66 Paraguay – mein Land, dein Land, unser Land LATEINAMERIKA Steckbrief: Paraguay Paraguay umfasst eine Fläche von etwa 400 000 km². Etwa 7 Millionen Menschen leben in dem Land, wel- ches neben Bolivien das einzige in Südamerika ist, das keinen Zugang zum Meer besitzt. Seine Nachbarn sind Brasilien, Bolivien und Argentinien. Die Amtssprachen sind Spanisch und Guaraní, welches auch in den Schulen unterrichtet wird. Die Hauptstadt ist Asunción und der längste Fluss ist der Río Paraguay. Im 16. Jahrhundert eroberte Spanien das Gebiet des heutigen Paraguay und unterdrückte die dort lebende indigene Bevölkerung. Schließlich gründeten die Konquistadoren das Vizekönigreich Peru, zu welchem auch Paraguay gehörte. Die Indigenen mussten oft für die neuen Herren auf deren großen Landgütern ar- beiten, zudem starben unzählige von ihnen an Krankheiten, welche die Europäer*innen mit nach Südame- rika gebracht hatten. Gegen Ende des 16. Jahrhunderts begann die Ordensgemeinschaft der Jesuiten, die indigene Bevölkerung zu missionieren. In speziellen, großen Siedlungen (sog. Reduktionen) wurden die Ureinwohner*innen zusammengefasst, wo sie einerseits zum christlichen Glauben bekehrt werden sollten, andererseits aber auch Schutz vor den Kolonialherren erhalten sollten. Erst 1767 wurden die Jesuiten vom spanischen König vertrieben und die Reduktionen aufgelöst. Im Jahr 1811 erlangte Paraguay dann die Unabhängigkeit. Unter dem Diktator José Rodríguez de Francia und seinen Nachfolgern entwickelte sich Paraguay zum wirtschaftlich erfolgreichsten Land in Südamerika. Dies änderte sich jedoch durch den verlorenen Paraguay-Krieg (1865–1870) gegen Uruguay, Argentinien und Brasilien komplett. Bis Mitte des 20. Jahrhunderts war Paraguay von extremer politischer wie auch gesellschaftlicher Instabilität geprägt, Militärputsche waren beinahe an der Tagesordnung. Dies änderte sich mit der Diktatur Alfredo Stroessners (1954–1989), unter dem unzählige (politische) Gegner*innen, vor allem kommunistische, verfolgt sowie ermordet wurden. Zudem mussten viele Men- schen fliehen. Erst im Jahr 1989 wurde Stroessner von Andrés Rodríguez abgelöst, seitdem wird Paraguay wieder demokratisch regiert. Nichtsdestotrotz gibt es heute viele Probleme in Paraguay. Die politische Landschaft wird von der rechts- konservativen Partei „Partido Colorado“ dominiert, unter welcher Korruption und Vetternwirtschaft nur halbherzig bekämpft werden. Darüber hinaus kommt es immer wieder vor, dass sich Eliten des Landes oder nationale bzw. internationale Großkonzerne Land der lokalen Bevölkerung aneignen. Dieser Landraub führt zu einer Landkonzentration in den Händen weniger Personen, sodass die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter auseinanderklafft. AUFGABEN 1 Erarbeitet aus dem Text die zentralen Inhalte über Paraguay. 2 Stellt Paraguay eurem eigenen Heimatland gegen- über. Wo seht ihr Gemeinsamkeiten, wo Unter- schiede? 5 10 15 20 25 Aus dem Werk 08272 "Frieden & Gerechtigkeit hier und anderswo" – Auer Verlag
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Paraguay – mein Land, dein Land, unser Land
LATEINAMERIKA
Steckbrief: Paraguay
Paraguay umfasst eine Fläche von etwa 400 000 km². Etwa 7 Millionen Menschen leben in dem Land, wel-
ches neben Bolivien das einzige in Südamerika ist, das keinen Zugang zum Meer besitzt. Seine Nachbarn
sind Brasilien, Bolivien und Argentinien. Die Amtssprachen sind Spanisch und Guaraní, welches auch in
den Schulen unterrichtet wird. Die Hauptstadt ist Asunción und der längste Fluss ist der Río Paraguay.
Im 16. Jahrhundert eroberte Spanien das Gebiet des heutigen Paraguay und unterdrückte die dort lebende
indigene Bevölkerung. Schließlich gründeten die Konquistadoren das Vizekönigreich Peru, zu welchem
auch Paraguay gehörte. Die Indigenen mussten oft für die neuen Herren auf deren großen Landgütern ar-
beiten, zudem starben unzählige von ihnen an Krankheiten, welche die Europäer*innen mit nach Südame-
rika gebracht hatten. Gegen Ende des 16. Jahrhunderts begann die Ordensgemeinschaft der Jesuiten, die
indigene Bevölkerung zu missionieren. In speziellen, großen Siedlungen (sog. Reduktionen) wurden die
Ureinwohner*innen zusammengefasst, wo sie einerseits zum christlichen Glauben bekehrt werden sollten,
andererseits aber auch Schutz vor den Kolonialherren erhalten sollten. Erst 1767 wurden die Jesuiten vom
spanischen König vertrieben und die Reduktionen aufgelöst.
Im Jahr 1811 erlangte Paraguay dann die Unabhängigkeit. Unter dem Diktator José Rodríguez de Francia
und seinen Nachfolgern entwickelte sich Paraguay zum wirtschaftlich erfolgreichsten Land in Südamerika.
Dies änderte sich jedoch durch den verlorenen Paraguay-Krieg (1865–1870) gegen Uruguay, Argentinien
und Brasilien komplett. Bis Mitte des 20. Jahrhunderts war Paraguay von extremer politischer wie auch
gesellschaftlicher Instabilität geprägt, Militärputsche waren beinahe an der Tagesordnung.
Dies änderte sich mit der Diktatur Alfredo Stroessners (1954–1989), unter dem unzählige (politische)
Gegner*innen, vor allem kommunistische, verfolgt sowie ermordet wurden. Zudem mussten viele Men-
schen fliehen. Erst im Jahr 1989 wurde Stroessner von Andrés Rodríguez abgelöst, seitdem wird Paraguay
wieder demokratisch regiert.
Nichtsdestotrotz gibt es heute viele Probleme in Paraguay. Die politische Landschaft wird von der rechts-
konservativen Partei „Partido Colorado“ dominiert, unter welcher Korruption und Vetternwirtschaft nur
halbherzig bekämpft werden. Darüber hinaus kommt es immer wieder vor, dass sich Eliten des Landes
oder nationale bzw. internationale Großkonzerne Land der lokalen Bevölkerung aneignen. Dieser Landraub
führt zu einer Landkonzentration in den Händen weniger Personen, sodass die Schere zwischen Arm und
Reich immer weiter auseinanderklafft.
AUFGABEN
1 Erarbeitet aus dem Text die zentralen Inhalte über
Paraguay.
2 Stellt Paraguay eurem eigenen Heimatland gegen-
über. Wo seht ihr Gemeinsamkeiten, wo Unter-
schiede?
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LATEINAMERIKA PARAGUAY – MEIN LAND, DEIN LAND, UNSER LAND
Die Sojabohne – Freund oder Feind?
AUFGABEN
1 Analysiert und interpretiert die Karikatur von Ger-
PARAGUAY – MEIN LAND, DEIN LAND, UNSER LAND LATEINAMERIKA
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LATEINAMERIKA PARAGUAY – MEIN LAND, DEIN LAND, UNSER LAND
Der jetzige Präsident Horacio Cartes2 sagte vor brasilianischen Unternehmern: „braucht und missbraucht Paraguay“. Das sind schon seltsame Worte …
Die Selbsterniedrigung unserer Elite macht mich im-
mer wieder sprachlos. In anderen Ländern kommt
man deshalb wegen Vaterlandsverrats hinter Gitter.
Für Beobachter ist es unerklärlich, wie solche Politiker
hier immer wieder an die Macht kommen. Es hat auch
mit der Geschichte Paraguays zu tun, mit dem Triple-
Allianz-Krieg, der Paraguay zu einer brasilianischen
Kolonie machte. Das Modell hält sich aber auch durch
systematische Unterdrückung Andersdenkender und
durch die kriminelle Komplizenschaft des Auslands.
Voriges Jahr haben NGOs in Den Haag Monsanto symbolisch den Prozess ge-macht. Weshalb ist ein richtiger Prozess derzeit nicht möglich?
Es gibt in den USA, Australien, Sri Lanka oder Argenti-
nien Prozesse gegen Monsanto, aber dabei geht es je-
weils um Einzelfälle, um Leute, die an Autismus oder
Krebs erkrankt sind durch den Einsatz von Glyphosat3.
Aber es geht nicht um das gesamte Modell, so wie in
2 Horacio Cartes war Präsident von Paraguay bis zum 15. August 2018.3 Glyphosat ist das meistverkaufte Unkrautvernichtungsmittel (= Her-
bizid) der Welt. Es tötet alle Pflanzen, die nicht gentechnisch so manipuliert wurden, dass sie den Herbizideinsatz überleben. Laut Forschungen der WHO (= Weltgesundheitsorganisation) ist Glyphosat mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit krebserregend.
unserem Schauprozess. Es existiert kein politischer
Wille, das Modell auf den Prüfstand zu stellen. Dabei