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1 Neue Möglichkeiten der Diagnostik dysfunktioneller Beziehungen – die Beziehungsachse der OPD-II Tilman Grande, Rainer Dahlbender, Henning Schauenburg, Michael Stasch und Manfred Cierpka 1. Einleitung Im Jahre 1996 erschien in der ersten Auflage das vom Arbeitskreis OPD herausge- gebene Buch „Operationalisierte Psychodynamische Diagnostik“, das inzwischen drei weitere Auflagen erlebt hat (4. Aufl.: 2004). Neben theoretischen und konzeptu- ellen Überlegungen enthält dieses Buch das Manual eines diagnostischen Instru- mentariums, mit dem auf vier Achsen psychodynamisch relevante Merkmale von Pa- tienten erfasst werden können: ihr Krankheitserleben und ihre Behandlungsvoraus- setzungen, ihre dysfunktionellen Beziehungsgestaltungen, die unbewussten Konflikte und ihre strukturellen Merkmale und Vulnerabilitäten. Inzwischen befindet sich der Arbeitskreis auf dem Weg zu einer überarbeiteten Fassung dieses Instrumentariums, die als OPD-II veröffentlicht werden wird. Nach mehr als 8 Jahren Erfahrung mit der OPD und ihrer Anwendung in unterschiedlichen Feldern – in Trainingsseminaren, in ambulanten Praxen, in Kliniken, in der Qualitätssicherung und in der wissenschaftli- chen Forschung – war es an der Zeit, Schwächen in der ursprünglichen Fassung auszubessern, neuen Forschungsergebnissen Rechnung zu tragen und Räume und Möglichkeiten zu erschließen, die durch das Projekt der OPD erreichbar geworden sind. Der zuletzt genannte Punkt betrifft in erster Linie die Wandlung der OPD von einem rein diagnostischen Instrument zu einem Instrument der Therapieplanung, Therapieevaluation und Qualitätssicherung. Dabei sind auch die Potentiale der OPD-
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Neue Möglichkeiten der Diagnostik dysfunktionaler Beziehungen - die Beziehungsachse der OPD-2/ New Diagnostic Alternatives for Dysfunctional Relationships: The Relationship Axis of

May 16, 2023

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Page 1: Neue Möglichkeiten der Diagnostik dysfunktionaler Beziehungen - die Beziehungsachse der OPD-2/ New Diagnostic Alternatives for Dysfunctional Relationships: The Relationship Axis of

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Neue Möglichkeiten der Diagnostik dysfunktioneller Beziehungen – die Beziehungsachse der OPD-II

Tilman Grande, Rainer Dahlbender, Henning Schauenburg,

Michael Stasch und Manfred Cierpka

1. Einleitung

Im Jahre 1996 erschien in der ersten Auflage das vom Arbeitskreis OPD herausge-

gebene Buch „Operationalisierte Psychodynamische Diagnostik“, das inzwischen

drei weitere Auflagen erlebt hat (4. Aufl.: 2004). Neben theoretischen und konzeptu-

ellen Überlegungen enthält dieses Buch das Manual eines diagnostischen Instru-

mentariums, mit dem auf vier Achsen psychodynamisch relevante Merkmale von Pa-

tienten erfasst werden können: ihr Krankheitserleben und ihre Behandlungsvoraus-

setzungen, ihre dysfunktionellen Beziehungsgestaltungen, die unbewussten Konflikte

und ihre strukturellen Merkmale und Vulnerabilitäten. Inzwischen befindet sich der

Arbeitskreis auf dem Weg zu einer überarbeiteten Fassung dieses Instrumentariums,

die als OPD-II veröffentlicht werden wird. Nach mehr als 8 Jahren Erfahrung mit der

OPD und ihrer Anwendung in unterschiedlichen Feldern – in Trainingsseminaren, in

ambulanten Praxen, in Kliniken, in der Qualitätssicherung und in der wissenschaftli-

chen Forschung – war es an der Zeit, Schwächen in der ursprünglichen Fassung

auszubessern, neuen Forschungsergebnissen Rechnung zu tragen und Räume und

Möglichkeiten zu erschließen, die durch das Projekt der OPD erreichbar geworden

sind. Der zuletzt genannte Punkt betrifft in erster Linie die Wandlung der OPD von

einem rein diagnostischen Instrument zu einem Instrument der Therapieplanung,

Therapieevaluation und Qualitätssicherung. Dabei sind auch die Potentiale der OPD-

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Beziehungsdiagnostik klarer hervorgetreten und zugleich die Notwendigkeit techni-

scher und konzeptueller Anpassungen an therapiepraktische Belange erkennbar ge-

worden. Die vorliegende Arbeit beschreibt diese Entwicklung und stellt die revidierte

Form dieser Achse innerhalb von OPD-II erstmals vor.

(Füge ein: Abb .1)

2. Grundkonzept der Beziehungsdiagnostik

Ziel der Diagnostik ist die Erfassung des zentralen, habituellen und dysfunktionellen

Beziehungsmusters eines Patienten. Beziehungsmuster stellen nach unserem theo-

retischen Verständnis grundsätzlich adaptive Leistungen dar, mit denen Personen

versuchen, ihre unbewussten Konfliktneigungen und strukturellen Vulnerabilitäten in

der Beziehung zu anderen so zu bewältigen, dass ein möglichst großes Maß an in-

terpersoneller Bedürfnisbefriedigung bei gleichzeitig ausreichendem Schutz für das

Selbst erreicht wird (Rudolf, 2000). Sie haben die Struktur sich selbst verstärkender

Zirkel, da Beziehungen so arrangiert werden, dass zentrale, problematische Über-

zeugungen zur eigenen Person und zu anderen immer wieder Bestätigung finden

(Anchin, 1982; Strupp & Binder, 1984; Schacht & Henry, 1994). Sie sind schließlich

dysfunktionell, weil ihre defensiver Charakter und ihre Rigidität die Möglichkeiten ei-

ner offenen und reziproken Beziehungsgestaltung in einer Weise begrenzt, die von

den Betroffenen selbst und meist auch von den Bezugspersonen als leidvoll erlebt

wird.

Als außerordentlich fruchtbar bei der Analyse von Beziehungsmustern hat sich die

Unterscheidung der Perspektiven erwiesen, aus denen der Patient einerseits und

seine Interaktionspartner anderseits das Beziehungsgeschehen erleben. Abb. 1 zeigt

das Vierfelderschema der OPD-Beziehungsdiagnostik, das auch für die revidierte

Version der OPD-II grundlegend bleibt (Arbeitskreis OPD, 1994; Grande et al., 1997).

In den oberen Feldern des Schemas wird das Beziehungsgeschehen so abgebildet,

wie es vom Patienten immer wieder selbst erlebt wird (Erlebensperspektive des Pati-

enten). Dem rechten der beiden Felder sind jene Äußerungen und Beziehungsakte

zugeordnet, die der Patient von Seiten der anderen erlebt; das linke Feld enthält Re-

aktionen und Verhaltensweisen, die der Patient bei sich selbst erlebt. Grundlage für

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die Beurteilung dieser Erlebensperspektive sind Beziehungsschilderungen, die in die

Berichte des Patienten während des Untersuchungsgesprächs eingestreut sind. Der

Interviewleitfaden der OPD stellt außerdem Techniken zur Verfügung, mit denen Nar-

rative zu Beziehungsereignissen evoziert werden können (Janssen et al., 1996; Dah-

lbender et al., 2004).

Im unteren Teil des Schemas werden Aspekte des Beziehungsgeschehens abgebil-

det, die andere immer wieder in der Begegnung mit dem Patienten erleben, d.h. auch

der Untersucher selbst (Erlebensperspektive der anderen). Diese Perspektive kann

mit jener des Patienten übereinstimmen, unterscheidet sich jedoch gewöhnlich in

charakteristischer Weise von ihr. Grundlage der Beurteilung sind zunächst wiederum

die Beziehungsschilderungen des Patienten selbst. Aus diesen sind lässt sich häufig

erschließen, wie andere ihn erleben. Eine solche Schlussfolgerung gelingt leichter

dann, wenn der Patient fähig ist, andere Personen in seiner Schilderung lebendig

und spürbar werden zu lassen. Dies ist wahrscheinlicher dann der Fall, wenn er über

relativ gute strukturelle Möglichkeiten verfügt. Bei geringem Integrationsniveau der

Struktur hingegen verflachen die Bilder anderer Menschen zunehmend; im extremen

Fall entsteht gar kein fassbares Bild der äußeren Welt mehr, weil die Sicht darauf

gänzlich von den Bedingungen der inneren Welt des Patienten bestimmt wird (Ru-

dolf, 2000). Eine zweite und entscheidende Informationsquelle bildet daher das Erle-

ben des Untersuchers im direkten Kontakt mit dem Patienten. Er kann seiner Ge-

genübertragung nachspüren und dabei prüfen, welche Beziehungsangebote der Pa-

tient ihm macht (linkes Feld) und welche Antworten ihm dadurch nahegelegt werden

(rechtes Feld). Im Sinne einer kritischen Selbstbeschränkung sollten jedoch bei der

Beziehungsdiagnose nur jene Aspekte der Gegenübertragung berücksichtigt werden,

von denen angenommen werden kann, dass sie auch das typische Erleben anderer

Interaktionspartner des Patienten bestimmen (Arbeitskreis OPD, 2004).

In der Abbildung sind typische Zusammenhänge zwischen den vier Feldern markiert,

so wie sie sich nach der Analyse zahlreicher Patienten darstellen. Mit Hilfe dieser

Zusammenhänge, die erstmals in der OPD-II herausgearbeitet werden, lässt sich die

zunächst rein deskriptive Erfassung des Beziehungsgeschehens zur einem dynami-

schen Verständnis erweitern und vertiefen (Grande, Rudolf & Jakobsen, 2004). In

der Erlebensperspektive der Patienten verläuft die Abfolge der Ereignisse typischer-

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weise von rechts nach links (I. beziehungsdynamischer Zusammenhang): Die Patien-

ten schildern wiederkehrende Beziehungsakte anderer, die für sie enttäuschend oder

feindselig sind und auf die sie in ihrem Erleben reagieren müssen. Dies bedeutet,

dass in der Erlebensperspektive der Patienten den anderen häufiger aktive, der ei-

genen Person eher reaktive Verhaltensweisen zugeschrieben werden. Aus der Per-

spektive der anderen und des Untersuchers verhalten sich die Dinge meistens gera-

de umgekehrt: Was der Patient als seine Reaktion auf das Objekt schildert, erscheint

hier als ein problematisches Beziehungsangebot, welches das Gegenüber heraus-

fordert, verwickelt, unter Druck setzt usw. Meistens sind es diese initiativen und akti-

ven Momente des eigenen Beziehungsverhaltens, die im Selbsterleben des Patien-

ten ausgespart sind und eine charakteristische Differenz zwischen Selbst- und

Fremdwahrnehmung bewirken (II. Zusammenhang).

Der dritte (III.) beziehungsdynamische Zusammenhang verbindet die beiden unteren

Felder von links nach rechts. Der Patient legt mit seinem Beziehungsangebot be-

stimmte Reaktionen nahe, die in der Gegenübertragung als Gefühle, Phantasien und

Handlungsimpulse erfahrbar werden. Der Untersucher kann nun prüfen: Wie würde

es der Patient erleben, wenn ich jenen Impulsen nachgeben würde, die er mir durch

sein Beziehungsangebot nahe legt? Würde er mein Verhalten dann genau so wahr-

nehmen, wie er das Verhalten anderer Personen sonst immer wieder erlebt? Diese

Frage betrifft den IV. Zusammenhang zwischen den Feldern rechts unten und rechts

oben. Wenn er stimmig hergestellt werden kann, ist die Interpretation des bezie-

hungsdynamischen Geschehens abgeschlossen und kann mit einer kompakten For-

mulierung zusammengefasst werden: Diese beschreibt einen sich selbst verstärken-

den Zirkel und erklärt, wie der Patient durch seine Beziehungsangebote genau jene

Reaktionen provoziert, die er eigentlich befürchtet und vermeiden möchte. Der stim-

mige Zusammenhang zwischen den in der Gegenübertragung erlebten Impulsen und

dem Objekterleben des Patienten ist das entscheidende Kriterium dafür, ob die Di-

agnose des dysfunktionellen Beziehungsmusters gelungen ist. Er bildet den Dreh-

und Angelpunkt, um den der Untersucher das Beobachtungsmaterial ordnen und in-

tegrieren sollte.

Ein Beispiel soll dies erläutern: Ein 32-jähriger Patient wird nach einem depressiv-

suizidalen Einbruch zur stationären Therapie aufgenommen. Seine Freundin hatte

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ihn – aus seiner Perspektive ganz unerwartet und unerklärlich – nach einer etwa 6

Jahre dauernden Partnerschaft verlassen, als er wegen einer Erkrankung für einige

Wochen in eine Klinik musste. Die Problematik seiner Beziehungsgestaltungen wird

in seinen Arbeitsverhältnissen deutlich: Er übernimmt in wichtige und anspruchsvolle

Aufgaben und meistert diese gut, gerät aber dennoch immer wieder in Konflikte mit

seinen Vorgesetzen. Diese korrigieren von ihm getroffene Entscheidungen ohne

Rücksprache und ignorieren Verabredungen, die nach seinem Bericht verbindlich

waren. Dies geschieht offenbar ganz willkürlich und kraft ihrer mächtigeren Position,

was den Patienten empört und dazu bringt, sich stur zu stellen und die eigene Positi-

on um jeden Preis zu behaupten. In seinem Erleben ist er dabei vollkommen im

Recht. Die Spannung eskaliert bis einem Punkt, an dem entweder der Patient seine

Sachen einfach hinschmeißt oder ihm gekündigt wird.

Mit bezug auf Abb.1 lassen sich für dieses Beispiel folgende beziehungsdynami-

schen Zusammenhänge formulieren:

I. Der Patient ist davon überzeugt, dass er seine Dinge gut macht und dass er

darauf Anrecht hat, dass seine Leistung respektiert und anerkannt wird. Er er-

lebt aber, dass andere dies ignorieren, ihn willkürlich dominieren und eventuell

für ihre Vorteile missbrauchen wollen. Er reagiert darauf, indem er unnachgie-

big auf der eigenen Position beharrt und schließlich einfach geht.

II. Nach außen hin erscheint jene Sturheit, die der Patient als völlig gerechtfertig-

te Antwort auf die Zumutungen von Seiten der anderen darstellt, als praktisch

nicht verhandelbarer Dominanzanspruch. Jede Gegenposition wird sofort als

unerträglicher Eingriff in die eigene Souveränität erlebt und gleichsam in weit

vorgeschobener Verteidigungslinie abgewehrt. Der Patient behauptet zudem

ganz selbstverständlich die Überlegenheit seiner Sicht der Dinge und bringt

sein Gegenüber dadurch in eine unterlegene und ohnmächtige Position.

III. Der Patient macht andere dadurch wütend und verführt zu trotziger Gegen-

wehr, die jedoch ohne Wirkung bleibt und das Erleben von Ohnmacht nur ver-

tieft. Das bringt andere dazu, die Auseinandersetzung abzubrechen und sich

von ihm abzuwenden. Der Untersucher kann sich in Identifizierung mit den

Vorgesetzten des Patienten vorstellen, dass diese angesichts fruchtloser Ver-

handlungen schließlich dazu übergehen, Entscheidungen ohne Rücksprache

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mit ihm zu fällen; in ganz ähnlicher Weise kann er sich vorstellen, dass seine

Freundin für die Trennung eine Gelegenheit wählte, bei der sie diesen Schritt

nicht mit ihm verhandeln musste.

IV. Wenn andere den Kontakt mit dem Patienten abbrechen und sich von ihm

abwenden, um Entscheidungen ohne ihn zu treffen, dann bewirkt dies in sei-

ner Sicht des Geschehens, dass er sich wieder einmal ignoriert, hintergangen

und willkürlich dominiert fühlt.

Dieser letzte (IV.) Zusammenhang ist stimmig und bestätigt damit die beziehungsdy-

namische Rekonstruktion des Falles. Bezüglich der anderen Achsen der OPD ergibt

sich folgendes Bild: Es liegen Konflikte im Bereich Unterwerfung/Kontrolle und

Selbstwert in sehr bedeutsamer bzw. bedeutsamer Ausprägung vor. Das Niveau der

strukturellen Integration ist insgesamt mäßig. Ein besonderes Gewicht für die Stö-

rung hat jedoch die mangelnde Empathiefähigkeit des Patienten, die einen Aspekt

der Strukturdimension „Objektwahrnehmung“ darstellt. Dieser strukturelle Mangel

bewirkt eine wesentliche Vergröberung des interpersonellen Verhaltens und ist des-

halb neben den beiden angegebenen Konflikten für die besondere Ausformung des

Beziehungsmusters bedeutsam.

3. Modifikationen bei der Operationalisierung

Die im letzten Abschnitt am Beispiel eines 32-jährigen Patienten entwickelte dynami-

sche Formulierung stellt aufgrund der freien, d.h. unstandardisierten Beschreibung

des Beziehungsgeschehens noch keine operationalisierte Diagnose dar. Zur stan-

dardisierten Beschreibung benötigt man die vorformulierte Liste von Beziehungsaus-

sagen, wie sie im Anhang der vorliegenden Arbeit zu finden ist. Diese Itemliste ist

analog zu dem in Abb. 1 gezeigten Vierfelderschema konstruiert, d.h. jeder der vier

für die Kodierung vorgesehenen Spalten ist ein Feld des Schemas zugeordnet. Bei

der OPD-Beziehungsdiagnostik wird nun so verfahren, dass aus jeder der Spalten

(d.h. für jedes der vier Felder) bis zu 3 Items ausgewählt werden. Für das Beispiel

des letzten Abschnittes wurden die in Abb. 2 genannten Items markiert. Ein Vergleich

mit dem Text der Formulierung des Beziehungsmusters oben zeigt, dass alle we-

sentlichen Aspekte der Beziehungsdynamik durch diese Items erfasst werden.

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(Füge ein Abb. 2)

Kenner der OPD werden bemerken, dass die Itemliste im Vergleich zu der Bezie-

hungsachse in OPD-I verändert ist. Wie bei OPD-I wurde auch in der vorliegenden

OPD-II-Version bei der Itemauswahl ein Zirkumplexmodell interpersonellen Verhal-

tens zugrundegelegt (vgl. Abb. 3), das sich an Benjamin (1974, 1993) anlehnt. Die-

ses Modell wird in der neuen OPD-II jedoch in etwas veränderter Weise genutzt. Das

Zirkumplexmodell ist in Abb. 3 zu sehen. Dort werden interpersonelle Qualitäten auf

zwei Kreisen angeordnet, von denen der obere aktive Beziehungsmodi, die auf das

Gegenüber gerichtet sind, während die Items des unteren reaktive, passive bzw. in-

transitive (auf das Selbst gerichtete) Beziehungsmodi beschreiben. Beide Kreise

werden von einer horizontalen Achse mit den Polen „feindselig“ (links) versus

„freundlich zugewandt“ (rechts) durchschnitten. Die vertikale Achse variiert im oberen

Kreis zwischen einem Autonomie gewährenden Verhalten und Kontrolle, im unteren

Kreis zwischen Verselbständigung und Anpassung. Die spezifischen Mischungen

zwischen diesen beiden Dimensionen der Affiliation (horizontale Achsen) und Inter-

dependenz (vertikale Achsen) legen die genaue Position fest, der ein bestimmtes

Beziehungsverhalten auf den Kreisen zugeordnet ist.

(Füge ein: Abb. 3)

Die Auswahl und Formulierung der Items folgt einer im Vergleich zur OPD-I verän-

derten Logik, die wir hier kurz erläutern wollen (die volle Bedeutung dieser Logik wird

sich dem Leser erst im Abschnitt 5 weiter unten erschließen). Zur Erläuterung be-

trachte man das Item 7. „sich besonders kümmern“, das im oberen Kreis unten

rechts positioniert ist, d.h. eine Mischung von positiver Affiliation und Beeinflussung

(negative Interdependenz) aufweist. Ihm gegenüber liegt das Item 15. „vernachlässi-

gen“ mit einer negativen Affiliation und einer positiven Interdependenz (im dem Sin-

ne, dass der andere sich selbst überlassen wird). Diese beiden Items sind thema-

tisch verwandt, denn sie beschreiben gegensätzliche Ausformungen eines gemein-

samen Beziehungsthemas, das man mit „sich kümmern“ bezeichnen kann; dieses

Thema wird in der Klammer unter den beiden Items genannt. In gleicher Weise sind

auch alle übrigen (einander auf demselben Kreis gegenüberliegenden) Items einem

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Beziehungsthema zugeordnet (vgl. das Konzept der tracks bei Benjamin et al.,

1986).

Die Logik des Modells impliziert darüber hinaus, dass Items, die auf dem oberen und

dem unteren Kreis an identischer Stelle positioniert sind, komplementäre Bezie-

hungsqualitäten beschreiben. Das zu dem eben genannten Thema „sich kümmern“

komplementäre Thema „sich anlehnen“ wird daher durch die Items 23. „sich sehr an-

lehnen“ und 31. „sich wenig anlehnen“ auf dem unteren Kreis dargestellt. Es gibt so-

mit zu jedem Itempaar eines Beziehungsthemas ein komplimentäres Itempaar mit

einem komplementären gemeinsamen Thema, das auf dem jeweils anderen Zir-

kumplex verortet ist. Das bedeutet, dass stets 4 der insgesamt 32 Items beider Krei-

se thematisch miteinander verwandt sind; entsprechend gibt es 8 komplementären

Themenpaare (wie z.B. sich kümmern/sich anlehnen).

Diese thematische Gruppierung der Items macht klinisch insofern Sinn, als man in

dysfunktionellen Beziehungsmustern häufig mehrere Items eines Themenkomplexes

vereinigt findet. Zur Erläuterung einige Beispiele: Eine Patientin kann die Erfahrung

eigener Vernachlässigung (Item 15) so verarbeiten, dass sie sich wenig anlehnt (31)

und sich andererseits besonders intensiv um andere kümmert (7), die sich ihrerseits

an sie anlehnen (23) (Themenpaar: sich kümmern/sich anlehnen). Ein Patient mit

einer Selbstwertproblematik kann ein Muster aufweisen, bei dem er sich sowohl

selbst entwertet (27) als auch selbst besonders wichtig macht (19) und andere so-

wohl entwertet (11) als auch idealisiert (3) (Themenpaar: andere anerkennen/sich zur

Geltung bringen). In dem Beispiel des 32-jährigen Patienten (vgl. Abb. 2) finden sich

in allen vier Feldern des Schemas Items des komplementären Themenpaar „andere

anleiten/sich einordnen“, d.h. interpersonelle Akte der Kontrolle (10), der Widerstän-

digkeit gegen Kontrolle (18) und der Anpassung (26).

Das Zirkumplexmodell und die daraus abgeleitete Liste von Standarditems ermögli-

chen nun eine im eigentlichen Sinne operationalisierte Beziehungsdiagnostik. Im ers-

ten Schritt werden bis zu drei Items für jedes der vier Felder des beziehungsdiag-

nostischen Schemas aus der Standardliste ausgewählt; anschließend wird auf dieser

Grundlage im zweiten Schritt eine beziehungsdynamische Formulierung angefertigt.

Bei der Auswahl der Items ist zu beachten, dass neben dem Wortinhalt eines Items

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seine Positionierung in dem Zirkumplexmodell stimmig sein muss; das bedeutet,

dass der zu erfassende Beziehungsaspekt denjenigen Ausprägungen der beiden

Dimensionen des Modells (Affiliation und Interdependenz) entsprechen muss, die

durch das Item repräsentiert werden. Darüber hinaus kann geprüft werden, ob dass

mit dem Item repräsentierte Beziehungsthema für den Patienten tatsächlich relevant

ist, um auf diese Weise eine abschließende Evidenz zu erhalten.

Erfahrungen zeigen, dass der Umgang mit dem dimensionalen Kreismodell nicht

immer leicht fällt; seine Nutzung für die Beurteilung bedarf deshalb eines besonders

intensiven Trainings. Die Orientierung an dem Modell ist jedoch in vielen Fällen un-

entbehrlich. Ein Beispiel mag dies deutlich machen: Ein Patient berichtet, dass er

„aufgegeben“ hat. Dieses Wort gehört zu Item 26, das dem Beziehungsthema „sich

einordnen“ zugeordnet ist. Der Kontext dieser Äußerung kann jedoch zeigen, dass

dieser Patient in dem Sinne „aufgibt“, das er sich nicht mehr länger um andere be-

müht und seine eigenen Wege geht. In diesem Fall verselbständigt er sich (positive

Interdependenz) und entfernt sich zugleich von den anderen (negative Affiliation).

Diese Mischung ist im unteren reaktiven Kreismodell oben links positioniert; die Sich-

tung der dort notierten Items ergibt, dass das Item 32. „sich zurückziehen“ das Ver-

halten des Patienten zutreffend beschreibt und deshalb die korrektere Wahl darstellt.

4. Therapeutische Anwendung

Das Vierfelderschema (Abb. 1) mit den darin enthaltenen beziehungsdynamischen

Zusammenhängen stellt dem Kliniker eine detaillierte Fallbeschreibung zur Verfü-

gung, mit deren Hilfe er sich orientieren und therapeutische Schritte planen kann. Im

folgenden werden Möglichkeiten der Fokusspezifizierung auf dieser Grundlage auf-

gelistet, die frühere Überlegungen in dieser Richtung fort setzen und systematisieren

(Grande et al., 1997, 2004). Sie sind – neben dem im nächsten Abschnitt beschrie-

benen Fokus-Ressourcen-Rating – Ausdruck einer stärkeren therapeutischen Orien-

tierung in der OPD-II. Die verschiedenen Arten der Fokusspezifizierung werden in

Tab.1 aufgelistet und nachfolgend kurz kommentiert. Auf verwandte Ansätze der Fo-

kusbildung wird jeweils verwiesen.

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(Füge ein: Tab.1)

Die potenziellen Foki lassen sich in drei Blöcken bündeln (Tab. 1). Der erste Block

enthält therapeutische Foki, bei denen die Ziele der Wahrnehmung, Objektivierung,

Differenzierung und emotionalen Anreicherung von dysfunktionellen Beziehungser-

fahrungen im Vordergrund stehen. Die Interventionen des Therapeuten sind in die-

sem Bereich vor allem deskriptiv und aufzeigend, sie verzichten auf die Interpretation

komplexerer Zusammenhänge oder auf Motivdeutungen.

• Differenzierung der eigenen Erlebensperspektive des Patienten: Wahrnehmung,

Verbalisierung und Ausdifferenzierung von Beziehungserfahrungen; Wahrneh-

mung und Ausdifferenzierung der begleitenden Emotionen; Belebung abgewehr-

ter Affekte. Dieser Fokus weist Ähnlichkeiten zu der gesprächstherapeutischen

Technik der „Verbalisierung emotionaler Erlebnisinhalte“ auf (Tausch & Tausch,

1990).

• Differenzierung von Eigen- und Fremdperspektive: Wahrnehmung und Beschrei-

bung des Beziehungsgeschehens aus der Perspektive anderer bzw. des Gegen-

übers; empathischer Nachvollzug des Erlebens anderer; Vergleich und Differen-

zierung der Erlebensperspektiven.

• Anerkennen und Aushalten von Widersprüchen zwischen den Perspektiven:

Wahrnehmung, Anerkennung und Toleranz in bezug auf Widersprüchlichkeiten in

den eigenen Beziehungsangeboten (wie sie „gemeint“ sind und wie sie außen

ankommen); Wahrnehmung und Toleranz in bezug auf Widersprüchlichkeiten im

Verhalten anderer (wie es „gemeint“ ist und wie es bei dem Patienten ankommt);

Anerkennung und Toleranz in bezug auf Widersprüche zwischen Eigen- und

Fremdperspektive.

Der zweite Block enthält therapeutische Foki, die das therapeutische Ziel beinhalten,

Beziehungsereignisse durch die Wahrnehmung und das Verstehen von Verursa-

chung und Wirkungsfolgen miteinander zu verbinden. Dies kann zunächst wieder vor

allem deskriptiv und aufzeigend geschehen, ohne dass Fragen der Urheberschaft

und Verantwortung explizit berührt werden müssen; in einem zweiten Schritt können

diese Fragen aber gestellt werden, um mit dem Patienten Möglichkeiten der Beein-

flussung und Steuerung zu erarbeiten.

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• Wahrnehmung aktiver und reaktiver Aspekte im eigenen Verhalten und im Ver-

halten anderer: Wahrnehmung und Anerkennung des Umstandes, dass als reak-

tiv erlebte Verhaltensweisen zugleich eine Wirkung haben; Wahrnehmung und

Anerkennung des Umstandes, dass andere mit ihren Beziehungsangeboten nicht

nur agieren, sondern auch auf den Patienten antworten.

• Einsicht in die Betrachterabhängigkeit der Interpunktion von Beziehungsereignis-

sen: Einsicht und Anerkennung, dass Interaktionen zirkulär sind die Zuschreibung

von Ursachen und Folgen von der Position des Betrachters abhängt (Watzlawick,

Beavin, & Jackson, 1967).

• Einsicht in dysfunktionelle zyklische Zusammenhänge: Wahrnehmung und Aner-

kennung des Umstandes, dass eigene und fremde kommunikative Akte zu einem

dysfunktionellen, sich selbst aufrecht erhaltenden und verstärkenden Zirkel zu-

sammengeschlossen sind (Strupp & Binder, 1984).

Der dritte Block schließlich enthält Foki, in denen die innere Logik bzw. der Sinn von

Beziehungsmustern mit bezug auf Absichten und unbewusste Motive des Patienten

erklärt werden. Der Patient gerät damit in die Position des Akteurs oder Regisseurs,

der seine interpersonellen Verwicklungen einerseits (mit-)verantwortet, weil er sie

partiell (unbewusst) will und deshalb fördert, der diese aber gerade deshalb auch

beeinflussen und verändern kann.

• Erkennen und Anerkennen eigener Absichten/Motive, die das dysfunktionelle

Muster aufrecht erhalten: Verständnis und Anerkennung des Umstandes, dass in

den eigenen Beziehungsangeboten zugleich Wünsche und Befürchtungen Aus-

druck finden, was zu problematischen Kompromissbildungen führt; Verständnis

und Anerkennung des Umstandes, dass das eigene Verhalten auch von Motiven

gesteuert wird, die das dysfunktionelle Muster unbewusst wollen bzw. eine positi-

vere Beziehungsgestaltung nicht wollen (Luborsky, 1988).

• Erkennen dysfunktioneller Überzeugungen (Selbstbilder, Introjekte): Verständnis

und Anerkennung des Umstandes, dass mit Hilfe des eigenen Beziehungsange-

bote interpersonelle Konstellationen gefördert werden, in denen bestimmte Über-

zeugungen und selbstbezügliche Kognitionen zirkulär verstärkt und gefestigt bzw.

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von ihnen abweichende, möglicherweise korrigierende Erfahrungen vermieden

werden (Anchin, 1982; Strupp & Binder, 1984; Schacht & Henry, 1994).

• Einsicht in den Testcharakter eigener Beziehungsangebote: Einsicht in die unbe-

wusste Tendenz, mit problematischen Beziehungsangeboten immer wieder tes-

ten zu wollen, ob andere in Übereinstimmung mit den eigenen negative Überzeu-

gungen reagieren oder ob ihre Reaktion diese Überzeugungen widerlegt (Weiss

et al., 1986,; Curtis et al., 1994).

Welche Möglichkeiten der Fokussierung gewählt werden, hängt u.a. von dem Aus-

maß und der Art der strukturellen Beeinträchtigung im Verhältnis zum Gewicht der

pathogenen Konflikte ab. Im Falle einer konfliktorientierten Psychotherapie kommen

alle drei genannten Blöcke infrage, wobei der dritte Block durch die Thematisierung

von (unbewussten) Motiven die Konflikthintergründe der Beziehungsstörung am

nächsten berührt und deshalb den Patienten ganz direkt herausfordert. Im Falle einer

strukturorientierten Therapie (Grande, 2002; Rudolf, 2004) sind Interventionen dieser

Art keine sinnvolle Option: Therapeutisch sind sie es nicht, weil bei Vorliegen einer

primär strukturell bedingten Störung die Motivationsklärung keine heilsame Kraft dar-

stellt, wenn die einschränkte Verfügbarkeit struktureller Funktionen den Kern der

Schwierigkeit ausmacht. Die betroffenen Patienten können sie für sich nicht nutzen,

weil sie ihre dysfunktionellen Beziehungsgestaltungen nicht (in einem konfliktdyna-

mischen Sinne) unbewusst motiviert hervorbringen und infolgedessen überfordert

sind, wenn ihnen diese Art der Verantwortlichkeit angetragen wird. Sie profitieren

statt dessen besser von den Fokussierungen mit deskriptivem und aufzeigendem

Charakter, die in den ersten beiden Blöcke aufgelistet sind; mit deren Hilfe können

sie ihre strukturellen Einschränkungen wahrnehmen, ausdifferenzieren und von

ihnen schließlich so weit Abstand gewinnen, dass ein bewältigender Umgang damit

möglich wird.

5. Eine neue Option: das Fokus-Resourcen-Rating

Die in den letzten Abschnitten dargestellte Beziehungsdiagnostik nach OPD-II er-

laubt eine differenzierte und zugleich kompakte Darstellung dysfunktioneller Bezie-

hungsmuster. Sie orientiert den Therapeuten über die spezifischen Verwicklungen, in

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die andere und er selbst in der Begegnung mit einem Patienten geraten können, er-

leichtert die Identifizierung von Merkmalen, die das Muster dysfunktionell machen

und führt ihn zu Interventionen, die entsprechend der strukturellen Möglichkeiten des

Patienten variiert werden können. Dieser therapeutische Ertrag rechtfertigt meist den

Aufwand, der für eine individualisierte Erfassung von Beziehungsmustern in der be-

schriebenen Form erforderlich ist, insbesondere dann, wenn es um die Planung von

Behandlungen geht.

Der praktische Umgang mit der OPD hat nun gezeigt, dass eine individualisierte Di-

agnostik dysfunktioneller Beziehungsmuster nicht immer notwendig ist und dass es

Anwendungsbereiche gibt, in denen einfacheres Werkzeug passender und für die

praktischen Erfordernisse ausreichend wäre. Die komplexe Beziehungsdiagnostik

nach OPD ist z.B. dann sehr aufwendig, wenn im Rahmen der Routinediagnostik

schwierige Aspekte der Beziehungsgestaltungen eines Patienten lediglich orientie-

rend erfasst werden sollen. Im Forschungskontext hängt es von der speziellen Fra-

gestellung ab, ob eine individualisierte Erfassung von Beziehungsmustern erforder-

lich ist; u.U. kann die Individualisierung zu methodischen Nachteilen führen, die den

Gewinn der geleisteten diagnostischen Differenzierung mindern. Aus diesen Grün-

den wurde für die OPD-II ein Instrument entwickelt, das die diagnostische Prozedur

stark vereinfacht, dabei aber mit der Grundstruktur der individualisierten Diagnostik

kompatibel bleibt.

Die Verbindung lässt sich am leichtesten über das Zirkumplexmodell in Abb. 3 her-

stellen. Wie in Abschnitt 3 erläutert, können jeweils immer 4 Items aus diesem Modell

einander thematisch zugeordnet werden; z.B. gehören zu dem Beziehungsthema

„sich kümmern“ zwei polare Beziehungsformen, die jeweils problematische Abwei-

chungen von einer angemessenen Form des „sich Kümmerns“ beschreiben: „andere

vernachlässigen“ (Item 15) im Sinne eines sich zu wenig Kümmerns und „sich be-

sonders kümmern“ (Item 7) als Ausdruck eines Zuviels. Entsprechend lassen sich für

das komplementäre Thema „sich anlehnen“ im unteren Kreis zwei problematische

Varianten formulieren (Items 31 „sich wenig anlehnen“, 23 „sich sehr anlehnen“). In

der vereinfachten Beziehungsdiagnostik der OPD-II, dem sog. Fokus-Ressourcen-

Rating, findet dieses Konzept einer angemessenen Beziehungsform mit problemati-

schen Abweichungen in Richtung eines Zuviels und eines Zuwenigs eine systemati-

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sche Verwendung. Abb. 4 zeigt einen Ausschnitt aus dem Ratingbogen, in dem die

beiden Themen bzw. Komplementärthemen „sich kümmern/sich anlehnen“ und „an-

dere anleiten/sich einordnen“ (vgl. Abb. 3) dargestellt sind. Beide Themenpaare sind

voneinander durch die doppelte Randmarkierung graphisch abgesetzt.

(Füge ein: Abb. 4)

In der mittleren Spalte von Abb. 4 werden die Beziehungsthemen als eine Kompe-

tenz im Sinne eines angemessenen Verhaltens beschrieben. Wenn ein Patient diese

Kompetenz besitzt, dann verfügt er über eine Beziehungsressource, die in der Spalte

R (=Ressource) markiert wird. Beziehungsressourcen bilden einen Rückhalt für den

Patienten und können therapeutisch genutzt werden, z.B. bei der Anleitung zur Be-

wältigung schwieriger Lebenssituationen. Sie bilden häufig eine intakte Basis, auf die

sich der Therapeut in seiner Zusammenarbeit mit dem Patienten immer wieder stüt-

zen kann.

In den beiden linken und rechten Spalten sind dysfunktionelle Varianten der Bezie-

hungsthemen in jeweils zweifacher Stufung beschrieben. Der Diagnostiker geht nun

folgendermaßen vor: Er markiert zunächst in den beiden äußersten Spalten links und

rechts alle dysfunktionalen Beziehungsmodi des Patienten, indem er prüft, ob eine

der Beschreibungen auf den Patienten zutrifft. Anschließend entscheidet er, welche

dieser Modi in bezug auf die Störung des Patienten am bedeutsamsten sind und

markiert dann die dazu gehörenden Beziehungsthemen in der mit F (=Fokus) ge-

kennzeichneten Spalte. Auf diese Weise sind maximal zwei Themen zu markieren,

die damit als Fokusthemen bestimmt werden. Im letzten Schritt kann eine Fokusfor-

mulierungen mit dem allgemeinen Format angefertigt werden: „Der Pat. sollte [Be-

ziehungsthema] anstatt [dysfunktionelle Variante]“. Beispiel: „Der Pat. sollte sich an-

gemessen (rollengerecht) einordnen, anstatt sich jeglicher Regel zu widersetzen.“ In

dieser Fokusformulierung werden das Problem und die therapeutische Zielsetzung

direkt miteinander gekoppelt, so dass eine praktische Orientierung für die Behand-

lung zur Verfügung steht.

Obgleich das Fokus-Ressourcen-Rating im Unterschied zur individualisierten Diag-

nostik die Beziehungsbereitschaften des Patienten fokussiert und das Verhalten sei-

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ner Interaktionspartner nicht explizit berücksichtigt, spielt die Gegenübertragung bei

der Auswahl der fokalen Beziehungsthemen eine wichtige und in manchen Fällen

entscheidende Rolle. Der Untersucher ist angehalten, seine Gegenübertragung zu

beobachten und zu prüfen, welche Reaktionen der Patient ihm durch sein Bezie-

hungsangebot nahe legt und zu welchem Thema bzw. Komplementärthema diese

Reaktionen gehören. Er kann dann z.B. feststellen, dass er verführt ist, den Patien-

ten gehen zu lassen und seine Not zu übersehen; er kann weiter feststellen, dass

diese Reaktion gut mit der von ihm schon im Rating markierten Beobachtung über-

einstimmt, dass der Patient in Beziehungen intensiv klammert und dabei andere un-

ter Druck bringt. Sowohl das Klammern als auch die dadurch bewirkten Vernachläs-

sigungstendenzen gehören zum komplementären Themenpaar „sich kümmern/ sich

anlehnen“, welches somit aufgrund der Gegenübertragung als bedeutsamer Fokus

bestätigt wird.

6. Abschließende Bemerkungen

Die Beziehungsachse nach OPD-II, die wir hier erstmals präsentieren, ist nicht allein

eine Weiterentwicklung innerhalb der Achse selbst, sondern ein Ergebnis der Erfah-

rungen mit allen übrigen Teilen des OPD-Instrumentariums. Gerade die Zusammen-

schau der verschiedenen Teildiagnosen – d.h. die Analyse von Störungen unter den

Aspekten der lebensbestimmenden Konflikte, der Strukturmerkmale und der Bezie-

hungsgestaltungen – eröffnet neue theoretische und behandlungspraktische Per-

spektiven, die mit den unscharfen Begrifflichkeiten der herkömmlichen psychodyna-

mischen Diagnostik noch nicht erreichbar waren. Die klinischen Phänomene, die er-

fasst werden sollen, sind dadurch nicht weniger komplex geworden, aber ihre innere

Struktur zeichnet sich mit Hilfe der OPD klarer und zuverlässiger ab, so dass die Di-

agnostik auf einem festeren Grund steht und unser therapeutisches Handeln sicherer

anleiten kann. Die diagnostische Erfassung von dysfunktionellen Beziehungsmustern

ist dabei besonders hilfreich, weil diese konkret, beobachtungs- und handlungsnah

ist. Die relevanten Ebenen der Psychodynamik sind in der Beziehungsdiagnose im-

plizit enthalten, weil Beziehungsmuster gleichsam die Endstrecke und das Resultat

der Bewältigung von Konfliktdispositionen und strukturellen Einschränkungen bilden.

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In der vorliegenden Arbeit haben wir die bisherige empirische Forschung zur OPD-

Beziehungsachse nicht ausdrücklich diskutiert, obgleich die dabei gewonnenen Er-

kenntnisse bei der Revision der Achse eine wichtige Rolle spielten. Eine Zusammen-

fassung dieser Forschung findet sich bei Cierpka et al. (2001; im Druck). Die im Ver-

gleich zu OPD-I in OPD-II stringenter durchgeführte Ableitung der Items aus dem

Zirkumplexmodell (gleichmäßige Positionierung der Items auf den Kreisen) ist mit der

Erwartung verbunden, dass die Reliabilität der Ratings zur Beziehungsachse auf die-

se Weise verbessert werden kann. Die logische Struktur des Zirkumplexmodells wird

in der neuen OPD konsequenter berücksichtigt, so das die Dimensionen der Affiliati-

on und Interdependenz für die Itemsauswahl wirksamer genutzt werden können. Ei-

ne zusätzlich Hilfe entsteht durch das neu eingeführte Konzept der Beziehungsthe-

men, das ebenfalls aus der Zirkumplexstruktur abgeleitet ist und eine weitere, inhalt-

lich-klinische Möglichkeit der Itemprüfung zur Verfügung stellt. Durch die bessere

Anpassung an die Kreislogik werden darüber hinaus elaborierte statistische Auswer-

tungsmethoden verwendbar, die speziell für das Kreismodell entwickelt worden sind

(Tress, 1993).

Eine vereinfachte Version der Beziehungsdiagnostik wird in OPD-II durch das Fokus-

Ressourcen-Rating angeboten. Dieses Rating beschränkt sich auf die Feststellung

problematischer Beziehungsthemen und verzichtet auf die Analyse zirkulärer Ereig-

nisketten in Beziehungsmustern. Durch die Formulierung angemessener interperso-

neller Verhaltensvarianten werden andererseits Möglichkeiten eröffnet, die im kom-

plexen Rating fehlen: Es können sowohl Beziehungsressourcen als auch Behand-

lungsziele definiert werden. Erste Erfahrungen mit diesem Instrument zeigen, dass

es vergleichsweise geringere Anforderungen an den Anwender stellt und mit dass

seiner Hilfe dennoch eine basale diagnostische und therapeutische Orientierung er-

reicht wird.

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Abb. 1: Schema der Beziehungsdiagnostik nach OPD

Perspektive A: Erleben des Patienten Der Patient erlebt sich immer wieder so, dass er (andere bzw. an andere) ...

Als defensiv erlebte Reaktion

Der Patient erlebt andere immer wieder so, dass sie ...

Erlebter Angriff / Enttäuschung

Perspektive B: Erleben der Anderen, auch des Untersuchers Andere, auch der Untersucher, er-lebt/erleben, dass der Patient (sie/ihn) immer wieder ...

Schwieriges Beziehungsangebot

Andere, auch der Untersucher, erleben sich gegenüber dem Patienten immer wieder so, dass sie/er ...

Unbewusst nahegelegte Antwort

I. II.

III.

IV.

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Abb. 2: Beispiel eines 32-jährigen Patienten

Perspektive A: Erleben des Patienten Der Patient erlebt sich immer wieder so, dass er (andere bzw. an andere) ...

• 18. Sich widersetzt

• 32. Sich zurückzieht, weggeht

Der Patient erlebt andere immer wieder so, dass sie ...

• 10. ihn bestimmen, kontrollieren

• 11. Ihn ignorieren

• 14. Ihn schädigen

1.1.1.1 Perspektive B: Erleben der Anderen, auch des Untersuchers Andere, auch der Untersucher, erlebt/en, dass der Patient (sie/ihn) immer wieder ...

• 10. Bestimmt, kontrolliert

• 17. Viel Selbständigkeit beansprucht

• 11. Klein macht, entwertet

Andere, auch der Untersucher, erleben sich gegenüber dem Patienten immer wieder so, dass sie/er ...

• 18. sich widersetzen

• 26. Aufgeben

• 32. sich zurückziehen

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Tab. 1: OPD-basierte Liste therapeutischer Beziehungsfoki 1. Wahrnehmen und emotionale

Anreicherung des Beziehungs-erlebens

• Differenzierung der eigenen Erlebensperspektive • Differenzierung von Eigen- und Fremdperspektive • Anerkennen und Aushalten von Widersprüchen zwischen

den Perspektiven 2. Wahrnehmen und Verstehen

von Wirkungsfolgen im Bezie-hungsgeschehen

• Wahrnehmen aktiver und reaktiver Verhaltensaspekte im eigenen und im fremden Verhalten

• Einsicht in die Beobachterabhängigkeit der Interpunktion von Beziehungsereignissen

• Einsicht in dysfunktionelle zyklische Wrikungszusam-menhänge

3. Verstehen und Anerkennen von Absichten und unbewussten Motiven

• Erkennen und Anerkennen eigener Absichten und unbe-wusster Motive, die das dysfunktionelle Verhalten auf-recht erhalten

• Erkennen der dysfunktioneller Überzeugungen, die durch das Beziehungsmuster zirkulär verstärkt werden

• Einsicht in den Testcharakter eigener Beziehungsange-bote

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Abb. 4: Fokus-Ressourcen-Rating (Ausschnitt)

Dysfunktionale Varianten: „zu wenig“

F Beziehungs- thema

R Dysfunktionale Varianten: „zu viel“

� Um and. gar nicht kümmern, and. im

Stich lassen

Um and. wenig kümmern, and.

vernachlässigen

� Sich angemessen um and. kümmern,

sorgen

� Sich besonders um and. kümmern,

sorgen

Sich ständig um andere kümmern,

sorgen

� Ganz unbedürftig sein, keinerlei Hilfe

benötigen

Sich wenig bedürftig zeigen, sich wenig

anlehnen

� Sich bedürftig zei-gen, anvertrauen,

anlehnen

� Sich sehr bedürftig zeigen, sich sehr

anlehnen

Sich anklammern, sich sehr an andere

hängen

� Vor jeglicher Ein-flussnahme auf a. zurückschrecken

Einflussnahme auf and. lieber vermei-den, wenig führen

� And. angemessen (rollen-gerecht) anleiten, führen

� Kontrollieren, An-sprüche und Forde-

rungen stellen

Sehr kontrollieren, strenge Anspr. u Fordergn. stellen

� Sehr trotzig sein, sich jeglicher

Regel widersetzen

Rasch trotzig sein, sich gerne gegen and. auflehnen

� Sich angemessen (rollen-gerecht)

einordnen, einfügen

� Sich rasch anpas-sen, sich rasch zurücknehmen

Sich ganz unterwer-fen, aufgeben, resig-

nieren