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Kelemen‐Finan J. & Holzer Th. 2015. Niederösterreichische Naturschutzakademie: Wissensvermittlung und Bewusst‐seinsbildung in Ostösterreich. Biodiversität und Naturschutz in Ostösterreich ‐ BCBEA 1/1: 227–230.
Online seit 5 Mai 2015
Die NÖ Naturschutzakademie wurde 2013 gegründet, mit dem Ziel, den Wissenstransfer zwischen Forschung und Praxis im Bereich Ökologie, Naturschutz und Landnutzung zu verbessern und damit zu Fortbildung und Bewusstseinsbildung beizutragen.
Obwohl die Notwendigkeit einer Naturschutzakademie in Österreich seit Jahren diskutiert und als notwendig erachtet wird (ÖGÖ 2000, Pachinger 2000), gibt es bislang keine adäquate, bundeslän‐der‐übergreifende Einrichtung. Die Implementierung scheiterte bislang vor allem an der Finanzie‐rung.
Im Jahr 2013 beschlossen der Landschaftsplaner Thomas Holzer und die Ökologin Julia Kelemen‐Finan einen gemeinnützigen Verein mit den Agenden einer Naturschutzakademie zu gründen, als ersten Schritt zum Schließen dieser Lücke, zumindest für Ostösterreich. Denn obwohl „Niederöster‐reich“ im Titel steht, war bald klar, dass es sinnvoll ist, auch das Burgenland und Wien zu inkludie‐ren. Mittlerweile bietet die NÖ Naturschutzakademie im 2. Veranstaltungsjahr eine Palette von Fachkursen bis zu Naturerlebnisaktivitäten in allen drei Bundesländern an.
Mit dabei im Vorstand sind Monika Kriechbaum, Professorin am Institut für Integrative Natur‐schutzforschung an der Universität für Bodenkultur in Wien (BOKU), sowie Brigitte Schuster, Land‐schaftsplanerin, Lehrerin und ÖKOLOG‐Koordinatorin an der Landwirtschaftlichen Fachschule in Tulln. (Anm.: ÖKOLOG ist das vom österreichischen Bildungsministerium initiierte Schulnetzwerk zur Bildung für Nachhaltigkeit.)
Priorität bei den Veranstaltungen ist dabei stets, fachlich und didaktisch hochwertige Inhalte mit top‐qualifizierten ReferentInnen aus den verschiedenen Fachrichtungen anzubieten. Einen Schwer‐punkt dabei bilden Freilandkurse zur Vermittlung von Artenkenntnis und deren praktische Anwen‐dung in Naturschutz und Landschaftsplanung. Bisher wurden Fachkurse über Heuschrecken, Fle‐dermäuse und Tagfalter angeboten. Aufgrund der großen Beliebtheit sind diese Tiergruppen im Jahr 2015 erneut Inhalt von Kursen, mit erweiterten inhaltlichen Aspekten und zum Teil in anderen Na‐turräumen. Hinzu kommen im heurigen Programm Fachkurse mit botanischen bzw. vegetationsöko‐logischen Schwerpunkten, z. B. über Wiesenlebensräume in Ostösterreich und über Moose.
Da die ReferentInnen durchwegs praxiserprobte Experten sind (u. a. von der Koordinationsstelle für Fledermausschutz und ‐forschung, der Arbeitsgemeinschaft Heuschrecken Österreichs und der Uni‐versität Wien), können sie auch viele Tipps und Tricks zu Naturschutz‐ und Natura 2000‐relevanten Fragenstellungen verraten. Die bisherigen KursteilnehmerInnen waren überwiegend Personen, die u. a. in Planungsbüros, NGOs oder an Universitäten tätig sind und diese neue Gelegenheit zur Fort‐bildung schätzen.
Neben den biologisch‐ökologischen Fachkursen bietet die NÖ Naturschutzakademie auch Kurse zur Perfektionierung der persönlichen Fähigkeiten an, die für die praktische Arbeit in Naturschutz und Forschung benötigt werden: Bereits im Herbst 2014 wurde der erste GIS‐Kurs (mit Freeware) angeboten, weitere folg(t)en, und im Sommer 2015 gibt es einen 6‐tägigen Intensivkurs zum Thema „English for Environmentalists“. Letzterer wird in Kooperation mit unserem „großen Bruder“, der Alfred Toepfer Akademie für Naturschutz (NNA) in Niedersachsen durchgeführt.
Eine weitere Zielgruppe sind Multiplikatoren in der formalen Bildung (PädagogInnen) und der Um‐weltbildung (Naturvermittler u. a.). Nach einigen Forschungs‐ und Praxisprojekten mit dieser Ziel‐gruppe stellte sich heraus, dass gerade Lehrpersonen großes Interesse an Freilandprojekten haben, obwohl die Rahmenbedingungen oft schwierig sind (Kelemen & Dedova 2014). Daher wurden geeig‐nete Fortbildungs‐Veranstaltungen konzipiert. 2014 fanden insgesamt zehn sehr gut besuchte „Fal‐tertage“ in ganz Ostösterreich statt. Dabei lernten die PädagogInnen in einem Halbtag im Freiland,
wie „cool“ Schmetterlinge sind, und wie sehr sich bei geeigneter Methodenwahl Kinder und Jugend‐liche dafür begeistern. Für 2015 sind – in einem ähnlichen Format – „Trockenrasentage“ in NÖ, Bur‐genland und Wien geplant. Auch bei dieser „Multiplikatoren‐Offensive“ wurde und wird die NÖ Naturschutzakademie von Kooperationspartnern unterstützt, wie dem Naturschutzbund Bur‐genland, der Wiener Magistratsabteilung MA22 und der Universität für Bodenkultur. Seit kurzem ist die NÖ Naturschutzakademie auch Mitglied im Netzwerk Umweltbildung, wo ein aktiver Austausch der Akteure zur Bildung für nachhaltige Entwicklung erfolgt.
Weiters ist für kommenden Herbst ein Fach‐Workshop zum Management von Trockenlebensräu‐men im Pannonischen Raum geplant, in Kooperation mit Partnern aus ganz Ostösterreich. Dieser Workshop bildet den Auftakt zu einem Erfahrungsaustausch zwischen Akteuren aus der Praxis, Verwaltung und Wissenschaft, die sich aktiv um innovative Lösungsansätze für fachlich geeignete
Die NÖ Naturschutzakademie betrachtet ihr Programm und ihre Aktivitäten als Beitrag zur Erfül‐lung der Vorgaben in der Österreichischen Biodiversitätsstrategie und der Nachhaltigkeitsstrategie, insbesondere zum Leitziel der Bildung und Forschung. Die NÖ Naturschutzakademie möchte als Plattform verschiedenster Akteure den Dialog zwischen Forschung und (Naturschutz‐) Praxis för‐dern und Wissen über ökologische und ökonomische Zusammenhänge vermitteln, um mehr Men‐schen zum aktiven Natur‐ und Artenschutz zu motivieren. Nur eine umfassend informierte, kom‐munikationsfreudige Gesellschaft kann kreative Lösungsansätze für die Erhaltung einer lebenswer‐ten Zukunft in einer vielfältigen Landschaft finden. In diesem Sinne sind alle herzlich eingeladen mitzumachen!
Literatur
Gantner B., Allex B., Brandenburg C., Kelemen‐Finan J., Holzer T., Winter S., Kriechbaum M., Seiberl M., Liebl U. 2013. Laienmonitoring mit Schülern. Ergebnisse eines Modellprojektes mit verschiedenen Artengruppen. Naturschutz und Landschaftsplanung 45/6: 183–188.
Kelemen‐Finan J. & Dedova I. 2014. Vermittlung von Artenkenntnis im Schulunterricht: Ergebnisse einer Befragung von Lehrpersonal in Österreich und bildungspolitische Relevanz. Naturschutz und Landschaftsplanung 46/7: 219–225.
ÖGÖ (Österreichische Gesellschaft für Ökologie) 2000. Möglichkeiten und Aufgaben einer österreichischen Natur‐schutzakademie. Bedarfsstudie im Auftrag des Zentrums für Natur‐ und Umweltschutz der Universität für Boden‐kultur, Wien.
Pachinger B. 2000. Aufgaben und Möglichkeiten einer österreichischen Naturschutzakademie. Endbericht. Zentrum für Natur‐ und Umweltschutz der Universität für Bodenkultur, Wien. Im Auftrag des BMLFUW.