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Neue_Wege

Oct 09, 2015

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poloslawski
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  • I. Der Koran als Gemeindeprodukt?

    von Karl-Heinz Ohlig

    Die muslimische Theologie ist da-von berzeugt, dass der in 114 Su-ren gegliederte Koran das Resultatder Vermittlung einer in Gott vonEwigkeit her beschlossenen Offen-barung durch den Propheten Mo-hammed ist. Auch die westliche Is-lamforschung geht bis auf wenigeAusnahmen von der Mohammed-schen Authentizitt des Koran aus;die Predigt Mohammeds sei vonZuhrern teilweise auf Steine,Palmstengel, Zettel aus Pergamentoder Papyros aufgeschrieben oderauch nur mndlich tradiert undz.Zt. des Kalifen Osman (Othman,Uthman, gest. 656) von einem Re-daktionskomitee zwischen 650 und656, also 28-34 Jahre nach dem TodMohammeds, zu einer Ganzschriftzusammengestellt worden. DerText, wie er uns heute vorliegt undseit 1925 in einer ausgezeichnetenKairoer Edition immer wieder ge-druckt wird, geht auf diese otma-nische Redaktion zurck.1) Vondiesem Text wird vorausgesetzt,dass er in Gnze tatschlich die Ver-kndigung Mohammeds wieder-

    gibt, wie es Rudi Paret in derEinleitung zu seiner Koranberset-zung schreibt: Wir haben keinenGrund anzunehmen, dass auch nurein einziger Vers im ganzen Korannicht von Mohammed selber stam-men wrde.2)

    Dabei gibt es seit rund 25 Jahreneinige Publikationen, die die Mo-hammedsche Authentizitt und/oder die Osmansche Redaktion inFrage stellen: G. Lling fhrt einenTeil des Koran zurck auf christlicheHymnen, die schon vor Moham-med in einem arianischen Milieu inUmlauf waren und von diesem un-ter Einbeziehung altarabischer Mo-tive bearbeitet worden seien;3)

    John Burton datiert die Ganzschriftschon in die vor-Osmansche Zeit;4)

    weiterfhrend sind vor allem dieArbeiten von John Wansbrough,der die frhe Fixierung des Koranunter Osman bestreitet und einesehr viel sptere Endredaktion erstgegen Ende des 8. bzw. Anfang des9. Jahrhunderts annimmt, die inMesopotamien erfolgt sei. In dieserZeit seien zahlreiche Gemeinde-traditionen in den Koran eingeflos-sen, so dass zwischen einem Kern-bestand echter Mohammedworteund den bei weitem umfnglicheren

    spteren Erweiterungen unterschie-den werden msse.5)

    Es sind also zwei eng zusammen-hngende Fragestellungen zu disku-tieren: 1) Wann und wo ist die Endredak-tion des Koran anzusetzen? 2) Gehtdas koranische Material ganz oderteilweise auf Mohammed bzw. aufvor- oder nach-MohammedscheTraditionen zurck? Diese Fragenknnen nur durch historisch-kriti-sche Untersuchungen am Textselbst gelst werden; der gngigeRckgriff auf die weithin legendari-sche und erst im 9. Jahrhundert zu-sammengestellte Hadithberliefe-rung fhrt nicht weiter. Letzteresgilt auch fr die Informationenzum Leben Mohammeds selbst,dessen traditionell behauptetenAblufe und Details weitestgehendauf legendarischem Material des 9.und 10. Jahrhundert beruhen; derKoran selbst bietet nur wenigeHinweise.

    Diese historisch-kritische Arbeit amKoran ist noch kaum geleistet.Zwar gibt es einige wenige nochnicht publizierte naturwissen-schaftliche Untersuchungen an al-ten Handschriftenfunden, derenzeitliche Toleranzen (des benutztenSchreibmaterials oder der Schrift?)aber bis gegen Ende des 7. Jahr-hunderts zu reichen scheinen. VieleIndizien sprechen aber dafr, dassdie Ganzschrift erst in den beidenletzten Jahrzehnten des 7. Jahrhun-derts vorlag, wobei es aber wohlauch spter noch andere Versionengegeben haben muss, die noch im

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    Neue Wege der Koranforschung

    vonHans-Caspar Graf von Bothmer, Karl-Heinz Ohlig

    und Gerd-Rdiger Puin

    Seit dem 19. Jahrhundert geht die westliche Islamforschung davon aus,da der Koran unter dem Kalifen Osman seine Endredaktion erfuhr undseine Texte eine wortgetreue Wiedergabe der Predigten Mohammedssind. Diese Positionen werden gegenwrtig durch neue textkritische,philologische, literar- und formkritische sowie traditionsgeschichtlicheUntersuchungen in Frage gestellt und gnzlich neue Hypothesen zu denAnfngen des Islam vorgeschlagen.

  • 9. Jahrhundert z.B. diesog. Satanischen Verseenthielten6) oder dieSuren 113 und 114 nichtkannten.7)

    Darber hinaus sind dieltesten Koranhand-schriften nur in einersog. scriptio defectivageschrieben; sie gebennur die Konsonantenwieder, die spteren Vo-kalisationen sind also invielen Fllen mehr eineInterpretation des Tex-tes. Auch manche Kon-sonantenzeichen sind inden ltesten Fassungenunsicher, so dass nichtauszuschlieen ist, dasssie spter fehlerhaft ge-lesen wurden. Seit dem19. Jahrhundert schonbeobachteten manche Is-lamwissenschaftler (z. B.A. Mingana)8), dass der KoranAramaismen enthlt, also starkeAnklnge an die ostsyrische Spra-che der damaligen Zeit. Vielleichtknnte der Versuch, vor allem diedunklen, d.h. unverstndlichenPassagen des Koran ein betrcht-licher Teil des Textbestandes (in derKoranbersetzung R. Parets kennt-lich an den zahlreichen interpretati-ven, in Klammern gesetzten Erwei-terungen) mit Rckgriff auf die-sen syrischen sprachlichen Hinter-grund zu lesen, zu gnzlich neuenund plausiblen Lesarten vorstoen.Wenn es nach dem Tod Moham-

    meds vierzig bis sechzig Jahrebrauchte, bis der Koran seine noch defektive Gestalt erhielt,muss damit gerechnet werden, dasszu den ursprnglichen Offenbarun-gen eine Flle von Gemeindetradi-tionen hinzugefgt wurde. Ein Blickdarauf, wie in den vierzig Jahrenseit dem Tod Jesu bis zur Entste-hung des Markusevangeliums Pre-digt und Leben Jesu kerygmatischumgeformt und durch Gemeinde-tradition angereichert wurden, sodass der historische Jesus kaumnoch zu erkennen ist, mag zeigen,wie auch die Mohammedberliefe-

    rung variiert worden sein knnte.Sowohl vorislamische altarabischeTraditionen wie sptere Gemeinde-bildungen oder auch biblische Stof-fe und Motive sind dann wahr-scheinlich zur Mohammedpredigtdazugewachsen.

    Dies knnte auch die zahlreichenSpannungen und Disparitten imText erklren, bis hin zu sich wider-sprechenden Aussagereihen, dienicht zu verstehen wren, wenn sieauf einen Autor zurckgefhrt wer-den mssten. Viele Aussagen, vorallem die recht umfnglichen

    Rechtstraditionen, in denenalle mglichen Bereiche desLebens normiert werden,setzen schon etablierte Ge-meinden und einen entspre-chenden Regelungsbedarfvoraus des Erbrechts, desUmgangs mit Sklaven, desEhe- und Sexualrechts usf.

    Auch lassen sich zahlreicheMotive erkennen, die Zei-chen spterer Redaktionsind. Um nur einige Bei-

    Universitt des Saarlandes34

    Abb. 1: Cod. Sanaa 01-25.1: rechts Teile vom Anfang der Sure 7, in 22 Zeilen geschrieben, lin-kes Ende der Sure 7 und Anfang der Sure 8, mit 28 Zeilen einschlielich einer Leerzeile alsSurentrenner. H. ig

    azl-Duktus; verschiedene Hnde, die auch verschiedene Strichgruppen alsVerstrenner verwenden. - 2. Hlfte 1. / 2. Hlfte 7. Jh.

    Prof. Dr. Karl-Heinz Ohlig, geb. 1938 in Koblenz, Stu-dium von Kath. Theologie, Philosophie und Geschichte inTrier, Innsbruck, Mnchen, Mnster und Saarbrcken, theo-logische Promotion mit einer Arbeit zum neutestament-lichen Kanon in Mnster 1969. 1970 Prof. fr KatholischeTheologie und Religionspdagogik an der PdagogischenHochschule des Saarlandes, seit 1978 Prof. fr Religions-wissenschaft und Geschichte des Christentums an der Uni-versitt des Saarlandes; 1996-98 Dekan der PhilosophischenFakultt. Zahlreiche Publikationen.

    Forschungsschwerpunkte: Kulturgeschichtliche Einflsse aufdie christliche Lehrentwicklung in Europa und in der "Dritten Welt", Zsuren derReligionsgeschichte, die Anfnge des Islam.

  • spiele zu nennen: Schon Wans-brough hlt die Gesamtstruktur(pattern) des koranischen Textes er ist gestaltet nach dem Raster:Offenbarungen durch einen arabi-schen Propheten fr eine sptereRedaktion. Oder: Welchen Sitz-im-Leben Mohammeds knnte dieharte Polemik nicht nur gegen Ju-den, mit denen er sich ja in Yathribauseinandersetzen musste, sondernauch gegen Christen und ihreGelehrten und Mnche (S. 9,30)haben? Ist hier nicht als Hinter-grund eine Konfliktsituation anzu-nehmen, die es so im arabischenRaum noch nicht gab? Oder: Gegenden wohl seitens jdischer undchristlicher Gemeinden erhobenenVorwurf, der Islam sei eine neueReligion, musste versucht werden,ihn als die ltere oder besser: al-lerlteste Offenbarung zu charak-terisieren, eine kontrovers-theologi-sche Argumentation, die im arabi-schen Raum, und so frh, nochnicht erforderlich war.9) Weil Moseund Jesus von Juden und Christenschon fr sich in Anspruch genom-men und somit besetzt waren,

    greift der Koran auf Abraham den ersten Muslim zurck, dereinerseits lter und andererseitsauch bei den Konkurrenzreligioneneine positive Gestalt war; der Islamist die Religion Abrahams (S.2,130.135), und die Kaaba in Mekkaist von letzterem begrndet (S.2,125). Auch die geordnete Zusam-menstellung der sog. Straflegenden,aus vorislamischen und biblischenStoffen, die Zusammenfgung bibli-scher Gestalten zu Reihen oderdie Aufzhlung der unterschiedli-chen Kategorien von Frauen Mo-hammeds (S. 33,50-52), verratenschon systematisierende Tendenzenvon Redaktoren, die rckblickenddas vorliegende Material ordnenund, im letzteren Fall, MohammedsVerhalten auch rechtfertigen wol-len.

    Hinweise auf Zeit und Region frdie Entstehung des Koran als Ganz-schrift geben auch die quantitativbeachtlichen bernahmen aus bibli-schen Vorlagen.10) Aus Altem undNeuem Testament sind grundstz-lich nur narrative Stoffe in den lite-

    rarisch gnzlich andersartigenKoran eingegangen; Prophe-ten- und Paulustexte kommennicht vor. Dies mag sich dahererklren, dass bei der ber-nahme keine literarischenQuellen benutzt wurden; manschpfte vielmehr aus mndli-chen Erzhlungen, bei denensich narrative Traditionen ver-stndlicherweise am ehestenreferieren lieen. Darauf deu-tet auch hin, dass die Stoffe auskanonischen biblischen Schrif-ten in recht freier Variationund darber hinaus auch vielnichtkanonisches (apokry-phes) biblisches Material inte-griert wurden.

    Die immer noch gngige Auf-fassung, Mohammed habe sichdies alles in seinem Umfeldoder whrend seiner Reisen die nur aus Hadithen des 9.Jahrhundert belegt werden

    knnen angeeignet, wird durchkeinerlei berprfbare historischeDaten gesttzt. Viele Grnde abersprechen dafr, dass im Koranmndliches Erzhlgut alt- und neu-testamentlicher Herkunft im spte-ren Nebeneinander islamischer mitjdischen und christlichen Gemein-den angeeignet wurde.

    In Mesopotamien z.B. koexistiertenrecht bald nach Mohammeds Todmuslimische Arabergemeinden - diepolitische Herrenschicht - mit Judenund Christen; sie lernten derenErzhlungen kennen, und geradenarrative Stoffe wurden in einfa-chen Bevlkerungskreisen weiter-gegeben, ununterschieden von ka-nonischem auch apokryphes Ma-terial. Soweit sie es brauchen konn-ten, eigneten sich muslimische Ge-meinden dieses an und interpretier-ten es von ihren durch Moham-meds Predigt bzw. deren berliefe-rung angestoenen Auffassungenher. Dies wrde auch erklren kn-nen, warum eine Reihe biblischerReferenzen, aber auch (alttesta-mentliche und) vorislamische

    35magazin forschung 1/1999

    Abb. 2: Cod. Sanaa 01-27.1: Das Detail zeigt ein Palimpsest, d.h. ltere Schrift wurdeabgewaschen, um das Pergament abermals verwenden zu knnen. Beide Schichtensind koranisch und im H. ig

    azl-Duktus geschrieben. Warum die ltere Schicht, diebereits Ornamentleisten als Surentrenner verwendete, aufgegeben wurde, wissen wirnicht. - 2. Hlfte 1. / 2. Hlfte 7. Jh. bzw. um 100 H. / frhes 8. Jh.

  • Straflegenden so eingeleitet wer-den, dass ganz offenbar ihre Kennt-nis bei den Hrern vorausgesetztwird: Und (damals) als dein Herr... sagte o..; diese Stze habenkeinen Nachsatz, sind also gramma-tisch unvollstndig.

    Betrachtet man die Inhalte, dieaus der biblischen Tradition ber-nommen sind, so lsst sich z.B. anden im weiteren Sinn neutesta-mentlichen Stoffen zeigen, dass siein der Hauptmasse eine ostsyrische(nestorianische) Theologie verra-ten, der zufolge Jesus nicht Gott,sondern gotterwhlter Mensch undsein Knecht war (z.B. S. 3,42-48;3,51; 3,59; 4,171; 5,116.117;19,30.34.35 usf.). Auch das Gottes-verstndnis kennt syrisch-monar-chianische Anklnge: Gott hat kei-ne Kinder (S. 4,171; 19,34). Da-neben aber finden sich auch doketi-sche Passagen, in denen der Kreu-zestod Jesu sowie sein Tod ber-haupt bestritten werden (S. 4,156-158). Auch kommen Aussagen vor,wie in S. 5,116, in denen vorausge-setzt wird, die Christen rechnetenMaria zur Trinitt;eine solche Auffas-sung ist nur in einemUmfeld denkbar, indem es, wie in mono-physitischen Gemein-den, eine drastischeMar i enve reh runggab; dort konnte esvon auen so aus-sehen, als werde Ma-ria wie eine Gttinverehrt. Von Mariawird neben ande-rem wie z.B. derJungfrauengeburt erzhlt, sie sei dieSchwester des Moseund Aarons (S. 3,35;19,27.28), wobeiNum 26,59 und 1Chron 5,29 (DieKinder Amrams sindAaron, Mose undMirjam) Pate gestan-den haben. Diese

    eigentmliche Verschmelzung vonGestalten, zwischen denen mehrals ein Jahrtausend liegt, wird vonH. Busse mit Recht auf christlichetypologische Interpretationen zu-rckgefhrt;11) deren Verbreitungaber ist wohl nur in Gebieten denk-bar, in denen grere Christenge-meinden existierten.

    Die neutestamentlichen Motive, dieder Koran rezipiert hat, deuten alsoauf ihre bernahme im ostsy-rischen Raum hin; dort fanden sichneben der beherrschenden syri-schen Christologie (Jesus als er-whlter Mensch und Knecht Got-tes) und Gotteslehre (ein monar-chianischer Gott) auch Gemeindenmonophysitischer und doketischerPrgung, dort auch waren sichertypologische Erklrungsmuster ver-breitet. Es fllt schwer, sich diesePluralitt von Gemeinden im arabi-schen Raum z.Zt. Mohammedsvorzustellen; zudem mssten sievon einer solchen Dominanz gewe-sen sein, dass sich Mohammed allediese unterschiedlichen Anstzezueigen gemacht htte.

    So muss also davon ausgegangenwerden, dass zum ersten die Os-mansche Redaktion eine tendenzi-se Frhdatierung der spterenmuslimischen Theologie ist, die aufdiese Weise dem heiligen Text einegrere Autoritt und Zuverlssig-keit zuschreiben wollte, oder zu-mindest noch nicht den ganzenheutigen Textbestand umfasste,zweitens als Raum, in dem nichtwenige Traditionen in den Koranbernommen wurden, Ostsyrienanzunehmen ist, drittens die Mo-hammedberlieferungen nur ei-nen Kernbestand des heutigen Ko-rans bilden und selbst in vielfacherHinsicht von spterer Theologieher bearbeitet worden sind. Mit an-deren Worten: Das Dogma vonder Mohammedschen Authentizittdes Koran ist in Frage zu stellen.

    Erst unter dieser Hypothese kannin Zukunft eine historisch-kritischeBeschftigung mit dem Textbestandzu weiterfhrenden Ergebnissenkommen, die die normativen An-fnge des Islam wissenschaftlich zu-gnglich machen.

    Universitt des Saarlandes36

    Abb. 3: Cod. Sanaa 15-24.1: Ende der 6. und Anfang der 7. Sure. Kufischer Duktus. Der Schrift-spiegel ist nicht klar definiert. Das Motiv der Ornamentleiste mit gereihten Knoten ist in derislamischen Illumination selten, whrend es in der byzantinischen sehr gebruchlich war. -Sptes 2. / Ende 8. Jh.

  • Die seit mehr als hundert Jahrenvon denselben Voraussetzungenausgehende Islamforschung wirdwohl von liebgewonnenen Gewiss-heiten Abschied nehmen mssen.Fr die muslimische Theologie wirdeine solche Forschungsrichtung zuProblemen fhren, weil dann dertraditionelle Begrndungsduktusfr den Offenbarungscharakter desKoran in Frage gestellt ist. Dennochist zu hoffen, dass der Durchgangdurch die historische Kritik zu ei-nem vertieften Verstehen desgrundlegenden Dokuments diesergroen Weltreligion fhren wird.

    II. ber die Bedeutung derltesten Koranfragmenteaus Sanaa (Jemen) fr dieOrthographiegeschichtedes Korans

    von Gerd-R. Puin

    In der jemenitischen Hauptstadt Sa-naa steht eine der ltesten Mosche-en der Welt - noch zu Lebzeitendes Propheten Mohammed (ca.570 - 632 AD) soll sie aus denSteinen und Sulen eines vielstcki-gen Palastes errichtet worden sein.In ihrer heutigen Gestalt besteht sieseit etwa 1100 Jahren. Als Anfangder siebziger Jahre die Westmauerwegen Bauflligkeit abgetragen undneu errichtet werden musste, fandsich in dem Raum zwischen demueren Dach und der von untensichtbaren Kassettendecke einegroe Menge von Pergament- undPapierfragmenten des Korans. DieAntikenverwaltung stellte den Fundsicher und bemhte sich um ausln-dische Hilfe fr eine fachgerechteRestaurierung und wissenschaftli-che Bestimmung des Materials. EinProjekt wurde es durch die Tatkraftvon Professor Dr. A. Noth (Ham-burg), finanziert in Millionenhhedurch die Kulturabteilung des deut-schen Auswrtigen Amts, restaura-torisch betreut von der UB Gttin-gen, sowie vor Ort zunchst (1981-1985) geleitet durch mich als Islam-

    wissenschaftler, dann (1985-1986)von meinem Saarbrcker KollegenDr. H.-C. Graf v. Bothmer als Ex-perten fr Islamische Buchmalerei.

    Nachdem vergangenes Jahr Graf v.Bothmer die im Rahmen des deut-schen Projekts restaurierten Koran-fragmente mikroverfilmen konnte,hat nun die systematische Sichtungund wissenschaftliche Erschlieungbegonnen. Erste Eindrcke sind derFachffentlichkeit12) bereits vorge-stellt worden; hier soll nun, exem-plarisch, Einblick gegeben werdenin die Arbeit, wie mit Hilfe der lte-sten Textberlieferungen die Text-gestalt und -geschichte des soge-nannten Kairoer Korans erforschtwerden kann. Dieser 1952 in zwei-ter Auflage an der Azhar-Uni-versitt vorbereitete Druck istwegen seiner Zuverlssigkeit in derislamischen Welt verbreitet undebenso in der westlichen Orien-talistik als Referenztext anerkannt.

    Die Orthographie des Korans

    Der Quran, d. h. die Lesung,das Lektionar, ist das heiligeBuch der Muslime. Nicht der ge-schriebene Koran ist nach demGlauben das eigentlich Gttliche,sondern der gesprochene, besser,der rezitierte Text. Die schriftlicheFassung dieses Textes ist Men-schenwerk, und es ist die arabischeSchrift des siebten Jahrhunderts n.Chr., der diese Aufgabe zufiel. Wiesie aussah, wissen wir aus Papyrus-funden in gypten, vor allem aberaus Pergamentfragmenten des Ko-rans, wie sie an vielen Orten aufbe-wahrt werden. Der jngste Fundaus Sanaa ist aber wahrscheinlichder reichste an allerfrhesten Ko-ranhandschriften. Die hier vorge-stellten Schriftbeispiele stammenalle von dort und werden hier erst-mals verffentlicht.

    Die arabische Schrift ist eine Toch-ter der aramischen - noch immerumstritten ist, ob der ost- oder derwestaramischen.13) Im Gegensatz

    zur aramischen, aber auch zur he-brischen, sind in der frhen arabi-schen Schrift eine Anzahl von ur-sprnglich unterschiedlichen Buch-staben in eine Form zusammenge-fallen. Infolgedessen sind nur siebenvon 28 Buchstaben eindeutig, alleanderen sind mehrdeutig: ein ein-faches Hkchen steht beispielsweisefr b bb --, t tt --, t 00 --, n nn -- und y yy --, 88 steht fr g gg, h. 88 oder h 99, s s kann auch 2 sein, s. 33 kann auchd. 44 , 55 kann t. sowie auch z. %% bedeu-ten! In den ltesten Koranfragmen-ten machen die mehrdeutigenBuchstaben mehr als die Hlfte desTextes aus, nur gelegentlich sinddiakritische (unterscheidende)Punkte gesetzt, durch die Eindeu-tigkeit bei den Konsonanten herge-stellt werden soll. Bei diesem Vor-gang geht sehr hufig mit der gram-matischen auch eine erste inhaltli-che Festlegung Hand in Hand.

    Zur Uneindeutigkeit der meistenKonsonanten kommt die auch vonanderen semitischen Schriftsyste-men geteilte Eigenheit, die Vokalezu vernachlssigen; ins Deutschebertragen liest sich das etwa so: drmystr schlt dn lrlng wgn synr schmzgnpftn - Der Meister schilt den Lehrlingwegen seiner schmutzigen Pfoten. DieVokale zwischen den Konsonanten -in diesem Beispiel - sind also nuraus dem Kontext zu erschlieen!Man kann sich leicht vorstellen, dasseine dermaen defektive Schrifteine denkbar ungnstige Voraus-setzung ist fr die Aufzeichnungeines so anspruchsvollen Textes wieden des Korans! Der heute als ver-bindlich geltende Kairoer Druck mitseinem reichhaltigen Inventar andiakritischen Punkten, Verdopp-lungs-, Dehnungs-, Korrektur- undRezitationszeichen vermittelt einenEindruck davon, welch ein Aufwandntig ist, um den von all diesen Zei-chen entblten ursprnglichenText zu dem zu Lesenden zumachen, das er heute ist: Die Muslime teilen im allgemeinendie westliche Skepsis nicht, obsich ein Text von der ursprngli-

    37magazin forschung 1/1999

  • chen Gestalt und vom Umfang desKorans ber die Zeiten hinwegunverndert erhalten haben knne.Sie sind vielmehr davon berzeugt,dass gerade die defektive schriftli-che Form der ersten beiden Jahr-hunderte des Islams eine parallelestarke mndliche Lesetradition vonAnfang an erforderlich gemacht ha-be und dadurch der Text vor jeder

    Vernderung geschtzt worden sei.

    An den Handschriften ist zu beob-achten, wie die ursprnglich nack-ten Schriftzge allmhlich immermehr angereichert wurden; alteManuskripte wurden auch moder-nisiert, indem man sie nachtrglichvokalisierte oder (vermeintliche)Abschreibfehler korrigierte. In demMae, indem es zu immer subtile-ren Festlegungen des zu lesendenTextes kam, war der Streit um dieZulssigkeit auch anderer Lesungenunvermeidlich und fhrte schlie-lich zur Lehre von den Sieben (odermehr) Lesarten des Korans.Mehr als zehntausend solcher Va-rianten sind in einem modernenVerzeichnis14) angefhrt! Die mei-

    sten Abweichungen beschrnkensich auf die Aussprache, nicht aufden Sinn; sogar die meisten derberlieferten Varianten vom heuteallgemein akzeptierten Schriftzugdes Korans (rasm utma

    nl) sindinhaltlich ohne Bedeutung. Dasheit aber keineswegs, dass sichder Text des Korans aus Mangel anSpuren gnzlich einer Erforschung

    seiner Evolution entzieht.

    Die Abweichungen von derNorm

    Wie schon erwhnt, sind orthogra-phische Abweichungen seit langembekannt; man hat sie bestimmten,auch geographisch definiertenberlieferer-Schulen zugeschrie-ben. Whrend die Muslime dieseVarianten anerkennen, weil sie inder Lesarten-Literatur berliefertsind, finden die in den Hand-schriften tatschlich vorkommen-den Abweichungen kein Interesse;sie werden als reine Schreibfehlergewertet. Das gilt weitgehend auchfr die westliche Koranforschung. -Hier nun liegt eine Bedeutung der

    ltesten Handschriften von Sanaa:Weder die tradierten Listen vonSchreibvarianten, noch die derVerszhlungen, noch die der Su-renanordnungen knnen auch nurannhernd die Vielfalt beschreiben,die in den Handschriften selbst an-zutreffen ist! Was wir bisher haupt-schlich aus der eintausend Jahrealten einheimischen Literatur berden Koran kannten, erscheint folg-lich als ein bereits damals idealisier-tes Bild, nicht als ein Versuch, dieexistierenden Varianten zu be-schreiben, sondern eher, die Gren-zen der zulssigen Abweichungenabzustecken.

    Die Sanaa-Korane zeigen jedoch,dass es noch viele Abweichungenmehr gab, die keine Anerken-nung in der Varianten-Literatur ge-funden haben, die aber, wenn siesich wiederholen, nicht mehr alslapsus calami diskreditiert werdendrfen, sondern wertvolle Hin-weise auf das frhe Koran-Ara-bische geben knnen! Das Vor-gehen soll hier kurz beschriebenwerden:

    Im Rahmen (a) von Abb. 5 ist z. B.dd--yy--vv--bb NN--kk--mm NN--mm (Q 34:53) zu lesenmin makanin bald, wobei abernur die in der Umschrift fettgedruckten Buchstaben eindeutigsind. Das letzte Wort dd--yy--vv--bb ist frsich zu vieldeutig, als dass man esohne den Kontext deuten knnte;die richtige Interpretation bal

    d ist

    in der folgenden Tabelle einge-rahmt, die vielen anderen theore-tisch mglichen Deutungen derSchrift sind unter der richtigenInterpretation angefhrt:_________________________

    b a i y d_________________________

    t - - n dt

    u g u t k

    n i a t

    y bDas sind noch nicht einmal alle

    Universitt des Saarlandes38

    Abb. 4: Anfang der 40. Sure im Kairoer Koran

    Dr. Gerd-R. Puin, geb. 1940 in Knigsberg/Ostpreuen, Abitur 1959 in Frth/Bayern, Wehrdienst;1962-1969 Studium der Islamwissenschaft,Wirtschaftsgeographie und Wirtschaftspolitik in Bonn,davon 1964/65 sieben Monate in Riyad/Saudi-Arabien.Nach der Promotion eineinhalb Jahre am DeutschenOrient-Institut in Hamburg (Regionalreferat Arab.Halbinsel sowie Palstinenser), seit 1972 Assistent amInstitut fr Orientalistik in Saarbrcken und mittlerweileAkadem. Oberrat. Von 1981-1985 beurlaubt als rtli-cher Leiter des Kulturhilfeprojekts des AuswrtigenAmts Restaurierung und Katalogisierung Arabischer Handschriften bei derJemenitischen Antikenbehrde in S.ana.

  • Lesemglichkeiten (z.B. wre nochbi-ciyd denkbar), vor allem weilauch die beiden Worte vorher, jenach Kontext, anders gelesen wer-den knnten: man, manna, munna

    bzw. makkana.

    Sehen wir den Seitenausschnitt(Abbildung 5) noch einmal an,zunchst das Wort im Rahmen (b):MM--hh--yy--vv--yy--22 AA--bb bi-aya lhim, anstellevon bi-ayaihim (mit kurzem /i/ inder vorletzten Silbe) im norma-len, klassischen Arabisch. Derlange Vokal /i:/ begegnet in denHandschriften von Sanaa nochfter vor -hum/-him und -kum, als seier ein regelmiger Bindevokal vordem normalen Suffix, ganz wie imAramischen brigens. Mit diesemWissen knnen wir den unstritti-gen (gedruckten) Text des Koransauf hnliche Anomalien absuchenund werden fndig, z. B. in Q 3:13und 3:165 mitl

    ayhim und mitlayha,

    wo das zustzliche Ya vor demPossesivsuffix als Dual aufgefasstwird. Whrend man also eigentlichgleich viel wie sie verstehen ms-ste, macht die Interpretation alsDual aus der Stelle zweimal gleichviel wie sie!

    Im Rahmen (c)steht das Wortuliy in unge-whnlicher Or-thographie als x- la , normaler-weise ist die ple-ne -Schre ibunguwliy x- lw a zuerwarten, um ei-ner Verwechs-lung mit demhufigeren il x-la vorzubeugen. Dies Phnomenkonnte an anderer Stelle noch nichtbeobachtet werden - handelt essich also um einen echtenSchreibfehler? Mglich, doch wennsich wiederholt, dass an sich kurzeVokale entgegen der klassischenplene-Schreibung unausgedrcktbleiben, lohnt sich erneut eine kriti-sche Suche nach hnlichen Ano-

    malien im unstrittigen (gedruckten)Text des Korans, wie im vorigenAbsatz angedeutet.

    Nehmen wir ein letztes Beispiel,das zu Erkenntnissen fhrt, die eineber einzelne Stellen im Koran weithinaus reichende Bedeutung hat:Die im Rahmen stehende Passage

    lautet la ilaha illa huwa ilayhi l-mas. lr / es gibt keinen Gott auer Ihm.

    Bei ihm wird es (schlielich alles)enden. Es fllt auf, dass das Wortilaha nicht wie zu erwarten als J- l a (also mit defektiv geschriebe-nem /a:/) erscheint, sondern als J- y - la - mit einem Hkchenzuviel! Das Phnomen -Wiedergabe eines langen /a:/ mit

    Hilfe eines Buchstabens, der blicher-weise fr das lange /i:/ oder denHalbvokal /j/ steht! - ist nicht nur andieser Stelle, fr dieses Wort und indiesem Koranfragment nachweis-bar, sondern kommt mehrfach inarchaischen Koranfragmenten vor,deren Orthographie sich auch inanderen Details sowohl von der des

    Kairoer Druckes, als auch von denaus der Lesarten-Literatur bekann-ten Abweichungen unterscheiden.Durch solche und hnlicheBeobachtungen wird immer klarer,dass mit den Fragmenten, die sol-che Archaismen enthalten, eine or-thographische Schicht erreicht ist,die den arabischen Korangelehrtenvor tausend und mehr Jahren

    39magazin forschung 1/1999

    Abb. 5: Cod. Sanaa 01-28.1: Ende der 34., Anfang der 35. Sure. In der Zeileunterhalb der Rahmen a und b steht ein kurzes Ornamentfeld vor demAnfang der 35. Sure. - Frhes 2. / erste Hlfte 8. Jh.

    Abb. 6: Cod. Sanaa 01-29.1: Ende der 39., Anfang der 40. Sure (vgl. Abb. 4). Am Ende der oberstenZeile folgt dem Surenende ein bescheidenes graphisches Element als Surentrenner. - Ende 1 ./frhes 8. Jh.

  • schon nicht mehr (oder nur nochganz punktuell und als abwegigbeurteilt) bekannt war.

    Wie sind die neuenErkenntnisse zu bewerten?

    Diese Forschung verndert nichtden Koran, noch das, was die Mus-lime ber ihn glauben. Sie ist abergeeignet, zum Beispiel, auf Grundunanfechtbarer frhester Textzeug-nisse aus muslimischer Feder, dieauch in der Orientalistik hingenom-mene Annahme von der unvern-derlichen mndlichen Tradierungdes Korans zu erschttern. Wennwir etwa die oben gewonnene Er-kenntnis, dass /a:/ auch durch denarabischen Buchstaben Ya /j/ wie-dergegeben werden kann, dannlsen sich einige bislang ungeklrteRtsel: Warum etwa heit der (he-brische) Satan bei den Arabern NNAA--55--yy--22 ayt. an? Warum wird aufArabisch gesprochen von MM--yy--hhaa rr-- bbaaIbrahlm, und nicht von Abrahamwie bei den Juden und Christen?Warum wird die Thora im Korangeschrieben wie Tawriyah --yyrr ww--tt ?Die Antwort ergibt sich nun aus deroben formulierten orthographi-schen Mglichkeit, das Ya als langes/a:/ zu deuten, mithin arabisch zulesen Sat.a

    n/atan, Abraham undTawrah! Aus den Beispielen Sat. a

    nund Abraaham wird klar, dass ineiner bestimmten Phase der ortho-graphischen Entwicklung des Ara-bischen nicht mehr verstandenwurde, dass das im arabischenSchriftzug stehende Ya nichts ande-res als ein /a:/ ausdrcken sollte.Diese ursprngliche Aussprache Sa-t. an und Abra

    ham hatte sich nundem Schriftbild in seiner neuen In-terpretation anzupassen, nach derdas Ya nur fr /i:/ oder /aj/ steht!Ein vielleicht nicht unwillkommenerEffekt dieser Hyperkorrektur magdarin gelegen haben, dass sich diemuslimische Tradition nun von derjdisch-christlichen absetzen konntein der Gewissheit, dass die ltesteneigenen Schriftzeugnisse die ver-meintlich authentischere Aussprache

    ayt.an und Ibrahlm erfordern.

    Je nachdem, als wie dicht sich dieBeobachtungen von spezifischenAbweichungen der Sanaa-Fragmen-te vom (Kairoer) Referenztext er-weisen werden, wird dies den Blickzurck auf hnliche Erscheinungenim Referenztext selbst lenken. Dergesamte Koran ist bei weitem um-fangreicher als jedes der ltestenVergleichs-Fragmente, doch weildiese einer lteren orthographi-schen Schicht angehren, erlaubensie die Identifizierung von hnlichalten Schreibungen im Kairoer Ko-ran, die, von Orthographie-Refor-men unberhrt, stehengebliebenensind. Nicht unwahrscheinlich ist dieErwartung, dass dann auch wirklichdunkle koranische Passagen erhelltwerden, die sich bisher allen (wis-senschaftlich vertretbaren) Deutun-gen entzogen haben. Womglichkommen dann auch theologischeAussagen zum Vorschein, die imZuge der innerislamischen philolo-gischen Diskussion ber die sprach-lichen Probleme des Korans ver-schttet wurden.

    Kommen wir, ganz hypothetisch,auf ein Beispiel zurck, das weiteroben ausgefhrt wurde: In der Pas-sage la ilaha illa huwa ilayhi l-mas.l

    r ist der arabische Schriftzugder beiden hier fett gedrucktenWorte derselbe. Wrde man beideSchriftzge gleich interpretieren -beide als ilah Gott lesen -, wredie bersetzung desselben Satzes:Es gibt keinen Gott auer Ihm, demGott des Schicksals. Welch schnerkoranischer Sinn, welch schnerbiblischer Sinn gegenber der tradi-tionellen Deutung Bei ihm wird es(schlielich alles) enden! Gbe esnur diesen Vers, diese singulreVerbindung zwischen ilaha /ilayhi und al-mas. l

    r, dann msstedie Wahl klar zugunsten von Gottdes Schicksals ausfallen. Nun ist aberin vielen parallelen Formulierungendes Korans die Verbindung zwi-schen dem Schicksal al-mas.l

    r und der Prposition il, ilayhi sogut gesichert, dass die Interpre-

    tation Gott des Schicksals als einvoreiliger Schluss gelten, die tradi-tionelle Deutung des Schriftzugesalso beibehalten werden muss. -Wenn aber innerkoranische Paral-lelen fr eine Formulierung fehlen,wenn der Sinn dunkel ist, wenn dietraditionellen Exegeten fr eineStelle drei, zehn oder zwanzig In-terpretationen anbieten - kurz:wenn die Philologie unserer Zeitgefordert ist, dann ist es legitim, beider Interpretation des Korantexteszurckzugehen bis auf das Schrift-gerst der frhesten berlieferung:Die Korane von Sanaa!

    III. Die Anfnge der Koran-schreibung: Kodikologischeund kunsthistorischeBeobachtungen an denKoranfragmenten in Sanaa

    von Hans-Caspar Graf von Bothmer

    Mit der Mikroverfilmung aller re-staurierten Koranfragmente ausder Groen Moschee in Sanaa soll-te das Handschriftenprojekt desAuswrtigen Amtes, das von 1987bis 1992 und - nach mehrjhrigerUnterbrechung - 1996/97 als Dritt-mittelprojekt der Universitt desSaarlandes unter meiner Verant-wortung gefhrt wurde, seinenplanmigen Abschluss erhalten.Damit ergab sich zugleich die Gele-genheit, unsere bis dahin nur aufSchtzungen gesttzten Mengen-angaben zu przisieren und ggf. zukorrigieren.

    Es konnten alle knapp 12.000 nachSure und Vers bestimmten und miteiner - Zeilenzahl und maximaleZeilenlnge kombinierenden - In-ventarnummer versehenen Frag-mente, aber nur 280 der auf 1.500bis 2.000 Stck geschtzten, nach1992 zwar bestimmten, aber seit-her nicht den vorhandenen Frag-mentgruppen zugewiesenen Frag-mente verfilmt werden.15) Die in-ventarisierten Fragmente stammenaus 926 verschiedenen, auch im

    Universitt des Saarlandes40

  • fragmentarischen heutigen Zustandnoch unterscheidbaren Koranhand-schriften. Keine von ihnen ist auchnur annhernd vollstndig erhalten;von manchen blieben nur einesoder wenige Bltter, von anderengibt es weit ber hundert. So spre-chen wir eher von Fragmentgrup-pen als von Handschriften, undmeinen damit, was von einer sol-chen im je einzelnen Fall auf unsgekommen ist.

    Das Schreibmaterial aller dieserHandschriften ist Pergament. Esgibt deutliche Qualittsunterschie-de, die sich aber nicht nur durchHerkunft von verschiedenen Tierenerklren lassen.16) Dem Kennerabendlndischer Handschriften desMittelalters erscheint die Verwen-dung von Pergament kaum der Er-whnung wert; in der islamischenWelt aber wurde Papier schon im2./8. Jh.17) bekannt, und seit dem4./10. Jh. in solchen Mengen her-gestellt, dass es das weitaus teurerePergament ab ca. 1000 n.Chr. fastvllig ersetzen konnte - ausgenom-men Nordafrika und Spanien.

    Die erstaunliche Vielfalt der hiervorgefundenen Schriftartenmchte man gern durchZuweisung an verschiedeneZeiten und Regionen, undgelegentlich auch durch er-kennbar individuelle Schrei-berhnde erklren, dochfehlen dafr noch viele Vor-aussetzungen. Immerhinspricht vieles dafr, dass dieMehrzahl der Handschrif-ten im Jemen entstandenist. Gesichert ist die lngstgetroffene, gleichwohl im-mer noch vorlufige Unter-scheidung zweier Schrift-gruppen, die H. ig

    azl undKuf l genannt werden.Beide Termini sind Sammel-begriffe, die Dutzende ver-schiedener Duktus umfas-sen.18) Das H. ig

    azl ist - wiedie hnlichkeit mit arabi-schen Papyri erkennen

    lsst, deren lteste aus dem Jahr 22H. stammen - die ltere der beidenSchriftgruppen.19) Sie wurde mitschmalerer Feder geschrieben alsdas Kuf l, verwendet oft hoheOberlngen, whrend die eigentli-chen Buchstabenkrper im Kon-trast dazu gestaucht wirken, undeine Parallelstellung der Hastenwird hufig bewusst vermieden(vgl. Abb. 6). Dagegen ist das wenigjngere, schon im ausgehendenersten Jahrhundert H. vorhandeneKuf l in seinen charakteristischstenBeispielen mit breiter Feder ge-schrieben, was durch nderung ih-res Ansatzwinkels auf dem Schreib-grund breite ebenso wie haarfeineStriche zu ziehen erlaubt.20) DieHasten werden (wenn man vonspteren Sonderformen absieht)konsequent parallel ausgerichtet,was ein Grund - neben anderen -dafr ist, dass man den lapidarenCharakter des Kuf l betont, wh-rend man das H. ig

    azl als kursivbezeichnet.

    berraschenderweise hat die arabi-sche Schrift, anders als die arabi-sche Sprache, keine nennenswertevorislamische Geschichte; kaum

    eine Handvoll kurzer, graffito-arti-ger Inschriften sind historisch be-stimmbar. Die Herkunft der arabi-schen Schrift von der syrischenoder von der nabatischen ist bisheute kontrovers, derzeit wird dernabatischen Ableitung der Vorzuggegeben.21) Innerhalb wenigerJahrzehnte hat sich die arabischeSchrift im 1./7. Jh. im Dienst derneuen Religion und ihrer aufbl-henden Kultur entfaltet und zu cha-rakteristischen Gestalten differen-ziert, wofr Papyri und Graffiti22),die frhesten islamischen Bauin-schriften, und eben die Koranfrag-mente aus Sanaa zeugen. Ihre Da-tierung ist unerlsslich, um Einsichtin historische Ablufe und Entwick-lungen zu gewinnen, stellt aberauerordentliche Probleme. Dasknnen zwei Fakten verdeutlichen:Unter den 12.000 Fragmenten inSanaa gibt es ein einziges, dasdatiert ist23); sein Datum -Ramada

    n 357 = August 968 - ist zuspt, als dass es auf die drngendsteFrage, welches denn die frhestenFragmente sind, eine Antwortgeben kann. Und berhaupt stam-men die ltesten verlsslichenDaten - indirekt aus Besitzer- und

    41magazin forschung 1/1999

    Dr. Hans-Caspar Graf von Bothmer, 1942 in Kielgeboren, Studium von Kunstgeschichte, Klass. und Christl.Archologie sowie Semitistik und Islamkunde in Mnchen,Freiburg und London (SOAS). Promotion 1971 in Mnchen,mit einer Arbeit ber arabische Buchmalerei des 13. Jh.s.. -Wiss. Mitarbeiter am DAI Istanbul, Grabungsteilnahme inOstanatolien (Noruntepe). 1971/72 Wiss. Mitarbeiter ander Staatl. Sammlung gypt. Kunst, dem Zentralinstitut frKunstgeschichte und der Museumsabt. der Bayer. Verwaltungder Staatl. Schlsser, Grten und Seen, alle in Mnchen. -Seit 1973 Kustos des Bildarchivs zur Buchmalerei derUniversitt des Saarlandes, seit 1978 Akad. Oberrat. Im WS 1977/78 Vertretung eines Lehrstuhls fr Auereurop. Kunstgeschichte an derUniversitt Heidelberg. 1979-84 Mitarbeit am Verzeichnis der Oriental. Handschriften inDeutschland (Bayer. Staatsbibliothek Mnchen). - Mitarbeit an Ausstellungen in Mnchen1982; Mnchen und Saarbrcken 1982 bzw. 1987; Mnchen 1983; Frankfurt und Essen1985, Gotha 1997. - Als 2. Sprecher der Sektion Kunst und Archologie des Orients inder Deutschen Morgenlnd. Gesellschaft Organisator zweier Tagungen zum ThemaSchrift, Bild und Buch im Orient, 1981 in Frankfurt, 1982 an der Universitt Mnchen.Seit 1983 Mitarbeit am Kulturerhalt-Projekt Restaurierung und KatalogisierungArabischer Handschriften des Auswrtigen Amtes , 1985/86 als rtl. Leiter in Sanaa. -1991 Richard Ettinghausen Memorial Lecture am Institute of Fine Arts in New York;1992 Kevorkian Lectures am Hagop Kevorkian Center for Near Eastern Studies derNew York University.

  • Stiftungsvermerken gewonnene ter-mini ante quem - in arabischenHandschriften erst aus dem 3. Jh.H., und es sind aus dem ganzenJahrhundert und aus der ganzenislamischen Welt nur rund 40 sol-cher Daten bekannt geworden.24)

    So muss man versuchen, auf ande-ren Wegen zur Altersbestimmungzu kommen.25)

    Gewiss, es gibt etliche Fragen, dieohne Kenntnis des Entstehungs-datums der jeweiligen Handschrift/en untersucht und auch geklrtwerden knnen. Unter den kunst-historischen Fragen, die diese Ko-ranfragmente aufwerfen, sind dasz.B. die nach Funktion, Strukturund Motivbestand ihrer Illumina-tion. Darber bereite ich seit lan-gem eine weit fortgeschritteneUntersuchung26) in Buchform vor,weshalb ich im Folgenden nur enpassant auf die Illumination zu spre-chen komme.

    So, wie sich in der Orthographieund der Surenfolge Abweichungenvon heutigen Druckausgaben desKoran finden27) (die ihrerseits diemehr als tausendjhrige Traditionder handschriftlichen berlieferungbewahren), so weist auch die ue-re Gestalt, die der Offenbarungs-text in den frhen Koranhandschrif-ten in Sanaa gefunden hat, vielfacheAbweichungen vom seither lngstfr einzig richtig Erachteten auf. In-sofern, als solche Abweichungenweder einmalig noch konstant ge-wesen zu sein scheinen, liegt derVersuch nahe, sie als Stufen in ei-nem Entwicklungsprozess hin zumheute - und lngst schon - Verbind-lichen anzusehen.

    Hunderte der Fragmentgruppenhaben oblonges Format, die Breitedes Blattes bertrifft seine Hhe.Lange hielt man dieses Format frdas lteste in islamischer Buch-produktion; doch ist unverkennbar,dass die Mehrheit der H. ig

    az l-Handschriften Hochformate sind.Allerdings gibt es auch Querforma-

    te - die sich aber durch ihre Pro-portionen deutlich von den gngi-gen oblongen Kuf l-Handschriftenunterscheiden; ihre Hhe misstweniger als die Hlfte der Breite.28)

    Umgekehrt berwiegen unter denklassischen kufischen Handschrif-ten die Querformate. Die ver-gleichsweise wenigen kufischenHochformate sind aber sicher ehervor als nach ihnen (dann nmlich imZuge des endgltigen bergangszum Hochformat, im 4./10. Jh.)entstanden - abgesehen allerdingsvon der spteren Sonderform dessogen. stlichen Kuf l wie auch dermaghrebinischen Schrift, die meistin quadratnahen Formaten vor-kommt.

    Es scheint, dass islamische Buchher-stellung in der Tradition sptantikerund benachbarter christlicher Kul-turen zunchst das Hochformatbernahm, es aber schon bald,wohl im 2./8. Jh., zugunsten desQuerformats aufgab -- vielleicht,um sich damit ebenso entschiedenvon den Vorbildern abzusetzen wiesich das Mnzbild nach derMnzreform des spten 1. Jh.s vondem der vorangegangenen Emissio-nen unterschied.

    Fr die sptere islamische Hand-schriftentradition war, wie auch frdie abendlndische, die gleichblei-bende Zeilenzahl pro Seite selbst-verstndlich. Bisher wurden kaumAbweichungen bemerkt oderjedenfalls mitgeteilt. So ist die Fest-stellung berraschend, dass unterallen Fragmentgruppen in Sanaafast 22 Prozent - genau: 208 unter926 - wechselnde Zeilenzahlen auf-weisen. Innerhalb solcher Frag-mentgruppen kommt meist eineZeilenzahl am hufigsten vor. DieAbweichungen von ihr gehen aberoft weit ber die nchsteNachbarschaft hinaus; die in Abb. 5und 8 im Ausschnitt gezeigte Hand-schrift (Cod. Sanaa 01-28.1) hatbeispielsweise berwiegend 23 und27 Zeilen, die Abweichungen rei-chen aber von 19 bis 39! Hufig,

    aber beileibe nicht immer, fllt eineAbweichung der Zeilenzahl mit ei-nem Schreiberwechsel zusammen.berhaupt scheint die Arbeit ver-schiedener Schreiber an einem Co-dex in der Frhzeit entweder weitselbstverstndlicher gewesen zusein als spter - oder spter warendie Duktus und die Fhigkeiten derSchreiber strker standardisiert, sodass ein Wechsel des Schreibersweniger auffllt; das bedarf genaue-rer Untersuchung.

    Eine weitere Unregelmigkeit, diein den letzten tausend und mehrJahren undenkbar war, bestand inder wechselnden Zeilenlnge. InBegriffen der Typographie formu-liert, findet sich in der FrhzeitFlattersatz, der schon bald vonBlocksatz abgelst wurde. InEinzelfllen wurde nicht einmal amZeilenbeginn, also rechts, Registergehalten.

    Das Bedrfnis nach einem geschlos-senen Schriftblock ist lter als eineEigenschaft der arabischen Schrift,die man bisher fr ihre zeitlose Mit-gift gehalten hat: ihre Dehnbarkeit,die es erlaubte, eine gewnschtebereinstimmung - z.B. von Vers-Enden in der Poesie, oder amZeilenende in Koranhandschriften -mhelos zu erreichen.29) Die Ko-ranfragmente in Sanaa zeigen, dassdiese Dehnbarkeit der arabischenSchrift jnger ist als deren Verwen-dung fr die Koranschreibung, undauch als das Streben (der Schrei-ber? - der Auftraggeber?) nachBlockhaftigkeit des Schriftspiegels.Deshalb wurde ein Ausweg gefun-den in Gestalt eines Zeilenfllers,der unserem Trennungsstrich hn-lich sieht, mit seiner Funktion abernichts zu tun hat.

    Fast jede Handschrift hat Vers-trenner, besondere Zeichen, diedas Ende eines Verses bezeichnen.Unklar ist, welches die lteste Artihrer Plazierung war: nach jedemeinzelnen, oder nach jedem zehn-ten Vers? Beide Arten sind vertre-

    Universitt des Saarlandes42

  • ten. - Dass es auch Handschriftengab, die keinerlei Versmarkierunghatten, sie ihnen allerdings nach-trglich eingefgt wurden, sei alsBesonderheit erwhnt. Jedenfallsfinden sich zahlreiche Fragment-gruppen, in denen der Schreibermit derselben Tinte, mit der er denText schrieb, nach jedem Vers iden-tische Verstrenner setzte, ausdenen dann jeder zehnte, offenbarum leichterer Zhlbarkeit willen,hervorgehoben wurde. Dafr ver-wendete man bevorzugt roteKreise, um den hier bereits befind-lichen Verstrenner deutlich hervor-zuheben. Spter wurde jeder fnfteVers mit einem besonderen Zei-chen markiert, das oft tropfenfr-mig genannt wird, seltener auchtatschlich so aussieht, meist aberwie ein recht asymmetrischerTropfen; gemeint ist allemal derBuchstabe Ha, der den Zahlwert 5hat. Es gibt Fragmentgruppen, indenen Einer, Fnfer, Zehner,Fnfziger und Hunderter nachGestalt, und evtl. nach Farbe,unterschieden sind - womglich umeiner schnelleren berprfung wil-len. Und es gab auch ein anderesSystem- vielleicht gleichzeitig, aber

    womglich an anderem Ort ge-bruchlich -, das jeden Zehner da-durch definierte, dass die verwen-dete Figur den Buchstaben enthlt,dessen Zahlwert gemeint ist.Solcher Reichtum wurde auf dieDauer wieder aufgegeben.

    Eine andere wichtige Aufgabe be-steht darin, die Trennung der Surenhervorzuheben. Am einfachstenwurde sie erfllt, indem der Restder Zeile, in deren Anfang eineSure endete, leer gelassen wurdeund die folgende Sure mit derneuen Zeile begann. Bald scheintman indes Zsuren von weniger alseiner ganzen Leerzeile nicht mehrgeschtzt zu haben, sondern manbevorzugte weitere Zwischen-rume. Anstelle der Leerzeilenfhrte man frh - sicher schon im 1.Jh. H.30) - Ornamentbnder ein,die gezeichnet (s. Abb. 2) oder far-big ausgefhrt sein konnten.Nachdem im weiteren Verlauf jedeSure mit einem Namen bezeichnetwurde, konnte dieser (mit weitererInformation, die sich meist auf dieZahl der Verse beschrnkte) demOrnamentband inkorporiert wer-den - entweder in einem gerahmten

    Feld auf dessen freien Grundgeschrieben, oder so, dass dasOrnamentband um den zuvorgeschriebenen Surennamen herumkomponiert wurde (s. Abb. 7).31)

    Vielleicht ist es aufgefallen, dass ichdie naheliegende Przisierung Su-renberschrift vermieden habe.Nicht von ungefhr. Denn tatsch-lich gibt es berschriften, aberauch Unterschriften, und diese gin-gen, wie in frhchristlichen Bibel-handschriften, jenen voraus. Endevon Sure Soundso (hatimat surat...) ist die lteste Form derNennung gewesen.32) Zahlenmigberwiegen allerdings die Frag-mentgruppen, in denen der An-fang von Sure Soundso markiertist. Und interessanterweise gibt esjedenfalls eine Fragmentgruppe inSanaa, in der sorgfltig Ende vonSure X und Anfang von Sure Yvermerkt ist.33) Mit der Bezeich-nung des Anfangs war die Entwick-lung noch nicht abgeschlossen. Be-kanntlich heit die berschrift inallen gedruckten Ausgaben SureSoundso, gefolgt von der Verszahlund dem Ort der Offenbarung,Mekka oder Medina (der sich in

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    Abb. 7: Cod. Sanaa 10-27.1: Prchtiger Surentrenner zwischen der 18. und der 19. Sure, der um die Surenberschriftherum komponiert wurde. Gold mit wenigen farbigen Lasuren.- Kufische Schrift.- Der Name Gottes ist mit Gold her-vorgehoben - eine sptere Zutat, wie auch die Verstrenner. - 4. / 10. Jh.

  • den Fragmenten in Sanaa nicht eineinziges Mal findet!). Glcklicher-weise fllt der Wechsel zu dieserbis heute gltigen Lsung noch inden durch das verwendete Schreib-material Pergament vorgegebenenBeobachtungszeitraum. Unter denFragmenten in Sanaa sind die mitder Bezeichnung Sure Soundsoweniger zahlreich als die, die dasWort Anfang von ... (fatih.at ...)betonen. Daraus mchte ich dieVermutung ableiten, dass dieserWechsel lange, vielleicht Generatio-nen spter, nach dem frherenWechsel von Unterschrift zu ber-schrift vollzogen wurde. Vielleichtfragte man sich eines Tages Wa-rum schreiben wir eigentlich immerAnfang von Sure Soundso - wasdenn sonst?. Mit anderen Worten,der zweite Wechsel setzt voraus,dass die Erinnerung an den frhe-ren Wechsel von Unterschrift zuberschrift verloren war.

    Jede der 114 Suren, ausgenommendie neunte, beginnt mit der Basma-la, der Formel Im Namen des gn-digen und barmherzigen Gottes.

    Seit alters gibt es verschiedeneAnsichten darber, ob sie Teil derSuren und folglich als Vers mitzu-zhlen sowie bei der Rezitation lautoder leise auszusprechen sei. In ein-zelnen Fragmentgruppen findetsich die Basmala mal am Anfangeiner Sure, wie erwartet; also nachder Zsur, sei sie gestaltet odernicht, die zwei Suren trennt.Anderswo aber folgt sie unmittel-bar auf die letzten Worte einer

    Sure, und erst danach folgt die Z-sur. Abbildung 8 zeigt eine derarti-ge Position der Basmala, auf einemBlatt aus derselben Handschrift wiedas in Abbildung 5 im Ausschnittgezeigte, wo aber die Basmala demSurentrenner folgt; ihre erstenBuchstaben sind links von ihm zuerkennen.

    Parallelen in Handschriften andererBibliotheken kenne ich nicht, dochhat Grohmann vor 40 Jahren etwashnliches verffentlicht, ohne je-doch auf die hier angesprocheneBesonderheit aufmerksam zu ma-chen: In einem Papyrusfragmentfolgt auf das Ende einer Sure eingraphisches Ornament und auf die-ses die Basmala, und links von ihrwird das Ornament wiederholt.34)

    Derartige Mglichkeiten, die Bas-mala zu plazieren, erinnern an einevon Schwally zitierte Stelle desZamaharl (st. 538 H.), der zufolgedie medinensische und die syrischeTradition die Basmala nur als einTrennungszeichen zwischenden Suren betrachteten (hervor-

    gehoben von mir).35)

    Beobachtungen wie die voranste-henden mssen Muslime nicht be-unruhigen, denn sie bezeugen nichtAbweichungen von einem bereitsetablierten Kanon, wie der Of-fenbarungstext schriftlich wieder-zugeben und anschaulich zu struk-turieren sei, sondern sie verdeutli-chen, dass ein solcher Kanon erstim Lauf eines lngeren, einstweilennur annhernd datierbaren Pro-

    zesses erarbeitet wurde.36) Unver-kennbar ist dabei die Richtung die-ser Entwicklung zu grerer Ord-nung, zu Gleichma. Damit korre-spondiert in der malerischen Aus-stattung das Bemhen um Sym-metrie, das sich zunchst auf dieeinzelne Seite, bald aber auf dieDoppelseiten der jeweiligen ff-nung des Codex richtete.

    Die Annahme eines zielgerichtetenOptimierungsprozesses findet ihreBesttigung in den zahlreichen Beispielen dafr, dass jngere Entwicklungsschritte (bzw. ihre Er-rungenschaften) lteren, vor ihremAuftreten geschriebenen und aus-gestatteten Codices nachtrglichhinzu- oder eingefgt wurden. Dasging nicht immer ohne Hrten ab,z.B. wenn ornamentale Surentren-ner getilgt wurden, um Platz fr die Surenberschrift zu gewin-nen.37)

    Zum Schluss will ich auf eine dernach Format, Vollkommenheit ihrerKalligraphie und Reichtum der ma-lerischen Ausstattung groartigsten

    dieser Hand-schriften zus p r e c h e nkommen.38)

    Auch in ihrsind Moderni-sierungen zubeobachten.So wurde dasu r s p r n g -liche, einfacheSystem derVersmark ie -rung differen-

    ziert und gleichzeitig der jeweiligeSurenname nachgetragen; undzwar nicht etwa, wie in anderenFllen, auf den Rand gesetzt, son-dern auf die Surentrenner; demRang der Handschrift entsprechendmit goldener Schrift! Die breitenOrnamentbnder der Surentrennerwurden dadurch teilweise verun-klrt. In Abbildung 9 ist erkennbar,mit welcher Phantasie geometri-sche und vegetabile Motive mitein-

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    Abb. 8: Cod. Sanaa 01-28.1: Einem kleinen Ornamentfeld, als Surentrenner, geht die Basmala voran,statt ihr zu folgen. H. ig

    azl-Duktus.- ber der unaufflligen Zsur zwischen den Suren 33 und 34 wurdeder Surenname mit roter Farbe nachtrglich eingefgt. - Frhes 2. / 1. Hlfte 8. Jh.

  • ander verbunden wurden.Motivreichtum und -bestand derSurentrenner und ihre stilistischeEigenart lassen ihre Verwandtschaftmit der Kunst der Umayyadenzeit(41-132/661-750) erkennen, wiesie in vielen Medien - Mosaiken,Stuck, Holz- und Elfenbeinschnitze-reien, Textilien u.a. - erhalten ist.Die Datierung kann przisiert wer-den anhand dreier ganzseitigerBilder, deren erstes ein prachtvollesKosmogramm, die beiden folgen-den komplexe Architekturen zei-gen. Es sind nicht Bilder von be-stimmten Bauten, sondern eherIdealdarstellungen zweier promi-nentester Moschee-Typen. Beidewurden unter dem Umayyaden-kalifen al-Walld, Sohn des Abd al-Malik, des Bauherrn des Felsen-doms in Jerusalem, in seinem Auf-trag in monumentalen Bauten reali-siert, deren einen, die Umayyaden-moschee in Damaskus, wir noch

    kennen. Der andere, die Moscheeber dem Grab des Propheten inMedina, wurde durch wiederholteUmbauten und kontinuierliche Er-weiterungen vllig verndert (Vgl.dazu Titelbild).

    Gesttzt auf architektur- und orna-mentgeschichtliche Argumente, zudenen u.a. kodikologische und pa-lographische berlegungen ka-men, habe ich diese Handschrift indas letzte Jahrzehnt des erstenJahrhunderts H. - etwa in die Jahre710-15 n.Chr. - ans Ende der Re-gierungszeit al-Wallds datiert. Einespter, und ohne Kenntnis meinerDatierung durchgefhrte naturwis-senschaftliche Untersuchung nachder C14-Methode hat nach demnoch unverffentlichten Untersu-chungsbericht, als kalibriertes Er-gebnis einen Entstehungszeitraumzwischen 657 und 690, be-stimmt39). Ist damit die Datierung

    mittels kunsthistorischerMethoden in Frage gestellt?Ich denke nicht. Denn zumeinen datieren wir Ver-schiedenes: der Naturwis-senschaftler den Zeitpunktder Gewinnung des Mate-rials, der Kunsthistoriker dasErgebnis seiner Verwendung.Zum anderen wird die Her-stellung einer solchen Hand-schrift Jahre, wenn nichtJahrzehnte in Anspruch ge-nommen haben. Sie umfassteca. 520 riesige Bltter vonmindestens 51 x 47 cm Gr-e und hatte also mehr alstausend beschriebene Seiten,die den koranischen Text injeweils 20 Zeilen pro Seitetrugen. Die monumentale Er-scheinung der Schrift war ge-steigert durch eine beson-ders aufwendige Schreib-weise, in der die Feder desKalligraphen die Buchstabenund Wrter nicht durch ein-fache Fhrung entsprechendihrer Gestalt hervorbrachte,sondern die - wie mikrosko-pische Beobachtungenerkennen lassen und mikro-

    skopische Aufnahmen beweisenknnen - das Bild der Buchstabenerst mittels einander ergnzenderStrichfolgen herstellte. Dazu tratanschlieend - in einer separaten,sicherlich auch sehr zeitintensivenHerstellungsphase - die mit exem-plarischer Sorgfalt ausgefhrteMalerei.

    Eine frhere Datierung als die vonmir vorgeschlagene trifft vor allemauf zwei Schwierigkeiten: zum ei-nen, die Architekturbilder wrendann lter als die ersten gebautenVertreter der dargestellten Typen;das wirft eine Vielzahl von Fragenauf, die hier nicht zu errtern sind.Zum anderen zeigt sich in der ei-gentmlichen Verquickung vonGrundriss und Aufriss und in vielenDetails die praktische Erfahrungund Auffassung des Malers.

    45magazin forschung 1/1999

    Abb. 9: Cod. Sanaa 20-33.1: Der Surentrenner zwischen den Suren 75 und 76 ist gestuft,was durch unterschiedliche Motive betont wird: geometrische links, ungerahmt auf-sprieende Palmettknospen und vereinzelte Weintrauben rechts. Die spter darbergeschriebene goldene Surenberschrift ist deutlich erkennbar. - Das erlesene Kuf l hatseine nchste Parallele in den Mosaikinschriften des Felsendoms in Jerusalem. - Ende 1.Jh. H. / ca. 710-15 n.Chr.

  • Die Erfahrung lehrt, dass die An-fangs- und Endpartien zerstrterHandschriften berdurchschnittlichoft verloren sind. Der Fund von Sa-naa scheint das zu besttigen, dennin 926 Fragmentgruppen gibt es nursiebenmal die erste und fnfmal diebeiden letzten Suren. In Hinblickauf die Frage nach dem Datum derkanonischen Textfassung des Ko-rans liegt es nahe, nach ihnen zufragen, wei doch die berliefe-rung von vor-kanonischen Samm-lungen, die weder die erste nochdie beiden letzten Suren enthielten.Leider ist der Befund nicht aussage-fhig.

    Dennoch hat die zuletzt besproche-ne Fragmentgruppe mit einer alsgesichert anzusehenden Datierungin die 2. Hlfte des ersten Jahr-hunderts fr diese Frage eine Be-deutung; soweit erhalten, gibt sienmlich den vollstndigen Textohne bisher beobachtete Varianten,und sowohl die erste als auch dieletzte Sure ist erhalten. Somit wi-derspricht sie der Annahme, dieEndredaktion sei erst zu Ende deszweiten, wenn nicht sogar erst imdritten Jahrhundert entstanden.40)

    Anmerkungen

    1) Rudi Paret, Der Koran als Geschichtsquelle, in: DerIslam 37, 1961, 27.

    2) Der Koran. bersetzung, von Rudi Paret, Berlin,Kln, Mainz 1979, 5.

    3) ber den Ur-Quran. Anstze zur Rekonstruktionder vorislamisch-christlichen Strophenlieder im Koran,Erlangen 11974, 21993.

    4) The Collection of the Quran, Cambridge, London,New York, Melbourne 1977.

    5) Quranic Studies, London 1977.

    6) Sure 53,19-25, referiert einen Text, der dagegenpolemisiert, drei altarabische Gttinnen als TchterAllahs zu betrachten. Zwei Korankommentatoren aberaus noch recht spter Zeit (Tabari, gest. 923, und IbnSaad, gest. 845) hatten eine Textversion vorliegen, dieein an diese drei Gttinnen gerichtetes Bittgebet emp-fehlen (die satanischen Verse, weil angeblich auf eineEinflsterung des Teufels zurckgehend; vgl. hierzu R.Paret, Der Koran. Kommentar und Konkordanz,Stuttgart, Berlin, Kln, Mainz 31980, 461).

    7) Der Korantext, den der muslimische Theologe IbnMasud benutzte, reichte nur bis zu Sure 112 (vgl. W.Montgomery Watt/Alford T. Welch, Der Islam. I Mo-hammed und die Frhzeit Islamisches Recht Religises Leben [bers. d. amerikan. Originals vonSylvia Hfer; in der Reihe Die Religionen der Mensch-heit, hrsg. von Christel Matthias Schrder, Bd. 25,1],Stuttgart, Berlin, Kln, Mainz, 1980, 181). Nach der sp-teren Tradition war Ibn Masud (gest. 652) nochZeitgenosse Mohammeds; auch Watt/Welch sprechenbei seiner - wie noch weiteren Koranversionen - vonvor-utmanischen Kodizes (ebd.). Allerdings muss

    bedacht werden, dass auch hier die Datierungen auf diesptere Sunna zurckgehen, deren historische Zuverls-sigkeit uerst fraglich ist.

    8) Syriac Influence on the Style of Kuran, in: Bulletin ofthe John Rylands Library, Manchester 1927, 77 ff.

    9) Das Christentum hatte sich z.B. im 2. Jahrhundertmit hnlichen Vorwrfen auseinanderzusetzen, woraufdie Apologeten auf eine der spteren islamischen Ar-gumentation vergleichbare Weise antworteten.

    10) Vgl. hierzu Muhammad und Jesus. Die christologischrelevanten Texte des Korans neu bersetzt und erklrtvon Claus Schedl, Wien, Freiburg, Basel 1978; HeinrichSpeyer, Die biblischen Erzhlungen im Koran, o.O. 1931(Nachdruck 1961); eine grndliche bersicht, aberohne kritische Analyse, bietet auch die Monographievon Heribert Busse, Die theologischen Beziehungen desIslams zu Judentum und Christentum. Grundlagen desDialogs im Koran und die gegenwrtige Situation(Grundzge, Bd. 72), Darmstadt 1988.

    11) A.a.O. 118.

    12) Gerd-R. Puin: Methods of Research on Quranic Ma-nuscripts - A Few Ideas. In: Mas.ahif .Sana

    [Catalogue ofthe exhibition of Yemeni Koran fragments]. al-Kuwayt:Dar al-A

    t r al-Isla

    miyyah, 19 March - 19 May 1985, S. 9-17

    ders.: Observations on Early Quran Manuscripts in

    .Sana. In: Stefan Wild (Ed.): The Quran as Text.

    Leiden: Brill 1996, S. 107-111.

    ders.: Orthographic Peculiarities Observed in the MostArchaic Fragments of Yemeni Korans: The "AlifMaq.su

    rah" Phenomenon. Vortrag auf dem SymposiumQuranic Studies on the Eve of the 21st Century",Leiden, Juni 1998.

    13) Beatrice Gruendler: The development of the ArabicScripts: from the Nabatean Era to the First IslamicCentury According to Dated Texts. Atlanta: ScholarsPress 1993 (Harvard Semitic Studies, 43), und dazu Rez.von F. Scagliarini in ORIENTALIA. Rom 63 (1994) 294-297

    14) Abd al-Al Salim Makram (wa-) Ah.mad Muhta

    rUmar: Mugam al-qiraat al-Quraniyya, maa muqaddi-ma fi l-qiraat wa-ahar al-qurra, I-VIII. al-Kuwayt: Da

    tas-Salasil 1402-1405/1982-1985

    15) Der Umfang war ursprnglich auf 15.000Pergamentfragmente aus 850 bis 900 verschiedenenHandschriften geschtzt worden.

    16) s. Ursula Dreibholz, Der Fund von Sanaa. Frh-islamische Handschriften auf Pergament, in: Peter Rck(Hg.), Pergament - Geschichte, Struktur, Restaurierung,Herstellung. Historische Hilfswissenschaften, hg. vonPeter Rck, Bd. 2. Siegmaringen 1991, S. 299-312, bes.S. 301.

    17) Durch Schrgstrich getrennte Daten geben islami-sche Zeitrechnung vor dem Strich, christliche dahinter.Einzelne Daten werden durch die Zustze H. (nach derHigra) bzw. n.Chr. bestimmt.

    18) Zum bisher grndlichsten Versuch einer Klas-sifikation frher Schriftarten s. Franois Droche, LesManuscrits du Coran. Aux Origines de la CalligraphieCoranique. Bibliothque Nationale, Dpartement desManuscrits, Catalogue des Manuscrits Arabes. 2e partie.Manuscrits Musulmanes, tome I, 1. Paris 1983. (Ich zh-le Droches Gruppen AI und BIa zum H. ig

    azI.) Vgl. auch,wegen exzellenter Abbildungen, ders., The AbbasidTradition. Qurans of the 8th to 10th Centuries. TheNasser D. Khalili Collection of Islamic Art, vol. I.London-Oxford 1992.

    19) Franois Droche, Les Manuscrits du Coran enCaractres H. ig

    azI. Position du problme et Elementsprliminaires pour une enqute. Quinterni 1,Fondazione Ferni Noja Noseda, Studi Arabi Islamici.Lesa 1996

    20) s. Bothmer, Architekturbilder im Koran. EinePrachthandschrift der Umayyadenzeit aus dem Yemen,in: Bruckmanns Pantheon, 45, 1987, S. 4-20.

    21) Adolf Grohmann, Arabische Palographie, II. Teil,Das Schriftwesen. Die Lapidarschrift. = sterr. Akad. d.Wissenschaften, Phil.- hist. Kl., Denkschriften, 94. Bd.,2. Abh. Wien 1971 (bes. Kap. I,1, Ursprung undHerkunft der arabischen Schrift, S. 7-33. - BeatriceGruendler, The Development of the Arabic Scripts.From the Nabatean Era to the First Islamic CenturyAccording to Dated Texts. Harvard Semitic Studies 43,Atlanta 1994.- Eine dezidiert abweichende Position ver-

    trat jngst Franoise Briquel-Chatonnet, De laramen larabe, in: Franois Droche - Francis Richard (Hgg.),Scribes et manuscrits du Moyen-Orient. Paris 1997, S.135-149.

    22) Sad Abd al-AzIz al-Ra Id, Kitabat IslamIya minMakka al-Mukarrama. Al-Riyad. 1416/1995.

    23) Cod. Sanaa 00-00.18, Ende des 13. G

    uz/26. H. izbbei 14:52.

    24) Franois Droche, Les Manuscrits arabes dats duIIIe/IXe sicle, in: Revue des tudes Islamiques 55-57,1987-89 (1992), S. 343 ff.

    25) Bothmer, Quranic manuscripts from Sanaa: Theproblem of dating early Qurans, again. (Beitrag zumSymposium Quranic Studies on the Eve of the 21stCentury), Leiden, Juni 1998.

    26) Fr eine vorlufige Skizze s. Bothmer, Meisterwerkeislamischer Buchkunst: Koranische Kalligraphie undIllumination im Handschriftenfund aus der GroenMoschee in Sanaa, in: Werner Daum (Hg.),Jemen.3000 Jahre Kunst und Kultur des glcklichen Arabien.Innsbruck-Frankfurt am Main 1987, S. 177-180, Abb. S.185-187.

    27) Siehe Gerd-R. Puins vorangehenden Beitrag, sowieders., Observations on Early Quran Manuscripts in

    .Sana, in: Stefan Wild (Hg.), The Quran as Text. Leiden

    1996,S. 107-111.

    28) In Sanaa gibt es nur 22 (nicht ca. 90: so Puin 1996(s. oben Anm. 27), S. 108) Fragmentgruppen in H. ig

    azI-Schrift, darunter 8 querformatige.

    29) Droche, Les manuscrits du Coran (s. oben Anm.18), S. 21 betont la facilit avec laquelle les scribes pou-vaient allonger les ligatures de lcriture.

    30) Die Palimpsest-Handschrift Cod. Sanaa 01-27.1,wohl um die Wende vom 1. zum 2. Jh. H. entstanden,hat in der getilgten ersten Schicht drei schmaleOrnamentstreifen, vgl. Abb. 2.- Die prachtvollenSurentrenner in Cod. Sanaa 20-33.1 (s. Abb. 9) sindsicher ursprnglich; die Handschrift stammt aus demletzten Jahrzehnt des 1. Jh.s H.

    31) Vgl. auch Gerd-R. Puin u.a., Mas.a .hif .Sana.

    (Ausstellungskatalog, Dar al-Ata

    r al-Islamiyya,Nationalmuseum Kuwait), Kuwait 1985, Nr. 42, Abb. S.46.

    32) Siehe Bothmer, Frhislamische Koran-Illumina-tionen. Meisterwerke aus dem Handschriftenfund derGroen Moschee in Sanaa/Yemen, in: Kunst und An-tiquitten 1986, Heft 1, Abb. 7.

    33) Siehe Bothmer, Frhislamische Koran-Illuminationen(s. oben Anm. 32), Abb. 5.

    34) Adolf Grohmann, The problem of dating earlyQurans, in: Der Islam, XXXIII, 1958, S. 213-231: zumPapyrus Michalids 190, S. 228 f. und Taf. IV.

    35) Theodor Nldeke, Geschichte des Qoran. II. DieSammlung des Qoran, 2. Aufl., vllig umgearb. von F.Schwally, Leipzig 1919, S. 79, Anm. 1.

    36) Indem die Handschriften manches besttigen, wasfrhe Quellen berichten, wird die Zuverlssigkeit derfrhen Gewhrsleute erkennbar. Das sollte man nicht zuden geringsten Gewinnen dieser Forschungen rechnen -um so weniger, als diese Zuverlssigkeit durch Thesenwie die Wansbroughs in Zweifel geraten sind.

    37) Siehe z.B. Abb. 4 bei Bothmer, FrhislamischeKoran-Illuminationen (s. oben Anm. 32).

    38) Cod. Sanaa 20-33.1, s. Bothmer, Architekturbilderim Koran (s. oben Anm. 20).

    39) Es wird oft gefragt, ob nicht derartige Untersu-chungen zuverlssigere Ergebnisse brchten als die gei-steswissenschaftlichen, und deshalb fter herangezogenwerden sollten. Dagegen spricht einmal, dass sie sehrkostspielig sind (die Bestimmung einer Probe kostetrund tausend Mark). Zum anderen ist die Unschrfeder Ergebnisse meist weitaus grer als in diesem Fall,und zumal bei Anwendung traditioneller Methoden.

    40) Zwei auf der in Anm. 11 erwhnten Tagung inLeiden vorgetragene Referate - von Fred Leemhuis(Groningen) ber Origins of the Quran as a Textus

    Universitt des Saarlandes46