PEGylierte Sterole zur Funktionalisierung liposomaler Oberflächen Inaugural- Dissertation zur Erlangung der Doktorwürde der Fakultät für Chemie, Pharmazie und Geowissenschaften der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg im Breisgau vorgelegt von Thomas Steenpaß aus Bocholt 2004
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PEGylierte Sterole zur Funktionalisierung liposomaler ... · PDF fileITC isothermal titration calorimetry, Isotherme Titrationskalorimetrie ... MALDI-MS matrix assisted laser desorption
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PEGylierte Sterole zur Funktionalisierung
liposomaler Oberflächen
Inaugural-
Dissertation
zur Erlangung der Doktorwürde
der Fakultät für Chemie, Pharmazie und Geowissenschaften
der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg im Breisgau
vorgelegt von
Thomas Steenpaß
aus Bocholt
2004
Ich danke allen meinen Kollegen, die mich bei meiner Arbeit unterstützt haben.
Mein besonderer Dank gilt Herrn Prof. Dr. R. Schubert, der stets für Anregungen,
Diskussionen und Unterstützung bereit war und mir viel Freiraum für eigene Ideen und
Konzepte gelassen hat. In guter Erinnerung wird mir die familiäre Atmosphäre des AK
Schubert bleiben, die Prof. Schubert durch die Organisation gemütlicher gemeinsamer Feiern
und menschliches Miteinander pflegte.
Des weiteren danke ich Frau PD Dr. R. Peschka-Süss für ausführliche Diskussionen rund um
das Thema Octreotid-modifizierte Liposomen.
Meiner Laborkollegin Frau Dr. A. Kimpfler danke ich für die Aufnahme der Cryo-TEM
Bilder und die angenehme Zusammenarbeit.
Herr Prof. Dr. J. Seelig und Herr PD Dr. H. Heerklotz haben mir die ITC-Anlage zur
Verfügung gestellt und mich in Theorie und Praxis der mikrokalorimetrischen Messung
eingeführt. Auch hierfür möchte ich mich herzlich bedanken.
Die praktischen Arbeiten zur Erstellung dieser Dissertationsschrift wurden im Zeitraum von
Juli 2000 bis April 2004 am Lehrstuhl für Pharmazeutische Technologie des Institutes für
Pharmazeutische Wissenschaften der Albert-Ludwigs-Universität in Freiburg im Breisgau
durchgeführt.
Dekan: Prof. Dr. K. Bucher
Vorsitzender des Promotionsausschusses: Prof. Dr. G. E. Schulz
Referent: Prof. Dr. R. Schubert
Korreferentin: PD Dr. R. Peschka-Süss
Tag der Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses: 11.11.2004
Teile dieser Arbeit wurden veröffentlicht:
Kimpfler, A., Steenpaß, T., Falk, U., Gerber, C., Bruchelt, G., Schubert, R. Aufnahme von Glucose-Oxidase-Liposomen in Phagozyten – Einfluss von Lipidzusammensetzung und Oberflächenmodifikation, (Poster) DPhG-Tagung, Oktober 2001, Halle
Steenpaß, T., Lung, A., Schubert, R.
Tresyl-activated ethoxylated soy sterols for coupling of proteins to liposomes (Poster) 10th International Conference on Pharmaceutical Technology, April Florenz 2002
Steenpaß, T.
Tresylated sterol-PEG anchors for coupling of proteins to liposomes, (Vortrag) The 15th Mountain / Sea Liposome Workshop Oberjoch / Allgäu, März 2002
Steenpaß, T.
Octreotide coupled to the liposomal surface (Vortrag) The 2nd Dutch Oberjoch Liposome Workshop on the Isle of Ameland, September 2003
Steenpaß, T. Drug-Targeting durch Funktionalisierung von Liposomen (Vortrag)
FAF-Meeting, Januar 2004, Freiburg
Manuskript fertig gestellt: Steenpaß, T., Lung, A., Schubert, R.
Tresylated PEG-sterols for subsequent attachment of proteins to preformed liposomes einzureichen in Biochim Biophys Acta, 2005
1.1.3 Charakterisierung von Liposomen 10 1.1.4 Nicht therapeutische Anwendungsgebiete von Liposomen 12 1.1.5 Therapeutische Anwendungsgebiete von Liposomen, Liposomen als Drug-Delivery-Systeme 12
1.2.1.1 Modifizierung mit PEG-Phospholipiden 21 1.2.1.2 Modifizierung mit PEG-Sterolen 23
1.2.2 Ligand-modifizierte liposomale Oberflächen 24 1.2.2.1 Ligand-modifizierte Liposomen: Arten und Methoden zu ihrer Herstellung 24 1.2.2.2 Kopplungsmethoden zur Präparation Ligand-modifizierter Oberflächen 28
1.2.2.2.1 Nicht kovalente Methoden 28 1.2.2.2.2 Kovalente Methoden 30
1.2.2.2.2.1 Aminoreaktive, direkte Kopplung 30 1.2.2.2.2.2 Thiolaktive, direkte Kopplung 34 1.2.2.2.2.3 Aminoaktive distale Kopplung an PEG-Ketten 40 1.2.2.2.2.4 Thiolaktive, distale Kopplungen 41
1.2.3 Zusammenfassung der Kopplungsprinzipien 43
1.3 Isotherme Titrationskalorimetrie zur Untersuchung der Interaktionen von Detergenzien mit
Phospholipidvesikeln 45 1.3.1 Geräteaufbau und Messprinzip 45 1.3.2 Untersuchungsgegenstände der isothermen Titrationskalorimetrie in Membran-Detergenz-Systemen
47
2 AUFGABENSTELLUNG UND ZIELSETZUNG 49
3 MATERIAL UND GERÄTE 50
II Inhaltsverzeichnis
3.1 Lipide und Membrankomponenten 50
3.2 Chemikalien 50
3.3 Verbrauchsmaterialien 54
3.4 Geräte 55
4 METHODEN 57
4.1 Synthesen 57 4.1.1 Aufreinigung von BPS-30 57 4.1.2 Synthese von tresyliertem BPS 58 4.1.3 Synthese von N-Hydroxysuccinimid-aktiviertem BPS 59 4.1.4 Synthese von p-Maleimidophenylisocyanat-aktiviertem BPS 60
4.4 Charakterisierung der Liposomendispersionen 63 4.4.1 Messung der Größenverteilung durch PCS 63 4.4.2 Bestimmung des Phosphatgehalts nach Bartlett 64 4.4.3 Cryo-TEM 65
4.5 Einlagerungsverhalten von ethoxylierten Sojasterolen in vorgefertigte Liposomen 67 4.5.1 Überprüfung der Separation von Mizellen und Liposomen mittels Dünnschichtchromatographie 67 4.5.2 Einlagerungskinetik und Transfer Raten 67 4.5.3 Isotherme Titrationskalorimetrie zur Untersuchung der Interaktionen von PEGylierten Sterolen mit
4.5.4 Membran-Leakage während der BPS-30 Einlagerung 73 4.5.4.1 Freisetzung unterhalb der CMC 73 4.5.4.2 Freisetzung oberhalb der CMC 76
4.6 Oberflächenmodifikation präformulierter Liposomen mit BSA-BPS-Derivaten 78 4.6.1 Das Standardkopplungsprotokoll 78 4.6.2 Ermittlung der Kopplungseffizienz 80
4.6.2.1 Iodierung des Liganden 80
Inhaltsverzeichnis III
4.6.2.2 Quantifizierung des gebundenen Anteils über GPC 80 4.6.3 Kopplungsversuche unter Verwendung von tresyliertem Generol 81
4.6.3.1 Überprüfung der Eignung von GET zur Kopplung von BSA an Liposomen 82 4.6.3.2 Kontrolle des pH-Optimums bei Verwendung tresylierter Sojasterole zur Kopplung von BSA
83 4.6.3.3 Abhängigkeit der Kopplungseffizienz von pH-Wert und Stoffmenge des eingesetzten GET 83 4.6.3.4 Untersuchungen zur Dauer des ersten Inkubationsschritts 84
4.6.4 Kopplungsversuche unter Verwendung von BPS-TRE 85 4.6.4.1 Versuche zur Dauer des zweiten Inkubationsschritts 85 4.6.4.2 Free-Flow Elektrophorese als Werkzeug zum Nachweis der Oberflächenmodifikation von
Liposomen 85 4.6.4.3 Kopplungseffizienz in Abhängigkeit von Lipidzusammensetzung und BSA-Konzentration 87 4.6.4.4 Untersuchung der Größenentwicklung während des zweiten Inkubationsschrittes 88 4.6.4.5 Stabilität der Verankerung in Anwesenheit von humanem Serum 89
4.6.5 Versuche unter Verwendung BPS-NHS 90 4.6.5.1 Überprüfung der Eignung von BPS-NHS zur Kopplung von BSA an Liposomen 90 4.6.5.2 Vergleich der Kopplung unter Verwendung verschiedener aktivierter Lipide in Abhängigkeit
5.3 Einlagerungsverhalten von PEG-Lipiden in präformulierte Liposomen 97 5.3.1 Trennung von mizellarem und liposomal assoziiertem PEG-Lipid über GPC 98 5.3.2 Einlagerungsgeschwindigkeit und Transferraten der PEG-Lipide 99 5.3.3 Ergebnisse der mikrokalorimetrischen Untersuchungen (ITC) 105
5.3.4 Freisetzung von liposomal verkapseltem Calcein während der Einlagerung von BPS in
präformulierte Liposomen 111 5.3.4.1 Freisetzung unterhalb der CMC 111 5.3.4.2 Freisetzung oberhalb der CMC 116
IV Inhaltsverzeichnis
5.4 Oberflächenmodifikation von präformulierten Liposomen mit BSA als Modellprotein 119 5.4.1 Versuche unter Verwendung von tresyliertem Generol E-25 119
5.4.1.1 Grundsätzliche Eignung tresylierter Sojasterole zur Kopplung von BSA an Liposomen 121 5.4.1.2 pH-Abhängigkeit der Kopplung mittels tresyliertem Generol 122 5.4.1.3 Abhängigkeit der Kopplungseffizienz von pH-Wert und Ankerkonzentration 123 5.4.1.4 Reaktionsgeschwindigkeit des ersten Inkubationsschrittes 125
5.4.2 Versuche unter Verwendung von tresyliertem BPS-30 126 5.4.2.1 Geschwindigkeit der Einlagerung des BSA-Sterol-PEG Konjugats 127 5.4.2.2 Kontrolle auf Koelution durch Formation von Proteinaggregaten 128 5.4.2.3 Kopplungseffizienz in Abhängigkeit von Lipidkomposition und Proteinkonzentration 130 5.4.2.4 Calcein-Freisetzung bei Einlagerung des BSA-BPS-Komplexes 135 5.4.2.5 Stabilität des Liposom-BSA-Komplexes in humanem Serum 136 5.4.2.6 Größenentwicklung der BSA-modifizierten Liposomen 139
5.4.3 Versuche unter Verwendung von BPS-NHS 145 5.4.3.1 Grundsätzliche Eignung von BPS-NHS zur Kopplung von BSA an Liposomen 146 5.4.3.2 Vergleich der Kopplungseffizienz unter Verwendung verschiedener aktivierter PEG-Lipide
147
6 ZUSAMMENFASSUNG UND AUSBLICK 150
7 LITERATURVERZEICHNIS 157
Abkürzungsverzeichnis V
In dieser Arbeit verwendete Abkürzungen:
(Allgemein übliche Abkürzungen, sowie gebräuchliche SI- und von ihnen abgeleitete
Einheiten werden nicht mit angeführt)
Ab antibody; Antikörper
ACS - Qualität American Chemical Society, Qualitätsstandard der Amerikanischen Chemischen Gesellschaft
BPS-30 ethoxyliertes Sojasterolgemisch mit einer durchschnittlichen PEG - Kettenlänge von 30 Etylenoxid-Einheiten
BPS-NHS N-Hydroxysuccinimid aktiviertes BPS-30
BPS-TRE Tresylat aktiviertes BPS-30
BSA bovines Serum Albumin
Bq Becquerel, Aktivität eines radioaktiven Materials [s-1]
SUV small unilamellar vesicle, kleines unilamellares Vesikel
VIII Abkürzungsverzeichnis
Tc Phasenübergangstemperatur
TEA Triethylamin
THF Tetrahydrofuran
tSIE transformed Spectral Index of the External standard, transformierter spektraler Index des externen Standards; Packard spezifischer Parameter zur Beschreibung des Quenchverhaltens einer Probe über die eingebaute Bariumquelle des Geräts
z-Av z-Average, durchschnittlicher hydrodynamischer Partikelgrößendurchmesser auf Basis der PCS nach Malvern
Allgemeiner Teil 1
1 Allgemeiner Teil
1.1 Liposomen
1.1.1 Definition, Aufbau und Klassifizierung
Nach heutiger Definition werden unter Liposomen sphärische Vesikel im grob- bis
kolloiddispersen Bereich verstanden, die durch konzentrisch angeordnete hydrophobe
Lipiddoppelschichten (Bilayer), einen wässrigen intravesikulären Raum von einem ebenfalls
wässrigen Außenmedium abtrennen (Abb. 1-1).
Die Entdeckung der Liposomen geht auf Beobachtungen des Verhaltens von Phospholipiden
(PL) in wässrigen Medien durch Bangham und Mitarbeiter in den 60er Jahren zurück
(Bangham 1963; Bangham et al. 1964; Papahadjopoulos & Bangham 1966). Der amphiphile
Charakter der PL führt bei Hydratisierung zur Quellung der im trockenen Zustand in planaren
Doppelschichten vorliegenden Lipide und resultiert in der spontanen Formation von stabilen,
sphärischen Vesikeln. Die Stabilität liegt im Entropiegewinn begründet, der aus der
Selbstorganisation der amphiphilen Phospholipide resultiert.
Theorien zur Vesikelbildung verbinden Einflüsse der freien Wechselwirkungsenergie,
Molekülgeometrie und Entropie (Helfrich 1973; Israelachvili et al. 1977). Letztlich kann die
Bildung von Vesikeln als Minimierung des energetisch ungünstigen Kontaktes der
hydrophoben Fettsäureketten an den Endigungen der zunächst planaren Strukturen mit der
wässrigen Umgebung aufgefasst werden. Dementsprechend schirmen die polaren
Kopfgruppen der Amphiphile einen in sich geschlossen hydrophoben Raum nach innen wie
nach außen vor der Interaktion mit dem hydrophilen Umgebungsmedium ab.
hydrophobe Lipidmembran
hydrophiler intravesikulärer Raum
Abb. 1-1: Schematische Darstellung des Schnitts durch ein Liposom
2 Allgemeiner Teil
N+
O
O
O
O-O
O
PH
OO
Die meisten Amphiphile mit selbstassoziierendem Charakter weisen
Mizellbildungskonzentrationen (CMCs) unterhalb des nanomolaren Bereichs auf, ohne die die
Stabilität bei großer Verdünnung nicht möglich wäre und aus denen die im Vergleich zu
anderen oberflächenaktiven Verbindungen geringe Aggressivität der PL resultiert. Analog zu
natürlichen Membranen bilden PL die Hauptkomponenten in Liposomenmembranen.
Tabelle 1-1: Struktur und Eigenschaften einiger wichtiger synthetischer Phospholipide mit membranbildenden Eigenschaften, R = 1,2-Diacyl-sn-glycero-3-phosphatidylrest (nach http1)
Gemäß ihrem amphiphilen Charakter lassen sie sich in zwei, in ihrer Polarität
unterschiedliche Strukturen unterteilen: eine polare Kopfgruppe, die durch einen
Phosphorsäurediester zu einem Glycerol und einem weiteren kurzkettigen Molekülteil
ausgebildet wird (einem Ethanolamin, Cholin, einem weiteren Glycerol, Inositol oder einem
Serin), sowie einen lipophilen Teil, bestehend aus zwei Fettsäureresten, die zumeist über
einen Ester mit den verbleibenden zwei Hydroxylgruppen des zentralen Glycerols verknüpft
sind.
hydrophile Kopfgruppe lipophiler Fettsäurerest
Bezeichnung Struktur Fettsäurerest Kürzel Tc (°C) Ladung pH 7,4
2 x C16 (Palmitinsäure) DPPC 41 0
2 x C18 (Stearinsäure) DSPC 55 0
Phosphatidyl-
Cholin
(PC) CH3
CH3
CH3N
+ R
2 x C18:1 (Ölsäure) DOPC -20 0
2 x C14 (Myristinsäure) DMPE 50 0
2 x C18 (Palmitinsäure) DPPE 63 0 Phosphatidyl-
Ethanolamin (PE) H
H
HN
+R
2 x C18:1 (Ölsäure) DOPE -16 0
2 x C14 (Myristinsäure) DMPG 23 -1
2 x C18 (Palmitinsäure) DPPG 41 -1
Phosphatidyl-
Glycerol
(PG) OH
OH
R
2 x C18:1 (Ölsäure) DOPG -18 -1
2 x C14 (Myristinsäure) DMPS 35 -1
2 x C18 (Palmitinäure) DPPS 54 -1
Phosphatidyl-
Serin
(PS)
HNH3+
O
O-
R
2 x C18:1 (Ölsäure) DOPS -11 -1
DSPC
Allgemeiner Teil 3
Tabelle 1-1 führt die Strukturen und Bezeichnungen einiger wichtiger membranbildender
Phospholipide auf (Phosphoinositole (PI) und mono-Phosphorsäurederivate (PA) wurden der
Übersichtlichkeit halber außer Acht gelassen).
Neben den symmetrischen Diacylphospholipiden, die synthetischer Natur sind, spielen
unsymmetrische PL, die in Position sn-1 und sn-2 des Glycerols unterschiedliche
Fettsäurereste tragen, für die Herstellung von Liposomen eine zentrale Rolle.
Die Lecithine natürlichen Ursprungs sind in der Regel unsymmetrisch aufgebaut (d.h. sie
tragen zwei unterschiedliche Fettsäurereste) und zeichnen sich durch einen hohen Anteil an
(mehrfach) ungesättigten Fettsäuren aus. Die Länge der Fettsäuren, die in bis zu vierfach
ungesättigter Form auftreten, liegt zwischen 12 und 24 C-Atomen.
Gängige Quellen zur Gewinnung von Lecithinen sind Sojabohnen und Eigelb, wobei
Phosphatidylcholine die Hauptkomponenten der vorkommenden Lecithine darstellen. Da die
Zusammensetzung dieser PL naturgemäß sehr komplex und chargenabhängig differieren
kann, kommen in der biophysikalischen Grundlagenforschung eher definierte synthetische PL
zum Einsatz, während Liposomen - nicht zuletzt aus Kostengründen - in der Regel aus
natürlichen PL hergestellt werden. Häufig wird die hydrierte Form der nativen PL der
ungesättigten vorgezogen, da die Elimination der Doppelbindungen mit einer erhöhten
Stabilität gegenüber oxidativer Degeneration der Zubereitung und einer geringeren
Permeabilität der Liposomenmembran bei Raumtemperatur (RT) verbunden ist.
Als Funktion der Temperatur, der Kettenlänge der Fettsäuren, dessen Grad der Ungesättigtheit
sowie der hydrophilen Kopfgruppe (siehe Tabelle 1-1) der zu ihrem Aufbau verwendeten PL
können liposomale Membranen in flüssig kristalliner (L) Form oder im Gelzustand (L)
vorliegen (Chapman 1975; Melchior & Steim 1976; Lee 1977).
Mit steigender Temperatur gehen Phospholipidmembranen vom Gelzustand, in dem die PL in
einem quasikristallinen Gitter fixiert sind, in den flüssigkristallinen Zustand über, der dem
einzelnen Lipidmolekül die laterale Diffusion innerhalb des Bilayers (Lee et al. 1995) und
eine Eigenrotation längs und senkrecht zur Membran erlaubt (Knowles & Marsh 1991).
Die Phasenübergangstemperatur Tc charakterisiert die Temperatur, bei der eine Koexistenz
beider polymorphen Phasen gegeben ist. Aufgrund der uneinheitlichen Zusammensetzung von
PC aus Soja oder Eigelb werden für diese natürlichen Phospholipide
Phasenübergangstemperaturen zwischen -15 und - 7 °C abgegeben (New 1989), für ihre
hydrierten Pendants liegen die Werte zwischen 55 und 65 °C.
4 Allgemeiner Teil
Neben der Tc hat auch die Ladung die ein PL in die Liposomenmembran einbringt
maßgeblichen Einfluss auf die Stabilität und die fusogenen Eigenschaften einer
Liposomenpräparation.
Gegenüber einer ungeladenen Membran führt die permanente Ladung durch Einbringen eines
PG oder PS Anteils in den Bilayer zu einer elektrostatischen Abstoßung der Vesikel
untereinander, wodurch das Fusionieren der einzelnen Liposomen erschwert wird.
Eine weitere wichtige Komponente für den Aufbau von Liposomenmembranen ist
Cholesterol, das entscheidenden Einfluss auf deren Eigenschaften hat. Wird Cholesterol in
eine PL-Mischung eingebracht, die in L Modifikation vorliegt, führt die Interaktion der
3-OH Funktion mit dem Phosphorsäurerest der PL zu einer Verfestigung der
Membranstrukturen und damit zu einer reduzierten Permeabilität. Unterhalb der Tc erfährt
eine Phospholipidmembran durch einen Cholesterolanteil eine Verflüssigung und daraus
resultierend eine Erhöhung der Permeabilität (Demel & De Kruyff 1976). Die Funktion von
Cholesterol als “Fluiditätsmodifikator“ basiert auf der parallelen Anordnung des
Sterolgerüstes zu den Fettsäureketten der PL was eingeschränkte Beweglichkeit derselben zur
Folge hat (Jain et al. 1980).
Wird einer Phospholipidmischung Cholesterol im molaren Überschuss zugesetzt, ist dessen
Kristallisation unvermeidbar, so dass in Liposomen in der Regel nicht mehr als 45 mol%
Cholesterol eingearbeitet werden.
Interessanterweise ermöglicht der Einsatz von äquimolaren Mengen an Cholesterol die
Vesikelbildung aus Lysophosphatiden, die sonst durch ihre fusogene Wirkung die Ausbildung
lamellarer Strukturen stören (Kitagawa et al. 1976a; Kitagawa et al. 1976b).
Eine gebräuchliche Klassifizierung der verschiedenen Liposomenspezies (Papahadjopoulos &
New York Academy of Sciences. 1978; New 1989) wird über die Partikelgröße und die
Lamellarität der Vesikel vorgenommen. Dabei werden unterschieden:
▪ Small unilamellar vesicles (SUV) sind kleine unilamellare Vesikel mit einem
Durchmesser von bis zu 50 nm. Die Membran ist aufgrund der geringen Größe der
Liposomen hier stark gekrümmt und somit energetisch ungünstig. Durch eine
gegenüber der inneren Membran erhöhten Anzahl an Lipidmolekülen im äußeren
Layer wird ein Teil der Membranspannung kompensiert, so dass stabile Vesikel
entstehen, die sich jedoch durch eine hohe Fusogenität auszeichnen. Die
Desintegration von MLV (siehe unten) durch Ultrabeschallung (~ 20 kHz)
Allgemeiner Teil 5
repräsentiert die gängigste Art der Gewinnung von SUV. Trotz ihres geringen
Einschlussvolumens von 0,2-1,5 l/mol Lipid und ihrer daher schlechten
Einschlusseffizienz für hydrophile Substanzen, hat man aufgrund ihrer
vergleichsweise langen Bluthalbwertszeit eine Vielzahl bioaktiver Substanzen in SUV
eingeschlossen. Werden SUV unterhalb der Tc gelagert kommt es zur spontanen
Fusion der Vesikel, da der starre Gelzustand die starke Kurvatur der Membranen nicht
zulässt.
▪ Large unilamellar vesicles (LUV) besitzen als große einschichtige Vesikel mit einem
Durchmesser von mehr als 50 nm ebenfalls nur einen Bilayer, der bei diesem
Vesikeltyp nicht mehr sehr stark gekrümmt ist. LUV liegen praktisch spannungsfrei
vor und sind bedeutend lagerstabiler als die SUV. Die Größe erlaubt hier auch die
Einlagerung von RNA oder Enzymen.
▪ Oligolamellar/multilamellar vesicles (OLV/MLV) sind oligo- bzw. multilamellare
Vesikel mit einem Durchmesser zwischen 0,3 µm sowie einigen µm. Sie besitzen
mehrere (OLV) bzw. viele (MLV) Bilayer. Diese Klasse von PL-Vesikeln stellen die
thermodynamische stabilste Form des Systems Phospholipid/Wasser dar und bilden
sich bei deren Hydratisierung oberhalb der Tc spontan. Nachteile der MLV sind ihre
stark schwankende Partikelgröße und großen Durchmesser. Durch kurze Beschallung,
Verwendung geladener Lipide oder die Anwendung der French-Press Methode
(Hamilton et al. 1980) lassen sich OLV mit geringer und definierterer Partikelgröße
gewinnen. Da die Darstellung dieser Vesikel sehr schonend verläuft eignet sich eine
MLV Herstellung zur Verarbeitung von empfindlichen Substanzen wie Enzymen,
Nukleinsäuren und Proteinen, insbesondere Membranproteinen.
6 Allgemeiner Teil
1.1.2 Herstellungsmethoden
In der Literatur sind zahlreiche Methoden zur Herstellung der verschiedenen Vesikelarten
angeführt. Die folgende Tabelle stellt den verschiedenen Liposomenspezies
Herstellungsmethoden gegenüber, die zu ihrer Gewinnung genutzt werden können. Im
Anschluss folgt eine kurze Erläuterung der wichtigsten Verfahrenstechniken zur Herstellung
liposomaler Dispersionen.
Tabelle 1-2: Auswahl der Methoden zur Herstellung von Liposomen
1.1.2.1 Filmmethode
Die Herstellung von Liposomendispersionen nach der Filmmethode beruht auf der
Entdeckung der Selbstassoziation von PL in wässrigen System durch Bangham (Bangham et
al. 1965). In einem Rundkolben werden die Membrankomponenten sowie (wenn erwünscht)
hydrophobe Wirkstoffe in einem organischen Lösungsmittel(gemisch) gelöst und unter
reduziertem Druck bei Temperaturen um 40 °C zur Trockene eingeengt. Zu Entfernung von
Lösungsmittelresten wird im Hochvakuum nachgetrocknet.
4.6.3.2 Kontrolle des pH-Optimums bei Verwendung tresylierter Sojasterole zur Kopplung von BSA
Die Literatur (vgl. auch 5.4.1) schlägt schwach alkalisches Medium für die Kopplung von
Aminen mit tresylierten PEG vor. Um den für die Kopplung von BSA an die Liposomen
optimalen pH-Bereich auszuloten, wurden Boratpuffer (650 mM) im pH-Bereich von 8,3-9,0
hergestellt. Zum Vergleich der Kopplungseffizienz bei neutralen pH-Werten diente ein
Sörensen Phosphatpuffer pH 7,4 (PBS, vgl. Tabelle 3-5) als Reaktionsmedium des ersten
Inkubationsschritt.
4.6.3.3 Abhängigkeit der Kopplungseffizienz von pH-Wert und Stoffmenge des eingesetzten GET
Ausgehend von einer ethanolischen Stammlösung von GET, die bei einem Volumen vom
25 µl 7,5 mol% des später zugegebenen Lipids enthielt, wurde eine Verdünnungsreihe von
GET hergestellt, indem die jeweils höher konzentrierte Lösung 1:1 mit EtOH verdünnt wurde
(4 Verdünnungsschritte). Bei Zugabe von 25 µl der Lösungen 1-5 resultierten nach Zugabe
der Liposomen GET-Anteile zwischen 7,5 und 0,5 mol%.
Die Untersuchungen erfolgten bei drei verschiedenen pH-Werten (BBS 650, pH 8,5 und pH
9,0 sowie PBS pH 7,4).
Im aufgrund der Ergebnisse von 4.6.3.2 und Literaturangaben zur Kopplung festgelegten pH-
Bereich von 8,4 - 8,5 (vgl. 5.4.1 und 5.4.1.2) wurden Dreifachbestimmungen durchgeführt.
84 Methoden
4.6.3.4 Untersuchungen zur Dauer des ersten Inkubationsschritts
Das Kopplungsprotokoll sollte bezüglich der Dauer der beiden Inkubationsschritte optimiert
werden. Da es sich bei der Derivatisierung mit tresylaktivierten Lipiden um aminoaktive
Kopplungen handelt konnte die Reaktion zwischen BPS-TRE und BSA, das bei diesen
Untersuchungen als Modellprotein diente, durch Zugabe eines großen molaren Überschusses
an einer aminhaltigen Komponente wie Histidin-HCl unterbrochen werden. Da das pH-
Optimum für Tresylatkopplungen zudem im schwach alkalischen Bereich liegt (Sperinde et
al. 1999) wurde die Histidin-HCl Lösung in ihrem pH-Wert nicht auf den pH-Wert des
Kopplungspuffers angeglichen, so dass ein End-pH von ca. 5 resultierte.
Die Liposomen für diese Versuchsreihe wurden durch Extrusion über Membranen einer
Porenweite von 80 nm hergestellt. Die folgende Aufstellung gibt Auskunft über die näheren
Details der Liposomenpräparationen, die in dieser Versuchsreihe verwendet wurden:
Liposomen:
Lipidkomposition: EPC/Chol 4/1
Größe: 110 - 125 nm
Lipidkonzentration: 25 mM
Puffer: Borat 650 mM (BBS 650), pH 8,4
Volumen: 650 µl
Stoffmenge Lipid: 16,74 µmol GL (inkl. BPS)
Vorgegangen wurde gemäß dem unter 4.6.1 vorgestellten Standardprotokoll. 25 µl einer
ethanolischen Lösung von BPS-TRE (4 mg/100 µl; entsprechend 3 mol% des GL) wurden mit
325 µl einer BSA Lösung in Boratpuffer 650 mM, pH 8,4 (BBS 650, 1mg/ml) durch Vortexen
gemischt. Nach 5, 10, 60, 120, 300, 720 min erfolgte der Abbruch der Reaktion durch Zugabe
eines großen molaren Überschusses an Histidin-HCl (100 µl, 60 mg/ml). Der Ansatz wurde
über Nacht bei RT stehen gelassen bevor am nächsten Tag die Zugabe der Liposomen
erfolgte. Nach einer weiteren Inkubation (Standardprotokoll Schritt 2; vgl. Abb. 4-6) über 4 h
bei RT wurde über eine GPC Säule gemäß 4.6.2.2 fraktioniert und ausgewertet.
Methoden 85
4.6.4 Kopplungsversuche unter Verwendung von BPS-TRE
4.6.4.1 Versuche zur Dauer des zweiten Inkubationsschritts
Die Dauer des zweiten Inkubationsschritts ergab sich indirekt aus den Beobachtungen der
Leakage- und NMR-Versuche. Um die Einlagerung des BPS-BSA-Derivates in die
Liposomen auch direkt verfolgen zu können wurde nach einem ersten Inkubationsschritt über
Nacht eine Liposomendispersion zum Ansatz gegeben. Die Einlagerung konnte durch die
Fraktionierung der Probe über eine GPC Säule (1,5 x 12 cm; Sepharose CL-4B) unterbrochen
werden.
Dazu wurde ein Ansatz von BSA in Boratpuffer 100 mM, pH 8,4 (1,5 mg/ml, 250 µl) mit
BPS-TRE (in 10 µl EtOH, entsprechend 7,5 mol% aktiviertes Lipid in Bezug auf das GL)
gemischt und über Nacht inkubiert. Unmittelbar (ca. 1 min) nach der Zugabe der Liposomen
(EPC/Chol 7/3, 25 mM, 500 µl) zu dieser Mischung erfolgte die Fraktionierung der Probe
über die Sepharose Säule.
4.6.4.2 Free-Flow Elektrophorese als Werkzeug zum Nachweis der Oberflächenmodifikation von Liposomen
Die Free-Flow Elektrophorese (FFE, Octopus PZE, Dr. Weber GmbH) ermöglicht die
Auftrennung unterschiedlichster Proben (Liposomen, Proteine, Zellen) aufgrund ihres
-Potentials. Es handelt sich um ein System, das ohne stationäre Phase auskommt. Die Probe
wird in einen laminar fließenden Puffer, an den ein Hochspannungsfeld angelegt ist,
eingebracht und mit diesem mitgeführt. Auf dem Weg durch die Trennkammer wird das
Untersuchungsmaterial entsprechend seiner Ladung entweder in Richtung Anode oder
Kathode abgelenkt.
Am Ende der Trennkammer befindet sich ein Fraktionssammler, der die gesamte Breite der
Trennkammer in 96 unterschiedliche Kompartimente einteilt. Definitionsgemäß liegt hierbei
die Fraktion 96 direkt an der Kathode, die Fraktion 1 ist zur Anode hin gelegen. Je nach
erwarteter Ladung des Untersuchungsmaterials kann diese entweder in der Mitte der
Trennkammer, an der Anode oder Kathode in den kontinuierlich durch die Trennkammer
gepumpten Trennpuffer eingebracht werden. Durch den kontinuierlichen Pufferstrom ist es
möglich kleine (wenige µg) bis hin zu größeren Probenmengen (einige g) zu fraktionieren.
Oberhalb des Fraktionssammlers sorgt ein dem Trennpuffer entgegenkommender
86 Methoden
Stabilisierungspuffer für ein quantitatives Auffangen der Probe durch den Fraktionssammler.
Auf diese Weise ermöglicht die Apparatur nicht nur eine qualitative sondern auch eine
quantitative Analyse des Probenmaterials. Die mögliche Temperierung der Kammer, die
Variabilität der Geschwindigkeit des Probeneinlasses, der Flussgeschwindigkeit des Puffers
und der angelegten Spannung sorgen für eine hohe Flexibilität der Anlage und erlauben die
Lösung zahlreicher Trennprobleme.
Die Modifizierung von Liposomen mit Proteinen ist in der Regel mit der Veränderung der
elektrophoretischen Mobilität der Vesikel verbunden, da mit der Fixierung von Proteinen, die
durch die Wahl des richtigen Puffers geladen vorliegen, eine Änderung der
Oberflächenladung der Vesikel einhergeht.
Die FFE wurde genutzt um die Kopplung von BSA an EPC/Chol 4/1 Liposomen zu belegen.
Dazu wurde eine BSA Lösung (c = 1 mg/ml, 240 µl, BBS 100, pH 8,4, Zusatz von 10 kBq 125I markiertem BSA) mit BPS-NHS in EtOH (10 µl, 1,216 µmol (2,28 mg) BPS-NHS
entsprechend 7,5 mol% des GL) versetzt. Nach Inkubation über Nacht erfolgte die Zugabe
von 750 µl Liposomen (20 mM, 80 nm Extrusion) und der zweite Inkubationschritt (4 h).
Zwischenzeitlich wurden 96 Röhrchen für den FFE-Fraktionssammler ausgewogen. Nach der
Abb. 4-8: Schematische Darstellung der Octopus PZE der Firma Dr. Weber GmbH
Trennpuffer
Gegenpuffer
Probeneinlässe Probeneinlass
Trennpuffereinlass
Stabilisierungs-puffer
Fraktionierung
Methoden 87
Inkubation wurden innerhalb von 2 min 199 µg des Ansatzes über den an der Kathode
gelegenen Probeneinlass in das System eingebracht. Das genaue Gewicht der Probenmenge
wurde durch Differenzwägung des Reaktionsgefäßes vor und nach Probenapplikation
ermittelt.
Nachfolgend sind die verwendeten Puffer aufgeführt (für genaue Zusammensetzung vgl.
Tabelle 3-5):
Trennpuffer: Phosphatpuffer 5 mM, pH 7,0
Stabilisierungspuffer: Phosphatpuffer 50 mM, pH 7,0
Elektrodenpuffer: Phosphatpuffer 125 mM, pH 7,0
Die Spannung lag bei 600 V (entsprechend einer elektrischen Feldstärke von 75 V/cm), die
Trennpufferförderrate bei 330 ml/h.
Nach erfolgter Fraktionierung wurden die gesammelten Fraktionen ausgewogen und je 200 µl
in LSC-Fläschen eingewogen und im Betacounter vermessen. Der Rest der Fraktionen wurde
mit der PCS unter Verwendung der 400 nm Blende unter Standardbedingungen auf
Streulichtimpulsanzahl (kcps) vermessen.
Als Vergleichsprobe diente eine nicht modifizierte Liposomen-Präparation. Da in diesem Fall
keine Bilanzierung von radioaktiv markiertem Material nötig war, konnte auf das Auswiegen
der Fraktionsröhrchen verzichtet werden.
Die Versuchsreihe wurde unter Anleitung von J. Momm durchgeführt in dessen Arbeit eine
genauerer Beschreibung der Inbetriebnahme, Validierung und Reinigung der Anlage
beschrieben ist (Momm 2004). Eine ausführliche Diskussion des analytischen und
präparativen Potentials der FFE im liposomalen Anwendungsbereich stellt die Doktorarbeit
von T. Dern (Dern 2002) dar.
4.6.4.3 Kopplungseffizienz in Abhängigkeit von Lipidzusammensetzung und BSA-Konzentration
Zur Untersuchung der Eignung von BPS-TRE zur Kopplung von Proteinen an liposomale
Oberflächen wurden die drei Standardliposomenpräparationen EPC/Chol 7/3, HSPC/Chol und
HSPC/Chol/MPEG in HEPES/NaCl Puffer (20 mM/130 mM, pH 7,4) hergestellt. Die
88 Methoden
Extrusion erfolgte durch Polycarbonatmembranen mit 80 nm Poren, wodurch Liposomen mit
einem hydrodynamischen Durchmesser von 110 - 125 nm resultierten.
10 µl einer methanolischen BPS-TRE Lösung (entsprechend 0,915 mg, 0,486 µmol des
aktivierten PEG-Sterols) wurden in einem 1,5 ml Eppendorf-Reaktionsgefäß bis zur Trockene
eingedampft (vgl. 4.6.1). Anschließend erfolgte die Zugabe von 150 µl der verschiedenen
BSA Lösung in BBS 100 (c = 1 - 5 mg/ml). Dies entsprach 7,5 mol% des für den zweiten
Inkubationsschritt zugegebenen GL.
Um das Ablösen des BPS-TRE Films von der Gefäßwand zu beschleunigen wurde der Ansatz
kurz in ein Ultraschallbad eingebracht und gevortext. Nach Inkubation über Nacht (RT)
erfolgte die Zugabe der verschiedenen Liposomenpräparationen (300 µl, 20 mM), 4 h weitere
Inkubation bei RT und die Fraktionierung der Ansätze über GPC (Elutionspuffer entsprach
dem Puffer bei der Liposomenherstellung) mit Quantifizierung des liposomal gebunden
Proteinanteils über LSC.
4.6.4.4 Untersuchung der Größenentwicklung während des zweiten Inkubationsschrittes
Die Kopplung von BSA mit aktivierten Ankern ist aufgrund des im Überschuss eingesetzten
Lipidankers sowie der Multireaktivität des Proteins mit der mehrfachen Modifizierung des
Moleküls verbunden. Die Einlagerung aller an einem Protein angebrachten Ankermoleküle in
dasselbe Liposom ist jedoch äußerst unwahrscheinlich. Daher ist mit einer Quervernetzung
der Liposomen zu rechnen, bei der das Protein die Rolle des Cross-Linkers übernimmt.
Parallel zu den Untersuchungen zur Kopplungseffizienz in Abhängigkeit der
Lipidzusammensetzung und des Proteingehalts (4.6.4.3) wurde daher ein Teil der Proben
mittels PCS auf Größenzunahme untersucht (vgl. 4.4.1). Dazu wurden 4 bzw. 12 h nach der
Zugabe der Liposomen Proben genommen und mit filtriertem (Porengröße 0,22 μm) HBS
verdünnt.
In einer anderen Versuchsreihe zur Größenentwicklung der BSA-modifizierten Liposomen
wurde von der EPC/Chol 4/1 Kombination ausgegangen. Auch in diesem Fall betrug der
Anteil an BPS-TRE 7,5 mol% am GL und wurde in 25 µl ethanolische Lösung eingesetzt.
Nach der Inkubation (RT) von 325 µl BSA in BBS 650 (1 mg/ml) mit dem aktivierten Lipid
über Nacht erfolgte die Zugabe von 650 µl 25 mM Liposomen, die entweder als
Methoden 89
konventionelle oder sterisch stabilisierte Liposomen vorlagen. Der PEG-Schutz wurde dabei
entweder durch 5 mol% MPEG2000-DSPE oder 7,5 mol% BPS, die während der Herstellung
der Liposomen mit in den Lipidfilm eingearbeitet wurden, realisiert.
4.6.4.5 Stabilität der Verankerung in Anwesenheit von humanem Serum
Plasma- und Serumkomponenten haben einen entscheidenden Einfluss auf die strukturelle
Integrität von Liposomen. Dies gilt auch für oberflächenmodifizierte Liposomen, bei denen
der Ligand eventuell durch Serum extrahiert werden könnte. Untersuchungen der Stabilität
des Ligand-Liposom-Komplexes in Anwesenheit von humanem Serum machen eine erste
Abschätzung der Stabilität in systemischer Zirkulation möglich.
Ein Hinweis auf die Stabilität der Verankerung des Modellproteins BSA über BPS-TRE in der
Liposomenmembran wurde durch ein Rechromatographieverfahren erhalten.
Zunächst erfolgte die Modifikation von EPC/Chol 7/3, HSPC/Chol und HSPC/Chol/MPEG
Liposomen unter den unter 4.6.4.3 beschriebenen Bedingungen. Als BSA-Konzentration
wurde 3 mg/ml angesetzt. Ein Teil des Ansatzes wurde nach erfolgter Kopplung des Proteins
auf die Kopplungseffizienz untersucht.
Eine zweite Probe desselben Ansatzes diente der Abtrennung des freien Proteinanteils durch
einen GPC Schritt. Die vereinigten Liposomenfraktionen wurden 1:1 mit humanem Serum
verdünnt und nach 20 h bei 37 °C im Wasserbad (Haake N2) über GPC auf neu auftretendes
freies Protein geprüft.
Als Kontrolle wurde einem Ansatz nach der Abtrennung des freien Proteins durch die erste
Chromatographie 125I-markiertes BSA zugemischt, um auf eine eventuelle Koelution von
abgespaltenem BSA, provoziert durch die Anwesenheit des Serums (z.B. Bildung von
größeren Aggregaten, Anlagerung des freien BSA an Serumlipoproteine) zu prüfen. Bei
sämtlichen Chromatographieschritten diente Sepharose CL-4B als Trennmedium. Als
Elutionspuffer wurde HBS verwendet.
90 Methoden
4.6.5 Versuche unter Verwendung BPS-NHS
4.6.5.1 Überprüfung der Eignung von BPS-NHS zur Kopplung von BSA an Liposomen
Zur Überprüfung der Eignung von BPS-NHS zur Kopplung von Proteinen an die
Liposomenoberfläche wurde entsprechend 4.6.3.1 vorgegangen. Der wichtigste Unterschied
bestand in der Verwendung von PBS statt BBS, da die Kopplung über NHS-aktivierte Lipide
auch in neutralem pH-Bereich vorgenommen werden kann.
Die Kopplung erfolgte durch einen ersten Inkubationsschritt von 325 µl der BSA Lösung
(1 mg/ml) mit 25 µl ethanolischer BPS-NHS Lösung (7,5 mol% des GL). Anschließend
wurde über Nacht inkubiert bevor am nächsten Tag die Liposomen (EPC/Chol 7/3 oder
HSPC/Chol 20 mM. 650 µl) zugesetzt wurden. Die Ermittlung des prozentual gebundenen
BSA Anteils erfolgte wie in 4.6.2.2 beschrieben.
4.6.5.2 Vergleich der Kopplung unter Verwendung verschiedener aktivierter Lipide in Abhängigkeit der Temperatur des zweiten Inkubationsschritts
Auch diese Versuchsreihe wurde unter Beibehaltung des Standardkopplungsprotokolls
durchgeführt. Es fanden je 5 mol% (in Bezug auf das GL nach Zugabe der Liposomen im
zweiten Inkubationsschritt) BPS-TRE, BPS-NHS und NHS-PEG-DSPE Anwendung, bevor
HSPC/Chol und EPC/Chol 4/1 Liposomen zu dem hydrophobisierten BSA gegeben wurden.
Die BSA Konzentration betrug 1 mg/ml (250 µl), die aktivierten Lipide waren in 15 µl EtOH
gelöst, das Volumen der Liposomendispersionen betrug 500 µl bei einer Lipidkonzentration
von 20 mM. Bei Kopplungen mit den NHS-aktivierten Lipiden wurde in PBS gearbeitet, die
Kopplung mittels BPS-TRE verlief wie üblich in BBS bei einem pH-Wert von 8,4.
Nach Zugabe der Liposomendispersionen wurden die Ansätze, bei denen NHS-PEG-DSPE
eingesetzt wurde, geteilt. Die erste Hälfte wurde nach einer Inkubation über Nacht, die zweite
nach einer Stunde Inkubation im Wasserbad bei 60 °C über eine GPC-Säule fraktioniert.
Methoden 91
4.7 Abschätzung der Ligandenzahl pro Liposom
Um die Anzahl von BSA Molekülen pro Liposom grob berechnen zu können wurde wie folgt
vorgegangen. Zunächst erfolgte die Berechnung der Gesamtfläche des Lipidbilayers nach:
LipidLipidL cV5,0FNA Gleichung 4-11
Dabei ist:
N Avogardozahl 6,023 · 1023 [mol-1]
FL durchschnittliche Fläche eines Lipids in der Membran 0,51 [nm²]
VLipid Volumen der eingesetzten Liposomendispersion [l]
cLipid Konzentration der eingesetzten Liposomendispersion [mol/l]
Das Produkt der Avogardo-Konstante, der durchschnittlichen Fläche eines Lipidmoleküls im
Bilayer, das vereinfachend für alle Kombinationen wenig fluider Lipide gleich 0,51 [nm²]
gesetzt wurde und dem Faktor 0,5, der der Tatsache Rechnung trägt, dass sich die PL zu
einem Bilayer anordnen, liefert den konstanten Faktor 1,536 · 1023 mit der Einheit [nm²/mol].
Geht man davon aus, dass unilamellare Liposomen vorliegen, gilt für die mittlere Lipidfläche
AL eines Liposoms die Beziehung (Schubert et al. 1991):
2L )5,2r(4A Gleichung 4-12
AL Fläche eines Liposoms [nm²]
r Radius eines Liposoms [nm].
Zur Berechnung der Fläche im Inneren des Bilayers wurde die halbe Membrandicke von
2,5 nm angenommen.
92 Methoden
Die Zahl der Liposomen pro Ansatz ergibt sich somit zu:
LAA
Liposoms eines Bilayers des FlächeyersGesamtbila des Flächen Gleichung 4-13
Über die Molekularmasse des BSA (67 000 g/mol) und die prozentuale Kopplungseffizienz
lässt sich so die Anzahl von Proteinen an der liposomalen Oberfläche abschätzen.
Ergebnisse und Diskussion 93
5 Ergebnisse und Diskussion
Gegenstand der praktischen Arbeiten war die Evaluierung der Eignung von PEGylierten
Sterolen zur Funktionalisierung von PL-Vesikeln. Von Interesse war zum einen das
Einlagerungsverhalten der PEG-Sterole in liposomale Membranen, zum anderen das
Kopplungspotential chemisch aktivierter, aminoreaktiver Derivate zur Fixierung von
Proteinen an Liposomen. Das Einlagerungsverhalten wurde im Hinblick auf Transferraten
und Geschwindigkeiten (vgl. 5.3.2), Membrandefekte während der Einlagerung der PEG-
Sterole unterhalb (vgl. 5.3.4.1) und oberhalb (vgl. 5.3.4.2) der CMC charakterisiert. ITC-
Untersuchungen (vgl. 5.3.3) gaben Auskunft über das Solubilisierungsverhalten und den
lipidnormierten Verteilungskoeffizienten der PEG-Sterole. Durch Untersuchungen des
Kopplungspotentials (vgl. 5.4) der aktivierten Lipide in Abhängigkeit der
Lipidzusammensetzung, der Proteinkonzentration, des pH-Wertes, der Dauer der beiden
Inkubationsschritte und der Stoffmenge der Substanzen wurde eine Zwei-Schritt-
Kopplungsmethode (vgl. 4.6.1) etabliert und optimiert. Weitere Versuchsreihen beschäftigten
sich mit der Stabilität der Fixierung des Proteins an der Liposomenoberfläche (vgl. 5.4.2.5)
und Größenwachstumsphänomenen während der Einlagerung des hydrophobisierten Proteins
in die Vesikeloberfläche (vgl. 5.4.2.6).
5.1 Interpretation der 1H NMR Spektren
5.1.1 Tresyliertes BPS
Die Integration der Flächen der relevanten Peaks erlaubt eine Abschätzung des Umsatzgrades
der distalen Hydroxylgruppe der ethoxylierten Sojasterole mit dem Aktivierungsreagenz. Das
in Abb. 5-1 mit A gekennzeichnete Signal repräsentiert das olefinische Proton an C6 des
Sterolgerüstes. Trotz der Inhomogenität des hydrophoben Molekülteils aufgrund des
natürlichen Ursprungs der Substanzen ist dieses Proton in jedem Molekül vorhanden, da die
Variationen des Ankers in der Seitenkette liegt (vgl. Abb. 4-1; olefinische Protonen der
Seitenkette liegen zwischen 4,95 und 5,25 ppm). Bei vollständiger Umsetzung der distalen
Hydroxylgruppe mit Tresylchlorid ist die Peakfläche der Protonen in der
Trifluorethansulfonsäuregruppe (C) und der zum Sulfonsäurester gelegenen Methylengruppe
(B) doppelt so groß wie das des C6 Protons (A).
94 Ergebnisse und Diskussion
5.1.2 N-Hydroxysuccinimid aktiviertes BPS
Das Massenspektrum (vgl. Abb. 5-2 (1)) verdeutlicht die Polydispersität der PEG-Kette;
entsprechend der Molekularmasse einer EO-Einheit differieren die einzelnen Hauptpeaks um
44 Masseneinheiten, die Inhomogenität des Sterolanker spiegelt sich in der Unterverteilung
der Massen wieder.
Entsprechend der Reaktion mit Tresylchlorid muss auch bei der Umsetzung des BPS mit
Disuccinimidylcarbonat (DSC) die gleiche Methylengruppe eine doppelt so große Fläche
aufweisen wie das C6 Proton. Die vier Protonen der Succinimidylabgangsgruppe liegen bei
2,8 ppm (C). Dieses Signal wies bei allen Syntheseansätzen deutlich zu hohe Peakflächen
(4,5 - 5,5) auf und ist auf einen Restanteil an N-Hydroxysuccinimid zurückzuführen. Dies
stellt auch das bei der Kopplung entstehende Nebenprodukt dar und hat keinen störenden
Einfluss. Bei der Aufarbeitung der Ansätze über die GPC Säule wird es von den
oberflächenmodifizierten Liposomen abgetrennt. Die Umsetzung der PEG-Hydroxylfunktion
mit DSC war quantitativ (vgl. Abb. 5-2 (2)).
ppm (t1) 4.505.00
1.00
2.00
2.00
ppm (t1)1.02.03.04.05.0
OO
S
O
OF
FF
n=30
A
B
C
A
B C
Abb. 5-1: 1H NMR Spektrum von BPS-TRE
Ergebnisse und Diskussion 95
m/z1200 2600
Inte
nsity
200
0
1854
.1
(1)
(2)
ppm (f1) 4.505.00
1.00
2.00
ppm (f1)1.02.03.04.05.0O
OO
ON
O
O
n=30
A B
B A C
C
Abb. 5-2: MALDI-MS (1) und 1H NMR-Spektrum (2) von BPS-NHS
96 Ergebnisse und Diskussion
5.2 CMC der PEG-Lipide
Eine Reihe von Versuchen beschäftigte sich mit dem Freisetzungsverhalten von Calcein aus
dem liposomalen Innenraum. Es wurde erwartet, dass die Freisetzung des Markers abhängig
von der Konzentration des in der Liposomendispersion befindlichen PEG-Lipids ist.
Unterhalb der CMC kann die Einlagerung des Monomers in die Liposomenmembran zu
Membranstörungen führen, aus denen eine Erhöhung der Permeabilität der Membran
resultieren kann. Oberhalb der CMC könnten zusätzlich Solubilisierungseffekte zu einer
gesteigerten Calcein-Freisetzung führen.
Für beide relevanten Substanzen (BPS-30 und MPEG2000-DSPE) finden sich CMC-Angaben
in der Literatur. Die erste Quelle gibt für BPS-30 einen Wert von 3 µM an (Ermittlung durch
Messung der Oberflächenspannung mittels Wilhelmy-Plate (Folmer & Svensson 1999)). Für
MPEG2000-DSPE finden sich unterschiedliche Angaben. Während Ishida (Ishida et al. 1999)
auf Basis von Trübungsmessungsdaten bei 240 nm eine CMC von 2,3 µM angibt, ermitteln
Sou und Mitarbeiter durch DPH Fluoreszenzmessung eine CMC von 9 µM (Sou et al. 2000).
Da in dieser Arbeit mit anderen Puffersystemen gearbeitet wurde, das BPS-30 vor
Verwendung vom freien PEG befreit und im Falle des MPEG2000-DSPEs eine andere
0,1 1 10
0
50
100
150
200
250
300
350
400
450
BPS-30 MPEG2000-DSPE
CMC MPEG2000
-DSPE3,2 µM
CMC BPS-30 4,8 µM
Fluo
resz
enzi
nten
sitä
t
c PEG-Lipid [µM]
Abb. 5-3: Darstellung der Fluoreszenz einer DPH Dispersion in Abhängigkeit der Konzentration von MPEG2000-DSPE und BPS-30
Ergebnisse und Diskussion 97
Bezugsquelle genutzt wurde, mussten eigene CMC Bestimmungen durchgeführt werden.
Der Anstieg der Fluoreszenz oberhalb der CMC ist auf die beginnende Solubilisierung des
Fluoreszenzfarbstoffes zurückzuführen, die erst bei Auftreten von Mizellen, also oberhalb der
CMC möglich ist. Die ermittelten CMC-Werte liegen mit Werten von 3,2 µM für
MPEG2000-DSPE und 4,8 µM in derselben Größenordnung wie die Literaturwerte.
5.3 Einlagerungsverhalten von PEG-Lipiden in präformulierte Liposomen
Die Modifikation präformulierter Liposomen bringt gegenüber den konventionellen
Targetierungstechniken (vgl. 1.2.2.2) einige Vorteile mit sich. Zum einen ermöglicht sie die
Funktionalisierung bereits im Handel befindlicher liposomaler Zubereitungen, um diese den
experimentellen oder therapeutischen Erfordernissen anzupassen, zum anderen vermeidet sie
mögliche Interaktionen von Wirkstoffen und/oder Membrankomponenten mit den zur
Kopplung der Liganden erforderlichen chemisch aktivierten Lipiden. Ein weiterer Vorteil
liegt in der exklusiven Einlagerung des PEG-Lipids in den äußeren Monolayer, so dass auf
diese Weise der Innenraum der Liposomen für die Aufnahme zu verkapselnder Wirkstoffe
nicht eingeschränkt wird (Nicholas et al. 2000).
Von besonderem Interesse ist hierbei die Einlagerung bei RT. Sie ermöglicht eine schonende
Modifikation der Liposomen ohne die liposomal assoziierten Wirkstoffe oder Liganden
thermisch zu stressen. Die Literatur kennt bislang keine Verfahren, die die Einlagerung von
PEG-Lipid-Derivaten bei RT ermöglicht. Die Post Insertion Technique (PIT) nach Ishida
(Ishida et al. 1999) und Zalpisky (Zalipsky et al. 1997) erlaubt zwar die nachträgliche
Implementierung von DSPE-PEG-Liganden aus mizellarer Phase, doch ist die Methode nicht
universell einsetzbar (vgl. 1.2.2.1).
Zalipsky beschreibt die Einlagerung von Kohlenhydrat- bzw. Peptid-Liganden - also
strukturell relativ kleinen Liganden - in präformulierte Liposomen bei 37 °C (Zalipsky et al.
1997). Die Modifizierung HSPC-basierender Liposomen mit größeren Liganden wie
Antikörpern ist nur bei deutlich höheren Temperaturen (60 °C) möglich. Beinhalten die zu
funktionalisierenden Liposomen bereits ein PEG-Lipid-Derivat in höherer Konzentration (wie
es zum Beispiel bei Doxil® bzw. Caelyx® gegeben ist) ist die Anzahl der über die PIT
implementierbarer Liganden zu klein, um ein effizientes Targeting zu gewährleisten (Ishida et
al. 1999).
98 Ergebnisse und Diskussion
Die selbständige Einlagerung der Sojasterole in bestehende Liposomenmembranen ist die
Grundvorrausetzung für ihren möglichen Einsatz zur Modifikation von präformulierten
liposomalen Zubereitungen. Dabei ist nicht nur ihr Einsatz als mögliche Anker zur Fixierung
von “Homing Devices“ von Interesse, sondern auch ihre Verwendbarkeit zur Herstellung von
Stealth®-Liposomen aus einer konventionellen Vorstufe. Daher wurde eine Reihe von
Experimenten durchgeführt, um das Einlagerungsverhalten der ethoxylierten Sojasterole in
Lipidmembranen unterschiedlicher Komposition bei RT näher zu charakterisieren. Dabei
orientierten sich die gewählten Lipidkompositionen am FDA-Draft
(http 2) für Doxil® (HSPC/Chol/MPEG 2/1/0,16 mol/mol/mol) und an der für Myocet®
(EPC/Chol 7/3 mol/mol) angegebenen Lipidmischung. Als dritte Liposomenvariante wurden
HSPC/Chol (2/1 mol/mol) untersucht.
5.3.1 Trennung von mizellarem und liposomal assoziiertem PEG-Lipid über GPC
Für eine saubere NMR-Analytik zur Einlagerungskinetik der PEG-Lipidderivate in die
verschiedenen Liposomenpräparationen ist eine Trennung von gebundenem und freiem PEG-
Lipid nötig. Da die NMR Versuche jedoch Probenmassen im mg-Bereich benötigten wurde in
Konzentrationsbereichen weit oberhalb der CMC gearbeitet.
In der Literatur lassen sich für MPEG2000-DSPE-Mizellen Größenangaben von 30-50 nm
(Ishida et al. 1999) und für mizellare Strukturen der Sojasterol-Ethoxylate mit 30 EO-
Einheiten von ca. 7 nm finden (Folmer & Svensson 1999). Daher war insbesondere bei den
MPEG2000-DSPE-Derivaten eine Koelution von Liposomen und Mizellen im
Ausschlussvolumen zu befürchten.
Die DC Analytik der über die GPC gewonnenen Fraktionen beweist, dass eine Trennung der
Mizellen von Liposomen möglich ist. Wie nach der Literatur zu erwarten, trennen sich die
BPS-Mizellen aufgrund ihrer geringen Größe gut von den Liposomen ab.
Abb. 5-4 A zeigt, dass zwischen der für die NMR Quantifizierung verwendeten
liposomenhaltigen Hauptfraktion (Fraktion 5) und dem ersten freien PEG sechs Fraktionen (je
ca. 500 l) liegen. Außerdem wird deutlich, dass bereits eine sehr kurze Inkubationszeit
genügt, um eine signifikante BPS-Menge liposomal zu binden. Wie am Cholesterol-Fleck
(größter Rf-Wert) zu erkennen, schleppt sich ein Teil der Liposomen bis in die Fraktionen des
freien PEG hinein. Da es sich bei der quantitativen NMR Analytik jedoch um ein
Relativverfahren handelt und davon auszugehen ist, dass sich früh und spät eluierte
Ergebnisse und Diskussion 99
Liposomen in ihrem PEG-Anteil nicht unterscheiden, wurden lediglich die Hauptfraktionen
zur Quantifizierung genutzt.
Gleiches gilt für die MPEG2000-DSPE-Versuche, bei denen eine Trennung der beiden PEG-
Lipid-Spezies schwieriger war. Da sich das DSPE-PEG nicht mit Schwefelsäure visualisieren
lässt wurde hier DR zur Detektion genutzt, mit dem sich die Lipide nur schwer nachweisen
lassen. Dennoch zeigt Abb. 5-4 B deutlich, dass die NMR Probe (Fraktion 3), die die
Liposomenhauptfraktion darstellt, kein MPEG2000-DSPE enthält. Dass die Trennung im Falle
des DSPE-PEG erfolgreich war zeigen auch die Resultate der NMR-Quantifizierung.
5.3.2 Einlagerungsgeschwindigkeit und Transferraten der PEG-Lipide
Die Einlagerungsgeschwindigkeit der PEG-Sterole ist von Interesse um die Zeitspanne
abschätzen zu können, die nötig ist, bis sich ein Maximum der PEG-Lipide in die Membran
eingelagert hat.
Abb. 5-5 zeigt die zur Berechnung des PEG-Lipid Anteils der verschiedenen Liposomen
A B
Abb. 5-4: DC Kontrolle der Separation von freiem und liposomal assoziiertem PEG-Lipid
A: 1 min Inkubation, EPC/Chol 7/3 Liposomen, BPS, H2SO4-Detektion
B: 1 min Inkubation, EPC/Chol 7/3 Liposomen, MPEG2000-DSPE, Dragendorff-Detektion
L: Kontroll-Liposomen
B: BPS-Kontrolle
M: MPEG2000-DSPE
3-19: Fraktionsnummern
100 Ergebnisse und Diskussion
benutzten Kalibriergeraden. Mit Regressionskoeffizienten von R² > 0,999 ließ sich die
Einlagerung der PEG-Lipide in alle Präparationen hinreichend genau verfolgen.
Da die PEG-Lipide als Membrankomponenten eingesetzt werden, werden sie in der Arbeit
auch als Teil des Gesamtlipids (GL) betrachtet. Damit ergibt sich bei einer
Kalibrationsfunktion jedoch mit steigendem Anteil an PEG-Lipid ein geringerer Anteil an PL
und somit kein linearer Zusammenhang zwischen Peakfläche und mol% PEG-Lipid.
Um dennoch eine leicht auswertbare Kalibrationsgerade zu erhalten, wurde der PL-Gehalt der
einzelnen Kalibratoren konstant gehalten und mit steigenden PEG-Lipid-Mengen versetzt. In
Abb. 5-5 ist deshalb auf der x-Achse statt mol% der prozentuale Anteil der PEG-Lipide in
Bezug auf die übrigen Membranbestandteile exklusive dem PEG-Lipid (mol%exk) selbst
angegeben.
Die aus den Peakflächenverhältnissen der Proben über die Kalibrationsfunktion erhaltenen
Werte sind damit ebenso zu verstehen. Die Umrechnung der bei der Auswertung der Proben
gelieferten Ergebnisse in mol%exk lassen sich durch eine einfache Beziehung in mol%
überführen. Es gilt:
Abb. 5-5: Kalibrationsfunktionen zur Bestimmung des PEG-Lipid Anteils liposomaler Membranen
durchgezogene Linie:
BPS Kombinationen
━■━ EPC/Chol 7/3
━●━ HSPC/Chol
━▲━ HSPC/Chol/MPEG
gestrichelte Linie:
MPEG Kombinationen
┄□┄ EPC/Chol 7/3
┄○┄ HSPC/Chol
0 2 4 6 8 10 120,0
0,4
0,8
1,2
1,6
2,0
2,4
2,8
3,2
3,6
mol PEG-Lipid / mol andere Membranlipide [%]
Pea
kflä
chen
verh
ältn
is
PE
G-P
roto
nen/
Cho
lin-P
roto
nen
Ergebnisse und Diskussion 101
%mol%mol100
%mol100exk
exk
Gleichung 5-1
exk%mol%mol100
%mol100
Gleichung 5-2
Aus dem gezeigten linearen Zusammenhang ergibt sich die Möglichkeit, bei künftigen
Versuchen eine Einpunkt-Kalibrierung mit einem 100% Wert (nicht gesäulter Probenanteil)
vorzunehmen (Sou et al. 2000).
Außerdem lässt sich bei ermitteltem PL Gehalt und bekannter Länge des PEG-Anteils die
Kalibrationsfunktion leicht berechnen. Da der ermittelte PL-Gehalt als interner Standard
fungiert, kann auch die durchschnittliche EO-Einheiten Anzahl eines PEG-Derivates auf diese
Art ermittelt werden. Die beiden verwendeten PEG-Lipide haben eine deklarierte EO Anzahl
von 30 für BPS-30 und 45 für MPEG2000-DSPE. Auf Grundlage dieser PEG-Kettenlängen
Abb. 5-6: Berechnete und praktisch ermittelte Kalibrationsfunktion zur Bestimmung des BPS-Anteils in EPC/Chol 7/3 Liposomen
durchgezogene Linie:
━■━ berechnete
Kalibrationsfunktion
gestrichelte Linie:
┄□┄ gefundene
Kalibrationsfunktion
0 2 4 6 8 100,0
0,2
0,4
0,6
0,8
1,0
1,2
1,4
1,6
1,8
2,0
Peak
fläch
enve
rhäl
tnis
mol%
102 Ergebnisse und Diskussion
ergibt sich nach Korrektur des Lipidgehaltes der Kalibratoren durch die Bartlett-
Phosphatbestimmung die in Abb. 5-6 exemplarisch für die BPS-EPC/Chol-7/3
Kombinationen gezeigte gute Übereinstimmung der berechneten und experimentell
gefundenen Kalibrationsfunktion.
Abb. 5-7 zeigt die Einlagerungkinetik von BPS in Liposomen verschiedener Kompositionen.
Angeboten wurden 7,5 mol%, die sich im Falle der EPC/Chol 7/3 Liposomen zu ca. 90% in
die Liposomen einlagerten. Bei den beiden bei RT im Gelzustand vorliegenden HSPC-
basierenden Liposomen zeigte sich mit rund 30 % Einbau des angebotenen PEG-Lipids bei
den MPEG2000-DSPE-haltigen Liposomen und ca. 40 % bei den nicht PEGylierten Liposomen
ein deutlicher Unterschied zu den fluiden EPC-Membranen. Die
Einlagerungsgeschwindigkeit ist jedoch weitgehend unabhängig von der
Membrankomposition. Der Anteil an PEG-Lipid bei maximaler Sättigung der Membran
ergibt sich zu 6,75 mol% für die EPC/Chol 7/3-, 3,2 mol% für die HSPC/Chol- und 2,4 mol%
für die HSPC/Chol/MPEG-Liposomen.
Die bei der Versuchsreihe verwendeten Liposomen wiesen eine Größe von 110 - 120 nm
Durchmesser auf. Bei dieser Größe kann in guter Näherung von der gleichen Anzahl von
Lipidmolekülen im äußeren und inneren Monolayer ausgegangen werden. Aufgrund der
großen hydrophilen Reste der PEG-Lipide ist ein Flip-Flop ausgeschlossen und somit nur der
äußere Layer zugänglich, so dass sich in Bezug auf diesen ein doppelt so hoher prozentualer
PEG-Lipid-Anteil ergibt. Die differierenden Insertionsraten bei unterschiedlicher
Lipidkomposition lassen sich z.T. über die unterschiedlichen Phasenzustände der Membran
erklären. Die fluide EPC-Membran erlaubt offensichtlich einen höheren Einlagerungsanteil
als die rigiden HSPC-Membranen. Interessant ist die Tatsache, dass trotz des PEG-Lipid
Anteils der HSPC/Chol/MPEG Liposomen erhebliche weitere Einlagerung eines PEG-Lipids,
wenn auch mit geringerer Kettenlänge, möglich ist.
Abb. 5-8 zeigt die Ergebnisse der gleichen Untersuchungen mit MPEG2000-DSPE als PEG-
Lipid. Im Gegensatz zum BPS ist nach 4 Stunden Inkubation praktisch keine Einlagerung des
Derivates in die Liposomenmembranen erkennbar. Auch in der fluiden EPC Membran waren
über den beobachteten Zeitraum lediglich 3% des zupipettierten MPEG2000-DSPE liposomal
nachweisbar. Angesichts der langsamen Einlagerung des MPEG2000-DSPE in die beiden
untersuchten Liposomenpopulationen wurde auf eine Versuchsreihe mit HSPC/Chol/MPEG-
Liposomen verzichtet.
Ergebnisse und Diskussion 103
In der Literatur wird die Einlagerung von DSPE-PEG-Lipiden in Lipidmembranen
beschrieben. Diese führen jedoch nur bei Erhöhung der Temperatur auf 37 °C oder 60 °C
(Uster et al. 1996; Zalipsky et al. 1997; Sou et al. 2000; Iden & Allen 2001; Allen et al.
2002a; Moreira et al. 2002) zu nennenswerten Insertionsraten. Iden et al.(Iden & Allen 2001)
bringen die langsame Inkorporationskinetik der DSPE-PEG-Lipide mit der Tc der
untersuchten Membranen (HSPC/Chol 2/1 mol/mol bzw. Doxil®-Komposition) in
Zusammenhang und erhitzen daher zur Inkorporation von PEG-Lipid-Ligand-Konjugaten in
präformulierte Liposomen eine Stunde auf 60 °C.
Da die Transferrate in die bei RT fluiden Lipidmembranen (EPC/Chol 7/3, Abb. 5-8) keinen
signifikanten Unterschied zu der in die HSPC/Chol Membranen aufweist, ist der beschriebene
Modifikationserfolg bei 60 °C kaum mit dem Phasenzustand der Membran in Zusammenhang
zu bringen.
Die bei erhöhter Temperatur erfolgreiche Einlagerung der PE-PEG-Derivate in
Lipidmembranen kann vielleicht auf eine verringerte Stabilität der Mizellen bei höheren
Temperaturen zurückgeführt werden. DPH Anisotropiemessungen zeigten eine starke
Temperaturabhängigkeit der Beweglichkeit der Alkylseitenketten (Sou et al. 2000). Mit
steigender Temperatur wurde eine deutliche Verringerung der DPH-Anisotropie beobachtet,
die sich aus der Reduktion der hydrophoben Wechselwirkungen der Alkylketten
untereinander und verringerte Stabilität der Mizellen erklären lässt.
Ishida et al gehen bei der PIT von Mizellen der Komposition MPEG2000-DSPE und
MAL-PEG2000-DSPE im molaren Verhältnis von 4/1 aus, um Liposomen mit IgG zu
modifizieren. Zur Gewährleistung einer für Targetierungsversuche ausreichenden
Antikörperlast sind bei diesem Vorgehen 60 °C nötig. Dagegen beschreiben Zalipsky et al.
(1997) und Saul et al. (2003) ein erfolgreiches Targeting nach Inkubation von DSPE-PEG-
Ligand-Mizellen mit Liposomen bei 37 °C. Der Ligand war hier jeweils eine strukturell
kleines Molekül (Folat, Oligosaccharide, Peptide). Neben der unterschiedlichen Größe als
möglicher Ursache für das differierende Einlagerungsverhalten sollte auch über die
unterschiedliche Stabilität der Mizellen als möglichem Grund für dieses Phänomen
nachgedacht werden. Bei den von Zalipsky und Saul verwendeten DSPE-PEG-Ligand-
Derivaten handelt es sich um durch in einem vorgeschalteten Syntheseschritt stöchiometrisch
umgesetzte Produkte, bei denen die Endstruktur aller Moleküle durch die Einführung der
Liganden signifikant von der des grundlegenden PEG-PE abweicht. Es kann als davon
ausgegangen werden, dass sich das Phasenverhalten entscheidend geändert haben wird.
104 Ergebnisse und Diskussion
0 50 100 150 200 250
0
20
40
60
80
100
BPS
lipo
som
al a
ssoz
iiert
[%]
Zeit [min]
Lipidkompositionen:
━■━ EPC/Chol 7/3
━●━ HSPC/Chol
━▲━ HSPC/Chol/MPEG
Abb. 5-7: Einlagerung von BPS in Liposomen verschiedener Zusammensetzung als Funktion der Zeit
0 50 100 150 200 250
0
1
2
3
4
5
MPE
G20
00-D
SPE
lipos
omal
ass
oziie
rt [%
]
Zeit [min]
Lipidkompositionen:
━■━ EPC/Chol 7/3
━●━ HSPC/Chol
Abb. 5-8: Einlagerung von MPEG2000-DSPE in Liposomen verschiedener Zusammensetzung als Funktion der Zeit
Ergebnisse und Diskussion 105
Bei der Methode nach Ishida et al. (1999) hingegen wird von bereits bestehenden Mizellen
ausgegangen, bei denen nur einzelne DSPE-PEG Moleküle durch einen Ab modifiziert
werden, so dass die strukturelle Integrität der Mizellen nicht verändert wird.
Mit der nachgewiesenen selbstständigen Einlagerung der PEG-Sterole weist die
Versuchsreihe auf eine universelle Verwendbarkeit der Derivate zur Modifikation
unterschiedlicher präformulierter Liposomen hin.
5.3.3 Ergebnisse der mikrokalorimetrischen Untersuchungen (ITC)
5.3.3.1 Demizellisierungsexperiment
Bei der Injektion von 10 µl der mizellaren Lösung eines Lipids in die ITC-Probenzelle
(Volumen der Zelle ca. 1,4 ml) erfährt die Probe eine mehr als 100-fache Verdünnung. Die
Mizellen lösen sich dabei in Monomere auf. Dieser Prozess ist mit der Freisetzung oder
Aufnahme von Wärme verbunden. Mit ansteigender Detergenzkonzentration in der Zelle
kommt der Demizellisierungsprozess schließlich zum Erliegen, so dass nur noch
Verdünnungswärme zu beobachten ist.
Abb. 5-9: Beispiel für ein Demizellisierungsexperiment aus (Heerklotz & Seelig 2000) ; Titration von C12EO8 in Wasser
106 Ergebnisse und Diskussion
Abb. 5-9 zeigt den klassischen Verlauf eines Demizellisierungsexperimentes. Zu Beginn der
Titration lösen sich die Mizellen vollständig auf (vgl. Abb. 5-9 A). Aus den ersten Injektionen
lässt sich die molare Demizellisierungsenthalpie berechnen, indem das Integral der einzelnen
Injektionswärmen durch die Anzahl der injizierten Mole geteilt wird und die
Verdünnungswärme berücksichtigt wird. Diese ergibt sich aus dem Mittelwert der Wärmen
der letzten Peaks und resultiert aus geringen Temperaturdifferenzen zwischen der injizierten
Probe und dem Inhalt der Probenzelle.
Trägt man die ermittelten molaren Enthalpien gegen die Detergenzkonzentration in der Zelle
auf, ergibt sich ein sigmoider Kurvenverlauf, der den breiten Phasenübergang zwischen
Mizellen und Monomer beschreibt (vgl. Abb. 5-9 B). Die Auftragung der ersten Ableitung der
Kurve erlaubt dann eine präzise Bestimmung der CMC vgl. (Abb. 5-9 C).
Abb. 5-10 zeigt die Rohdaten eines Demizellisierungsversuches unter Verwendung von
BPS-20. Im kleinen Fenster ist die molare Demizellisierungswärme gegen die PEG-Lipid-
Konzentration in der Probenzelle aufgetragen. Obwohl die ersten drei Injektionen zu
Konzentrationen innerhalb der Zelle führen, die unterhalb der mittels der DPH-Methode
0 50 100 150 200 250 300 350 400 450 500 550 600
-0,25
-0,20
-0,15
-0,10
-0,05
0,00
0,05
0,00 0,05 0,10 0,15
-20,92
-16,74
-12,55
-8,37
-4,18
0,00
4,18
Ges
amtw
ärm
e pr
o In
jekt
ion
[kJ/
mol
]
PEG-Lipid-Konzentration [mM]
µcal
/sec
Zeit [min]
Abb. 5-10: Darstellung der Rohdaten (großer Graph) und der daraus bestimmten molaren Demizellisierungsenthalpien bei Titration von BPS-20 in Puffer
Ergebnisse und Diskussion 107
ermittelten CMC liegen, ist kein Phasenübergang zwischen Mizelle und Monomer zu
erkennen. Dies spricht für einen sukzessiven Abbau der Mizellen über immer kleiner
werdende Strukturen bis hin zum Monomer.
5.3.3.2 Verteilungsexperiment
Beim ITC-Verteilungsexperiment wird eine Vesikeldispersion in eine detergenzhaltige
Lösung injiziert, deren Konzentration unterhalb der CMC liegt. Dadurch wird direkt die
Wärme ermittelt, die bei der Einlagerung des BPS-20 in die Liposomenmembran frei oder
verbraucht wird.
Das Verteilungsexperiment sollte dazu dienen, den Verteilungskoeffizienten K nach
Schurtenberger als ein Maß für die Bindungsstabilität der Verankerung in der
Liposomenmembran zu ermitteln. Dieser sollte in gleicher Weise auch für MPEG2000-DSPE
bestimmt werden. Aufgrund der niedrigen CMC des PE-PEG war die Auswertung der
erhaltenen Signale jedoch noch schwierig.
0,00 0,05 0,10 0,15 0,20
-1,67
-1,46
-1,26
-1,05
-0,84
-0,63
-0,42
-0,21
0 20 40 60 80 100
-0,08
-0,06
-0,04
-0,02
0,00
0,02
µcal
/sec
Zeit [min]
Ges
amtw
ärm
e pr
o In
jekt
ion
[kJ/
mol
]
Lipidkonzentration [mM]
Abb. 5-11: Rohdaten und die daraus berechneten molaren Verteilungsenthalpien der individuellen Injektionen in Abhängigkeit der Lipidkonzentration
108 Ergebnisse und Diskussion
Abb. 5-11 zeigt im kleinen Graphen den Verlauf eines Verteilungsexperiments. Die
Lipidkonzentration in der Zelle betrug 4 µM, die der Liposomendispersion 5 mM. Das
Experiment wurde bei RT durchgeführt. Bereits nach der ersten auswertbaren Injektion (der
erste kleine Peak muss ignoriert werden, vgl. 4.5.3.2) ist ein Großteil des zur Verfügung
stehenden PEG-Lipids im Lipidbilayer gebunden. Die folgenden Injektion liefern nur noch
kleine Signale, die letzten Injektionen stellen die durch die Verdünnungswärme resultierenden
Peaks dar. Die durchgezogene Linie repräsentiert den vom Computer nach 4.5.3.2 errechneten
optimalen Fit mit einem lipidnormierten Verteilungskoeffizienten K von 61,3 mmol-1 . Die
gestrichelten Linien stellen berechnete Fitfunktionen dar, bei denen im flacheren Verlauf von
einem K von 50 mmol-1 und im steileren Verlauf von einem K von 500 mmol-1 ausgegangen
wurde. Die Abbildung demonstriert, dass bei K-Werten im Bereich von 50-500 mmol-1 ein
guter Fit nach 4.5.3.2 möglich ist. Da die Methode an ihre Grenzen stößt, ist auf diese Art
keine genauere Aussage möglich. Der tatsächliche K-Wert dürfte allerdings eher oberhalb von
50 mmol-1 liegen, da die Datenpunkte eher eine Abweichung des berechneten K-Werts hin zu
höheren K-Werten erlauben. Wiederholungen der Experimente ergaben konsequenter Weise
auch einen durchschnittlichen K-Wert von ca. 85 mmol-1. Messungen bei 50 °C ergaben
ähnliche Werte.
Auch für MPEG2000-DSPE wurden Verteilungsexperimente durchgeführt. Hier wurden
EPC/Chol 4/1 Liposomen verwendet und die Lösungen wurden auf 60 °C erhitzt bevor mit
den Messungen begonnen werden konnte. Außerdem lag die Konzentration der verwendeten
PEG-PE Lösung oberhalb der selbst ermittelten CMC (vgl. 4.2) jedoch unter dem in (Sou et
al. 2000) angegebenen Wert. Diese Kompromisse mussten eingegangen werden um überhaupt
messbare Signale zu erhalten. Die Ermittlung eines K-Wertes für MPEG2000-DSPE ist nach
dem geschilderten Verfahrens streng genommen nicht zulässig, da die geschilderte
Auswertungsfunktion die durch das PEG-PE in die Membran eingebrachte Ladung nicht
berücksichtigt. Dennoch lieferte das Model einen guten Fit (Chi² < 1000) der Messpunkte.
Die auf Grundlage dieser Versuche ermittelten K-Werte lagen zwischen 60 und 130 mmol-1
und damit in einem ähnlichen Bereich wie die des BPS-20.
5.3.3.3 Solubilisierungsexperimente
Beim einem ITC-Solubilisierungsexperiment wird eine Detergenzlösung zu einer
Vesikelpräparation titriert. Der klassische Verlauf eines Solubilsierungsexperimentes stellt
Ergebnisse und Diskussion 109
sich wie folgt dar: Zu Beginn der Titration lagert sich immer mehr Detergenz in die Membran
ein, wodurch diese mehr und mehr gesättigt wird. Dies führt zu immer geringeren
Wärmemengen währender ersten Injektionen. Ab einer bestimmten Konzentration ist die
Membran gesättigt und die weitere Injektion von Detergenz führt nicht mehr zur Einlagerung
von Detergenz, sondern zur Koexistenz von Liposomen und Mizellen. Der Koexistenzbereich
existiert häufig über einen größeren Bereich und zeigt deutlich andere Wärmen als zu Beginn
der Titration. Ab einer kritischen Konzentration des Detergenz in der Zelle beginnt die
Solubilisierung der Membran, was sich abermals in einer Änderung der Wärmen der
Einzelinjektionen äußert.
Tragt man die beobachteten Wärmen gegen den Molenbruch aus Detergenz und PL Menge
auf, erhält man ein Diagramm, dass die Phasengrenzen des Systems Detergenz/PL
charakterisiert.
Abb. 5-12: Darstellung eines klassischen Solubilisierungsexperiments (A) bzw. deren Umkehrung (B) durch Titration von Mizellen mit PL-Vesikeln aus (Heerklotz & Seelig 2000)
110 Ergebnisse und Diskussion
Abb. 5-12 ist aus (Heerklotz & Seelig 2000) entnommen und demonstriert die Beobachtungen
für Palmitoyl-Oleoylphosphatidycholin (POPC) Vesikel (5 mM), die mit einer 100 mM
C12EO7 Lösung titriert wurden (A). Die einzelnen Phasen sind gut zu unterscheiden. Auch die
umgekehrte Vorgehensweise ist möglich wie in Teil B der Abbildung zu sehen. In diesem
Fall wurde von Mizellen (4,9 mM C12EO7) ausgegangen, zu denen eine POPC-
Vesikeldispersion (15 mM) titriert wurde. Beide Experimente liefern dieselben
Phasengrenzen.
Vergleicht man die Beobachtungen der Untersuchung der Titration von EPC Vesikeln (5 mM)
mit BPS-20 (46,6 mM), zeigt sich ein vollkommen anderes Bild. Die ohne Cholesterolzusatz
hergestellten Vesikel zeigen kein klassisches Solubilisierungsmuster.
Die Titration zeigt lediglich die zu Beginn zu erwartende Abnahme der Einzelwärmen durch
die Sättigung der Membran. Bis zu einem Molverhältnis von 1:1 lassen sich keine
Solubilisierungstendenzen der Membran feststellen.
Diese Beobachtung spricht für einen weiten Bereich der Koexistenz von BPS Mizellen und
PL Vesikeln ohne Entstehung von Mischmizellen durch Membransolubilisierung.
Abb. 5-13: Darstellung der Ergebnisse der Rohdaten und der Auftragung der Wärmen der Einzelinjektionen gegen das molare PEG-Lipid/Lipid -Verhältnis (kleiner Graph)
0 50 100 150 200 250 300
-10
-8
-6
-4
-2
0
0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0
-10,00
-8,00
-6,00
-4,00
-2,00
0,00
Gea
mtw
ärm
e pr
o In
jekt
ion
[kJ/
mol
]
molPEG-LIPID
/molLipid
µcal
/sec
Zeit [min]
Ergebnisse und Diskussion 111
5.3.3.4 Zusammenfassung der ITC-Experimente
Insgesamt sind die Ergebnisse der ITC-Untersuchungen zwar schwer zu interpretieren, liefern
jedoch einige wichtige Informationen .Die ITC-Verteilungsexperimente liefern einen sehr
hohen Verteilungskoeffizienten K und deuten damit auf eine stabile Verankerung der
Sterolanker in der Membran hin. Außerdem konnte gezeigt werden, dass selbst reine EPC-
Membranen auch bei hohen BPS-Konzentrationen nicht solubilisiert werden. Das
Demizellisierungsexperiment deutet auf einen sehr breiten Konzentrationsbereich hin in dem
der Übergang zwischen Mizellen und Monomeren von Statten geht.
5.3.4 Freisetzung von liposomal verkapseltem Calcein während der Einlagerung von BPS in präformulierte Liposomen
Die exklusive Insertion der PEG-Sterole in den äußeren Monolayer lässt das Auftreten von
Membranspannungen vermuten, die Ursache für Entstehung von Membranschäden und in der
Folge dem Austreten von verkapseltem Material sein könnten. Daher sollte untersucht
werden, ob Membrandefekte während der Einlagerung der PEG-Sterole ihre Nutzung durch
die Entstehung permanenter Poren oder einem vorübergehenden aber massiven
Materialverlust unmöglich machen. Das zu diesem Zweck in den hydrophilen Innenraum in
selbst quenchender Konzentration eingeschlossene Calcein führt bei Freisetzung aus den
Liposomen und die dadurch bedingte starke Verdünnung zu einem Anstieg der Fluoreszenz
der Probe.
5.3.4.1 Freisetzung unterhalb der CMC
In dieser Versuchsreihe lagen die Konzentration der PEG-Sterole auch bei der größten Menge
an zugesetztem BPS (Endkonzentration in der Küvette: 2,5 µM, Lipidkonzentration
2,5 - 5 µM) unterhalb der CMC. Die beobachtete Calcein-Freisetzung ist damit ausschließlich
auf bei der Insertion auftretende Vorgänge zurückzuführen und nicht mit eventuellen
Solubilisierungseigenschaften von BPS-Mizellen in Zusammenhang zu bringen.
Abb. 5-14 zeigt die freigesetzten Calcein-Mengen aus den drei Standardliposomentypen. Wie
zu erwarten erwiesen sich die fluiden EPC-Membranen gegenüber der Einlagerung des BPS
als am empfindlichsten. Die Unterschiede der Freisetzung zwischen den HSPC/Chol- und
112 Ergebnisse und Diskussion
MPEG/Chol-Liposomen sind hingegen wenig ausgeprägt.
Wie der Abb. 5-15 zu entnehmen strebt die Freisetzung des Calceins aus den Liposomen nicht
in jedem Fall einem Endwert zu. Dargestellt ist der relative Fluoreszenzanstieg in Bezug auf
den maximalen zu verzeichnenden Anstieg bei Zerstörung der Liposomen mit Triton über die
Zeit, in Abhängigkeit vom zupipettierten BPS Anteil. Die Auftragsweise wurde gewählt, da
aufgrund der geringen Volumina der eingesetzten Liposomendispersionen durch den
Pipettierfehler unterschiedliche Grundfluoreszenz resultiert, die einen direkten Vergleich der
Fluoreszenzverläufe unübersichtlich macht.
Bei höheren Konzentrationen an BPS in der Küvette (30 und 50 mol%) kann es zu einer
bleibenden Steigerung der Permeabilität der Membran kommen. Dies war bei EPC/Chol 7/3
in jedem Versuch der Fall, während bei den HSPC basierenden Liposomen das Auftreten
dieses Effektes nicht reproduzierbar war (vgl. Abb. 4-5).
Die in Abb. 5-14 dargestellten Ergebnisse der Leakage Versuche stellen also im Falle der 30
und 50 mol%igen Zugabe von BPS keine Endwerte dar. Es ist mit einem geringen Anstieg im
weiteren Verlauf zu rechnen. Ab 15 mol% BPS Zusatz war bei keiner der Formulierung eine
Abb. 5-14: Prozent freigesetztes Calcein 50 min nach Zugabe variabler Mengen BPS zu Liposomen (2,5 - 5 µM) verschiedener Membranzusammensetzung
1 3 7.5 15 30 500
2
4
6
8
10 EPC/Chol 7/3 HSPC/Chol HSPC/MPEG
freig
eset
ztes
Cal
cein
[%]
BPS [mol%]
Ergebnisse und Diskussion 113
bleibende Schädigung der Liposomen zu verzeichnen. Nach Zugabe des BPS kommt es hier
zu einem raschen initialen Anstieg der Fluoreszenzintensitäten, die sich innerhalb von ca. 15
min auf bleibendem Niveau einpendeln. Nach dieser Zeit “heilen“ also die Membrandefekte.
Abb. 5-16 führt die Vorgänge für einen 7,5 mol%igen Zusatz von BPS für die drei
untersuchten Liposomenpräparationen auf. Die Freisetzung liegt für die EPC/Chol 7/3-
Liposomen bei ca. 4,5 % und für die HSPC basierenden Liposomen im Mittel bei ca. 2%.
Ein Zusatz von 15 mol% BPS und weniger, wie im Rahmen dieser Arbeit geschehen, ist
damit für die Stabilität der Liposomenmembran bei allen drei Liposomenpräparationen
zunächst als unproblematisch zu betrachten. Der freigesetzte Anteil des verkapselten
Materials kann - falls nötig - durch einen geeigneten Separationsschritt (GPC, Dialyse,
Ultrazentrifugation) abgetrennt werden. Da die Schädigung der Membranen nur
vorübergehender Natur ist, ist kein neuerliches Auftreten des verkapselten Materials zu
erwarten.
Betrachtet man die NMR-Einlagerungsversuche und die Versuche zur Calcein-Freisetzung im
Zusammenhang ergeben sich einige Diskussionspunkte.
━■━ 50 mol%
┄○┄ 30 mol%
━▲━ 15 mol%
┄□┄ 7,5 mol%
━●━ 3 mol%
┄△┄ 1 mol%
Abb. 5-15: Calceinfreisetzung aus EPC/Chol 7/3 Liposomen mit verschiedenen Mengen an BPS (5 µM GL)
0 10 20 30 40 50
0
2
3
5
7
8
freig
eset
ztes
Cal
cein
[%]
Zeit nach BPS Zugabe [min]
114 Ergebnisse und Diskussion
Die NMR-Experimente demonstrieren, dass die Einlagerung in die Liposomen bei keiner der
Präparationen vollständig ist. Die gut 90%ige Einlagerung des angebotenen BPS (von 7,5
mol% in Bezug auf das GL, vgl. Abb. 5-7) in die EPC/Chol 7/3-Liposomen führt zu einem
BPS Anteil von 6,75 mol% des GL.
Bei den anderen Liposomenpräparationen lagen die Werte bei 3,2 mol% und 2,4 mol%
(HSPC/Chol, HSPC/Chol/MPEG). Die Leakageversuche haben einerseits gezeigt, dass die
Einlagerung eines solchen Prozentsatzes BPS in den äußeren Layer nicht zu permanenten
Membranschäden führt, so dass nach Abtrennen des initial austretenden verkapselten
Materials mit einer stabilen Formulierung umgegangen werden kann. Andererseits zeigt sich
aber auch, dass das Zupipettieren von BPS oberhalb der Molprozentsätze, die bei den NMR
Versuchen als Maximum ermittelt wurden (nämlich 6,75, 3,2 und 2,4 mol% je nach
Lipidkomposition), bei den Leakageversuchen auch dann noch einen Einfluss auf die
Freisetzung hat, wenn die Einlagerung laut NMR abgeschlossen ist. Dies deutet auf
Flippflopp-Ereignisse in der Membran hin, zumindest der nicht PEGylierten Membranlipide,
wodurch in geringem Maße neue Membrandefekte auftreten.
Zu beachten ist jedoch, dass bei den NMR-Versuchen oberhalb und den Leakageversuchen
0 5 10 15 20 25 30 35 40 45
0
1
2
3
4
5
6
freig
eset
ztes
Cal
cein
[%]
Zeit nach BPS Zugabe [min]
━■━EPC/Chol 7/3
━●━HSPC/Chol
━▲━HSPC/Chol/MPEG
Abb. 5-16: Calceinfreisetzung aus den verschiedenen Liposomenkombinationen bei Zugabe von 7,5 mol% BPS (2,5 - 5 µM GL)
Ergebnisse und Diskussion 115
unterhalb der CMC gearbeitet wurde.
Im letzten Fall besteht ein Gleichgewicht also nur zwischen membranär gebundenem und
freiem BPS. Da unterhalb der CMC für das Monomer kein mit der Liposomenmembran
konkurrierendes Kompartiment zur Einlagerung zur Verfügung steht, lassen sich über einen
breiten Konzentrationsbereich Auswirkungen auf das Freisetzungsverhalten von Calcein
vermessen. Die vollständige Einlagerung von 50 mol% BPS ausschließlich in den äußeren
Monolayer ohne vollständige Desintegration des Vesikels ist kaum vorstellbar. Im
submizellaren Bereich ist zu erwarten, dass sich mit steigender Konzentration eine Sättigung
der Membran einstellt, so dass sich nun ein Gleichgewicht zwischen freiem und
membrangebundenem BPS ausbildet. Dieses sollte sich mehr und mehr auf die Seite des
freien Monomers verschieben.
Dies zeigt sich auch in der Auftragung der Calcein-Freisetzung gegen die zugefügte BPS
Menge. Abb. 5-17 zeigt mit steigender BPS Menge eine deutliche Abflachung der prozentual
freigesetzten Calceinmenge was auf einen wachsenden Anteil auf ungebundenem Monomer
hindeutet.
Insgesamt ist die Einlagerung des PEG-Lipids in die Membran der experimentell untersuchten
Abb. 5-17: Prozentuale Freisetzung von Calcein in Abhängigkeit von Lipidkomposition und zugeführter Menge BPS (2,5 - 5 µM GL)
0 10 20 30 40 50
0
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
freig
eset
ztes
Cal
cein
[%]
zugeführte Menge BPS [mol%]
━■━ EPC/Chol 7/3
━●━ HSPC/Chol
━▲━ HSPC/Chol/MPEG
116 Ergebnisse und Diskussion
Liposomen weder mit bleibenden Membranschäden noch mit einem massiven Verlust des
verkapselten Materials verbunden. Der Anteil an freigesetztem Calcein ist im für die
Kopplung von Liganden interessanten Bereich von 1 - 7,5 mol% aktiviertem BPS mit 1-4%
sehr niedrig. Die Zahlenwerte sind vergleichbar mit den Prozentsatz der bei Verwendung der
PIT für den Arzneistoff Doxorubicin gefunden wurden (Ishida et al. 1999).
Die Kopplung von Liganden an die Oberfläche von Liposomen verläuft jedoch zumeist in
Konzentrationsbereichen oberhalb der CMC, so dass mit Solubilisierungseffekten zu rechnen
ist, die eine Steigerung der Calcein-Freisetzung zur Folge haben können. Daher wurden
Experimente durch geführt, die die Calcein-Freisetzung oberhalb der CMC untersuchten.
5.3.4.2 Freisetzung oberhalb der CMC
Oberhalb des Konzentrationsbereiches der CMC stellt sich die Situation wie folgt dar: Die
Insertion in die Vesikelmembran wird oberhalb eines von der Lipidzusammensetzung des
Vesikels abhängigen Sättigungsbereiches zugunsten der bei diesen Verhältnissen
Sperinde et al. 1999) brachten weitere Reaktionswege in den Focus, von dem die
-Eliminierung/Michael-Addition der wichtigste ist. Diese endet in der Formation eines
Sulfoacetamids. Der dritte wichtige Reaktionsweg ist die Hydrolyse, bei der auf dem
Hauptweg der Tresylatabspaltung eine Inaktivierung des PEG vonstattengeht.
Während das auf dem ersten Weg gebildete sekundäre Amin (vgl. Abb. 5-20 Mitte) in vivo
stabil ist, besteht bei der Sulfoacetamidbindung Hydrolysegefahr. Zudem bietet die
Ausbildung des sekundären Amins die Möglichkeit die ursprünglichen Ladungsverhältnisse
des Liganden beizubehalten. Die üblichen aminoaktiven Kopplungen, sowie auch die
thiolaktiven Kopplungen, die aufgrund des häufigen Fehlens einer Thiolfunktion auf die
Derivatisierung eines Amins zurückgreifen, enden in einem Verlust der ursprünglichen
Ladung des Liganden durch Bildung eines Carbamates oder Amids.
120 Ergebnisse und Diskussion
Neben dem Vorteil der in vivo Stabilität ist die Bildung des Amins also auch deswegen zu
katalysieren, da mit der Konservierung der positiven Ladung am Liganden auch eine bessere
biologische Aktivität desselben zu erwarten ist (Zalipsky 1995).
Durch die Wahl eines pH-Werts von 8-9 im wässrigen Medium kann die Bildung eines
sekundären Amins gegenüber den Nebenreaktionen gefördert werden (Sperinde et al. 1999).
Die Reaktion bei tieferen Temperaturen kann eine weitere Steigerung der Aminbildung
bringen. Dies ist jedoch in Abhängigkeit von den Konzentrationsverhältnissen und dem pks-
Wert des Liganden zu betrachten.
Generell bringt ein schwach basischer pH-Wert eine Verbesserung der Ausbeute an
sekundärem Amin. Daher wurde in dieser Arbeit nach Untersuchung des optimalen pH-
Wertes für eine möglichst effiziente Kopplung ein Boratpuffer mit einem pH-Wert von 8,3 -
8,5 als Reaktionsmedium gewählt.
Abb. 5-20: Reaktionsschema zur Kopplung von aminhaltigen Liganden mit BPS-TRE
OO
S
O
O
F
FF
HN-BSA
OSO
O
O
OSterol
HN-BSAOSterol
n=30
n=30
NH2 BSA
n=30
H2O, pH 8-9
Acylierung
Alkylierung
Hydrolyse
OHOSterol
n=30
Ergebnisse und Diskussion 121
5.4.1.1 Grundsätzliche Eignung tresylierter Sojasterole zur Kopplung von BSA an Liposomen
Die ersten Versuche zur Untersuchung tresylierter Sojasterole als mögliche Reagenzien zur
Kopplung von Proteinen an Liposomen wurden unter den von A. Lung (Lung 2002)
beschriebenen Bedingungen durchgeführt. Da eine Neusynthese der Substanzen nötig war
und eine Modifikation im Kopplungsprotokoll (Umstellen der Kopplung auf das
Standardprotokoll (vgl. 4.6.1)) zu Gunsten einer besseren Reproduzierbarkeit der einzelnen
Versuche vorgenommen worden war, beschäftigten sich die ersten Versuche mit der
grundsätzlichen Überprüfung des Kopplungspotentials des tresylierten Generols (GET) unter
den veränderten Bedingungen.
Wie in Abb. 5-21 zu sehen, führt die Behandlung von BSA mit tresyliertem Generol zur
Elution des Proteins mit den Liposomen. Wird das Protein mit Generol E-25 inkubiert, ist
keine Anreicherung des BSA in den liposomalen Fraktionen erkennbar. Damit ist eine passive
Anlagerung des Proteins auf der Liposomenoberfläche als Ursache für die Koelution von
Liposomen und Protein auszuschließen.
5 10 15 20 25
0
10
20
30
40
50
60
70
BS
A [%
]
Elutionsvolumen [ml]
━■━ Elutionsprofil bei
Verwendung von GET
im ersten
Inkubationsschritt
┄□┄ Elutionsprofil bei
Verwendung von
Generol E-25 im ersten
Inkubationsschritt
Abb. 5-21: Vergleich des Elutionsverlaufs von BSA bei der Verwendung von GET bzw. nicht tresyliertem Generol während des ersten Inkubationsschritts.
122 Ergebnisse und Diskussion
5.4.1.2 pH-Abhängigkeit der Kopplung mittels tresyliertem Generol
Für die Konjugation von tresyliertem PEG an verschiedene Amine ist eine pH-Abhängigkeit
der Kopplungseffizienz beschrieben (Sperinde et al. 1999). Die Reaktion verläuft in schwach
basischem pH-Bereich besonders effektiv. Das genaue pH-Optimum ist dabei auch von den
pKs-Werten der Amine des zu koppelnden Liganden abhängig und daher von Protein zu
Protein unterschiedlich. Dennoch sollte untersucht werden, ob im pH-Bereich von 8,3 bis 9,0
signifikante Unterschiede der Kopplungseffizienz zu verzeichnen sind, die darauf hindeuten,
dass der gewählte pH-Wert außerhalb des pH-Optimums für effiziente Kopplung liegt. Als
Vergleichswert wurde die einstellbare BSA-Oberflächen-Dichte in µg/µmol GL (vgl. 5.4.2.3)
ermittelt.
Bei vollständiger Kopplung des angebotenen Proteins an die Liposomenoberfläche ergab sich
unter den Bedingungen (vgl. 4.6.3.2) eine maximale Ligandendichte von 25 µg/µmol GL
(4,85 nmol BSA/13 µmol GL; 35,7 µg BSA/mg GL).
Abb. 5-22 illustriert die Ergebnisse der Untersuchungen zur pH-Abhängigkeit der Kopplung.
Wie in der Literatur beschrieben zeigt sich die deutliche Abhängigkeit der Kopplungseffizienz
vom pH-Wert. Bei einem pH-Wert von 7,4 ist die Hydrolyse von wesentlich größerer
Abb. 5-22: pH-Abhängigkeit der Kopplungseffizienz bei Verwendung von GET
7,4 8,3 8,5 8,7 90
5
23
24
25
BS
A-D
icht
e [µ
g/µm
ol G
L]
pH-Wert
Ergebnisse und Diskussion 123
Bedeutung als im schwach alkalischen pH-Bereich. Die im PBS ermittelte Ligandendichte
von ca. 8,3 µg/µmol GL entspricht der Kopplung von ca. 33%.
Im pH-Bereich von 8,3 - 9,0 zeigt sich die eindeutige Tendenz, dass mit steigendem pH-Wert
höhere Kopplungsausbeuten erzielbar sind. Die prozentualen Kopplungseffizienzen liegen mit
95 % bei einem pH-Wert von 8,3 und 99 % bei einem pH von 9,0 jedoch sehr nah
beieinander. Da die Kopplung über die Bildung des in vitro stabilen sekundären Amins bei
pH-Werten knapp über 8,0 bevorzugt abläuft, während höhere pH-Werte die Bildung des
hydrolyseempfindlichen Sulfoacetamids fördern, wurde als vertretbarer Kompromiss
zwischen Kopplungsausbeute und zu erwartendem Anteil an entstehenden sekundären
Aminen ein Boratpuffer mit einem pH-Wert von 8,3 - 8,5 als Standardkopplungspuffer
festgelegt. Höhere pH-Werte können zudem die Anwendbarkeit der Methode einschränken,
da Instabilitäten mit pH-empfindlichen Liganden zu befürchten sind und in dem Fall, dass der
Kopplungspuffer gleich dem Liposomenpuffer gewählt werden muss, auch die PL zunehmend
hydrolysiert werden.
5.4.1.3 Abhängigkeit der Kopplungseffizienz von pH-Wert und Ankerkonzentration
In den meisten Kopplungsversuchen wurden routinemäßig 7,5 mol% Anker eingesetzt. Dies
gewährleistet eine nahezu vollständige Kopplung bei gleichzeitig maximaler sterischer
Stabilisierung der Liposomen durch die tresylierten PEG-Sterole (vgl. 5.3.2), die durch
Kopplung oder Hydrolyse inaktiviert werden. Die durch die Einlagerung provozierten
Verluste an verkapseltem Material liegen zudem im vertretbaren Bereich (vgl. 5.3.4.2).
Abb. 5-23 zeigt, dass bereits 5 mol% GET für eine nahezu vollständige Fixierung des BSA
am Liposom ausreichen. Auch bei der niedrigen Konzentration von 0,5 mol% werden schon
ca. 60% des zur Kopplung zur Verfügung stehenden Proteins mit den Liposomen koeluiert.
Bei der Versuchsreihe wurde GET in hohem molarem Überschuss zum BSA eingesetzt (220 -
13/1; GET/BSA (mol/mol)). Aus der Multireaktivität des Proteins ergibt sich so eine
mehrmalige Umsetzung eines Proteins mit dem aktivierten Lipid, die auch bei niedrigen GET
Mengen zu einem hohen Anteil an gekoppeltem BSA führt.
124 Ergebnisse und Diskussion
Im Zusammenhang der Ermittlung der Kopplungseffizienz in Abhängigkeit der
Proteinkonzentration und Lipidkomposition (vgl. 5.4.2.3) wird dies näher diskutiert.
Festzuhalten ist, dass sich bereits mit kleinen GET-Anteilen hohe Kopplungseffizienzen
einstellen lassen. Dabei stellt sich heraus, dass bei einem pH von 8,5 niedrige GET
Stoffmengen zu höheren Kopplungsausbeuten führen, als bei einem pH-Wert von 9,0. Dies
lässt sich vielleicht dadurch erklären, dass bei dem höheren pH-Wert die Bildung des
(hydrolytisch instabilen) Sulfoacetamids eine größere Bedeutung erlangt.
Da diese Reaktion über einen anderen Weg abläuft (E1cB, monomolekulare -Eliminierung
mit konjugierter Base, geschwindigkeitsbestimmender Schritt verläuft nach erster Ordnung)
als die Bildung des sekundären Amins (SN2, nucleophile Substitution,
geschwindigkeitsbestimmender Schritt verläuft 2. Ordnung) ergibt sich auch eine andere Lage
des chemischen Gleichgewichts der Reaktion nach Ablauf der Reaktionen in Konkurrenz
zueinander und zur parallel stattfindenden Hydrolyse. Die Komplexität der Vorgänge macht
eine weitere Interpretation der Kurven auf Grundlage des vorhandenen Datenmaterials rein
spekulativ.
Wie schon in 5.4.1.1 gezeigt sind neutrale pH-Werte bei der Kopplung von Proteinen über
GET an Liposomen ungünstig. Bei einem pH-Wert von 7,4 werden nicht mehr als 35 % des
Abb. 5-23: Abhängigkeit der Kopplungseffizienz von pH-Wert und eingesetztem GET-Anteil der Membran
━■━ pH 8,5 (n = 3)
┄△┄ pH 9,0 (n = 1)
━▲━ pH 7,4 (n = 1)
0 1 2 3 4 5 6 7 8
0
20
40
60
80
100
BS
A li
poso
mal
geb
unde
n [%
]
GET [mol% des GL]
Ergebnisse und Diskussion 125
angebotenen BSA an die Liposomen gebunden, wobei die Effizienz der Kopplung im
Vergleich zu den beiden anderen pH-Werten am wenigstens von der eingesetzten Stoffmenge
des aktivierten Ankers abhängt.
5.4.1.4 Reaktionsgeschwindigkeit des ersten Inkubationsschrittes
Sinn der Versuchsreihe war es, die Dauer des ersten Inkubationsschrittes festzulegen, die für
eine möglichst effiziente Kopplung notwendig ist. Bei geringen Ligand- und BPS-TRE-
Konzentrationen ist mit einer langsamen Derivatisierung des Proteins zu rechnen. Außerdem
gewinnt die Hydrolyse des BPS-TRE als Konkurrenzreaktion zur Derivatisierung, an
Bedeutung. Beides sorgt letztlich für eine verlangsamte Hydrophobisierung des Proteins und
führt so zu geringeren Kopplungsausbeuten. Mit der Wahl der relativ geringen Ankermenge
(3 mol% des GL) und der niedrigen Proteinkonzentration (1 mg/ml) wurden also schlechte
Vorraussetzungen für einen schnellen Derivatisierungsverlauf geschaffen.
Da unter diesen “worst case“ Bedingungen eine Inkubation über Nacht ausreichend war,
wurde im Standardprotokoll eine 12stündige Inkubation des BPS-TRE mit BSA festgelegt.
0 100 200 300 400 500 600 700 8000
20
40
60
80
100
BS
A g
ebun
den
[%]
Zeit [min]
Abb. 5-24: Kopplungseffizienz in Abhängigkeit der Dauer der Derivatisierungsreaktion zwischen BSA und BPS-TRE (Schritt 1 des Standardkopplungsprotokolls)
126 Ergebnisse und Diskussion
Die Aminosäuresequenz des BSA enthält 60 Lysine und 17 Histidine, die als
Kopplungspartner in Frage kommen. Da die genaue (sterische) Verfügbarkeit der einzelnen
möglichen Kopplungsstellen nicht genau abgeschätzt werden kann wurde vereinfachend mit
ca. 70 für die Kopplung zugänglichen Aminosäuren pro BSA gerechnet. Mit Histidin-HCl
wurde die Reaktion zwischen aktiviertem Anker und Protein zu verschiedenen Zeitpunkten
gestoppt. Bei der gewählten Einwaage von 60 mg Histidin-HCl/ml, die als Kompromiss
zwischen praktikabler Löslichkeit und Überangebot an Aminen zu verstehen ist, ergab sich
ein 80facher molarer Überschuss an Histidin gegenüber den möglichen Kopplungsstellen des
BSA. Neben der Unterdrückung der Derivatisierung des Proteins durch das Amin der
Aminosäuregruppe sollte auch eine Reaktion des BPS-TRE mit der Imidazolgruppe der
Seitenkette möglich sein (Shearwater Polymers 2000), die bisher nur für N-
Hydroxysuccinimidester-aktivierte PEG in der Literatur beschrieben ist (Wylie et al. 2001;
Roberts et al. 2002). Zudem führt die Absenkung des pH-Wertes durch den Einsatz des
Hydrochlorids zu für die Kopplung ungünstigen Bedingungen (Sperinde et al. 1999).
Abb. 5-24 zeigt deutlich, dass die Inkubation über Nacht auch bei niedrigen
Proteinkonzentrationen (1 mg/ml) und BPS-Stoffmengen (3 mol% des GL) ausreicht, um eine
effiziente Kopplung des Proteins zu gewährleisten.
5.4.2 Versuche unter Verwendung von tresyliertem BPS-30
Nach den ersten Versuchsreihen, bei denen Generol in seiner tresylierten Form zum Einsatz
kam, wurde mit tresyliertem BPS weitergearbeitet, da dieses mit seiner längeren PEG-Kette
zu einer besseren sterischen Stabilisierung der Liposomen beitragen sollte. Wird die sterische
Stabilisierung der Liposomen gar nicht durch das PEGylierte Sterol, sondern durch ein bereits
in der Membran befindliches PE-PEG gewährleistet (vgl. 5.4.2.3), ist eine längere PEG-Kette
des Sterol-Ankers von Vorteil. Da die PEG-PEs i.d.R. mit einer Kettenlänge von 45 EO-
Einheiten eingesetzt werden, bedeutet eine kürzere PEG-Kette ein tieferes Eintauchen des
Liganden in PEG-Corona des Liposoms, was mit einer gesteigerten sterischen Hinderung der
Interaktion zwischen Ligand und Zielstruktur verbunden sein sollte.
Ein weiterer Grund für die Verwendung von BPS statt Generol lag in der besseren
Verfügbarkeit des BPS (Fa. Nikkol, Tokyo), das zudem auch mit verschiedenen EO-
Kettenlängen (5, 10, 20, 30 EO-Einheiten) sowie in einer alternativen Form mit hydriertem
Sterolgerüst (30 EO-Einheiten) kostenfrei zur Verfügung gestellt wurde.
Ergebnisse und Diskussion 127
5.4.2.1 Geschwindigkeit der Einlagerung des BSA-Sterol-PEG Konjugats
Der zweite Inkubationsschritt dient der Einlagerung des Sterol-PEG-Protein-Konjugats in die
Liposomen.
Die NMR Versuche 5.3.2 zeigen, dass die Einlagerung des reinen BPS in die Liposomen aller
untersuchten Zusammensetzungen sehr rasch verläuft. In weniger als 15 min ist die
Einlagerung völlig abgeschlossen und ein Endwert erreicht.
Das oben angeführte Elutionsprofil, das unmittelbar nach der Zugabe von EPC/Chol 7/3-
Liposomen zu einem Ansatz aus 7,5 mol% BPS-TRE (c BSA 1,5 mg/ml) ermittelt wurde
verdeutlicht, dass die Einlagerung des BSA-BPS-Derivates in die Liposomen in Analogie zur
Einlagerung des reinen BPS innerhalb kurzer Zeit abgeschlossen ist.
Da nach 1 min bereits eine 80%ige Fixierung des BSA-BPS-Konjugats an der
Liposomenoberfläche erfolgte, war eine ausgiebige Untersuchung der Einlagerungskinetik
nicht erforderlich.
Die Dauer des zweiten Inkubationsschrittes richtete sich nach Beobachtungen zum
Partikelgrößenwachstum (vgl. 5.4.2.6), die zeigen, dass eine lange Inkubation von
Abb. 5-25: exemplarisches Elutionsprofil 1 min nach Zugabe von EPC/Chol 7/3-Liposomen zu einem Inkubationsansatz von BSA mit BPS-TRE
━■━ (linke Achse)
Elutionsprofil 1 min
nach Zugabe der
Liposomen
┄□┄ (rechte Achse)
Summe der eluierten
Anteile der auf die
Säule aufgetragenen
Gesamtaktivtät [%]
4 6 8 10 12 14 16 18
0
5
10
15
20
25
30
35
40
45
50
BSA
[%]
Elutionsvolumen [ml]
0
20
40
60
80
100 S
umm
e der Gesam
taktivität [%]
128 Ergebnisse und Diskussion
BPS-BSA-Konjugat mit Liposomen zu deren problematischer Größenzunahme führen
können.
Die Dauer des zweiten Inkubationsschrittes wurde daher auf mindestens 2 h und maximal 4 h
festgelegt.
5.4.2.2 Kontrolle auf Koelution durch Formation von Proteinaggregaten
Bei Konjugation von aktiviertem BPS (BPS-TRE und BPS-NHS) mit Proteinen wurde -
besonders bei hohem molarem Überschuss des Ankers (vgl. 5.4.2.3) - eine nicht
reproduzierbare schwache Trübung der Lösung während des ersten Inkubationsschrittes
beobachtet. Diese trat innerhalb von wenigen Minuten auf und war bei BPS-NHS wesentlich
deutlicher ausgeprägt als bei BPS-TRE.
Die Trübung trat nicht in jedem Ansatz und unabhängig vom Puffersystem und pH-Wert auf.
Bei längerem Stehen dieser Proben war sogar die Entstehung eines leicht resuspendierbaren
Niederschlags zu beobachten. PCS-Messungen dieser trüben Ansätze lieferten einen z-Av
zwischen 130 und 300 nm bei einem PI oberhalb von 0,25. Diese Beobachtungen sprechen
für die Formation von Proteinaggregaten. Durch die mehrfache Umsetzung eines Proteins mit
den aktivierten Ankern ist eine Interaktion der hydrophoben Sterole verschiedener
Proteinmoleküle denkbar, die in der Formation von Proteinaggregaten enden.
Aufgrund der Größe der Aggregate ist ihre Elution zusammen mit den Liposomen im
Ausschlussvolumen zu erwarten, ohne dass eine direkte Fixierung des Proteins am Liposom
vorliegt. Damit wäre die als Nachweis für eine gelungene Kopplung angeführte GPC-
Fraktionierung mit Erstellen von Elutionsprofilen (vgl. 5.4.1.1) nicht stichhaltig.
Zur Untersuchung der tatsächlich vorliegenden Situation wurde das FFE-
Fraktionierungsmuster (vgl. Abb. 5-26) einer konventionellen EPC/Chol 4/1-Formulierung
mit dem einer BSA gekoppelten Probe verglichen. Da die FFE unterschiedliche
Oberflächenladungen zur Auftrennung einer Probe nutzt, lassen sich mit ihrer Hilfe
verschieden geladene Liposomenpopulationen innerhalb eines Ansatzes trennen.
Die Wanderung der Liposomen im elektrischen Feld wurde über die Untersuchung der
gesammelten Fraktionen mittels PCS und LSC verfolgt. Abb. 5-26 zeigt das
Verteilungsschema der Liposomen bei Fraktionierung mittels FFE. Um die Abbildung
übersichtlich zu gestalten wurde nicht jede Fraktion dargestellt.
Ergebnisse und Diskussion 129
Auf der rechten Achse ist die Anzahl von Streulichtimpulsen in der jeweiligen Fraktion
aufgetragen, die linke Achse zeigt die Verteilung des radioaktiv markierten BSA über die
unterschiedlichen Fraktionen.
Da die Lipide der EPC/Chol 4/1-Liposomen keine Ladung aufweisen, ist hier keine
Wanderung im Spannungsfeld nach Probenzugabe in Höhe der Fraktion 73 zu erwarten.
Analog zu den Beobachtungen von T. Dern (Dern 2002) und J. Momm (Momm 2004) wurde
trotzdem eine leichte Ablenkung der konventionellen EPC/Chol 4/1-Liposomen zur Anode
(vgl. Abb. 5-26, Anode liegt bei niedrigen Fraktionsnummern, höchste Fraktionsnummer ist
96) festgestellt, die auf die Absorption von Phosphationen an die Oberfläche der Liposomen
zurückgeführt wird. Die konventionellen Liposomen wurden nahe der Kathode mit einem
Maximum der Streulichtintensität in Fraktion 65 wieder gefunden.
Bei neutralem pH-Wert liegt BSA, dessen isoelektrischer Punkt bei pH 4,7 festgestellt wurde
1999). Auch in diesem Versuch dienten die EPC/Chol 7/3-, die HSPC/Chol- und
HSPC/Chol/MPEG-Liposomen als Repräsentanten für fluide, rigide und PEGylierte
Liposomen als Modellsysteme. Nach der Durchführung der Kopplung von BSA an die
Liposomen erfolgte die Abtrennung des freien BSA vom liposomal gebundenem. Das
Elutionsprofil ist in Abb. 5-30 dargestellt. Rund 80% des BSA werden mit den Liposomen
koeluiert.
Abb. 5-31 zeigt das Elutionsprofil derselben Ansätze nach 20-stündiger Inkubation der
Liposomen mit gleichem Volumen an humanem Serum bei 37 °C. Alle drei Ansätze zeigen
keine Neuentstehung von freiem BSA. Es ist daher davon auszugehen, dass die bei der
Kopplung der Liposomen ausgebildete kovalente Bindung zum Sterolanker auch in
Anwesenheit des Serums und der darin enthaltenden Enzyme (insbesondere der Esterasen, die
die teils auftretende Sulfoacetamidbindung spalten könnten) stabil ist.
Der vierte Ansatz diente der Überprüfung der Nachweisbarkeit von abgespaltenem BSA nach
Inkubation mit humanem Serum. Hierzu wurde einem Ansatz ein freier Anteil an 125I-
markiertem BSA zugesetzt. Auf diese Weise sollte auf eine denkbare Bildung von
Aggregaten des neu entstandenen freien BSA mit anderen Serumkomponenten, resultierend in
der Koelution mit den Liposomen, geprüft werden. Ebenso ist die Anlagerung des freien BSA
an Serumlipoproteine denkbar. Auch dieser Vorgang würde die tatsächliche Entstehung von
freiem BSA verschleiern. Bei Auftreten dieser Phänomene sollte der Zusatz der sehr geringen
Stoffmenge des markierten BSA einen solchen Vorgang durch die Eliminierung des zweiten
Peaks demonstrieren.
Der Aufbau der Versuchsreihe orientierte sich an dem in Ishida et al. (1999) zur
Untersuchung der Bindungsstabilität zwischen Liposom und Ligand nach Anwendung der
PIT angewendeten Methodik. Allerdings ist das gewählte experimentelle Setup lediglich in
Bezug auf die Stabilität der Bindung zwischen Membrananker und Ligand wirklich
aussagekräftig. Die Integrität der Bindung zwischen Liposom und Membrananker kann durch
diesen Versuch nicht eindeutig geklärt werden, da eine Umlagerung des BSA-BPS-Konjugats
aus der Liposomenmembran in Serumlipoproteine denkbar ist. In diesem Fall ist davon
auszugehen, dass BSA, das nicht mehr liposomal sondern z.B. an einem LDL gebunden
vorliegt, mit den liposomalen Fraktionen eluiert wird, so dass mittels GPC keine
Differenzierung möglich ist. Aufschluss über diese Fragestellung könnte eine
Dichtezentrifugationsversuch oder ein Free-Flow Experiment liefern.
138 Ergebnisse und Diskussion
linke Achse:
━■━ EPC/Chol
━●━ HSPC/Chol ━▲━ HSPC/Chol/MPEG
━◆━ HSPC/Chol plus BSA
rechte Achse:
━□━ EPC/Chol
━○━ HSPC/Chol ━△━ HSPC/Chol/MPEG
0 4 8 12 16 20 24 28
0
10
20
30
40
Fraktionsnummer
BSA
/Fra
ktio
n [%
]
0
20
40
60
80
100
Sum
me der G
esamtaktivtät
Abb. 5-31: Elutionsprofile der Rechromatographie nach Inkubation derselben Ansätze von BSA-Liposomen nach 20 h Inkubation mit 50% (V/V) humanem Serum bei 37 °C
0 5 10 15 200
5
10
15
20
25
30
35
40
45
B
SA
/Fra
ktio
n [%
]
Fraktionsnummer
0
20
40
60
80
100
Sum
me der G
esamtaktivität [%
]
linke Achse:
━■━ EPC/Chol
━●━ HSPC/Chol
━▲━ HSPC/Chol/MPEG
rechte Achse:
━□━EPC/Chol
━○━HSPC/Chol
━△━ HSPC/Chol/MPEG
Abb. 5-30: Elutionsprofil bei Abtrennung des freien Proteins der Kopplungsansätze zur Untersuchung der Serumstabilität BSA-modifizierter Liposomen
[%]
Ergebnisse und Diskussion 139
5.4.2.6 Größenentwicklung der BSA-modifizierten Liposomen
In Abschnitt 5.4.2.3 wurde bereits diskutiert, dass es sehr wahrscheinlich ist, dass jedes BSA-
Molekül mehrfach mit BPS-TRE umgesetzt wird.
Ist ein BSA mit mehreren Sterol-PEG modifiziert, ist es unwahrscheinlich, dass sich alle
Anker in einem Liposom einlagern. Die Folge kann eine Ausbildung eines Netzwerkes aus
Liposomen sein, bei dem das Protein die Rolle eines Quervernetzers übernimmt. Aus diesem
Grund wurde die Größenentwicklung modifizierter Liposomen in Abhängigkeit der
Lipidkomposition und der BSA-Konzentration verfolgt.
Abb. 5-32 gibt einen Überblick über die Resultate der Messreihe. Die PCS Daten belegen eine
deutliche Abhängigkeit der Partikelgrößenzunahme sowohl von der Lipidzusammensetzung
als auch von der BSA-Konzentration im ersten Inkubationsschritt (1 - 5 mg/ml). Eine
besonders ausgeprägte Zunahme der Partikelgröße lässt sich bei den EPC/Chol 7/3-
Liposomen beobachten. Die PCS Messung lieferte für die reine Liposomendispersion 12 h
nach ihrer Herstellung einen durchschnittlichen hydrodynamischen Durchmesser von 118 nm.
Die Lagerung der Liposomen bei RT in Anwesenheit von reinem BSA im relevanten
Konzentrationsbereich hatte keinen signifikanten Einfluss auf die Partikelgröße. Auch die
Abb. 5-32: Entwicklung der Partikelgröße nach Kopplung von BSA an Liposomen der drei Standardzusammensetzungen
0 1 2 3 5 0 1 2 3 5 0 1 2 3 50
100
200
300
400
500
600
700
800
900 0 Wert 4h 12h
EPC/Chol 7/3HSPC/CholHSPC/Chol/MPEG
Parti
kelg
röße
[nm
]
c BSA [mg/ml]
140 Ergebnisse und Diskussion
Inkubation von 7,5 mol% BPS mit den verschiedenen Liposomentypen war von keinem
signifikanten Anstieg der Liposomengröße begleitet.
Hingegen stieg der Durchmesser bei der Inkubation der Liposomen mit dem BSA-BPS
Konjugat bei der Maximalkonzentration innerhalb von 12 h auf über 815 nm an. Bei den
beiden anderen Lipidkompositionen war die Partikelgrößenzunahme nicht so ausgeprägt wie
bei den fluiden EPC/Chol 7/3-Liposomen. Allerdings war auch hier ein deutliches
Partikelwachstum zu verzeichnen. Unter Extrembedingungen (12 h, 5 mg/ml BSA)
verdoppelte sich die Größe der HSPC/Chol/MPEG-Liposomen, während bei den HSPC/Chol-
Liposomen eine Verdreifachung des hydrodynamischen Durchmessers verzeichnet wurde.
Tabelle 5-2: Überblick über die Größenentwicklung und Änderungen des PI bei Lagerung BSA-modifizierter Liposomen (kursiv: vgl. Text)
Bei allen drei Formulierungen war parallel zum Anstieg des z-Av eine deutliche Zunahme des
PI zu beobachten. Die Steigerung des PI spricht für die Zusammenlagerung mehrer Vesikel
zu unregelmäßig geformten Aggregaten und weniger für eine Fusion von Membranen unter
Ausbildung neuer Vesikel. Dies konnte auch durch Cryo-TEM Aufnahmen gestützt werden.
EPC/Chol 7/3 HSPC/Chol HSPC/Chol/MPEG
BSA [mg/ml] 0 1 5 0 1 5 0 1 5
4 h -- 170,1
3,46
374,3
3,21 --
121,8
1,73
228,13
2,51 --
130,3
5,82 172,6
2,7 z-Av
12 h 118,2
1,56
209,9
10,61
816,2
18,4
115,3
2,31
120,5
1,91
334,97
11,72
119,2
1,13
136,0
3,11
226,6
3,6
4 h -- 0,12
0,02
0,28
0,01 --
0,04
0,02
0,2
0,1 --
0,12
0,01
0,26
0,03 PI
12 h 0,098
0,02
0,2
0,01
0,56
0,09
0,076
0,02
0,06
0,04
0,31
0,02
0,083
0,01
0,11
0,01
0,38
0,02
Ergebnisse und Diskussion 141
Abb. 5-33: repräsentative Cryo-TEM Aufnahmen von dialysierten EPC-Liposomen vor (A, B) und nach (C, D) der Kopplung von BSA an die Liposomenoberfläche (Balken: 200 nm)
Zur visuellen Charakterisierung der Aggregate wurden EPC-Liposomen durch
Abb. 5-36: Vergleich des Elutionsverlaufs bei der Verwendung von BPS-NHS bzw. nicht aktiviertem BPS während des ersten Inkubationsschritts
0 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20
0
2
4
6
8
10
12
Aktiv
ität [
kcpm
]
Fraktionsnummer
━■━ Elutionsprofil
bei Verwendung von
BPS-NHS im ersten
Inkubationsschritt
━●━ Elutionsprofil
bei Verwendung von
BPS im ersten
Inkubationsschritt
148 Ergebnisse und Diskussion
0 5 10 15 20
0
5
10
15
20
25
30
35
40
45
% B
SA/F
rakt
ion
Fraktionsnummer
━■━ Elutionsprofil
bei Inkubation über
Nacht und RT
━●━ Elutionsprofil
bei Inkubation für
eine Stunde bei 60 °C
Abb. 5-38: Vergleich des Elutionsverlaufs bei Verwendung von NHS-PEG-DSPE zur Kopplung von BSA an HSPC/Chol Liposomen
0 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20
0
10
20
30
40
50
60
% B
SA/F
rakt
ion
Fraktionsnummer
━■━ HSPC/Chol
━●━ EPC/Chol 4/1
Abb. 5-37: Elutionsprofile bei Verwendung von BPS-NHS zur Kopplung von BSA an Liposomen verschiedener Membranzusammensetzung und RT beim zweiten Inkubationsschritt
Ergebnisse und Diskussion 149
Der Vergleich der Kopplungseffizienz bei Verwendung von 5 mol% BPS-NHS und BPS-
GET liefert unter den gewählten Bedingungen keine signifikanten Unterschiede. Beide
Methoden führen zu einer für die nahezu vollständige Kopplung ausreichenden
Hydrophobisierung des eingesetzten BSA (vgl. Abb. 5-23).
Die Fixierung von BSA an Liposomen mittels NHS-PEG-DSPE funktioniert nur, wenn im
zweiten Inkubationsschritt bei erhöhten Temperaturen inkubiert wird.
Abb. 5-38 demonstriert die klare Temperaturabhängigkeit der Insertion des BSA-PEG-DSPE-
Konjugats in HSPC/Chol-Liposomen. Während die Inkubation des mit dem
NHS-PEG-DSPE umgesetzten BSA auch über Nacht keine nennenswerte BSA-Dichte an der
Liposomenoberfläche garantieren kann, reicht bereits eine Stunde Inkubation bei 60 °C aus
um ca. 75 % des Proteins an der Liposomenoberfläche zu fixieren.
Inwieweit sich durch eine längere Inkubationsdauer bei erhöhter Temperatur eine bessere
Kopplungseffizienz erreichen lässt, wurde bisher nicht untersucht. Da das aktivierte
DSPE-PEG-Derivat wie die anderen Lipide 5mol%ig eingesetzt wurde und die Chemie der
Kopplungsreaktionen der beiden NHS-Lipide nahezu identisch ist, ist zu erwarten, dass die
Effizienz mit länger dauernder Inkubation bei 60 °C quantitativer verläuft.
Andere mögliche Erklärungen für die nicht vollständige Kopplung liegen im
Aktivierungsgrad des NHS-PEG-DSPE, der mittels 1H NMR analog zu 5.1.2 bestimmt wurde
und bei 85% lag. Außerdem ist die Hydrolyse des Bernsteinsäure-PEG-Esters zu bedenken.
150 Zusammenfassung
6 Zusammenfassung und Ausblick
Bei der Entwicklung neuer Therapiekonzepte gerät das aktive Ansteuern von pathologisch
verändertem Gewebe mehr und mehr in den Focus der Forschung, um bei maximaler
Effizienz minimale unerwünschte Wirkungen zur erreichen. Die Funktionalisierung von
liposomalen Zubereitungen mit zielgerichteten Vektoren stellt einen hoffnungsvollen
Ausgangspunkt auf dem Weg zur Entwicklung intelligenter Wirkstoffträgersysteme dar.
Mit der therapeutischen Etablierung von sterisch stabilisierten Doxorubicin-haltigen
Liposomen, die der schnellen Eliminierung aus der systemischen Zirkulation entgehen (Allen
et al. 1991), ist eine Komponente eines solchen Systems vorhanden.
Die stark im Vormarsch befindliche Entwicklung von monoklonalen, humanisierten und
chimären Antikörpern zur Nutzung als Therapeutika oder Diagnostika (besonders im
onkologischen Bereich) liefert eine immer größer werdende Zahl von möglichen Liganden,
die zur aktiven Zielausrichtung von Liposomen genutzt werden können. Auch die in den
Anfängen der Immunoliposomen beobachteten Probleme in Bezug auf Immunogenität und
Interaktion der modifizierten Vesikel mit Makrophagen (Harding et al. 1997) konnten durch
die Verwendung dieser Liganden weitgehend überwunden werden (Park et al. 2001).
Kombiniert man die sterische Stabilisierung von Liposomen mit der Kopplung von Liganden
an die distale Hydroxylfunktion von Polyethylenglykolketten, lassen sich in vivo und in vitro
die besten Targetierungserfolge erzielen.
Die Kopplungsmethoden, die üblicherweise zur Fixierung von Liganden an der liposomalen
Oberfläche eingesetzt werden sind zwar effizient, jedoch nach wie vor kompliziert, teuer und
nicht universell einsetzbar (vgl. 1.2). Für die weit verbreitete Methode der Kopplung von
Liganden über die Ausbildung einer Thioetherstruktur zu Maleimid-aktivierten Lipiden ist in
der Regel das Einführen von Thiolstrukturen in den Liganden erforderlich. Die
Thiolierungsreagenzien setzen dabei an Aminen des zu koppelnden Vektors an, so dass die
Bindung zwischen diesem und dem Liposom indirekt über Amine vermittelt wird.
Aminoreaktive Kopplungsreagenzien vermeiden also einen Präparationsschritt und die
resultierende analytische Charakterisierung des thiolierten Liganden. Sie sind somit den
thiolaktiven vorzuziehen, weisen jedoch i.d.R. Hydrolyseempfindlichkeit auf und bergen die
Gefahr der Reaktion mit anderen Systemkomponenten, so dass sie nicht während der
Liposomenpräparation in die Membran der Vesikel integriert werden können. Daher müssen
Zusammenfassung 151
die zu fixierenden Liganden in einer vorgeschalteten Derivatisierungsreaktion mit aktivierten
PEG-Lipiden hydrophobisiert und anschließend in die Membran vorgefertigter Liposomen
implementiert werden. Die von Zalipsky und Ishida (Zalipsky et al. 1997; Ishida et al. 1999)
eingeführte Technik zur nachträgliche Modifizierung liposomaler Membranen (vgl. 1.2.2.1)
erfährt durch die notwendigen erhöhten Temperaturen und unbefriedigende Ligandendichte
an der Oberfläche sterisch stabilisierter Liposomen erhebliche Einschränkungen in ihrer
praktischen Bedeutung. Die Ursache für die geschilderte Problematik liegt in der Art des
hydrophoben Membranankers (i.d.R. Distearoylphosphatidylethanolamin) begründet, bei
denen sich die zwei Kohlenwasserstoffketten nur schlecht in die Liposomenmembran
einfügen.
Die Entwicklung eines aminoaktiven Kopplungsreagenzes mit alternativem Membrananker
zur nachträglichen Modifizierung liposomaler Oberflächen bei Raumtemperatur würde die
Präparation sterisch-stabilisierter, zielgerichteter Liposomen deutlich vereinfachen. Im
Rahmen dieser Arbeit sollte untersucht werden, ob chemisch aktivierte, ethoxylierte
(PEGylierte) Sojasterole zur Funktionalisierung von Liposomen geeignet sind.
PEGylierte Sojasterole sind halbsynthetische Massenprodukte, die in der Waschmittel- und
Kosmetikindustrie zum Einsatz kommen. Aus diesem Grund sind sie preiswert und wurden
kostenfrei zur Verfügung gestellt. Allerdings werden im nicht-pharmazeutischen Bereich auch
nur geringe Anforderungen an die Reinheit des Produktes gestellt, so dass in dieser Arbeit
eine Aufreinigung des Ausgangsmaterials notwendig war. Die Hauptverunreinigung ist freies
Polyethylenglykol (PEG), das sehr effizient mittels mizellarer Chromatographie in Wasser
entfernt werden konnte (vgl. 4.1.1).
Eine Grundvoraussetzung für die Verwendbarkeit PEGylierter Sojasterole zur nachträglichen
Funktionalisierung liposomaler Oberflächen bei Raumtemperatur ist die selbstständige
Einlagerung der Substanzen in Phospholipidvesikel. Die mittels quantitativer 1H NMR
bestimmten Einlagerungsraten lagen in Abhängigkeit der Membranzusammensetzung
zwischen 90 und 30% des angebotenen Materials. Daraus resultierte ein PEG-Lipid-Gehalt
der Membran von 6,75-2,4 mol% in Bezug auf das Gesamtlipid (vgl. 5.3.2).
Da die Einlagerung der PEG-Sterole ausschließlich in den äußeren Monolayer erfolgt, ist das
Auftreten von Membranspannungen mit daraus entstehenden Membrandefekten zu erwarten.
Das Ausmaß dieser Schädigungen wurde mittels Fluoreszenz-Dequenching untersucht. Bei
Einlagerung der PEGylierten Sojasterole wurde in selbst-quenchender Konzentration
verkapseltes Calcein aus den Liposomen freigesetzt und fluoreszenzspektrometrisch
152 Zusammenfassung
quantifiziert (vgl. 4.5.4). Je nach Membranzusammensetzung und Menge des eingesetzten
Membranankers ergaben sich Freisetzungsraten zwischen 1 und 8% des verkapselten Markers
(vgl. 5.3.4.1) Werte, die mit den Freisetzungsdaten der Einlagerung von PEGylierten
Phosphatidylethanolaminderivaten vergleichbar sind (Uster et al. 1996). Da die
Membranschäden außerdem transienter Natur waren, bedeuten sie keine Einschränkung der
Verwendbarkeit der PEGylierten Sterole zum Zwecke der Liposomenfunktionalisierung.
Die eigentliche Kopplung von Liganden an die Oberfläche von Liposomen läuft in
Konzentrationsbereichen oberhalb der CMC ab. Daher war neben den Membrandefekten
durch die Einlagerung der Derivate mit zusätzlicher Freisetzung von verkapseltem Material
durch Solubilisierungseffekte zu rechnen. Die Bestimmung der Freisetzung von Calcein
oberhalb der CMC (vgl. 4.5.4.2) ergab, dass diese nur unwesentlich über den Werten der
Freisetzung, provoziert durch die reine Einlagerung der Derivate, lag (vgl.5.3.4.2).
Auch in mikrokalorimetrischen Untersuchungen (vgl. 4.5.3 und 5.3.3) bestätigte sich das
geringe Solubilisierungspotential der PEG-Sterole. Selbst bei hohen Konzentrationen der
PEG-Lipide (PEG-Lipide/Lipid 1:1 mol/mol) konnten keine Solubilisierung der Membran
beobachtet werden. Außerdem lieferten diese Untersuchungen einen hohen lipidnormierten
Verteilungskoeffizienten (> 50 mmol-1), der auf eine stabile Membranverankerung hindeutet.
Die chemische Aktivierung der terminalen Hydroxylfunktion des PEG-Teils des Moleküls
durch Tresylchlorid wurde erstmals von A. Lung (Skalko et al. 1998; Lung 2002) beschrieben
und führte zu einem Derivat, dass zur Kopplung von Proteinen an Liposomen genutzt werden
konnte. Im Rahmen dieser Arbeit wurde durch die Optimierung der von A. Lung
beschriebenen Synthese und Modifikation der Aufreinigungsschritte der tresylierten Sterole
(vgl. 4.1.2) eine vollständige Aktivierung des PEG-Sterols mit Tresylchlorid erreicht und
mittels 1H NMR gezeigt (vgl. 5.1.1).
Nachdem unter Verwendung von radioaktiv markiertem BSA als Modellprotein mittels
Gelpermeationschromatographie und Free-Flow-Elektrophorese (vgl. 4.6.4.2) gezeigt wurde,
dass die Verwendung von tresylierten PEG-Sterolen die Kopplung von Proteinen an
liposomale Oberflächen erlaubt (vgl. 5.4.1.1), wurde der Funktionalisierungsprozess in Bezug
auf den pH-Wert, die Menge des zu verwendenden tresylierten Sterols und die Dauer der
beiden Inkubationsschritte optimiert (vgl. 4.6.3 und 4.6.4).
Die Kopplung der Proteine läuft in zwei einfachen Inkubationsschritten bei Raumtemperatur
ab (vgl. 4.6.1). Im ersten Schritt wird eine Lösung des zu koppelnden Proteins mit einer
Zusammenfassung 153
ethanolischen Lösung des aktivierten Lipids gemischt, oder in ein Reaktionsgefäß
eingebracht, dessen Wände mit dem aktivierten Anker gecoatet sind. Nun erfolgte die erste
Inkubation, in der das Protein durch Umsetzung seiner Aminofunktionen mit dem tresylierten
PEG-Derivat hydrophobisiert wird. Nach Zugabe der Liposomen beginnt der zweite
Inkubationsschritt, während dessen die Einlagerung des derivatisierten Proteins in die
Liposomen stattfindet.
Wie die Literatur nahe legte (Sperinde et al. 1999), war die Derivatisierung des Proteins im
schwach-alkalischen pH-Bereich von 8,0 - 9,0 weit effektiver als im neutralen pH-Bereich
(vgl. 5.4.1.2), was sich in wesentlich höheren Kopplungseffizienzen äußerte.
In Bezug auf die Abhängigkeit der Kopplungseffizienz von der Menge des eingesetzten
aktivierten Lipids zeigt Kapitel 5.4.1.3 auf, dass bereits 1 - 5 mol% des aktivierten Lipids in
Bezug auf das Gesamtlipid der Liposomendispersion ausreichen, um eine Ligandendichte von
20 µg Protein/µmol Lipid auf der liposomalen Oberfläche einzustellen. Rechnet man diese
Proteinmenge auf die Molekularmasse eines Antikörpers hoch, liegt die Ligandendichte in
einem Bereich, der für ein erfolgreiches Targeting optimal ist (Hansen et al. 1995).
Durch Zufügen eines großen molaren Überschusses eines Amins während des ersten
Inkubationsschrittes konnte die Derivatisierungsreaktion unterbrochen werden. Auf diese
Weise ließ sich ermitteln, dass eine 12stündige Dauer für den ersten Schritt des
Kopplungsprotokolls auch unter schlechten Bedingungen ausreichend ist (vgl. 5.4.1.4). Die
Dauer des zweiten Inkubationsschritts wurde durch Unterbrechung des Einlagerungsschrittes
des Kopplungsprotokolls mittels Gelpermeationschromatographie bestimmt. So konnte
gezeigt werden, dass in diesem eine Inkubation von 2 h völlig ausreicht, um die Bindung des
Proteins an die Liposomen zu vervollständigen (vgl. 5.4.2.1).
Auch die Freisetzung des Markers bei Einlagerung des Protein-Anker-Komplexes in Calcein-
beladene Liposomen ober- und unterhalb der CMC war von Interesse, um abschätzen zu
können, ob der Komplex einen negativen Einfluss auf die Membranintegrität ausübt.
Verglichen mit dem freien PEG-Sterol beobachtet man in diesen Fällen eine verringerte
prozentuale Freisetzung des Calceins, was für eine Reduktion der auftretenden
Membrandefekte spricht (vgl. 5.4.2.4). Die Fixierung der Sterole am Protein führt zu einer
verringerten Mobilität der Ankermoleküle und kann so und auf sterische Art das Ausmaß der
Einlagerung im Vergleich zum freien Molekül verringern. Oberhalb der CMC stellt sich die
Frage, ob nach der Umsetzung des Lipids mit dem Protein, angesichts der fundamentalen
Veränderung der Polaritätsverhältnisse und der Umsetzung des Proteins mit dem aktivierten
154 Zusammenfassung
PEG-Lipid, überhaupt noch Mizellen vorliegen, die durch Solubilisierung der Membran eine
Steigerung der Calcein-Freisetzung provozieren könnten.
Weitere Versuchsreihen beschäftigten sich mit der Untersuchung des Einflusses der
Lipidkomposition auf die Kopplungseffizienz und das Partikelwachstum während des zweiten
Inkubationsschrittes (vgl. 4.6.4.3 und 4.6.4.4). Beides wurde auch in Abhängigkeit der
Proteinkonzentration analysiert. Die Lipidkompositionen der unterschiedlichen
Liposomenspezies wurden so gewählt, dass bei Raumtemperatur sowohl fluide als auch bei
Raumtemperatur rigide Membranen vorlagen. Eine drittes Spezies repräsentierte sterisch
stabilisierte rigide Liposomen. Wie erwartet nimmt die relative Kopplungseffizienz mit
zunehmender BSA-Menge ab. Dennoch lässt sich auf Kosten der relativen
Kopplungsausbeute absolut eine höhere Ligandendichte einstellen (vgl. 5.4.2.3). Da bei allen
Versuchen der Anker im molaren Überschuss gegenüber dem Protein vorlag, liegt die
Vermutung nahe, dass eine größere Anzahl von Sterolen pro Protein nur für eine stabilere
Bindung des Proteins an der Liposomenoberfläche sorgt, und bereits wenige Sterolanker für
die Fixierung des Proteins an der Oberfläche des Liposoms ausreichen. Dafür spricht auch,
dass die Unterschiede in der Membranzusammensetzung nur einen geringen Einfluss auf die
Kopplungseffizienz haben, obwohl die NMR-Versuche eine deutliche Abhängigkeit der
Insertionsrate von der Lipidzusammensetzung der Membran demonstriert haben.
Mittels Photonenkorrelationsspektroskopie wurde die Entwicklung der Partikelgröße während
des zweiten Inkubationsschrittes untersucht (vgl. 4.6.4.4). Die Größenentwicklung während
der Einlagerung des Protein-Anker-Komplexes in die Liposomenmembran ist auf die
Quervernetzung von Liposomen über das zu koppelnde Protein zurückzuführen. Die
Geschwindigkeit der Größenzunahme hängt wesentlich von der Proteinkonzentration während
der Derivatisierungsreaktion (erster Inkubationsschritt) und der Lipidkomposition der
Membran ab. Fluide Liposomen mit einer Größe von ca. 120 nm agglomerieren innerhalb
kurzer Zeit zu polydispersen großen Aggregaten (> 800 nm), während sterisch stabilisierte
Liposomen nur eine geringe Zunahme von Polydispersität und Größe aufweisen (vgl. 5.4.2.6).
Der Einbau von PEG-Lipiden in die Vesikelmembran erlaubt auch bei fluiden Vesikeln eine
signifikante Reduktion der Partikelgrößenzunahme, ohne dass, wie für Phospholipid-PEG-
Derivate gezeigt (vgl. 5.4.2.3), eine nicht hinnehmbare Reduktion der Ligandendichte zu
befürchten wäre. Da jedes Protein mehrere Anker tragen kann, ist die Verknüpfung der
Liposomen untereinander eine logische Folge. Dass nicht etwa Fusionsprozesse für die
Größenzunahme verantwortlich sind konnte durch Cryo-Transmissionselektronenmikroskopie
Zusammenfassung 155
nachgewiesen werden. (vgl. 4.4.3 und 5.4.2.6).
Einen ersten Hinweis auf die in vivo Stabilität der Verankerung lieferten
Rechromatographieversuche nach der Inkubation der Liposomen mit humanem Serum bei
37 °C (vgl. 4.6.4.5). Die Auswertung des Experiments zeigte, dass der Einfluss von
Serumkomponenten nicht zu einer Abspaltung des gekoppelten Proteins von der liposomalen
Oberfläche führt (vgl. 5.4.2.5) und deutet damit auf eine auch in vivo stabile Verknüpfung
hin.
Als eine Alternative zum Tresylchlorid als Aktivierungsreagenz wurde N,N’-
Disuccinimidylcarbonat eingeführt, das in einer einfachen einstufigen Synthese mit den
PEGylierten Sterolen umgesetzt wurde (vgl. 4.1.3). Der entstehende N-Hydroxysuccinimid-
Polyethylenglykol-Kohlensäurediester reagiert bei neutralem pH-Wert mit Aminen unter
Ausbildung eines in vivo stabilen Carbamates ab. Analog zur Kopplung mittels tresylierten
PEG-Sterolen konnte die grundsätzliche Eignung der Substanz zur Kopplung von Proteinen
an Liposomen gezeigt werden (vgl.5.4.3.1). Damit stehen zwei aktivierte Sterole zur
Verfügung um je nach Anforderung des Experimentes bei unterschiedlichen pH-Werten
aminoaktive Kopplungen von Proteinen an Liposomenoberflächen durchzuführen.
Insgesamt konnte gezeigt werden, dass aktivierte PEGylierte Sterole als mögliche Kandidaten
zur Funktionalisierung von Liposomen in Frage kommen und ihre Eignung in weiteren
Versuchen verifiziert werden sollte, da sie das Potential haben, die Funktionalisierung von
liposomalen Zubereitungen entscheidend zu vereinfachen. Die Einlagerung in Liposomen
verschiedenster Zusammensetzung verläuft rasch und ohne die Entstehung permanenter
Membrandefekte. Mittels der aminoaktiven tresylierten und N-Hydroxysuccinimid-aktivierten
PEG-Sterole sind mit einem einfachen Zwei-Schritt-Kopplungsprotokoll hohe
Ligandendichten an der liposomalen Oberfläche einstellbar, ohne dass eine Erhöhung der
Temperatur notwendig wäre. Die problematische Größenzunahme während der Einlagerung
des Protein-Anker-Komplexes in die Liposomenmembran lässt sich durch einen PEG-Lipid-
Anteil der Membran, sowie eine zeitliche Begrenzung des zweiten Inkubationsschrittes in den
Griff bekommen.
In zukünftigen Untersuchungen kommt es nun darauf an zunächst in Zellversuchen und später
im Mausmodell die Eignung der Substanzen zu verifizieren. Ein kritischer Punkt ist sicherlich
die Stabilität der hydrophoben Membranverankerung, über die letztlich bloß ein in vivo
Experiment Aufschluss geben kann. Auf jeden Fall sollten sich die Substanzen jedoch für
Targetierungsversuche im Zellmodell eignen. Sollten in vivo Versuche demonstrieren, dass
156 Zusammenfassung
die sterische Stabilisierung durch PEG-Sterole nicht in ausreichendem Maße gewährleistet
werden kann, besteht die Möglichkeit bereits PEGylierte Liposomen zu funktionalisieren.
Außerdem erfordert nicht jede Applikation eine Zirkulationszeit von deutlich über 10
Stunden. Sollen sowohl Gewebsmakrophagen als auch humorale Makrophagen angesteuert
werden, wie im Falle der Behandlung der chronischen Granulomatose (vgl. Gerber et al.
(2001) und Kimpfler (2003)), ist eine kürzere Halbwertzeit durchaus wünschenswert. Des
weiteren ist eine Verwendung im Bereich der liposomalen Immunisierung denkbar, die in
letzter Zeit immer intensiver untersucht wird. Aufgrund der starken Immunogenität liposomal
präsentierter Antigene zeigen solche Zubereitungen deutliche Vorteile gegenüber
herkömmlichen Impfzubereitungen (Humphries et al. 2004; Neidhart et al. 2004). Auch in
diesem Fall ist nicht unbedingt eine lange Zirkulationszeit der modifizierten Vesikel
erwünscht.
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