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Open Geodata meets Open Government – eine empi-rische Studie interaktiver Wertschöpfungsmodelle
Hagen Habicht1 ([email protected] ),
Stefan Thallmaier1 ([email protected] ),
Thomas Kandler1,2
([email protected] )
1 Center for Leading Innovation and Cooperation, Handelshochschule Leipzig
2 Institut für Geoinformation und Vermessung, Hochschule Anhalt
Keywords:
Open Geodata; Open Government; Open Innovation; Competences; Open Innovation Compe-
tences; Stakeholder Theory; Interactive Value Creation
Präsentiert im Rahmen des Public Management Colloquium 2012:
www.public-management-hamburg.de
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1 Einleitung
Geodaten, z.B. Form von Karten, stellten historisch gesehen eines der wichtigsten militäri-
schen und machtpolitischen Instrumente dar und standen in der Regel exklusiv den gesell-
schaftlichen Eliten zur Verfügung. Heute sind Geodaten nahezu überall im alltäglichen
Gebrauch, z.B. zur Routenplanung, in GPS-Kameras und in sozialen Netzwerken (Allen,
2009; Valerio, 2008). Diesem intensiven Bedarf an Geodaten stehen jedoch oft Barrieren in
Form von Lizenzgebühren, Nutzungsrechten oder Veröffentlichungsbeschränkungen entge-
gen. Vor diesem Hintergrund gewinnt das bereits Ende der 1950er im World Data Center Sys-
tem (Minster et al., 2007) angewandte Prinzip Open Data an Bedeutung. Open Data zielt dar-
auf ab neue Chancen der Vernetzung und Wertschöpfung zu schaffen. In diesem Kontext ge-
winnt auch der Teilbereich der Open Geodata zunehmend Aufmerksamkeit (z.B.
OpenStreetMap). Im Zusammenspiel mit Open Government ergeben sich damit neue und in-
teressante Modelle interaktiver Wertschöpfung. Anhand eines kleinen illustrativen Praxisbei-
spiels soll dies verdeutlicht werden:
Das Open Geodata-Projekt Fruchtfliege (http://frucht-fliege.blogspot.com) versucht die All-
mende von Obstbäumen im urbanen Raum der Stadt Wien für die Menschen nutzbar zu ma-
chen. Dazu setzt das Projekt auf eine Webseite, die eine Kartendarstellung, filterbar nach
Baumart und Erntezeit, mit allen Obstbäumen der Stadt anbietet. Neben den offenen Geoda-
ten der Stadt Wien vom stadteigenen OGD-Portal werden zudem Crowdsourcing-Daten he-
rangezogen, welche wiederum durch verschiedene Services (Crowdmap, Google Fusion
Tables, Blogger) aggregiert und aufbereitet werden. Das Projekt nutzt dazu verschiedene
technische Infrastrukturen und muss diese aufeinander abstimmen. Zusätzlich bezieht es die
Anforderungen und Bedürfnisse der End-Anwender ein, beispielsweise bei der Einführung
neuer Sortierkriterien. Um die von der Stadt Wien bereitgestellten Daten zu nutzen, muss das
Projekt die technischen Schnittstellen nutzen können und ist dabei auf eine solide Dokumen-
tation angewiesen. Abbildung 1 zeigt das Praxisprojekt Fruchtfliege schematisch.
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Open Geodata meets Open Government 3
Abbildung 1: Open Geodata-Anwendung „Fruchtfliege“
Der Erfolg von Fruchtfliege besteht insbesondere im Management von heterogenen Diensten
und Akteuren, die in einer einfach nutzbaren Webseite mündet. Der Wert für die Nutzer ist
unmittelbar und leicht auf den Punkt zu bringen: „Pflück dir dein Obst in Wien (in Österreich
öffentliches brocken erlaubt)“ (Twitter-Nachricht von User „@grienauer“) „Der nächste
Sommer kommt bestimmt. Dann werden wir früchteessend durch die Stadt ziehen.“ (Twitter-
Nachricht von Entwickler Thomas Thurner) Fruchtfliege ermöglicht den Wiener Bürgern so-
mit den urbanen Raum in einem völlig neuen Kontext zu erschließen, schafft Bewusstsein für
gesunde Ernährung und trägt einen Teil zur Inwertsetzung vorhandener aber ungenutzter Res-
sourcen der Stadt bei. Die Nutzung am Rechner und mobil mit GPS-Unterstützung funktio-
niert einfach und erfordert keine Einarbeitung. Fruchtfliege ist damit ein geeignetes Beispiel
für ein interaktives Wertschöpfungsmodell auf Basis offener Geodaten. Jedoch führt die Be-
kundung, Geodaten einer Verwaltungseinrichtung offen zu legen, nicht automatisch zum Er-
folg.
In der stark verkürzten Darstellung von Fruchtfliege werden bereits Akteure und Prozesse
sichtbar, die ineinander greifen müssen, um schlussendlich ein funktionierendes Projekt zu
ermöglichen. Aus wissenschaftlicher Perspektive lässt sich ein Mangel an empirischen Arbei-
ten über konkrete Open Geodata basierte Projekte feststellen. Zwar existiert eine Reihe von
Analysen über Datenbestände von Akteuren der öffentlichen Verwaltung, die mit ersten Er-
kenntnissen über Rahmenbedingungen verknüpft sind (vgl. Office of Fair Trading 2006, Ma-
yo/Steinberg 2007, McKee 2010, Von Lucke 2010, Zijlstra 2011) sowie Prognosen für die
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Entwicklung des Marktes von Geodaten-basierten Services (Fornefeld 2003). Diese aggre-
gierte Betrachtung erfasst jedoch die Management-Perspektive nur am Rande. Arbeiten über
die konkreten Konfigurationen und Erfolgsfaktoren von Open Geodata-Projekten, insbeson-
dere über konkrete Akteure und notwendige Kompetenzen sind selten. Aus diesem Grund
werden Managementfragen rund um das Phänomen Open Geodata in der vorliegenden Studie
adressiert.
Die erkenntnisleitende Fragestellung lautet: Wie entwickeln sich neue Modelle interaktiver
Wertschöpfung auf Basis von Open Geodata? Diese übergeordnete Frage wird im Rahmen
der vorliegenden Studie auf drei Fragen konkretisiert: Welche Rollen nehmen Akteure in Open
Geodata-basierte Projekten ein? Welche Kompetenzfelder müssen diese Akteure erschließen,
um mit Open Geodata erfolgreich zu sein? Welche praktischen Effekte lassen sich erkennen?
2 Open Data, Geodata und Government Data
Open Data ist das übergeordnete Schlagwort, unter das sich „Open Geodata“ und „Open
Government Data“ einordnen. Open Data verspricht eine Ressource für die Wissensökonomie
und Informationsinfrastruktur zu sein, das Handeln der Verwaltung transparent zu machen,
einen Dialog zu kreieren und Innovationen hervorzubringen. Die wesentlichen Charakteristika
von Open Data sind in Anlehnung an von Lucke (2010) leichter Zugang (z.B. per Download
oder Application Programming Interface), keine Diskriminierung von Akteuren, Maschinen-
lesbarkeit und Weiterverarbeitbarkeit sowie einfache Lizenz, die möglichst wenige/keine Ein-
schränkungen der Nutzung vorsieht.
Der Begriff Open Government Data ist eng mit den Aktivitäten der öffentlichen Verwaltung
verknüpft. Zur Wahrnehmung ihrer gesellschaftlichen Aufgaben benötigen und produzieren
Verwaltungen in großem Umfang Daten (Office of Fair Trading, 2006). Diese Datensamm-
lungen sind bislang zumeist der behördlichen Nutzung vorbehalten. Werden sie öffentlich zu-
gänglich gemacht, spricht man von Open Government Data (OGD). OGD haben einige Be-
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sonderheiten, die sich aus ihrer Finanzierung durch Steuergelder ergeben. So sollen OGD aus
Primärquellen stammen, zeitnah veröffentlicht werden und dauerhaft nutzbar sein (von Lucke,
2010).
Im Begriff der Open Geodata (OGeo) schließlich, wird die allgemeine Definition von Open
Data um einen räumlichen Bezug ergänzt, der sich in Koordinaten oder Topologien ausdrückt
(Bill/Zeher, 2001). Eine wichtige Eigenschaft von Geodaten ist ihre Aggregationsfähigkeit,
was sie zur Zusammenführung verschiedenster anderer Datensätze befähigt. Diese Eigen-
schaft gilt im Besonderen für OGeo. Das Hauptanwendungsgebiet von OGeo findet sich in
der mittlerweile breiten Landschaft von Geoinformations-Systemen (GI-Systeme). GI-
Systeme sind in den letzten 40 Jahren von hochfachlichen Anwendungen zu Massenproduk-
ten geworden (Greve, 2002). Neben diesen Entwicklungen sind soziale Phänomene zu nen-
nen, insbesondere das Aufkommen von „Volunteered Geographic Information“ mit dem pro-
minentesten Vertreter OpenStreetMap, die Integration von Geodaten in die alltäglichen Web
2.0 Realitäten vieler Millionen Nutzer von Facebook, Google, Twitter, Foursquare, etc. sowie
die Entwicklung vieler neuer Tools wie u.a. Tilemill, OpenLayers, GeoServer im Open Sour-
ce Umfeld um Geodaten frei und kostenlos verarbeiten zu können (McKee, 2010; Roick et al.,
2011). In der Schnittmenge aus OGD und OGeo finden sich folglich alle OGD mit einem
räumlichen Bezug. Services und Anwendungen auf Basis solcher Daten stehen im Fokus die-
ses Beitrags. Aus der Managementperspektive ist die Einführung solcher Services und An-
wendungen an Beiträge verschiedener Akteure und ihrer Kompetenzen gekoppelt.
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3 Theoretischer Bezugsrahmen
Open Geodata (OGeo) und Open Government Data (OGD) werden im Rahmen des vorlie-
genden Beitrags als frei zugängliche Ressourcenbasis für kollaborative Wertschöpfungsaktivi-
täten betrachtet. Der Beitrag folgt damit dem Ansatz der interaktiven Wertschöpfung, in des-
sen Fokus die vernetzten Aktivitäten rechtlich selbständiger Akteure stehen (Reichwald &
Piller, 2009). Innerhalb dieses Bezugsrahmens interessieren die frühen Wertschöpfungsschrit-
te, die unter dem Begriff Open Innovation subsummiert werden (Reichwald & Piller, 2009, S.
95ff.). Die Beschreibung von Prozessen und Kompetenzen zur Nutzbarmachung von OGeo
und OGD wird daher von Modellen aus dem Bereich der Open Innovation geleitet. Der Erfolg
von Open Innovation Projekten stützt sich hauptsächlich auf komplementäre Kenntnisse und
Fähigkeiten, die die Beteiligten in Form von Kompetenzen einbringen. Etablierte Beispiele
solcher Kompetenzen sind Absorptive Capacity (Cohen & Levinthal, 1990) oder Boundary
Spanning (Fleming & Waguespack, 2007). Darüber hinaus werden Kompetenzentwicklungs-
modelle vorgeschlagen, die für Open Innovation Projekte relevante Kompetenzen in einem
konsistenten Rahmen integrieren. Ein Beispiel ist das Open Innovation Maturity Modell
(Habicht & Möslein, 2012). Es umfasst drei Gestaltungsbereiche. Diese sind der organisatori-
sche Kontext, das Management des Innovationsprozesses und die individuellen Fähigkeiten
der Beteiligten mit jeweils vier Kompetenzentwicklungsstufen. Die vorliegende Exploration
von OGD/OGeo basierten Anwendungen zielt auf die Identifikation von Kompetenzfeldern in
diesen drei Gestaltungsbereichen ab.
Gestaltungsbereich organisatorischer Kontext: Für etablierte Organisationen (in diesem Fall
Verwaltungen), die sich in neue Felder bewegen, spielen Fragen der organisatorischen Aus-
richtung auf neue Handlungsräume eine entscheidende Rolle. Dazu gehören im Bereich Open
Innovation ein handlungsleitendes Zielsystem (strategische Ziele und unterstützende Organi-
sationskultur) sowie das Schaffen von Handlungsmacht (durch Strukturen und Ressourcen)
(Habicht & Möslein, 2012).
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Gestaltungsbereich Management offener Innovationsprozesse: Für die Beherrschung der in
Open Innovation Projekten zentralen Prozesse tragen in erster Linie Manager Verantwortung.
Erfolgreiches Management offener Wertschöpfung geht mit spezifischen Kompetenzen der
Öffnung, der Aneignung und der Integration von Wissen (Piller & Ihl, 2009) einher. Hinzu
kommen Kompetenzen in der Gestaltung der notwendigen technologischen Infrastruktur (Ha-
bicht & Thallmaier, 2011).
Gestaltungsbereich individuelle Fähigkeiten der Innovatoren: Neben klassischen Innovati-
onskompetenzen, wie Kreativität und Fachwissen, erfordert Open Innovation zusätzliche Fä-
higkeiten, die sich aus dem spezifischen Innovationsumfeld ergeben (Möslein, 2009). Dies
sind technische Anwendungskompetenzen, Führungskompetenzen (Bansemir & Neyer, 2009)
sowie Netzwerker- und Boundary Spanning Kompetenzen (Fleming & Waguespack, 2007).
Die Relevanz von Kompetenzen ist immer an einen bestimmten Akteur (Personen oder Insti-
tutionen) und seine Rolle in der interaktiven Wertschöpfung gebunden. Aus diesem Grund ist
die Frage der Übertragbarkeit des Open Innovation Maturity Modells auf OGD/OGeo-
Projekte nur im Rahmen empirischer Untersuchungen zu beantworten. Die im Folgenden be-
schriebene Studie stellt einen ersten Versuch dazu dar.
4 Methodik
Die vorliegende Studie stellt eine fallstudienbasierte Exploration dar. Dieses Design ist be-
sonders geeignet, um ein neues Phänomen aus wissenschaftlichem Blickwinkel zu strukturie-
ren. Es werden theoretisch abgeleitete Analyserahmen als Ausgangspunkt für eine qualitative
Datenerhebung genutzt (deduktive Phase), um einen ersten Zugang zum Phänomen zu finden.
Im Verlauf der Datenerhebung wird der anfängliche Analyserahmen anhand der erhobenen
Daten an das Phänomen angepasst (induktive Phase). Dieses als Mapping bezeichnete Vorge-
hen zeichnet sich durch eine ausgewogene Balance aus Integration von Vorwissen und analy-
tischer Offenheit aus (Alvesson & Sköldberg, 2000). Die Induktive Exploration folgt dem
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Prozess der gegenstandsbezogenen Theoriebildung (Eisenhardt, 1989; Glaser, 1992). Das
Sampling der Cases folgt einem Snowball-Sampling Prozess auf Basis von Expertenhinwei-
sen aus der Open Geodata Community. Die Teilnahme auf dem Open Data Workshop „OSM
Camp 2011“ und persönliche Kontakte zu Open Data-Protagonisten dienten als Ausgangs-
punkt. Zur Datenerhebung werden Daten aus einer Internetrecherche über OGeo-Projekte mit
Tiefeninterviews trianguliert. Die Analyse folgt dem Verfahren der constant comparison
(Glaser, 1992); Kodierung und induktive Kategorienbildung werden mit der Software AT-
LAS.ti unterstützt.
5 Vorläufige Ergebnisse
Die vorliegende Studie befindet sich im Stadium der empirischen Analyse. Die im Folgenden
dargestellten Ergebnisse haben daher vorläufigen Charakter. Ausgehend von identifizierten
Rollen werden als wichtig erachtete Kompetenzfelder sowie erste (positive) Effekte von
OGeo-Projekten vorgestellt.
Es wurden bisher vier zentrale Rollen von Akteuren identifiziert: Als ursprüngliche Bereits-
teller von OGeo agieren sowohl Verwaltungseinheiten (z.B. Stadtverwaltung Wien) als auch
Unternehmen (z.B. Google). Sie stellt eine kritische Ausgangsbedingung für OGeo-Projekte
dar. Als zweite Rolle wurden Entwickler identifiziert. Einzelne Personen wie auch Unterneh-
men nehmen sie wahr. Das Ziel dieser Rolle besteht in der Nutzbarmachung von OGeo als
Ressource für verschiedenste End-Anwendungen. In der Rolle der Beitragenden treten oft-
mals Privatpersonen auf. Durch ihre Aktivitäten tragen sie zur Qualitätssicherung oder Erwei-
terung der geo-kodierten Datenbasis bei. Hier finden sich oftmals Crowdsourcing-Ansätze.
Die Rolle der Nutzer bezeichnet in erster Linie diejenigen Akteure, die durch den Gebrauch
der End-Anwendungen einen Mehrwert erfahren. Diese können gleichzeitig eine der anderen
drei Rollen im Netzwerk von OGeo-Projekten wahrnehmen.
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5.1 Hinweise auf Kompetenzfelder für OGeo-Projekte
Gestaltung der Organisationskultur für OGeo-Projekte: Vor allem für öffentliche Verwaltun-
gen in der Rolle des Bereitstellers wurden Aspekte der Organisationskultur in Bezug auf Of-
fenheit angeführt. Das Abschätzen von Chancen und Risiken der Öffnung von Datenbestän-
den bereitet diesen Akteuren Unsicherheit. Diese Wahrnehmung wird unterstützt durch teil-
weise widersprüchliche Begriffsverständnissen von OGeo. Dabei führten die befragten Exper-
ten ein starkes Ressortdenken sowie eine oft anzutreffende schwache Koordination bzw.
mangelnden Dialog, womit ein offener Austausch von Daten, Ideen und Erfahrungen gemeint
ist, an. Exemplarisch dafür steht die folgende Aussage: Wieso nicht offen sein, wo man offen
sein kann? Das ist eine Kultursache und das ist sehr schwierig zu durchbrechen. Und ich
glaube, das geht nur mit Beispielen und mit Selbermachen. (I2)
Technologische Grundlage für OGeo-Projekte: Die Bedeutung der IuK-Werkzeugen für
OGeo wird in erster Linie von Entwicklern betont. Während offene Geodatenbestände schon
seit mehreren Jahren (im Falle von OpenStreetMap, seit 8 Jahren) zur Verfügung stehen, ha-
ben sich die Werkzeuge hierfür erst in den letzten 3-5 Jahren deutlich weiterentwickelt:[…]
but the tools are what make the data usable. The large number of companies which have been
doing open source work, like Cloudmade and Development Seed and Stamen Design. I was
pleasantly surprised when I found all those companies and the things they're doing. (I3) Das
aktive Verfolgen der Entwicklungen im Open Source-Umfeld, die Bereitschaft Open Source-
Anwendungen produktiv einzusetzen sowie die generelle Offenheit gegenüber neuartigen
IuK-Werkzeugen scheinen von großer Bedeutung zu sein. Insbesondere wurde dabei das
Ökosystem um OpenStreetMap angesprochen. Betont wurde hierbei auch die Bedeutung der
Webtools, die einen großen Teil der modernen Geodatenverarbeitung ausmachen. Die wichti-
ge Eigenschaft von Geodaten, oft als Kleber zwischen anderen Datensätzen zu fungieren und
dabei nach Werkzeugen außerhalb des typischen Office-Umfelds zu verlangen, könnte die
Fähigkeit die richtigen Tools zu kennen und einzusetzen zu einer Kernkompetenz machen.
Dieses Kompetenzfeld betrifft alle identifizierten Rollen.
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Networking-Fähigkeiten für OGeo-Projekte: Die Fähigkeit, Netzwerke aufzubauen, ihnen
beizutreten und an ihrem Geschehen teilzuhaben wurde mehrfach betont. Als prominentes
Beispiel wurde wiederum auf OpenStreetMap verwiesen. Hierbei wird zusätzlich zum
Crowdsourcing ein einfaches Fairness-Prinzip verlangt – wer sich etwas nimmt, sollte auch
etwas zurückgeben: We do intend to get more involved, we want to contribute back, both with
data and resources. […] In general, we try to be good citizens in the open source communi-
ties. (I3) In diesem Netzwerk fällt auch der Verwaltung und ihren Mitarbeitern eine Schlüs-
selposition zu – z.B. indem gute Kontakte innerhalb der OSM-Community gepflegt werden.
Dazu ist es notwendig eine aktive Rolle einzunehmen, um interaktive Wertschöpfungsprozes-
se zu ermöglichen.
Social Media Literacy für OGeo-Projekte: Alle bislang Interviewten (in den Rollen von Ent-
wicklern und Bereitstellern) gaben an, besonders in öffentlichen Verwaltungen oft auf man-
gelnde Dialogfähigkeit in modernen Kanälen zu treffen. Der Begriff „Social Media Literacy“
ist zwar konstruiert, beschreibt dennoch recht gut die Aussagen der Interviewpartner: […]
aber man soll verstehen, was sich überhaupt in sozialen Netzwerken abspielt und was sich da
alles entwickelt hat. (I2) Auch hier wird das OSM-Umfeld als Vorreiter angeführt. Wiki-
basierte Diskussionen, Barcamps, Codesprints, Twitterkanäle und andere Formen des
Zusammenarbeitens werden dort intensiv genutzt.
5.2 Effekte von OGeo-Projekten
In Case 3 (aufgrund Platzmangels wird auf eine vollständige Darstellung der Projekte zu-
nächst verzichtet) waren Geodaten bislang bei einem externen Dienstleister (Google Maps)
ausgelagert und somit für die Firma eine Blackbox. Ihre Veränderbarkeit – etwa um geplante
Bauvorhaben abzubilden – ist eine wichtige Anforderung für das Unternehmen, die bislang
nicht erfüllt werden konnte. Offene Geodaten (OpenStreetMap) und die Möglichkeit, über
diese Datengrundlage eigenständig zu verfügen, bieten nun die Möglichkeit eines Qualitäts-
kontrollprozesses des Entwicklers: We think it [Google Maps] is 99% great but for a com-
pany like ours it's all about getting everything right. (I3) Die Qualitätssicherung auf Daten-
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ebene schafft in Case 3 einen Mehrwert für Investoren und Immobilienentwickler, indem sich
die Planungssicherheit für aktuelle Projekte auf dem Internetportal erhöht.
In Case 2, einem international tätigen GIS-Softwareunternehmen konnte eine Verbesserung
des Vertriebsprozesses des Entwicklers durch OGeo erreicht werden: Es [hat] eine Ent-
wicklung gegeben, dass Firmen nicht nur nach Kunden schauen, sondern nach Anwendern.
[Damit] kann man eigentlich schon ziemlich gut Daten-Viewer bauen. Und das stellen wir
frei zur Verfügung. Und da hilft natürlich auch Open Data. (I2) Je mehr Nutzer an die Pro-
dukte und ihre Anwendungslogik des Herstellers gewöhnt sind, desto wahrscheinlich ist es, in
Zukunft diese Nutzer als Kunden für komplementäre kostenpflichtige Leistungen zu gewin-
nen. Auf dieser Basis stellen viele Hersteller kostenlose Anwendungen bereit, die sich nahtlos
in das jeweilige Software-Ökosystem einfügen und so potenzielle Kunden binden.
In Case 1 wurde eine Optimierung interner Verwaltungsprozesse (Bereitsteller) identifi-
ziert. Dafür wurden zwei Beispiele genannt. Erstens senkt die Bereitstellung einer standardi-
sierten, öffentlich zugänglichen Daten-Schnittstelle den Verwaltungsaufwand. Externe Daten-
Anfragen können zunächst auf diese Schnittstelle verwiesen werden und entlasten somit die
Mitarbeiter. Zweitens wurde eine interne Verschiebung von Datenanfragen festgestellt. Abtei-
lungen, die auf die zentral vorgehaltenen Daten zugreifen müssen, um Verwaltungsprozessen
nachzukommen, nutzen ebenso wie Externe die öffentliche Schnittstelle, weil sie so einfacher
und schneller als durch interne Anfragen an die gewünschten Daten kommen: […] sogar den
internen Zugriff auf die Daten optimieren kann indem so manche Fachabteilung über das
OGD-Portal auf diese Daten zugreift und nicht über interne Schienen, die vielleicht irgend-
wie effizienter wären aber die vielleicht in manchen Teilen einfach nicht genutzt oder ange-
nommen wurden. (I1)
In Case 1 wurde zudem ein zweiter Effekt identifiziert, der zur Verbesserung der Leistungs-
angebote einer öffentlichen Verwaltung (Bereitsteller) führte. Die Geodaten-Basis eines
bestehenden Stadtplans, der auf dem Webauftritt der Stadt seit vielen Jahren intern weiter-
entwickelt wurde und entsprechend umfangreiche Funktionen beinhaltet, wurde geöffnet.
Durch diese Öffnung wurden externe Entwickler befähigt, eine besonders nutzerorientierte
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Stadtplan-Anwendung zu erstellen. Eine simple Webseite, die den Stadtplan bei geringerer
Nutzungskomplexität nachbildete und damit auch auf mobilen Endgeräten benutzbar machte:
Genau die Services, die wir ja schon intern hinter unserem Portal betreiben, genau diese Ser-
vices auch dem freien Markt zu geben, dass er letztendlich auch an diese Services
anprogrammieren kann und, vielleicht durchaus auch zum Vorteil der Stadt, neue GUIs, neue
Oberflächen damit bastelt, die besser sind als die es bis jetzt gibt. (I1)
6 Diskussion
Im vorliegenden Beitrag wurden erste Ergebnisse einer empirischen Untersuchung von inter-
aktiven Wertschöpfungsmodellen auf Basis von offenen Geodaten vorgestellt. Es handelt sich
dabei um ein im Entstehen befindliches empirisches Feld, in dem mittels qualitativer Studien
erste Wissensbestände aufgebaut werden können. Es wurden zunächst vier Rollen in Open-
Geodata-Projekten identifiziert (Bereitsteller, Entwickler, Beitragender und Nutzer), die zent-
rale Akteure einnehmen. Neben diesen Rollen wurden erste erfolgsrelevante Kompetenzfelder
benannt. Diese Kompetenzfelder können als erste Anhaltspunkte verstanden werden und de-
cken sich in wesentlichen Punkten mit den Kompetenzen des Open Innovation Maturity Mo-
dells. Jedoch bedürfen sie weiterer empirisch geleiteter Ausdifferenzierung. Dies soll durch
weitere Datenerhebung und -analyse sichergestellt werden. Darüber hinaus wurden erste kon-
krete positive Effekte von Open-Geodata-Projekten auf die Aktivitäten der beteiligten Akteu-
re aufgedeckt. Limitierend bleibt anzumerken, dass die vorgestellte Studie bisher auf einer
kleinen empirischen Datenbasis aufsetzt. Zweitens wurde ein Modell aus der betriebswirt-
schaftlichen Open Innovation Forschung auf OGeo-Projekte adaptiert. Beim derzeitigen Stand
der Analyse lassen sich zwar erste Überschneidungen zu Open Innovation finden, aber auch
Hinweise auf Unterschiede zwischen beiden Domänen. So stellt sich z. B. die Frage, welche
Auswirkungen die starke Bedeutung öffentlicher Akteure und staatlicher Regularien auf das
Management und die Entwicklung des gesamten Anwendungsfelds Open Geodata hat.
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Anmerkungen:
Dieser Beitrag basiert auf Erfahrungen aus dem Verbundprojekt KUMAC (FKZ:
01FL10071), welches vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert
wird. Die Autoren bedanken sich für diese Unterstützung.
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