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Persnliche Weblogs in Organisationen
Spielzeug oder Werkzeug fr ein zeitgemes Wissensmanagement?
Inaugural-Dissertation
Zur Erlangung des Doktorgrades
der Philosophisch-Sozialwissenschaftlichen Fakultt
der Universitt Augsburg
vorgelegt von
Karsten Ehms
aus Nrnberg
Augsburg, Mrz 2010
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Erstgutachter: Prof. Dr. Gabi Reinmann Zweitgutachter: Prof. Dr.
Klaus Bredl
Tag der mndlichen Prfung: 3. Februar 2010
II
-
III
Vorwort
Das Anfertigen dieser Dissertation war fr mich weniger ein
Projekt als viel mehr eine Reise. Auf demWeg gab es berraschungen,
Umwege und wenige Abkrzungen. Ich hatte Glck und konnte invielen
Situationen auf Begleiter vertrauen, denen ich viel verdanke und
bei denen ich mich an dieserStelle bedanken mchte.
An erster Stelle steht der Dank an meine Familie, die whrend der
Arbeiten an der Dissertation hufiggerade nicht an erster Stelle
stand. Allen voran meine Frau Carina verschaffte mir ber eine lange
Zeithinweg mglichst groe Freirume und betreute unsere zwei kleinen
Kinder. Um bei den Freirumenanzuschlieen: Ohne die flexible,
grozgige und immer konstruktive Betreuung durch meineDoktormutter
Gabi Reinmann htte ich mich nie auf diese Reise begeben, die bei
einemKchengesprch in Wolfratshausen, am 26. Januar 2004, begann.
Eine bessere Begleitung konnte ichmir nicht vorstellen.
Weiteren Weggefhrten bin ich zu tiefem Dank verpflichtet:
Sebastian Fiedler, der mich erst auf dasThema Weblogs gestoen hat
und den Kontakt nach Augsburg vermittelte. Wenn die Dissertation
nebeneiner Doktormutter einen thematischen Vater hat, dann ist er
es. Manfred Langen, der als langjhrigerKollege und Freund immer
ansprechbar war. Mit ihm konnte ich sowohl die vielen Details als
auch diegroen Bgen der Arbeit diskutieren.
Fr unmittelbare wissenschaftliche Arbeiten im Rahmen der
Dissertation danke ich Magdalena Bttger,Martin Wilbers und Jan
Schmidt. Fr logistische und technische Untersttzung sowie sich
endlosanfhlende Korrekturarbeiten gilt mein besonderer Dank Walter
Kammergruber, Jiri Panyr, CarinaEhms und abermals Manfred Langen.
Den geschrften Blick, mit dem solch aufmerksame Leserunzhlige
Buchstabendreher und zustzliche Leerzeichen, ohne technische
Hilfsmittel, entdeckenknnen, werde ich wohl nie nachvollziehen
knnen.
Fr die zahlreichen, anspruchsvollen und hilfreichen Diskussionen
im Doktorandenkolloqium danke ichden Mit-Doktoranden an der Uni
Augsburg. Ich werde diese Runden vermissen. Ebenfalls dankbar
binich vielen Fachkollegen in der wissenschaftlichen Community, die
mir ausnahmslos undunbrokratisch Vorabversionen ihrer Texte
zukommen lieen und auf spezifische Fragen promptAntwort gaben.
Danke auch an all die Autoren, die ihre Arbeiten, hufig
Dissertationen, leichtzugnglich ber das Internet bereitstellen. Ihr
verndert, wie Wissen gefunden und geschaffen werdenkann!
Schlielich danke ich all den Kollegen, Interviewpartnern und
Vorgesetzten der Siemens AG, die durchihre Untersttzung den Weg fr
diese Arbeit freigemacht haben.
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Inhaltsbersicht
Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . IIIInhaltsbersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . IVInhaltsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . VIAbbildungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . XTabellenverzeichnis. . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . .XIIAbkrzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . .XII
1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . 11.1 Ansto, Forschungsbedarf und Forschungsfragen 1
1.2 Disziplinen, Theorien, Grundbegriffe 6
2 Wissensmanagement in der Sackgasse . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132.1 Die
Zielsetzungen organisationalen Wissensmanagements 13
2.2 Historische Phasen 15
2.3 Kumulative Problembereiche 17
2.4 Konzeptionelle Bausteine 20
2.5 Wissensmanagement fr Wissensarbeiter 29
2.6 Weblogs als Infrastruktur fr organisierte Wissensarbeit
34
2.7 Fazit 40
3 Persnliches Wissensmanagement und Weblogs. . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 413.1 Drei
Entwicklungslinien des persnlichen Wissensmanagements 41
3.2 Integrierendes Aktivittsmodell digital untersttzter
Wissensarbeit 48
3.3 Weblogs als Werkzeuge eines Persnlichen Wissensmanagements
52
3.4 Fazit 57
4 Personal Publishing im Internet und der Weblogtechniken Zhmung
. . . . . . . . . . . . 594.1 Entwicklung des Phnomens Weblogging
59
4.2 Ausdifferenzierung der Nutzungsformen 66
4.3 Weblogs als Teil des Web 2.0 74
4.4 Technologie-Adoption durch und in Organisationen 79
4.5 Fazit 84
IV
-
5 Entstehung und generelle Akzeptanz eines internen
Weblog-Angebots. . . . . . . . . . . . 87
5.1 Vergleichbare Studien 87
5.2 Methodischer Rahmen 91
5.3 Entstehungsgeschichte der Siemens Blogosphere 92
5.4 Aggregierte Aktivitt und generelle Adoption persnlicher
Weblogs 102
6 Zehn Fallstudien Persnlicher Weblogs. . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109
6.1 Fallweise Analyse 109
6.2 Fallstudien 111
6.3 Nutzenpotenziale und Wissensweblogs als Verwendungsmuster
127
6.4 Vernetzung durch die Kommentarfunktion 133
6.5 Ergnzende Aspekte und empirienahes Fazit 137
7 Reflektion und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1417.1
Beitrge persnlicher Weblogs zum organisationalen Wissensmanagement
141
7.2 Einfhrungsstrategien Spezifika statt Erfolgsfaktoren 144
7.3 Erkenntnisfortschritte 151
7.4 Konsequenzen und Entwicklungen 154
Literaturverzeichnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
163Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . 185
V
-
Inhaltsverzeichnis
Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . IIIInhaltsbersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . IVInhaltsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . VIAbbildungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . XTabellenverzeichnis. . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . .XIIAbkrzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . .XII
1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . 1
1.1 Ansto, Forschungsbedarf und Forschungsfragen . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.1.1 Persnlicher
Auftakt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.1.2 Forschungsfragen . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . 21.1.3 Forschungsmethoden Spannungsfelder .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
31.1.4 Aufbau der Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41.1.5
Sprachverwendung und Textformate . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . 5
1.2 Disziplinen, Theorien, Grundbegriffe . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61.2.1
Theorieebenen und Basisdisziplinen. . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61.2.2 Differenzierung
zwischen Wissen und Information . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . 71.2.3 Integrierende Aspekte (zwischen Wissen und
Information). . . . . . . . . . . . . . . . . . 81.2.4 Management
und Steuerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . 111.2.5 Relevanz von Wissensmanagement
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. 12
2 Wissensmanagement in der Sackgasse . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132.1 Die
Zielsetzungen organisationalen Wissensmanagements . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . 13
2.2 Historische Phasen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
15
2.3 Kumulative Problembereiche . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172.3.1
Strategisches, Prozessorientiertes und marktorientiertes
Wissensmanagement . . 172.3.2 Verteiltes und Persnliches
Wissensmanagement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
19
2.4 Konzeptionelle Bausteine . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202.4.1
Wissensarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202.4.2
Wissensprozesse als Basisaktivitten des Wissensmanagements. . . . .
. . . . . . . . 252.4.3 Gestaltungsfelder, Transparenz und
Vernetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
282.4.4 Fazit Wissen und Wissensmanagement . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29
2.5 Wissensmanagement fr Wissensarbeiter . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29
VI
-
2.5.1 Begriffsbestimmung Wissensarbeit . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 292.5.2 Kontrolle von
Wissensarbeit Verdichtung, Vermarktlichung, Informatisierung
312.5.3 Fazit Wissensarbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33
2.6 Weblogs als Infrastruktur fr organisierte Wissensarbeit . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 342.6.1
Personalisierbarkeit von Weblogs. . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 342.6.2 Personenbezug und
Personalisierbarkeit etablierter IT-Infrastrukturen . . . . . . . .
35
2.7 Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . 39
3 Persnliches Wissensmanagement und Weblogs. . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 413.1 Drei
Entwicklungslinien des persnlichen Wissensmanagements . . . . . . .
. . . . . . . . . 41
3.1.1 Hypertext-Schule - Struktur-Technologie. . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 413.1.2 PIM und PKM
Aktivittsschule. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . 443.1.3 Pdagogisch-psychologische Schule . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
46
3.2 Integrierendes Aktivittsmodell digital untersttzter
Wissensarbeit . . . . . . . . . . . . . . 483.2.1 Eigenes
Aktivittsmodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . 483.2.2 Integration in das
PKM-Rahmenmodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . 51
3.3 Weblogs als Werkzeuge eines Persnlichen Wissensmanagements .
. . . . . . . . . . . . . 523.3.1 Werkzeugbegriff . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . 523.3.2 Werkzeugorchester Formatvielfalt, bergnge und
Medienbrche . . . . . . . 533.3.3 Wissensweblogs . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . 543.3.4 Funktionale Potenziale von Weblogs und deren
Grenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55
3.4 Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . 57
4 Personal Publishing im Internet und der Weblogtechniken Zhmung
. . . . . . . . . . . . 594.1 Entwicklung des Phnomens Weblogging .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
59
4.1.1 Charakterisierung von Weblogs . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 594.1.2
Quantitative Entwicklung und Beteiligungsintensitten. . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . 614.1.3 Aktive Weblogs . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . 65
4.2 Ausdifferenzierung der Nutzungsformen . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 664.2.1
Typisierungen von Weblogs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 664.2.2 Kritik und eigene
Typisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . 684.2.3 Regeln und Regelmigkeiten -- Eine
Theorie des Bloggens . . . . . . . . . . . . . . . 71
4.3 Weblogs als Teil des Web 2.0. . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 744.3.1 Web 2.0
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 744.3.2 Social Software
und ihre Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . 76
VII
-
4.3.3 Enterprise 2.0 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78
4.4 Technologie-Adoption durch und in Organisationen . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 794.4.1 Theorien der
Technologie-Adoption. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . 804.4.2 Institutionalisierung innerhalb der
Organisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
82
4.5 Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . 84
5 Entstehung und generelle Akzeptanz eines internen
Weblog-Angebots. . . . . . . . . . . . 875.1 Vergleichbare Studien
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . 87
5.1.1 Interne Weblogs bei IBM . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 875.1.2 Weblogs
bei Microsoft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . 895.1.3 Weitere Berichte
internen Weblog-Einsatzes und Fazit . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . 90
5.2 Methodischer Rahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91
5.3 Entstehungsgeschichte der Siemens Blogosphere . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 925.3.1 Vorentscheidungen
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . 925.3.2 Portal-Relaunch Technische
Implementierung der Plattform . . . . . . . . . . . . . . 945.3.3
Einzelne Weblogs Informationsorganisation I. . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . 975.3.4 bersichtsseiten
Informationsorganisation II . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . 985.3.5 Implementierung, Go-live, Kommunikationskonzept
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 995.3.6 Vergleich mit IBM
und Microsoft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . 101
5.4 Aggregierte Aktivitt und generelle Adoption persnlicher
Weblogs . . . . . . . . . . . . 1025.4.1 Analysezeitraum und
Lesezugriffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . 1025.4.2 bergangswahrscheinlichkeiten und
Schreibzugriffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1035.4.3
Adoption und Pflege Persnlicher Weblogs . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . 106
6 Zehn Fallstudien Persnlicher Weblogs. . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1096.1 Fallweise
Analyse. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109
6.1.1 Aufbau der Falldarstellungen . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110
6.2 Fallstudien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1116.2.1 Intensives Wissensweblog zu einem produktnahen
Untersttzungsprozess . . . 1116.2.2 Filter-Weblog zu
Querschnittsthema . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . 1136.2.3 Link-Weblog . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . 1146.2.4 Bildstarkes Manager-Weblog . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1156.2.5 Stark
referenzierendes Marketing-Weblog . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . 1176.2.6 Intensives Themen-Weblog . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. 1186.2.7 Wissensorientiertes, technisches Meinungs-Weblog
(aufgegeben) . . . . . . . . . . 1206.2.8 Intensives
dialogorientiertes Bloggen (aufgegeben). . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . 122
VIII
-
6.2.9 Stark kommentiertes Weblog aufgegeben . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . 1246.2.10 Experimentelles
Weblog mit Anlaufschwierigkeiten. . . . . . . . . . . . . . . . . .
125
6.3 Nutzenpotenziale und Wissensweblogs als Verwendungsmuster .
. . . . . . . . . . . . . . 1276.3.1 Vorerfahrungen, Erwartungen
und Verwendungsziele. . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1276.3.2 Erfahrener Nutzen Nutzenpotenziale. . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1286.3.3 Nutzungsbarrieren
und Ausstiegsmotive . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . 1296.3.4 Wissensweblogs als Verbindung von Stilen und
Zwecken . . . . . . . . . . . . . . . . 130
6.4 Vernetzung durch die Kommentarfunktion . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1336.4.1 Vernetzung und
Kommentare . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . 134
6.5 Ergnzende Aspekte und empirienahes Fazit . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1376.5.1 Ergnzende
Aspekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . 1376.5.2 Empirienahes Fazit . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . 139
7 Reflektion und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141
7.1 Beitrge persnlicher Weblogs zum organisationalen
Wissensmanagement. . . . . . . 141
7.2 Einfhrungsstrategien Spezifika statt Erfolgsfaktoren . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . 1447.2.1 Spezifika der
untersuchten Einfhrung von Weblogs . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . 1447.2.2 Erfolgsfaktoren der Einfhrung eine Kritik. . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1467.2.3 Alternatives
Einfhrungsszenario. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . 149
7.3 Erkenntnisfortschritte . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151
7.4 Konsequenzen und Entwicklungen . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1547.4.1 Technik als
importierte Rahmung von Interaktionen . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . 1547.4.2 Vielfalt und Koordination bei hoher Komplexitt . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1547.4.3 Vernetzung,
Selbstorganisation und lose Koppelung . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . 1567.4.4 Abschied vom Industrialismus . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1587.4.5
Neue Knappheiten Konsequenzen fr Wissensarbeiter . . . . . . . . .
. . . . . . . . . 159
Literaturverzeichnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
163Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . 185
IX
-
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Zuordnung der Kapitel zu den Forschungsfragen
(Schwerpunkte) . . . . . . . . . . 5
Abbildung 2: Theorie-Stapel zum Wissensmanagement . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6
Abbildung 3: Spielbrett fr Wissensbegriffe (Wissen vs.
Information, strukturgenetisch). . . 9
Abbildung 4: Strukturgenetische Sicht auf den Begriff Wissen
(Seiler & Reinmann 2004) . 10
Abbildung 5: Grazer Meta-Modell (Schneider 2001) . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14
Abbildung 6: Paradigmen der Organisationsforschung (Burrell
& Morgan 1979). . . . . . . . . 14
Abbildung 7: Schichten der organisationalen Wissensbasis nach
Pautzke (1989: 79) . . . . . . 22
Abbildung 8: Basisaktivitten des Wissensmanagements. . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26
Abbildung 9: Personalisierbarkeit als grobes Merkmalsraster . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35
Abbildung 10: Prozessmodell des persnlichen
Informationsmanagements (Back 2007) . . . 45
Abbildung 11: Rahmenmodell fr Persnliches Wissensmanagement. . .
. . . . . . . . . . . . . . . 47
Abbildung 12: PIM Prozessmodell . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49
Abbildung 13: Rahmenmodell zum persnlichen Wissensmanagement . .
. . . . . . . . . . . . . . 51
Abbildung 14: Positionierung des Aktivittsmodells im
Rahmenmodell von Reinmann und Eppler (2008) . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . 51
Abbildung 15: Weblog von Jorn Barger im Jahre 2006 . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60
Abbildung 16: Wachstum der Blogosphre (Sifry 2007) . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62
Abbildung 17: Beteiligungsintensitten als Potenzgesetz (Mayfield
2006) . . . . . . . . . . . . . . 63
Abbildung 18: Social Technographics Ladder (Li & Bernoff
2008) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63
Abbildung 19: Gegenberstellung Corporate Blogs vs. Employee
Blogs . . . . . . . . . . . . . . . 66
Abbildung 20: Weblogs in der Unternehmenskommunikation nach
Zerfa (2005: 4). . . . . . 67
Abbildung 21: Hufigkeit verschiedener Beitragstypen . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68
Abbildung 22: Typisierung von Weblogs . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69
Abbildung 23: Verwendungsregeln beim Bloggen (angepasst nach
Schmidt 2006a: 47) . . . 73
Abbildung 24: Charakterisierung des Web 1.0 und des Web 2.0
(OReilly 2005). . . . . . . . . 75
Abbildung 25: Funktional-Rahmen von Social Software . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78
Abbildung 26: Einsatzfelder von Social Software . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79
Abbildung 27: Analyseebenen, Datenquellen sowie qualitative (q)
und quantitative (n) Auswertungsstrategien . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91
Abbildung 28: Prototypische Weblog-Implementation (August 2005)
. . . . . . . . . . . . . . . . . 95
Abbildung 29: bersichtsseite der Weblog-Applikation (Februar
2007, Layout 2006). . . . . 96
X
-
Abbildung 30: Blog-Plattform mit erweiterten bersichtsseiten (ab
Mrz 2007) . . . . . . . . . 99
Abbildung 31: Blog-Homepage (Mrz 2007) . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100
Abbildung 32: Hufigkeit der Lesezugriffe auf Beitrge (posts),
absteigend sortiert . . . . . 103
Abbildung 33: Zeitverlauf der Basisdaten Weblogs bei IBM (Kolari
et al. 2007). . . . . . . . 104
Abbildung 34: Kumulierte Anzahl der angelegten Weblogs und
Beitrge. . . . . . . . . . . . . . 105
Abbildung 35: Anzahl der Beitrge und Kommentare auf der
Plattform . . . . . . . . . . . . . . . 106
Abbildung 36: Kommentierungspraxis vor Anlegen eines persnlichen
Weblogs . . . . . . . 107
Abbildung 37: Positionierung der verdichteten Zwecke im
Funktionalrahmen von Social Software . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130
Abbildung 38: Outdegrees und Indegrees der Fallstudienweblogs. .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . 131
Abbildung 39: Positionierung der Flle im Zweck-Mglichkeitsraum
von Social Software 132
Abbildung 40: Verteilte und erhaltene Kommentare der Einzelflle
(absolute Anzahl) . . . 135
Abbildung 41: Kommentare in anderen Weblogs als mehr oder minder
aktiver Blogger . . 137
Abbildung 42: Verwendungszwecke positioniert im Feld der drei
Grundbedrfnisse . . . . . 139
Abbildung 43: Beitrge persnlicher Weblogs zum organisationalen
Wissensmanagement 142
Abbildung 44: Social Software Hut. . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151
Abbildung 45: Theorie-Stapel der vorliegenden Arbeit . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153
XI
-
XII
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Weitere Arbeiten zu Mitarbeiterweblogs . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90
Tabelle 2: Nutzerzahlen und bergangswahrscheinlichkeiten
verschiedener Adoptionsstufen 104
Tabelle 3: Anteil aktiver Weblogs im Vergleich (in % angelegter
Weblogs). . . . . . . . . . . . 106
Tabelle 4: Erfahrener Nutzen (Quelle: Interviews). . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129
Abkrzungsverzeichnis
AG AktiengesellschaftCEO Chief Executive Officer
(Geschftsfhrer)CMS Content Management SystemERP Enterprise Resource
PlanningFAQs Frequently asked questionsHTML Hypertext Markup
LanguageIBM Firmenbezeichnung der IBM AGIKT Informations- und
Kommunikationstechnologie (engl. ICT)IT InformationstechnologieKE
Karsten EhmsMS MicrosoftPC Personal ComputerPIM Persnliches
Informationsmanagement (personal information managment)PKM Personal
Knowledge Management (persnliches Wissensmanagement)PLE Personal
Learning EnvironmentRDF Resource Description Framework (XML
Standard)ROI Return on InvestmentRSS Real Simple Syndication / Rich
Site Summary (XML Standard)SAG Siemens AGSAP Firmenbezeichnung der
SAP AG URL Uniform Resource LocatorWM WissensmanagementWWW World
Wide WebXML Extensible Markup Language
-
1.1 Ansto, Forschungsbedarf und Forschungsfragen
1 Einleitung
1.1 Ansto, Forschungsbedarf und Forschungsfragen
1.1.1 Persnlicher Auftakt
Wissensmanagement, die Managementmode der spten neunziger Jahre,
war mit der Verheiungangetreten, die Nutzung des vierten
Produktionsfaktors zu optimieren. Heute, ein Jahrzehnt spter,
habensich diese Trume nur teilweise erfllt. Zwischenzeitlich
etablieren sich, gesttzt durch eine neue Klassevon
Web-Applikationen, neue Handlungs- und Vernetzungsmuster bei
sogenannten Wissensarbeitern,die den Zielen des in die Jahre
gekommenen Wissensmanagements entgegenkommen. Gemeint sinddamit
Anwendungen, die es nahezu jedermann ermglichen, Texte, Bilder und
teilweise audiovisuellesMaterial auf einfache Weise und damit sehr
schnell zu publizieren.
Meine ersten Ideen, mich circa sechs Jahre nach dem
Hochschulabschluss der Universitt alsWissenschaftler zu nhern,
datieren auf den Anfang des Jahres 2004. Fnf Jahre spter kann ich
michnur mittels eigener Aufzeichnungen erinnern, wie das Vorhaben
Promotion schrittweise Gestalt annahm.Es spielten unter anderem die
visionren Arbeiten von Sebastian Fiedler (Fiedler 2003) und
meinekontinuierliche berufliche Beschftigung mit dem Thema
Wissensmanagement entscheidende Rollen.
Im Juni 2004 verfasste ich ein Expos mit dem Titel Potenzial von
Technologien zum Personal WebPublishing fr dezentrales,
wissensorientiertes Management in dem die folgenden Ziele
formuliertwurden:
Die vorliegende1 Arbeit soll klren, welches Potenzial der
Einsatz der beschriebenen Technologien inUnternehmen bietet und
welche Rahmenbedingungen psychologischer, technischer und
organisationalerArt besonders zu bercksichtigen sind.
Das Ergebnis besteht in Gestaltungsempfehlungen fr den Einsatz
der Personal Web Publishing Tools undfr die Nutzung der
entsprechenden Konzepte.
Personal Web Publishing bezieht sich dabei auf die Nutzung von
Web-Anwendungen, die als Weblogsoder kurz Blogs bezeichnet werden
(s. 4.1.1). Es geht dabei um nicht mehr und nicht weniger als
dieMglichkeit, ohne spezielle informationstechnische Kenntnisse und
ohne eigene spezielleSoftwarewerkzeuge, Informationen im Internet
zum Abruf bereitstellen zu knnen. EntsprechendeInfrastrukturen
knnen auch im Intranet einer Organisation eingerichtet werden und
sind dann nurinnerhalb des Firmennetzwerks erreichbar. Weder der
Begriff publishing noch die Verkrzung auf dasSchlagwort Weblogs /
Blogs erweisen sich als besonders glcklich, wenn man als
Wissenschaftler tieferin die Materie der Nutzung solcher
Anwendungen in Organisationen eintaucht. In diesem Sinne soll
dievorliegende Arbeit ein differenzierteres Bild des Mediums
Weblogs zeichnen, als es die hufigverwendeten Metaphern von
Tagebuch und Amateurjournalismus nahelegen.
Kulisse (Escher 1997) und Bezugspunkt fr meine Erforschung der
Einsatzmglichkeiten ist die obenapostrophierte Disziplin
Wissensmanagement, die seit circa einem Jahrzehnt im Mittelpunkt
meinerberuflichen Ttigkeit steht. Als Entwickler fr
sozio-technische Wissensmanagement-Lsungen und(interner) Berater fr
entsprechende Fragen konnte ich whrend dieser Zeit verschiedene
Trendskommen und gehen sehen (vgl. Kapitel 2). Ab dem Jahr 2004
beschftigten wir uns auch in der zentralen
1. Es htte eigentlich heien mssen: Die vor mir liegende Arbeit
....
1
-
1 Einleitung
Technologieabteilung der Siemens AG intensiver mit
Einsatzmglichkeiten fr Weblogs unter derPerspektive des
Wissensmanagements. Den Rahmen dafr bot (noch) nicht das Thema
persnlichesWissensmanagement, sondern zunchst die Suche nach neuen
Community-Methoden. Die Jahre zuvorwaren stark geprgt gewesen von
den Versuchen, verschiedene Formen von Communities of Practice
zuimplementieren und zu untersttzen. Es schien so, als knnten
Weblogs eine alternative Infrastruktur frsolche Gemeinschaften
sein. Auerhalb der corporate firewalls, hatte ich das Glck, an den
erstenBlogWalk-Treffen2 teilnehmen zu knnen. Es handelte sich um
ein Workshop-Format, dass einenintensiven Austausch zwischen
Praktikern ermglichte und groe Konferenzen wie beispielsweise
dieblogtalk-Reihe3 ergnzen sollte.
1.1.2 Forschungsfragen
Den skizzierten Quellen entsprang die Forschungsfrage: Was
geschieht, wenn man Weblogs in eine(groe) Organisation einfhrt?
Diese recht allgemeine Fragestellung erhlt durch den Bezug
zumorganisationalen Wissensmanagement eine erste Przisierung,
nmlich einerseits auf einenorganisationsinternen Einsatz und
andererseits auf Fragen nach Nutzenpotenzialen frWissensmanagement.
Wissensmanagement kann natrlich auch Aktivitten umfassen, die
dieOrganisationsgrenze berschreiten. Nicht nur im vorliegenden Fall
drfte die Wahl beimExperimentieren mit einem neuen Medium jedoch
zunchst auf einen internen Einsatz fallen, umeinerseits Risiken zu
begrenzen und sich andererseits Wettbewerbsvorteile zu
verschaffen.4 Worausdiese Vorteile mit Wissens(management)bezug im
Einzelnen bestehen knnten, ist unklar, auch wennsie dort berwiegend
vermutet werden (McKinsey 2007, McKinsey 2008). In der Beleuchtung
dieserPotenziale liegt der wissenschaftliche Beitrag der
vorliegenden Arbeit.
Mitte 2006 gelang schlielich eine Einfhrung von Weblogs bei
meinem Arbeitgeber, die als wichtigeErkenntnisquelle diente. Aus
der globalen und vergleichsweise ergebnisoffenen
Einfhrungsstrategie,die die Siemens AG fr ihre Mitarbeiterweblogs
verfolgte, ergab sich ein willkommener Aspekt: DiePlattform hatte
Angebotscharakter, das heit, das Einrichten eines persnlichen
Weblogs erfolgtefreiwillig und war im Besonderen nicht an
spezifische, zentral gesteuerte Wissensmanagementprojekteoder
Kommunikationsprogramme gebunden. Man kommt damit der freiwilligen
Situation im Internetnher als in stark fremdgesteuerten
Einfhrungskontexten und kann valider von Adoption auf Akzeptanzund
individuell wahrgenommenen Nutzen schlieen.
Untersuchungsgegenstand sind also selbstadministrierte Weblogs
von Mitarbeitern im5 Intranet einerOrganisation. Die bergeordnete,
przisierte Forschungsfrage lautet damit: Welche
Nutzenpotenzialehaben Mitarbeiterweblogs (insbesondere) fr das
Wissensmanagement einer Organisation? (F0)6
Ausgehend von dieser Fragestellung, ergeben sich weitere
untergeordnete Fragen:1) Welche Defizite gibt es aktuell im
organisationalen Wissensmanagement? (F1)2) Welche Nutzungsformen
von Weblogs werden im Kontext Internet beschrieben? (F2)
2. http://www.blogwalk.eu/weblog/3. http://blogtalk.net/4.
Weblogs als Mittel der externen Unternehmenskommunikation sind also
explizit nicht Gegenstand dieses
Forschungsvorhabens.5. Prziser: auf die ausschlielich aus dem
Intranet heraus Zugriff besteht6. Noch knapper: Potenziale interner
Mitarbeiterweblogs fr die Wissenskommunikation. Da
Wissenskommunikation kein besonders gut etablierter und einfach
verstndlicher Begriff ist, bleibt es imHaupttext bei der etwas
lngeren Formulierung.
2
-
1.1 Ansto, Forschungsbedarf und Forschungsfragen
Sind diese Formen auf den Organisationskontext bertragbar? Wie
lsst sich eine solche bertragung sinnvoll beschreiben?
3) Mit welchen Konzepten lassen sich Nutzungsformen und
Nutzenpotenziale im Kontext Intranetgeeignet beschreiben? (F3)
Empirisch gesttzt soll beschrieben und verdichtet werden,4) Wie,
wozu und wie intensiv wird ein entsprechendes Angebot genutzt?
(F4)5) Welcher Beitrag entsteht fr das Wissensmanagement,
insbesondere fr den Wissensaustausch? (F5)
Fr den erste Fragenblock bietet sich eine
theoretisch-argumentierende Herangehensweise an, beimzweiten Block
steht die empirische Fundierung im Vordergrund. Durch die
Verdichtung derBeobachtungen und den Abgleich mit bekannten
Konzepten und Studien ergibt sich jedoch auch fr F4und F5 ein
theoretisch-konzeptionelles Moment. Schlielich stellt sich bei
jeder Erkenntnis die Fragenach deren Nutzbarkeit in anderen
vergleichbaren Kontexten. Die Beschreibung der Nutzenpotenzialesoll
schlielich um Risiken, Konsequenzen und Gestaltungsempfehlungen
erweitert werden.
Generell lassen sich zwei Defizite zu den beschriebenen
Forschungsfeldern feststellen. Zum einen gibtes relativ wenige
empirisch gesttzte Studien zum organisationsinternen Einsatz von
Weblogs. Zumanderen ist die Forschung hierzu kaum theoretisch
fundiert. Beide Defizite sollen mit der vorliegendenArbeit
verringert werden. Ein weiteres Ziel ist die Entwicklung von
Orientierungswissen (Scherer 2006,Seiler 2008: 128) durch
Verdichtung und Vernetzung einzelner Konzepte aus
unterschiedlichenFachdisziplinen.
1.1.3 Forschungsmethoden Spannungsfelder
Angesichts der geschilderten Defizite stellt ein exploratives
Vorgehen (Bortz & Dring 2001) imRahmen der oben beschriebenen
Schwerpunktsetzung das geeignete Verfahren dar. Je
nachForschungsfrage und Themenbereich handelt es sich eher um eine
theoriebasierte (F1, F2, F5) oder umeine empiriebasierte
Exploration (F3, F4). Bei letzterer werden sowohl quantitative als
auch qualitativeAuswertungsmethoden eingesetzt. Abbildung 1 zeigt
schwerpunktmig die Zuordnung derForschungsfragen zu den Kapiteln
der Arbeit. Insbesondere beim Thema
organisationalesWissensmanagement heit theoriebasiert im
vorliegenden Fall nicht ausschlielich literaturgesttzt.Hierbei
kommt meine Erfahrung aus zehn Jahren Wissensmanagementberatung und
-entwicklung zumTragen, insbesondere bei der Auswahl und Bewertung
der referierten Konzepte. Gerade wenn es um dieBevorzugung eines
Modells gegenber eines anderen ging, habe ich deshalb versucht, zu
reflektieren,zu relativieren, oder zumindest zu argumentieren. Vor
allem dort, wo mir die intuitive Integration meinerErfahrungen
bewusst wurde.
Meine Biographie bringt auerdem eine Vernetzung von technischer
und sozialer Betrachtungsweise mitsich. Dies mag es fr den Leser
manchmal schwierig machen, da die entsprechendenGegenstandsbereiche
blicherweise durch Disziplinierung voneinander getrennt sind. Ich
wechsle alsomitunter die Perspektive zwischen psychosozialen
Erlebens- und Verhaltensphnomenen einerseitssowie
technisch-funktionalen Bedingungen und Entwicklungen andererseits.
Dies soll zu Einsichtenbeitragen, die nur durch die Betrachtung des
engen Zusammenspiels von Mensch und Technik erlangtwerden
knnen.
Durch die Anbindung an ein interdisziplinres Institut, lst sich
die Arbeit von einer starren Bindung aneinzelne wissenschaftliche
Fcher (s. 1.2). Neben dem angesprochenen Spannungsfeld Mensch
undTechnik wechselt die Arbeit mehrmals zwischen der kollektiven
Aggregationsebene der Organisation
3
-
1 Einleitung
und der Individualebene, was alleine schon den Rckgriff auf
unterschiedliche Disziplinen wiePsychologie und Soziologie
erfordert.
Methodisch werden teilnehmende Beobachtung, teilstrukturierte
Interviews und die fallweiseInspektion von Weblog-Inhalten
eingesetzt, die sowohl quantitativ als auch qualitativ
ausgewertetwerden (s. 5.2). Hintergrnde und der Kontext der
Forschung werden aus ethnographischer Perspektivedargestellt. Die
Studie ist in zweierlei Hinsicht eine Einzelfallstudie. Zum einen
wird empirisch dieEinfhrung Weblogs in einem Unternehmen
untersucht, zum anderen werden im Rahmen dieserEinfhrung wiederum
einzelne Mitarbeiter als Flle dargestellt, die mit dem Medium
Weblogs inBerhrung kamen. Der Unternehmensfall wird durch
literaturgesttze Argumentation und dieEinbeziehung mglichst
vergleichbarer empirischer Studien relativiert. Die individuellen
Einzelfllebekommen einen Rahmen durch die explorativen Analysen der
aggregierten Daten.
In Anlehnung an Reeves (2000), der die Forschung zu
Instruktionstechnologien reflektiert undsystematisiert, verfolgt
meine Arbeit theoretische Ziele im Rahmen einer
Entwicklungsforschung(Wellenreuther 2000: 221 ff.). Es wird demnach
die Przision experimenteller Forschungsanstze zuGunsten von
Komplexitt und Relevanz geopfert, wobei auf die Reflexion und
Verdichtung vonKonzepten besonderer Wert gelegt wird.
1.1.4 Aufbau der Arbeit
Nach einer kurzen disziplinren Verortung und
Begriffsbestimmungen zu Wissen, Information undManagement
beschreibe ich zunchst das Thema Wissensmanagement (Kapitel 2) mit
seinenunterschiedlichen Facetten, Konzepten und ungelsten
Problemen. Ich argumentiere, dass sich einzeitgemes
Wissensmanagement an den Charakteristika von Wissensarbeit zu
orientieren hat undEntwicklungen wie konomisierung,
Individualisierung und Informatisierung bercksichtigen muss.Aus
dieser Diagnose heraus erfolgt eine erste Beschreibung von
Potenzialen fr Weblogs imWissensmanagement. Die Analyse wird im
nchsten Schritt vertieft, indem die individuelle Ebenedigitaler
Wissensarbeit analysiert und modelliert wird (Kapitel 3). Auch aus
dieser Analyse folgenweitere Potenziale und Grenzen fr den Einsatz
von Weblogs.
In Kapitel 4 wird dargestellt, wie sich die Nutzung von Weblogs
im Internet ausdifferenziert, wie diesePraktiken im Sinne eines
Technologie-Push auf Organisationen wirken und auf Adoption drngen.
Ausder Differenzierung von Weblog-Stilen und einer Systematisierung
zu Social Software allgemeinwerden weitere Konzepte fr die eigene
empirische Studie gewonnen.
In der empirischen Studie (Kapitel 5 und 6) wird die Genese der
Infrastruktur und derNutzungspraktiken in der Siemens AG
beschrieben und, wo mglich, mit Daten aus vergleichbarenStudien
verglichen. Nutzungsformen und Nutzenpotenziale werden anhand von
zehn Einzelfallstudiengewonnen und systematisiert. Im Hinblick auf
organisationales Wissensmanagement wird dasVerwendungsmuster
Wissensweblogs herausgearbeitet und zu den beobachteten
Charakteristika inBeziehung gesetzt.
Kapitel 7 schliet die Arbeit mit einer Integration der
Ergebnisse in Bezug auf organisationalesWissensmanagement ab. Es
werden die Besonderheiten und Leistungen der eigenen Studie
reflektiertsowie generelle Potenziale, Konsequenzen und Risiken der
beschriebenen Entwicklungen skizziert. DieVerschrnkung zwischen den
Themenbereichen und der Beantwortung der Forschungsfragen
stelltAbbildung 1 grafisch dar.
4
-
1.1 Ansto, Forschungsbedarf und Forschungsfragen
1.1.5 Sprachverwendung und Textformate
Diese Arbeit ist in der Ich-Form verfasst, konsequenterweise
beziehen sich Formulierungen wie derAutor oder die Autorin auf
zitierte Personen, also beispielsweise das letzte Zitat. Auerdem
ist beiallgemeinen Personenbezgen, der besseren Lesbarkeit wegen,
die mnnliche Form gewhlt. Bei denFallstudien ist dies schon aus
Grnden der Anonymisierung notwendig. Ursprngliche Hervorhebungenin
Zitaten werden ggf. als Unterstreichungen wiedergegeben, eigene
Hervorhebungen durch Fettdruck.Kursive Schrift im eigenen Text soll
eine inhaltliche Betonung zum Ausdruck bringen, Fettdruck dientder
besseren Auffindbarkeit von Schlsselbegriffen. Bezeichnungen fr
stehende Begriffe werden dortin einfache Anfhrungszeichen
eingeschlossen, wo diese Bezeichnungen nicht allgemein
eingefhrtsind. Wrtliche Zitate und Wortspiele mit blichen
Benennungen, die auf mitunter paradoxeSachverhalte verweisen sowie
eigene Wortspiele mit unblichen Benennungen werden in
doppeltenAnfhrungszeichen gefhrt. Synonyme Bezeichnungen werden
entweder ergnzend in Funoten,eingeleitet mit Synonym, aufgefhrt
oder im Text mit / gereiht, wenn das Aufzeigen der Synonymiedem
besseren Verstndnis des fortlaufenden Textes dienen kann.
Direkt nach Kapitel- oder Abschnittsberschriften habe ich
einfhrenden Text formuliert, wenn dieserzur Abstraktionsebene der
berschrift passt. Sind solche einfhrenden Stze nicht notwendig und
dienchste Teilberschrift geht meines Erachtens klar aus dem
bergeordneten Titel hervor, entfallen solcheinfhrenden Ausfhren.
Die oberste Gliederungsebene heit Kapitel, die zweithchste
bezeichne ichmit Abschnitt.
F 1) Defizite im organisationalenWissensmanagement
F 2) Nutzungsformen von Weblogs im Internet Beschreibung,
bertragbarkeit
F 3) Nutzungsformen und Nutzenpotenziale im Intranet
F 4) Wie, wozu und wie intensiv wird ein internes
Blogging-Angebot genutzt?
F 5) Beitrag fr das organisationale Wissensmanagement
Kapitel 2 -Wissensmanagement
Kapitel 3Persnliches WM und Weblogs
Kapitel 4Weblogs im Internet / Adoption
Kapitel 5 und 6Fallstudien
Kapitel 7Reflektion und Ausblick
Abbildung 1: Zuordnung der Kapitel zu den Forschungsfragen
(Schwerpunkte)
5
-
1 Einleitung
1.2 Disziplinen, Theorien, Grundbegriffe
1.2.1 Theorieebenen und Basisdisziplinen
Durch die Vielschichtigkeit des Forschungsgegenstands im Rahmen
der aufgeworfenenForschungsfragen ergibt sich ein ganzer Stapel von
Basistheorien, die bercksichtigt werden sollten.Zu beteiligen sind
Theorien auf mindestens vier Ebenen, nmlich auf der Ebene des
Wissens, desIndividuums, des Wissensmanagements und auf der Ebene
der Organisation.7 Abbildung 2 stellt dieseTheorieebenen grafisch
dar.
Wissenstheorien (Kbler 2005: 97) bieten Unterscheidungen zum
Thema Wissen. Sie beschftigen sichmit den Beschaffenheiten von
Wissen und bilden hufig Wissenstaxonomien aus, in
denenunterschiedliche Arten von Wissen differenziert werden.
Entsprechende Gliederungen finden sichbeispielsweise in der
Philosophie, der Pdagogik und der pdagogischen Psychologie,
derKognitionspsychologie, der Informationswissenschaft und in der
Wissenssoziologie.
Humanwissenschaftliche Theorien bieten Konzepte, wie Individuen
Wissen entwickeln, vermitteln,akzeptieren oder ablehnen und in
Handeln umsetzen. Hier werden sowohl intraindividuelle als
auchinterindividuelle Phnomene konzeptualisiert. Konzepte findet
man typischerweise in Pdagogik undPsychologie.
Sozialwissenschaftliche Theorien haben grere soziale Einheiten
zum Gegenstand und sind insoferngeeignet, das Geschehen in
Organisationen und Gesellschaften zu beschreiben. Aber auch das
Verhltnisvon Individuum und diesen sozialen Systemen spielt eine
entscheidende Rolle (Luhmann 2006: 249). Zunennen sind hier neben
der Soziologie auch spezialisiertere Disziplinen wie
Organisationslehre,Strategielehre und Theorien der Firma (Steinmann
& Schreygg 1993).
Wissensmanagement-Theorien oder besser Bezugsrahmen fr
Wissensmanagement(Osterloh & Grand 1995) versuchen, meist
zwischen den letztgenannten Ebenen, Konzepte anzubieten.Hier werden
typischerweise, vom Individuum abstrahierte, Wissensprozesse
postuliert. (vgl. 2.4). Wienoch gezeigt werden wird, befindet sich
die Praxisdisziplin Wissensmanagement groenteils noch ineinem als
vor-theoretisch zu bezeichnenden Entwicklungsstadium.
In der vorliegenden Arbeit bediene ich mich theoretischer
Konzepte aus allen vier beschriebenenEbenen, ergnzt um Bausteine
der angewandten Informatik, insbesondere der Mensch-Computer-
7. Wahlweise auch: des Kollektivs, als Gegenbegriff zum
Individuum oder der Unternehmung.
Wissens-Theorien
Humanwiss. Theorien
Wissensmanagement-Theorien
Sozialwiss. Theorien
Abbildung 2: Theorie-Stapel zum Wissensmanagement
6
-
1.2 Disziplinen, Theorien, Grundbegriffe
Interaktion (s. Kapitel 3). Eine Beschrnkung auf spezielle
Medienwissenschaften beispielsweiseMedientheorie(n),
Medienphilosophie oder Mediensoziologie erfolgt nicht. Das Feld
erscheint mirrelativ fragmentiert, ein Ordnungsversuch wrde eine
eigene Arbeit darstellen. Insbesondere dieTatsache, dass Weblogs
von diesen Wissenschaftsdisziplinen bisher kaum systematisch
erforschtwurden, macht einen Rckgriff auf etabliertere Theorien
erforderlich. Eine Verbindung vonMedienwissenschaften und
Wissensmanagement, unabhngig vom Thema Weblogs, wre ein
weiteres,interessantes Forschungsgebiet.
1.2.2 Differenzierung zwischen Wissen und Information
Kaum eine Auseinandersetzung mit dem Thema Wissensmanagement
kommt um Klrungsversuchezum Begriff Wissen herum. Doch wie soll die
Klrung eines Begriffes erfolgen, der das abendlndischeDenken und
Forschen seit circa zweieinhalb Tausend Jahren beschftigt? Die
Fragen, die an das KonzeptWissen gestellt werden sind vielfltig,
unterliegen historischen Entwicklungen und bringen
soDifferenzierungen des Wissens (Schilcher 2006: 16) hervor, von
denen einige in Kapitel 2 beschriebenwerden.
Ich mchte, einer Einleitung angemessen, einige Kernbereiche
dessen zu umschreiben, wasWissensverstndnisse einerseits
voneinander abgrenzt und andererseits zusammenhalten kann. Es
lassensich Aspekte benennen, an denen sich wortwrtlich die Geister
(und Disziplinen) scheiden. Auf einetabellarische Auflistung von
Wissensdefinitionen, wie man sie hufig in wissenschaftlichen
Arbeitenfindet, verzichte ich bewusst. Sinnvollerweise msste nmlich
mitbetrachtet werden, welche Fragen mitdem Wissensbegriff in der
jeweiligen Entwicklungsphase einer Disziplin oder historischen
Epoche einerDisziplin berhaupt aufgegriffen werden. Letzteres
geschieht leider selten. Schilcher (2006) betont, dassdie Debatten
um Wissen heute vor allem vor dem Hintergrund einer sich
entwickelnden Informations-und Wissensgesellschaft (Kbler 2005,
Castells 2001, Bell 1985) gefhrt werden.
Das Verstndnis von Wissen, das sich heute zu einem zentralen
Bezugspunkt verschiedenerAuseinandersetzungen entwickelt hat,
besitzt weder eine genuin philosophische noch
wissenssoziologischeAusrichtung. Dieses Verstndnis ist vor allem
utilitaristisch, pragmatisch auf Handlungsfhigkeit und damitauf
praktische Verwendbarkeit ausgerichtet. (Schilcher 2006: 21)
Es ist also nachvollziehbar, warum man sich im Wissensmanagement
hauptschlich an derUnterscheidung Wissen vs. Information
abarbeitet. Fragen nach Wissen vs. Meinen oder Wissen vs.Wahrheit
sind fr eine konomische Verwertbarkeit von untergeordnetem
Interesse.
Insofern msste das Konzept der Viabilitt aus dem Radikalen
Konstruktivismus von Glasersfelds(von Glasersfeld 1996) eigentlich
anschlussfhig sein. Die Attraktivitt relativiert sich allerdings
schnelldurch den Bezug zur Erkenntnistheorie einerseits und die
strikte Forderung andererseits, Wissenunveruerbar an Menschen zu
binden. Entlang dieser Demarkationslinie verluft eine
begrifflicheInkommensurabilitt. Ein Teil wissensrelevanter Theorien
lsst Wissen prinzipiell nur innerhalblebender, erkenntnisfhiger
Systeme, mit anderen Worten, Menschen, zu. ber
Symbolsystemeexternalisierte, insbesondere ber Schrift
materialisierte Ausdrucksformen werden als
Informationbezeichnet.
Dagegen werden in der soziologischen Systemtheorie sensu Luhmann
und trivialisierten Modellen, wiebeispielsweise der sogenannten
Wissenstreppe (North 1998), Sprnge sowie Umschlagspunkte
derKomplexitt8 oder Relevanz (Willke 1998a: 13) als
Unterscheidungskriterien gefordert. Es ist dannnicht mehr ntig,
Wissen an Leben zu binden. Auf diese Weise entsteht eine Anbindung
an die Vorstel-lung, dass Wissen in (den Bchern) einer Bibliothek
stehen kann. Hierzu wird das Konzept des Sy-stems Person durch das
Konzept eines abstrakten (autopoetischen) Systems ersetzt,9 dass
auf
7
-
1 Einleitung
unterschiedlichen Aggregationsebenen gedacht werden kann und
damit existiert(Luhmann 1984: 16).10 Beispiele fr solche
Aggregations- oder Analyseebenen sind Gruppen, Organi-sationen und
Gesellschaften. In meiner Arbeit bevorzuge ich die Bezeichnung
Emergenzebenen, umzum Ausdruck zu bringen, dass die unterschiedlich
groen sozialen Gebilde spezifische Dynamikenaufweisen.11 Dies ist
gerade dann zu bercksichtigen, wenn Phnomene (Dynamiken) auf
unterschied-lichen Ebenen gleich bezeichnet werden, wie dies
beispielsweise beim Lern- und beim Wissensbegriffder Fall ist.
Entlang dieser Emergenzebenen lsst sich der Begriff Wissen
unterschiedlich verorten. Dies fhrtdann zu Forderungen, dass nur
Individuen12 Wissen tragen knnen, oder zum genau umgekehrten
Fall,wie im sozialen Konstruktionismus Gergens (Gergen 2002). Bei
letzterem wird davon ausgegangen,dass Wissen prinzipiell keinen
individuellen Charakter haben kann, sondern sich grundlegend auf
sozialeAggregate beziehen muss. Abbildung 3 stellt den Versuch dar,
ein Spielbrett (Romhardt 1998) fr dieseUnterscheidungen
bereitzustellen, dass je nach erkenntnistheoretischer Grundhaltung
und theoretischerTradition unterschiedlich mit den Begriffen
Information und Wissen ausgefllt werden kann (vgl. auchvon Glahn
2009: 16).13
Ich werde mich in dieser Arbeit bemhen, einen trennscharfen
Wissensbegriff (Wissen im engerenSinne) zu verwenden, dessen Grenze
entlang der Unterscheidung material vs. menschlich
verluft(dramatischer: tot vs. lebendig, Roehl und Romhardt 2000).
Von Wissen im engeren Sinne istdemnach zu sprechen, wenn es(!) an
lebende Menschen gebunden ist. In jedem Fall ist
dieseUnterscheidung klarer zu ziehen als die beschriebenen
Umschlagspunkte in der Komplexitt zubestimmen. Hier ist meiner
Meinung nach ein Denken in Kontinua angemessener. Sollen
nuninformationstragende Medien, wie beispielsweise Weblogs,
untersucht werden, so ist es bei allerTrennschrfe hilfreich, einige
Wege aufzuzeigen, die Verbindungen zwischen Wissen und
Informationbeschreiben.
1.2.3 Integrierende Aspekte (zwischen Wissen und
Information)
Ein integrativer Aspekt vieler Wissensphnomene und -Probleme
bezieht sich auf den strukturellen(statischen) Charakter, der
Wissen zugeschrieben wird.
Eine andere wesentliche Eigenschaft von Wissen, seine
strukturelle Natur, ist auch mit einem Paradoxbehaftet. Es macht
keinen Sinn, von Wissen zu reden, wenn wir ihm nicht eine gewisse
Dauerhaftigkeitzuordnen. Wir verfgen nur ber wirkliches Wissen,
wenn es uns implizit oder explizit zur Verfgung steht,wenn wir es
handelnd oder redend ausdrcken und in mehr als einer Situation
aktualisieren und anwendenknnen. (Seiler 2008: 11)
8. Hufig ist von Vernetzungsmustern oder Kontexten die Rede,
meist ohne diese Konzepte dann genauer zuerlutern
9. Ob dies theoretisch zulssig ist, ist auch zwischen
Protagonisten unterschiedlicher Systemtheorien
strittig,beispielsweise zwischen Humberto Maturana und Niklas
Luhmann (vgl. May 2008: 110 ff.).
10. Allerdings wird dann auch der Informationsbegriff
systemrelativ definiert, was zu verschiedenstenbegrifflichen
Problemen (Kbler 2005: 86) fhrt und hier nicht weiter verfolgt
wird.
11. Die Rede von der Aggregaten klingt mir zu mechanisch, da auf
unterschiedlichen Ebenen qualitativunterschiedliche Effekte
(Gruppendynamik, strukturelle Konkurrenz etc.) auftreten knnen, die
gerade bereine reine Aggregation (im Sinne von Anhufung)
hinausgehen.
12. Nach Luhmann werden diese erst seit dem 18. Jhdt. mit dem
einzelnen Menschen gleichgesetzt(Luhmann 2006: 247).
13. Die Positionierung der Unterscheidung bewusst/unbewusst ist
nicht etwa auf niedrige Komplexitt zu beziehen,sondern ist aus
grafischen Grnden neben der Vertikalen in der Nhe des personalen
Wissens platziert.
8
-
1.2 Disziplinen, Theorien, Grundbegriffe
Damit einher geht die berlegung, dass Wissen, wie und wo auch
immer, reprsentiert14 oder verkrpert(Amelingmeyer 2004: 43) ist.
Der Aspekt der Verkrperung ermglicht eine Integration ber
dieUnterscheidung belebt vs. materialisiert hinweg, da nach dieser
Vorstellung sowohl humane als auchmateriale Wissenstrger denkbar
sind. Akzeptiert man diese Zumutung, dann lsst sich
zwischenschriftlichem und mndlichen Wissen unterscheiden und eine
Anbindung an denKommunikationsbegriff Luhmanns (2006: 311)
erreichen, die hier jedoch nicht weiter verfolgt wird.
Ein umfassenderer, integrativer Wissensbegriff liegt dem
strukturgenetischen Modell vonSeiler und Reinmann (2004) zugrunde,
welcher Information, unter bestimmten explizierten
Einschrn-kungen(!) als eine Form von Wissen begreift und somit auch
Artefakten Wissensqualitt zugesteht.15 BeiInformationen handelt es
sich demnach um ffentliches Wissen, welches in den meisten Fllen
durchdas Symbolsystem Sprache konventionalisiert wurde (przise:
konventionalisiertes ffentliches Wis-sen).
Unter der doppelten Einschrnkung, dass aktuelles und personales
Wissen (Synonym: idiosynkratischesWissen, KE) den Zeichen durch
semiotische Akte anvertraut wurde, und dass es der Interpretation
durchaktuelles Wissen von Personen bedarf, sind wir berechtigt zu
sagen, dass Information in und durch Zeichenobjektiviertes oder
materialisiertes Wissen sei. (Seiler 2008: 109 f.)
In der entsprechenden Darstellung (Abbildung 4) kommt auch klar
zum Ausdruck, welche wichtigeRolle der Dialog zwischen zwei
Subjekten spielt (linke Seite des Modells) und wie
dieseKommunikation materialisiert abgegriffen werden kann und dann
einen anderen Charakter bekommt.
14. Hier wird auf die naheliegende Formulierung gespeichert
gezielt verzichtet, um etwas Abstand von
einerinformationstechnischen Metapher fr Wissensphnomene generell
zu gewinnen.
15. Eine Brcke zur Informationswissenschaft, die das Verhltnis
von Wissen und Information quasi umkehrt lsstsich auf diese Weise
trotzdem nicht schaffen. Siehe Kbler (2009: 85) fr eine Kritik an
der entsprechendenBegriffsbildung.
Individuum
bewusst
unbewusst
lebendeVerkrperung
materialeVerkrperung
Information =ffentliches Wissen
personales Wissen
Organisation
Gesellschaft
KomplexittKomplexitt
Emergenzebene
Abbildung 3: Spielbrett fr Wissensbegriffe (Wissen vs.
Information, strukturgenetisch)
9
-
1 Einleitung
Wissen im weiteren Sinne umfasst also sowohl einen statischen
(strukturellen) Aspekt als auch dieprinzipielle Mglichkeit der
Vernderung (dynamischer, prozessualer Aspekt). Wissen ist
sozusagen,metastabil. Fr einen bestimmten Zeitrahmen wird Stabilitt
angenommen, bei prinzipiellernderungsmglichkeit hin zu einem
nchsten, besseren Wissenszustand.
Zusammenfassend mchte ich Wissen im engeren Sinne als lebendig
verkrperte Reprsentation vonvernetzten viablen Handlungsmustern
beschreiben16 (in Anlehnung an Amelingmeyer 2004 und Meyer200517).
Die Reprsentation bezieht sich auf das erfolgreiche Handeln und
insbesondere nicht auf eineontische, berindividuell
korrespondierend abgespeicherte, Realitt (vgl. von Glasersfeld
1996).
Von In-form-ation dagegen soll die Rede sein, wenn Dialoge,
Gedanken oder Beobachtungen in eineForm gebracht werden (vgl.
Schmiede 2006: 7). Es handelt sich, in Anlehnung an
systemtheoretischeRedeweisen, um symbolisch reprsentierte
Unterscheidungen (Spencer-Brown 2004). Hierbei spieltSprache, als
sehr flexibles Symbolsystem eine herausragende Rolle.
Alltagssprachlich (undsystemtheoretisch) wird der Begriff
Information eher fr kleinere, elementare Einheiten verwendet,was
mich zur folgenden Arbeitsdefinition fhrt: Informationen sind
elementare, material symbolischreprsentierbare Unterscheidungen.
Wegen der relativ einfachen Materialisierbarkeit ist dann die
Redevon der Information in einem Medium (fr mich) akzeptabel. Da
heutzutage gesprochene Sprache mitalltglich verfgbaren technischen
Mitteln materialisiert werden kann, lsst sich auch in diesem Fall
vonInformation sprechen, auch wenn der Grad der Formalisierung ein
geringerer ist als bei Schriftsprache.
16. Dies ist, um es in der Einleitung einfach zu halten, eine
objektivistische Definition, die noch ohne die
expliziteFormulierung eines Beobachters auskommt, wie er vom
Radikalen Konstruktivismus aber auch den meistenSystemtheorien
gefordert wird.
17. Meyer (2005: 3) bezeichnet Wissen als Repertoire
unterschiedlich gut kodifizierbarer
strukturellerKonnektivittsmuster, deren Inhalte sich zur Erreichung
von Zielen als viabel erwiesen haben.
Information Daten
Handeln Vorstellung
VorstellungHandeln
BegrifflichesDenken
BegrifflichesDenken
Sprache Bilder
andereArtefakte
ffentliches WissenPersonales Wissen
Soziale Praxis Soziale Konstrukte
Aktualisierung Interpretation
Aktualisierung Interpretation
Dialog
PersonA
PersonB
Abbildung 4: Strukturgenetische Sicht auf den Begriff Wissen
(Seiler & Reinmann 2004)
10
-
1.2 Disziplinen, Theorien, Grundbegriffe
Information ist sozusagen durch soziale Konventionen
formalisiert, Daten durch technischeKonventionen.18
Degele (1999) entwickelt die technologisch abgesttzte These von
der zunehmenden Informierung desWissens und beschreibt, wie durch
die zur Banalitt gewordenen Computerisierung des Alltags, sich
derUmgang mit Wissen verndert.
Mit der Informierung von Wissen behaupte ich, da der Einsatz von
Computern Wissen in eine neue,nmlich inhaltsarme und dafr
verarbeitungs- und inszenierungsfreundliche (im Sinne von
leichtervermittelbar, KE) Form bringt. (Degele 1999: 2)
Es ist zu vermuten, dass solche Prozesse in besonderer Weise auf
den Untersuchungsgegenstandzutreffen, weshalb ich es hier bei der
Wahl eines formal-objektivistischen, aber soziologisch
gesttzten,Informationsbegriffs belasse.19 Information in diesem
Sinne ist nahezu kostenlos und in den meistenFllen unendlich
schnell bertragbar, wenn man von grovolumigen Formaten wie
hochaufgelstenRntgenbildern und Filmen einmal absieht, die
bestehende Infrastrukturen noch vor Herausforderungenstellen.
1.2.4 Management und Steuerung
Wesentlich seltener als die Auseinandersetzung mit dem
Wissensbegriff im Wissensmanagement findeteine Reflexion des
Managementbegriffs statt. Ist hier nichts fr das Management von
Wissen zugewinnen?
Management ist berall. Betriebliches (Mi-)Management,
regionales, nationales und internationalesKrisenmanagement,
Selbstmanagement: im Alltagsgebrauch scheint es zumeist um das
Handhaben oderBewltigen von Problemsituationen zu gehen [...]. Eine
verbindliche, allgemein akzeptierte Definition vonManagement findet
sich nicht. Es handelt sich um eine kontingente Allerweltsvokabel,
deren wachsendePopularitt mit zunehmender Mehrdeutigkeit
einhergeht. (Beyes 2002: 84)
Auch der Begriff Management wird also inflationr verwendet,
obwohl er im Vergleich zumWissensbegriff erst rund 100 Jahre alt
ist (Crainer 2000; Staehle 1994: 21). Assoziiert ist das Managenals
Sammelbegriff betriebswirtschaftlicher Steuerungsfunktionen mit
unterschiedlichen sozialen Fakten.Es geht um (a) die Erreichung der
Unternehmensziele mittels (b) durch und durch
zweckrationalenHandelns20 (Beyes 2002: 86), im (c) Rahmen einer
Hierarchie, die (d) zentral organisierte Steuerbarkeitund (e)
Kontrolle garantieren soll. Als typische Teilfunktionen hierzu
gelten Planen, Organisieren,Personal einsetzen, Fhren und
Kontrollieren (Steinmann & Schreygg 1993: 8).
Abstrakter formuliert handelt es sich um einen Komplex von
Steuerungsaufgaben, die bei derLeistungserstellung und -sicherung
in arbeitsteiligen Systemen erbracht werden mssen(Steinmann &
Schreygg 1993: 7). Mittelbar wird mit dieser Aufgabe auch das
Management alsPersonenkreis leitender Angestellter angesprochen,
die diese Funktionen ausben (institutionalerManagementbegriff). In
meiner Arbeit konzentriere ich mich auf den ersteren,
funktionalenManagementbegriff, um insbesondere vernderte
Erwartungen und Verschiebungen anSteuerungslogiken zu entdecken,
die mit der vernetzten Computerisierung einhergehen.
18. Die letztlich auch wieder von Menschen gestaltet werden,
allerdings wesentlich strikter / strker gekoppelt sind,um die
maschinelle Abbildbarkeit und Transaktionsfhigkeit zu
ermglichen.
19. Capurro (1999) unterscheidet beispielsweise noch den
sprachwissenschaftlichen, den kybernetischen,
denkulturwissenschaftlichen und den naturwissenschaftlichen
Informationsbegriff.
20. Dies gilt, wie Beyes (2002: 108) belegt zumindest fr alle
nicht Luhmannianschen System- bzw. Management-Theorien.
11
-
1 Einleitung
Generell kann der hier skizzierte Managementbegriff kritisiert
werden bzgl. der getroffenen Annahmenber die Wirksamkeit der
Steuerung (Ciborra & Hanseth 2001), die postulierte
Handlungsrationalitt(Weick 1985) und die kaum auflsbare
Verschrnkung mit hierarchischer Koordination (Beyes 2002).An dieser
Stelle wird eine weitere Beschftigung mit Managementfragen erst
einmal vertagt und auf dieabschlieende Reflexion verschoben, um
Steuerungsfragen konkret, vor dem Hintergrund eigenerErfahrungen
mit dem Forschungsgegenstand, wieder aufgreifen zu knnen.
1.2.5 Relevanz von Wissensmanagement
Ist Wissensmanagement bei all den skizzierten und angerissenen
Schwierigkeiten (Managementmode,Wissensbegriff, Managementbegriff)
berhaupt noch ein relevantes Thema? Die Legitimation fr
eineweitergehende Beschftigung mit einer systematischeren
Erschlieung organisationsbezogenerWissensprobleme hat sich meines
Erachtens verschoben. Sie definiert sich nicht (mehr) ber
naiveMachbarkeitsphantasien, die die Enttuschung der in
Dokumentations- und bertragungstechnikgesetzten Erwartungen
(Schneider 2005: 24) nach sich ziehen musste. Vielmehr ist es
mittlerweile derumfassendere Zusammenhang der sektoralen
Verschiebung von Wertschpfung und dieInformationsberflle, also die
andauernde Debatte um eine Informations- oder Wissensgesellschaft,
diedie Beschftigung mit Wissensproblemen weiterhin relevant machen
(ausfhrlich Kbler 2005).
Informations- und Wissensgesellschaft sind als Begriffe eine Art
Sammelbecken fr Wandlungstendenzendes entwickelten Kapitalismus
seit der zweiten Hlfte des 20. Jahrhunderts. Sie sind
Selbstbeschreibungen,in denen zum Ausdruck kommt, dass gegenwrtig
den Begriffen Information und Wissen ein besondererStellenwert
zugerechnet wird. (Schilcher 2006: 48)
Nach diesen einfhrenden Betrachtungen kann nun der Einstieg in
das Thema Wissensmanagementerfolgen.
12
-
2.1 Die Zielsetzungen organisationalen Wissensmanagements
2 Wissensmanagement in der Sackgasse
Was wurde mit Wissensmanagement bisher erreicht? An welchen
Konzepten kann sich eineAuseinandersetzung mit Weblogs orientieren?
Wo im Wissensmanagement lassen sich Weblogsprinzipiell einsetzen
und wo nicht? Dieses Kapitel soll Zielsetzungen, Problemlagen,
konzeptionelleBausteine und schlielich den Diskurs um Wissensarbeit
auf Potenziale von Mitarbeiterweblogs hinuntersuchen.
2.1 Die Zielsetzungen organisationalen Wissensmanagements
Eine schlssige Geschichte des Wissensmanagements kann vermutlich
erst in einigen Jahrzehntenabschlieend geschrieben werden. Das
Hybrid aus Praxiserfahrung und Theorieentwicklung (Willkezit. nach
Knoblauch 2004) trgt noch starke Zge einer Managementmode (Kieser
2006,Mhlethaler 2005: 66 ff.). Mit ungefhr einem Jahrzehnt ist die
Tradition dieser Disziplin zu kurz, alsdass die Darstellungen
konvergieren knnten. Die Flle an Publikationen ist allerdings schon
jetztunberschaubar (Romhardt 2002: 13, Howaldt & Kopp 2005: 6)
wobei die Debatte als wenig kumulativbeschrieben wird (Schneider
2006a: 8). Eine Ausdifferenzierung in echte Teildisziplinen hat
nochnicht stattgefunden (vgl. 2.3).
Dennoch mchte ich versuchen, einen berblick zu geben, um Grnde
fr das Scheitern vieler Anstzefreizulegen und damit die Potenziale
fr alternative Wege aufzuzeigen. Die Auswahl der hiervorgestellten
Phasen, Ausschnitte und Konzepte soll also zwei Ansprchen gengen.
Erstens mssen dieAbstraktionsniveaus der dargestellten Aspekte
vergleichbar sein.21 Zweitens sollen die ausgewhltenKonzepte fr den
Fortgang der Arbeit verwertbar sein. Der Titel des Kapitels weist
darauf hin, dassdieser fokussierte berblick auch als Kritik an
bestehenden Anstzen gelesen werden kann und ich einenAusweg
aufzeigen mchte.
Eine einheitliche Definition von Wissensmanagement ist auf Grund
der verschiedenen beteiligtenDisziplinen (vgl. 1.2) einerseits und
durch die vergleichsweise kurze Lebensdauer des Themasandererseits
nicht zu erwarten. Als Ausgangspunkt kann jedoch das vielfach
geschilderte Anliegengelten, den Produktionsfaktor Wissen innerhalb
von sozialen Systemen besser zu nutzen, als dies ohneexplizites
Wissensmanagement geschieht. Solche sozialen Systeme knnen Gruppen,
Organisationen,Dachorganisationen, Verbnde oder ganze
Gesellschaften sein. Fr alle diese Emergenzebenen (s. 1.2.2)ist
Wissensmanagement im Sinne des formulierten Anliegens denkbar. Die
vorliegende Arbeitbeschftigt sich mit Wissensmanagement in
Unternehmen, also Organisationen, die einem konomischorientierten
Unternehmenszweck dienen sollen.
Schneider (2001:32) weist mit dem Grazer Meta-Modell (Abbildung
5) darauf hin, dass sich dieAnstze im Wissensmanagement
grundstzlich auf den drei Dimensionen Zielfokus,Wissensverstndnis
und Managementverstndnis unterscheiden. Zielfokus bezieht sich
dabei auf diegrundlegende Ausrichtung eines Wissensmanagements
zwischen einer verbesserten Nutzungbestehenden Wissens einerseits
und der Entwicklung neuen, unternehmensrelevanten
Wissensandererseits. Ersteres luft auf ein Replizieren
(Multiplizieren) gesicherter Prozeduren und
21. Das heit, meine Gliederungspunkte entsprechen in den meisten
Fllen nicht dem Umfang der existierendenPrimrliteratur, sondern
sollen einer logischen Balance folgen.
13
-
2 Wissensmanagement in der Sackgasse
(Wissens-)Strukturen hinaus, letzteres auf den Versuch zu
innovieren.22 Schneiders DimensionManagementverstndnis mit den
Endpunkten mechanistisch und systemisch mchte ich alsgrundlegendes
Steuerungsverstndnis von Organisationen um-schreiben (vgl. Morgan
2006, Burrell &Morgan 1979). Die Autorin kontrastiert ein
systemisch-organisches und ein reduktionistisch-mechanistisches
Bild. In Anlehnung an meine Verknpfung der Managementaufgabe mit
allgemeinenSteuerungsbegriffen (vgl. 1.2.4) lsst sich dieses
Gegensatzpaar auch als systemisch-emergent
versusmechanistisch-deterministisch bezeichnen.23 Grundlegende
Steuerungsaspekte werden in Kapitel 7wieder aufgegriffen. Die
dritte Dimension, das Wissensverstndnis, reprsentiert die Dialektik
aussubjektivem und objektiven Charakter des Phnomens Wissen (vgl.
1.2.2). Das Modell lsst sichschlielich als Wrfel mit acht Zellen
veranschaulichen, die die Merkmalskombinationen reprsentieren.Da
die Dimensionen Steuerungsverstndnis und Wissensverstndnis stark
zusammenhngen, einmechanistisches Steuerungsverstndnis geht meist
mit einem objektivistischen Wissensverstndniseinher, sind
mindestens vier Kombinationen rein formaler Natur. Damit reduziert
sich das Modellletztlich auf das Vierfelderschema von Burrell und
Morgan (1979, Abbildung 6) zur
Systematisierungsozialwissenschaftlicher Forschungsparadigmen im
Allgemeinen und Organisationsforschung imBesonderen (Gioia &
Pitre 1990). Fr Wissensmanagement ist die Betonung
unterschiedlicherWissensverstndnisse dennoch wertvoll. Ohne an
dieser Stelle erneut auf unterschiedlicheWissensparadigmen
einzugehen, kann festgehalten werden, dass Wissen in Organisationen
etwas mit derFhigkeit zu tun haben muss, Aufgaben zu bearbeiten,
die fr die Organisation bzw. das Unternehmenrelevant sind.
Eine derartige Sicht auf Wissen erzeugt, zunchst rein
analytisch, folgende Mglichkeiten bzgl. derorganisationalen
Verfgbarkeit von Wissen: Bentigtes Wissen zur Lsung einer Aufgabe
existiert (noch) nicht, auch nicht auerhalb der
Organisation. Es ist sozusagen noch nicht in der Welt.
22. Eine Innovation verdient ihren Namen nur dann, wenn sie
entsprechend akzeptiert/verbreitet wird, daher dievorsichtige
Ausdrucksweise.
23. Eigentlich: reduktionistisch-deterministisch;
reduktionistisch ist eher ein Terminus aus derWissenschaftstheorie.
Die Beinahe-Tautologie mechanisch-deterministisch beschreibt meines
Erachtens eherdie unterstellte oder erwnschte Steuerungspraxis.
Abbildung 5: Grazer Meta-Modell (Schneider 2001)
Abbildung 6: Paradigmen der Organisationsforschung (Burrell
& Morgan 1979)
14
-
2.2 Historische Phasen
Zur Aufgabenerfllung ist innerhalb der Organisation zu wenig
Wissen zu einer Aufgabenstellungverfgbar.24 Es kann noch nicht
verfgbar sein (z. B. im Sinne der Einarbeitung neuer
Mitarbeiter)oder nicht mehr. Letzteres wird als Leaving Experts
Problematik zunehmend vor dem Hintergrundeiner lter werdenden
Belegschaft diskutiert
Relevantes Wissen ist zwar innerhalb der Organisationsgrenze
prinzipiell verfgbar, es wird abernicht zur Aufgabenerfllung
eingesetzt, weil es sich beispielsweise nicht am Einsatzort
befindetoder dort kein (Meta)Wissen ber das bentigte Wissen
vorhanden ist.
An diesen Konfiguration von Verfgbarkeit (vgl. Amelingmeyer
2004: 70) kann Wissensmanagementgenerell ansetzen. Das spter in
Abbildung 7 (S. 22) dargestellte Modell erweitert diese
erstenberlegungen.
2.2 Historische Phasen
Vor einer weiteren inhaltlichen Systematisierung des Themas
mchte ich die bisherigen Entwicklungenim Wissensmanagement
historisch skizzieren. Wie in Abschnitt 2.1 angedeutet ist eine
geschlosseneBetrachtung hier noch nicht zu erwarten. Unter
Interpretation von Schtt (2003, 2008) und Mhlethaler(2005: 35 ff.)
lassen sich grob die folgenden Phasen in der geschichtlichen
Entwicklung vonWissensmanagement abgrenzen.
Von Expertensystemen zur Lernenden Organisation
Zwischen 1970 und 1995 wurde Wissensmanagement als Einsatz von
Expertensystemen, Entschei-dungsuntersttzungssystemen und
Management-Informationssystemen verstanden. Rckblickend kanngesagt
werden, dass diese Systeme die Erwartungen derer, die ber ihren
Einsatz zu entscheiden hatten,nicht erfllten. Expertensysteme
lassen sich nur fr sehr spezifische Problembereiche erfolgreich
reali-sieren. So kann die Hinwendung zur Idee einer lernenden
Organisation auch als Antwort auf diegeschilderte Enttuschung
interpretiert werden und als Ausdruck der Hoffnung, intelligente
Organisa-tionen nun durch soziale Prozesse zu entwickeln. Die
Theoriebildung hierzu ist vergleichsweiseanspruchsvoll, da der
individuell erforschte Lernbegriff nun auf Organisationen bertragen
wird undjenseits einer metaphorischen Verwendung nutzbar gemacht
werden soll. Dies erfordert ein grundlegen-des Umdenken von
Organisationskonzepten (vgl. Schreygg 2003: 4), eine Leistung, mit
der die Praxisdes Organisierens noch heute berfordert
erscheint.
Zunehmend wurde nun betriebswirtschaftlich25 die Wichtigkeit des
Themas Wissen in und fr Organi-sationen diskutiert. Die letzten
Jahre dieser ersten Phase des Wissensmanagements waren nachSchtt
(2003: 1) geprgt von der nebulsen These um die Notwendigkeit einer
Wissensmanagement-strategie.
Wissensmanagement als Wissenskonversionen
Zweifellos eines der meist zitierten Konzepte zum Management
organisationalen Wissens ist dieWissensspirale von Nonaka (1994).
Ihre Popularitt kann als Reaktion auf die oben geschilderten,
24. Erst seit kurzem wird der Fall zu viel Wissen im Rahmen von
Wissensmanagement diskutiert. Vor allem vonSchneider (2007,
2005).
25. Die volkswirtschaftliche Diskussion um den Produktionsfaktor
Wissen beginnt frher, vgl. 2.3.2.
15
-
2 Wissensmanagement in der Sackgasse
informatik-getriebenen Wissensmanagement-Projekte verstanden
werden. Zustzlich kommt dieEntwicklung (Generierung) von Wissen in
den Blick.
Als zentrales Konzept wird die Unterscheidung zwischen stillem
Wissen (tacit knowledge,Polanyi 1967) und explizitem Wissen
verwendet (vgl. 2.4.1.). Das auf dieser Unterscheidungaufbauende
SECI-Modell wurde sehr populr. In unzhligen Projekten wurde
erfolglos versucht, dasWissen der Mitarbeiter zu konvertieren und
in sogenannten Wissensdatenbanken zu speichern. DieVorstellung
dieses Spiral-Mechanismus hat viel Schaden angerichtet, indem er
scheinbar dieLegitimation fr intensive Externalisierungsbemhungen
lieferte, die letztlich wirkungslos bleibenmussten (Schneider
2006a: 32, Ciesinger et al. 2005: IX, Schmiede 2006: 473; vgl. auch
2.4.1). Nochheute wird versucht, in unzhligen wissenschaftlich
orientieren Arbeiten auf diesem Modell aufzubauen.Schtt (2003: 3)
bezeichnet diese Phase treffend als frhen Aktionismus. Fragen,
inwieweit Wissenprinzipiell durch Sprache explizierbar ist und
welche Voraussetzungen beim Adressaten fr einVerstehen erfllt sein
mssen, blieben meist ausgeblendet (Kodifizierungsfalle). Dies
istselbstverstndlich nicht ausschlielich den ursprnglichen Autoren
anzulasten, sondern geht auch aufdie unkritische Rezeption des
SECI-Konzeptes zurck (Schneider 2007: 116).
Das SECI-Modell wurde von seinen Autoren brigens bereits 1998
durch das Konzept des Ba starkrelativiert und um Konzepte
erweitert, deren Anschlussfhigkeit an europisches
wissenschaftlichesDenken allerdings eine Herausforderung darstellen
drfte.
Thus in a certain sense, tacit knowledge can only be shared if
the self is freed to become a larger selfthat includes the tacit
knowledge of the other. [...] Externalization requires the
expression of tacit knowledgeand its translation into
comprehensible forms hat can be understood by others. In
philosophical terms, theindividual transcends the inner- and
outer-boundaries of the self. During the externalization stage
ofthe knowledge-creation process, an individual commits to the
group and thus becomes one with he group.(Nonaka & Konno 1998:
42 f.)
Das Konzept des tacit knowledge wird nun sogar ohne Bezug auf
Polanyi (1967) definiert. Eine Sttzungdurch grundlegende
Wissenstheorien (vgl. 1.2.1, Kbler 2005) unterbleibt. Von der
ursprnglichen Idee,stilles Wissen sei vergleichsweise einfach zu
externalisieren, wird nun Abstand genommen und frsolche Unterfangen
zumindest eine Dialogsituation gefordert (interacting Ba). Die
Autorenkonzidieren, dass die Idee der Selbsttranszendenz recht
abstrakt sei, aber dennoch praktisch umgesetztwerden knne (However,
it can be put into practice, Nonaka & Konno 1998: 42). Alles in
allem wirktdiese Wendung wenig berzeugend und hat keinen Eingang in
die Organisationspraxis gefunden.
Wissensmanagement als Produktivitt von Wissensarbeitern
Ab dem Jahr 2000 lsst sich eine (Rck-)Besinnung auf die
besonderen Eigenschaften von Wissensarbeitfeststellen (Willke
1998b, Hube 2005, Schtt 2008).
Ein Nutzen dieser Entwicklung kann darin gesehen werden, dass
nun nicht mehr naiv, das heit ohneexpliziten oder mit einem
trivialisierten Wissensbegriff, versucht wird, Wissen direkt zu
managen,sondern wieder der Arbeitende, sein ggf. mobiler
Arbeitsplatz, die benutzten Werkzeuge und dieentsprechenden
Arbeitsroutinen in den Blick kommen. Diese Sichtweise erscheint
mirerfolgsversprechender und wird in Abschnitt 2.5 vertieft.
16
-
2.3 Kumulative Problembereiche
2.3 Kumulative Problembereiche
Organisationales Wissensmanagement hat zum Ziel, Wissensprobleme
von Organisationen zu lsenbzw. Lsungsanstze zu entwickeln (Schnauer
2003: 80). In diesem Sinne kann die bereitsangesprochene Flut von
Konzepten und publizierten Anstzen eher als zunehmende
Problematisierungdes Phnomens Wissen in Organisationen verstanden
werden, denn als Lsung dieser Probleme(Howaldt & Kopp 2005: 6).
Daher ist es sinnvoll, die Entwicklungen im Wissensmanagement
zustzlichals Problemgeschichte zu skizzieren. Es lassen sich,
zunchst rein rhetorisch, bestimmte Typen vonWissensmanagement
identifizieren, die sich in spezialisierten Publikationen und
Tagungenniederschlagen. Bezeichnet werden diese Anstze
beispielsweise als Strategisches WM,Prozessorientiertes WM,
Wissensmrkte, Persnliches WM und Verteiltes WM. Diese Typen
sindeinerseits kumulativ, weil keine dieser proklamierten
Subdisziplinen durch eine andere abgelstwurde, sondern nach einer
Themenexplosion um das Jahr 1996 (entovation 2000) bis heute
parallelexistieren. Andererseits handelt es sich um Pseudo-Typen,
da lediglich Teilaspekte des Gesamtproblemsherausgegriffen und als
eigenes Wissensmanagement ausgerufen werden. Diese Entwicklung
dauertan.26
2.3.1 Strategisches, Prozessorientiertes und marktorientiertes
Wissensmanagement
Strategisches Wissensmanagement
Waren die oben angesprochenen Expertensysteme zwangslufig auf
einen eng umgrenztenThemenbereich (Domne) ausgerichtet, so
versprachen Wissensmanagementinstrumente27 zunchsteine Eignung fr
jedwedes, organisationales Wissen. Selbst wenn dieser Anspruch
einzulsen wre, somuss aus rein betriebswirtschaftlichen berlegungen
heraus davon ausgegangen werden, dass es nichteffizient sein kann,
jedes Wissen zu managen zumindest wenn man davon ausgeht,
dassWissensmanagement Aufwand bedeutet. Es wurde erkannt, dass
zunchst festgelegt werden muss,welches Wissen denn genau Gegenstand
eines Wissensmanagement-Projektes oder -Programmes seinsoll. Diese
Selektion wiederum kann nur aus den Unternehmenszielen abgeleitet
werden, wennWissensmanagement kein Selbstzweck in der Unternehmung
werden soll. Im Sinne der Triasstrategisches, operatives und
normatives Management (Bleicher 2004) handelt es sich um
einenTeilaspekt des Wissensmanagements, der sich auch auf
individuelle berlegungen bertragen lsst (vgl.Reinmann & Eppler
2008). Probst, Raub und Romhardt (1997: 86) empfehlen fr
Organisationen dieAbleitung von Wissenszielen als strategische
Aufgabe. Auch eine Wissensbilanz (Alwert 2005) kann
alsstrategisches Instrument eingesetzt werden und muss nicht nur
der summarischen Rckschau dienen.
Strategisches Wissensmanagement kann als kontinuierliche
Fokussierung auf das Problem verstandenwerden, dass es weder mglich
noch sinnvoll ist, zu versuchen, jedwedes Wissen einer Organisation
zumGegenstand von Managementbemhungen zu machen.
Prozessorientiertes Wissensmanagement
Der Versuch, Wissensmanagement konzeptionell zu fassen, fhrte zu
verschiedenenProzesskonstrukten. Die Wissenskonversionen von Nonaka
(1994; vgl. ) waren die erste Vertreter dieses
26. Beispielsweise durch den 3nd International Workshop on
Service-Oriented Knowledge Management(SOKM'09) im Jahre 2009 (IEEE
2009).
27. Diese Formulierung soll sowohl auf soziale als auch
informationstechnische Gestaltungsmglichkeitenhindeuten.
17
-
2 Wissensmanagement in der Sackgasse
Unterfangens. Probst et al. (1997) beschreiben mit ihren
Bausteinen des Wissensmanagements28 eineReihe von Aktivitten, die
wir als Kernprozesse des Wissensmanagements auffassen (S. 51).
Auchdieser Versuch hatte mitunter Nebenwirkungen. Er war zwar
anschlussfhig an die Sprache der Praktikerin den Unternehmen, fhrte
jedoch insbesondere in Kombination mit der Einrichtung neuer Rollen
undStellen dazu, dass sich die Wissensmanager von den
wissensbezogenen Herausforderungen in deneigentlichen
Geschftsprozessen entfernten. So hilfreich die Denkfigur
abstrahierterWissensprozesse fr die Konzeption von
Wissensmanagement scheint, so unglcklich war vielfach
diereflexartige Assimilation durch die Praxis. Als weiterer
Prozesstyp lsst sich der Einfhrungsprozess vonWissensmanagement
nennen, also die mit Wissensmanagement verbundenen, strukturellen
nderungenin den Betriebsablufen.
Die Ausrufung eines Prozessorientierten Wissensmanagements
(Trier 2000, Thiesse 2001, Remus2002, Abecker, Hinkelmann, Maus
& Mller 2002) kann als notwendige Korrektur verstanden
werden,die Disziplin wieder auf geschftsbezogene Pfade
zurckzufhren. Wie andere Untersttzungsprozesse,so muss auch
Wissensmanagement die eigentliche Leistungserstellung in
Kernprozessen wirkungsvolluntersttzen. Mit Mhlethaler (2005: 75)
und den dort zitierten empirischen Studien ist davonauszugehen,
dass diese Probleme noch nicht gelst sind.
Die Frage, wie Wissensmanagementaktivitten geschickt in
Geschftsprozesse und individuelleHandlungsroutinen eingeflochten
werden knnen, ist auch fr den Fortgang der vorliegenden Arbeit
vonentscheidender Bedeutung. In Kapitel 3 wird die entsprechende
Frage aus der Individualperspektivebehandelt. Ein effizientes
Einknpfen von Wissensmanagementaktivitten in Geschftsprozesse
istalso nach wie vor ein ernstzunehmender Imperativ. Er ist aber
nur dort effizient, wo Geschftsprozesseeine ausreichende Stabilitt
aufweisen, um die Verknpfungen der Wissensprozesse nicht
permanentnachfhren zu mssen.
Wissensmrkte
Eine weitere Form von Wissensmanagement, die ich an dieser
Stelle herausheben mchte, ist die Ideeinterner Wissensmrkte
(Davenport & Prusak 1998, North 1998). Sie hat den Charme, dass
scheinbarrelativ wenige Aussagen ber Detailablufe gemacht werden
mssen, da die notwendige Koordinationdurch die unsichtbare Hand des
Marktes erfolgt. ber erfolgreiche Umsetzungen dieses Ansatzes
istallerdings wenig bekannt. Aus konzeptioneller Hinsicht bleibt
unklar, wie der Mechanismus derPreisbildung stattfinden soll,
welche Auswirkungen Transaktionskosten auf ein Gelingen
bzw.Scheitern dieser Lsung haben und wie mit bentigten
Voraussetzungen (Seidel 2003: 129), inhrentenParadoxien (Schneider
2005: 36) und bekannten Dysfunktionalitten von (internen)
Mrkten(Khl 2000) umgegangen werden kann, die bei der Ware Wissen
erwartet werden mssen. Weiterdurchdacht ist demgegenber der Ansatz
von Schmidt (2000), der eine Kunstwhrung einfhrt, die berbestimmte
Eigenschaften den Austausch von Wissen optimieren soll. Hier wre
zunchst zu klren,inwiefern eine solche Parallelwelt neben den
bestehenden Controlling- und Steuerungsformen einesUnternehmens
dauerhaft implementiert werden kann. Eine erfolgreiche Umsetzung
des zuletztbeschriebenen Konzepts im Rahmen eines organisationalen
Wissensmanagements ist mir nicht bekannt.
Die Idee von Wissensmrkten kann als frhzeitiger Hinweis auf
Steuerungsprobleme imZusammenhang mit Wissen verstanden werden.
Eine direkte Steuerung ist bei den meisten Wissensarten
28. Im Einzelnen sind dies: W-Identifikation, W-Bewahrung,
W-Nutzung, W-(Ver)teilung, W-Entwicklung, W-Erwerb (W =
Wissen).
18
http://www.springer.com/computer/database+management+%26+information+retrieval/book/978-3-540-42970-8?detailsPage=common|tell_a_friendhttp://www.springer.com/computer/database+management+%26+information+retrieval/book/978-3-540-42970-8?detailsPage=common|tell_a_friendhttp://www.springer.com/computer/database+management+%26+information+retrieval/book/978-3-540-42970-8?detailsPage=common|tell_a_friend
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2.3 Kumulative Problembereiche
(vgl. 2.4.1) ausgeschlossen (Willke 1998a: 88, Willke 2001a).
Die Idee der Wissensmrkte kann ganzgenerell als Versuch gewertet
werden, Wissensaustausch29 zu frdern, ohne sich detailliert
umSteuerungsprobleme kmmern zu mssen. In jngerer Vergangenheit wird
allerdings deutlich, dass dieunsichtbare Hand des Marktes doch
nicht so geschickt steuert, wie angenommen. Es wird mehr und
mehrdeutlich, wie voraussetzungsvoll das Konstrukt Markt in Bezug
auf Rahmenbedingungen ist. Dies drfteneben Gter- und Kapitalmrkten
in verstrktem Mae fr Wissensmrkte gelten.
2.3.2 Verteiltes und Persnliches Wissensmanagement
In inhaltlichem Zusammenhang, leider jedoch in einem
unverbundenen Diskurs, steht eine schmale,kontinuierliche
Entwicklungslinie verteilter Anstze im Wissensmanagement. Sie lsst
sich aufmehrere Quellen zurckfhren. Eine technologische Tradition
beschftigt sich mit der Gestaltungverteilter technischer
Informationssysteme (Tanenbaum & van Steen 2007; Nissen &
Petsch 2008). Dasbedeutendste Beispiel einer auf verteilter
Information aufbauenden Infrastruktur ist das Internet selbstmit
dem ihm zugrunde liegenden Netzwerkprotokoll.
ber die technologische Entwicklungslinie (vgl. Roehl 2000: 90)
des betrieblichenWissensmanagements beeinflussen diese Ideen die
Diskussion bis heute. Bonifacio, Bouquet undTraverso (2002)
argumentieren, dass die tatschliche soziale Struktur (social form)
einer Organisationim Widerspruch zu zentralistischen
Systemarchitekturen steht. Sie gehen davon aus, dass
Wissenprinzipiell verteilt und an subjektive und soziale Kontexte30
gebunden ist und sich dieses auch in dentechnischen
Systemarchitekturen spiegeln msse.
Tsoukas (1996) schliet an die konomisch orientierten berlegungen
von Hayek (1945) zurbestmglichen Nutzung von Wissen in einer
Gesellschaft an und bertrgt diese auf Organisationen.Dabei betont
er den verteilten Charakter des unartikulierten Hintergrundwissens,
welches jede sozialePraxis begleitet und kritisiert die Annahme,
dass eine zentrale Steuerung gelingen kann.
Likewise, in order for corporate planners to formulate a
strategy they would need, among other things, tobe in possession of
knowledge which is, to a large extent, fundamentally dispersed.
Tsoukas (1996: 12)
Hier besteht eine Parallele zu den oben beschriebenen
Wissensmrkten. Die Diskurse sind bisherallerdings nicht
zusammengefhrt, da es sich bei den zuletzt beschrieben
Wissensmrkten umpragmatisch geforderte Lsungen von Praktikern
handelte.
Willke (1998a) argumentiert systemtheoretisch und weist auf eine
Ausprgung der Theorie der Firmahin, die Unternehmen als
wissensbasierte Systeme konstruieren.
Dem fgen sich gegenwrtig als vierter Strang berlegungen an, die
vorrangig darauf abstellen, da Firmen(aber auch andere
Organisationen) wissensbasiert arbeiten und gegenber dem Markt die
effizientere Formdarstellen, um verteiltes Wissen, vor allem
spezialisiertes implizites Wissen, zu koordinieren eineFhigkeit,
die entscheidend ist, wenn es um die Herstellung komplexer,
wissensbasierter Gter geht [...].(Willke 1998a: 22)31
29. Mrkte dienen zunchst dem Tausch von Gtern. Insofern ist es
nicht verwunderlich, dass sich zumZusammenhang zwischen der
Entwicklung neuen Wissens und Wissensmrkten kaum Literatur
findet.
30. Der Begriff Kontext bleibt auch bei diesen Autoren unscharf,
wenngleich sie ihn fr den (technischen)Kontext semantischer
Interoperation definieren als explicit representation of a
communitys interpretationschema (Bonifacio, Bouquet & Traverso
2002: 27).
31. Nebenbei ist hier interessant, dass hier der Organisation
klassischerweise assoziiert mit demKoordinationsmechanismus
Hierarchie Effizienzvorteile zugeschrieben werden, whrend
anderenorts (vgl. ,2.5.2) gerade auf interne Marktmechanismen zur
Koordination gesetzt wird.
19
-
2 Wissensmanagement in der Sackgasse
Verteiltes Wissensmanagement kann als Antwort auf die
Problemlage verstanden werden, dasszentralistische Initiativen und
Anstze bei der Einfhrung und Stabilisierung von
Wissensmanagementwenig erfolgreich waren (Ciesinger et al. 2005:
IX).32 Das Thema Verteiltheit hat also sowohl im
zuletztbeschriebenen Problemstrang des Wis