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Nematische Flüssigkristalle Was ist ein Flüssigkristall? 1) milchig-trübe Flüssigkeit: keine bevorzugte Form, kleine Viskosität wird beim Erwärmen klar 2) unter Polarisationsmikroskop: spektakuläre Farbmuster charakteristische Strukturen Kondensation, Ordnung! Phase zwischen „flüssig“ und „fest“ (kristallin)
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Nematische Flüssigkristalle Was ist ein Flüssigkristall? 1) milchig-trübe Flüssigkeit: keine bevorzugte Form, kleine Viskosität wird beim Erwärmen klar.

Apr 06, 2015

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Georg Ahlgrim
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Page 1: Nematische Flüssigkristalle Was ist ein Flüssigkristall? 1) milchig-trübe Flüssigkeit: keine bevorzugte Form, kleine Viskosität wird beim Erwärmen klar.

Nematische Flüssigkristalle

Was ist ein Flüssigkristall?

1) milchig-trübe Flüssigkeit: keine bevorzugte Form, kleine Viskosität wird beim Erwärmen klar

2) unter Polarisationsmikroskop: spektakuläre Farbmuster charakteristische Strukturen Kondensation, Ordnung!

Phase zwischen „flüssig“ und „fest“ (kristallin)

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Historischer Überblick

• erste Beobachtung ca. 1850: Myelin (Hülle von Nervenfasern)

zeigt ungewöhnliche optische Effekte unter polarisiertem Licht

• 1888 Friedrich Reinitzer (Botaniker), Otto Lehmann:

eigenständige Phase

Phasenübergang milchig-trüb klar

• 1922 George Freidel: 3 Gruppen:

nematisch, cholesterisch und smektisch

• `50 Frank, etal ... Kontinuums-Theorie

• 1968 erstes LC-Display

• 1991 Nobel-Preis de Gennes (Anwendung der Landau-Theorie der

Ordnungsparameter, ...)

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Heute:

20 Milliarden Dollar Industrie (2000)

50.000 organische Verbindungen bekannt, heute maßgeschneidert

knapp 20 verschiedene flüssigkristalline Phasen

wichtigste, einfachste Phase: nematische Flüssigkristalle(LC Displays)

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1) Moleküle sind frei beweglich (Flüssigkeit)

2) Moleküle sind meist stäbchenförmig, manchmal scheibchenförmig

Bsp: MBBA

3) Achsen der Moleküle sind geordnet (langreichweitige Ordnung)

Charakterisierung von Flüssigkristallen:

Direktor gibt mittlere lokale „Richtung“ der Moleküle an

... Achse, kein Vektor!

( )n x

( ) ( )n x n x

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(= einfachste Form):

Schwerpunkte isotrop verteilt,

Achsen parallel geordnet

griech. nema = Faden: typische Struktur in Bildern

1) nematische Flüssigkristalle:

3 Klassen: nematisch, cholesterisch, smektisch

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2) cholesterische Flüssigkristalle:

Direktor ist chiral angeordnet (Helix),Moleküle sind verdreht (rechts-oder linkshändig).

Windungslänge der Helix ca. 400 nm, starke optische Effekte

nematische Phase kann in cholesterische gezwungen werden, z.B. durch Randbedingungen

n

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3) smektische Phase

Schichtstruktur der Molekülanordnung

Stapel von 2dim. flüssigen Schichten “eindimensionale Festkörper”!

viele verschiedene Typen, smektisch -A, -B, -C, ...

kompliziert

(griech. „Seife“)

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theoretische Beschreibung der nematischen Phase:

Direktor ( )n n x

( ) ( )n x n x

kein Vektorfeld!

beschrieben durch ( ),n x

( ) 1,n x

mathematisch:

2n ... projektiver Raum

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effektive Feldtheorie für ( ) :n x const

Freie Energie: (elastische Energie)

2 22 3

1 2 3( ) ( ) ( )F K n K n n K n n d x

... Frank-Oseen-Zocher freie Energie1n

erlaubte Zustände sind lokale Minima von F

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1) möchte sich parallel zum elektr. Feld ausrichten Gleichgewicht zw. und elast. Kraft.

2) optische Achse Polarisationsrichtung folgt

n E

E

n

2 Effekte:

ausgenutzt in LC-Display:

äußeres elektrisches Feld :E

2( )EF P E E E c E n

n

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Grundprinzip des (twisted) LC Displays:

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Defekte in nematischen Flüssigkristallen

sind verantwortlich für charakteristische Faden- und Schliereneffekte

Flüssigkeit abkühlen Phasenübergang, Regionen mit unterschiedlicher Richtung von n

Defekt = Gebiet in dem nicht definiertn

Punkt – und Liniendefekte

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Liniendefekte

Querschnitt:

topologische Klassifizierung:

Windungszahl

( gibt es nicht in Ferromagneten!)1

2s

10, , 1,...

2s

1s

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Schlieren unter Polarisationsmikroskop:

gekreuzte PolarisationsfilterS=1

S=1/2 S= -1/2

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Lösung für Liniendefekt:

2

2 2

cos( ( ))( )

sin( ( ))

( )

( )

i i

xn x

x

n n

F d xK

Lösung: ( )x s in Polarkoordinaten

1, 1,...

2s

Extremum: ( ) 0x

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1) Defekte mit sind instabil: “Flucht in die 3. Dimension”

2) Defekte sind mit äquivalent

1, 2,...s

1

2s

1

2s

es gibt nur EINE Klasse von stabilen Linien-Defekten

mathemat. Grund: (Topologie)

21 2( )P

(erste Fundamentalgruppe)

wieviele verschiedene Defekte gibt es?

unterscheide stabile und instabile Defekte:

3physikal. Raum

Ordnungsparameter- Raum 2P

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Punktdefekte

Querschnitt:

topolog. Klassifizierung: “Ladung” Q

mathematisch: Abbildungen

22 ( )P

2 2S P

charakterisiert durch 0,1,2,3,...Q

nur Q erhalten!

Q= -1

Punktdefekte mit negativem Q sind instabil,

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Deformation von Q = 1 in Q = -1:

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2) Wechselwirkung zwischen Defekten:

Defekte gleicher Ladung stossen sich ab, Defekte verschiedener Ladung ziehen sich an

Liniendefekte:

Punktdefekte: Kraft unabhängig vom Abstand (vgl. Quarks!)

1) Punktdefekt mit Q=2N zerfällt in 2 Defekte mit Q=N

Defekte sind dynamische Objekte!

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3) Defekte gleicher (entgegengesetzter) Ladung können sich “anihilieren”:

Analogien zur Teilchenphysik! aber: nur erhalten, oder Q 1 2gesQ Q Q 1 2Q Q

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Weitere Aspekte:

1) Trübheit von Flüssigkristallen:

= Konsequenz der “spontanen Symmetriebrechung” (Ordnung):

“masselose” Goldstone-bosonen (kein Energiegap) = langwellige Oszillationen des Ordnungsparameters

Photonen streuen an Fluktuationen

2) “Kern” der Defekte:

freie Energie groß Phasenübergang

n

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“Blue phase”:

enger Temperaturbereich bei Übergang twisted-nematisch – isotrop:

Gitter aus Defekten!

starke Bragg-Streuungsehr temperatur-empfindlich

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Ordnungsparameter & statistische Physik

Ordnungsparameter ist Tensor 2. Stufe:

1( )

3S n n

… skalarer Ordnungsparameter

invarianter Term 3. Ordnung (Landau-de Gennes)

Phasenübergang nematisch – isotrop ist 1. Ordnung (im Gegensatz zu z.B. Ferromagnetismus)

elektr., magnet. Suszeptibilitat etc ….

s

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lyotrope Flüssigkristalle:

Phasenübergänge durch Änderung der Konzentration in Lösung

z.B.: Seife, DNA, Tobacco-Mosaic-Virus, ... wichtig für biologische Systeme!

(Zellmembran, ...)

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Ausblick

• ferroelektrische Flüssigkristalle interessant für schnelle Bildschirme, … • Einsatz als Temperatursensoren, Drucksensoren

• wichtige Rolle in biologischen Systemen

• Modell für Phänomene der Elementarteilchenphysik, Phasenübergange im frühen Universum