I NS-Propaganda in der Formierungsphase der steirischen NSDAP Diplomarbeit zur Erlangung des akademischen Grades eines Magisters der Philosophie an der Karl-Franzens-Universität Graz vorgelegt von Georg GÄNSER am Institut für Geschichte Begutachterin Priv.-Doz. Mag. Dr. Heidemarie Uhl Graz, 2011
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I
NS-Propaganda in der Formierungsphase der steirischen NSDAP
Diplomarbeit
zur Erlangung des akademischen Grades eines Magisters der Philosophie
an der Karl-Franzens-Universität Graz
vorgelegt von
Georg GÄNSER
am Institut für Geschichte Begutachterin Priv.-Doz. Mag. Dr. Heidemarie Uhl
Graz, 2011
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Ehrenwörtliche Erklärung
Ich erkläre ehrenwörtlich, dass ich die vorliegende Arbeit selbstständig und ohne fremde
Hilfe verfasst, andere als die angegebenen Quellen nicht benutzt und die den Quellen
wörtlich oder inhaltlich entnommenen Stellen als solche kenntlich gemacht habe. Die
Arbeit wurde bisher in gleicher oder ähnlicher Form keiner anderen inländischen oder
ausländischen Prüfungsbehörde vorgelegt und auch noch nicht veröffentlicht. Die
vorliegende Fassung entspricht der eingereichten elektronischen Version.
Graz am 28. Juli 2011
Georg Gänser
III
An dieser Stelle möchte ich mich vor allem bei Frau Priv.-Doz. Mag. Dr. Heidemarie Uhl
für die Ermöglichung und Betreuung dieser Arbeit bedanken. Besonders möchte ich auch
Ass.-Prof. Dr. Eduard Staudinger für seine wertvolle fachliche Unterstützung und die
aufschlussreichen Gespräche sowie für von ihm zur Verfügung gestelltes Material danken.
Gedankt sei auch den Mitarbeitern des Steiermärkischen Landesarchivs für ihre
Unterstützung. Ebenso gilt mein Dank all jenen, die mir in zahlreichen Diskussionen und
Gesprächen wichtige Impulse gegeben haben sowie meiner Familie.
IV
Inhalt:
I. Einleitung........................................................................................................1 II. Entwicklungsgeschichte des Propagandaapparats der NSDAP ....................3 III. Formierungsphase der steirischen NSDAP-Hitlerbewegung ......................8 IV. Die Propaganda der Formierungsphase......................................................12 1. Der Apparat........................................................................................................ 12 a) Aufbau des Apparats ................................................................................ 12 b) Der Rednerapparat ................................................................................... 16 2. Die Personen dahinter, die Redner................................................................... 21 a) Kurzbiographien einiger Redner.............................................................. 21 b) Weitere Redner ........................................................................................ 30 3. Die Methoden und Mittel.................................................................................. 32 a) Versammlungen ....................................................................................... 32 b) Beispiele von Versammlungen ................................................................ 41 c) „Der Kampf“............................................................................................ 46 d) Flugblätter und Plakate............................................................................ 50 e) Weitere propagandistische Methoden ...................................................... 53 4. Die Propaganda.................................................................................................. 67 a) Themen der Versammlungen und Reden ................................................. 67 b) Themen auf Flugzetteln und Plakaten und in „Der Kampf“ ................... 72
c) Die Probleme bei der Propagandaarbeit .................................................. 73 d) Wirksamkeit und Erfolg der Propaganda................................................. 74 5. Das Ende der legalen Propagandaarbeit 1933................................................ 75
6. Ein Beispiel der Arbeitsweise des Apparats.................................................... 78 V. Vergleich mit der NS-Propaganda in der Steiermark nach dem Anschluss85 VI. NS-Propagandatheorien......................................................................................... 93 VII. Fazit........................................................................................................................... 95 VIII. Quellen.................................................................................................................... 97 IX. Literatur...................................................................................................................... 99 X. Anhang....................................................................................................................... 103 1. Abbildungen ..................................................................................................... 103 2. Graphiken..........................................................................................................115
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I. Einleitung
In dieser Diplomarbeit möchte ich in chronologisch rückwärtsgehender Weiterführung
einer von mir verfassten Seminararbeit, die sich mit der Propagandamaschinerie der
Nationalsozialisten in der Steiermark nach dem Anschluss befasst, ein wenig Erhellung in
die propagandistische Tätigkeit der NSDAP-Hitlerbewegung in ihrer Formierungsphase,
genauer in den Jahren 1928 bis 1933, insbesondere 1931-1933, in der Steiermark bringen.
Da mir dieses Thema in der Literatur nur als „Randnotiz“, als etwas, das es gegeben hat
und das beachtenswert wäre, untergekommen ist, aber kein sich explizit mit dieser
Thematik befassendes Werk existiert, halte ich eine solche Arbeit für durchaus sinnvoll.
Auch wenn die Propaganda im Gefüge der Geschichte nur einen kleinen Part einnimmt, so
haben doch die Nationalsozialisten selbst diesem Aspekt große Bedeutung beigemessen,
weshalb es gewiss nicht uninteressant ist, sich diesem Thema anzunehmen, zumal der
Aufwand und die Anstrengungen, die von den Nationalsozialisten dahin gehend investiert
worden sind, nicht unterschätzt werden sollten. Wie sonst hätte eine marginale Kleinpartei
von Extremisten in der Steiermark und überhaupt generell Bekanntheit erlangen sollen,
wenn nicht durch propagandistisch durchdachtes und durchgeführtes Auftreten.
Dabei liegt es mir nicht nur daran, den hinter der Propagandaarbeit stehenden Apparat,
dessen Entwicklung und Funktion zu ergründen, sondern auch darzulegen, wie und mit
welchen Methoden, auf welche Art und in welcher Weise dieser Apparat Propaganda
betrieben hat und vor allem die propagandistische Tätigkeit an sich, die Aktionen und
Kampagnen zu beleuchten. Wie wurden Versammlungen aufgezogen, wie wurden
Kampagnen organisiert beziehungsweise wie liefen diese ab und welche Formen der
Propaganda setzten die Nationalsozialisten in der Steiermark in ihrer Formierungsphase
ein, um ihr angestrebtes Ziel zu erreichen? Mein Interesse bezieht sich hierbei vor allem
auf die praktische Seite der Durchführung und der dahinter stehenden organisatorischen
Arbeit und nicht so sehr auf theoretische oder linguistische Analysen der NS-Propaganda.
Die bereits angesprochene Seminararbeit hatte mir, schon bevor ich daran ging, eine
Diplomarbeit zu verfassen, einen tiefen Einblick in die Quellenlage und die damit
verbundenen Probleme gebracht – die dem Quellenstudium erst den gewissen Reiz
verleihen – weshalb ich bei meinen Archivsitzungen weitaus gezielter und effizienter
vorgehen konnte, als ich das ohne die in diesem Forschungsseminar gemachten
Erfahrungen hätte tun können.
Meine wichtigsten Quellen waren sicherlich die „Steirischen Gaunachrichten“, über die ich
2
überhaupt im Rahmen des Forschungsseminars zu der Idee gekommen war, über die
Propaganda in der Formierungsphase zu schreiben, eine Quelle, die mir einen wohl nicht
zu unterschätzenden Einblick in die Interna der steirischen NSDAP-Hitlerbewegung liefern
konnte. Naturgemäß sind diese Unterlagen aber mit Vorsicht zu genießen und dabei ist
immer im Kopf zu behalten, dass auch hier propagandistische Verzerrungen im Spiel sein
können. Weiters dienten die in Verbindung damit und als gegenüberstellbare
Kontrollmöglichkeit dazu gelesenen Versammlungsberichte der Grazer Polizeidirektion als
wichtige Quelle. In der Zusammenschau, durch eine gesunde Mischung von Außen- und
Innensicht von verschiedenen Standpunkten aus, lässt sich ein brauchbares und vor allem
relativ unverzerrtes Bild der Propagandatätigkeit der NSDAP-Hitlerbewegung
nachvollziehen. Gemeinsam mit dem zusätzlich erhaltenen propagandistischen „Output“,
das sind unter anderem Plakate, Flugblätter und die Parteizeitung „Der Kampf“, kann eine
umfassende und plausible Darstellung der Aktivitäten der Nationalsozialisten in der
Steiermark in den frühen 1930er-Jahren erarbeitet werden, ohne dabei der Annahme einer
allmächtigen und unentrinnbaren Propaganda aufzusitzen. Dennoch soll mit dieser Arbeit
aufgezeigt werden, dass diese nicht irrelevant für den Aufstieg war.
Eine intensive Beschäftigung mit Methoden und Themen nationalsozialistischer
Meinungsbildung über längere Zeit hinweg, verbunden mit ein wenig Interesse für aktuelle
Politik, bringt allzu oft auf erschreckende Weise Parallelen zu Tage, die zuweilen zweifeln
lassen, ob die „damalige Zeit“ nicht doch wiederkehren könnte. Daher soll diese Arbeit
durch Aufzeigen der Methoden und Thematiken der nationalsozialistischen Propaganda,
der „Rattenfängerei“, ein wenig zur Sensibilisierung beitragen, damit die heutigen
„Rattenfänger“ leichter zu entlarven sind.
(Die in den wörtlichen Zitaten vorkommenden Rechtschreib- und Grammatikfehler sind
tatsächlich so in den Quellen enthalten und so von mir übernommen worden.)
3
II. Entwicklungsgeschichte des Propagandaapparats der NSDAP
In diesem Kapitel soll die Entwicklung des Propagandaapparats der NSDAP beschrieben
werden, nämlich die Entstehung der Reichspropagandaleitung, der das Gaupropagandaamt
der Steiermark letztendlich verantwortlich gewesen ist und das sich auch an die Richtlinien
aus Deutschland zu halten gehabt hat.
In der Anfangszeit nach der Gründung der DAP 1919 konnte man noch nicht wirklich von
einem Propagandaapparat sprechen. Es gab zwar eine Propagandaleitung, die Hitler
übernahm, jedoch waren die Möglichkeiten sowohl dieser Einrichtung als auch der
Propaganda selbst beschränkt, da es an finanziellen und personellen Ressourcen fehlte. Die
propagandistische Tätigkeit der DAP und nach deren Umbenennung, der NSDAP, bestand
hauptsächlich aus Versammlungen. Die Propagandaleitung konnte aufgrund der lockeren
Bindung der wenigen Ortsgruppen an die Parteileitung in München auch auf deren
Tätigkeit wenig Einfluss nehmen. Nachdem Hitler den Vorsitz der NSDAP im Juli 1921
übernommen hatte, stellte sich eine gewisse Lenkung der Propagandatätigkeit der
Ortsgruppen ein, durch in „Mitteilungsblättern“ erschienene Anweisungen und eine
Verbreiterung des methodischen Spektrums und durch vermehrten Einsatz des „Völkischen
Beobachters“, der zur Tageszeitung gemacht wurde. Ansonsten hatte die
Propagandaleitung, ab August 1921 von Hermann Esser geleitet, auch weiterhin wenig
Einfluss auf die Tätigkeiten der Ortsgruppen, was auch bis zum gescheiterten
Putschversuch 1923 so blieb.1
Mit der Neugründung der NSDAP im November 1925 wurde eine schwierige Phase für die
Partei eingeläutet, die durch Redeverbote, auch Hitler durfte nicht öffentlich sprechen,
geprägt war, weshalb auf andere Arten der Propaganda und andere Medien als der
Versammlung zurückgegriffen werden musste. Somit erlangte die Parteizeitung, der
„Völkische Beobachter“ einige Zeit lang eine zentrale Bedeutung in den Werbestrategien
der Parteileitung. Die „Bamberger Führertagung der NSDAP“ im Februar 1926 brachte
eine entscheidende Wende in der Geschichte der Propagandaleitung. Otto May wurde
interimistischer Propagandaleiter und leitete erste Schritte zu einer Zentralisierung der
Propaganda durch den „Organisationsplan zur Errichtung von Propagandazellen der
NSDAP“ ein. Schon im Mai 1926 wurde May jedoch aufgrund der Regelungen der
„Bamberger Führertagung“ durch Gregor Strasser, der zum Leiter der neuen
„Reichspropagandaleitung“ ernannt wurde, ersetzt. Sein Stellvertreter wurde Heinrich 1 Gerhard Paul, Aufstand der Bilder. Die NS-Propaganda vor 1933, Bonn 21992, 59f.
4
Himmler.
Die Kompetenzen der Reichspropagandaleitung beinhalteten jedoch noch nicht das
Pressewesen und die Kontrolle des „Völkischen Beobachter“. Ihre Aufgaben bestanden
darin, Flugblätter, Plakate und anderes Propagandamaterial für die Partei herauszugeben,
die propagandistische Tätigkeiten der Gaue und Ortsgruppen zu überwachen und
gegebenenfalls Verbesserungen einzufordern, Redner einzuteilen sowie im die Propaganda
betreffenden Schriftwechsel.2
In dieser Phase wurde der Propagandaapparat ausgebaut, um der Entwicklung der NSDAP
nachzukommen. Unter der Leitung von Strasser und Himmler wurde die
Reichspropagandaleitung „bürokratisiert“. Die beiden verstanden ihre Aufgabe „primär als
rationelle Organisation von Werbung: als effektivsten Einsatz der vorhandenen
propagandistischen Mittel, als bestmögliche Organisation des Rednereinsatzes sowie als
Ausweitung des lokalen Propagandanetzes.“ Dazu wurde die Herausgabe von
durchnummerierten Schriften, bezeichnet mit „Anordnungen und Aufrufe“, genutzt. Im
März 1927 kam noch eine Broschüre über die „Leitsätze der Propaganda“ hinzu, die sich
aber hauptsächlich mit organisatorischen Angelegenheiten der Propagandaarbeit befasste.3
Der NSDAP fehlte es in den späten 1920er-Jahren nicht nur an Geld, sondern auch an
brauchbaren Rednern. Himmler machte sich daher bei Hitler für eine „Rednerschule“ zur
Ausbildung eines Rednernachwuchses stark, um den steigenden Bedarf an Rednern
nachkommen zu können. Eine inoffizielle Rednerschule gab es bereits seit 1928, offiziell
von Hitler anerkannt und zur Ausbildung von „Reichsrednern“ autorisiert wurde sie
allerdings erst im Juni 1929. Die Rednerausbildung wurde in der Folge mit der Herausgabe
von „Rednermaterial“ der Reichspropagandaleitung unterstützt.4
Das konnte jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass Ende der 1920er-Jahre in vielen
Gegenden die Propagandaorganisationen auf Gau- und Ortsgruppenebene noch kaum
ausgebaut beziehungsweise nicht vorhanden waren, was wohl auch auf die Verhältnisse in
Österreich bei der NSDAP-Hitlerbewegung zutraf. Trotzdem legte die NSDAP an
Anhängern und Wählern zu, was somit kaum einem herausragenden Propagandaapparat
zuzuschreiben ist.
1930 konnte noch nicht wirklich von einer gelungenen Zentralisierung des
2 Paul, Aufstand der Bilder, 61ff. (Wie Anm. 1). / Winfried Ranke, Propaganda, in: Wolfgang Benz,
Hermann Gram, Hermann Weiß (Hgg.), Enzyklopädie des Nationalsozialismus, München 52007, 27-45, 31.
3 Paul, Aufstand der Bilder, 65f. (Wie Anm. 1). / Kurt Bauer, Nationalsozialismus. Ursprünge, Anfänge, Aufstieg und Fall, Wien 2008, 116.
Gaunachrichten 1 (1931) 36, 1ff. / Man kann in diesem Zusammenhang wohl auch das Dienstbuch der NSDAP-Hitlerbewegung als Ausdruck einer gewissen Hörigkeit der österreichischen Nationalsozialisten gegenüber vielem, was aus Deutschland kam, sehen.
11 Michael Wildt, Geschichte des Nationalsozialismus, Göttingen 2008, 47. / Bauer, Nationalsozialismus, 105. (Wie Anm. 3). „Die Weltanschauung des Nationalsozialismus war ein eklektizistischer Abklatsch von nationalistischen, antisemitischen, rassistischen Vorstellungen, die sich im Laufe des „langen“ 19. Jahrhunderts ausgeformt hatten.“
12 Wildt, Nationalsozialismus, 48f. (Wie Anm. 11). / Bauer, Nationalsozialismus, 115. (Wie Anm. 3). / David Welch, The Third Reich. Politics and Propaganda, London 1993, 12f. „The instruments of mass communication which are commonly associated with authoritarian police states – mass-circulation press, radio, film and television – were largely absent from the Nazis’ initial rise to prominence.“
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III. Formierungsphase der steirischen NSDAP-Hitlerbewegung
In Österreich und so auch im Bundesland Steiermark gab es schon vor Hitlers
Machtübernahme 1933 in Deutschland nationalsozialistische Parteien. Erste Wurzeln
finden sich in der schon zur Zeit der Donaumonarchie im Jahr 1904 in Nordböhmen
gegründeten DAP. Die Grundsätze der DAP waren laut Parteiprogramm von 1913
Nationalismus, Antikapitalismus, Antimarxismus, Antiklerikalismus und Antisemitismus.
Diese Partei wurde im Jahr 1918 noch vor dem Zusammenbruch des Kaiserreiches zur
DNSAP, „Deutsche Nationalsozialistische Arbeiterpartei“ umbenannt und hatte später auch
Verbindungen zur NSDAP Hitlers.13
Durch diese Verbindungen begannen sich auch die Strategien und die Taktik der DNSAP,
der Partei Hitlers in Deutschland anzugleichen. Gewalt und putschistische
Vorgehensweisen wurden von einer Mehrheit der Mitglieder der DNSAP als neue Strategie
angenommen. Vom „legalen Weg“, über Wahlen an die Macht zu kommen, wurde
abgegangen. Jedoch blieb die Partei marginal, obgleich sie ihre Organisation ausbauen
konnte.14
Obwohl die Partei in Salzburg 1923 auch mit der Stimme des steirischen Vertreters
beschlossen hatte, den Kampf „außerparlamentarisch“ führen zu wollen, wurde bei einer
Versammlung der Grazer Nationalsozialisten beschlossen, die „Pflicht zur Wahlenthaltung“
aufzuheben und Kandidatenlisten aufzustellen. So beteiligten sich die Grazer
Nationalsozialisten bei den Gemeinderatswahlen 1924 und erhielten 1 Mandat sowie ein
weiteres Reststimmenmandat.
Wie man an den Salzburger Beschlüssen und den darauf folgenden Handlungen in der
Partei sehen kann, hat keineswegs Einigkeit geherrscht, sondern vielmehr haben
Tendenzen zu Abspaltungen bestanden. 1926, im Jahr des Parteizusammenschlusses der
österreichischen nationalsozialistischen Partei mit der NSDAP Hitlers, aus dem die
NSDAP-Hitlerbewegung hervorging, bestanden mehrere verfeindete nationalsozialistische
Gruppierungen. Im August 1926 wurde die Form der Organisation der NSDAP-
Hitlerbewegung festgelegt, die zukünftig aus acht „Gauen“ in einem Landesverband mit
einer Landesleitung bestehen sollte. Die Landesleitung war aber macht- und einflusslos
13 Eduard Staudinger, Zur Entwicklung des Nationalsozialismus in Graz von seinen Anfängen bis 1938, in:
Graz 1938 (Historisches Jahrbuch der Stadt 18/19), Graz 1988, 31-74, 31ff/36ff. / Radomir Luza, Österreich und die großdeutsche Idee in der NS-Zeit, Wien 1977, 27.
31.10.1929, Frührapport, 10.1.1929. und 11.1.1929. 20 StLA, ZGS K 129, Poldion. Graz, Frührapport, 15.1.1929. „[...] Genossen Kommunisten! Alarm! Der
Faschismus schlagt los! Auf in die Hackingerversammlung heute abends in den Steinfeldersälen. Arbeiter hört selbst die blutig reaktionären Reden!!! Wenn man unseren Gegenredner nicht läßt, dann schlagt sie alle krumm und grad!!!“. (In diesem Fall ist aber nichts passiert.)
10
Jedenfalls gelang der Durchbruch zur Massenpartei nicht.21 Im Sommer 1931 änderte sich
die Situation der NSDAP-Hitlerbewegung, indem Hitler per Parteibefehl für Österreich
eine Neustrukturierung anordnete. Die österreichischen „Gaue“ wurden einer neuen
Landesleitung in Linz unterstellt und sollten keinen direkten Kontakt zur
Reichsparteileitung mehr haben. Damit versuchte die Münchner Parteileitung, sich wohl
von den innerösterreichischen Streitigkeiten und Machtkämpfen der einzelnen Gauleiter
loszulösen und abzugrenzen. Zum Landesleiter ernannte Hitler Alfred Proksch. Theo
Habicht, einen deutschen Parteifunktionär, machte er zum Landesgeschäftsführer und 1932
auch zum Landesinspekteur, wodurch Habicht de facto der mächtigste Mann in der
NSDAP-Hitlerbewegung wurde und auch den Willen der Reichsparteileitung zu wahren
hatte. Hinter diesen Überlegungen stand wohl, zum einen mit Proksch einen Österreicher
an der formellen Spitze zu haben, zum anderen aber mit Habicht den untereinander
rivalisierenden Gauleitern einen Landesleiter, der von „außen“ kam und daher nicht in
diese Kämpfe verwickelt war, voranzustellen.22 Die neue Landesleitung sollte auch eine
Professionalisierung und Vereinheitlichung der Tätigkeiten der „Gaue“ durchsetzen, was
auch durch Zentralisierung der Finanzen der NSDAP-Hitlerbewegung bewirkt werden
sollte. Ausdruck dieser Bestrebungen war das 1932 von Habicht herausgegebene
„Dienstbuch der NSDAP. Österreichs, Hitlerbewegung“.23
Auch in der Steiermark wurden die Bemühungen intensiviert und die Organisation und
Infrastruktur der Partei gestrafft und ausgebaut. Mit 1. Jänner 1931 beginnend erschien
monatlich mehrmals ein eigenes Informations- und Mitteilungsblatt, die „Steirischen
Gaunachrichten“ und ab 7. März gab es auch eine wöchentlich erscheinende Parteizeitung,
„Der Kampf“, welche die Linzer „Volksstimme“ in der Steiermark ersetzte.24
Im Jahr 1931 begann der Aufstieg der NSDAP-Hitlerbewegung, wenn auch nicht überall
gleich schnell und gleich erfolgreich. Die NSDAP-Hitlerbewegung war nicht mehr nur
eine Randgruppenbewegung, sondern wurde präsenter und trat auch offensiver auf, auch
wenn dies vor allem in der Steiermark kaum mit Wahlergebnissen nachvollzogen werden
kann. Sehr wohl ist es aber möglich, aus dem gesteigerten Interesse der Polizeidirektion
21 Staudinger, Nationalsozialismus, 48. (Wie Anm. 13). 22 Luza, Großdeutsche Idee, 28f. (Wie Anm. 13). / John T. Lauridsen, Nazism and the Radical Right in
Austria 1918-1934, Copenhagen 2007, 394f. / Kurt Bauer, Der Weg zum Juliputsch. Zu Struktur und Dynamik des Nationalsozialismus der Steiermark von 1932 bis 1934, in: Heimo Halbrainer (Hg.), Aufstand, Putsch und Diktatur. Das Jahr 1934 in der Steiermark. Tagung am 18. Mai 2004 im Steiermärkischen Landesarchiv, Graz 2007, 95-117, 95.
23 Dienstbuch der NSDAP. Österreichs, Hitlerbewegung, Linz 1932. 24 Staudinger, Nationalsozialismus, 50. (Wie Anm. 13). / Steirische Gaunachrichten der
Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei 1 (1931) 1, 1.
11
Graz eine wachsende Bedeutung abzuleiten, da den Veranstaltungen der NSDAP-
Hitlerbewegung in den Berichten im Laufe der Jahre 1930 und besonders ab 1931 bis 1933
immer mehr Platz eingeräumt wird und die Parteiaktivitäten im ganzen Bundesland stärker
in den Fokus der polizeilichen Überwachung rücken.25 Die Parteiorganisation wurde
weiterentwickelt und Untergliederungen wurden eingerichtet, wie die NS-Bauernschaft,
der NS-Lehrerbund oder der NS-Studentenbund, die das Ziel verfolgten, konkrete Gruppen
anzusprechen. Außerdem wuchsen die SA-Trupps als wichtiges Standbein der Partei im
Laufe des Jahres 1932 auf ca. 2.700 Mitglieder an, wohingegen die SS nur in Graz und
Leoben bestand und nie besonders groß wurde. „Insgesamt läßt sich der Aufschwung der
NSDAP (Hitlerbewegung) seit Herbst 1931 für die Steiermark und Graz schwerer
unmittelbar dokumentieren als für andere Bundesländer.“26 Das liegt vor allem daran, dass
1930 die letzten Landtagswahlen in der Steiermark stattgefunden haben und sich auch an
den Gemeinderatswahlen vom April 1924 kein exaktes Stärkeverhältnis ablesen lässt. Man
kann aber aus der Versammlungstätigkeit und aus dem Ausbau der Organisationen der
NSDAP-Hitlerbewegung auf den Aufschwung Rückschlüsse ziehen.27
Ende 1932 bis zu ihrem Verbot am 19. Juni 1933 verschärfte sich österreichweit,
angefeuert durch die Wahlerfolge der NSDAP in Deutschland und vor allem durch die
„Machtergreifung“, die Agitationsweise der NSDAP-Hitlerbewegung, die zum einen auf
Neuwahlen pochte und zum anderen immer mehr auf die Mittel des Terrors, in Form von
Sprengstoffanschlägen und anderen Gewaltanwendungen, zu setzen begann, als schließlich
mit einem Handgranatenattentat auf eine Hilfspolizeitruppe der Höhepunkt in der noch
„legalen“ Zeit der NSDAP-Hitlerbewegung erreicht wurde.28
25 Vgl. beispielsweise StLA, ZGS K 131, Polizeidirektion Graz, Vorfallenheitsberichte, Versammlungen,
Dazu hatten die Redner jeden Monat an die Gauleitung ihre für Versammlungen freien
Tage zu melden beziehungsweise die Ortsgruppen mussten ihre Versammlungswünsche
und Tage, an denen sie eine Versammlung geplant hatten, kundtun. Aus der Häufigkeit der
Aufforderungen, sowohl an die Ortsgruppen als auch an die Redner, ihre freien Tage
beziehungsweise Tage, an denen eine Versammlung mögliche wäre, zu melden und aus
dem „Ton“ oder der Art dieser Aufforderungen kann wohl geschlossen werden, dass das
nicht immer so funktioniert hat, wie sich die Gaupropagandaleitung das vorgestellt hatte.49
Die Redner hatten die Verpflichtung bei einer Veranstaltung, auf der sie sprechen sollten,
aufzukreuzen, da „eine anberaumte Versammlung, zu der der Redner nicht erscheint [...]“
als „ein schwerer Schlag für jede Ortsgruppe“ gewertet wurde. Die Redner hatten, wenn
sie verhindert waren, selbst für einen Ersatzmann zu sorgen, der sie vertreten konnte.50
Mit der Einführung des bereits erwähnten Dienstbuches im Jahr 1932 wurde auch in
diesem Bereich eine Neuorganisation, verbunden mit einer größeren Differenzierung der
Redner, durchgeführt. Es wurden aber auch bereits bestehende Vorgehensweisen
festgeschrieben. Die Redner wurden in vier Gruppen eingeteilt. Die oberste Gruppe
bildeten nach wie vor die „Reichsredner“, die auf Vorschlag der Landesleitung vom
Reichspropagandaleiter ernannt wurden. Darunter kam die Gruppe der „Landesredner“, die
auf Vorschlag einer Gauleitung von der Landesleitung ernannt wurden und im gesamten
österreichischen Bundesgebiet für die NSDAP-Hitlerbewegung zu Versammlungen
angefordert werden konnten. Die Gruppe der „Gauredner“ änderte sich nicht, jedoch wurde
die Gruppe der „Bezirksredner“ eingeführt, die vom Gauleiter ernannt wurden und in
ihrem jeweiligen Bezirk, in dem sie zu Hause waren, Reden halten durften. Zusätzlich
wurden einige Voraussetzungen festgelegt, so sollten „Bezirksredner“ mindestens „über
zwei Themen sprechen können, und zwar unbedingt über das Programm der Partei, das er
kennen muß, und weiter über ein Thema nach freier Wahl.“51 „Gauredner“ mussten ein
weiteres freies Thema im Repertoire haben und „Landes- und Reichsredner“ sollten über
alles sprechen können. Daneben sollten die Redner über politische und wirtschaftliche
49 Steirische Gaunachrichten 1 (1931) 11, 2. So steht in dieser Ausgabe beispielsweise, „Redner die diese
Meldung wiederholt unterlassen, werden aus der Rednerliste gestrichen und dürfen außerhalb ihres Wohn-Bezirkes nicht mehr eingesetzt werden.“; Vgl. auch Steirische Gaunachrichten 1 (1931) 25, 2. „Ortsgruppen und Redner müssen zeitgerechter als bisher ihre Meldungen erstatten. […] Es wird daher nachdrücklichst ersucht, besonders dieser Weisung hinkünftig gewissenhaftest zu entsprechen.“; Ebenso Steirische Gaunachrichten 2 (1932) 24, 3., Steirische Gaunachrichten 2 (1932) 27, 4. und Steirische Gaunachrichten 2 (1932) 30, 5.
Verhältnisse in ihrer Umgebung Bescheid wissen.52 In der Steiermark gab es auch Redner,
die sich auf bestimmte Themen spezialisiert hatten. In den „Steirischen Gaunachrichten“
wurde verlautbart, dass der „Gauredner“ Fritz Lecaks befähigt wäre, über die
„Spezialthemen“ „Warum ist der Nationalsozialist Judengegner“, „Wir und die
Überstaatlichen Mächte“ sowie „N.S.D.A.P. und Rassenkunde“ zu sprechen. In einer
späteren Ausgabe der Gaunachrichten werden die „Spezialthemen“ des „Gauredners“ Dr.
Hansen genannt, unter anderem „Grundlagen des Marxismus“ und „Die n.s.-
Frauenschaft“.53
Da die Redner in der Propaganda der Formierungsphase den Kern darstellten, war es
wichtig, von diesen immer genügend zum Einsatz bereit zu haben und auch immer
„Nachwuchs“ auszubilden. Weil die Zahl der Redner nicht konstant und 1931 auch nicht zu
groß war, wurde von der Gauleitung dazu aufgefordert, an den von Zeit zu Zeit
veranstalteten Rednerkursen teilzunehmen. Diese Rednerkurse wurden in der Steiermark
zwischen 1931 und 1932 immer von einem Münchner Nationalsozialisten namens
Hermann Weiskopf (oder Weißkopf), der auch öfter als Redner54 auftrat, abgehalten.55
Nicht nur Parteimitglieder, die Redner werden wollten, sollten zu diesen Kursen kommen,
sondern auch alle anderen Parteimitglieder, da diese gleichzeitig als
Ortsgruppensprechabende, „Sprechabend mit Rednerausbildung“, genutzt werden konnten.
Die Teilnehmer sollten dabei lernen, Reden zu halten und sollten auch Probevorträge
abhalten und nebenbei auch gleich indoktriniert werden.56
Mit der Einführung des Dienstbuches sollten die Rednerkurse mit der Einrichtung von
„Rednerschulen“ auf Gau- und Bezirksebene institutionalisiert werden. Die Kurse selbst
wurden ebenfalls reglementiert und zweiteilig angelegt, nämlich in Theorie und Praxis. Der
„Schulungsleiter“, Ende 1932 nicht mehr nur Hermann Weiskopf, hatte die Teilnehmer
zuerst mit den „weltanschaulichen, staats- und wirtschaftspolitischen Grundlagen des
Nationalsozialismus vertraut [zu machen]“ und nebenbei über Redetechniken zu
52 Dienstbuch der NSDAP, 184. (Wie Anm. 23). 53 Steirische Gaunachrichten 2 (1932) 27, 5. / Steirische Gaunachrichten 2 (1932) 30, 6. 54 StLA, ZGS K 132, Poldion. Graz, Frührapporte Dezember 1931. Hermann Weiskopf hielt mehrere
„Frauenvorträge“ ab und sprach auch in einigen Versammlungen. 55 Steirische Gaunachrichten 1 (1931) 33, 3. / Steirische Gaunachrichten 1 (1931) 36, 3. / Steirische
Gaunachrichten 1 (1931) 42, 2. / Steirische Gaunachrichten 2 (1932) 27, 5. / StLA, ZGS K 132, Poldion. Graz, Frührapport 2.12.1931. „Rednerkurs der Nationalsozialisten“, Frührapport 11.12.1931. „Nationalsozialisten- Übungsabend der Rednerschule“, Frührapport 15.12.1931., Frührapport 22.12.1931. und Frührapport 29.12.1931. (Die Polizei wechselt in ihren Berichten zwischen den Begriffen „Rednerkurs“ und „Schulungs-“ oder „Übungsabend“. Das könnte auf den unterschiedlichen Charakter der Kurseinheiten schließen lassen, also zuerst Theorie, dann Praxis in den „Übungsabenden“. Es könnte aber auch nur eine zufällige Variation der Begriffe sein.)
Gaunachrichten 2 (1932) 38, 9. 60 Dienstbuch der NSDAP, 187. (Wie Anm. 23). / Rednerbriefe der Landesleitung Österreich, N.S.D.A.P.
Hitlerbewegung (1932) 1, 1. / Zum Material mehr im Unterkapitel über die Themen der Propaganda. 61 Steirische Gaunachrichten 1 (1931) 2, 4. / Steirische Gaunachrichten 1 (1931) 9, 2. / Steirische
Gaunachrichten 1 (1931) /
20
Honorare gewesen oder haben die Redner an die Gau- oder Bezirksleitung verwiesen.62 Im
Oktober 1932 wurde die Regelung durch die Umsetzung der entsprechenden Weisungen
des Dienstbuchs noch gestrafft und den Rednern nur noch „Anspruch auf den Ersatz der
tatsächlichen Auslagen und eines geringen Zuschlages zur Beschaffung von
Rednermaterial, Zeitungen u.a.“ zugestanden. Zudem wurde festgelegt, wer die Redner zu
bezahlen hätte, nämlich die Dienststelle, die den Redner angefordert hatte.63
Finanziell konnten sich die Redner also kaum einen Vorteil erwarten, zudem konnten sie
bei einer halbwegs realistischen Sicht der Lage nicht wirklich damit rechnen, von einer
baldigen Machtübernahme der Nationalsozialisten in Österreich profitieren zu können.
Ergo kann man wohl annehmen, dass diese von einem gewissen Fanatismus geprägt waren,
da sie bereit waren, ihre Freizeit und ihren Einsatz ohne persönlichen Gewinn zu opfern.
Gaunachrichten 1 (1931) 42, 2. / Steirische Gaunachrichten 2 (1932) 27, 6. Hier wurde den säumigen Ortsgruppen sogar gedroht, in Zukunft keine Redner zugewiesen zu bekommen.
Während der illegalen Phase übernahm er die Kreisleitung von Leoben/Hochschwab und
war auch kurz mit der Geschäftsführung der Gauleitung Steiermark beauftragt. Durch seine
illegale Tätigkeit wurde er immer wieder als Lehrer suspendiert und im November 1937
schließlich wegen Hochverrats angeklagt. Im Februar 1938 wurde er allerdings wieder
amnestiert.
Nach dem Anschluss Österreichs bekam Christandl zuerst die Stelle eines provisorischen
Bezirkshauptmannes von Leoben. Im März und April 1938 trat er als stellvertretender
Gauleiter in der Steiermark auf. Ab 1938 war er auch Bezirksschulinspektor von Leoben
und ab Juni desselben Jahres Kreisleiter ebendort.
Von 1938 bis 1945 saß Christandl zudem als Mitglied des Reichstags im Reichstag.
Zum Kriegsdienst abkommandiert, wurde er 1942 an der finnisch-russischen Front schwer
verwundet.
Er starb vermutlich am 21.6.1946.67
Gustav Fischer68
Gustav Fischer wurde am 28.12.1898 in Vordernberg in der Steiermark geboren. Seine
schulische Ausbildung erhielt er nach der Volksschule in der Handelsakademie. Fischer
arbeitete als Rechnungsoberrevident der Stadtgemeinde Graz. Laut eigenen Angaben war
Fischer seit 1919 bei der österreichischen NSDAP Mitglied. 1927 trat er der NSDAP-
Hitlerbewegung bei. Seine Mitgliedsnummer war 81.153. Weiters gehörte er der SA von
1922 bis 1925 an.69
Schon bald nach seinem Eintritt in die NSDAP-Hitlerbewegung dürfte er recht aktiv
gewesen sein. 1931 wird Fischer zum Gauredner in der Steiermark ernannt. Allein im März
1931 war Fischer zu insgesamt zehn Rednereinsätzen in der gesamten Steiermark
eingeteilt.70 Spätestens ab Mai 1932 war Fischer Leiter der Abteilung Kommunalpolitik in
66 StLA, LGS Graz Vr-554/1946. / Steirische Gaunachrichten 2 (1932) ?,?. / Joachim Lilla (Hg.), Statisten in
Uniform. Die Mitglieder des Reichstags 1933-1945. Ein biographisches Handbuch. Unter Einbeziehung der völkischen und nationalsozialistischen Reichstagsabgeordneten ab Mai 1924, Düsseldorf 2004, 79. / StLA, LGS Leoben Vr-227/1938.
Graz Vr-554/1946. (Wie Anm. 66). / StLA, LGS Graz Vr-1152/1955. (Wie Anm. 69). 73 StLA, LGS, Graz Vr-1152/1955. (Wie Anm. 69). („Auszug aus den Offizierakten, welche sich in
Verwahrung der FSS 263 befinden.“) / Organisations u. Geschäftsverteilungsplan der Gauleitung, o.S. 74 § 11. VerbotsG (1) Ist eine der im § 10, Abs. (1), genannten Personen politischer Leiter vom
Ortsgruppenleiter oder Gleichgestellten aufwärts gewesen oder hat sie einem der Wehrverbände oder einer anderen Gliederung mit dem Rang vom Untersturmführer oder Gleichgestellten aufwärts angehört oder ist sie Blutordensträger oder Träger einer sonstigen Parteiauszeichnung gewesen oder hat sie in Verbindung mit ihrer Betätigung für die NSDAP, für einen ihrer Wehrverbände oder für den NS-Soldatenring oder den NS-Offiziersbund Handlungen aus besonders verwerflicher Gesinnung, besonders schimpfliche Handlungen oder Handlungen, die den Gesetzen der Menschlichkeit gröblich widersprechen, begangen, so wird sie mit Freiheitsstrafe von 10 bis zu 20 Jahren bestraft, wenn die Tat nicht nach einer anderen Bestimmung strenger strafbar ist. StGBl. Nr. 13/1945.
75 StLA, LGS Graz Vr-1152/1955. (Wie Anm. 69).
24
Hans Grasser
Hans Grasser war um 1931 Fahrdienstleister in Trofaiach und ab 1931 als Gauredner der
NSDAP-Hitlerbewegung tätig. Im Februar 1933 wurde er zum Landesredner ernannt. Die
„Steirischen Gaunachrichten“ führen Grasser am zweithäufigsten als Redner an.76
Anton Gruber
Anton Gruber war seit 1931 bis vermutlich 1933 Reichsredner der NSDAP-
Hitlerbewegung. Ab September 1932 wurde er zudem als Landesredner geführt. Außerdem
saß er für die NSDAP-Hitlerbewegung im Gemeinderat von Mürzzuschlag.77
Ludwig Kaltenbeck
Der Grazer Bahnbeamte Ludwig Kaltenbeck, der ab August 1931 Gauredner war, wurde
gemäß den „Steirischen Gaunachrichten“ am drittöftesten als Redner eingesetzt.
Kaltenbeck war zudem Gauwerbeleiter der NS-Bauernschaft.
Bis Jänner 1931 übte er die Funktion des Schriftführers in der Ortsgruppe Graz aus und ab
Oktober 1932 war er auch Landesredner. 78
Nach dem Anschluss wurde Kaltenbeck Hauptstellenleiter im Gauamt für Beamte und
erhielt die silberne Dienstauszeichnung der NSDAP. Seit 1940 war er auch Träger des
goldenen Ehrenzeichens der NSDAP, Reichsbahnoberinspektor sowie wiederum
Frührapport 24.1.1928. 105 Aus den Frührapporten geht nicht hervor, ob es sich dabei nur um Grazer Nationalsozialisten gehandelt
hatte oder ob bei diesen Feiern auch Gäste aus anderen Kreisen anwesend waren. 106 StLA, ZGS K 128, Poldion. Graz, Frührapporte Februar, März, April, August und Dezember 1928.
33
propagandistische Bedeutung für die NSDAP-Hitlerbewegung Rückschlüsse ziehen
lässt.107
Die nationalsozialistischen Versammlungen im April wurden durchwegs als
Wählerversammlungen deklariert, auch weil sie dann nicht unter die Anmeldungspflicht
des Versammlungsgesetztes fielen.108 Zudem nutzten die Nationalsozialisten in der
Vorwahlzeit auch die „Publicity“, die sie beim „Stören“ von Versammlungen anderer
Parteien erhielten. In dieser Zeit wurden von der Polizei auch weit höhere
Teilnehmerzahlen als davor registriert. So soll eine am 11.4.1929 stattgefundene
Wahlversammlung der NSDAP-Hitlerbewegung von ca. 500 Personen besucht worden
sein. Insgesamt hielten die Nationalsozialisten bis zum 21. April, dem Wahltag, zehn
Veranstaltungen ab.109
Nach der Wahl fiel die Zahl der Versammlungen wieder auf den zu Beginn der
Formierungsphase vor 1931 üblichen Stand.110 Jedoch kann man im Laufe des Jahres 1931,
vor allem bis zum Jahresende, einen Anstieg der Versammlungstätigkeit der NSDAP-
Hitlerbewegung beobachten, ebenso dass die NSDAP-Hitlerbewegung immer mehr in den
Fokus der Polizeiberichte rückt und den nationalsozialistischen Veranstaltungen mehr
Raum in den Rapporten gewidmet wird, was wohl auch auf einen sich abzeichnenden
Bedeutungszuwachs der Partei schließen lassen könnte. Einer völlig bedeutungslosen
Randgruppenerscheinung würde in den Polizeiberichten wohl kaum so viel Beachtung
geschenkt werden, wie man ja an den Berichten von 1928 und auch noch 1929 sehen kann,
als die NSDAP-Hitlerbewegung tatsächlich eine marginale Gruppe darstellt hat.111
Spätestens ab 1931 können aber der Aufschwung der NSDAP-Hitlerbewegung und das
stetige Ansteigen ihrer Versammlungstätigkeit und anderer Formen des öffentlichen
Auftretens, seien es Aufmärsche oder Gewaltakte, nicht mehr übersehen werden.112
Wie sah nun eine Versammlung der NSDAP-Hitlerbewegung aus? Prinzipiell ist die
31.10.1929, Frührapporte Jänner und April 1929. 108 RGBl 135, Gesetz über das Versammlungsrecht von 1867, §4 Versammlungen der Wähler zu
Wahlbesprechungen, dann zu Besprechungen mit gewählten Abgeordneten sind von diesen Bestimmungen ausgenommen, wenn sie zur Zeit der ausgeschriebenen Wahlen und nicht unter freien Himmel vorgenommen werden.
109 StLA, ZGS K 129, Poldion. Graz, Frührapport 12.4.1929 / StLA, ZGS K 129, Poldion. Graz, Frührapporte April 1929.
110 StLA, ZGS K 129, Poldion. Graz, Frührapporte Mai und August / StLA, ZGS K 130, Polizeidirektion Graz, Vorfallsberichte, Versammlungen, Veranstaltungen 1.11.1929-31.8.1930, Frührapporte November.
111 StLA, ZGS K 130, Poldion. Graz, Frührapporte Jänner, April, Mai, Juni und August 1930 / StLA, ZGS K 131, Polizeidirektion Graz, Vorfallsberichte, Versammlungen, Veranstaltungen 1.9.1930-31.5.1931, Frührapporte September und Dezember 1930.
112 Vgl. StLA, ZGS K 131-133, Poldion. Graz, Frührapporte 1931-1933.
34
Beobachtung dabei nicht nur auf die Versammlung selbst reduzierbar, da man auch den
Vorlauf und die Nachnutzung der Veranstaltung betrachten muss, um ein Gesamtbild zu
bekommen.
Im Vorfeld der tatsächlichen Versammlung stand also die Organisation einer solchen. Wie
vieles andere auch waren die Bestimmungen in der Formierungsphase dazu anfangs eher
locker und wurden im Laufe der Zeit strenger gestaltet und vermehrt.
Die Redner hatten der Gauleitung Tage zu nennen, an denen sie für Versammlungen zur
Verfügung standen und Ortsgruppen sollten melden, wann sie Redner benötigten, damit
eine Zuteilung durch die Gauleitung erfolgen konnte.113 Daneben bestand in der
Anfangszeit die Möglichkeit, dass eine Ortsgruppe einen Redner direkt kontaktierte. Auch
die Bezirksleitung konnte Redner vermitteln und selbst Versammlungen veranstalten,
jedoch musste das natürlich ebenfalls der Gaupropagandaleitung mitgeteilt werden.114
Um die Versammlungstätigkeit auf einem höheren Level zu halten, wurde den Ortsgruppen
angeordnet, zumindest eine Versammlung im Monat abzuhalten, des Weiteren lag es in der
Verantwortung der Ortsgruppen, in Nachbarorten, in denen die NSDAP-Hitlerbewegung
noch nicht Fuß gefasst hatte, ebenfalls Versammlungen abzuhalten.115 Die Häufigkeit der
Ermahnungen, sowohl an die Redner als auch an die Ortsgruppen, Versammlungstermine
zu nennen und das auch fristgerecht zu tun, lässt wohl auch hier auf „disziplinarische“
Schwierigkeiten und Probleme in der Durchsetzung der Weisungen der Gauleitung
schließen, denn wenn alles „rund gelaufen“ wäre, hätte sich diese die ständigen
Ermahnungen wohl sparen können.116
Nach der Zuteilung eines Redners an eine Ortsgruppe mussten beide brieflich davon in
Kenntnis gesetzt werden.117 Dann musste die Ortsgruppe mit der Bewerbung der
Veranstaltung beginnen und ein Versammlungslokal organisieren. Ein äußerst wichtiger
Punkt war auch die Anmeldung der Versammlung bei der jeweiligen
Bezirkshauptmannschaft, mit der schon erwähnten Ausnahme der Wahlversammlungen,
Gaunachrichten 1 (1931) 25, 2. / Steirische Gaunachrichten 1 (1931) 25, 2. / Steirische Gaunachrichten 1 (1931) 30, 3. „Wir verlangen von allen Mitgliedern Disziplin, ganz besonders aber von denen, die in der Öffentlichkeit die Führer der Bewegung, oder deren Vorkämpfer darstellen. Eine ordentliche Rednereinteilung ist aber unmöglich gemacht, wenn die Meldungen so wie bisher garnicht oder verspätet einlangen.“ / Steirische Gaunachrichten 1 (1931) 32, 3. „Die Versammlungsanforderungen sind noch immer nicht in Ordnung! […] Der Gau muss auf wirkliche Pflichterfüllung dringen.“
117 Steirische Gaunachrichten 1 (1931) 4, 3.
35
waren Versammlungen gemäß dem Versammlungsgesetz von 1867 anmeldepflichtig.118
Die Bewerbung einer Versammlung konnte in vielfältiger Weise geschehen, eine öfter
angewandte Praxis war, in den Tagen vor der Versammlung Plakate herumtragen zu lassen
und natürlich wurden auch Flugzettel sowohl auf der Straße als auch in Wohnhäusern
verteilt, was zur „Pflicht“ jedes Parteimitglieds erklärt wurde, und Plakate in Schaukästen
aufgehängt.119 Eine andere Methode, Versammlungen anzukündigen war, mit Lastwägen,
die mit uniformierten Nationalsozialisten – meist SA-Leuten – bemannt waren, durch die
Gegend zu fahren, was vermutlich größere Aufmerksamkeit erreichte, jedoch nicht allzu
häufig aufgrund der höheren Kosten durchgeführt werden konnte.120 Auch in diesen
Punkten bestand für die Gaupropagandaleitung offenbar Grund zur Klage, da es bisweilen
vorgekommen zu sein scheint, dass die „Vorbereitung ungenügend war“ und die
Ortsgruppen ihre „Pflicht, jede Versammlung so vorzubereiten, dass ein Erfolg
gewährleistet ist“, vernachlässigt haben.121 Die Veranstalter hatten gemäß der Anordnung
der Gaupropagandaleitung auch dafür zu sorgen, dass die SA als Versammlungsschutz
vorhanden und auch „richtig“ platziert war.122
Die Versammlung selbst hatte nach bestimmten Grundregeln zu verlaufen. Die Aufgabe
des Vorsitzenden, in den meisten Fällen der Ortsgruppenleiter selbst, war es, die
Versammlung zu eröffnen, Ruhestörer zu ermahnen beziehungsweise die SA aufzufordern,
„Störer“ hinauszuschmeißen und schließlich die Versammlung zu beenden. Mehrfach
118 RGBl 135, Gesetz über das Versammlungsrecht von 1867, §2 Wer eine Volksversammlung oder
überhaupt eine allgemein zugängliche Versammlung ohne Beschränkung auf geladene Gäste veranstalten will, muß dies wenigstens drei Tage vor der beabsichtigten Abhaltung unter Angabe des Zweckes, des Ortes und der Zeit der Behörde (§16) schriftlich anzuzeigen. / Steirische Gaunachrichten 1 (1931) 30, 3.
119 StLA, ZGS K 131, Poldion. Graz, Frührapport 22.9.1930. „11 bis 13 Uhr und 16 Uhr 30' bis 18 Uhr 30' Herumtragen von Plakaten für die morgen in den Sternsälen stattfindende nationalsoz. Versammlung.“ und Frührapport, 23.9.1930. „11 bis 13 Uhr und 16 Uhr 30' bis 18 Uhr 30' Herumtragen von Plakaten für die heute um 20 Uhr in den Sternsälen stattfindende nat. soz. Versammlung.“ / Steirische Gaunachrichten 1 (1931) 33, 2.
120 Vgl. StLA, ZGS K 130, Poldion. Graz, Frührapport 9.4.1930. „17 bis 18 Uhr Propagandafahrt mittels eines Lastenautos der nat. soz. deutschen Arbeiterpartei – Hitlerbewegung – für die heute um 20 Uhr beim Sandwirt stattfindende Nationalsozialisten-Versammlung […]. Das Lastenauto wird mit ca 40 Mann der nat. soz. Sturmabteilung in Uniform bemannt und nimmt folgenden Weg: Von der Schillerstraße über die Leonhardstraße, Glacisstraße, Franz Graf-Allee, Opernring, Bismarkplatz, Griesplatz, Rösselmühlgasse, Elisabethinergasse, Volksgartenstraße, Lendplatz, Keplerstraße, Mariengasse, Idlhofgasse, Prankergasse, Elisabethinergasse, Schulgasse, Tegetthofstraße, Grieskai, Radetzkystraße, Jakominiplatz, Gleisdorfergasse, zum Kaiser-Josefplatz wo das Auto abgerüstet wird.“ Vgl. jedoch StLA, ZGS K 130, Poldion. Graz, Frührapport, Abteilung I, am 10. April 1930. „Auch die Propagandafahrt – Lastenauto mit 28 Mann der Sturmabteilung in Uniform […].“
121 Steirische Gaunachrichten 1 (1931) 42, 2. / Steirische Gaunachrichten 1 (1931) 55, 2. / StLA, ZGS K 132, Polizeidirektion Graz, Vorfallsberichte, Versammlungen, Veranstaltungen 1.6.1931-31.5.1932, Frührapport 1.4.1932. „Der Referent beklagte sich zum Schluße über die Propagandatätigkeit für die Versammlung und sagte, es seien nur Mitglieder der nationalsozialistischen Partei erschienen und er hofft in Zukunft, daß die Parteimitglieder demnächst zumindest Gäste mitbringen werden.“
122 Steirische Gaunachrichten 1 (1931) 46, 2.
36
wurde von der Gaupropagandaleitung darauf hingewiesen, dass Vorsitzende keine Reden
oder sonstige Ausführungen von sich geben sollten. Nach der Eröffnung sollte der Redner
sprechen. Danach wurde häufig „Wechselrednern“, also Rednern anderer Parteien, die
Möglichkeit gegeben, sich zu Wort zu melden. Mitgliedern der NSDAP-Hitlerbewegung
hingegen war es ausdrücklich verboten, sich zur „Wechselrede“ zu melden, sich in
irgendeiner Weise daran zu beteiligen oder gar Beschwerden, geschweige denn Kritik
anzubringen. Gegenredner durften auch nicht durch Zwischenrufe gestört werden.123
Manchmal kam es zu Unruhen und Tumulten in den Versammlungen, meist gezielt von
Gegnern eingesetzt, um eine Versammlung zu „sprengen“, eine Methode, die die
Nationalsozialisten genauso anzuwenden versuchten. Dazu waren die SA und die SS als
„Saalschutz“ bei Versammlungen nahezu immer, meist uniformiert, anwesend. Die übrigen
Parteimitglieder sollten die Tumulte nicht unnötig vergrößern und sich ruhig verhalten, sie
Gaunachrichten 1 (1931) 21, 3. „Beschwerden über Einrichtungen der Partei, der Propaganda, über Formationen etz. sind lediglich an die zuständigen Stellen, möglichst schriftlich zu richten und weder an Sprechabenden noch sonst wo zu diskutieren.“ / Steirische Gaunachrichten 1 (1931) 33, 1f. / Steirische Gaunachrichten 1 (1931) 55, 2.
124 StLA, ZGS K 129, Poldion. Graz, Frührapport 6.4.1929. „Die Nationalsozialisten hatten die Absicht die Versammlung [des Wirtschaftsbundes] zu sprengen, wurden aber schließlich polizeilich aufgefordert das Versammlungslokal zu verlassen [...]“ / StLA, ZGS K 130, Poldion. Graz, Frührapport 10.4.1930. „Als Saalschutz wurden 72 Mann der nat. soz. Sturmabteilung in Uniform aufgeboten.“ Das auch deshalb weil von kommunistischer Seite Störungen angekündigt waren, immerhin sprach der ehemalige Kommunist Stefan Ehn aus Steyr über „Marxistischen Arbeiterbetrug“. / Steirische Gaunachrichten 1 (1931) 33, 1.
Gaunachrichten 2 (1932) 24, 2. / Steirische Gaunachrichten 2 (1932) 29, 1f. Wieder einmal kann man beobachten, dass eine einmalige Kundmachung der Regelungen offenbar nicht genügte. / Siehe X. Anhang, 1. Abbildungen, Abbildung 15.
134 Steirische Gaunachrichten 2 (1932) 30, 6. 135 RGBl 134, Gesetz über das Vereinsrecht von 1867, §14 Jeder Verein kann seine Versammlungen
öffentlich halten. Jedoch können Personen die nicht Mitglieder des Vereins oder geladene Gäste sind, nicht an der Verhandlung teilnehmen. […]
39
gemacht, acht Tage vorher bei der Bezirkshauptmannschaft angemeldet wurden.136
Gemäß dem Dienstbuch gab es mehrere Arten von Versammlungen, für die verschiedene
Abläufe vorgesehen waren. Der „Sprechabend“ war eine Versammlung, die an Mitglieder
und der Partei nahestehende Personen gerichtet war. Bei einem Sprechabend, davon sollte
es mindestens zwei im Monat geben, konnten die Anwesenden propagandistisch und
ideologisch geschult werden und die Möglichkeit, Fragen zu stellen, war auch vorgesehen.
Die Sprechabende wurden, wie bereits erwähnt, auch zur Rednerausbildung und Werbung
für die Gliederungen der NSDAP-Hitlerbewegung, wie der SA, genutzt. Kritik und
Beschwerden waren allerdings nicht erwünscht.137 Einen ähnlichen Zweck verfolgten die
Mitgliederversammlungen, bei denen nur Mitglieder und geladene Gäste anwesend sein
durften. Diese wurden in Zeiten von Versammlungsverboten als sogenannte §2
Versammlungen als Möglichkeit, diese zu umgehen, genutzt.138
Die wichtigste Form waren jedoch die Massenversammlungen, solange diese erlaubt
waren, bei welchen ein Redner zu einer möglichst großen Menge sprechen sollte. Hier soll
nun noch einmal zusammengefasst geschildert werden, wie die optimale Versammlung
auszusehen hatte. Diese sollte durch alle propagandistischen Mittel, die zur Verfügung
standen, wie Anzeigen in Zeitungen, Plakate, Plakatträger und Flugzettel, angekündigt
werden. Sie hatte nach dem Versammlungsgesetz von 1867 angemeldet zu werden, außer
es handelte sich um Wählerversammlungen in Vorwahlzeiten. Der Veranstalter hatte
jedenfalls für ausreichend „Saalschutz“ durch die SA und SS zu sorgen. Bei allen
Versammlungen der NSDAP-Hitlerbewegung hatten Juden keinen Zutritt, was auch auf
den Plakaten und Flugzetteln kundgetan wurde.139 Der Musterablauf einer Versammlung
wurde im „Nachrichtendienst für n.s. Redner, Mappe 9“ von 1931 geschildert. Der Saal
sollte geschmückt werden, die Versammlung hatte pünktlich zu beginnen und SA- und SS-
Männer sollten aufgestellt werden. Der Vorsitzende hatte die Versammlung zu eröffnen und
Verordnung der Bundesregierung vom 13. März 1933, betreffend die Anzeigefrist für Versammlungen und die Untersagung von Vereinsversammlungen.
137 Dienstbuch der NSDAP, 190. (Wie Anm. 23). / Steirische Gaunachrichten 1 (1931) 33, 2. / Steirische Gaunachrichten 1 (1931) 21, 3. / StLA, ZGS K 131, Poldion. Graz, Frührapport 21.5.1931. Sprechabend in Graz / StLA, ZGS K 133, Poldion. Graz, Frührapport 3.11.1932. Sprechabende in Kroisbach, Wetzelsdorf und Graz sowie ein Frauensprechabend in Gösting.
138 Dienstbuch der NSDAP, 190. (Wie Anm. 23). / Vgl. StLA, ZGS K 133, Poldion. Graz, Frührapport 9.11.1932. „Gestern von 20 bis 23 Uhr hat in den Steinfeldersälen eine nationalsozialistische Vertrauensmännerversammlung der Sprengelleiter, Unterführer und Funktionäre von Graz und Umgebung stattgefunden welche von ungefähr 120 Personen besucht war. Die Versammlungsbesucher waren sämtlich in Uniform. Die Versammlung war polizeilich nicht angemeldet und es wird seitens der Nationalsozialisten behauptet, daß die Versammelten nur gegen Einladung erschienen waren und es sich somit um eine § 2 Versammlung handelt.“
139 Dienstbuch der NSDAP, 191ff. (Wie Anm. 23). / StLA, ZGS K 201, Diverse Flugblätter.
40
sich dabei kurz zu halten. …140
Die strenge Ordnung zeigt wohl auch die Bedeutung, die die Nationalsozialisten ihren
Versammlungen beigemessen haben und welch großer Wert auf perfekte Durchführung und
Inszenierung gelegt worden ist.
140 StLA, ZGS K 204, Nachrichtendienst für n.s. Redner, Mappe 9, 1931, 1f.
41
b) Beispiele von Versammlungen
Am 5. Februar 1931 wurde um 20 Uhr in den Steinfeldersälen in der Münzgrabenstraße
eine Versammlung der NSDAP-Hitlerbewegung abgehalten. An dieser Versammlung kann
anhand der polizeilichen Frührapporte sehr gut nachvollzogen werden, wie eine derartige
Versammlung tatsächlich von den Nationalsozialisten angekündigt und beworben worden
ist. Die erste von der Polizei beobachtete Werbetätigkeit begann am 29. Jänner 1931, also
sieben Tage vor der Veranstaltung, in der Weise, dass nationalsozialistische
Zeitungskolporteure Flugschriften, mit der Ankündigung der Versammlung, die in die
Zeitschrift „Der Kampfruf“ eingelegt waren, verteilten. Auf den Flugschriften stand
folgender Text: „Die Schuldenlast wird immer größer! Die alten Parteien fühlen ihr Ende
kommen und sündigen drum frisch drauf los. Das Geld wird mit vollen Händen
ausgegeben und unser Volk wird für alle Zukunft zum Zinssklaven gemacht. Der Grazer
Gemeinderat ist ein Musterbeispiel dafür. Massenversammlung in den Steinfeldersälen
(Münzgrabenstraße) am Donnerstag den 5. Feber 1931 abends 8 Uhr. Es spricht
Parteigenosse Gemeinderat Walter Oberhaidacher. Verleger: Nationalsozialistische
deutsche Arbeiterpartei Hitlerbewegung. Für den Inhalt verantwortlich: Walter
Oberhaidacher, beide Graz, Radetzkystraße Nr. 9, Druck Kunath Graz.“141 In den
"Steirischen Gaunachrichten" vom 29. Jänner wurde die Versammlung dagegen nur
lapidar, mit „Donnerstag 5. Feb. Graz Oberhaidacher“, im Versammlungskalender für die
erste Februarhälfte angekündigt.142
Weitere Werbemaßnahmen erfolgten ab dem ersten Februar. Dabei wurden von
Plakatträgern am Vormittag Ankündigungsplakate herumgetragen, ebenso am vierten
Februar und am fünften Februar, dem Tag der Veranstaltung. An diesen Tagen spazierten
Plakatträger sowohl von 10 bis 13 Uhr als auch von 16 bis 18 Uhr durch die Stadt.143
Zusätzlich wurde auch in der Tagespost eine Anzeige geschaltet, mit der die Veranstaltung
als „Massen-Versammlung“ mit dem Thema „Schuldenwirtschaft der alten Parteien –
Zusammenbruch der Süddeutschen Bank“ angekündigt wurde.144 Als weitere wohl
öffentlichkeitswirksamste Aktion trafen sich ca. 60 uniformierte Nationalsozialisten vor
ihrem Stammlokal „Zum Roten Turm“, um von dort geschlossen mit zwei großen
141 StLA, ZGS K 131, Poldion. Graz, Frührapport 30.1.1931. Die Polizei merkte dabei noch an, dass sie kein
„Pflichtexemplar“ dieser Flugschrift vorgelegt bekamen, wie es zu tun, vorgeschrieben war. 142 Steirische Gaunachrichten 1 (1931) 3, 1. 143 StLA, ZGS K 131, Poldion. Graz, Frührapport 1.2.1931, 4.2.1931 und 5.2.1931. 144 Tagespost 5.2.1932. Nr. 36, 16.
42
Hakenkreuzfahnen über die Herrengasse, den Jakominiplatz und den Dietrichsteinplatz in
die Münzgrabenstraße zu den Steinfeldersälen zu marschieren. Diese übernahmen dort den
„Saalschutz“. Die Versammlung wurde von Gustav Fischer geleitet und Walter
Oberhaidacher hielt, wie angekündigt, eine Rede vor den laut Polizei 400 anwesenden
Personen. Nach Beendigung der Versammlung marschierten die Nationalsozialisten wieder
geschlossen zurück zum Gasthaus „Zum Roten Turm“.145 Eine propagandistische
Nachnutzung der Veranstaltung durch die Parteipresse konnte im Februar 1931 mangels
einer solchen nicht gemacht werden, denn die Zeitung „Der Kampf“ erschien erst ab März
1931 und mit einer Reaktion oder Reflexion in einer anderen Zeitung, außer vielleicht
negativer Art, konnten die Nationalsozialisten kaum rechnen, denn zum Beispiel in der
„Kleinen Zeitung“ und in der „Tagespost“ waren die nationalsozialistischen
Versammlungen kein oder nur selten ein Thema.
Ein Beispiel für eine vielleicht eher weniger erfolgreiche Versammlung ist die am 5. April
1932 von der NSDAP-Hitlerbewegung um 20 Uhr im Hotel „Zum goldenen Engel“ am
Lendplatz abgehaltene Versammlung. Für diese Veranstaltung wurde nicht in der Weise
wie bei der vorher geschilderten Versammlung Werbung gemacht, zumindest sind in den
Frührapporten keine derartigen Aktivitäten verzeichnet, was vielleicht auch die geringe
Besucherzahl erklärt. Nur eine Flugschrift kündigte die Versammlung an, wobei vor allem
Jugendliche und besonders Jungsozialisten und Jungkommunisten eingeladen wurden.146
Die Versammlung war, wie gesagt, schwach besucht, die Polizei zählte nur 35 Jugendliche,
darunter den sozialistischen „Jugendführer“ Hermann Wendl und drei seiner Freunde. Den
Vorsitz führte dem Charakter einer Versammlung für Jugendliche entsprechend ein
„jugendlicher Nationalsozialist“ namens Karl Keusch und als Redner sprach der
„Jugendführer“ der Nationalsozialisten Fritz Maulaz über die Ziele der NSDAP-
Hitlerbewegung und stellte diese dem sozialistischen Programm gegenüber. Dann durften
Gegenredner sprechen, wozu sich Hermann Wendl meldete. „Wendl widerlegte147 die
Ausführungen des Maulaz und bezeichnete die nationalsozialistische Idee als eine
Hirnrissigkeit, wobei er dann auf den nationalsozialistischen Referenten, den ehemaligen
Anarchisten Auer zu sprechen kam und denselben als unzurechnungsfähig bezeichnete. Er
führte zur Begründung hiezu an, daß Auer seinerzeit von einem sozialdemokratischen
145 StLA, ZGS K 131, Poldion, Graz, Frührapport 5.2.1931 und 6.2.1931. 146 StLA, ZGS K 132, Poldion. Graz, Frührapport 5.4.1932. 147 Der Polizist, der diesen Bericht schrieb, war, seiner Wortwahl nach zu schließen, wohl nicht ganz
objektiv.
43
Parteifunktionär geklagt worden sei. Auer sei nicht verurteilt worden, weil er ein ärztliches
Zeugnis über seinen geistigen Gesundheitszustand beigebracht habe, der Verurteilung
ausschließt. Auf die Ausführungen des Wendl antwortete dann noch Maulaz.“148 Auch
wenn man zuweilen an der Objektivität dieses Berichts zweifeln kann, wird diese
Veranstaltung nicht als ein Erfolg für die NSDAP-Hitlerbewegung bezeichnet werden
können.
Das dritte Beispiel handelt von einer Veranstaltung der NSDAP-Hitlerbewegung am 2. Juni
1932 um 20 Uhr in Eggenberg bei Graz in „Badls Kasino“. Eggenberg scheint eine „rote
Bastion“ gewesen zu sein, die Nationalsozialisten hatten jedenfalls dort noch nicht wirklich
Fuß fassen können. Die Versammlung wurde von den Sozialdemokraten als Provokation
empfunden, was die Nationalsozialisten wohl durchaus beabsichtigten, weshalb die Polizei
bereits im Vorfeld, wohl auch aufgrund diverser Aufforderungen dazu von
sozialdemokratischer Seite, Ausschreitungen zwischen dem „Republikanischen
Schutzbund“ und den Nationalsozialisten befürchtete.149 Daher wurde zum Schutz der
Versammlung „die Gendarmerieschule mit 3 jungen Abteilungsinspektoren mit
aufgepflanztem Bajonett und Stahlhelm mit einer Ambulanz und Arzt“ abgestellt, die die
Straßen rund um das Versammlungslokal mit „spanischen Reitern“ absperrten.150
15 Minuten vor acht kamen die veranstaltenden Nationalsozialisten, die Gendarmerie
sprach von ca. 120 Personen, von denen 80 uniformiert waren, die den Saal „besetzten“,
woraufhin die Gendarmerie die übrigen Versammlungsbesucher einließ. Nachdem laut
Gendarmerie 250 Personen, darunter 80 Sozialdemokraten, im Saal waren, wurde nach
einer Weisung des Bezirkshauptmanns niemand mehr eingelassen. Von den Besuchern
wurde ein „Regiebeitrag“ von 30 Groschen beziehungsweise 10 Groschen von
Arbeitslosen verlangt. Die Versammlung selbst lief in geplanter Weise und mehr oder
weniger gemäß den Richtlinien ab. Als Vorsitzender fungierte Gemeinderat Walter
Oberhaidacher und die Rede hielt Hermann Michelitsch. Er sprach über das Programm der
Nationalsozialisten. Danach durften Debattenredner sprechen, die dazu jeweils 15 Minuten
Zeit hatten. Dazu meldeten sich die Sozialdemokraten August Pölzl und Gustav Hainz, die
sich über das Programm kritisch äußerten. „Nach dem die Beiden ausgesprochen hatten
148 StLA, ZGS K 132, Poldion. Graz, Frührapport 6.4.1932. 149 StLA, ZGS K 133, Poldion. Graz, Frührapport 2.6.1932. Es lag der Polizei auch die Information vor, dass
Mitglieder des „Republikanischen Schutzbundes“ planten, mit Stahlhelmen ausgerüstet vor dem Versammlungslokal Aufstellung zu nehmen und so die Nationalsozialisten gewaltsam am Eintreten zu hindern.
150 StLA, ZGS K 133, Poldion. Graz, Frührapport 3.6.1932.
44
forderten sie ihren Anhang auf, das Lokal zu verlassen wobei es auf der Stiege des
Ausganges zu einer Schlägerei zwischen Nationalsozialisten und den abziehenden
Sozialdemokraten kam welche aber sofort durch Gendarmeriebeamte beigelegt wurde. […]
Nach Schluss der Versammlung um 22 Uhr haben sich die uniformierten
Nationalsozialisten und die Parteianhänger in Zivil in der bereits erwähnten Stärke in der
Schloßgasse aufgestellt und sich [sic] dann von dort unter Bedeckung der Gendarmerie in
geschlossenen Zuge über die Georgigasse, Alte Poststraße zur Maut Eggenberg
abmarschiert.“151
Während die Versammlung abgehalten wurde, standen vor dem Lokal immer noch
zahlreiche antinationalsozialistische Demonstranten, die Gendarmerie sprach von 400 bis
500 Leuten, unter die rund 20 Nationalsozialisten aus Leibnitz geraten waren, die von der
Menge gegen die Spanischen Reiter und somit in die vorderen Reihen der Demonstration
gedrängt wurden. Das bekam aber gerade diesen nicht gut, da die Gendarmerie um 20 Uhr
40 beschloss, die Demonstration mittels „Bajonettangriffs“ aufzulösen. Bei dieser Aktion
wurden „6 Nationalsozialisten in Uniform und 2 Nationalsozialisten aus Graz durch
Bajonettstiche mehr oder minder schwer verletzt.“152 Genau dieses Ereignis machte aber
diese Versammlung, die in ihrem Programm und ihrer Abhaltung keinerlei Besonderheiten
aufwies, für die Nationalsozialisten besonders propagandistisch verwertbar. Zum einen
schien dies für den inneren Zusammenhalt und ideologisch förderlich zu sein153, das zeigte
sich wohl auch darin, dass noch am selben Abend von einer anderen Versammlung in Graz
die Nationalsozialisten, als diese von den Verletzten in Eggenberg hörten, geschlossen
dorthin marschieren wollten.154 Zum anderen kann man die propagandistische
Nachnutzung sowohl in der Zeitung „Der Kampf“ als auch in den folgenden
Veranstaltungen der NSDAP-Hitlerbewegung nachvollziehen, denn das wohl etwas
exzessive Vorgehen der Gendarmerie spielte der nationalsozialistischen Propaganda in die
Hände. So wurde bereits am 4. Juni in einer Versammlung der NSDAP-Hitlerbewegung
beim „Sandwirt“ in der Griesgasse dieses Thema aufgegriffen, wobei Hermann
Michelitsch in seiner Rede über „das Verhalten des sozialdemokratischen
Landtagsabgeordneten Rosenwirth anläßlich der letzten Vorfälle bei einer
Nationalsozialistenversammlung in Badls Kasino in Eggenberg, weil derselbe sich feige
151 StLA, ZGS K 133, Poldion. Graz, Frührapport 3.6.1932. 152 StLA, ZGS K 133, Poldion. Graz, Frührapport 3.6.1932. 153 Vgl. Horst Wessel oder die propagandistische Verwertung von verletzten SA-Leuten durch Goebbels nach
Saalschlachten in Berlin, „der unbekannte SA-Mann“. 154 StLA, ZGS K 133, Poldion. Graz, Frührapport 3.6.1932.
45
von einer geistigen Auseinandersetzung in dieser Versammlung gedrückt habe und hernach
die marxistischen Versammlungsbesucher bezw. Parteigenossen außerhalb des
Versammlungslokales gegen die Nationalsozialisten aufgehetzt hätte“, sprach.155 Auch bei
einer nationalsozialistischen Massenprotestversammlung in der Industriehalle am 6. Juni
1932 mit dem Thema „Die marxistischen Terroraktionen in jüngster Zeit“ wurden die
Ereignisse in Eggenberg wieder „aufgewärmt“. Dabei sprach der Koburger
Nationalsozialist Dr. Faber über die Verhältnisse in Koburg und Oberhaidacher über die
„jüngsten marxistischen Überfälle“ auf Nationalsozialisten sowie über den
„Bajonettangriff“ der Gendarmerie in Eggenberg.156 Darin kann wohl auch der Versuch der
Nationalsozialisten gesehen werden, den „Bajonettangriff“ unter „marxistische Überfälle“
zu subsumieren. Wie schon erwähnt, fanden die Eggenberger Vorfälle natürlich auch in der
Zeitung „Der Kampf“ ihren Niederschlag. Unter der Überschrift „Das rote Eggenberg wird
erobert. Steinhagel und Dolche - die geistigen Waffen des roten Untermenschentums. -
Fünf schwer verletzte und viele leichter verletzte Nationalsozialisten. Gendarmerie sticht
blindlings auf unsere wehrlosen Parteigenossen ein.“, wurde die Geschichte aus
nationalsozialistischer Sicht geschildert und gegen die „marxistischen“ Demonstranten und
gegen die Gendarmerie wurden schwere Vorwürfe erhoben.157
Allerdings beschränkte sich die propagandistische Nutzung des Vorfalls auf die NSDAP-
eigenen Presseorgane.
155 StLA, ZGS K 133, Poldion. Graz, Frührapport 5.6.1932. 156 StLA, ZGS K 133, Poldion. Graz, Frührapport 6.6.1932 und 7.6.1932. / Siehe X. Anhang, 1.
Ende 1930 wurde von der steirischen NSDAP-Hitlerbewegung festgestellt, dass die Partei
entwicklungsmäßig an einem Punkt angelangt wäre, wo die Herausgabe einer eigenen
Parteizeitung sinnvoll erschien. Daher wurde mit den Planungen und der Konkretisierung
begonnen. Zuerst wurden die Ortsgruppen angewiesen, festzustellen, wie viele potenzielle
und vor allem regelmäßige Bezieher zu erwarten wären. Ebenso wurde mit der
Landesleitung in Linz abgeklärt, dass die bisherige landesweite Parteizeitung „Die
Volksstimme“ in der Steiermark nicht mehr gebraucht würde, zudem bot sie den Belangen
in der Steiermark ohnehin wenig Platz. Die Gauleitung beschloss weiters, dass eigentlich
jedes Parteimitglied in der Steiermark Bezieher zu sein hätte.158 Im Februar waren die
Pläne in der Endphase und für März wurde die Herausgabe der Zeitung „Der Kampf“
angekündigt. Die Parteimitglieder wurden aufgefordert, sowohl selbst Bezieher zu werden
als auch weitere zu werben. In der Folge sollte bis zum tatsächlichen Erscheinen des
Blattes die Werbetätigkeit der Partei ebendiese Zeitung zum Mittelpunkt haben.159 Die
Funktion der Zeitung „Der Kampf“ sollte gemäß den Vorstellungen der Gauleitung eine
Vielfache sein. Zum einen sollte es ein Symbol des „Aufschwungs der steirischen
Bewegung“ sein und ebendieser Entwicklung weiteren Vorschub leisten. Weiters sollte sie
zur Information der Parteimitglieder über ideologische und politische Themen aus
nationalsozialistischer Sicht dienen und natürlich auch über die eigene Tätigkeit berichten.
Außerdem sollte sie die Parteimitglieder, damit die „armen Kerle“ nicht durch die
Aussagen – nach NSDAP Definition „Lügen“ – anderer Parteien verwirrt würden, mit
nationalsozialistischen „Gegenmaßnahmen“ versorgen. Schließlich war es ein Organ, um
nicht-nationalsozialistische Gruppierungen zu verunglimpfen, also in der NS-Diktion zu
„bekämpfen“.160
„Der Kampf“ erschien am Samstag, dem 7. März 1931 zum ersten Mal und daraufhin
wöchentlich jeden Samstag und kostete 30 Groschen das Stück.161
In der Folge wurde die Zeitung durch „Gratisproben“, die zusammen mit den „Steirischen
Gaunachrichten“ an die Mitglieder geschickt wurden, beworben. Denn „aus 158 Steirische Gaunachrichten 1 (1931) 1, 1. / Steirische Gaunachrichten 1 (1931) 1a, 2. 159 Steirische Gaunachrichten 1 (1931) 3a, 1. / Steirische Gaunachrichten 1 (1931) 4, 2. 160 Steirische Gaunachrichten 1 (1931) 5, 1. Natürlich steht das so nicht dort, aber das „NS-Gewäsch“
bedeutet im Endeffekt ja nichts anderes. „Im Wahlkampfe fehlte uns ein Organ, mit dem wir all den vielen Angriffen unserer zahlreichen Gegner entgegentreten konnten und heute, wo unser Kampf immer intensiver wird, brauchen wir ein Kampfinstrument, um die Lügen unserer Gegner zu entkräften und unseren Feinden an den Leib rücken zu können.“
161 Der Kampf, 1 (1931) 1, 1.
47
propagandistischen u. organisatorischen Gründen müssen auch die Belange unsereren-eren
[sic] Heimat Steiermark vor der breiten Öffentlichkeit behandelt werden. Das kann aber
kein anderes Blatt, sondern nur ein eigenes!“162 Das schien den „Parteigenossen“ aber
nicht auf Anhieb einzuleuchten, denn es brauchte, wie bei so vielen anderen Weisungen
auch, wieder etliche Aufforderungen der Gauleitung.163 Die „Pgg.“ hatten, wie es scheint,
entweder eine lange Leitung oder waren knauserig. Trotzdem wurde bis September 1931
die Auflage soweit gesteigert, dass der Einsatz des Rotationsdruckverfahrens beschlossen
wurde. Das bedingte jedoch, dass die Werbung der festen Bezieher weiter erhöht werden
und auch der Straßenverkauf intensiviert werden musste, damit die Kosten des Druckes
hereingebracht werden konnten. Daher wurden die Parteidienststellen und die Mitglieder
aufgefordert, das Blatt noch emsiger zu verbreiten und auch Gastwirte dazu zu drängen,
dass die Zeitung in ihren Gastwirtschaften und Kaffees auflag. Aber vor allem die
Mitglieder wurden zum wiederholten Mal ermahnt, Abonnenten zu werden.164
Der Aufbau der Zeitung folgte, abgesehen davon, dass das Layout eher eigenwillig und
unübersichtlich gestaltet war und man bisweilen die Fortsetzung eines Artikels erst suchen
musste, einem sich wenig ändernden Konzept. Die ersten Seiten waren diversen
tagespolitischen Themen aus der Sicht der NSDAP-Hitlerbewegung gewidmet, des
Weiteren wurde auf den ersten Seiten Stimmung gegen politische sowie auch nicht
politische Einzelpersonen und Gruppen gemacht, die aus verschiedenen Gründen der
NSDAP-Hitlerbewegung ein Dorn im Auge waren. Der restliche Teil des Blattes war
hauptsächlich den Tätigkeiten und „Errungenschaften“ der Nationalsozialisten gewidmet.
Jede Woche wurde zudem eine Seite einer der Gliederungen der NSDAP-Hitlerbewegung
reserviert, auf der diese ihre Tätigkeiten und speziell diese Gruppe betreffende Nachrichten
den Lesern näher brachten. So konnte man auf dieser Seite einmal im Monat von der
„Steirischen SA im Kampf“, einmal von der „Hitler-Jugend im Kampf“, einmal von
„Jugendbildung im Deutschen Staat“ und einmal vom „Kampf um die Hochschulen“
lesen.165
„Der Kampf“ wurde aber auch zur Berichterstattung über abgehaltene Versammlungen der
NSDAP-Hitlerbewegung in der Steiermark genutzt. Daher wurden von der Gauleitung die
Versammlungsberichte von Rednern und Ortsgruppen verlangt, denn diese bildeten die
Gaunachrichten 1 (1931) 11, 3. „Die Werbung muß intensiver als bisher betrieben werden! In erster Linie ist zu trachten, daß möglichst viele Einzelbezieher geworben werden.“
164 Steirische Gaunachrichten 1 (1931) 37, 3. 165 Der Kampf 1 (1932) 1. / Der Kampf 1 (1931) 4, 6.
48
Grundlage für diese Berichte. Diese Versammlungsberichte sollten zwecks leichterer
Weiterverwendung für den „Kampf“ bereits in „druckreifer“ Form und vor allem gut
leserlich, rechtzeitig eingesandt werden. Außerdem sollten sie kurz und prägnant sein.
Gedichte waren nicht erwünscht, worauf in einer äußerst harschen Weise hingewiesen
wurde.166
Außerdem wurden im „Kampf“ die Ankündigung von nationalsozialistischen
Versammlungen abgedruckt, das geschah sowohl mit klassischen inseratartigen Anzeigen
als auch mit dem wöchentlichen Versammlungs- und Veranstaltungskalender. Schließlich
gab es, wie in einer „normalen“ Zeitung auch, einen Inseraten-Teil, jedoch wurden
ausschließlich Inserate von „arischen“ und nationalsozialistisch gesonnenen Anbietern
gedruckt.167
„Der Kampf“ war zwar an sich schon ein Mittel der Propaganda, aber zuweilen wurde die
Zeitung zu besonderen propagandistischen Maßnahmen genutzt. So wurden besondere
Ausgaben zur „Lügenabwehr“, zur „Widerlegung gegnerischer Lügen“ in größerer Auflage
als üblich gedruckt, von der ein Teil den Ortsgruppen kostenlos zur Verfügung gestellt
wurde.168
In Zeiten von Versammlungsverboten wurde versucht, die „Ausfälle“ durch vermehrte
Werbung und stärkeren Einsatz der Zeitung zu kompensieren. Auch der Versand von
„Werbenummern“ an die Ortsgruppen, die diese durch „Werbetrupps“ zu verteilen hatten,
war eine dieser Methoden.169
Die Zeitung „Der Kampf“ der steirischen NSDAP-Hitlerbewegung bestand legal bis zum
Verbot der Partei am 19. Juni 1933. Danach wurden immer wieder illegale Ausgaben des
Blattes in Flugblattform in Umlauf gebracht.
Um die Bekanntheit ihrer Zeitung zu erhöhen, setzten die Nationalsozialisten auf
verschiedene Methoden, hauptsächlich aber auf wiederholte Aufforderungen an die
Parteimitglieder, für das Parteiblatt zu werben. Derartige Weisungen wurden sowohl in den
„Steirischen Gaunachrichten“ als auch im „Kampf“ selbst gedruckt.170 Daneben wurden
9, 7. / Steirische Gaunachrichten 3 (1933) 10, 6. „Nicht Dichten! Alle Pgg., die es nicht sehr gut können, werden gebeten dem „Kampf“ keine Gedichte zu liefern. Schade um Mühe, Zeit, Papier und Porto […] Solche „Gedichte“ aber, in denen sich zwar die Zeilen zur Not reimen, aber Rhythmus und Versmass alles andere denn als einwandfrei sind, lässt man besser ungedichtet, auf keinen Fall aber verlangt man ihren Abdruck!“ / Siehe X. Anhang, 1. Abbildungen, Abbildung 16.
167 Der Kampf 1 (1931) 1. 168 Steirische Gaunachrichten 2 (1932) 24, 2. 169 Steirische Gaunachrichten 2 (1932) 28, 7. / Steirische Gaunachrichten 3 (1933) 19, 9. 170 Der Kampf 1 (1931) 1, 1. „Werben Sie unermüdlich bei Freunden und Bekannten, in den Gaststätten und
Kaffeehäusern, wo Sie einzukehren pflegen. Nirgends darf „Der Kampf“ fehlen! Also werben, werben,
49
auch Ausgaben des „Kampf“ als „Werbefolgen“ unter die Bevölkerung gebracht, damit das
Blatt weiteren Kreisen als nur den Parteimitgliedern bekannt wurde.171 Schließlich wurde
auch mittels Flugblättern und Plakaten, so gab es beispielsweise Plakate mit den Worten
„Die Journaille lügt! Lies den Kampf“172, für den „Kampf“ Werbung gemacht oder aber
„Der Kampf“ wurde in den Pausen von Versammlungen verkauft.
werben!“ / Der Kampf 1 (1931) 3, 4. „Lies den „Kampf“, wirb Bezieher [...]“ / Der Kampf 1 (1931) 9, 3. „Parteigenosse! Hast du schon einen neuen Bezieher für dein Kampfblatt geworben?“ / Steirische Gaunachrichten 3 (1933) 7, 7. / Steirische Gaunachrichten 3 (1933) 9, 7.
171 Der Kampf 1 (1931) 10, 3. 172 StLB, Kapselsammlung 120, Plakate. Vgl. auch Unterkapitel d) Flugblätter und Plakate. / Siehe X.
Anhang, 1. Abbildungen, Abbildung 2.
50
d) Flugblätter und Plakate
Die Flugblatt- und Plakatpropaganda war ein weiterer Bestandteil der
nationalsozialistischen Propaganda, denn durch Flugblätter und Plakate wurden zum einen
nationalsozialistische Inhalte in kurzer und prägnanter Form in schriftlicher Weise
transportiert und zum anderem dienten diese dazu, Versammlungen und andere
Veranstaltungen der NSDAP-Hitlerbewegung anzukündigen. Der Flugblatt- und
Plakatpropaganda kam also eine eher unterstützende Rolle im Gefüge der Mittel der
nationalsozialistischen Propaganda zu. Trotzdem gab es auch für Plakate und Flugblätter
Richtlinien und Muster, an die sich die Produzenten dieser Materialien halten sollten, denn
die Einheitlichkeit der Materialen war ein Anliegen der Gauleitung.
Zu Beginn der 1930er-Jahre, in der es der steirischen NSDAP-Hitlerbewegung generell an
Geld mangelte, sah sich die Gauleitung jedoch außer Stande, den Ortsgruppen einheitliches
Werbematerial zur Verfügung zu stellen, da schlicht das Geld dazu fehlte, vor allem, da
nach dem letzten großen Wahlkampf für die Nationalratswahlen und Landtagswahlen im
November 1930 viele Ortsgruppen der Gauleitung Geld schuldeten und diese schuldete es
wiederum den Druckereien.173 Die Flugblatt- und Plakatpropaganda dürfte Anfang 1931
wohl ein wenig im Argen gelegen sein. Jedenfalls waren die Ortsgruppen bei der
Erstellung von derartigen Materialen eher auf sich allein gestellt. Von der
Gaupropagandaleitung kamen außer den beinahe obligatorischen Lamentos wegen des
fehlenden Geldes nur Anweisungen zur Anwendung, „Im Interesse guter Plakatwirkung
muss nicht nur abwechselnd mit verschiedenen Plakatmustern plakatiert werden, sondern
es muss auch dafür gesorgt werden, dass die angeschlagenen Plakate sofort nach der
angekündigten Versammlung überklebt oder entfernt werden!“174 Auch 1932 und 1933
wurden solche Anordnungen in den „Steirischen Gaunachrichten“ veröffentlicht, wie dass
alle politischen Flugblätter und Plakate vor der Drucklegung einer parteiinternen Zensur
unterworfen werden mussten, nicht auf das „Impressum“ vergessen werden durfte oder
Plakate nicht an Häuser und Türen geklebt werden durften, weil das als Sachbeschädigung
galt und daher strafbar war.175
Wenn es aus Sicht der NSDAP-Hitlerbewegung not tat, wurden aber auch als
Sofortmaßnahme Flugblätter, die eine alleinstehende Propagandakampagne darstellten,
also nicht zur bloßen Versammlungsankündigung gedacht waren, versandt, trotz der
anscheinend immer monetär prekär seienden Lage der Partei. Eine solche Situation sah die
Gauleitung im November 1931 gegeben, als sie sich bemüßigt sah, ein Flugblatt gegen die
„drohende“ Möglichkeit einer „Lösung der österr. Frage“ und die dadurch erfolgende
Unmöglichmachung eines Anschlusses an Deutschland durch Schaffung einer
„Donaukonföderation“, wohinter nicht näher bestimmte „sehr einflussreiche Kräfte“
stünden, herzustellen und in großer Zahl an alle Ortsgruppen zu schicken. Das Flugblatt,
das „systematisch in weitesten Kreisen verteilt werden [sollte]“, sollte dem Zweck einer
„Aufklärung“ der Bevölkerung dienen, um so „die Möglichkeit abzugraben, das System
und seine Drahtziehern [sic] im Trüben fischen zu lassen!“176 Weil sich die
Nationalsozialisten bei dieser Gelegenheit wohl solche Sorgen machten, ließen sie dieser
Flugblattkampagne auch Versammlungen ähnlichen Themas folgen, wie zum Beispiel eine
Anschlusskundgebung am 16. Dezember 1931 in der „geheizten“ Industriehalle. Das
Flugblatt, das diese Veranstaltung ankündigte, bezog sich wieder auf die „Bedrohung
Donaukonföderation“. So hieß es auf der Ankündigung „Schwarze und Schwarzgelbe
betreiben seit Wochen eine rege Agitation für die Errichtung einer Donaukonföderation, für
die Wiedereinsetzung der Habsburger und gegen den Anschluß an das Deutsche Reich. Die
Verwirklichung dieser Pläne würde aber den wirtschaftlichen, kulturellen und politischen
Untergang des Deutschen Volkes in Österreich bedeuten! […] Es sprechen die Vertreter
aller nationalen Verbände, die eigens hiezu eingeladen wurden.“177
Mit dem Erfolgreicherwerden der steirischen NSDAP-Hitlerbewegung wurden auch andere
Flugblattaktionen durchgeführt. So wurde nach den Gemeinderatswahlen im April 1932
ein „Werbeflugblatt“ aufgelegt, um den „Auftrieb“ der Wahlen zu nutzen. Auf der
Rückseite dieser Flugblätter waren Beitrittserklärungen zum Ausfüllen und Einsenden
vorgesehen.178
Dazu wurden auch von Zeit zu Zeit von der Gaupropagandaleitung Versammlungsplakate
für eine Vereinheitlichung der Plakatpropaganda herausgegeben. Auf diesen Plakaten
konnten die Ortsgruppen selbst das Datum und das Thema einer Veranstaltung eintragen
und hatten somit verhältnismäßig günstige und professionelle Versammlungsplakate zur 176 Steirische Gaunachrichten 1 (1931) 47, 1. 177 StLB, Kapselsammlung 120. Flugblätter. / StLA, ZGS K 131, Poldion. Graz, Frührapport 17.12.1931. Die
„Anschlußkundgebung“ wurde laut Polizei von rund 1000 Personen darunter 100 SA und SS Männern besucht. Den Vorsitz übernahm Karl Urragg als Redner fungierte Fritz Knaus. „Debattenredner: Hofrat Planner, Alldeutscher Verband, Seewann Alldeutscher Verband „Schönerer“, Kreisleiter Novak deutschen Gewerkschaftsbundes und Direktor Auswald deutscher Turnerbund. Die übrigen Organisationen hatten Zuschriften eingesandt die verlesen wurden.“ / Siehe X. Anhang, 1. Abbildungen, Abbildung 4.
178 Steirische Gaunachrichten 2 (1932) 20, 3.
52
Verfügung.179 In ähnlicher Weise wurden den Ortsgruppen auch Flugblätter zu bestimmten
Themen angeboten, wie zum Beispiel ein Flugblatt, das mit 31. Juli 1932 datiert worden
war. Dieses sollte den Wahlkampf für die vermeintlichen Neuwahlen im Herbst 1932 oder
Frühjahr 1933 einleiten. So hieß es da „Betrifft: Neuwahlen in Österreich. Freunde des
deutschen Volkes! Unsere Bewegung hat im Reiche abermals einen entscheidenden Sieg
erfochten! Nun ist die Reihe an uns Österreichern! Auch unsere Wahlen kommen! […] Für
uns beginnt heute der österreichische Wahlkampf!“ Und weil auch ein Wahlkampf für nie
stattgefundene Wahlen Geld gekostet haben dürfte, wurde auch gleich um Spenden
gebeten. „Wer hilft mit, die hiefür nötigen Mittel zu beschaffen? Großkapital, Banken und
Juden finanzieren die anderen Parteien! Wir finanzieren unseren Wahlkampf selbst!“ Auf
der Rückseite dieses Flugblattes waren auch gleich „Erklärungen“ über die
Spendenwilligkeit abgedruckt, die der Gauleitung gesendet werden konnten.180
Die meisten Flugblätter waren dennoch Einladungen zu Versammlungen der NSDAP-
Hitlerbewegung. Es gab, so wie die „Blankoplakate“, auch Flugzettel, mit denen jede
Versammlung angekündigt werden konnte, da diese unspezifisch für „die heutige
nationalsozialistische öffentliche Versammlung“ warben. Ein derartiges Flugblatt aus dem
Jahr 1931 hatte sogar eine doppelte Funktion, indem auf der einen Seite für die Zeitung
„Der Kampf“ geworben wurde und auf der anderen Seite für eine beliebige
Versammlung.181
Es gab gedruckte und hektographierte Flugzettel, was wohl mit den jeweiligen finanziellen
Mitteln zusammengehangen haben konnte. Gemein war den meisten Flugzetteln, dass sie
immer einen bestimmten Adressatenkreis hatten, wie zum Beispiel „Deutsche Grazer“,
„Deutsche Volksgenossen“, „Freunde des deutschen Volkes“, „Arbeiter! Arbeitslose!
Angestellte!“, „Wähler von Waltendorf-Ruckerlberg!“182, „Kameraden an den
Mittelschulen“183, „Arbeiter! Bauern! Bürger!“ und dergleichen.184
Gaunachrichten 3 (1933) 4, 8. „Wir versenden gleichzeitig an alle Og. je ein Muster der neu Aufgelegten Versammlungsplakate […] Bestellungen sind an den Gauverlag, Graz Kroisbachgasse 6, zu richten […]“. / Siehe X. Anhang, 1. Abbildungen, Abbildung 8.
April 1932 in Eggenberg umherzogen und lautstark Wahlwerbung für sich machten.188 Die
Gaupropagandaleitung rief die Parteimitglieder sogar auf, die Sprechchoraktionen durch
neue „Dichtungen“ zu unterstützen. Diese sollten für verschiedene Anlässe gedacht sein
und ihr Inhalt sollte „wuchtig und zeitgemäß!“ sein.189
Sofern das notwendige Geld und ein Fahrzeug aufgetrieben werden konnten, wurden auch
Propagandafahrten durchgeführt.190 Eine ähnliche Form der Propaganda, jedoch mit dem
Ziel zu einer Versammlung zu gelangen, wurde ebenfalls durchgeführt. So kam es häufiger
vor, dass Gruppen von Nationalsozialisten in Uniform sich an bestimmten Punkten in Graz
sammelten, meist handelte es sich um die Parteikanzlei oder um das Stammgasthaus der
Nationalsozialisten, das Gasthaus „Zum Roten Turm“ in der Herrengasse, um dann
geschlossen zum jeweiligen Versammlungsort zu marschieren, manchmal wurde die
Reihenfolge auch umgekehrt und man verließ das Versammlungslokal geschlossen, um
danach noch durch die Stadt zu marschieren.191 Bei weiter entfernten Versammlungen
wurde zuweilen auch die Anreise mit LKWs oder mit Autos organisiert, die dann in
Kolonnen, nach militärischer Art und des Aufsehens wegen, zum Versammlungsort fahren
sollten. Dabei galt je mehr Aufmerksamkeit, desto besser, was von den Behörden aber
nicht immer genehmigt wurde.192
188 StLA, ZGS K 132, Poldion. Graz, Frührapport 17.4.1932. / StLA, ZGS K 132, Poldion. Graz, Frührapport
18.4.1932. Die Sprechchöre in Eggenberg stießen bei den Sozialdemokraten und Kommunisten auf wenig Gegenliebe, weshalb diese erwirkten, dass die Gendarmerie die Nationalsozialisten aufforderte, ihre Tätigkeit einzustellen, was diese aber nicht taten und daher beanstandet wurden. / Vgl. auch StLA, ZGS K 132, Poldion. Graz, Frührapport 20.4.1932. Hier berichtet die Polizei von 30 SA-Leuten, die eine Versammlung in St. Peter mit Sprechchören angekündigt hatten.
/ StLA, ZGS K 131, Poldion. Graz, Frührapport 14.9.1931. „[...] Propagandafahrt der nationalsozialistischen deutschen Arbeiterpartei, Hitlerbewegung durch die Leonhardtstraße, Glaciestraße, Kaiser-Josefplatz, Gaidorfplatz, Jakominiplatz, Bismarkplatz, Herrengasse, Murgasse, Annenstraße, Mariengasse, Keplerstraße, Sackstraße, Hauptplatz, Herrengasse, Bismarckplatz, Jakominiplatz, Radetzkystraße, Griesplatz, Karlauerstraße, Jakominigasse, Brockmanngasse, Mandellstraße, Glaciestraße, Schillerstraße Nr. 4. An der Propagandafahrt nehmen auf einem Auto ca 10 bis 15 uniformierte Nationalsozialisten teil […].“ / StLA ZGS K 133, Poldion. Graz, Frührapport 26.6.1932. „Heute um 8 Uhr 30 sind 58 Nationalsozialisten in Uniform (Mittel und Hochschüler) mittels eines Lastautos vom Kaiser Josef Platz zu einer Propagandafahrt in der Weststeiermark über die Radetzkystraße – Griesplatz – Triesterstraße – Puntigam abgerollt. Die Rückkehr soll um ungefähr 19 Uhr stattfinden.“
191 StLA, ZGS K 128, Poldion. Graz, Frührapport 2.4.1928. / StLA, ZGS K 130, Poldion. Graz, Frührapport 10.4.1930.
192 StLA, ZGS K 130, Poldion. Graz, Frührapport 12.1.1930. Eine Gruppe von Nationalsozialisten wollte in Uniform mit einem Lastwagen unter der Abgabe von Hornsignalen zu einer Versammlung nach Köflach fahren. Uniformen und Hornsignale wurden aber, wegen verspäteter Anmeldung nicht genehmigt. / StLA, ZGS K 130, Poldion. Graz, Frührapport / StLA, ZGS K 130, Poldion. Graz, Frührapport 12.4.1930 und 13.4.1930. Fahrt nach Gratkorn mit einem LKW. / StLA, ZGS K 130, Poldion. Graz, Frührapport 3.5.1930. Fahrt nach Leibnitz mit LKWs. / Vgl. auch Steirische Gaunachrichten 1 (1933) 33, 2. „Die Propagandaleitung wird hierfür Sorge tragen, daß alle Wagen aus der Steiermark ab Mürzzuschlag gemeinsam fahren, um so eine imposante Autokolonne auf den Weg zu bringen.“
55
Im Laufe der Formierungsphase und wohl durch die gesteigerten Mitgliedszahlen und dem
daher wohl ebenfalls gesteigerten Selbstbewusstsein wurden die Aufmärsche zu und von
den Versammlungen häufiger und von der Zahl der Teilnehmer her größer.193 Da diese
Aufmärsche in Formationen und zum Teil mit Parteifahne und Standarten häufig von den
Behörden untersagt wurden und die Nationalsozialisten dafür mehrfach beanstandet
wurden, unterließen sie diese zwar nicht, änderten aber die Art der Aufmärsche. So gingen
sie in langen Gänsemarschkolonnen durch die Stadt, was, weil es unter anderem Ärgernis
hervorrief, viel mehr Aufsehen erregen konnte als üblich.194 Die Nationalsozialisten waren
relativ einfallsreich, wenn es darum ging, trotz fehlender Genehmigung durch die Stadt zu
marschieren. In einem Frührapport der Polizeidirektion Graz wird berichtet, dass sich nach
dem Schluss einer Versammlung in der Industriehalle „sich zuerst die nichtuniformierten
Versammlungsteilnehmer zerstreut [haben] worauf dann die Uniformierten in Rudeln
durch die Jakominigasse zogen. Ein Teil löste sich schon in der Grazbachgasse, die
anderen am Jakominiplatz [auf] und der Rest fast nur S.S. Männer veranstalteten ein
Wettlaufen teils durch die Stempfergasse, teils durch die Landhausgasse um die Wache zu
foppen.“195
Die NSDAP-Hitlerbewegung wandte auch das Mittel gezielter Provokationen und
Versammlungsstörungen an, auch wenn es dazu keine offiziellen Richtlinien der
Gaupropagandaleitung gab, so muss angenommen werden, dass diese damit einverstanden
war, vor allem dann, wenn sich führende Nationalsozialisten bis hin zum Gauleiter selbst
daran beteiligten. Besonders in der Anfangszeit der Formierungsphase, in der die NSDAP-
Hitlerbewegung noch eher unbedeutend war und die eigenen Versammlungen meist doch
193 StLA, ZGS K 131, Poldion. Graz, Frührapport 5.2.1931 und 6.2.1931. / StLA, ZGS K 132, Poldion. Graz,
Frührapport 13.4.1932. Dass die Aufmärsche nicht immer nur demonstrativer Art waren, zeigt dieses Beispiel. „Nach Schluß der Versammlung verließen die als Plattenbrüder verkleideten S.S. Leute zuerst das Versammlungslokal, begaben sich stadtwärts. Worauf auch dann die übrigen Versammlungsbesucher ihnen folgten. Ein kleiner Teil der uniformierten Nationalsozialisten benützte auch die Tramway. Die verkleideten S.S. Leute begaben sich vor das sozialdemokratische Kaffeehaus „International“ zertrümmerten dort durch Steinwürfe einige Fensterscheiben und als einige Schutzbündler, die dort Bereitschaft hatten, herbeieilten, wurden sie von den Nationalsozialisten überfallen und es entstand ein Handgemenge. Im Verlaufe desselben wurden die Schutzbündler Franz Beierl […] und Eduard Bertel […] anscheinend mit Schlagringen am Kopfe ziemlich verletzt. Als Täter wurden die Nationalsozialisten Gottfried Mugrauer […] und Josef Relak […] verhaftet. […]“.
194 StLA, ZGS K 131, Poldion. Graz, Frührapport 22.4.1932. „Die S.S. Leute begaben sich dann im Gänsemarsch über die Annenstraße, Hauptplatz zur Gastwirtschaft „zum roten Turm“ in der Herrengasse. […] Da aber das Marschieren der S.S. Leute im Gänsemarsch noch aufsehenerregender wirkt, wäre die nationalsozialistische Partei anzuweisen, das Marschieren der uniformierten Nationalsozialisten überhaupt zu unterlassen. […].“ / StLA, ZGS K 131, Poldion. Graz, Frührapport 25.4.1932.
195 StLA, ZGS K 133, Poldion. Graz, Frührapport 7.6.1932. / StLA, ZGS K 133, Poldion. Graz, Frührapport 2.11.1932. „Gestern gegen 12 Uhr 30' sind 10 uniformierte Nationalsozialisten in Reih und Glied mit einer Hakenkreuzfahne über die Radetzkystraße, Radetzkybrücke gegen den Griesplatz marschiert. Dieser Marsch war polizeilich nicht angemeldet.“
56
eher schwach besucht waren, wurden Versammlungen anderer Parteien gerne als Plattform
genutzt. Dabei wurde zum einen durch Stiften von Unruhe, durch Zwischenrufe, Singen
oder sonstigen störenden Aktionen versucht, die Versammlung zu „sprengen“, zum anderen
wurde aber auch durch „Gegenreden“ versucht, die eigene Botschaft anzubringen.196
Mitglieder der NSDAP-Hitlerbewegung störten aber nicht nur Versammlungen anderer
Parteien. Missliebige Theaterstücke nahmen sie ebenfalls ins Visier. So wurde auch die
Erstaufführung der „Dreigroschenoper“ von Bert Brecht und Kurt Weill in der Grazer Oper
am 30. April 1929 durch Zwischenrufe während der Aufführung und durch
Gegenkundgebungen in den Pausen gestört. „Nach der Vorstellung versuchte eine Gruppe
von Nationalsozialisten und junge Burschen vor der Oper gegen die Juden zu
demonstrieren […].“197 Bei einer weiteren Aufführung der „Dreigroschenoper“ am 7. Mai
1929 warfen Nationalsozialisten und Hochschüler sogar Stinkbomben ins Parterre der
Oper, aber auch in den übrigen Zuschauerraum. „Die Demonstrationen dauerten bis zum
Schluß fort. Von der Polizei wurden 67 Personen, zumeist Hochschüler und einige
Nationalsozialisten, beanstandet und erst nach Schluß der Vorstellung mit Vorbehalt der
gesetzlichen Folgen entlassen. […] Nach Schluß der Vorstellung haben sich die Studenten
und Nationalsozialisten ca 500 gesammelt und zogen dann über den Ring gegen
Bismarkplatz198, wurden aber von der Wache gegen die Hamerlinggasse abgedrängt und in
der Hans Sachsgasse zerstreut.“199
Auch Gewaltakte und Sachbeschädigungen kann man wohl in dieser Schiene der
„Propaganda“ sehen. So sollen im Juni 1932 regelmäßig Schaukästen der
Sozialdemokraten durch Nationalsozialisten zerstört worden sein.200 Ein anderes Mal
196 StLA, ZGS K 129, Poldion. Graz, Frührapport 6.4.1929. Einige Nationalsozialisten, darunter der
Gauleiter Walter Oberhaidacher und Gustav Fischer, wollten eine Versammlung des Wirtschaftsbundes sprengen, wurden aber aus dem Lokal geworfen. / StLA, ZGS K 129, Poldion. Graz, Frührapport 16.4.1929. Die Nationalsozialisten, darunter wieder Oberhaidacher, störten gleich zwei Versammlungen des Nationalen Wirtschaftsblocks. / StLA, ZGS K 133, Poldion. Graz, Frührapport 19.4.1929. Wieder wurde eine Versammlung des Nationalen Wirtschaftsblocks gestört, dieses Mal, berichtet die Polizei gar von „Tumultszenen“. / StLA, ZGS K 132, Poldion. Graz, Frührapport 28.41932. Eine Gruppe nationalsozialistischer Frauen störten einen Diskussionsabend für christlichsoziale Frauen und Mädchen in Graz. „Zur Wechselrede [haben] sich dann eine Nationalsozialistin und der Nationalsozialist Herbert Psenner […] gemeldet. Psenner nahm scharf gegen die Ausführungen der Nationalrätin Kapral Stellung und bezeichnete dieselbe als Lügnerin […] Da auch die anwesenden 15 nationalsozialistischen Frauenspersonen für Psenner Partei ergriffen und das Deutschlandlied anstimmten, wurde von der Vorsitzenden der Diskussionsabend geschlossen. Um weitere Auseinandersetzungen hintanzuhalten wurden Psenner und sein Begleiter Wilhelm Gruchol sowie 15 Nationalsozialistinnen von dem dort dienstlich anwesenden Kriminalbeamten Harer hinausgewiesen.“
197 StLA, ZGS K 129, Poldion. Graz, Frührapport 1.5.1929. 198 Heute Am Eisernen Tor. 199 StLA, ZGS K 129, Poldion. Graz, Frührapport 8.5.1929. 200 StLA, ZGS K 133, Poldion. Graz, Frührapport 2.6.1932. „Gestern und heute Nacht wurden die
sozialdemokratischen Ankündigungskasten am Glockenspielplatz und in der Hamerlinggasse von
57
berichtete die Polizei von einer Schlägerei am Mehlplatz zwischen Nationalsozialisten und
Schutzbündlern, wobei drei Nationalsozialisten leicht verletzt wurden. „Die Rauferei soll
nach Wachebericht dadurch entstanden sein, daß die Schutzbündler, die sich im Gastlokale
„Strallegger“ am Mehlplatz befanden, von den Nationalsozialisten vom Platz aus
provoziert worden sein sollen.“201 Überhaupt beobachtete die Polizei in Graz im Jahr 1932
ein Ansteigen von aggressiven Handlungen der Nationalsozialisten. „Als die Abteilung
beim Gastlokale Strahlegger am Mehlplatz vorübermarschierte machte der dort bei der
Eingangstür befindliche pens. Eisenbahner Andreas Heiden […] eine abfällige Bemerkung,
worauf ein Nationalsozialist aus der Abteilung sprang und Heiden durch einen Stoss über
die drei Stufen die in das Gastlokal führten warf, so dass sich Heiden an der linken Hand
leicht verletzte. […] Solche Ueberfälle haben sich in der letzten Zeit wiederholt.“202
Die NSDAP-Hitlerbewegung hatte neben alledem aber auch weniger aggressiv ausgelegte
Propagandamethoden. Dazu gehörten diverse nationalsozialistische Feiern, wie Hitlers
Geburtstag, Feiern zum Gedenken an die „Toten der Bewegung“ und Wahlsiegesfeiern,
meistens Siege der NSDAP in Deutschland, aber auch „Deutsche Abende“ oder „Kunst
und Kultur Abende“. Unter „Deutschen Abenden“ wurde vielerlei verstanden, es konnte
sich dabei um einen Theaterabend handeln. Am 30. Juni 1931 gastierten beispielsweise die
„Braunhemden“, eine „grossdeutsche Spielschar“203 in Graz, von denen die Gauleitung
annahm, dass weil diese in „allen größeren deutschen Städten mit ausgezeichneten Kritiken
belobt [wurden]“, ein „vorzüglicher Kunstgenuss zu erwarten [war]“204. Im Oktober 1931
erging an alle Ortsgruppen die Weisung, am 9. November „Feldgedenkfeiern abzuhalten
und dabei besonders unserer Toten am 9. November 1924 [sic] zu gedenken.“ Auch das
Dienstbuch der NSDAP legte diesen Tag als Feiertag fest, an dem in jeder Ortsgruppe von
mindestens drei Parteimitgliedern Kränze am Kriegerdenkmal des jeweiligen Ortes
niederzulegen seien und sie am Abend eine „Totengedenkfeier abzuhalten hätten.“205 Die
Feierlichkeiten am 9. November 1932 liefen ziemlich genau gemäß den Bestimmungen des
Dienstbuches der NSDAP-Hitlerbewegung ab. Um 9 Uhr vormittags legten in Graz einige
alle Dienstellen die „NS-Gastspielbühne“ mit dem Stück „Der Wanderer“ von Josef Goebbels zu buchen. / StLA, ZGS K 133, Poldion Graz, Frührapport 8.6.1932. „20 Uhr Sternsäle Theateraufführung für die Nationalsozialisten „S' Nullerl“, veranstaltet von der deutschen Orchesterrunde „Flotte Bursche“.“
205 Steirische Gaunachrichten 1 (1931) 40, 2. Eigentlich hätten sie der Toten vom 9. November 1923 gedenken sollen. / Dienstbuch der NSDAP, 197. (Wie Anm. 23).
58
Nationalsozialisten einen Kranz beim Kriegerdenkmal nieder und am Abend wurde um 20
Uhr im Rittersaal des Landhauses eine Gedenkfeier für die toten „Helden“ der
Nationalsozialisten abgehalten, die laut Polizei von ungefähr 500 Personen, darunter 240 in
Uniform, besucht wurde. „Die Feier wurde mit einem Bläserquartett und Gesang (Schubert
– Sängerbund) eröffnet worauf der Gauleiter Gemeinderat Walter Oberhaidacher die
Festrede hielt.“206 Auch der Geburtstag Hitlers am 20. April sollte von den Ortsgruppen
gefeiert werden.207 Laut Dienstbuch sollte durch diese Veranstaltungen der Bevölkerung
gezeigt werden, dass die NSDAP-Hitlerbewegung auch „die Gestalter eines neuen
Lebenswillens und einer neuen Lebensform sein wollen.“208 In diese Schiene fällt wohl
auch eine Vortragsreihe mit Hermann Weiskopf über „deutsche“ Kindererziehung und
nationalsozialistische „Pseudo-Erblehren“ für nationalsozialistische Frauen im Dezember
1931209 und auch die „Deutschen Abende“ mit Turnvorführungen der SA oder deren
Werbeabende, bei denen diese ebenfalls turnten und exerzierten.210 Ein „Deutscher Abend“
konnte aber auch eine „Julfeier“, also eine nationalsozialistische Weihnachtsfeier sein.211
206 StLA, ZGS K 133, Poldion. Graz, Frührapport 9.11.1932 und 10.11.1932. / Interessant dabei ist wohl,
dass die Polizei berichtet, dass die Nationalsozialisten am 6.11.1932 aus diesem Anlass in allen Grazer Bezirken auch in die Kirche gegangen sind. StLA, ZGS K 133, Poldion. Graz, Frührapport 6.11.1932. / Ähnlich der Ablauf bereits 1931. Steirische Gaunachrichten 1 (1931) 45, 1. Ankündigung zur Totengedenkfeier im Rittersaal im Landhaus. / StLA, ZGS K 131, Poldion. Graz, Frührapport 9.11.1931. Die Grazer Polizei verzeichnete die Feier allerdings als „Totengedenkfeier für die im Weltkrieg Gefallenen veranstaltet von der NSDAP“, was im Frührapport des nächsten Tages, Frührapport 10.11.1931, besonders absurd wird, da die Feier als „Totengedenkfeier für die im Weltkrieg gefallenen Nationalsozialisten“ beschrieben wird, gemeint sind wohl eher die Gefallenen von 1923. Die Feier wurde dadurch eingeleitet, dass „zu Beginn der Versammlung [...] 130 uniformierte Nationalsozialisten beider Abteilungen mit einer in Trauerflor gehüllten Fahne vom Roten Turm ins Landhaus marschiert [sind]“ und Fritz Knaus eine „Totenrede“ hielt. Bereits am Sonntag, dem 1.11.1931, hatte die NSDAP-Hitlerbewegung einen Kranz am Kriegerdenkmal beim Dom niedergelegt, dessen Schleife am 7.11.1931 abgeschnitten worden war, weshalb Walter Oberhaidacher bei der Polizei Anzeige erstattete.
207 Beispielsweise StLA, ZGS K 128, Poldion. Graz, Frührapport 21.4.1928. „Es handelte sich lediglich um eine Hitler-Geburtstagsfeier. Die Festrede hielt der N.S. Karl Valenta.“ / Der Kampf 1 (1931) 7, 7. Ankündigung eines „Deutschen Abends“ in Judenburg um Hitlers 42. Geburtstag zu feiern.
208 Dienstbuch der NSDAP, 197f. (Wie Anm. 23). 209 Steirische Gaunachrichten 1 (1931) 48, 1f. Die genauen Themen waren: „Die Wesensschau des deutschen
Menschen“, „Die Erziehung des Kindes zum Vollmenschen“, Die Bedeutung der Erb- und Individualanlagen für das Wesen und Wirken des Menschen“, „Die Familie in ihrer Bedeutung für die Entstehung sozialer Gefühle und Verhaltensweisen“, „Grundzüge einer vernünftigen Sexualpädagogik in Haus und Schule“, „Entstehung und Behandlung der Schwererziehbarkeit in Haus und Schule“ und schließlich „Zur Wesensschau und zur Bildung des deutschen Menschen“. / StLA, ZGS K 132, Poldion. Graz. Frührapport 1.12.1931-4.12.1931, 14.12.1931-16.12.1931. „Nationalsozialistische Frauenvorträge“. Hermann Weiskopf stand auch als „Experte“ für Erziehungsberatung für NationalsozialistInnen zur Verfügung. StLA, ZGS K 132, Poldion. Graz. Frührapport 15.12.1931.
210 StLA, ZGS K 132, Poldion. Graz, Frührapport 3.4.1931. „Der Abend wurde mit Schallplattenmusik eröffnet worauf der Veranstalter Turnprofessor Geißler einen aus über 50 Lichtbildern bestehenden Lichtbildervortrag über Selbsterlebtes aus dem Kriege an der französischen Front hielt. Hierauf folgten unter seiner Leitung Exerzier- und Turnübungen der S.A. Leute.“ / Der Kampf 1 (1931) 1, 6. „Deutscher Abend“ der SS und der NSDAP-Hitlerbewegung.
211 StLA, ZGS K 131, Poldion. Graz, Frührapport 20.12.1930. / StLA, ZGS K 132, Poldion. Graz, Frührapport 17.12.1931. „Weihnachtsfeier der NSDAP-Hitlerbewegung bezw. Des vaterländischen
59
Schließlich gab es noch Wahlsiegesfeiern, wobei es nicht unbedingt einen „Sieg“ der
NSDAP brauchte, wie etwa im September 1930212 oder anlässlich der deutschen
Reichstagswahlen im November 1932, wo die deutschen Nationalsozialisten gegenüber
den letzten Reichstagswahlen im Juli 1932 an Stimmen verloren hatten,213 oder die
Wahlsiegesfeiern anlässlich der Wahlen 1933 in Deutschland, für die schon im Voraus
Richtlinien zur Planung derselben herausgegeben worden waren. So wurden bereits im
Jänner 1933 erste Vorbereitungen zum für die Nationalsozialisten als sicher
angenommenen Sieg der NSDAP in Deutschland bei den Reichstagswahlen im März 1933
getroffen. Außerdem hoffte man auch finanziell durch den Absatz von „Hitlerschillingen“,
„Hitlerpostkarten“ und Spendenscheinen sowie durch den Verkauf von
„Freiheitsabzeichen“ vom Erfolg der NSDAP profitieren zu können.214 Man wollte quasi
auf der „Welle des Erfolgs“ mitschwimmen und diesen durch Kundgebungen in den auf die
Reichstagswahlen folgenden Tagen auch propagandistisch mit der Parole „Ein Volk – ein
Reich!“ umsetzen, was ihnen auch gelungen sein dürfte, wie im Folgenden ersichtlich ist.
Zu den Kundgebungen sollten auch „Höhenfeuer“ und Fackelzüge mit Sprechchören, wie
„Wir wollen heim ins Reich – Nieder mit Frankreich […] Fort mit Franzosenkanzler
Dollfuss – wir wollen eine deutsche Regierung!“, abgehalten werden. Am Ende der
Kundgebungen war geplant, an alle Bezirkshauptmannschaften Proklamationen zur
Weitergabe an das Bundeskanzleramt zu überreichen.215
Tatsächlich startete die Propagandakampagne bereits im Vorfeld der am 5. März 1933
stattgefundenen Reichstagswahl, beispielsweise mit einer „Übertragung der Rede des
deutschen Kanzlers Adolf Hitler in Berlin Sportpalast […]. Aus diesem Anlasse haben sich
gestern in der Schloßbergrestauration gegen 1.000, im Schweizerhaus gegen 250 im
Restaurant „zur technischen Hochschule“ gegen 150 im Gasthaus „ zum Milchmariandl“ in
der Richard Wagnergasse gegen 150 Nationalsozialisten und Neugierige gesammelt um die
Übertragung der Rede zu hören.“216 Am Abend des Wahltages hielten die Grazer
Schutzbundes [SA]“ in den Annensälen in Graz.
212 StLA, ZGS K 131, Poldion. Graz, Frührapport 15.9.1930. Reichstagswahlen in Deutschland. 213 StLA, ZGS K 133, Poldion. Graz, Frührapport 7.11.1932. „Das gestern von 20 Uhr bis heute 2 Uhr früh
in den Steinfeldersälen stattgefundene nationalsozialistische Abendkonzert war von ungefähr 350 Personen besucht. Gemeinderat Oberhaidacher hielt zu Beginn eine kleine Ansprache über die Wahlen in Deutschland. Der Nationalsozialist Maulatz gab dann die Wahlresultate bekannt.“
214 Steirische Gaunachrichten 3 (1933) 9, 6. / Steirische Gaunachrichten 3 (1933) 12, 2. „Zur Finanzierung des kommenden Wahlkampfes [zu Wahlen, die allerdings nie stattfinden sollten] und zur Auswertung der gegenwärtig besonders günstigen, d.h. opferwilligen Stimmung in der Masse des Volkes bringen wir ein […] „Freiheits-Abzeichen“ heraus, das […] in allen Volkskreisen abgesetzt werden kann […].“
Nationalsozialisten eine Wahlsiegesfeier in der Industriehalle ab, bei der nach einführenden
Reden des Gauleiters Walter Oberhaidacher und eines weiteren Nationalsozialisten, die
Wahlergebnisse der Reichstagswahl mittels Lautsprechern verkündet wurden. Außerdem
wurde von den Nationalsozialisten eine große Hakenkreuzfahne am Schlossberg gehisst.217
Am 6. März fand schließlich eine große Kundgebung der NSDAP-Hitlerbewegung am
Freiheitsplatz in Graz statt, vor der ein Fackelzug durch die Innenstadt abgehalten wurde.
Am Fackelzug „anläßlich des nationalsozialistischen Wahlsieges in Deutschland haben 15
Autos 2 Motorräder an der Spitze mit insgesamt 1.712 Personen in folgenden Gruppen
teilgenommen u.zw.: 239 Mitglieder der Hitlerjugend, 369 Studenten in Coleur, 477
Parteigenossen in Zivil, 60 Turner, 426 S.A. Leute in Uniform, 51 S.S. Leute in Uniform
[darunter eine Musikkapelle]. Der Fackelzug bewegte sich vom Kaiserjosefplatz über die
Reitschulgasse, Jakominiplatz, Radetzkystraße um das Tegetthofdenkmal herum zur
Kaiserfeldgasse, Bismarckplatz, Herrengasse, Hauptplatz, Sporgasse, Hofgasse, zum
Freiheitsplatz. Die Teilnehmer führten 8 Fahnen, 1 Standarte, 4 Plakate für die am 8.3.l.J.
in der Industriehalle stattfindende Nationalsozialistenversammlung mit sich.“ „Vom
Theaterbalkon aus hielt der steirische nationalsozialistische Gauleiter, Gemeinderat Walter
Oberhaidacher […] eine Ansprache hinsichtlich des Wahlsieges in Deutschland und
brachte hiebei in einer verlesenen Proklamation zum Ausdruck daß nun endlich die Männer
wie Dollfuß, Starhemberg, Winkler und ihre Parteien dem Willen des Volkes Rechnung
tragend einsehen sollten daß ihre Rolle ausgespielt sei da sie Österreich immer weiter in
den Abgrund und Frankreich zugeführt hätten. Durch die nationale Erhebung in
Deutschland seien nunmehr die Vorbedingungen für einen Anschluß gegeben und müssten
die Grenzen von selbst fallen. Das Diktat das Österreich zur Selbstständigkeit verurteile
werde von den Nationalsozialisten nie und nimmer anerkannt werden. Das Ziel sei ein
einheitliches Volk und bleibe der Kampf der Weg. Mit dem Absingen des
Deutschlandliedes fand die Kundgebung ihren Abschluß.“218
An diesem Beispiel ist wohl sehr eindeutig zu sehen, wie aus der theoretischen
Ankündigung die tatsächliche Kampagne geworden ist. Diese hielt sich in ihrer
Ausführung sehr genau an den Plan, der in den „Steirischen Gaunachrichten“, in diesem
Fall schon zwei Monate früher, kundgetan worden war. Überhaupt barg diese Kampagne
wohl großes Mobilisierungspotenzial in sich, das die Nationalsozialisten in diesem Fall
217 StLA, ZGS K 133, Poldion. Graz, Frührapport 6.3.1933. 218 StLA, ZGS K 133, Poldion. Graz, Frührapport 7.3.1933.
61
genutzt haben dürften.219
Ein weiteres Medium der Propaganda, dem deshalb kein eigenes Unterkapitel gewidmet
wird, weil es erst gegen Ende der Formierungsphase vermehrt eingesetzt worden ist, war
der Film. Filme mussten von der „N.S. Filmstelle“ in Wien angefordert werden und auch
dementsprechend mit einem Hinweis auf diese Einrichtung angekündigt werden. In den
„Steirischen Gaunachrichten“ wurden Listen der verfügbaren Filme abgedruckt, die eben
von dieser „Filmstelle“ zum Verleih bestellt werden konnten.220 Ende Dezember 1932
wurde zwar in der steirischen Gaupropagandaleitung eine „Filmstelle“ errichtet, jedoch
besaß diese keine eigenen Filme, sondern ihre Aufgabe bestand in der Produktion von
Filmen, vornehmlich über Aktivitäten der NSDAP-Hitlerbewegung.221 Im Jänner 1933
wurde schließlich mit einer flächendeckenden Verbreitung und Nutzung von
Filmpropaganda begonnen. Alle Ortsgruppen wurden aufgefordert, Filmvorführungen zu
organisieren. Zudem sollten die bestehenden Möglichkeiten zu solchen Filmvorführungen
erfasst werden, um diese Art der Propaganda gezielt einsetzen zu können, wozu auch
wiederholt aufgefordert wurde.222 Filmvorführungen wurden, als das Versammlungsverbot
im März 1933 die Propagandaarbeit einschränkte, als Alternative zu den Versammlungen
gesehen.223 Aber schon früher wurden vereinzelt Filmvorführungen für NSDAP-Mitglieder
organisiert.224
Schließlich gab es noch verschiedene Einzelpropagandaaktionen, wie Gastwirte und
Vermieter von Fremdenzimmern, natürlich nur dann wenn diese „Arier“ waren und nicht
grundsätzlich antinationalsozialistisch eingestellt waren, vom nationalsozialistischen
Wohlwollen zu überzeugen, indem man in deutschen nationalsozialistischen Zeitungen
Fremdenverkehrswerbungen für Orte in der Steiermark machen wollte.225
Andere Vorschläge, die auch finanziell ausgenützt werden konnten, waren, ein Holzbrett
derart mit Nägeln zu beschlagen, sodass am Ende ein Hakenkreuz zu sehen war. Die Nägel
dafür sollten von den Versammlungsteilnehmern gekauft werden, wodurch angeblich
219 Vgl. Bauer, Juliputsch, 99. 220 Steirische Gaunachrichten 2 (1932) 31, 11. Es wurden eigene Filme der NSDAP-Hitlerbewegung
angeboten, aber auch „Wochenschauen“ und Filme der NSDAP aus Deutschland sowie Spielfilme. / Steirische Gaunachrichten 3 (1933) 10, 7f. Im Angebot waren wieder „Wochenschauen“, NSDAP -Propagandafilme, wie „Adolf Hitlers Flug über Deutschland“, Filme der Aktivitäten der Steirischen NSDAP-Hitlerbewegung und Spielfilme.
221 Steirische Gaunachrichten 2 (1932) 38, 8. 222 Steirische Gaunachrichten 3 (1933) 7, 7. / Steirische Gaunachrichten 3 (1933) 10, 7. 223 Steirische Gaunachrichten 3 (1933) 16, 2. 224 StLA, ZGS K 132, Poldion. Graz, Frührapport 12.12.1931. Im „Ringkino“ wurde der Film „Berge in
Flammen“ für die Nationalsozialisten vorgeführt. 225 Steirische Gaunachrichten 3 (1933) 4, 8.
62
„mehrere Hundert Schilling an Spenden“ eingenommen werden konnten.226 Das
Hakenkreuz wurde aber auch in Papierform verteilt und verstreut und so in Umlauf
gebracht.227
Zu den weiteren propagandistischen Methoden zählt wohl auch die propagandistische
Verwertung von, in Schlägereien mit dem politischen Gegner, verletzten oder, was für die
NSDAP-Hitlerbewegung sogar noch „günstiger“ war, getöteten Nationalsozialisten. Die
NSDAP hatte ja prinzipiell bereits die „Gefallenen“ vom 9. November 1923 und Horst
Wessel. Der Totenkult war also nichts Neues für die Parteipropaganda, aber ein regionaler
steirischer „Blutzeuge“, ein „Märtyrer“, der „für die Bewegung gefallen“ war, war gerade
ob der räumlichen Perspektive, er war schließlich einer von ihrer Gruppe, wohl in
propagandistischer Hinsicht noch viel bedeutender. Somit war es möglich, die politischen
Gegner im eigenen Gebiet direkt für etwas verantwortlich zu machen und lautstark zu
verurteilen, das heißt, dass man anstelle der üblichen Pauschalverurteilungen ein konkretes
Beispiel mit einer konkreten steirischen Gruppe und einem konkreten steirischen
Hintergrund zur Verfügung hatte. Das Ende 1932 herrschende „raue politische Klima“ in
der Steiermark war für derartige Vorfälle wohl „förderlich“. Schlägereien zwischen den
einzelnen „Selbstschutzformationen“, ob „links“ oder „rechts“, waren keine Seltenheit und
die Anlässe von geringster Art.228
Wenn also ein Nationalsozialist erschlagen wurde, konnte die NSDAP-Hitlerbewegung fast
dankbar für die „Vorlage“ sein. Für die steirische, im Besonderen aber für die Grazer
NSDAP-Hitlerbewegung wurde dies der SS-Mann August Aßmann, der am 6. September
1932 bei einer gewalttätigen Auseinandersetzung in Graz zu Tode kam.229
Die propagandistische Verwertung ließ sich das Gaupropagandaamt natürlich nicht
226 Steirische Gaunachrichten 1 (1931) 46, 2. 227 Steirische Gaunachrichten 3 (1933) 16, 3. 228 Beispielsweise StLA, ZGS K 133, Poldion. Graz, Frührapport 1.9.1932. „Gestern um 15 Uhr 30' kam es
zwischen Nationalsozialistischen Plakatierern und Kommunisten in der Josefigasse zu einer Rauferei welche dann von der Sicherheitswache geschlichtet wurde. Es wurden die Nationalsozialisten Herbert Holzinger und Gustav Greifeneder sowie die Kommunisten Franz Kronlechner, Ernst Brettenthaler und Josef Pach wegen Straßenexzeß zur Anzeige gebracht. Sichtliche Verletzungen hat keiner der Raufer davongetragen nur der Nationalsozialist Holzinger hat durch eine Ohrfeige Nasenbluten bekommen.“
229 StLA, ZGS K 133, Poldion Graz, Frührapport 7.9.1932. An diesem Abend fand beim Sandwirt in der Griesgasse eine Versammlung der NSDAP-Hitlerbewegung statt, bei der Stefan Ehn aus Steyr sprach. Da das Gerücht umging, dass Kommunisten und Jungsozialisten die Versammlung sprengen wollten und sich tatsächlich Gruppen dieser Leute in der Umgebung des Versammlungslokals sammelten, wurde ein „SS Rollkommando“ mit ca. 20 SS-Männern aufgestellt und diese mit „schwarz gebeizten Birkenholzknüppeln“ ausgerüstet. „Um ungefähr 20 Uhr ist das oberwähnte Rollkommando ausgerückt und kam dann widerholt [sic] mit den Gruppen der Jungsozialisten in Konflikt. […] Es kam dann wiederholt mit einem Teil von Leuten des Rollkommandos und den Jungsozialisten zu Ausschreitungen. So auch auf der Tegetthofbrücke und in der Albrechtsgasse wo dann der Gewerbeschüler AUGUST ASSMANN erstochen wurde und am Hauptplatz zusammengefallen ist.“
63
entgehen und startete schon gleich nach dem Vorfall eine umfangreiche Propagandaaktion.
Die Kampagne um August Aßmann wurde auf mehreren „Schienen“ gefahren, über
Flugblatt- und Plakatpropaganda, über Berichte in der Zeitung „Der Kampf“, über
Versammlungen und über die Inszenierung des Begräbnisses. Dazu kam es auch zu einer
weiteren Verschärfung der Gewalt, fast täglich gab es vor dem Begräbnis
Auseinandersetzungen.230
Zur Ankündigung des Begräbnisses am 10. September 1932 wurden in der Stadt große, mit
einem breiten schwarzen Trauerrand versehene Plakate aufgehängt.231 Das Begräbnis selbst
wurde richtiggehend inszeniert. Aus der gesamten Steiermark kamen Abordnungen von
Nationalsozialisten mit Autos nach Graz, um am Begräbniszug durch die Innenstadt
teilzunehmen. Der Zug startete am 10. September 1932 um 17 Uhr in der
Kroisbachgasse232 vor der Parteizentrale der NSDAP-Hitlerbewegung, wo auch die Leiche
Aßmanns eingesegnet wurde. Danach marschierte der Zug über „Haydengasse,
Kaiserjosefplatz, Franz Graf Allee, Opernring, Bismarckplatz, Herrengasse, Hauptplatz,
Albrechtsgasse, Tegetthofbrücke an der Mordstelle vorbei, Griesgasse, Griesplatz,
Karlauerstraße, Triesterstraße, [zum] Zentralfriedhof.“233 Ein weiterer Zug von ungefähr
300 „Heimatschützern“ marschierte von der Nibelungengasse aus ebenfalls zum
Zentralfriedhof, um am Begräbnis teilzunehmen. Die Polizei zählte beim Begräbniszug
durch Graz, der um 19 Uhr am Zentralfriedhof ankam, und beim Begräbnis selbst rund
2500 Personen, „darunter 120 S.S. Männer in Uniform, 924 S.A. Männer in Uniform, 117
Mitglieder der Hitlerjugend mit Weißhemden und Hakenkreuz, dann 60 Mädchen der
Hitlerjugend, 35 Fahnenträger in S.A. Uniform, […] 150 Studenten in Farben, 32
Chargierte von den verschiedenen Penalverbindungen, 140 Kranzträger in Weißhemden
mit Armbinden […].“234 Die Zeremonie am Friedhof dauerte nur eine Dreiviertelstunde, in
230 StLA, ZGS K 133, Poldion. Graz, Frührapport 8.9.1932, 9.9.1932 und 10.9.1932. „Gestern vormittags
haben mehrere Nationalsozialisten die Leiche des erstochenen S.S. Mannes August ASSMANN besichtigt […]. Dort wurde gestern auch der sozialdemokratische Gemeinderat FALK von den Nationalsozialisten von rückwärts überfallen und im Gesichte durch einen Hieb leicht verletzt. […] Eine Stunde später wurde der Einkassierer der Kreiskrankenkassa namens EPSTEIN in der Radetzkystraße von Nationalsozialisten überfallen und mißhandelt. […] Im Laufe des gestrigen Nachmittags fanden auch in der Herrengasse wiederholt Anrempelungen von Sozialdemokraten durch Nationalsozialisten statt. […] Die Situation dürfte sich heute wesentlich verschärfen weil die in der verflossenen Nacht von den Nationalsozialisten plakatierten Parteanzeigen über den verstorbenen Nationalsozialisten August Assmann an verschiedenen Stellen heruntergerissen wurden, und da auch gestern in Leoben der Nationalsozialist Josef Laß durch einen Revolverschuß aus dem Hinterhalt ermordet und in Leoben auch der Nationalsozialist Paul HELLE durch einen Messerstich in den Bauch schwer verletzt wurde.“
der Theo Habicht von der Landesleitung Linz, der niederösterreichische Bundesrat
Hermann Reschny, der für Österreich zuständige SS-Führer Walter Graeschke, Franz Trips
und der Gemeinderat Walter Oberhaidacher kurze „Abschiedsreden“ hielten.235 Zum
Schutz und zur Überwachung der ganzen Aktion waren auch zahlreiche Grazer Polizisten
auf den Beinen, die zum Teil den Leichenzug zu begleiten hatten, darunter auch berittene
Polizisten. In der ganzen Stadt patrouillierten Polizisten oder waren in Bereitschaft. Am 11.
September fand das Begräbnis des zweiten ermordeten Nationalsozialisten, Josef Laß, in
Leoben statt, zu dem auch einige Grazer Nationalsozialisten anreisten.236 Da die Polizei die
Täter nicht ausforschen konnte, setzte die NSDAP-Hitlerbewegung mittels Plakaten sogar
ein 1000 Schilling Kopfgeld auf die Ergreifung der Täter aus.237 In der Parteizeitung „Der
Kampf“ wurde das Thema natürlich auch ausgiebig behandelt. Das Titelblatt der Ausgabe
vom 10. September war als Parte für August Aßmann und Josef Laß gestaltet, in der
ausgiebig über das „feige Rotmordpack“, die „marxistische Mordgier“ und über den
Tathergang aus nationalsozialistischer Sicht geschrieben wurde.238 Dass die Grazer SS-
Männer die Konfrontation durchaus gesucht hat und mit Knüppeln und anderem bewaffnet
gewesen ist, wird freilich nicht erwähnt, das würde nicht in das Bild eines „Überfalls aus
dem Hinterhalt“ passen.
Die integrative Bedeutung, die „Vorbildfunktion“ und die eindeutige Anlehnung der beiden
Ermordeten an Horst Wessel zeigt sich auch deutlich in den letzten Absätzen des Artikels,
wo es heißt, „Die ersten Blutopfer der Bewegung in der Steiermark schlossen die Augen
für immer, damit Tausende und Abertausende die ihren öffnen, um sehend zu werden. Zwei
wackere Kämpfer für die nationalsozialistische Idee Adolf Hitlers sind eingerückt zum
großen Sturm der Toten, zu Horst Wessel. In unsere Reihen sind zwei Lücken gerissen, die
sich niemals schließen werden. Wach und lebendig aber bleibt die Erinnerung an die
beiden Ermordeten, die uns ein so hehres Beispiel von Kampf und Opfer gegeben haben.
Die beiden Kameraden marschieren im Geist in unseren Reihen mit! Deutschland
erwache!“239 In der nächsten Ausgabe von „Der Kampf“ wurde die Sprache noch weitaus
235 Siehe X. Anhang, 1. Abbildungen, Abbildung 22. 236 StLA, ZGS K 133, Poldion. Graz, Frührapport 11.9.1932. 237 StLB, Kapselsammlung 120, Plakate. 238 Ausgiebigere Berichte waren nochmals im Blattinneren. Der Kampf 2 (1932) 36, 3. „Rotmord fordert in
Graz ein Todesopfer.“ und „Rotmord auch in Leoben!“ Auch die Auseinandersetzungen in den auf den 6. September folgenden Tagen wurden in diesen Artikeln den „marxistischen Untermenschen“ angelastet. Die Artikel vereinen außerdem Antimarxismus mit Antisemitismus der NSDAP-Hitlerbewegung, da diese letztendlich wieder einmal „jüdische Verschwörer“ als Hintermänner verantwortlich machten.
239 Der Kampf 2 (1932) 36, 1. „… marschieren im Geist in unseren Reihen mit“ ist aus dem Refrain des „Horst-Wessel-Lieds“.
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aggressiver und es wurde unter dem Titel „Schach dem roten Mordterror“ zur „Rache“
aufgerufen. „Für uns gibt es gegenüber der roten Mordhetze kein Halten mehr, keine
Besonnenheit mehr, für uns gibt es nur mehr den Kampf bis aufs Messer!“240 Ebenso
wurden die Begräbnisse Aßmanns und Laß' ausgiebig geschildert und als
„Trauerkundgebung des nationalen und antimarxistischen Graz, wie man sie seit
Menschengedenken noch nicht erlebt hatte“ tituliert und vom „viele Tausende zählenden
Trauerzug“ und von den Reden Theo Habichts und Walter Oberhaidachers am Grab
berichtet.241
In Versammlungen in den auf das Begräbnis folgenden Tagen wurde die propagandistische
Verwertung weitergeführt. Am 13. September wurde in der Industriehalle eine
„nationalsozialistische Massenprotestkundgebung gegen das Rotmordsystem“ abgehalten,
in der Walter Oberhaidacher über „Kampf dem Hungersystem und seinen roten
Mordbanditen“, was auch immer das eine mit dem anderen zu tun hatte, sprach. Auch am
15. September wurde eine Versammlung im Gasthof „Zur goldenen Kugel“ in der
Leonhardstraße in Graz abgehalten, auf der Hermann Michelitsch über „Marxismus ist
Untergang, Nationalsozialismus ist Aufbau!“ sprach, die auf Flugzetteln, auf denen es hieß,
„Volksgenosse! Warum wurde vergangene Woche der junge nationalsozialistische Student
Aßmann in Graz, und der nationalsozialistische Arbeiter und Familienvater Laß in Leoben
von feiger marxistischer Übermacht hingemordet?? […] Warum wurden in den letzten
Jahren zehntausende und aber zehntausende Nationalsozialisten von Marxisten überfallen,
aufs gemeinste mißhandelt und zu Krüppeln gemacht?? Volksgenosse! Weil sie für deine
und deiner Familie Zukunft kämpften!! Weil sie für Freiheit, Recht und Brot aller
deutschen Arbeiter der Faust und der Stirne kämpften!! Weil sie für ein besseres, drittes
deutsches Reich kämpften!! […]“, angekündigt wurde.242 Alles in allem kann wohl
geschlossen werden, dass der tote August Aßmann der steirischen NSDAP-Hitlerbewegung
weitaus nützlicher gewesen ist, als er es als Lebender jemals hätte sein können. Sein Tod
ermöglichte die großangelegte und in Graz wohl unübersehbare Inszenierung der
Trauerfeierlichkeiten und lieferte auch Gründe für eine aggressivere Verhetzung und
Vorgehensweise gegen die Sozialdemokraten und Kommunisten. Gleichzeitig wurde 240 Der Kampf 2 (1932) 37, 1f. Hier zeigte sich auch eine kleine Inkonsistenz der Herausgeber, denn obwohl
in der Ausgabe vom 10. September noch geschrieben wurde, dass die „Lücke“ nicht geschlossen werden könnte, wurde sie gemäß des Leitartikels vom 17. September durch den älteren Bruder Aßmanns wieder geschlossen. Auch die Vorgabe an die Parteimitglieder, nicht zu dichten, wurde hier fallen gelassen und ein Gedicht über August Aßmanns Ableben wurde abgedruckt.
241 Der Kampf 2 (1932) 37, 5. 242 StLB, Kapselsammlung 120, Plakate. / StLA, ZGS K 133, Poldion. Graz, Frührapport 13.9.1932 und
K 132, Poldion. Graz, Frührapport 1.4.1932, 6.4.1932, 9.4.1932, 14.4.1932. Im April 1932 fanden Gemeinderatswahlen in der Steiermark statt. Der Wählerschaft gehäuft Erklärungen des Programms zu bringen und dabei auch noch andere Parteien schlecht zu machen, scheint daher nicht ungewöhnlich. / StLA, ZGS K 133, Poldion. Graz, Frührapporte Juni 1932.
246 Rednerbriefe der Landesleitung Österreich, NSDAP-Hitlerbewegung, Mappe 1, 1932, 2.
69
negativen und einen positiven Teil. Kritik des Klassenkampfes als marxistische
Gegenaktion […] Die vier Eckpfeiler. Führerfrage, Sozialismus, Wehrhaftigkeit und
Brechung der Zinsknechtschaft. […] Zusammenfassung des Gesagten.“247
Wenn über die politische Lage in Österreich oder Deutschland gesprochen wurde, dann
waren so gut wie immer die Worte „Krise“ oder „Katastrophenpolitik“ im Spiel.248 Die
politische Lage wurde grundsätzlich negativ beschrieben, außer wenn man über die
„Errungenschaften“ von Städten, Bezirken oder Bundesländern sprach, in denen die
Nationalsozialisten bereits an die Macht gekommen waren. Es wurde aber auch über
Wahlergebnisse, Parteienlandschaft und Wirtschaftspolitik gesprochen.249
In den Hauptthemenkomplex über die politische Lage fielen auch zwei große Themen, die
von den Nationalsozialisten ausgiebig „ausgeschlachtet“ wurden und für die die Redner
mit einer Fülle von Material versehen wurden. Bei der „Bearbeitung“ der Ereignisse rund
um die Insolvenz der Creditanstalt im Mai 1931 und der darauf folgenden Rettung der
Bank durch die Republik Österreich und bei der „Zerpflückung“ des Lausanner Vertrages
für eine erneute Völkerbundanleihe im Juli 1932250 konnten die Nationalsozialisten auf
beinahe ihr gesamtes Repertoire von „Jüdischer Weltverschwörung“ über die
Friedensverträge von Versailles und St. Germain bis hin zum „Anschlussgedanken“
zurückgreifen. Im Fall der Creditanstalt setzten die Nationalsozialisten vor allem darauf,
dass der Eigentümer der Bank, Louis Rothschild, Jude war, weshalb sie die Rettung dieser
Bank beziehungsweise die Nicht-Verstaatlichung verurteilten. „Für eine Judenbank hat
unsere Regierung immer Geld!!!“251 In den Rednerbriefen von 1932 wurde den Rednern
schließlich erkleckliches Material zur nationalsozialistischen Sichtweise des Lausanner
247 StLA, ZGS K 204, Nachrichtendienst für n.s. Redner, Mappe 9, 5f. Wenn die Zusammenfassung nicht als
Dach des „gotischen Bauwerks“ gemeint war, war der Vergleich eher schlecht gewählt, weil ein Gebäude ohne Dach häufig über kurz oder lang einstürzt.
248 Vgl. StlB, Kapselsammlung 120, Plakate. / Siehe X. Anhang, 1. Abbildungen, Abbildung 6. 249 StLA, ZGS K 133, Poldion. Graz, Frührapport 7.6.1932. In einer Versammlung am 6.6.1932 wurde den
Zuhörern unter anderem von den Verhältnissen in Coburg erzählt, wo die NSDAP bereits an der Macht war. / StLA, ZGS K 129, Poldion. Graz, Frührapport 5.1.1929. / StLA, ZGS K 130, Poldion. Graz, Frührapport 15.11.1929, 4.4.1930, 27.6.1930. / StLA, ZGS K 131, Poldion. Graz, Frührapport 10.9.1930, 17.9.1930, 23.1.1931, 4.2.1931. Hier sprach Walter Oberhaidacher über „Gemeindeangelegenheiten, den Zusammenbruch der süddeutschen Bank und die Schuldenwirtschaft der Parteien“. / Der Kampf 1 (1931) 2, 5. Ankündigung einer Versammlung mit dem Thema „Parteipolitik oder Volkspolitik“. / Der Kampf 1 (1931) 4, 5. Ankündigung einer Versammlung mit dem Thema „Staat und Wirtschaft“. / Der Kampf 1 (1931) 4, 5. Ankündigung einer Versammlung mit dem Thema „Die Demokratie – unser Untergang!“.
250 In diesem Vertrag verpflichtete sich die österreichische Bundesregierung als „Gegenleistung“ für die Anleihe unter anderem, auf die Zollunion mit Deutschland zu verzichten, und das Anschlussverbot wurde erneuert. / Siehe X. Anhang, 1. Abbildungen, Abbildung 14.
251 Steirische Gaunachrichten 1 (1931) 17, 2. / StLA, ZGS K 204, Nachrichtendienst. 12f. „Außerdem soll in Hinkunft die oberste Leitung der Creditanstalt aus 5 Mann bestehen, von denen 3 ausländische Finanzleute sind und nur 2 von der österr. Regierung gestellt werden, obwohl der öst. Staat die Aktienmehrheit besitzt!“.
70
Vertrages geliefert.
Da in diesen Ausführungen nun bereits öfter von den „Rednerbriefen der Landesleitung
Österreich, NSDAP-Hitlerbewegung“ die Rede gewesen ist beziehungsweise diese zitiert
worden sind, soll hier in einem kleinen Exkurs erklärt werden, worum es sich dabei handelt
und wie diese aufgebaut sind.
Die „Rednerbriefe“ erschienen 1932 als Nachfolge der bis dahin herausgegebenen
Materialsammlung „Nachrichtendienst für n.s. Redner“, die 1931 ebenfalls in mehreren
Mappen, allerdings im Format A4, erschienen waren, während die „Rednerbriefe“ im
Format A5 gehalten waren. 1932 wurden 12 Mappen mit verschiedenen Titeln, nämlich
Mappe 1: Sozial- und Gewerkschaftspolitik, Mappe 2: Finanz.- und Wirtschaftspolitik,
zu verschiedensten Geschichten über die „Marxisten“. Fast alles, selbst äußerst beliebige
und relativ nebensächliche Vorkommnisse wurden in einer negativen Weise interpretiert
und dem Establishment angelastet. So wurde der Rückgang des Bierkonsums im Jahr 1931
als Folge der „immer mehr steigenden Not des Volkes“ erklärt. Daran war natürlich wieder
die Regierung schuld.
Der Selbstmord des schwedischen „Zündholzkönigs“ Ivar Kreuger wurde dagegen auf die
„Ränke“ der „jüdischen Weltfinanz“ zurückgeführt.254 Die Regierung wurde für nahezu
alles verantwortlich gemacht, sofern nicht Frankreich als „Täter“ ausgemacht wurde, das
Österreich angeblich am Gängelband führte und gemäß den Nationalsozialisten seinerseits
von der „jüdischen Weltfinanz“ geleitet wurde. Diese würde angeblich alles Gold horten
und zusammen mit den Freimaurern und anderen Geheimbünden die Weltherrschaft an
sich reißen wollen.255 Mit manchen Berichten wurden auch gleich „eindringliche“ Phrasen
mitgeliefert. Beispielsweise wurde in einem Artikel über Theaterstücke von jüdischen oder
sozialistischen Autoren, die den Nationalsozialisten nicht gefielen und mit deren „Werten“
nicht vereinbar waren, zum Abschluss „Der Nationalsozialismus wird auch auf diesen
Gebiet ein „Großreinmachen“256 vollbringen und den jüdischen Zoten- und
Reklamedichtern das Handwerk vollends legen“ geschrieben. Bei einem anderen Beispiel
über Ein- und Auswanderung, nach dem die meisten Einwanderer „Ostjuden“ gewesen
wären, stand am Ende „Solange auch nur ein Volksgenosse ohne Arbeit ist, dürfen
Volksfremde in Österreich nicht Anstellung finden!“ Ähnlich war auch der Spruch zu
einem Bericht über Auftragsvergaben an das „Ausland“, „Solange ein Volksgenosse ohne
Arbeit ist, darf nichts aus dem Ausland eingeführt werden, was im Inlande erzeugt werden
kann.“257 In einem Bericht, in dem behauptet wurde, dass Presse, Film und Musik im
Dienste des Judentums stünden, wurde Folgendes postuliert, „Mit den Machtmitteln der
Presse, des Films, des Theaters und der Musik bringt der Jude die Völker seinem Denken,
seinen Willen und seinen teuflischen Absichten näher.“258 Die Liste der bizarren
Behauptungen ließe sich noch länger fortsetzen.
254 Rednerbriefe der Landesleitung, Mappe 3, 1932. 255 Rednerbriefe der Landesleitung, Mappe 7, 1932. / Rednerbriefe der Landesleitung, Mappe 11, 1932. „Die
politische Weltmacht des Judentums liegt in der Stärke der Freimaurerei.“ 256 Rednerbriefe der Landesleitung, Mappe 1, 1932. / Vgl. die Ereignisse rund um die Erstaufführung von
Brechts „Dreigroschenoper“ in Graz. 257 Rednerbriefe der Landesleitung, Mappe 4, 1932. 258 Rednerbriefe der Landesleitung, Mappe 5, 1932.
72
b) Themen auf Flugzetteln und Plakaten und in „Der Kampf“
Dazu lässt sich eigentlich nur sagen, dass die Themen auf den Plakaten und Flugzetteln
sich von den Themen der Versammlungen kaum unterscheiden, da Plakate und Flugzettel
primär Medien zur Ankündigung von Versammlungen gewesen sind. Vielmehr wurden dort
nur in verkürzter und provokativer Form die Themen, die in den Versammlungen
ausführlicher behandelt werden sollten, wiedergegeben. Auch „Der Kampf“ beschäftigte
sich nicht mit anderen Themen als die Redner in den Versammlungen, da diese zum Teil
vice-versa als Grundlage dienten und „Der Kampf“ vielfach, wie erwähnt, zur
propagandistischen Nachnutzung von Versammlungen herangezogen wurde.
73
c) Die Probleme bei der Propagandaarbeit
Die Probleme der Propagandaarbeit waren zusammengefasst vor allem finanzieller Art.
Die Gauleitung war, da sie selbst auf Beitragszahlungen aus den Ortsgruppen angewiesen
war, die mitunter sehr sporadisch ausfielen, nicht in der Lage, kostenloses
Propagandamaterial zur Verfügung zu stellen und Ortsgruppen waren bisweilen nicht in der
Lage, Material, wenn nun doch welches an diese gesandt worden war, zu bezahlen oder
blieben lange säumig.
Das zweite größere Problem, das ins Auge springt, war wohl eine gewisse
„Disziplinlosigkeit“ vieler Parteimitglieder und ganzer Ortsgruppen sowie mancher
Redner. Möglicherweise handelte es sich dabei auch um mangelndes Interesse oder
mangelnde Bereitschaft so viel für eine Partei zu opfern, die zu dieser Zeit noch eher
bedeutungslos war. Häufig wurden Anweisungen offenbar schlicht nicht befolgt oder
ignoriert, vielleicht auch nicht verstanden. Wie sonst könnten die vielen wiederholten
Anordnungen und Weisungen zu den immer gleichen Themen in den „Steirischen
Gaunachrichten“ erklärt werden?
74
d) Wirksamkeit und Erfolg der Propaganda
Zur Wirksamkeit der Propagandakampagnen muss leider gesagt werden, dass
Messmöglichkeiten eines Erfolgs so gut wie nicht existieren, da selbst ein Wahlerfolg
kaum einzig und allein auf die Wirkung der Propaganda zurückzuführen ist. Es ist mit den
verwendeten Quellen nicht möglich, festzustellen, warum Personen zu Versammlungen
gegangen sind und ob sich diese dort überzeugen haben lassen beziehungsweise ob
irgendjemand aufgrund einer bestimmten Versammlung oder Kampagne die NSDAP-
Hitlerbewegung gewählt hat. Das heißt freilich nicht, dass die nationalsozialistische
Propaganda wirkungslos gewesen ist. Die Propagandaarbeit der Nationalsozialisten trug
sicherlich dazu bei, dass die NSDAP-Hitlerbewegung, die als unbedeutende Kleinpartei
begonnen hatte, in der Steiermark im Laufe der frühen 1930er-Jahre rasch Bekanntheit
erlangte und von der Bevölkerung wahrgenommen wurde. Die Partei schaffte es, mit ihren
Aktionen wohl im öffentlichen Diskurs präsent zu werden und zu bleiben, denn es kann
angenommen werden, dass wenn der Polizei etwas derart aufgefallen ist, es auch der
Bevölkerung aufgefallen sein dürfte. Zudem nutzte die NSDAP eine ihren Mitteln
entsprechende breite Palette an Methoden, die geeignet war, Aufmerksamkeit zu erringen
und sich in den Köpfen der Menschen zu verankern.
Von 1930 bis 1931 haben die Nationalsozialisten einen Aufschwung erlebt, woraus
geschlossen werden kann, dass die Propaganda insgesamt nicht bloß Aufmerksamkeit
erregt, sondern der NSDAP-Hitlerbewegung auch neue Anhänger und Wähler zugeführt
hat.
Auch wenn die Wirkung einzelner Aktionen nicht beurteilt werden kann, so ist ein Erfolg
der Propagandaarbeit per se kaum zu leugnen.
75
5. Das Ende der legalen Propagandaarbeit 1933
Am 19. Juni 1933 wurde die NSDAP-Hitlerbewegung in Österreich verboten. Bereits
davor wurde die Tätigkeit, insbesondere die öffentliche Tätigkeit und damit die
Propaganda durch Notverordnungen der Regierung stark eingeschränkt.
Im Jänner 1933 jedoch glaubte die Gauleitung in der Steiermark noch, dass es bald zu
Neuwahlen kommen würde und begann mit entsprechenden Vorbereitungen, die gesamt als
„Viermonatswerbeplan“ bezeichnet wurden, der am 1. Februar in Kraft treten sollte. Das
erklärte Ziel war es, den Mitgliederstand zu steigern und damit mehr Helfer für den
Wahlkampf für die vermuteten Neuwahlen zu haben. Die Erhöhung des Mitgliederstandes
sollte aber auch andere Vorteile für die Ortsgruppen bringen, so auch sollten die
Beitragszahlungen für die einzelnen Ortsgruppen herabgesetzt werden können, wenn diese
mehr Mitglieder hätten, wodurch den Ortsgruppen selbst mehr Geld bleiben würde. Zur
Erreichung dieser Zeile auf einem einheitlichen Weg wurde an die Ortsgruppen bereits im
Oktober 1932 ein entsprechender Arbeitsplan geschickt, nach dem diese zu arbeiten
hatten.259 Dieser Arbeitsplan sah sehr detailreich vor, wann, wie und welche
propagandistischen Tätigkeiten und Aktionen vor der, nie stattgefundenen, Wahl
auszuführen waren. Dabei wurde die vermeintliche Zeit vor der Wahl in drei Phasen
eingeteilt, nämlich der Zeit vor der Ausschreibung der Wahl, in die Phase „vom Tage der
Wahlausschreibung an“ und schließlich in den Wahltag selbst. Die ersten Vorbereitungen
sollten in der Unterteilung der Ortsgruppen in „Arbeitsgebiete“ bestehen, die durch
„Werbetrupps“ systematisch „bearbeitet“ werden sollten. Diese „Werbetrupps“ sollten aus
bis zu sechs „gleichartigen“ Leuten zusammengestellt werden, damit meinte man, dass
beispielsweise „Werbetrupps“ aus SA-Leuten oder Arbeitern, je nachdem, wie es um die
politische und soziale Lage der jeweiligen Ortsgruppe bestellt war, zu bestehen hatten.260
Zur Schulung der „Werbetrupps“ wurden die Bezirksleitungen verpflichtet. Im Februar
1933 sollten alle „Amtswalter“ und möglichst viele Parteimitglieder geschult werden.261
Die Aufgabe der „Werbetrupps“ war, zum einen „Vertrauensmänner“ in dem von ihnen
„bearbeiteten“ Gebiet zu installieren und zum anderen in diesem Gebiet regelmäßig
werbend in Erscheinung zu treten. „Das zugewiesene Arbeitsgebiet ist für die Werbetrupps
tägliches Ausflugsziel!“ Als propagandistische Tätigkeiten, die wiederum in einzelne
259 Steirische Gaunachrichten 3 (1933) 4, 7f. / StLA, ZGS K 204, Korrespondenzen NSDAP Gauleitung mit
Bereiche eingeteilt waren, sah man den Verkauf der Parteizeitung „Der Kampf“, womit die
weiteren Aktionen auch finanziert werden sollten, und die Betreuung von Schaukästen und
Anschlagtafeln vor. Daneben waren „Klebezettel u. dgl. […] fallweise massenhaft im
Arbeitsgebiete zu kleben“ und zu bestimmten Anlässen sollten auch Flugblätter, Zeitungen
und Ähnliches kostenlos zur Verteilung gebracht werden.262 Die Werbetrupps waren aber
nicht nur dazu da, Werbematerialien zu verteilen, sie sollten auch durch direkten Kontakt
mit der Bevölkerung, durch Gespräche und Mundpropaganda und bei „besonderen
Anlässen“ mit Sprechchören in den Straßen, werbende Wirkung entfalten.263 Neben dieser
sogenannten „Straßen-Werbung“ war auch die „Hauswerbung“ vorgesehen. Die
„Hauswerbung“ sollte sich, wie der Name schon nahelegt, in den Häusern und Wohnungen
der anzuwerbenden Bevölkerung abspielen. Da der Verkauf von Zeitungen in
Privathäusern verboten war, konnten in der „Hauswerbung“ hauptsächlich
„Werbeflugblätter“, Einladungen, Broschüren und kostenlose Exemplare von Zeitungen
verteilt werden. Die Nationalsozialisten interpretierten auch die im ländlichen Raum
verbreitete Tradition des „Heimgarten“ oder „Hoagascht“ um, eine Veranstaltung in
privaten Gärten, bei der es eigentlich um Volksmusik und gute Laune ging, indem
Nationalsozialisten ihre Nachbarn zu sich einladen und ihnen alle Fragen beantworten
sollten, um somit eine werbende Wirkung zu erzielen. Im Rahmen der „Hauswerbung“ war
es auch „parteigenössische“ Pflicht, sich zuweilen in Gasthäuser zu begeben und unter die
Gäste zu mischen und zu werben.264
Obwohl im Jänner 1933 keine Neuwahlen anstanden, wurde bereits die zweite Phase des
Arbeitsplanes eingeleitet, nämlich die Phase „nach der Ausschreibung der Wahl“.265 Das
bedeutete, dass die Versammlungstätigkeit gesteigert und auch die übrige
Propagandatätigkeit intensiviert werden sollte.266 Doch allzu lange konnte die erhöhte
Versammlungstätigkeit nicht aufrecht erhalten werden, da nach dem Dollfußschen
Staatsstreich ein Versammlungs- und Aufmarschverbot erlassen wurde, weshalb
Versammlungen nur noch in der eingeschränkten Form von Vereinsversammlungen des
262 StLA, ZGS K 204, Arbeitsplan, 7. (Wie Anm. 258). / Steirische Gaunachrichten 3 (1933) 7, 6. Das
Werbematerial wurde vor allem zu besonderen Anlässen, wann immer für die Gauleitung solche vorlagen, an die Ortsgruppen gesandt, allerdings nur zum Teil kostenlos.
263 StLA, ZGS K 204, Arbeitsplan, 7. (Wie Anm. 258). 264 StLA, ZGS K 204, Arbeitsplan, 8. (Wie Anm. 258). 265 Steirische Gaunachrichten 3 (1933) 7, 6. Erste Vorbereitungen für die Vorwahlphase der nicht
stattgefunden Wahlen, nämlich die Ausarbeitung von Versammlungsplänen gemäß den Anforderungen auf Seite 14 des Arbeitsplanes, vgl. StLA, ZGS K 204, Arbeitsplan, 14. (Wie Anm. 258), wurden noch im Jänner 1931 anbefohlen.
266 StLA, ZGS K 204, Arbeitsplan, 12f. (Wie Anm. 258).
77
NSDAV und von sogenannten §2 Versammlungen abgehalten werden konnten.267 Daher
musste auf andere propagandistische Methoden ausgewichen werden, wie
Filmvorführungen und eine erhöhte Anzahl von Schaukästen und Anschlagtafeln für
Plakatpropaganda. Außerdem sollte die Hauspropaganda ausgeweitet werden, die Tätigkeit
der „Werbetrupps“ gewann an Bedeutung, da sie durch den „privaten“ Charakter auch
schwer zu verbieten war. Daneben wurde Wert auf offensives Auftreten im „Braunhemd“
und in Uniform in der Öffentlichkeit gelegt, geplant war, aufzufallen, unter anderem auch
durch lautes Grüßen mit „Heil Hitler“.268
Auch im April 1933 dachte die NSDAP-Hitlerbewegung noch, dass Wahlen im Herbst
1933 abgehalten würden, weshalb die noch erlaubten Propagandatätigkeiten intensiviert
werden sollten. Diese Mittel bestanden in den Vereinsversammlungen, der verstärkten
Verbreitung der Zeitung „der Kampf“ und in „Mundpropaganda“.269
Eine letzte große Propagandakampagne konnte die NSDAP-Hitlerbewegung noch
anlässlich des Wahlsieges der NSDAP in den Reichstagswahlen im März 1933 abhalten270,
doch im Laufe des Frühjahres wurden die legalen Aktionsformen zusehends geringer, auch
weil viele Versammlungen polizeilich untersagt wurden, wohingegen Gewalttaten und
terroristische Aktionen an Häufigkeit zunahmen.271
Veranstaltungen nicht nur im Versammlungskalender angekündigt worden sind, lässt sich
in den Frührapporten der Polizei nachvollziehen. Sowohl in Graz, obwohl dort nicht
gewählt wurde, weshalb dort auch weniger Versammlungen als üblich abgehalten wurden,
als auch vor allem in den Umgebungsgemeinden gab es bis zum 24. April eine eklatante
Häufung von Veranstaltungen.280
Natürlich wurde auch im Parteiblatt „Der Kampf“ eifrig Wahlkampf betrieben und die
Eröffnung desselben mit der Ankündigung von 170 Versammlungen in der ganzen
Steiermark bis Ende März in der Ausgabe vom 12. März 1932 verlautbart. Die folgenden
Ausgaben waren dann gänzlich dem Wahlkampf gewidmet und auch in der Parteizeitung
wurden, wie in den anderen Medien der Partei auch, die Wahlergebnisse der NSDAP in
Deutschland propagandistisch verwertet. Im März war das der erste Wahlgang der
Reichspräsidentenwahlen, bei denen Hitler mit rund 11 Millionen Stimmen Zweiter wurde.
Ausgiebig wurde von den Wählerversammlungen in der Steiermark berichtet, die freilich
alle ausnahmslos, sei es in Hartberg, Mureck oder Kapfenberg, „große Zustimmung“
erhalten hatten und mit „mehreren Beitritten und guten Kampfspenden“ geendet hatten.281
Etwas anderes zu schreiben, hätte ja propagandistisch wenig Sinn gemacht. In der ersten
Aprilausgabe wurde die Titelseite als Aufruf, „das herrschende System“ zu stürzen,
gestaltet, und zwar „Über die Gemeinde- und Landtagswahlen zum Wahren Volksstaat.“.
Dabei wurden alle Berufsgruppen, Bauern, Arbeiter, Beamte, Pensionisten, Kleinrentner,
Gewerbetreibende und Handwerker in der klassischen inkonsistenten, populistischen
Ambivalenz, die der Propaganda und dem Programm der NSDAP zu eigen war,
angesprochen und der „Misserfolg Republik Österreich“282 gegen die
nationalsozialistischen „Heilsversprechungen“ aufgewogen, darunter befanden sich
Parolen, wie „Kampf für ein freies Großdeutschland“, „Kampf gegen den Donaubund“, 280 StLA, ZGS K 132, Poldion. Graz, Frührapport 1.4.1932. Graz; 2.4.1932. Gösting; 3.4.1932. Mariatrost
und Puntigam; 6.4.1932. Waltendorf und St. Peter; 7.4.1932. Liebenau; 8.4.1932. Graz und Kroisbach; 9.4.1932. Rach bei Gösting, Puntigam; 10.4.1932. Mariatrost und Puntigam; 12.4.1932. Eggenberg; 14.4.1932. Waltendorf, Liebenau, Kroisbach und Gratkorn; 16.4.1932. Gösting; 18.4.1932. Eggenberg; 19.4.1932. St. Peter; 20.4.1932. Waltendorf; 21.4.1932. Kroisbach und Eggenberg; 22.4.1932. Waltendorf und Liebenau; 23.4.1932. Gösting.
281 Der Kampf 2 (1932) 10, 7. / Der Kampf 2 (1932) 11, 1. / Der Kampf 2 (1932) 12, 7. „Unsere Redner im Wahlkampf.“ (Versammlungsberichte). / Der Kampf 2 (1932) 13, 7. „Die Anderen lügen – wir predigen Wahrheit!“ (Versammlungsberichte). / Der Kampf 2 (1932) 14, 9. „Mit dem Stimmzettel stürzt das System.“ (Versammlungsberichte). / Der Kampf 2 (1932) 15, 7. „Vor der Abrechnung mit dem System“ (Versammlungsberichte). / Der Kampf 2 (1932) 16, 7. „ Wir bereiten den Zahltag vor.“ (Versammlungsberichte).
282 Der Kampf 2 (1932) 13, 1. Nach Ansicht der Nationalsozialisten lebte in Österreich „Ein Volk von arbeitslosen Arbeitern – von brotlos gewordenen Brotgebern – von stellenlosen Angestellten – von erwerbslosen Gewerbetreibenden – von enteigneten Bauern – beherrscht von Parteibonzen, Juden und Ausländern. - Das ist die Bilanz einer dreizehnjährigen christlich-sozial-demokratischen Parteiwirtschaft in Österreich!“
81
gegen „den Kapitalismus der Juden“ und für das Christentum.283 Dazu erschienen
Wahlkampfsonderfolgen der Zeitung „Der Kampf“, die zum Teil im Straßenverkauf
verschlissen werden sollten, um damit den Rest der Sonderausgaben zu finanzieren, die als
Flugblatt zu verteilen waren. Eine solche Sonderausgabe wurde am 11. April zur
Verkündung des Wahlergebnisses des zweiten Wahlganges der deutschen
Reichspräsidentenwahl herausgebracht, die Hindenburg gewann, in der Hitler mit 13,4
Millionen Stimmen aber als Zweiter hervorging. Die steirischen Nationalsozialisten
erhofften sich, quasi als Trittbrettfahrer, auf der Welle dieses Erfolgs mitschwimmen zu
können, ihrem eigenen Wahlkampf einen zusätzlichen Schwung zu verleihen – „denn es
geht von Wahl zu Wahl immer stürmisch vorwärts und aufwärts“ – und die mobilisierende
Wirkung auf die Parteimitglieder nutzen zu können, denn „Als Deutsche Österreicher
wollen wir unseren Brüdern im Reiche nicht nachstehen und werden auch hier in die
Gemeinden und Landtage das Hakenkreuz tragen.“284 In diesem Sinne hieß es weiters auf
der flugblattartig gestalteten zweiten Seite, „Volk von Oesterreich! […] 13½ Millionen
Deutsche […] haben Adolf Hitler den Oesterreicher, den Sohn unserer Heimat, den Führer
der nationalsozialistischen Bewegung zum Führer der Deutschen Nation gewählt.“ Das
Ganze schloss in einer „religiös“ verklärten, nationalsozialistischen „Heilsversprechung“
vom „Schicksalstag des Deutschen Volkes“. „Der letzte Kampf um Deutschland ist
entbrannt! 2000 Jahre deutscher Geschichte sollen ihren letzten Sinn erhalten – aus Not
und Elend soll ein freies und frohes Volk – aus Zerrissenheit und Ohnmacht das große
Reich der Deutschen erstehen. […] Arbeiter, Bauern und Bürger, Männer und Frauen,
Jugend und Alter – 13½ Millionen Deutsche!285 Einig im Glauben! Einig im Wollen! Einig
im Ziel! Volk von Österreich! Deine Schicksalsstunde naht! Her zu Hitler!“286
Eine weitere Sonderausgabe zum „Wahltag am 24. April“ wurde am Sonntag, dem 17.
April 1932 herausgebracht, die nur 10 Groschen, anstatt der sonst üblichen 30 Groschen
kostete. Auch diese Ausgabe des „Kampf“ war dazu da, den Wählern zu zeigen, warum aus
nationalsozialistischer Sicht, die NSDAP-Hitlerbewegung zu wählen sei und nicht eine der
anderen Parteien. Wiederum wurde dabei in schon bekannter Weise jeder Berufsgruppe
und allen sonstigen anderen Gruppierungen287 für sich einzeln dargelegt, wie die NSDAP-
Hitlerbewegung ihnen zu helfen gedenke und ebenso warum alle anderen Parteien,
283 Der Kampf 2 (1932) 13, 1. 284 Der Kampf 2 (1932) 14a, 1. / In dieselbe Kerbe schlägt auch Der Kampf 2 (1932) 15, 2. Wahlergebnisse
der Reichspräsidentenwahl einzelner Wahlkreise. / Siehe X. Anhang, 1. Abbildungen, Abbildung 1. 285 Die Zahl bezog sich auf das Wahlergebnis des zweiten Wahlganges der Reichspräsidentenwahl. 286 Der Kampf 2 (1932) 14a, 2. 287 „Wie wählt der deutsche Turner“, „An die Lehrerruheständler“, „Bauer und Nationalsozialismus“.
82
insbesondere die „Linken“, aber auch die Christlichsozialen und die „Einheitslisten“ dazu
nicht fähig wären.288 Da in dieser Sonderausgabe wohl auch die Wähler aus der
Bauernschaft angesprochen werden sollten, wurde in der üblichen parteiprogrammlichen
und propagandistischen Ambivalenz Hitler sogar zum „Bauernsohn“ gemacht, „ Adolf
Hitler kennt das Leben auf dem Lande. […] Sein Programm ist das Programm des
österreichischen Landvolks.“289
Die letzte Folge des „Kampf“ erschien am Samstag vor der Wahl, die nochmals auf
Mobilisierung der Wählerschaft ausgelegt war und mit dementsprechenden Aufhängern,
„Brecht die Ketten! Macht euch frei!“, „Zahltag“ und „Gemeinnutz vor Eigennutz“,
daherkam.290
Auch das Material in den Rednerbriefen der Landesleitung der NSDAP-Hitlerbewegung
sollte für die Propaganda genützt werden. Darum hieß es in der im März 1932 erschienen
Mappe „Achtung! Die Mappe 4 erscheint bereits am 10. April und wird sofort nach
Erscheinen zum Versand gebracht, damit den Rednern und Werbern Gelegenheit gegeben
ist, den Inhalt noch in den letzten zwei Wochen des Wahlkampfes zu verwerten!“291 Der
obligatorische Bericht über die „politische Lage“ in der Mappe 4 beschäftigte sich dann
auch tatsächlich mit den anstehenden Wahlkämpfen in Wien, Niederösterreich, Kärnten,
Salzburg und der Steiermark. Dabei wurden alle Parteien, die kandidierten, als
„Einheitsfront der Lüge“ bezeichnet und schließlich wurde einzeln, ganz nach der Art wie
es auch in der Parteizeitung „Der Kampf“ geschah, von den Christlichsozialen bis zu den
Großdeutschen dargelegt, warum diese aus nationalsozialistischer Sicht entweder versagt
oder die Bevölkerung betrogen hätten. Des Weiteren wurden die Propagandisten
angespornt, sich an den „Brüdern im Reiche“ zu orientieren, „Bedenket! Unser Führer
Adolf Hitler erwartet von uns Deutschösterreichern, von seinen Landsleuten, dieselben
Erfolge, die unsere Brüder im Reiche errungen haben.“292 Der Inhalt der Mappe war in den
Themen vor allem gegen die Sozialdemokraten und Christlichsozialen gerichtet und mit
Antisemitismus verbunden.293 Dazu wurden mit ähnlicher Intention, wie auch in der
Zeitung „Der Kampf“, die Wahlresultate der Reichspräsidentenwahl in Deutschland und
der Nationalratswahl von 1930 abgedruckt. „Wir bringen das Wahlergebnis von 1930, um 288 Der Kampf 2 (1932) 15a, 1ff. 289 Der Kampf 2 (1932) 15a, 4. 290 Der Kampf 2 (1932) 16, 1. 291 Rednerbriefe der Landesleitung, Mappe 3, 1932. Normalerweise erschienen die Rednerbriefe erst am 15.
jedes Monats. 292 Rednerbriefe der Landesleitung, Mappe 4, 1932. / Vgl. Der Kampf 2 (1932) 14a, 1. 293 Beispielsweise: „Proletarier“führer“ Renner als Bankenpartner der Finanz- und Zeitungs-Juden.“ oder
„Der Volksverrat bürgerlicher Regierungsparteien. Jüdische Einwanderer als Großgrundbesitzer.“
83
den Rednern die Möglichkeit zu geben, an Hand der Ergebnisse der Wahl am 24. April d. J.
den unaufhaltsamen Aufstieg unserer Bewegung auch in Österreich beweiskräftig
darzulegen.“294 Am 13. April wollte die Gaupropagandaleitung mit dem Versand von
Stimmzetteln und Plakatstreifen an die wahlwerbenden Ortsgruppen beginnen. Die
Stimmzettel sollten von den Propagandisten in jedes Haus gebracht und zu jeder Zeit, vor
allem auch vor den Wahllokalen am Wahltag, verteilt werden, sodass jeder Wähler einen
nationalsozialistischen Stimmzettel bekommen würde. Auch in der „Wahlsonderfolge“ des
„Kampf“ waren Stimmzettel zum Ausschneiden enthalten.295 Zu den Plakatstreifen erging
die Anweisung, dass diese erst in der Nacht auf den Wahltag aufgehängt werden sollten,
damit diese nicht wieder hinuntergerissen würden.296 Davor wurde auch in Form von
Sprechchören Propaganda gemacht, so zum Beispiel am 17. April in Eggenberg, wo laut
Polizei rund 60 uniformierte Nationalsozialisten umherzogen und „dort Sprechchöre zur
Wahlpropaganda für die Gemeinderatswahlen“ abhielten, was allerdings bei den örtlichen
Schutzbundangehörigen auf wenig Gegenliebe stieß, die sich auch beim Amtsleiter der
Gemeinde Eggenberg beschwerten, woraufhin die Gendarmerie die Nationalsozialisten
aufforderte, ihre Propaganda zu unterlassen. Das wollten diese nun wiederum nicht tun,
weshalb sie von der Gendarmerie beanstandet wurden.297
Am Wahltag mussten die Parteimitglieder, wie schon gesagt, noch einmal überall und vor
allem vor den Wahllokalen Stimmzettel verteilen. Am Abend des 24. April war dann noch
ein „Deutscher Abend“ in der Steinfelderbierhalle in Graz zur „Verlautbarung des
Wahlergebnisses“ angesetzt, wohin die Grazer Nationalsozialisten in Uniform und im
Gänsemarsch marschierten. Die Veranstaltung selbst war laut Polizei von 200 Personen
besucht und dauerte bis 1 Uhr 30 in der Nacht. „Auch nach dieser Veranstaltung sind die
uniformierten Nationalsozialisten im Gänsemarsch laut singend durch die Stadt gezogen
und mußten wiederholt zur Ruhe gemahnt werden.“298
Mit der Wahlfeier war die Propaganda im Rahmen der Gemeinderatswahlen in der
Steiermark aber noch nicht zu Ende. Denn danach folgte die propagandistische
Nachnutzung in den, der NSDAP-Hitlerbewegung zur Verfügung stehenden Medien. Die
steirische NSDAP-Hitlerbewegung wollte ihren Wahlerfolg sofort ausgenützt wissen. Die
294 Rednerbriefe der Landesleitung, Mappe 4, 1932. 295 Steirische Gaunachrichten 2 (1932) 15, 2. / Der Kampf 2 (1932) 15a, 3. 296 Steirische Gaunachrichten 2 (1932) 15, 2. 297 StLA, ZGS K 132, Poldion. Graz, Frührapport 18.4.1932. 298 StLA, ZGS K 132, Poldion. Graz, Frührapport 25.4.1932. Als Abschluss wurde in diesem Frührapport
noch Folgendes bemerkt, „Die gestern stattgefundenen Wahlen in Österreich hatten lediglich nur für die Nationalsozialisten einen Erfolg, während die übrigen Parteien einen Stimmenrückgang haben.“
84
Versammlungstätigkeit sollte nicht wieder zum Stillstand kommen und als neue
„Hauptangriffsrichtung“ wurde „Rot“ ins Visier genommen. Ersteres konnte die NSDAP-
Hitlerbewegung im Monat nach der Wahl nicht ganz erfüllen, jedoch war die
Versammlungstätigkeit im Juni 1932 bereits wieder auf einem höheren Level. Die
„Angriffsrichtung Rot“ machte sich zum einen durch die Zerstörung von
sozialdemokratischen Ankündigungskästen, wofür die Nationalsozialisten verantwortlich
gemacht wurden, und zum anderen durch antisozialdemokratische und antikommunistische
Agitationen bemerkbar, besonders nach den Vorfällen vom 2. Juni 1932.299 Die
propagandistische Nachnutzung passierte aber nicht nur in den Versammlungen, sondern
auch in der Form von Werbeflugblättern und vor allem auch in der Zeitung „Der Kampf“,
wo die Nationalsozialisten titelten, „Hitler-Siege auf allen Fronten!“300
Auch in den Rednerbriefen wurden die Wahlen vom 24. April 1932 thematisiert und die
Redner aufgefordert, diese ausgiebig propagandistisch zu nutzen.301 Auch die „Tätigkeiten“
der neuen nationalsozialistischen Mandatare sollten propagandistisch ausgewertet werden,
weshalb in den Rednerbriefen die Weisung erging, dass „alle Redner und Führer, darüber
hinaus tausende Parteigenossen alle Anträge der nationalsozialistischen Fraktionen in den
öffentlichen Körperschaften, in den Versammlungen und bei Zusammenkünften zur
Verlesung bringen! Das schaffende und ausgebeutete, das werktätige und notleidende Volk
muß wissen, wie der Nationalsozialismus Not und Leid des Volkes lindern und beseitigen
will. Unsere Volksgenossen müssen all die Maßnahmen kennen, welche
Nationalsozialisten fordern, deren Durchführung aber die schwarzen, roten und grünen
Nutznießer und Träger des Systems verweigern!“302 Daher wurden in den folgenden
Mappen auch immer wieder derartige Anträge der Nationalsozialisten publiziert, allerdings
nie von Beispielen aus der Steiermark, wohl weil hier kein Nationalsozialist im Landtag
saß.303 Sehr wohl wurden schon früher, demselben Gedanken folgend, zum Beispiel
Aktionen Walter Oberhaidachers im Grazer Gemeinderat in der Zeitung „Der Kampf“
2. Juni 1932 siehe Kapitel c) Methoden und Mittel, Versammlungen. 300 Der Kampf 2 (1932) 17, 1. / Steirische Gaunachrichten 2 (1932) 20, 3. 301 Rednerbriefe der Landesleitung, Mappe 5, 1932. 302 Rednerbriefe der Landesleitung, Mappe 6, 1932. 303 Die letzten Landtagswahlen in der Steiermark vor dem Anschluss waren im November 1930. 304 Rednerbriefe der Landesleitung, Mappe 7-11, 1932. / Der Kampf 1 (1931) 1, 4. „Wahre Demokratie im
Grazer Gemeinderat. „Es ist keine Ehre von diesem Gemeinderat ausgezeichnet zu werden“ sagt Pg. Oberhaidacher, wird dafür zur Ordnung gerufen und erklärt: „Sie können mich – zur Ordnung rufen – von vorne und von hinten!“.“
85
V. Vergleich mit der NS-Propaganda in der Steiermark nach dem Anschluss
In diesem Kapitel soll die Propaganda der NSDAP-Hitlerbewegung der Formierungsphase
mit der Propaganda der NSDAP nach dem Anschluss verglichen werden. Ein Vergleich mit
der Zeit nach dem Anschluss bietet sich aus verschiedenen Gründen eher an, als ein
Vergleich mit der Phase der Illegalität. Zum einen deshalb, weil die Organisation im
Aufbau ähnlicher war und „legal“ und „unbeschränkt“ arbeiten konnte. Zum andern, und
das ist dabei die Hauptüberlegung, weil die Methoden und Mittel einander ähnlicher
waren, da sich in der illegalen Zeit die Methoden durch die neuen Voraussetzungen
vollkommen geändert hatten und das Mittel des Terrors in verschiedenen Ausprägungen
quasi zum wichtigsten Bestandteil geworden war. Der dritte Punkt ist die Quellenlage.
Durch die Illegalität der NSDAP gibt es dementsprechend weniger „interne“ Quellen, an
denen man die Aktivitäten nachvollziehen könnte.
Jedoch gibt es auch zur Propaganda nach dem Anschluss bedeutende Unterschiede. Vor
allem waren Ziel und Sinn der Propaganda gänzlich anders als in der Formierungsphase,
wo es primär darum ging, die Organisation durch die Werbung von Mitgliedern zu stärken
und die Bekanntheit der Partei zu vergrößern sowie in Wahlen Erfolge einzufahren. Nach
dem Anschluss war es logischerweise nicht mehr nötig, Mitglieder zu werben und die
Bekanntheit zu steigern.305 Als „regierende“ Macht ging es der NSDAP nach dem
Anschluss vielmehr darum, die Bevölkerung ideologisch und gesinnungsmäßig auf Linie
zu bringen und je länger die Herrschaft und der 1939 begonnene Krieg dauerte, desto mehr
wandte sich die Propaganda der Aufgabe zu, die Bevölkerung zum „Durchhalten“
aufzufordern und Ausdrucksformen der Unzufriedenheit zu unterdrücken und diesen
propagandistisch entgegenzuwirken.
Natürlich hatten sich mit dem Anschluss die Grundvoraussetzungen der
Propagandatätigkeit, dadurch dass die Nationalsozialisten von da an die Macht hatten,
geändert. Das Regime konnte somit nunmehr auf alle Möglichkeiten der Propaganda
unbeschränkt zurückgreifen und hatte zudem darin auch noch das Monopol.
Doch wie haben die Strukturen der Propagandamaschinerie nach dem Anschluss konkret
ausgesehen und inwieweit können Analogien zur Formierungsphase gezogen werden?306
305 Nach dem Anschluss 1938 gab es zudem einen Mitgliederaufnahmestopp. 306 Die folgenden Ausführungen sind eine gekürzte Version des sich im Druck befindlichen Artikels, Georg
Gänser, NS-Propaganda in der Steiermark. (Im Druck).
86
Das Gaupropagandaamt Steiermark war nach wie vor ein Amt der Gauleitung Steiermark.
Die Mitarbeiter waren letztendlich dem Reichspropagandaleiter Goebbels unterstellt, die
Landesleitung in Linz als Zwischenstufe existierte nicht mehr, sie waren aber auch
„Beauftragte des Gauleiters [Sigfried Uiberreither] für das gesamte propagandistische
Auftreten der nationalsozialistischen Bewegung […]“307. Die Gaupropagandaleitung wurde
von Gaupropagandaleiter Gustav Fischer308 geleitet. Alle ihm untergeordneten Stellen,
einschließlich die des „Ringes für nationalsozialistische Volksaufklärung und Propaganda“,
waren letztlich ihm verantwortlich.309 Das Gaupropagandaamt selbst war wiederum in
Arbeitsgebiete gegliedert, die analog zur Reichspropagandaleitung durch sechs
Hauptstellen vertreten waren, die sich äußerlich doch einigermaßen von den Abteilungen in
der Formierungsphase unterschieden, aber im Endeffekt ähnliche Aufgaben zu erfüllen
hatten. Es gab aber auch neue Abteilungen, die aus den monopolistischen Möglichkeiten
des Regimes entstanden waren und die es im Gaupropagandaamt der Formierungsphase in
dieser Form kaum hätte geben können.
Die erste Hauptstelle nannte sich „Aktive Propaganda“ und wurde von Siegfried Treml
geleitet, der gleichzeitig auch Fischers Stellvertreter war. Diese Hauptstelle beinhaltete die
Unterabteilungen „Lichtbild“, zuständig war hier Karl Zwanzig, „Großveranstaltungen“,
der Verantwortliche dafür war Stefan Moritz, und die Unterabteilung „Plakatwesen und
architektonische Ausgestaltung“, die von Heinz Reichenfelser betreut wurde.310 Die
„Aktive Propaganda“ umfasste die Organisation und Abhaltung von sämtlichen
Propagandaveranstaltungen, seien es Großveranstaltungen oder Aktionen in Ortsgruppen.
Dazu wurden nach wie vor Redner speziell geschult, vermittelt und eingesetzt. Weiters
waren Verbreitung und Herstellung von Flugblättern und Plakaten Aufgabe dieser
Hauptstelle.311
Die zweite Hauptstelle umfasste das Arbeitsgebiet „Kultur“. „Kulturhauptstellenleiter“ war
Dr. Josef Papesch. Seine Untergebenen waren Hanns Holenia, zuständig für „Musik“,
Helmut Kanzler, „Programmgestaltung“ und Dr. Friedrich Pock, „Schrifttum“. Diese
Hauptstelle hatte die „Aufgabe, künstlerisches Schaffen im Sinne des gestaltenden
307 Robert Ley (Hg.), Organisationsbuch der NSDAP. 1940, München 61940, 302a. 308 Einer der wenigen aus der Mitarbeiterschaft der Gauleitung der Formierungsphase. 309 Gauleitung Steiermark (Hg.), Organisations u. Geschäftsverteilungsplan der Gauleitung Steiermark der
NSDAP. Graz 1940, o.S. (Wie Anm. 73). / Gauring für nat.-soz. Volksaufklärung und Propaganda, in: Der Propagandist. Mitteilungen des Gaupropagandaamtes Steiermark 1 (1941) 5/6, 15-18, 16.
310 Organisations u. Geschäftsverteilungsplan der Gauleitung, o.S. (Wie Anm. 73). / StLA, Amtsbibliothek 0118, Ämterführer von Graz und Steiermark 1939/1940, 111. / StLA, LGS Graz Vr-1152/1955. (Wie Anm. 69).
311 Organisationsbuch der NSDAP, 298. (Wie Anm. 306).
87
Ausdruckes der nationalsozialistischen Weltanschauung anzuregen, zu fördern, zu
überwachen und in der Propaganda der Partei, ihrer Gliederungen und angeschlossenen
Verbände einzusetzen.“312 Die Unterabteilung „Programmgestaltung“ sollte
Beispielprogramme für alle möglichen Anlässe und Veranstaltungen der Partei
zusammenstellen.
Die dritte Hauptstelle widmete sich dem „Rundfunk“, geleitet von
„Rundfunkhauptstellenleiter“ Alfons Sigl, der Franz Sigl und Josef Absenger, zuständig für
„Propaganda“ und „Technik“, als Mitarbeiter zugewiesen bekam. Diese hatten sowohl die
Aufgabe, das Rundfunkwesen zu kontrollieren und zu koordinieren, als auch
Propagandaaktionen via Rundfunk durchzuführen.313
Die vierte Hauptstelle befasste sich mit dem Bereich „Film“. Der „Filmhauptstellenleiter“
war Georg Fleischmann. Fleischmann und Alfons Sigl führten ihre Tätigkeit, im Gegensatz
zu Papesch und Treml, hauptamtlich aus.
Die fünfte Hauptstelle „Gauring“ war das Bindeglied zwischen dem Hauptamt der
Reichspropagandaleitung „Reichsring“ und dem Gaupropagandaamt. In den ersten Jahren
war Dr. Hugo Suette „Gauringleiter“.314 Ihm folgte Dr. Alfred Otti als Gauringleiter nach.
Die letzte Hauptstelle des Gaupropagandaamtes Steiermark war das „Gauarchiv“, geleitet
von Alex Sax.315
Dem Gaupropagandaleiter Fischer waren alle Dienststellen sämtlicher Gliederungen und
Verbände316 unterstellt, die sich mit Propaganda befassten.317
Das Gaupropagandaamt fungierte außerdem auch als Leitstelle für alle
„Kreispropagandaämter“ und dadurch auch für alle „Ortsgruppenpropagandaleiter“ des
Gaues. Die „Kreispropagandaleiter“, im Kreis Graz war Dr. Willibald Herzog in dieser
Position, und die Ortsgruppenpropagandaleiter waren in ihrer Arbeit somit nicht nur
Mitarbeiter des jeweiligen Kreisleiters oder Ortsgruppenleiters, sondern waren damit
zusätzlich an Anweisungen des Gaupropagandaleiters beziehungsweise seines Amts
312 Organisationsbuch der NSDAP, 301. (Wie Anm. 306). 313 Organisationsbuch der NSDAP, 301. (Wie Anm. 306). 314 Suette wurde im September 1939 Kreisleiter von Deutschlandsberg. Herbert Blatnik, Drittes Reich,
Zweiter Weltkrieg und Besatzungszeit, in: Helmut Theobald Müller (Hg.), Geschichte und Topographie des Bezirkes Deutschlandsberg, Erster Teilband, Allgemeiner Teil (Große geschichtliche Landeskunde der Steiermark 3/1), Graz-Deutschlandsberg 2005, 187-220, 187.
315 Organisations u. Geschäftsverteilungsplan der Gauleitung, o.S. (Wie Anm. 73). / StLA, Amtsbibliothek 0118, Ämterführer, 111. (Wie Anm. 309). / StLA, LGS Graz Vr-1152/1955. (Wie Anm. 69).
316 Gliederungen und Verbände sind, z.B. SA, HJ, NSKK etc. 317 Organisationsbuch der NSDAP, 302a. (Wie Anm. 306). / Organsitions u. Geschäftsverteilungsplan der
Gauleitung, o.S. (Wie Anm. 73).
88
gebunden.318
Die Kreispropagandaämter waren wiederum analog zu den Gaupropagandaämtern
aufgebaut, das heißt, auch hier gab es die Hauptstellen „Aktive Propaganda“, „Film“,
„Rundfunk“ und „Kultur“.
Die Hauptstelle „Kreisring“ wurde gewöhnlich vom Kreispropagandaleiter übernommen.
Auf Kreisebene wurde eine Verbindungsstelle eingesetzt, die „den ständigen Konnex mit
den Landrats- bzw. Bezirksämtern aufrecht [halten sollte].“319
Auf Ortsebene, also in den Ortsgruppen, war ein Ortsgruppenpropagandaleiter vorgesehen,
der auch die Aufgaben der „Aktiven Propaganda“ und die Verbindungsarbeit zu erledigen
hatte und diesem wiederum waren sogenannte Sachbearbeiter für Kultur, Film und
Rundfunk untergeordnet. Die Ortsringangelegenheiten hatte ebenfalls der
Ortsgruppenpropagandaleiter zu versehen, nur in besonders großen Ortsgruppen konnte ein
eigener „Politischer Leiter“ dafür herangezogen werden.320
Im Ganzen bestand der Propagandaapparat in der Steiermark nach dem Anschluss, im
Unterschied zum Apparat der Formierungsphase, aus drei mehr oder weniger formell aber
nicht unbedingt personell unabhängigen Organisationen, da neben den „parteilichen“
Institutionen der Gauleitung auch die „staatlichen“ Institutionen der Reichsstatthalterei
Steiermark existierten, deren Dienstelle „Reichspropagandaamt“ ebenfalls von Gustav
Fischer geleitet wurde, und weiters der „Ring“ als eher eigenständig betrachtet werden
kann.
Ein Ziel des Gaupropagandaamtes und des „Ringes“ war es, wie schon in der
Formierungsphase, einen möglichst großen Grad an Einheitlichkeit von
Propagandaveranstaltungen in der gesamten Steiermark zu erreichen. Damit die in den
Ortsgruppen tätigen „Propagandisten“ wussten, wie sie zu arbeiten hatten, und wohl auch
auf Anregung von Personen, die missglückte Veranstaltungen erlebt hatten, wurden in den
Mitteilungen des Gaupropagandaamtes Steiermark, „Der Propagandist“321, laufend
Musteranleitungen zur Durchführung von Veranstaltungen veröffentlicht, in denen in
zahlreichen Punkten die einzelnen Schritte, angefangen von der Planung bis zur
eigentlichen Abhaltung und der Nachbereitung, abgehandelt wurden. Da es nach wie vor
für einen nationalsozialistischen Propagandisten offenbar nicht ausreichte, wenn man ihn
318 StLA, Amtsbibliothek 0118, Ämterführer, 111. (Wie Anm. 309). 319 Organisationsbuch der NSDAP, 302b. (Wie Anm. 306). 320 Organisationsbuch der NSDAP, 302b. (Wie Anm. 306). 321 In gewisser Weise ähnlich den „Steirischen Gaunachrichten“, allerdings ausschließlich für
Propagandaangelegenheiten.
89
einmal über den „optimalen“ Ablauf einer Ortsgruppenveranstaltung informierte, wurde in
den drei Jahren, in denen die Zeitschrift „Der Propagandist“ erhalten ist, 1941-1943, jedes
Jahr mindestens zweimal ausführlich erläutert, wie eine derartige Veranstaltung zu
funktionieren habe.322 Denn „der beste Redner aber muß wirkungslos bleiben, wenn die
Versammlung schlecht vorbereitet und durchgeführt wird.“323
Wie sollte nun eine Ortsgruppenveranstaltung organisiert werden? Die Anleitungen sind
darüber einig, dass zu allererst einmal ein Termin festgesetzt und ein Redner angefordert
werden musste. Beides lief über den Kreispropagandaleiter, der die Angelegenheit
wiederum mit dem Gaupropagandaamt abzuklären hatte.324 Ein wichtiger Punkt in allen
Anleitungen war, rechtzeitig Einladungen auszusenden und die Veranstaltung zu bewerben.
Andere Punkte befassten sich mit technischen Vorbereitungen, wie dem Saalschmuck und
dem Rednerpult. Wie die Veranstaltung abzulaufen hatte, vom Einlass über die Eröffnung
und dem Schlusswort, war ebenfalls vorgegeben: „Eröffne die Versammlung kurz und
erspare dir alle langen Vorreden (Beispiel für eine Eröffnung: Ich eröffne die Versammlung
der Ortsgruppe … der NSDAP und bitte den […] Redner X, zu uns zu sprechen). […] Dein
Schlusswort sei kurz und bündig, ebenso dein Dank an den Redner. (Beispiel: Ich danke
dem Redner für seine Ausführungen und schließe die Versammlung mit einem Gruß an den
Führer. Unser Führer Adolf Hitler: Sieg Heil! [3 mal])“ 325.
Wichtig war auch die unmittelbar zu erfolgende Rednerbeurteilung, die sofort nach der
Veranstaltung an den Kreisleiter geschickt zu werden hatte.
„Die Redner erhalten […] laufend genaue Weisungen, was sie behandeln und was sie nicht
behandeln dürfen, und zweitens ist es ja Sinn und Hauptzweck der Versammlung, dem
Volke immer und immer wieder die lapidaren Grundsätze unserer Weltanschauung […]
einzuhämmern.“326
Ein immer noch als wichtig angesehenes Propagandamittel war die Plakatpropaganda. Im
322 „Augustfolge 1941: „25 Punkte …“ […], Oktober 1941: „Das Rednerpult.“, Jänner-Februar 1942: „Die
öffentliche Versammlung in der Ortsgruppe.“, Oktober 1942: „Wie führe ich eine öffentliche Versammlung durch?“, November 1942: „Rahmen einer Feiergestaltung.“, Dezember 1942: „Randbemerkungen zur Versammlungswelle.“, Mai 1943: „Durchführung einer Ortsgruppenversammlung“ […], August 1943: „Würdige Ausschmückung eines Feierraumes.“.“ Rüstzeug für den Propagandisten. Zur Propagandaaktion im Herbst 1943, in: Der Propagandist. Mitteilungen des Gaupropagandaamtes Steiermark 3 (1943) 10, 7-8, 7.
323 Die Öffentliche Versammlung in der Ortsgruppe. Was der Propagandist darüber wissen muß, in: Der Propagandist. Mitteilungen des Gaupropagandaamtes Steiermark 2 (1942) 1/2, 9-13, 9.
324 Die Öffentliche Versammlung. 9. (Wie Anm. 322). / Durchführung einer Ortsgruppenveranstaltung, in: Der Propagandist. Mitteilungen des Gaupropagandaamtes Steiermark 3 (1943) 5, 19-20, 19.
325 Durchführung einer Ortsgruppenveranstaltung. 19. (Wie Anm. 323). / Die Anweisungen haben sich gegenüber den in der Formierungsphase gemachten kaum geändert.
326 Die Öffentliche Versammlung. 13. (Wie Anm. 322).
90
„Propagandisten“ sind immer wieder Artikel, die die richtige Verwendung von Plakaten
erklären und auch entsprechende Positiv- beziehungsweise Negativbeispiele von
Anschlagtafeln in verschiedenen Ortsgruppen, aber auch von einzelnen Verbänden und
Gliederungen in der Steiermark zeigen.327
„Der Propagandist“ fungiert auch als Quelle für Anweisungen des Gaupropagandaamtes
und des Gauringes, womit auch Rückschlüsse auf die Aktivitäten möglich sind. So wurden
regelmäßig Rundschreiben des „Reichs- und des Gauringes für nat.-soz. Volksaufklärung
und Propaganda“ veröffentlicht, von denen einige im „Propagandisten“ überliefert sind.
Ein Beispiel dafür ist das Rundschreiben Nr. 116/41. Dieses beschäftigt sich mit dem
„Winterfeldzug 1941/42“ und gibt Anweisungen zu propagandistischem Handeln
beziehungsweise Vorgaben, was in Bezug auf den Bruch des Hitler-Stalin-Pakts 1941 zu
sagen sei. Die Propagandisten sollten beispielsweise sagen, „wäre es dem Führer durch
seinen Pakt mit Rußland gelungen, die Sowjet-Machthaber mit diesem Mittel zum Frieden
zu zwingen, so hätte der Bolschewismus an seiner Unfähigkeit ersticken müssen“328 und
„Der Führer hat die Entscheidung, die das Judentum 1941 gegen Deutschland fällen wollte,
für Deutschland gegen den Bolschewismus herbeigeführt.“329
Weiters wurden im „Propagandisten“ bisweilen „Anordnungen und Mitteilungen des
Gaupropagandaamtes Steiermark“ abgedruckt. Dabei wurden die Anordnungen in einzelne,
den Hauptstellen im Gaupropagandaamt gewidmete Rubriken unterteilt, sodass jede
Hauptstelle Platz hatte, Ankündigungen und allgemeine Anweisungen zu veröffentlichen.
Die Hauptstelle „Gauring“ konnte zum Beispiel „Themen für Ortsringtagungen“
vermitteln.330 So wurden im Jänner 1943, wohl bereits im Hinblick auf den „10. Jahrestag
der Machtergreifung“, einschlägige Themen vorgegeben, nämlich mit einer
„Gesamtausrichtung auf den 30. Januar 1933.“331 Die Propagandisten sollten in ihrer
Arbeit Vergleiche zwischen der Situation vor der „Machtergreifung“, „Damals“ und
„Heute“, also 1943 ziehen: „a) Politisch. Damals: Uneinigkeit und Zerrissenheit. Heute:
327 Wandtafeln: sauber, ordentlich, wirkungsvoll, in: Der Propagandist. Mitteilungen des
Gaupropagandaamtes Steiermark 1 (1941) 3, 8-9. 328 Mitteilungen und Anordnungen des Reichs- und des Gauringes für nat.-soz. Volksaufklärung und
Propaganda, in: Der Propagandist. Mitteilungen des Gaupropagandaamtes Steiermark 1 (1941) 5/6, 22-23, 22.
329 Mitteilungen und Anordnungen des Gaurings. 22. (Wie Anm. 327). / Auch hier kann man Analogien zur Formierungsphase sehen, die Konzentration auf ein spezielles Thema im Rahmen einer größer angelegten Kampagne.
330 Vgl. die „Rednerbriefe“ und „Nachrichtendienst für n.s. Redner“ beziehungsweise Ausführungen über die „politische Lage“ in den „Steirischen Gaunachrichten“ in der Formierungsphase.
331 Aus der Gaupropagandaleitung, in: Der Propagandist. Mitteilungen des Gaupropagandaamtes Steiermark 3 (1943) 1, 17-18, 17.
91
Ein einiges Volk und Groß-Deutschland […] c) Wehrpolitisch. Damals: Nicht nur
Beseitigung der Wehrmacht, sondern auch des Wehrwillens. Heute: Durch die Partei ein
nationales und wehrbegeistertes Volk, - Die beste Wehrmacht der Welt! [...]“332. Ein
Vergleich „Damals: Demokratisches System. Heute: Diktatur.“ und „Damals: Frieden.
Heute: Weltkrieg.“ wurde aber nicht angestrebt.
Propagandaaktionen im Gau Steiermark, die im „Propagandisten“ angekündigt
beziehungsweise angeordnet worden waren, fanden in den Zeitungen ihren Niederschlag
und erhielten somit einen Nachweis für ihre tatsächliche Durchführung. Mehrmals im Jahr
war die Abhaltung sogenannter „Versammlungswellen“ geplant. Diese hatten eine
besondere Parole und sollten im gesamten Gau abgehalten werden. Die Veranstaltungen
waren auf mehrere Tage angelegt, wie die „Versammlungswellen“ – „Alles für den Sieg“
vom 26. bis 29. März 1942 oder „Für Freiheit, Recht und Brot, Sieg um jeden Preis!“ vom
29. Oktober bis zum 1. November 1942.
Im „Propagandisten“ wurden diese „Versammlungswellen“ nur sehr lapidar und mit der
Aufforderung an alle Redner, sich für diese Tage freizuhalten, angekündigt.333 Dass diese
stattgefunden haben und wie diese in verschiedenen Orten abgelaufen sind, kann man zum
Beispiel aus der „Weststeirischen Rundschau“ und auch aus der „Tagespost“ ersehen. Die
„Weststeirische Rundschau“ schrieb über die „Versammlungswelle“ im März 1942, dass
im Kreis Deutschlandsberg in 14 Ortsgruppen „die Besucher über die politische Lage und
über die kriegswirtschaftlichen Maßnahmen in eingehender Weise aufgeklärt wurden334.“
Die „Tagespost“ berichtete darüber weitaus ausführlicher, vor allem über den Besuch des
Gauleiters Eigruber aus „Oberdonau“, der zusammen mit dem steirischen Gauleiter
Uiberreither in Bruck a.d. Mur gesprochen hatte. Auch der Gaupropagandaleiter der
Steiermark, Gustav Fischer, war bei dieser Veranstaltung anwesend.335 Durch diese
Schilderung wird deutlich, dass der Ablauf der Veranstaltung den schon vorher genannten
Anleitungen entsprochen hat. Begonnen wurde mit einem „Fahneneinmarsch“ und mit
Marschmusik, dann wurde die Veranstaltung von Uiberreither eröffnet, auf den wiederum
der Hauptredner folgte, in diesem Fall Eigruber. Nach dessen Rede wurden der Führer
„geehrt“ und die Lieder der Nation gesungen.336
332 Aus der Gaupropagandaleitung. 17. (Wie Anm. 330). 333 Versammlungswelle 26. bis 29. März 1942, in: Der Propagandist. Mitteilungen des Gaupropagandaamtes
Die Anordnungen und Ausführungen lassen erkennen, dass die Methoden, vor allem durch
die erweiterten Möglichkeiten mit Film und Rundfunk und der Monopolisierung der
Propaganda, zwar umfangreicher geworden sind und die Zielsetzung nach dem Anschluss
eine Andere gewesen ist, aber die Durchführung und Methodik ist im Großen und Ganzen
gleich geblieben. Allerdings konnten die propagandistischen Aktivitäten der
Nationalsozialisten nach dem Anschluss, im Gegensatz zu den Gegebenheiten in der
Formierungsphase, ungehindert, finanziell und materiell unbeschwert ablaufen.
93
VI. NS-Propagandatheorien
Welche Konzepte und Theorien standen hinter der nationalsozialistischen Propaganda? Die
Propaganda der NSDAP wurde traditionell als unwiderstehlich und in alle Sphären
eindringend angenommen, die Propagandisten als Meister oder sogar Künstler ihres Fachs
gesehen und ihr Wissen um die „Kunst“ der Beeinflussung der Massen als einzigartig
eingestuft. Zur Erklärung der Propagandakonzeption der Nationalsozialisten wurde
vielfach das entsprechende Kapitel aus Hitlers „Mein Kampf“ herangezogen, in dem Hitler
eher rudimentäre propagandistische Grundsätze formuliert hatte, die „jedoch nur den
Charakter eines allgemeinen Rahmens [besaßen].“337 Tatsächlich gab es größere
Unterschiede zwischen dem, was Hitler und die anderen Propagandisten im Bezug auf ihre
Theorie gesagt hatten und wie die praktische Propagandaarbeit ablief, die sehr differenziert
und den jeweiligen Erfordernissen angepasst war, also einen „primär praktizistischen
Zugang“ darstellte.338 Geleitet wurde die Propagandatheorie und zum Teil auch die Praxis
jedoch von einem äußerst simplifizierenden und negativen Menschenbild und der
Meinung, dass Menschenmassen mechanisch beherrschbares, formbares, willenloses
„Menschenmaterial“ wären, die darauf warteten, dass man ihnen mit den Mitteln der
Propaganda, Botschaften einhämmerte. Dabei wäre die „Masse“ nur beschränkt
aufnahmefähig, weshalb man in Reden und mit Symbolen und Bildern, die immer gleichen
Botschaften in einfachster Form solange wiederholen müsste, bis jeder sie verstanden und
aufgenommen hätte. „Da dies aber ein naiv-illusorisches Bild von Subjektivität war, die
Menschen in der Praxis so nicht funktionierten, sich nicht widerstandslos füttern ließen,
bedurfte die NSDAP-Propaganda daher immer auch der Gewalt.“339 Die Gewalt, sowohl in
Form von tatsächlicher Gewaltanwendung, aber vor allem in Form von Drohpotenzial, in
Gestalt von uniformierten Aufmärschen, SA-Saalschutz und anderem, war wohl ein
wichtiger Bestandteil der Propagandaarbeit, auch wenn dieser Ansatz in keiner der
offiziellen Theorien der Nationalsozialisten vorkam.
Die US-amerikanische Propagandaforschung stellte während des Zweiten Weltkriegs eine
Liste mit den aus dem praktischen Tun der Nationalsozialisten erkennbaren
Propagandagrundsätzen zusammen, von denen einige wohl auch auf die Zeit vor der
„Machtergreifung“ zutrafen, wenn auch die meisten nur im Zusammenhang eines 337 Paul, Aufstand der Bilder, 53. (Wie Anm. 1). / Thymian Bussemer, Propaganda. Konzepte und Theorien,
Alfred Polgar schrieb, dass 1922 das österreichische Innenministerium eine „gesteigerte
Neigung zu ordnungswidriger Geltendmachung der Empfindungen“ in der Bevölkerung
festgestellt hatte.342 Auch wenn diese Formulierung des Innenministeriums seltsam
erscheinen mag, so kann diese „Neigung“ auch in der Propaganda der NSDAP-
Hitlerbewegung in der Steiermark wiederentdeckt werden.
Überhaupt kann die Propagandaarbeit der Nationalsozialisten als aggressiv eingestuft
werden, sowohl in der Form, in ihren Methoden, Themen und in ihrer Sprache. Eine
Propaganda, der es nicht so sehr um Vermittlung von Inhalten ging, sondern die in ihrer Art
dazu gedacht war und auch geeignet war, eine Partei, deren Bekanntheitsgrad an der
Schwelle zur Nichtigkeit lag, in die politische Wahrnehmung zu bringen und nicht nur das,
der Partei sollten damit auch Anhänger und Wähler zugeführt werden. Auch wenn nicht ein
bestimmtes Ereignis, eine Versammlung oder eine andere spezielle Aktion als
propagandistischer Erfolg gewertet werden kann, weil das die Quellen nicht zulassen, ist es
doch möglich, die Propaganda der NSDAP-Hitlerbewegung insgesamt als durchaus
erfolgreich einzustufen. Durch die Vielzahl und Verschiedenheit ihrer Methoden, neben
den klassischen Versammlungen gab es auch Aufmärsche jeglicher Art, Propagandafahrten,
Feiern – seien es Weihnachtsfeiern oder „Julfeiern“, Wahlsiegesfeiern oder Hitlers
Geburtstag – sowie Gewaltakte, wobei es keine Rolle zu spielen schien, wer diese auslöste
und als Folge von diesen inszenierte Begräbnisse, wie das Begräbnis August Aßmanns,
konnten die Nationalsozialisten auch mit eher geringen finanziellen Mitteln und mit oft
nicht optimalen und regional stark divergierenden Organisationsgraden der Partei
erreichen, dass sie in irgendeiner Weise überall Aufmerksamkeit erregten. Wie schon
gesagt, viele der angewandten Methoden waren sozusagen als „Zwangsbeglückung“ der
Bevölkerung angelegt, so konnte ein zweistündiger Begräbniszug durch die Grazer
Innenstadt zum Zentralfriedhof kaum nicht bemerkt werden, zumindest wurde in
irgendeiner Form von diesem wohl gehört. Zudem waren viele der Aktionen gezielt als
Provokation der politischen „Gegner“ gedacht und es liegt ja wohl in der Natur der Sache,
dass diese auf eine wie immer geartete Resonanz gestoßen sind, nach dem Motto, „any
News are good News“.
Deutlich sichtbar wird bei der Betrachtung der Themen der Propaganda, wie sehr die
342 Alfred Polgar, Das große Lesebuch. Zusammengetragen und mit einem Vorwort von Harry Rowohlt,
Zürich 22003, 142.
96
Nationalsozialisten bei fast jeder Gelegenheit den Hass gegen die jüdische Bevölkerung
geschürt haben, wie diese als Sündenböcke für alle schlechten Zustände hingestellt worden
sind und wie die Nationalsozialisten ihr rassisch und rassistisches Konzept des „deutschen
Vollmenschen“ und der „deutschen Volksgemeinschaft“ als Lösung angepriesen haben.
Freilich, Einzelerfolge sind schwer feststellbar, aber, und das kann hier nur wiederholt
werden, die Propaganda der NSDAP-Hitlerbewegung, die diese von ca. 1928 bis 1933
betrieben hat, ist nicht wirkungslos geblieben. Dabei muss man sich jedoch bewusst sein,
dass es eine ultimative, unentrinnbare und von unwiderstehlicher suggestiver Kraft seiende
Propaganda nicht gegeben hat und nicht gibt. Auch die beste Rhetorik hat ihre Grenzen.
Außerdem sollte jeder Mensch etwas Eigenverantwortlichkeit haben, denn die Menschen
entsprechen durchaus nicht dem reduktionistischen Menschenbild Hitlers.
Propaganda braucht einen Nährboden, auf dem sie gedeihen kann, Umstände, die es einer
extremen, vielfach unkonkreten und aggressiven Propaganda der Nationalsozialisten
erlaubt haben, zu wirken. Dieses Umfeld war durch die allgemeine Unzufriedenheit, durch
die „gesteigerte Neigung zu ordnungswidriger Geltendmachung der Empfindungen“, die
Weltwirtschaftskrise, finanzielle Nöte, Arbeitslosigkeit und durch eine wohl auch durch
den Ersten Weltkrieg verrohte und gewaltbreite, sich durch hohes Aggressionspotenzial
auszeichnende Bevölkerung – es war ja nicht so, dass die Nationalsozialisten als einzige
Gruppierung faschistoide Schlägergruppen aufgestellt hatten, kaum eine Partei, ob rechts
oder links, hatte das nicht – durchaus gegeben.
Es ist wohl möglich, Parallelen zur heutigen Situation zu ziehen, in der wieder faschistoide
Individuen und Extremisten ihr Unwesen treiben. Dies bedarf aber einer eigenen
wissenschaftlichen Analyse.
Hier besteht die Hoffnung, dass durch Rückblicke auf die Geschichte, auf die Methoden
und Aktionen der Nationalsozialisten – als solcher Dienst soll diese Arbeit auch verstanden
werden – jede Form von Extremismus und Fanatismus, sei es religiös oder politisch,
leichter zu erkennen und zu entlarven ist.
97
VIII. Quellen
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98
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103
X. Anhang 1. Abbildungen Abbildung 1. Kopf des Titelblatts einer Wahlkampfsonderausgabe der Zeitung „Der Kampf“ aus dem Gemeinderatswahlkampf, April 1932.343
343 Der Kampf 2 (1932) 14a, 1.
104
Abbildung 2. Werbeplakat für „Der Kampf“.344 Abbildung 3. Werbeflugzettel für „Der Kampf“, auf der Rückseite Blankoeinladung zu einer Versammlung.345
Abbildung 13. Titelblatt der Mappe 7 der Rednerbriefe der Landesleitung Österreich, NSDAP-Hitlerbewegung.355 Abbildung 14. Artikel aus der Augustausgabe der „Rednerbriefe“.356
355 Rednerbriefe der Landesleitung, Mappe 7, 1932. 356 Rednerbriefe der Landesleitung, Mappe 8, 1932.
112
Abbildung 15. Muster einer Rednerbenachrichtigung.357 Abbildung 16. Muster eines Versammlungsberichts.358
357 Dienstbuch der NSDAP, Formblatt 21. 358 Dienstbuch der NSDAP, Formblatt 22.
113
Abbildung 17. Walter Oberhaidacher.359 Abbildung 18. Gustav Fischer.360 Abbildung 19. Karl Urragg.361 Abbildung 20. „Die Braunhemden“, „großdeutsche Spielschar“ aus Berlin.362
Abbildung 21. Der Begräbniszug August Aßmanns vor der Parteikanzlei in der Kroisbachgasse, Graz.363 Abbildung 22. Das Grab August Aßmanns am Grazer Zentralfriedhof.
363 StLA, ZGS K 217, NS-Photographien.
115
2. Graphiken Abbildung 23. Der Propagandaapparat 1931.
116
Abbildung 24. Der Propagandaapparat 1932, nach Einführung des „Dienstbuches“.
117
Abbildung 25. Das Gaupropagandaamt 1933.
118
Abbildung 26. Die NS-Propagandaorganisation nach 1938.