Manifest Das konservative Zehn Gebote der neuen Bürgerlichkeit Dr. Wolfram Weimer PLASSEN VERLAG
Dieses Buch ist Gift für Linke und eine Zumutung für
Rechte. Es zielt ins Herz aller Konservativen – und derer,
die es werden wollen. Lustvoll, intelligent und provokant
formuliert es das geistige Kompendium der neuen Bürger
lichkeit. Deutschland bekommt damit ein Handbuch über
die tiefen Kraftquellen des Konservativseins.
Dr. Wolfram Weimer, derzeit prominentester wertkonser
vativer Publizist, verbindet eine Analyse des Zeit geistes
mit einer NeuVerortung von alten Werten. So entsteht
ein Manufaktum des Geistes, ein positiver Leitfaden, bei
dem gilt: Es gibt sie noch, die guten, alten Werte. In zehn
Kapiteln werden die großen Bezugsräume des Konservativen
im Stile von zehn Geboten ausformuliert. Das Geheimnis
der neuen Bürgerlichkeit lautet dabei: Konservativ ist nicht
ein Hängen an dem, was gestern war, sondern ein Leben
aus dem, was immer gilt.
Konservativsein wird wieder populär.
Zumindest „wertkonservativ“ wollen
heute viele wieder sein. Doch was
bedeutet das überhaupt? Dieses Buch
gibt eine grundlegende Orientierung.
Es formuliert das geistige Kompendium
der neuen Bürgerlichkeit.
In 10 Kapiteln werden die großen
Bezugsräume des Konservativen im
Stile von 10 Geboten ausformuliert –
Person, Familie, Heimat, Nation,
Geschichte, Kulturkreis, Ordnung,
Eigentum, Tugend und Religion.
Die perfekte Anleitung, um in diesen
Zeiten der Unsicherheit, des Terrors
und der Orientierungslosigkeit neuen
Halt durch echte Werte zu gewinnen.
Wert-volle Anleitung
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neuer HAlt durcH ecHte Werte
dr. Wolfram Weimer
gehört zu den profiliertesten
Publizisten und Kommentatoren
des Zeitgeschehens. Er ist Verleger
großer Publikumsmedien wie
The European, Wirtschaftskurier
und Börse am Sonntag.
Er war Chefredakteur der Tages
zeitung Die Welt sowie des Magazins
Focus, gründete 2004 das Magazin
Cicero und ist dort bis heute Grün
dungsherausgeber. Einem breiteren
Publikum ist Dr. Weimer durch
zahlreiche Buchpublikationen sowie
seine Fernsehauftritte bekannt.
ManifestDas konservative
Zehn Gebote der neuen Bürgerlichkeit
Dr. Wolfram Weimer
PLASSENVERLAG
www.plassen-buchverlage.de
€ 9,99 (D) / € 10,30 (A
)
ISBN: 978-3-86470-567-0
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»Zukunft braucht Herkunft!«Dr. Wolfram Weimer
Das konservative Manifest_Dr. Wolfram Weimer_Klappenbroschur.indd 1 07.12.2017 12:59:33
Copyright 2018:© Börsenmedien AG, Kulmbach
Covergestaltung: Daniela FreitagBildquelle Cover: iStockLayout und Satz: Sabrina SlopekHerstellung: Daniela FreitagDruck: GGP Media GmbH, Pößneck
ISBN 978-3-86470-567-0
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Inhalt 7
VoRWoRT .......................................................... 9
1. PERSoN WüRDIGEN ............................... 13
2. FAMILIE LIEBEN ...................................... 21
3. HEIMAT LEBEN ........................................ 29
4. NATIoN EHREN ....................................... 35
5. KuLTuRKREIS KENNEN ........................ 43
6. TRADITIoN HEGEN ................................ 55
7. RECHT uND oRDNuNG RESPEKTIEREN ........................................ 65
8. EIGENTuM uND WoHLFAHRT STäRKEN ......................... 73
9. TuGEND PFLEGEN .................................. 85
10. GoTT ACHTEN ........................................ 95
INHALT
9Vorwort
Konservativsein wird wieder populär. Zu-mindest „wertkonservativ” wollen heute viele wieder sein. Doch was bedeutet das überhaupt? Dieses Buch gibt eine orien-
tierung. Es formuliert das geistige Kompendium der neuen Bürgerlichkeit. Zugleich kann man es als Plä-doyer gegen linke und rechte Ideologien verstehen, aber auch gegen die Substanzlosigkeit einer Jahr-marktgesellschaft, gegen die wilde Destruktion und Beschleunigung in unserer modernen Welt.
Dieses Buch werden einige als positiven Leitfa-den mit bewusst langer Haltbarkeit lesen, denn der wahre Konservative kennt lange Linien der Geschichte und ist nicht verbogen von hektischen Irrungen. Andere können es aber auch als kämpferische Fibel für die postideologische Generation der Neo-Bürger-lichen lesen. Dritten ist es ein politisches Brevier, eine Provokation für Linke und Rechtspopulisten,
VoRWoRT
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Gutmenschen-Bevormunder und moralische Besser-wisser. Denn der Konservative zweifelt lieber, als dass er gleich alles besser weiß, er ahnt vielmehr, dass das vorhandene Gute zuweilen besser ist als das vermeintlich Bessere.
Das Comeback des Konservativismus hängt eng mit dem Niedergang linker Weltanschauungen zu-sammen. Diese erinnern viele Menschen im besse-ren Fall an depressive Gewerkschaftsseminare, an zeige fingernde Weltverbesserung und an ältere Män-ner mit Vaterproblemen. Im schlech teren Fall wit-tert man „Die-Partei-hat-immer- recht“-Be tondenker, sozialistischen Stacheldraht und unterdrücker von Venezuela bis Nordkorea. Während das Rotsein einst-mals helfend- warm-mitfühlend war, wirkt es zuse-hends nurmehr soziologisch, kratzig oder kasernen-haft.
Auch Modernismus und Materialismus werden skeptischer beäugt. Die Fahrigkeit einer vergnü-gungssüchtigen Medien- und Eventrepublik und die wilde Raserei der Globalisierung lassen Entschleu-nigungsreflexe wach werden. Sozialismus wie Moder-nismus wirken geistig erschöpft, weil ihr materialis-tisches Streben das wesentliche Bedürfnis der Men schen nach Identität, Sinn und Geborgenheit nicht erfüllt. In das Vakuum strömen neo-religiöse Sehnsucht, allerlei Retrokultur und Nachhaltigkeits-gehabe.
Das Buch verbindet also eine Analyse des Zeit-geistes mit einer kritischen Neu-Verortung von alten
11Vorwort
Werten. Das heutige Wertegerüst wird systematisch sortiert, denn Konservative mögen ordnung. So ent-steht ein Manufaktum des Geistes, bei dem gilt: Es gibt sie noch, die guten, alten Dinge.
In zehn Kapiteln werden die großen Bezugsräume des Konservativen im Stile von zehn Geboten ausfor-muliert – Person, Familie, Heimat, Nation, Geschichte, Kulturkreis, ordnung, Eigentum, Tugend und Reli-gion. Das Buch bündelt zugleich den weiträumig gefühlten Kulturpessimismus unserer Zeit. Den Ein-druck nämlich, dass wir nicht nur an einer finanziel-len, sondern auch an einer kulturellen Schuldenkrise leiden, dass das Abendland seinem Son nen untergang entgegengeht, dass die westliche Kultur sich leider schlafen legt. Es trägt damit Züge einer „Fin-de-Sièc-le-Anklageschrift”. Aber auch eine Handlungsanwei-sung wird dem neugierigen Leser geboten.
Das Grundmotto der neuen Bürgerlichkeit lau-tet bei alledem: Konservativ ist nicht ein Hängen an dem, was gestern war, sondern ein Leben aus dem, was immer gilt.
PERSoN WüRDIGEN
Jeder Einzelne ist für
die Welt verantwortlich.
Hermann Alexander Graf Keyserling
1. Gebot
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Die Würde des Menschen ist unantastbar“. Artikel 1 des Grundgesetzes ist zugleich Artikel 1 der konservativen Lebensma-ximen. Der zweite Satz im Grund gesetz,
„Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt“, liest sich gar wie ein politisches Programm des modernen Konservativismus. Denn die Würde des Einzelnen zum Ausgangspunkt aller überzeugungen zu setzen ist ein Widerspruch gegen alle Kollektivisten und Ideologen, aber auch gegen utilitaristen und Materialisten.
Der Konservative denkt so: Das Individuum ist früher da als die Gesellschaft. Das Individuum ist zeitgleich der finale Bezugspunkt, um den es bei Gesellschaft immer gehen sollte – am Individuum ent scheidet sich die Qualität einer Gesellschaft. Der Konservative folgt dem uralten Bild vom Menschen als eines un-Teilbaren – eben eines In-Dividuums.
Person würdigen | 116
Er achtet den Wert des Einzelnen und der ein-zelnen Familie in besonderer Weise. Er denkt die Gesellschaft vom Einzelnen zum Ganzen, subsidiär, er steht der Masse, der Klasse oder Rasse und ihrem potenziell autoritären Charakter prinzipiell skeptisch gegenüber. Er sieht im vernünftigen Einzelnen – der
„ge sunde Menschenverstand“ ist eine Lieblingsvoka-bel aller Konservativen – gar eine Gewähr vor Extre-men und Fanatismen. Ganz im Geiste Theodor Fon-tanes: „Ein leidlich gescheites Individuum kann eigent lich gar nicht fanatisch sein.“
Die meisten politischen Ideologen denken genau andersherum, sie betrachten das Individuum skep-tisch, wähnen es egoistisch oder gefährlich und set-zen auf Kollektivismus zu seiner Einhegung; sie ver-trauen nicht dem gesunden Menschenverstand, son dern übergeordneten Ideen. Kommunismus, Sozi-alismus, Nationalismus, Nationalsozialismus oder Islamismus. Sie alle gehen von einer Gruppe, einer Klasse, Rasse, einer umma – einem Kollektiv aus, das letztlich wichtiger sei als der Einzelne. Sie den-ken nicht in Kategorien von Würde des Einzelnen, sondern von Gerechtigkeit oder Erfolg oder Bestim-mung einer Gesellschaft. Der Konservative hält sich also an Seneca: „Es kommt darauf an, sein Streben nach dem richtigsten Handlungsziel auszurichten, und nicht nach dem, was allgemein üblich ist. Die Masse ist der schlechteste übersetzer der Wahrheit.“
„Würde“ kommt aus dem althochdeutschen „wirdi“ und dem mittelhochdeutschen „wirde“, es ist dem
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Begriff „Wert“ verwandt. Werte schätzt der Konser-vative ohnedies mehr als andere. Für Konservative ist die Würde daher ein ur-Wert. Die Geschichte des kon servativen ur-Begriffs als ethisches Konzept beginnt mit dem römischen Philosophen Cicero. Er ist der antike Vor- Denker, der dem Menschen allein aufgrund seiner Vernunftbegabung eine besondere Stellung zuweist. Allerdings meint Cicero, man müsse sich seine Würde durch sittliche Lebensführung erst erwerben. Im Mittelalter kommt ein christlicher Aspekt hinzu: Was den Menschen aus der Schöp-fung heraushebt, ist seine Existenz als Ebenbild Got-tes. Mit der Fähigkeit zur Selbstbestimmung bringt später das Zeitalter der Aufklärung ein weiteres Kri-terium ins Spiel: die Freiheit. Immanuel Kant geht noch einen Schritt weiter und definiert die Würde als das Merkmal eines jeden Menschen, das unver-gänglich, unveräußerlich und un-bedingt sei. Er meint, dass sich der Mensch durch seine ihm eigene Moralität als würdig erweise. Die Würde liege jen-seits des „Reiches der Zwecke“.
Der Konservative hat ein tiefes Empfinden dafür, dass die Würde des Einzelnen weder durch ein „Reich der Zwecke“ (Kant), durch die „Maschinenwelt“ (Nietzsche) noch durch irgendwelche „Gehäuse der Hörigkeit“ (Max Weber) zerstört werden dürfe. Er vertraut mit John Stuart Mill der individuellen Kraft: „Das große, schöpferische Individuum ist zu mehr Weisheit und Tugend fähig, als es der kollektive Mensch je sein kann.“
Person würdigen | 118
Es gab zwar Zeiten in den letzten 300 Jahren, da Konserva tive der Monarchie, dem Kaisertum, dem starken ordnungsstaat oder der religiös formierten Gesellschaft nachhingen. Heute aber halten sie sich, skeptisch geworden, ans Individuum und eine libe-rale Anthropologie. Die Ge schichte des modernen Konservativismus hat in der Anthropologie ihr „libe-rales Finale” erreicht. Anders ausgedrückt – das Leben selber ist dem Konservativen der orientie-rungspunkt seiner Skepsis gegenüber den Ideologen und Modernisierern geworden. So wie Thomas Mann in seinen „Betrachtungen eines unpolitischen“ schrieb, „Leben“ sei der „im höchsten, religiösen Sinn konservative Begriff“, so neigt der Konservative zum Einzelnen, zum Lebendigen und zum Konkre-ten. Er misstraut der Abstraktion, der Weltverbesse-rung, der Gleichmacherei mit Plänen und utopien. Er steht dem Sein näher als der Möglichkeit, dem Leben näher als der Theorie, dem Einzelnen näher als der Gesellschaft.
Indem der Konservative den Einzelnen zum Aus-gangspunkt seiner Gesellschaftsidee macht, bleibt er gegenüber allen großen überpersonalen utopien von Gesellschaft skeptisch. Er folgt lieber der sokra-tischen Logik vom „kleinen übel“. Eine solche Ma -x ime gewinnt an Plausibilität angesichts der histori-schen Erfahrung, dass alle menschheitsge schichtlichen Versuche, ein vermeintlich „höchstes Gut“ politisch verbindlich zu machen, grausam ausgegangen sind. Für die politische Sphäre trifft Winston Churchill
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diese Einsicht mit seinem Satz, die Demokratie sei „die schlechteste aller Regierungsformen, abgesehen von allen anderen, die von Zeit zu Zeit ausprobiert worden sind“.
Die neue Bürgerlichkeit kommt also aufgeklärt, nüchtern und bescheiden daher in ihrem Blick auf politische Entwürfe. Sie hält sich an die Würde und verachtet Würfe. Der französische Philosoph Jean-Claude Michéa nennt die neu-bürgerliche Gesell-schaft das „Reich des kleineren übels“. Der Konser-vativismus von heute steht wie der klassische Liberalismus für die Idee einer „minimalen Gesell-schaft bei einer maximalen Achtung der Würde des Einzelnen“. Ihn zeichnet ein Pessimismus der Intel-ligenz aus.
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Für den Konservativen ist die Familie „das Erste, das der Mensch im Leben vorfindet, das Letzte, wonach er die Hand ausstreckt, das Kostbarste, das er im Leben besitzt.“
Diese Sentenz von Adolph Kolping beschreibt den überragenden Wert, den konservative Menschen der Familie beimessen. Modernisierer und Linke des 20. Jahrhunderts haben die Familie kritisch hinter-fragt, dekonstruiert, als unterdrückungs- oder Ent-fremdungsstruktur oder als Leitbild der bürgerli-chen Ge sellschaft be kämpft. Doch sie hatten keinen nachhaltigen Erfolg damit. Für die Generation der Acht undsechziger ist die Rückkehr der Familie eine große Verblüffung. Sie hatten zeitlebens Fa mi lien-kritik betrieben, auf Emanzipation und Distanz gesetzt. „Antiautorität“ war das Schlagwort seit den Sechzigerjahren, und eine ewige Pubertät wurde proklamiert. Familie sei ein Hort der la tenten
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Repression, dagegen brauche die Jugend „Kritikfä-higkeit“, „Selbstbestimmung“, „Ich-Stärke“.
Nun passiert freilich das glatte Gegenteil. Die neue Jugend des 21. Jahrhunderts wendet sich in der Fa milienfrage massiv konservativen Werten zu. Sie sucht vor allem Einvernehmen mit den Eltern. Wir-Stärke statt Ich-Stärke ist angesagt. In der Shell-Jugendstudie stellen die Forscher verblüfft fest: „Im unterschied zur Generation der Eltern selbst, die meist eine kritische Einstellung zum Lebensstil ihrer Väter und Mütter pflegen oder pfleg-ten, haben junge Leute ein überwiegend entspann-tes und zugewandtes Verhältnis.“
Kaum eine andere soziale Institution hat in den letzten 20 Jahren einen solch hohen Zustimmungs-zuwachs erhalten wie die Familie. Für 80 bis 90 Prozent der jungen Menschen ist Familie wichtig bis sehr wichtig. Ebenso viele wollen selbst eine Familie gründen und auf Dauer mit einem Partner zusammenleben, und die meisten wollen Kinder.
Der Studie zufolge kommen 92 Prozent der deut-schen Jugendlichen derzeit gut oder sogar bestens mit ihren Eltern aus. Die Werte sind in den vergan-genen Jahren deutlich gestiegen. Sagten im Jahr 2002 immerhin 32 Prozent der Jugendlichen, ihr Verhältnis zu den Eltern sei „bestens“ so sind es heute gar 40 Prozent.
Interessant ist auch, dass der Erziehungsstil der Eltern große Zustimmung erfährt. Auf die Frage „Würdest du dein Kind einmal genauso erziehen,
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wie deine Eltern dich erzogen haben?“ sagen heute 74 Prozent der Jugendlichen Ja. Das ist ein Rekord-wert. Die Forscher resümieren: „Damit ist seit 2002 der Anteil der Jugendlichen, die die Erziehung der eigenen Eltern zum Vorbild nehmen, kontinuier-lich angestiegen.“
Kurzum: Das Verhältnis von Eltern und Kin-dern ist so gut wie lange nicht mehr.
Damit sind nicht nur die Ideologen der kriti-schen Theorie widerlegt. Auch Kulturpessimisten und Zerfallspropheten dürften staunen. Denn trotz hoher Scheidungsraten, Patch work-Familien und schwerer Belastungen durch die moderne Arbeits-welt ist die Familie stark wie nie.
Das vierte Gebot trägt gewissermaßen einen Sieg davon. Christen wussten schon immer, dass das Ehren der Eltern nicht einfach Gehorsam bedeutet. Vielmehr ist das Gebot ein Wegweiser hin zur Liebe, der uns zeigt, wie unser Leben gelingen soll. Das hebräische Wort für „ehren“ kommt aus der Wortfamilie „schwer sein“, „eine Last sein“ und „tragen“. Wenn man sich ehrt, trägt man sich gegenseitig durchs Leben. Das Schwere wird zum Reichtum. und wer in der Fami-lie Liebe spürt, der fühlt sich im Leben getragen und beschützt. Die Renaissance von Elternliebe und Fami-lienorientierung bei der Jugend ist für politische Kon-servative ein Triumph wertegebundenen Denkens. Für lebensweltlich Konservative eine gute Nachricht.
Für den Konservativen ist die Familie kein sozia-les Kon strukt oder eine Zufälligkeit der bür gerlichen
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Gesellschaft. Er sucht und findet in der Fa milie Liebe, Geborgenheit, Glück, Grundvertrauen und gegenseitige Hilfe. Zugleich sieht er die Familie als Garanten für die Weitergabe von Grundwerten und Zusammenhalt der Gesellschaft von Generation zu Ge neration. Die Familie kann dabei natürlich viel-fältige Gesichter und Formationen haben. Doch wie bunt Familie auch sein kann, sie ist immer ein Vaterland des Herzens. Selbst wenn sie räumlich getrennt sind, halten Familien zusammen und über-nehmen gegenseitige Verantwortung und Fürsorge. Das Vertrauen, sich auf den Mitmenschen und seine Fürsorge verlassen zu können, aber auch die Ver-mittlung von Durchsetzungskraft und Teamfähig-keit, sind für eine vitale und solidarische Gesell-schaft unersetzlich. Die Familie ist das fun da mentale Band zwischen den Menschen, auf das Nation und Staat aufbauen können. Politik und Sozial staat kön-nen die familiären Bindungen und die menschli-che Fürsorge weder ersetzen noch schaffen. „Die Familie ist die älteste aller Ge meinschaften und die einzige natürliche.“ (Jean-Jacques Rousseau)
Rousseau verweist nicht bloß auf „Arterhaltung“ und die Sicherstellung von Geburt und Betreuung von Kindern, sondern auch darum, diesen Kindern die Entwicklung zu „sitt lichen“ Wesen zu ermög-lichen. Georg Wilhelm Friedrich Hegel sieht die Familie als ort „unmittelbarer Sittlichkeit“.
Ehe und Familie sind dem Konservativen keine zufällige soziologische Konstruktion, sondern die