) bei VAC Therapie
- Spender- und Empfängerstellen bei Hauttransplantationen
Kontraindikation:
- Unverträglichkeiten auf enthalten Inhaltsstoffe in der Beschichtung der
verschiedenen Gazeauflagen
Präparate:
- PVC-Jod-Gaze:
- Inadine
- Fettgazen:
- Adaptic (Johnson Johnson)
- Cuticerin (Smith Nephew)
- Atrauman (Hartmann), etc…
- Silikongitter:
- Mepithel (Mölnlycke)
- Sorbin plus = Wunddistanzgitter
Tragedauer:
- Abhängig vom Wundstatus und der Sekretion können diese
Wundauflagen bis zu 7 Tagen auf der Wunde belassen werden.
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4.4.11 Spezielle Wundauflagen
a) Sorbact:
Sorbact ist eine mit Fettsäure beschichtete Wundauflage, die der Reinigung von
kolonisierten und infizierten Wunden dient.
Sorbact ist auf Grund seiner hydrophoben Oberfläche gegen eine Vielzahl
grampositiver und gramnegativer Bakterien und Pilze wirksam (u.a. gegen Staph.
aureus, Pseudomonas aeroginosa, E. coli und Candida albicans). Die Keime bleiben
an der stark hydrophoben Oberfläche der Wundauflage haften und werden beim
Verbandswechsel mit der Wundauflage entfernt. Sorbact enthält zudem eine
absorbierende Schicht, die Eiter und Wundexsudat aufnimmt und bindet.
Anwendung:
- infektgefährdete, kolonisierte und infizierte Wunden
Kontraindikation:
- Allergie gegen Bestandteile der Wundauflage
Präparate:
- Cutimed Sorbact Absorptionsverband (BSN medical)
- Cutimed Sorbact Kompresse (BSN medical)
- Cutimed Sorbact Tupfer (BSN medical)
- Cutimed Sorbact Tamponade (BSN medical)
- Cutimed Sorbact Gel (BSN medical)
Tragedauer:
- 1-2 Tage
b) HydroBalanceWundauflage aus feuchter Zellulose + PHMB
Diese Wundauflage ist mit dem antimikrobiellen Zusatz PHMB (Polyhexamethylen-
biguanid = Polyhexamid) erhältlich
Anwendung:
- bei kritisch kolonisierten und infizierten Wunden
Tragedauer:
- bis zu 7 Tage
Präparat:
- SuprasorbX +PHMB
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4.4.12 Medizinischer Honig
Eigenschaften:
- rascher, anhaltender, breit wirksamer, antibakterieller und fungizider
Effekt (auch MRSA, VRE)
- keine Nebenwirkungen, keine Resistenzbildung, kaum
Allergien(VORSICHT bei Bienengiftallergie)
- jede Charge wird auf antibakterielle Wirksamkeit geprüft
- CE zertifiziert Medihoney besteht aus einer speziellen,
standardisierten, filtrierten und sterilen Honigmischung
Wirkung:
- reinigend: wirkt hygroskopisch, enzymatisch, aktiviert Proteasen
- entzündungshemmend: durch Antioxidantien
- geruchsmindernd: hemmt Ammoniakproduktion der Bakterien
- schmerzlindernd: zuerst leichtes Brennen (Osmose) dann kühlend
- granulationsfördernd: schwach saurer pH-Wert, Zinkoxid, H2O2
- antimikrobiell: hohe Zuckerkonzentration entzieht den Keimen das H2O
- ernährend: Honig wird resorbiert
- immunabwehrstärkend: stimuliert Proliferation von
B- und T-Lymphozyten
- selbststerilisierend – von außen kontaminiert tötet er die Keime ab
4.4.13 Kollagene
Aufbau:
- Matrix aus Rinder-, Schweine- oder Pferdekollagen, z.T. mit Zellulose
kombiniert
Anwendung:
- für stagnierende Wunden
- blutstillende Eigenschaften
- Wunde soll frei von Nekrosen und Belägen sein
- bei trockener Wunde Kollagen anfeuchten (mit NaCl 0,9)
- auf das gesamte Wundbett aufbringen
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28
- wird in ein Gel umgewandelt
- wird nach 2-3 Tagen resorbiert
- danach erneutes Aufbringen des Kollagens
Präparate:
- Promogran
- Prisma
4.4.14 Wundrandschutz
Anwendung:
- der Verband saugt zu wenig
- der Wundrand ist mazeriert
- aggressives Exsudat (Tracheostoma, Colostoma, Urostoma, Harn- u.
Stuhlinkontinenz)
geeignete Produkte:
- Cavilon von 3M
- Hydrofaser – Aquacel
- Zinkcreme
- Schaumstoffe
- VAC-Therapie
- Superabsorber – Sorbion Sachet S
- Komplementäre Methoden
Vgl.: G.Voggenreiter/C.Dold: Wundtherapie, 2009
K.Protz: Moderne Wundversorgung, 2009
M.Hintner/H.Schlögl: Wundmanagement Skripten, 2010
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29
5 Wundtafel nach Dold
als Orientierungshilfe zur Auswahl der jeweils geeigneten lokalen Wundbehandlung
in der Praxis.
Phasengerechte lokale Wundtherapie Gabriela Schöberl-Bahn
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6 Zusammenfassung
In der praktischen Schulung kann diese Arbeit als Grundlage für die Vermittlung von
Wissen über zeitgemäße lokale Wundversorgung dienen. Im Anhang befinden sich
weitere wichtige Themen, die für die moderne Wundversorgung unerlässlich sind
(kein Anspruch auf Vollständigkeit).
Als zusätzliche Behelfe für die praktische Schulung dienen:
Bilder als Beispiele für die unterschiedlichen Wundzustände,
Seidentücher, die in den Farben der Farbskala der verschiedenen
Wundzustände gefärbt sind, und unter denen sich die den Wundzuständen
zugehörigen unterschiedlichen lokalen Wundtherapeutika befinden
sowie die Wundtafel nach Dold als Plakat.
Methodisch kann die Schulungsgruppe in fünf, den verschiedenen Wundzuständen
zugeordnete Teilgruppen geteilt werden. Die einzelnen Teilgruppen setzen sich mit
den jeweiligen zugeordneten Wundzuständen und der zugehörigen notwendigen
Behandlung auseinander. Es folgt ein Austausch mit weiterer vertiefender
Vermittlung lokaler Wundtherapeutika. Zum Abschluss als Zusammenfassung und
als Lernzielkontrolle dienen Bilder mit verschiedenen Wundzuständen mit der Frage
„Was mache ich?“.
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31
Literaturverzeichnis
HINTNER, M. & SCHLÖGL H. (2010): Skripten zur Weiterbildung Wundmanagement.
Unveröffentlicht.
PROTZ, K. (2009): Moderne Wundversorgung. Praxis, Standards und Dokumentation.
5. Auflage. München: Elsevier GmbH, Urban & Fischer Verlag.
VOGGENREITER G. & DOLD CH. (2009): Wundtherapie. Wunden professionell beurteilen
und erfolgreich behandeln. 2. Auflage. Stuttgart, New York: Georg Thieme Verlag.
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32
Anhang
Wundreinigung
Ziele der Wundreinigung:
Ausspülen von Nekrosepartikeln
Entfernen von Exsudat
Lösen von Belägen
Wundbeurteilung nur nach Reinigung möglich
Durchführung:
Aseptische Bedingungen
Non Touch Technik
Lösungen sollten Körpertemperatur oder mindestens Raumtemperatur
aufweisen: Wundheilung erst ab 28°C!
Reinigung heißt nicht Desinfektion
Desinfektion bei kolonisierten oder infizierten Wunden
Reinigungslösungen:
NaCl 0,9%ig: isotone Lösung, die Natrium und Chlor enthält. Bei großen
Mengen Gefahr der Austrocknung
Ringerlösung: enthält Natrium, Chlor, Kalzium und Kalium. Bei großen, tiefen
Wunden geeignet, empfiehlt sich für dauerhafte Befeuchtung
Ungeeignete Reinigungslösungen:
Leitungswasser: nicht geeignet für die chronische Wunde, mikrobiologisch
nicht immer einwandfrei
Methoden der Reinigung:
Nass- Trockenphase:
sehr schonende Wundreinigung
effektive Methode
schmerzarm
etwas zeitintensiv
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33
- Umschläge bei Belägen und Nekrosen:
Nassphase möglichst 15 Minuten
geeignete Spüllösung
sterile mehrlagige Mullgaze
Umschläge fixieren – kontinuierlicher Kontakt zwischen Umschlagmittel
und Wunde … Zelltrümmer und Exsudat werden aufgenommen
CAVE: nicht Nachbefeuchten
- Trockenphase mit steriler Gaze ca. 5 Minuten
Antiseptika:
Einsatz bei kolonisierten oder infizierten Wunden
sollen nur so lange verwendet werden, wie Infektionszeichen vorhanden
sind
in der Regel 5% der Behandlungsdauer
sind bis auf eine Ausnahme (Prontosan, Lavasorb) wundheilungsstörend
Geeignete Antiseptika:
PVP Iod:.
Eigenschaften: Wirkungseintritt nach 30 Sekunden. Keine Wirkungslücken.
Gute Gewebsverträglichkeit.
Nachteil: PVP Iod wird durch Kontakt mit eiweißhältigen Substanzen (Blut
oder Wundexsudat) inaktiv. Äußerlich sichtbar durch Entfärben von braun
zu gelb. Nicht geeignet für die chronische Wunde. Höchstens beim ersten
Verbandswechsel. Gut für die akute Wunde und zum Auflösen von Biofilm.
Einschränkungen:
Hyperthyreose
Iodunverträglichkeit
vor und nach einer Radium- Iod- Therapie
Schwangerschaft
Anwendung: für kurzzeitige antiseptische Behandlung, 2 – 6 Tage
Octenidinhydrochlorid- Octenisept:
Eigenschaften: Wirkungseintritt: 30 sec. bis 1 min. Wirkungslücken bei
Bakteriensporen und Protozoen. Eingeschränkte Gewebeverträglichkeit.
Einschränkungen: Kontraindikation in Bauchhöhle, Harnblase und Trommelfell
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Anwendung: für kurzzeitige antiseptische Behandlung 2-6 Tage
Polyhexanid – Prontosan, Lavasept:
Eigenschaften: Wirkungseintritt: 10 bis 15 min.
Sehr gute Gewebeverträglichkeit.
Für Langzeitbehandlung geeignet.
Einschränkungen: Nicht viruzid und sporozid.
Kontraindikation in den ersten 4 Schwangerschaftsmonaten.
Knorpeltoxizität.
Geeignete Wirkstoffe zur Antiseptik:
Povidon Jod
Octenidinhydrochlorid
Polyhexamid
Taurolidin
Silberhaltige Wundauflagen
Fliegenlarven
Obsolete Mittel:
Lokalantibiotika
Farnstoffe
Mercurochrom
Chlorhexidin
Wasserstoffperoxyd
Silbersulfadiozin (Flammazine)
Kaliumpermanganat
Vgl.: H.Schlögl: Wundmanagement Skriptum, 2010
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Débridement
Bei einer chronischen Wunde wird die Reinigungsphase mittels Débridement
(Wundtoilette, Wundsäuberung) unterstützt, um Nekrosen und Fibrinbeläge zu
entfernen.
Möglichkeiten des Débridements:
Mechanisches Débridement:
Auswischen oder wiederholtes Auslegen steriler, angefeuchteter Kompressen
(mit Wundspüllösungen / Antiseptika) mit leichtem Druck auf die Wunde.
Zelltrümmer, oberflächliche Belege und Abfallstoffe werden aus der Wunde
entfernt.
Auflegen öfters wiederholen.
Chirurgisches Débridement:
mittels Skalpell, Versajet, Debritom
Ist die schnellste Methode um saubere Wundverhältnisse zu bekommen.
Auf eine adäquate Schmerztherapie ist zu achten (z.B. Emla)
Autolytisches Débridement:
- Hydrogele in Gelform: Der Einsatz von Hydrogelen in Gelformen mit
feuchtigkeitserhaltenden Verbänden bewirkt das Aufweichen von
Nekrosen und Belägen im autolytischen Débridement.
- 2 Tage Nasstherapie mit einer hydroaktiven Wundauflage z.B.
TenderWet. Guter Wundrandschutz ist dabei wichtig!
Enzymatisches Débridement:
mittels enzymhaltiger Salben, Pasten oder Kegel
Es geht um eine proteolytische Abtragung von avitalem Gewebe und ist richtig
angewandt eine sinnvolle Ergänzung zur feuchten Wundbehandlung.
IRUXOLUM MONO:
- Reinigung von nekrotischem Gewebe
- Intakte Haut wird nicht angegriffen
- Schonende, unblutige, weitgehend scherzfreie Reinigung
- Wirksamkeit nur im feuchten Milieu:
- wenn die Wunde zu trocken ist, eventuell mit Gel mischen
- Verbandswechsel 1-2x täglich – 2mm dick auftragen
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Biologisches Débridement:
- Maden der Goldfliege Lucilia sericata
Wenn kein Débridement durchgeführt wird:
Nährboden für Bakterien
Dauerhafte Entzündung
Beeinträchtigte Wiederherstellung
Schlechte Wundbeurteilung
Gefahr von Nekrotoxinen
Vgl.: H.Schlögl: Wundmanagement Skriptum, 2010
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Störfaktoren der Wundheilung
Systemische Faktoren:
Mobilität
Lebensalter / Hautzustand
Immunstatus / Infektionskrankheiten: z.B. Aids, Tuberkulose
Medikamente: Immunsuppressiva, Zytostatika, Katecholamine,
Antidepressiva, Cortison, Antikoagulantien
Psychosoziale Situation: Rauchen, Alkohol, Drogen, Compliance
Selbstmanipulation
Ernährungszustand des Patienten: Adipositas, Kachexie, Kalorien, Eiweiß,
Vitamine, Zink, Mineralstoffe
Begleiterkrankungen / Grunderkrankungen: Herz-/, Kreislauf-/ Bluterkrankun-
gen, pAVK, dermatologische, neurologische, psychiatrische Erkrankungen,
Tumorerkrankungen, Diabetes, Veneninsuffizienz
Lokale Faktoren:
Lokalisation
Entzündung / Hämatom
Austrocknung / Unterkühlung
Durchblutung des Wundgebietes
Feuchte oder trockene Wundverhältnisse
Druck, mangelnde Ruhigstellung, Lagerung
Verschmutzungsgrad: Fremdkörper, Keimbesiedlung
Vorgeschädigtes Gewebe z.B. Strahlentherapie
Lokalbehandlung: lokale Antibiotika, optimale Wundverbände
Zustand der Wunde: Entstehung, Art, Tiefe, Ausdehnung, Beläge, Nekrosen,
Hypergranulation
Beschaffenheit von Wundumgebung/-ränder: Ödem, Schorf, zu hohe
Nahtspannung, schlecht durchblutete oder nekrotische Wundränder
Vgl.: M.Hintner: Wundmanagement Skriptum, 2010
Phasengerechte lokale Wundtherapie Gabriela Schöberl-Bahn
Eidesstattliche Erklärung:
Ich erkläre, dass die vorliegende Arbeit von mir selbst verfasst wurde und ich
ausschließlich die von mir angegebenen Werke und Hilfsmittel verwendet habe.
Sistrans, am 29. Aug. 2010
Verwendung der Projektarbeit:
Ich bin damit einverstanden, dass meine Projektarbeit weiteren Personen zur
Verfügen gestellt werden darf.
Sistrans, am 29. Aug. 2010