www.loeffler-notfallmedizin.de/downloads modifiziert aus: AMBOSS-Lernprogramm (www.amboss.miamed.de) Neuroanatomie Begleitskript zur Unterrichtseinheit für Gesundheits- und Krankenpflegeschüler/-innen Unterrichtsbegleitend, ausschließlich zum internen Gebrauch. Keine Vervielfältigung oder Weitergabe an Dritte! Trotz aller Sorgfalt bei der Auswahl der Inhalte übernimmt Löffler Notfallmedizin keine Gewähr für die Inhalte dieses Skriptes. Insbesondere bei Applikations- und Dosierungsangaben von Me- dikamenten sind aktuelle Leitlinien zu berücksichtigen. Dieses Script bleibt Eigentum von Löffler Notfallmedizin. Die Teilnehmer können dieses Script auch über den Kurs hinaus uneingeschränkt selbst nutzen, dürfen es aber nicht an Dritte weiter- geben oder verkaufen, weder persönlich noch im Internet. Vervielfältigung – auch in Auszügen – ist untersagt. Die enthaltenen Bilder, Logos, Tabellen und Grafiken sind urheberrechtlich ge- schützt. Löffler Notfallmedizin Medical Products, Solutions & Services Florian R. Löffler, MD Arzt für Anästhesiologie, Rettungs- und Intensivmedizin eMail: [email protected]www.loeffler-notfallmedizin.de
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Neuroanatomie...Neuroanatomie Begleitskript zur Unterrichtseinheit für Gesundheits- und Krankenpflegeschüler/-innen Unterrichtsbegleitend, ausschließlich zum internen Gebrauch.
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Gehirn und das Rückenmark bilden das zentrale Nervensystem (ZNS). Das Gehirn bzw. das Rücken-mark liegen geschützt im knöchernen Schädel bzw. im Wirbelkanal und sind von einer weiteren Schutzschicht - dem Liquor cerebrospinalis - umgeben. Die Aufgaben des ZNS sind vielfältig: So inte-griert es Reize, die von außen oder innen auf den menschlichen Organismus wirken, koordiniert alle motorischen Abläufe und stimmt zudem alle Systeme aufeinander ab. Seine Funktionsweise ist bis heute aber noch nicht vollständig verstanden. Gehirn und Rückenmark bestehen jeweils aus grauer und weißer Substanz. Die graue Substanz setzt sich größtenteils aus Nervenzellkörpern zusammen und ist in der Großhirnrinde bzw. im schmetter-lingsförmigen inneren Anteil des Rückenmarks zu finden. Anders ist dies bei der weißen Substanz, die ihre weiße Farbe hauptsächlich von markhaltigen Nervenfasern erhält: Sie bildet im Gehirn das innen gelegene und im Rückenmark das außen gelegene Gewebe. Das periphere Nervensystem (PNS) umfasst das Nervengewebe außerhalb des Gehirns und des Rü-ckenmarks. Die Unterscheidung zwischen PNS und ZNS ist allerdings rein topographisch, funktionell lassen sie sich nicht voneinander abgrenzen. Die Aufgabe des PNS ist es, Informationen zwischen dem Gehirn bzw. Rückenmark und dem restlichen Körper zu übermitteln. Das Gehirn entwickelt sich ab der vierten bis fünften Woche aus drei primären Gehirnbläschen und reift bis zur Geburt heran. Es unterliegt im Laufe des Lebens jedoch ständigen Entwicklungs- und Um-bauprozessen.
Anteile des ZNS
Gehirn Das Gehirn ist bis zu 1,5kg schwer, wobei das männliche Gehirn im Durchschnitt schwerer ist als das weibliche. Es besteht zwischen beiden Geschlechtern jedoch kein Unterschied bezüglich des Intelli-genzquotienten, sodass davon ausgegangen wird, dass die Intelligenz nicht mit der Größe des Ge-hirns korreliert. Man unterscheidet im Gehirn drei große Bereiche (Rhombencephalon, Mesencepha-lon, Prosencephalon), deren Aufteilung auf die embryologische Entwicklungsgeschichte zurückzufüh-ren ist. In der Literatur werden die Bereiche leider nicht einheitlich bezeichnet; Grundlage dieser Lernkarte ist daher die Terminologia anatomica. Steckbrief:
• Funktion: Integration, Koordination und Regulation aller Organfunktionen, Bewegungen und Verhaltensweisen
• Lage: Teil des ZNS im knöchernen Schädel • Form
o Ähnelt einer Walnuss o Zwei miteinander verbundene Hemisphären
▪ Bildet hauptsächlich die äußere Schicht des Gehirns ▪ Besteht aus grauer Substanz
o Marklager ▪ Liegt unterhalb der Rinde und damit im Inneren des Gehirns ▪ Besteht aus weißer Substanz
• Bestandteile o Neurone o Hauptsächlich Gliazellen
Orientierung und Lagebezeichnungen am Gehirn: Dargestellt ist ein Sagittalschnitt des Gehirns mit den Lagebezeichnungen, je nachdem, ob man im Be-reich des Großhirns oder des Hirnstamms ist: Da sich das Großhirn während der Embryonalentwick-lung aus einer kraniokaudalen Achse (Meynert-Achse) in eine ventro-dorsale Achse (Forel-Achse) legt, sind dementsprechend auch die Lagebezeichnungen des Großhirns um 90° gegen den Uhrzeigersinn verdreht.
Aufbau und wichtige Strukturen des Rückenmarks (ventral): Links: Schematischer Querschnitt des Wirbelkanals auf verschiedenen Höhen. Deutlich sichtbar ist der Größenunterschied zwischen Cervical- und Thorakalmark. Im Bereich der Cauda equina ziehen ledig-lich noch die Spinalnervenwurzeln durch den Wirbelkanal (hier entsprechend der entstehenden Spinal-
nerven gruppiert). Mitte links: Rückenmark in Bezug zur Wirbelsäule bei schematisch nach ventral er-öffnetem Spinalkanal. Mitte rechts (ventral) bzw. rechts (dorsal): Darstellung des Rückenmarks ohne Wirbelsäule mit Verdeutlichung der einzelnen Rückenmarksabschnitte sowie der Verdickungen (Intu-mescentiae) und Furchen (Fissurae).
Morphologie Das ZNS besteht makroskopisch aus zwei Hauptgeweben: der grauen und der weißen Substanz. Ihre Lage zueinander verhält sich in Gehirn und Rückenmark entgegengesetzt. So bildet die graue Sub-stanz im Gehirn die äußere Schicht, im Rückenmark jedoch die innere.
Austritt der Hirnnerven aus dem Hirnstamm: Ansicht von basal auf den Hirnstamm. Die zwölf Hirnnervenpaare haben ihren Ursprung im Mesence-phalon, im Pons oder in der Medulla oblongata.
Im Körper werden grundlegend zwei verschiedene Nervensysteme unterschieden: das zentrale Ner-vensystem, das aus Gehirn und Rückenmark besteht, und das periphere Nervensystem, das alle Nerven außerhalb des ZNS umfasst. Nerven sind die „Stromleitungen“ des menschlichen Körpers. Sie steuern u.a. Bewegungen und Organfunktionen und dienen als Überträger sensorischer Inputs. Sie können je nach Systemzugehörigkeit (peripheres oder zentrales Nervensystem bzw. somatisches oder vegetati-ves Nervensystem) und Funktion sehr unterschiedlich aufgebaut sein, ihre Neurone haben jedoch alle den gleichen Aufbau aus Zellkörper und Zellfortsätzen (Axone und Dendriten). Neurone nehmen Infor-mationen auf und leiten sie an andere Nerven oder ihr Zielorgan weiter. Diese Informationen werden entlang der Nervenfaser entweder kontinuierlich und damit langsamer oder saltatorisch (sprunghaft) übertragen. Soll die Information auf eine andere Nervenfaser oder ein Organ übertragen werden, ge-schieht dies mithilfe elektrischer oder chemischer Synapsen, die dafür Transmitter (z.B. Acetylcholin, Noradrenalin, Dopamin etc.) nutzen. Informationen des vegetativen Nervensystems werden dabei im Zuge ihrer Weiterleitung in Ganglien umgeschaltet. Man unterscheidet Nervenfasern auch anhand ih-rer Funktion bzw. der Richtung ihrer Informationsweiterleitung in Afferenzen und Efferenzen: Afferen-zen leiten Informationen aus der Peripherie des Körpers zum ZNS, Efferenzen hingegen Informationen aus dem ZNS in die Peripherie.
Nervengewebe
Die Zellen des Nervensystems entstehen aus dem Neuroektoderm, einem der drei Keimblätter, und können in zwei Gruppen unterteilt werden: Neurone (Nervenzellen) und Gliazellen (Supportzellen). Neurone (Nervenzellen) Neurone sind im peripheren und zentralen Nervensystem zu finden und fungieren v.a. als Aufnahme-, Weiterleitungs- und Verarbeitungselemente von Reizen. Jedes Neuron besteht aus einem Zellkörper und den dazugehörigen Fortsätzen (Dendriten und Axone) und ist funktionell gerichtet aufgebaut (Signalempfang/Rezeptor → Signalüberleitung → Signalweitergabe). Die Fortsätze werden auch als „Neuriten“ bezeichnet und bilden das Neuropil („Nervenhaar“). Es stellt die Verbindung zu Synapsen her, über die Neurone miteinander verbunden sind. Zellkörper Kern
• Aufbau: Entspiralisierte DNA • Färbeverhalten: In Nissl-Färbung insgesamt blass gefärbt (da wenig Heterochromatin); Nu-
cleolus stark anfärbbar
Perikaryon (Soma)
• Versorgungszentrum des Neurons → Hohe Stoffwechselaktivität → Große Anzahl an Organel-len
o Nissl-Schollen: Raues endoplasmatisches Retikulum, das nach Färbung mit basischen Stoffen als körnige Substanz sichtbar wird
Axonhügel (Ursprungskegel, Colliculus axonis)
• Funktion: Ausgangspunkt des Axons, Umwandlung von Depolarisationen in Aktionspotentiale
o Konvergenz erregender und hemmender postsynaptischer Potentiale → Auslösung einer Depolarisation
o Hohe Dichte an Natriumkanälen in der subplasmalemmalen Verdichtungszone des sog. Initialsegments → Erregungsschwelle niedrig → Depolarisationen leichter in APs umgewandelt → Weiterleitung der APs über Axon
• Morphologie: Frei von Nissl-Schollen
Cytoskelett
• Neurofilamente: Intermediärfilamente der Nervenzellen; lagern sich zu Neurofibrillen zusam-men
• Neurotubuli: Mikrotubuli der Nervenzellen; antero- und retrograder axonaler Transport von Stoffen
o Mikrotubuli-assoziierte Proteine (MAPs): versteifen Neurotubuli, vernetzen sie mit anderen Cytoskelett-Elementen
• Aktinfilamente: Liegen unter Zellmembran, bilden Stützgerüst, inserieren in wichtige Stütz-proteine der Membran
• Sensorische Neurone: Leiten afferente Informationen zum ZNS
• Motoneurone: Leiten efferente Informationen vom ZNS zu motorischen Zielorganen
• Projektionsneurone (sog. Golgi-I-Zellen): Multipolare Neurone mit langem Axon, leiten Infor-mationen über mittlere bis lange Distanzen von einem Areal des ZNS zum anderen
• Interneuron: Verbinden mehrere Neurone untereinander, meist über kurze Strecken und in-hibitorisch
o Multipolare Neurone = Golgi-II-Zellen (kurzes Axon) o Beispiel: Spinale Interneurone , retinale Interneurone
• Neuroendokrine Zellen: Hormonsynthese und -sekretion
Gliazellen Es gibt ca. zehnmal mehr Gliazellen als Nervenzellen. Sie bilden das Gerüst für Nervenzellen und sind in deren Stoffwechsel involviert. Die Gliazellen des PNS unterscheiden sich von denen des ZNS.
Gliazelle
wichtige Eigenschaften Funktion
peripheres Nervensystem
Schwann-Zellen regenerationsfähig bilden Myelinscheiden des PNS
Mantelzellen flache Zellen, ummanteln Pe-rikaryen in Spinalganglien erkennbar an kleinen, dunk-len Kernen
sind am Stoffwechsel der Neurone beteiligt
zentrales Nervensystem
Astrozyten am häufigsten vorkommende Gliazellen des ZNS bilden Gliaendfüßchen mit Kontakt zu Kapillaren Astrozyten sind untereinan-der und mit Oligodendrozy-ten über Gap junctions ver-bunden bilden besonders viel GFAP
Stützfunktion, Narbenbil-dung nach Gewebeschädi-gung Beteiligung an der Blut-Hirn-Schranke Aufnahme von Stoffwechsel-produkten, Ernährung und Regeneration von Neuronen, Aufrechterhaltung des neu-ronalen Mileus bilden keine Aktionspotenzi-ale, da sie kaum über span-nungsabhängige Natriumka-näle verfügen und ein deut-
lich negativeres Ruhememb-ranpotenzial (ca. -90 mV) ha-ben als Neuronen
Oligodendrozyten wenige, kurze Fortsätze nicht regenerationsfähig
bilden Myelinscheiden des ZNS
Mikrogliazellen beweglich durch Fortsätze Phagozytose (Makrophagen des ZNS)
Ependymzellen ähneln iso- bis hochprismati-schen Epithelzellen sind untereinander über Gap junctions verbunden
Auskleidung der inneren Li-quorräume (Hirnventrikel und Rückenmarkskanal)
Radiärglia kommen vor allem im unrei-fen, sich entwickelnden Ge-hirn vor Ausnahme: in Form von Mül-ler-Zellen (Retina) und Berg-mann-Gliazellen (Cerebel-lum) kommen sie auch im adulten Hirn vor
dienen während der Entwick-lung des Nervengewebes als Leitstruktur zur radiären Mig-ration von Neuroblasten verschiedene weitere Funkti-onen, z.T. noch ungeklärt
"Neurinome": Neurinome sind von den Schwann-Zellen ausgehende gutartige Neubildungen und werden mitunter auch als Schwannome bezeichnet. Sie können im kompletten peripheren Nervensystem vorkommen, stammen aber häufig vom vestibulären Anteil des Nervus vestibulocochlearis ab (Vestibularis-schwannom oder auch Akustikusneurinom genannt). Klinische Frühsymptome sind u.a. Hörstörungen, Schwindel und Gangunsicherheit. Im Verlauf kann es auch zur Kompression anderer Nerven (z.B. N. facialis → Periphere Facialisparese) kommen. Die Therapie besteht meist aus der operativen Entfer-nung des Tumors. "Gliome": Entartete Gliazellen sind der Ursprung fast aller Gehirntumoren. Je nachdem welchem Subtyp sie ent-stammen, unterscheidet man Astrozytome, Oligodendrogliome, Ependymome und Glioblastome. Letz-tere sind hochmaligne und haben unter den Gliomen die schlechteste Prognose.
Gliazellen
• Nervenfasern: Setzen sich aus einem Axon und der dazugehörigen Gliascheide zusammen
• Gliascheide: Besteht aus Gliazellen und umgibt die Axone von Nervenzellen o Im ZNS aus Oligodendrozyten o Im PNS aus Schwannzellen
• Myelinscheide
o Mehrere Schichten Gliascheide (Gliazell-Plasmamembranen) umhüllen lamellenartig ein Axon und bilden die Myelinscheide
o Ranvier-Schnürringe: Einschnürungen, an denen die Myelinscheide unterbrochen ist und ein Axonsegment in das nächste übergeht
o Internodium: Abschnitt zwischen zwei Ranvier-Schnürringen o Zusammensetzung
"Multiple Sklerose": Die Multiple Sklerose ist eine neurologische Erkrankung des ZNS und geht mit Demyelinisierungen im Gehirn und Rückenmark einher. Diese beeinflussen die Innervation von Organen und Muskeln und es kommt zur progredienten oder schubförmigen Beeinträchtigung mehrerer Systeme wie bspw. dem motorischen System (gestörte Okulomotorik), dem Kleinhirn (Ataxie), dem vegetativen Nervensystem (Blasen- und Mastdarmentleerungsstörungen), dem sensiblen System (lokalisierte Sensibilitätsstörun-gen) sowie der Kognition (Defizite in der Gedächtnis- und Konzentrationsleistung). “Opticusneuritis (Neuritis nervi optici, Retrobulbärneuritis)“: Die Opticusneuritis ist oft erstes Symptom einer Multiplen Sklerose und geht mit einseitiger Farbsinn-störung und Visusminderung sowie Orbitaschmerzen einher. Besonders ist hierbei, dass die Augen-spiegelung meist unauffällig ist. Zugrunde liegt der Opticusneuritis eine Entzündung des Sehnervs, die zur Folge hat, dass Aktionspotentiale verlangsamt oder gar nicht weitergeleitet werden.
Je größer der Durchmesser der Nervenfasern, desto höher die Leitungsgeschwindigkeit!
Plexus
Plexus (lat. Geflecht) sind Knotenpunkte für Nervenfasern, die ihren Ursprung in unterschiedlichen Ganglien oder Rückenmarkssegmenten haben. Sie kommen sowohl im somatischen als auch im vege-tativen Nervensystem vor und befinden sich oft in Nähe der sie versorgenden Organe.
• Plexus des somatischen Nervensystems o Plexus cervicalis o Plexus brachialis o Plexus lumbosacralis
• Plexus des vegetativen Nervensystems o Plexus coeliacus o Plexus mesentericus superior o Plexus mesentericus inferior o Weitere Organplexus (z.B. Plexus cardiacus, Plexus pulmonalis, Plexus gastricus)
Synapsen
Synapsen sind Umschaltstellen zwischen zwei Neuronen oder zwischen einem Neuron und einem Ziel-
organ. An der Oberfläche jedes Neurons befinden sich mehrere Synapsen, die gleichzeitig aktiv sind
und entweder erregend oder hemmend auf das Neuron wirken. Man unterscheidet dabei elektrische
von chemischen Synapsen.
elektrische Synapse
Elektrische Synapsen sind weitaus seltener als chemische und übertragen die Erregung zwischen zwei Zellen über einen Ionenstrom. Die Erregungsübertragung kann in beide Richtungen („bidirektional“) und ohne Zeitverlust erfolgen. Man findet elektrische Synapsen zwischen Herzmuskelzellen, glatten Muskelzellen und teilweise im ZNS. Aufbau
• Membranen von prä- und postsynaptischer Zelle • Gap junctions (Nexus): Zell-Zell-Kanäle zwischen Prä- und Postsynapse, gebildet aus Connexin-
1. Eine präsynaptische Zelle wird durch ein Aktionspotential depolarisiert 2. Da die andere mit ihr verbundene Zelle noch nicht erregt ist, kommt es zu einem Potentialge-
fälle 3. Ionenstrom durch Konnexone hindurch 4. Depolarisation der anderen postsynaptischen Zelle = elektrische Kopplung 5. Auslösung eines Aktionspotentials an der postsynaptischen Zelle, falls das Schwellenpotential
überschritten wird
Elektrische Synapse: Elektrische Synapsen übertragen die Erregung zwischen zwei Zellen über einen Ionenstrom. Sie setzen sich aus einer präsynaptischen und einer postsynaptischen Zelle zusammen, die über Gap junctions ver-bunden sind. Die Gap junctions bestehen aus mehreren membrandurchspannenden Proteinkomplexen, den sogenannten Connexonen, die sich wiederum aus jeweils sechs Connexinen zusammensetzen. Lie-gen sich je zwei Connexone gegenüber, bildet sich zwischen Prä- und Postsynapse eine Kanalpore, durch die unter anderem Ionen strömen können. Wird nun die Präsynapse durch ein Aktionspotenzial depo-larisiert, entsteht ein Potenzialgefälle zwischen Prä- und Postsynapse. Dies treibt den Ionenstrom durch die Connexone an. Kommt es zur Überschreitung des Schwellenpotenzials in der Postsynapse, kann hier ein neues Aktionspotenzial ausgelöst werden.
chemische Synapse
Chemische Synapsen sind die häufigste Synapsenform im menschlichen Körper. Sie geben die Informa-tionen eines Neurons mithilfe eines Botenstoffes (sog. Transmitter) an ein anderes Neuron oder ein Zielorgan weiter. Im Gegensatz zu elektrischen Synapsen ist der Informationsfluss bei chemischen Sy-napsen nur in eine Richtung möglich („unidirektional“, Präsynapse → Postsynapse), da die Postsynapse keine Transmitter ausschütten kann. Die Signalweiterleitung an einer chemischen Synapse dauert we-niger als 0,5 Millisekunden. Aufbau:
• Präsynapse: Enthält Mitochondrien (Energieversorgung der Präsynapse) und Vesikel (Trans-mitterspeicherung)
• Synaptischer Spalt: In diesen schüttet die Präsynapse die Transmitter aus, die durch den Spalt diffundieren
Darstellung der verschiedenen Synapsentypen mittels ihrer Kontaktstelle am anderen Neuron. Man un-
terscheidet dabei zwischen axodendritischen (zwischen Axon und Dendrit), axosomatischen (zwischen
Axon und Perikaryon), axoaxonischen (zwischen zwei Axonen) und axosynaptischen (zwischen Axon und
präsynaptischer Endigung) Synapsen.
Funktionsweise
1. Präsynapse: Umwandlung elektrisches Signal (Aktionspotential) → Chemisches Signal (Trans-mitterfreisetzung)
o Transmitter werden im Perikaryon des Neurons synthetisiert und anterograd entlang des Axons zur präsynaptischen Endigung transportiert
o In Nähe der präsynaptischen Membran wird der Transmitter in Vesikeln gespeichert o Das elektrische Signal in Form einer Depolarisation führt dazu, dass sich an der präsy-
naptischen Endigung spannungsabhängige Calcium-(Ca2+)-Kanäle öffnen und es folg-lich zu einem Ca2+-Einstrom kommt
2. Synaptischer Spalt: Transmitterfreisetzung aus Präsynapse o Ca2+-vermittelt verschmilzt der Vesikel mit der präsynaptischen Membran und setzt
den Transmitter durch Exozytose frei ▪ Synaptotagmin fungiert als Ca2+-Sensor und detektiert den Anstieg der Calci-
umkonzentration in der präsynaptischen Endigung, woraufhin SNARE-Prote-ine aktiviert werden
▪ SNARE-Proteine vermitteln die Vesikelfusion (=Transmitterfreisetzung) an der Präsynapse, indem die SNARE-Proteine der Vesikel (v-SNARES, bspw. Synap-tobrevin) mit den SNARE-Proteinen der Zielzellmembran (von engl. target, t-SNARES) interagieren
o Synaptische Bahnung ▪ Je größer der Ca2+-Einstrom ist, desto mehr Transmittermoleküle werden aus
den Vesikeln freigesetzt und desto stärker ist das Signal an der postsynapti-schen Membran
▪ Erreicht ein weiteres Aktionspotential die Präsynapse, während in diese noch Calcium einströmt, addieren sich die "alten" und "neuen" Calciummengen und führen so zu verstärkter Transmitterfreisetzung
o Erhöhte extrazelluläre Magnesium-(Mg2+)-Konzentrationen können diesen Ablauf hemmen, da Magnesium den gleichen Ionenkanal wie Ca2+ benutzt. Dies hat einen reduzierten Ca2+-Einstrom und damit eine verminderte Transmitterfreisetzung zur Folge.
3. Postsynapse: Transmitterbindung und Umwandlung chemisches Signal → Elektrisches Signal (postsynaptisches Potential)
o Ionotrope Rezeptoren = Ionenkanäle ▪ Bindung des Transmitters → Öffnung des Kanals ▪ Hohe Öffnungsgeschwindigkeit → Schnelle synaptische Signalübertragung ▪ Hemmende oder erregende Wirkung
o Metabotrope Rezeptoren ▪ Bindung des Transmitters → Aktivierung eines G-Proteins ▪ Direkte oder indirekte Öffnung von Ionenkanälen (über second messenger wie
cAMP oder IP3)
4. Postsynaptisches Potential (abhängig von der Art des Transmitters und postsynaptischen Re-zeptors)
net Kationen-/Anionenkanal → Hyperpolarisation ▪ Bei GABAB-Rezeptoren entsteht Hyperpolarisation durch: K+-Aus-
strom → IPSP bis zu -100mV ▪ Bei GABAA-Rezeptoren und Glycin-Rezeptoren entsteht Hyperpolari-
sation durch: Cl--Einstrom → IPSP bis zu -70mV
5. Verstärkung des EPSP o Zeitliche Summation: Wird über eine oder mehrere beieinander liegende Synapsen
kurz nacheinander ein unterschwelliges EPSP weitergeleitet, so addieren sich die Ströme zu einem überschwelligen EPSP
o Räumliche Summation: Werden über mehrere nah beieinander liegende Synapsen gleichzeitig unterschwellige EPSPs weitergeleitet, dann addieren sich diese zu einem überschwelligen EPSP
6. Beendigung der Signalübertragung o Inaktivierung, Abbau: Transmitter wird im synaptischen Spalt inaktiviert und durch En-
zyme abgebaut (z.B. Spaltung v. Acetylcholin → Cholin + Acetat) o Wiederaufnahme, Reuptake: Transmitter wird wieder in die Präsynapse aufgenom-
men (z.B. Noradrenalin) o Autoinhibition: Transmitter wird von Rezeptoren in der Präsynapse gebunden,
wodurch dort die weitere Transmitterfreisetzung gehemmt wird (z.B. präsynaptische α2-Rezeptoren in noradrenergen Synapsen)
Ein EPSP ist nicht ausreichend, um ein Aktionspotenzial im postsynaptischen Neuron auszulösen. Für postsynaptische Aktivität bedarf es vieler EPSPs.
"Tetanus":
Tetanus (Wundstarrkrampf) ist eine lebensgefährliche Krankheit. Sie wird durch das Bakterium Clos-
tridium tetani verursacht, das im Erdboden vorkommt und meist über kleine Wunden an der Haut-
oberfläche in den Körper eindringt. Im Körper angekommen, produziert es das Tetanustoxin, das von
peripheren Nerven aufgenommen und entlang der Axone retrograd ins Rückenmark transportiert
wird. An den Synapsen hemmender Interneurone (sog. Renshaw-Zellen) zerstört es ein Protein, das
für die Freisetzung von Transmittern verantwortlich ist. Es kommt demnach zu einer ungehemmten
Aktivität der α-Motoneurone und folglich zu einer Dauerkontraktion verschiedener Muskeln.
"Schizophrenie": Man vermutet, dass für einige Formen der Schizophrenie eine vermehrte Aktivität von dopaminergen Zellgruppen zumindest teilweise verantwortlich ist. Aufgrund dieser Annahme werden in der medika-mentösen Therapie Dopaminantagonisten eingesetzt. Sie bewirken, dass die Aktivität des Dopamins an postsynaptischen Rezeptoren reduziert und somit die Symptomatik der Erkrankten verbessert wird. "Drogen": Einige Drogen wie Kokain, Amphetamin und Halluzinogene erhöhen u.a. die Dopaminkonzentration im synaptischen Spalt, was zu einer Stimulation des Dopamin-vermittelten Belohnungssystems und damit zu einer psychischen Abhängigkeit führt. Die daraus folgende positive Assoziation mit der Sub-stanz erschwert die Therapie. "Depressive Erkrankungen": Zusammen mit Noradrenalin steuert Serotonin emotionale Prozesse, den Schlaf-Wach-Rhythmus und das schmerzhemmende System. Im Zusammenhang mit depressiven Erkrankungen geht man davon aus, dass eine reduzierte Aktivität noradrenerger und serotoninerger Neurone eine Rolle spielt. Die Leitsymptome der Depression (gedrückte Stimmung, Interessenverlust, Antriebsverlust) können da-her durch einen Mangel an Serotonin und Noradrenalin erklärt werden. Pharmakologisch wird mit Medikamenten wie selektiven Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmern (SSNRI) versucht, den Noradrenalin- und Serotoninspiegel zu erhöhen.