1 Christiane Borchers, Dipl.-Theol., Pfarrerin Perlen der Hoffnung Eine Perle ist von bewundernswerter Schönheit. Ihre runde Form spricht uns an, in der Hand fühlt sie sich gut an. In der Natur ist es ein langsamer und mühsamer Prozess, bis sich eine Perle ge- bildet hat. Aus einem Sandkorn ist sie entstanden. Ein Sandkorn dringt in eine Muschel ein. Die Muschel bildet um das Sandkorn Perlmutt. Nach etwa 20 Jahren ist aus dem Sandkorn eine Perle geworden. Das abgebildete Perlenarmband ist ein Meditationsarmband und besteht aus achtzehn Perlen. Zwölf von ihnen heben sich durch die dicken Perlen in unterschiedlichen Größen von den sandfar- benen Verbindungsgliedern ab. Die sechs sandfarbenen, längli- chen Verbindungsglieder werden die Perlen der Stille genannt, obwohl sie eigentlich keine Perlen sind. Perlen sind rund. Neun unterschiedliche Qualitäten sind auf dem Perlenarmband symbo- lisiert, die wir bei der Betrachtung kennen lernen werden. Neun besteht aus dreimal drei. Neun ist die Trinität der Trinität und steht für höchste Vollkommenheit. Jesus hat das Bild der Perle verwendet, als er seinen Jüngerinnen und Jüngern etwas vom Himmelreich erzählen wollte. Er ver- gleicht das Himmelreich mit einem Kaufmann, der gute Perlen sucht, und als er eine kostbare Perle findet, geht er hin und ver- kauft alles, was er hat, und kauft diese eine Perle. (vgl. Mt 13,45)
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Perlen der Hoffnung · 2012. 8. 19. · Die Perle der Nacht Die schwarze Perle ist die Perle der Nacht. Sie steht für Finsternis, Aus-weglosigkeit, Angst, Verzweiflung, Sinnlosigkeit,
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Christiane Borchers, Dipl.-Theol., Pfarrerin
Perlen der Hoffnung
Eine Perle ist von bewundernswerter Schönheit. Ihre runde Form
spricht uns an, in der Hand fühlt sie sich gut an. In der Natur ist
es ein langsamer und mühsamer Prozess, bis sich eine Perle ge-
bildet hat. Aus einem Sandkorn ist sie entstanden. Ein Sandkorn
dringt in eine Muschel ein. Die Muschel bildet um das Sandkorn
Perlmutt. Nach etwa 20 Jahren ist aus dem Sandkorn eine Perle
geworden.
Das abgebildete Perlenarmband ist ein Meditationsarmband und
besteht aus achtzehn Perlen. Zwölf von ihnen heben sich durch
die dicken Perlen in unterschiedlichen Größen von den sandfar-
benen Verbindungsgliedern ab. Die sechs sandfarbenen, längli-
chen Verbindungsglieder werden die Perlen der Stille genannt,
obwohl sie eigentlich keine Perlen sind. Perlen sind rund. Neun
unterschiedliche Qualitäten sind auf dem Perlenarmband symbo-
lisiert, die wir bei der Betrachtung kennen lernen werden. Neun
besteht aus dreimal drei. Neun ist die Trinität der Trinität und
steht für höchste Vollkommenheit.
Jesus hat das Bild der Perle verwendet, als er seinen Jüngerinnen
und Jüngern etwas vom Himmelreich erzählen wollte. Er ver-
gleicht das Himmelreich mit einem Kaufmann, der gute Perlen
sucht, und als er eine kostbare Perle findet, geht er hin und ver-
kauft alles, was er hat, und kauft diese eine Perle. (vgl. Mt 13,45)
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Wie lässt sich das Himmelreich besser vergleichen als mit einer
Perle. Was gibt es Vollkommeneres als eine Perle: rund, schön,
glänzend, vollendet. Eine Perle schenkt uns eine Ahnung davon,
wie schön und vollkommen das Reiches Gottes ist. Wenn eine
Perle schon so schön und so vollkommen ist, um wie viel schö-
ner und vollkommener wird erst das Reich Gottes sein?
Den Himmel schon hier auf Erden erleben,
ist ein Teil vom Reich Gottes in der Zeit,
vollkommen kommt es in Ewigkeit.
Die Gottesperle
Die goldene, große Perle oben ist die
Gottesperle. Hier ist der Anfang und
das Ende der Perlenkette, obwohl wir
bei einem Kreis eigentlich nicht vom
einem Anfang und Ende reden können.
Von Gott kommt alles Lebendige her,
zu Gott geht alles Lebendige zurück.
Anfang und Ende unseres Lebens sind in Gott beschlossen. Die
Gottesperle ist die schönste und größte im Perlenkreis, Gott ist
Ursprung und Ziel. Die Gottesperle trägt die Farbe Gold. Gold ist
das kostbarste Metall, das die Erde hervorbringt. Die Gottesperle
erinnert uns daran, dass es eine große segnende Kraft in der Welt
gibt, die alles zusammenhält. Aus ihr und durch sie leben und
sind wir. Gott erhält und trägt die Welt. Er hält auch mich in
Händen. Unter dem Schatten göttlicher Flügel findet meine Seele
Zuflucht und Schutz. Gott ist unsere Quelle und unsere Kraft.
„Und ich sah einen neuen Himmel und eine neue Erde, und ich
hörte eine Stimme vom himmlischen Thron her, die sprach: Sie-
he, ich bin das A und das O, der Anfang und das Ende. Ich will
dem Durstigen geben von der Quelle des lebendigen Wassers
umsonst.“ (Off 21,1a+6)
Die Perlen der Stille
Neben der Gottesperle ist eine Perle der
Stille angeordnet. Die Stille ist ein schöp-
ferischer Akt. In der Stille kommen wir in
Kontakt mit unserem Innersten, in der Stil-
le kommen wir in Kontakt mit Gott. Unse-
re Sinne sind konzentriert und offen, bereit
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für das, was Gott uns schenken möchte. Eine himmlische Ruhe
breitet sich in uns aus, wir sind eingebunden in den Kosmos, wir
sind Teil eines großen Ganzen. Alle Unruhe ist verschwunden,
alle Ängste lösen sich auf. Als Jesus mit seinen Jüngern auf dem
See war und sich ein gewaltiger Sturm erhob, als das Boot be-
gann, voll zu laufen und die Jünger Angst hatten, da stand Jesus
auf und bedrohte den Wind und das Meer. Da wurde es ganz still.
(vgl. Mt 8,23ff)
Die Ich-Perle
Die kleine weiße perlmutterne Perle ist
die Ich-Perle und liegt ganz nahe bei der
Gottesperle. Sie verweist auf das, was wir
sind, wenn die äußeren Rollen abfallen.
Wir sind Ebenbilder Gottes. - Stell dir
dein innerstes Ich als das Schönste und
Beste vor, was du jemals gesehen hast.
Siehst du den Glanz? Siehst du den strah-
lenden Schein? So schön, So leuchtend?! - Das bist du ! Von
Gott geschaffen. Du bist begabt mit besonderen Fähigkeiten, du
brauchst dich nicht zu verstecken, niemand kann nichts und nie-
mand kann alles. Jeder Mensch kann etwas. Stell dein Licht nicht
unter den Scheffel. Du darfst deine Begabungen so einsetzen,
dass sie den anderen und dir nützlich sind. Du hast es nicht nötig,
auf andere herabzublicken und sie zu drangsalieren. Auch sie
sind Ebenbilder Gottes. Ich danke dir, dass ich wunderbar ge-
macht bin, wunderbar sind deine Werke, das erkennt meine See-
le. (Ps 139,14)
Taufperle
Die kleine Ich-Perle wird von der größe-
ren Taufperle berührt. Zu dem Ich
kommt ein Du. Gott nimmt uns in der
Taufe an. Als Jesus im Jordan getauft
wurde, tat sich der Himmel auf und eine
Stimme erscholl vom Himmel, die
sprach: „Du bist mein lieber Sohn, an
dir habe ich Wohlgefallen.“ (Mk 1,11) In
der Taufe macht Gott dem Täufling eine Liebeserklärung und
sagt ihm seine unverbrüchliche Liebe und Zuwendung zu. Nie-
mand braucht sich zu fürchten: Gott ist da. „Fürchte dich nicht,
ich habe dich bei deinem Namen gerufen, du bist mein.“ (Jes 43,1)
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Gott führt uns auf allen Wegen unseres Lebens, auch auf den
dunklen und schwierigen. Die weiße Taufperle steht auch für
Neuanfang. Wenn etwas nicht gut gelaufen ist in deinem Leben,
hast du immer wieder die Chance, jeden Tag neu anzufangen.
Gott gibt dich nicht auf, tu du es auch nicht. Die Taufperle erin-
nert dich daran, dass du ein geliebtes Kind Gottes bist und
bleibst.
Wüstenperle
Die dicke sandfarbene Perle ist die Wüs-
tenperle. Die Wüste ist ein Ort der Ein-
samkeit und Verlassenheit. Stechende
Hitze am Tage, beißende Kälte in der
Nacht, ein Ort der Extreme. Die Hitze,
der Durst, der endlose Sand machen das
Fortkommen schwierig. Wüste, das ist
ein Ort des Mangelns und der Entbeh-
rung, aber auch ein Ort der Bewährung
und Klarheit. Gleich nach seiner Taufe wird Jesus vom Geist in
die Wüste geführt und auf die Probe gestellt. Der Geist Gottes
führt ihn in die Wüste, nicht der Teufel. Jesus widersteht den
Versuchungen, er hat die Prüfung bestanden. „Und siehe, da tra-
ten Engel zu ihm und dienten ihm.“ (Mt 4,11) Niemand kann den
Wüstenzeiten seines Lebens ausweichen, früher oder später
kommen sie. Wüste, das bedeutet völlige Verlorenheit und Hoff-
nungslosigkeit. Wüste, das bedeutet Stagnation, Misserfolg,
schwierige Beziehungen, verbrauchte Kräfte.
Wüstenzeiten sind mit Unsicherheiten und Ängsten verbunden.
Der Glaube und das Vertrauen sind verschwunden, dass sich je
etwas zum Bessern wenden wird. Es führt nur ein Weg aus der
Wüste heraus. Der Weg aus der Wüste geht nur durch die Wüste.
Wenn du die Wüstenperle zur Hand nimmst, dann erinnere dich
daran, wie du früher durch Wüsten hindurchgekommen bist.
Wer oder was ließ dich da durchkommen? Deine Beharrlichkeit?
Deine Ausdauer? Dein Standvermögen? Gute Freunde? Hilfe von
oben? Wie bist du da durchgekommen?
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Perle der Gelassenheit
Die blaue dicke Perle ist die Gelassen-
heitsperle. Wenn wir die Wüste durch-
schritten haben, wartet die Perle der Ge-
lassenheit auf uns. Die blaue Perle ist der
Rastplatz im Leben. Hier werden Lebens-
lust und Lebensfreude geboren. Hier
müssen wir nichts tun, hier dürfen wir nur
sein. Unsere Sorgen dürfen wir einmal
beiseite legen. Sorglose blaue Momente in unserem Leben sind
kostbare Schätze. Sie geben uns Kraft und Zuversicht, stärken
uns in unserem Glauben und Vertrauen. – Die blaue Perle ist der
blauen Stunde ähnlich. Die blaue Stunde ist die Zeit der Dämme-
rung sowohl morgens als auch abends. Die Welt liegt in Ruhe
und Frieden. Friede ist eingekehrt nach getaner Arbeit oder der
neue Morgen ist noch nicht angebrochen. Die Sorgen des Tages-
geschäftes haben uns noch nicht im Griff. Wir sind in Balance.
Die blauen Momente sind kostbare Augenblicke, voller Harmo-
nie und Eintracht.
Die blaue Perle ist offen wie Himmel und Meer. Die Seele ist
befreit von Druck und Leid, so, als ob sie nie betrogen, nie belo-
gen, nie hintergangen wäre. Ein Hauch von ewiger Schönheit, ja
Unsterblichkeit erfüllt den Moment. Die Freude an diesen Mo-
menten kann uns zur höchsten Glückseligkeit werden. Die Perle
der Gelassenheit hat eine Botschaft für dich: Genieße die kostba-
ren Augenblicke und danke Gott, dass du sie erleben darfst.
Zwei Perlen der Liebe
Die beiden roten Perlen sind die Lie-
besperlen. Liebe empfinde ich ge-
genüber einem Menschen, Liebe
kann ich zu den Tieren und zu der
Natur empfinden. Liebe kann ich
empfinden gegenüber Gott. Die ers-
te Liebesperle steht für die Liebe,
die wir erhalten. Wenn wir geliebt
werden, fühlen wir uns richtig wohl. Die Liebe umfasst einen
Menschen vollständig. Wenn wir geliebt werden, blühen wir auf
wie eine Blume. Die Liebe macht die Seele schön.
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Die Liebe kennt nichts Böses und nichts Falsches. Sie sucht nicht
das Ihre und erfreut sich nicht an der Ungerechtigkeit. Sie freut
sich an der Wahrheit. Die Liebe will nicht für sich bleiben. Und
so steht die zweite Liebesperle für die Liebe, die wir weiterge-
ben. Die Liebe will sich verströmen und ergießen. Die Liebe
vermehrt sich, indem wir sie teilen. Wenn wir die empfangene
Liebe für uns behalten und sie krampfhaft festhalten wollen, wird
sie sich bald erschöpfen. Wenn wir unseren Mitmenschen in Re-
spekt und Achtung begegnen, tragen wir die Liebe in die Welt.
So werden Hass, Gewalt und Niederträchtigkeit und alles, was
dem Leben entgegensteht, überwunden.
Die beiden Liebesperlen liegen der Gottesperle gegenüber. Gott
hat uns zuerst geliebt. Gott ist die Liebe. Wenn wir in der Liebe
bleiben, bleiben wir in Gott und Gott in uns. (vgl. 1. Joh 4,16b)
Drei Geheimnisperlen
Die drei kleinen weißen Perlen, die nebenein-
ander aufgereiht sind, sind die drei Geheim-
nisperlen. Sie liegen der kleinen Ich-Perle mit
der großen Taufperle gegenüber. Jeder Mensch
hat Geheimnisse, etwas, was er tief in seinem
Herzen verschlossen hat. Nicht über alles will
oder kann ich reden. Es gibt Dinge, die gehen
nur mich an. Das mögen besonders schöne
Dinge sein oder kleine Überraschungen, die ich noch für eine
kleine Zeit für mich behalten möchte. Geheimnisse können aber
auch Dinge sein, die wir vor anderen deswegen verborgen halten,
weil wir Angst haben, dass sie uns zum Nachteil ausgelegt wer-
den, wenn sie ans Tageslicht kommen. Oder es gibt Erlebnisse,
die sind so schlimm, dass sie unaussprechlich sind, die nur für
Gott bestimmt sind. Ein Geheimnis darf aber auch etwas Wun-
derbares sein. Und so dürfen die kleinen weißen Geheimnisper-
len für das Teuerste stehen, was ich habe:
Für meine Kinder, die mir Freude bereiten.
Für meine Eltern, die mir das Leben gaben.
Für meinen Partner, der zu mir steht,
für Freundinnen und Freunde, auf die ich mich verlassen kann.
Was sind deine drei Geheimnisse, die du ganz fest in deinem
Herzen bewahren und wie einen kostbaren Schatz hüten möch-
test?
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Die Perle der Nacht
Die schwarze Perle ist die Perle der
Nacht. Sie steht für Finsternis, Aus-
weglosigkeit, Angst, Verzweiflung,
Sinnlosigkeit, Sterben, Tod. Wir
brauchen das Schwere, das wir erle-
ben, nicht verdrängen. Gott können
wir alles sagen, was uns belastet. Wir
legen ihm unsere Zweifel, unsere
Furcht hin und bitten ihn, dass er sie
wandeln möge in Zuversicht und
Vertrauen. Wenn die Angst uns lähmt und wir nicht weiterwis-
sen, so bitten wir um Licht und Führung. Und ob ich schon wan-
derte im finstern Tal, fürchte ich kein Unglück, denn du bist bei
mir. (Ps 23,4) Es gibt Zeiten, da sehen wir keinen Weg, da verlie-
ren wir den Boden unter den Füßen. Wir wissen nicht, wohin den
nächsten Schritt setzen, kein Weg, kein Licht, nur Dunkelheit.
Auch auf die dunkelste Nacht folgt ein neuer Morgen. Auch
wenn es für das Auge noch nicht sichtbar ist: Die Mitte der Nacht
ist der Anbruch des Tages.
Die Perle der Auferstehung
Die große weiße Perle ist die Perle der
Auferstehung. Sie hat dieselbe Farbe wie
die kleine Ich-Perle und die große Tauf-
perle. Die Perle der Auferstehung kündet
vom neuen Leben. Auf jede Nacht folgt
ein neuer Morgen. Die Morgenröte steigt
am Horizont auf. Der Tag bricht an, die
Nacht ist vorbei, die Verzweiflung vor-
über, die Krise überwunden. Wo ein
Licht leuchtet, kann es nicht dunkel bleiben. Wo die ersten Son-
nenstrahlen den neuen Tag ankünden, muss die Finsternis wei-
chen. Es ist wie ein Gesetz, auf das wir uns verlassen können:
Jeden Morgen geht die Sonne auf. Mit dem Aufgang der Sonne
wächst der Mut, Freude kommt auf. Hoffnung breitet sich aus,
Licht kommt in mein Leben, es wird hell und klar.
Das Leben setzt sich durch. Es ist stärker als die Macht der Fins-
ternis und des Todes. Mitten im Tod geschieht Auferstehung,
mitten in der Finsternis geschieht die Wende. Aus Tod wird Le-
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ben, Trauer wandelt sich in Freude, aus Angst erwächst Zutrau-
en. „Was sucht ihr den Lebenden bei den Toten? Er ist nicht hier,
er ist auferstanden“(Lk 24,5b+6), verkünden zwei Engel den Frau-
en am Grab, die Jesu Leichnam am Ostermorgen salben wollen.
Das Leben ist eine große Kraft, der sich alle todbringenden
Mächte und Gewalten beugen müssen. Gott schenkt Hoffnung,