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136

myp MAGAZINE #03

Feb 20, 2016

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MYP Magazine

myp MAGAZINE Ausgabe #03, Thema "Meine Liebe"
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This document is posted to help you gain knowledge. Please leave a comment to let me know what you think about it! Share it to your friends and learn new things together.
Transcript
Page 1: myp MAGAZINE #03

M Y P - M A G A Z I N E . C O M

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0 3T H E M Y P A G E S M A G A Z I N E

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0 3

Page 4: myp MAGAZINE #03

Du tanzt, wenn Du schläfst. Du redest, wenn Du schweigst.Und du bist da, wenn Du weg bist.

Sieht Dich denn niemand? Hört Dich denn niemand?

Ich sehe Dich. Ich höre Dich.Ich fühle Dich.

Du bist da.Du bist meine Liebe.

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Du tanzt, wenn Du schläfst. Du redest, wenn Du schweigst.Und du bist da, wenn Du weg bist.

Sieht Dich denn niemand? Hört Dich denn niemand?

Ich sehe Dich. Ich höre Dich.Ich fühle Dich.

Du bist da.Du bist meine Liebe.

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I N H A L T

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I N H A L T

DANIEL AXT

VINCENT KRÜGER

TIM BENDZKO

PETER TREVISAN

NILS MÜLLER

HENDRIK BEIKIRCH

DANIEL HERTZBERG

JAN POHL

JANNIK SCHÜMANN

ANDREAS TÖPFER

KATHARINA WEISS

MARIE MICHALKE

BERT SPANGEMACHER

JAN ERIC EULER

TIMO KLOS

JANNIKE STELLING

ROBIN MESAROSCH

SUICIDE SUE

PAUL SALAMONE

MICHÈLE LOETZNER

ALINA RUDYA

FILINE FINK

MARAH HANISCH

RÜDIGER BECKMANN

ANONYMER AUTOR

JONAS MEYER

LUKAS LEISTER

DANKE

IMPRESSUM

0 8

1 2

2 0

2 4

2 8

3 2

3 6

4 2

4 6

5 8

6 2

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74

7 8

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1 0 2

1 0 6

1 1 0

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1 2 8

1 3 2

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D A N I E L A X TDaniel Axt (19) ist Schauspieler und lebt in Hannover.

W W W.DAN IELA XT .D E

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D A N I E L A X T

Eintauchen

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Die Musik ist für mich einer der wich-tigsten Bestandteile meines Lebens. Es vergeht kein Tag, an dem ich nicht Gi-tarre spiele und singe.

Durch die Musik kann ich meine Ge-fühle ausdrücken, seien sie glücklich und ausgelassen oder traurig, melan-cholisch und philosophisch. Beim Spielen kann ich alles um mich herum vergessen und es geht mir im-mer besser, wenn ich mit Spielen fertig bin.

Ich schreibe selber auch sehr gerne Songs, sowohl in deutscher als auch in englischer Sprache. In diese Musik versuche ich einfach alle Emotionen, die mich bewegen oder die mich zur Zeit beschäftigen, zu stecken. So ist und bleibt sie authentisch und berührt durchaus auch andere.

Die Musik ist für mich ein ganz wich-tiger Ausgleich zum oftmals stressigen Alltag und kann, auch wenn man nur Musik hört und gar nicht selber spielt, wahnsinnig entspannen.

Was Musikrichtungen im Allgemeinen anbelangt, bin ich auch sehr offen. Ich kann zu verschiedenen Stimmungen verschiedene Genres hören und tauche gleichermaßen in sie ein.

ICHLIEBEDIE MUSIK.

FOTO:

© DISN EY

FILM „ROCK IT“AUF DVD ERHÄLTLICH

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Der junge Schauspieler Vincent Krüger erzählt im Interview von ‚seiner Liebe‘.

T E X T: JO N A S MEYER

FO T O S : O SMA N B A LKA N

V I N C E N T K R Ü G E R

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Die Burg

V I N C E N T K R Ü G E R

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kurz vor 14 Uhr. Der Fotograf Osman Balkan und ich besprechen den bevor-stehenden Termin.Wir sind mit dem jungen Schauspieler Vincent Krüger zum Interview verabre-det. Im Vorgespräch hat er betont, dass er mit dem Thema Meine Liebe in erster Linie die Liebe zu seiner Freundin ver-bindet. Darüber hinaus hat er ange-merkt, dass sich dieses Thema auch auf sein Auto beziehen könnte. Freundin und Auto also. Wir sind gespannt.

Ein schwarzer Mercedes nähert sich dem Haupteingang des Strandbades und hält etwas abseits. Ist er das?

Die Fahrertür öffnet sich. Ein junger Mann steigt aus und kommt lächelnd auf uns zu. „Hey! Ich bin Vincent.“ Der 20jährige Schauspieler wird begleitet von seiner Freundin Shanis Wilke, die nun auch aussteigt und uns freundlich begrüßt. Beide sind gut gelaunt und lassen sich von Osman um und in dem Wagen aus verschiedenen Perspekti-ven ablichten. Während der Fotograf die ersten Bil-der fängt, habe ich mich einige Me-ter distanziert und grübele. Freundin und Auto beschreiben also gemeinsam Vincent’s Liebe? Ich bin etwas ratlos.

Szenenwechsel. Osman hat das junge Paar gebeten, sich an einem kleinen Waldweg unweit des Strandbades auf einem Holzstapel zu positionieren. Nach wenigen Minuten hat das Shoo-ting die Aufmerksamkeit von etwa einem Dutzend jugendlicher Strand-besucher geweckt, die sich den beiden interessiert nähern. Einer der Betrach-ter ruft plötzlich: „Dich kenn’ ich doch! Du spielst bei GZSZ mit, stimmt’s?“ Vincent bleibt gelassen und antwortet „Ja, stimmt!“ Dabei lässt er sich unbe-irrt von Osman fotografieren – so ruhig und routiniert, als hätte er nie etwas anderes getan.

Als alle Fotos geschossen sind, wan-dern wir gemeinsam zum Vorplatz des Strandbades zurück und lassen uns auf einer der weißen Parkbänke nieder. Ich frage Vincent, ob er oft mit Situationen wie der gerade erlebten konfrontiert ist, und möchte wissen, ob er sich da-durch nicht in seiner Freiheit einge-schränkt fühlt. Sein fröhliches Gesicht wird etwas nachdenklich. „Ich freue mich natür-lich, wenn mich Leute erkennen und auf mich zukommen“, antwortet er nach einem kurzen Innehalten. „Man erlebt da sehr viel Positives. Allerdings ist es auch recht schwierig, in der Öf-fentlichkeit ungestört Zeit mit seiner Freundin zu verbringen, wenn man dauernd erkannt wird. Ungestört U-Bahn fahren klappt zum Beispiel nur noch mit Mütze und großer Sonnen-brille“. Shanis blickt ihn an und nickt.

PFINGST- SONNTAG,STRANDBADWANNSEE,

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Allmählich beginne ich auch zu verste-hen, warum für Vincent das Auto eine so große Bedeutung hat. Ich frage die beiden, ob dieser Wagen für sie eine Art Zufluchtsort darstellt, der ihnen ein Stück preisgegebener Privatsphäre zurückgibt. „Auf jeden Fall!“, entgegnet Vincent. „Mein Auto ist da gewisserma-ßen wie eine Burg, die uns abschotten kann. Ich weiß, dass es nicht unbedingt üblich ist, dass ein junger Kerl wie ich so ein Auto fährt. Aber es ist ein gutes und sicheres Auto. Es bringt uns überall hin. Es bedeutet Freiheit. Vor kurzem haben wir beispielweise spät abends entschie-den, in den Heidepark zu fahren. Wir sind dann einfach nachts aufgebrochen und waren am nächsten Morgen dort. Mir bedeutet so etwas sehr viel“.

Aber würde er deshalb die Schauspie-lerei aufgeben? „Niemals!“ schießt es heraus, und das nachdenkliche Gesicht beginnt wieder zu strahlen.

Während Vincent erzählt, wie er vor sechs Jahren durch Zufall von einem Schauspielagenten entdeckt wurde und wie er von da an das Schauspiel schät-zen und lieben gelernt hat, lässt sich beobachten, wie seine blauen Augen von Minute zu Minute heller leuchten. Sein Beruf scheint ihm wirklich sehr viel zu bedeuten, und Vincent erklärt, wie er sich seine Zukunft vorstellt. „Ich möchte mich auf jeden Fall schauspie-lerisch weiterentwickeln. Mir geht es da weniger um Geld, sondern vielmehr um die Sache selbst. Ich habe zum Bei-spiel schon einige Male in Low-Budget-Produktionen mitgespielt, weil ich das Drehbuch gemocht habe. Ich bin der Ansicht, dass man gute Ideen und ta-lentierte Leute immer unterstützen sollte.“

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„JUNGE, BLEIB SO,WIE DU BIST,UND LASS‘ DICH NICHT VERBIEGEN.“

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Vincent zündet sich eine Zigarette an und ordnet seine Gedanken. Vieles hat sich verändert in seinem Leben, das weiß er. Sein Freundeskreis etwa: „Es ist leider so, dass dich nicht alle Freun-de ein ganzes Leben lang begleiten. Alte Freundschaften zerbrechen manchmal, dafür wachsen neue. Das hat einfach damit zu tun, was man macht und in welche Richtung man sich entwickelt. Leider passiert es manchmal, dass sich plötzlich Leute melden, mit denen ich schon seit Jahren keinen Kontakt mehr habe. Da merkt man dann oft sehr schnell, dass diese Menschen eher an der Tatsache interessiert sind, dass ich in der Öffentlichkeit stehe, als an mir selbst. Schade. Gehört wohl irgendwie dazu.“

Vincent Krüger ist nicht wehmütig. Ganz im Gegenteil. Er weiß, wie viel er mit seinen 20 Jahren bereits gelernt hat. „Ich habe so viel Positives erfahren und aufgenommen. Immer in Erinne-rung bleiben wird mir etwa ein Ge-spräch mit Jürgen Vogel. ‚Junge, bleib so, wie du bist, und lass Dich nicht ver-biegen’, hat er gesagt. Das hat mich ex-trem beeindruckt. Ich werd’ versuchen, seinem Rat zu folgen.“ Vincent grinst, die Augen leuchten immer noch. Man könnte fast den Eindruck gewinnen, er sei schon dort angekommen, wo er hin wollte. Aber dieser Eindruck täuscht. „Ich weiß noch nicht, wohin die Reise geht“, antwortet er auf die Frage, ob er sich vorstellen könnte, auch mal im Ausland zu arbeiten. „Natürlich ist das der Traum eines jeden Schauspielers. Aber warten wir ab, ich bin noch jung. In meiner Idealvorstellung mache ich sowohl Soap als auch Film. Warum ei-gentlich nicht?“

Mittlerweile ist es später Nachmittag. Vincent und Shanis sitzen immer noch entspannt auf der weißen Parkbank und genießen die Sonne. Zum Ab-schluss möchte ich wissen, ob sich das eigene Fernsehverhalten ändert, wenn man selbst Schauspieler ist. Shanis schaut zu Vincent und antwortet: „Also ihn muss man schon bändigen. Er sieht jeden Filmfehler und regt sich dann auf.“ Vincent lacht. Schauen die beiden eigentlich Reality-Soaps, in denen sogenannte Laiendar-steller vor der Kamera stehen? Vincent wird plötzlich ernst: „Nein, eher nicht. Man kann ja davon halten, was man will. Ich finde es selbst ziemlich schade, dass auf der einen Seite im TV immer mehr dieser Laiendarsteller zu sehen sind, aber auf der anderen Seite ech-te Talente nicht ausreichend gefördert werden. Es gibt etliche Kinder aus so-zial schwachen Familien, in denen ein verborgenes Schauspieltalent schlum-mert, die aber nie eine wirkliche Chan-ce bekommen. Das muss sich einfach ändern.“

Pfingstsonntag, Strandbad Wannsee, kurz vor 17 Uhr. Osman macht noch ein paar letzte Fotos, dann verabschieden wir uns von Vincent Krüger und Shanis Wilke. Der schwarze Wagen rollt langsam vom Parkplatz des Strandbades und taucht ein in den Verkehr.

Die Sonne steht tiefer, das Licht ist ein anderes.

Gute Fahrt!

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B E N D Z K OTim Bendzko (26) ist Musikerund lebt in Berlin.

W W W.TIMB EN D Z KO .DE

T I M

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B E N D Z K OWahre Wunder

T I M

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Ich habe schon als kleines Kind ge-merkt, dass Musik etwas ganz Beson-deres ist und dass es das Einzige ist, was mich wirklich erfüllt. Und ich habe mehr und mehr das Ge-fühl, dass Musik wahre Wunder in mir und um mich herum bewirken kann.

Das Schöne ist auch, dass Musik und Liebe sich sehr ähnlich sind. Man kann bei beiden nicht erklären, warum es das mit einem macht, was es im Idealfall macht. Deshalb würde ich nicht nur sagen: Ich liebe Musik, sondern auch:

Musik ist Liebe.

MEINELIEBE IST MUSIK.

FOTO:

© SON Y MUSIC

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P E T E R T R E V I S A N

Peter Trevisan (24) ist Mitglied derBand EMMA6 und lebt in Köln.

WW W.EMMA 6 .D E

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P E T E R T R E V I S A N

Wunderschön

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Sie ist 24 Jahre alt und meistens finde ich sie wunderschön. Jede Nacht schläft sie mit mir ein. Morgens steht sie immer mit mir auf. Wenn wir früh aus dem Bett müssen, kommen wir meistens nicht besonders gut miteinander klar.

Überhaupt ist die Beziehung mit ihr nicht immer einfach. Sie ist oft alles an-dere als nett zu mir, gerecht schon mal gar nicht. Ich schimpfe dann, doch das kann ich mir sparen, denn es bringt nichts. Sie hört sowieso nie auf mich.

Letztens hatten wir beide eine heftige Krise. Es war so schlimm, dass ich mich ernsthaft gefragt habe, ob die Bezie-hung mit ihr überhaupt einen Sinn hat.

Ich kam zu dem Schluss, dass mir gar nichts anderes übrig bleibt, als sie so zu nehmen, wie sie ist, denn eine andere werde ich nicht kriegen. Außerdem, dachte ich, hat sie mir mei-ne Gitarre geschenkt, und das vergess‘ ich ihr nie.

Und sie lässt mir viele Freiheiten, die andere nicht haben. Ich muss zugeben, trotz unserer schlechten Zeiten führen wir eine gute Beziehung. Eigentlich bin ich sogar sehr glücklich mit ihr. Nein, ich würde sie für nichts auf der Welt eintauschen, denn eine Liebe wie diese findet jeder nur einmal.

Mein größter Wunsch ist, dass sie mich nicht verlässt, bevor ich sehr alt bin, weil ich noch eine ganze Menge mit ihr vorhabe.

Ihr wollt jetzt ein Foto von ihr sehen?

Das geht nicht, meine Liebe ist mein Leben.

MEINE LIEBE UND ICH SIND SCHON LANGE ZUSAMMEN.

FOTO:

JOH AN N ES KUCZERA

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Nils Müller (28) is a photo artistbased in Cologne.

WW W.NILSMU ELLERP H OTOGRAPHY .COM

N I L SM U L L E R

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Vandals

N I L SM U L L E R

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the vandals have been my love and pas-sion. They are usually individuals and motivated by different reasons.

What they have in common is the search for freedom, even if they are not aware of it. They are spending so much energy expressing themselves and communicating.

If that kind of power was used to achie-ve peace, we would have it all over the world.

FOR THE LAST TEN YEARS,

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H E N D R I K B E I K I R C H

Hendrik Beikirch (37) ist freischaffender Künstler und lebt in Koblenz.

WW W.ECBW O RK .DE

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I love NY

H E N D R I K B E I K I R C H

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nebelferry boat, ipodr trainlicht und schatten, farbenbay ridgepizza slice, neonlichtny state of mind

however far away, i will always love you. . .

as days go by / bushwick / 2011

KAFFEE AM MORGEN,

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D A N I E L H E R T Z B E R GDaniel Hertzberg is an illustratorliving and working in New York.

W W W.DAN IELH ERT Z B ERG .COM

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D A N I E L H E R T Z B E R G

I like

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I like listening to my iPod. I like zoning out. I like getting out of my studio. I like not sitting in my office chair. I like not being on the computer. I like seeing cab drivers get into altercations with each other over a fare. I like seeing cars al-most hitting one another. I like hearing the white noise of a city. I like the hum-drum. I like the constant honking of car horns. I like people hugging it out. I like seeing people kiss. I like the sunlight hitting my face. I like it when I forget my umbrella. I like it when others for-get theirs.

I like seeing people that look immacu-late. I like seeing people still in their pa-jamas. I like seeing people that look like models. I like seeing people who should be models but chose a different profes-sion. I like skyscrapers. I like looking up all the time. I like the Empire State Building. I like Chelsea. I like the Lo-wer East Side. I like Greenwich Village. I like reading restaurant menus. I like hearing a crowd at a club. I like seeing friends walk home drunk. I like seeing people walking together on an akward first date. I like it when someone asks for directions. I like it when people ob-viously should ask for directions but don’t because they’re shy, and I wind up asking them “Are you lost?”

I like seeing police officers really han-ging out a donut shops. I like police officers on horseback for no reason whatsoever. I like the smell of coffee shops as I pass them. I like the smell of freshly basked breads and cookies from the bakery a little more. I like how eve-ryone seems to have a purpose when they walk. I like other fast walkers. I like ambition. I like not taking the bus. I like coming up with ideas for a New Yorker cover. I like how the city presents itself to you. I like passing my favorite place for pizza. I like not seeing many chain restaurants at all. I like passing tourists that wear fany-packs.

I like being engaged. I like to get lost. I like having a hunch but not knowing exactly where I’m going. I like to dis-cover. I like to walk. I like New York. I like to walk a new block everyday. I like taking a different route, just because I can. I like to run into people I have not seen in ages. I like spotting celebrities. I like finding that one place. I like wal-king through red lights. I like having the right of way. I like seeing people. I like getting exercise. I like walking fast.

I like swerving in and out of foot traffic, as if I was car, driving 90 in a 45 zone. I like seeing what people are wearing. I like seeing fashion trends. I like seeing gadget trends. I like seeing people with ridiculous ear, nose, and face piercings. I like finding a new restaurant. I like seeing storefronts. I like seeing that doggie in the window. I like seeing that kitty in the window too. I like seeing children play.

I like seeing people dressed in suits and ties. I like seeing people whose lives are strangled by their job. I like seeing people with too much free time. I like seeing people converse. I like seeing fa-milies. I like seeing dysfunctional fami-lies. I like coming up with ideas. I like ideas coming up to me. I like the snow. I like the snow when it makes the city feel like Siberia. I like people shoveling their sidewalks. I like sidewalks that have not shoveled. I like scaffolding. I like seeing people knock into scaffol-ding because they are too busy talking. I like helping someone get up. I like seeing people I think are gazing at me but aren’t. I like seeing people that don’t care who I am.

I like seeing people that don’t give a damn. I like letting people by first. I like holding the door for an old lady. I like seeing taxis drive fast. I like bike mes-sengers going so fast they almost run into people.

I LIKE NOT GIVING ADAMN.

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I like “Manhattanhenge” every July 13th. I like how the scene unfolding in front of me syncs to the music I’m listening to perfectly. I like seeing the waiters standing outside for a cigarette break. I like seeing hostesses bored out of their mind when no one walks into their restaurant. I like all the flowers in front of grocery stores. I like the flower district.

I like passing through the fur coat dis-trict, just because it’s a fur coast district, which in and of itself is ridiculous. I like how many places stay open past 3am, incase I’m drunk and very hungry. I like having options. I like how every-day I walk is a different feature-length film, in a way. I like seeing all the bikes parked along the street. I like how every single manhole cover in New York was made in India.

I like seeing experimental facial hair. I like seeing fashion statements that fail. I like guessing what people’s pro-fessions are based on how they look. I like seeing character actors from films and television, but not knowing what their names are. I like how I wear-out my shoes so quickly. I like the energy of New York streets. I like the feeling I’m a part of the energy around me.

I like tourists that photograph even the smallest, stupidest things. I like Times Square- only when it’s empty. I like pas-sing the glitziest hotels. I like the dive bars and holes-in-the-wall. I like the exhaustion after walking 40 blocks in only 30 minutes. I like seeing so many different neighborhoods. I like how one block separates a nice neighborhood from a not-that-nice neighborhood.

I like brownstones. I like ultra modern skyscrapers built next to historical landmarks. I like all the office buildings with their lights on at night. I like thin-king about what a waste of electricity that is. I like the Chrysler Building. I like the Brooklyn Bridge. I like seeing the “Freedom Tower” being constructed at a furious pace. I like how midtown has a grid and easily numbered streets. I like the West Village and it’s diago-nal, non-numbered streets. I like how much history each block has. I like Cen-tral Park. I like the caricature artists in Times Square. I like the shadows the sun casts during autumn. I like drawing buildings. I like the homeless man fee-ding pigeons in the park.

I like seeing rows of bookshelves in people’s gorgeous brownstone apart-ments. I like finding a going-out-of-business sale. I like sidewalk sales. I like people handing out cards to strip clubs to all the men walking by. I like the peo-ple dressed in ridiculous costumes han-ding out coupons. I like to window shop but without actually shopping.

I LIKETHE FEELING I‘M A PART OF THE ENERGY AROUND ME.

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I like seeing the she-males dressed overly fabulous for a night out. I like the kids playing in front of their building’s stoop. I like the locals playing dominos on the sidewalk. I like seeing kids loo-sen the fire hydrants and get sprayed by the gushing water during very hot days. I like seeing sneakers hanging from electrical wires. I like those pesky bugs that seem to follow you during the summer.

I like seeing a giant line in front a store that I know will go out of business soon anyway. I like seeing tourists lined up outside Gramaldi’s Pizza. I like how grimy Chinatown is. I like how pristine the Upper East and Upper West Sides are. I like how nothing in New York is gentle. I like how everything is extre-me. I like the mix of emotions. I like how New York is a constant inspiration source. I like having my breath taken away. I like being reminded I’m in the greatest city in the world. I like being reminded why I live here, for better and for worse.

I love walking the streets of New York.

I like seeing gardens in the most ran-dom places. I like seeing street art being taken to the next level. I like criticizing every new development I see. I like see-ing all the doormen guard their buil-dings with pride. I like all the commu-ters rushing to Grand Central Station to make their train.

I like being at the right place at the right time. I like being at the wrong place at the wrong time, sometimes. I like see-ing huge gas prices and knowing that doesn’t concern me. I like hearing about subway delays and knowing that doesn’t concern me.

I like crossing bridges. I like the views from every bridge. I like the architec-ture. I like the attitude. I like taking cli-ché photographs of the skyline because I feel like I’m living in a postcard-per-fect world. I like the New York accent. I like how almost every single country in the world is represented in this city.

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P O H LJan Pohl (29) ist Schauspieler und lebt in Berlin.

W W W.JANP OH L .COM

J A N

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Schattenspiel

P O H LJ A N

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in dem ich mich selbst vergesse und mich in etwas hingebe, das größer und wichtiger ist als ich selbst. Sei es in der Liebe, im Leben oder in meinem Be-ruf. . .

Gerade beim Spielen habe ich die Prä-misse: Ich will vorurteilsfreie Antwor-ten für den Zuschauer und mich finden, auf Fragen, die ich mir sonst nicht stel-len würde. Fragen wie „Wie fühlt sich das an, im 2. Weltkrieg zu desertieren und jeden Tag um sein Leben zu ren-nen? Oder „Was treibt einen starken Polizisten dazu, sich seine Dienstwaffe in den Mund zu stecken und abzudrü-cken?“, „Warum bleibt ein junger fähi-ger Mann bei seiner total zerrütteten, ihn kaputt machenden Familie, bricht nicht alle seine Bande mit ihr ab und zieht in die Welt, um sein Glück zu fin-den?“.

Dann kommt die Vorbereitung, das Reinfressen, das sich zu eigen machen. Hierbei versuche ich viele Antworten über meine Figuren zu finden, suche nach möglichen Erinnerungen, schö-nen Momenten in ihren Leben, versu-che ihre Traumata zu verstehen und lege fest, wo die großen Brüche in ihren Biographien sind. Wenn ich dann auf meine Arbeit angesprochen werde und mir gesagt wird, dass sie durch mei-ne Interpretation die Dinge aus einem anderem Blickwinkel sehen und mit solchen Biographien besser verstehen bzw. besser mit ihnen mitfühlen kön-nen, dann fühle ich mich in meinem Weg bestärkt.

Nach einer guten Vorbereitung kommt dann die Arbeit.

Es ist, als wäre das eigene Segelschiff voll beladen, die Leinen sind längst los-gemacht und nun führt der Wind.

Du betrittst Assoziationsräume - bist präsent, weil du ja steuerst, musst dich aber dem Moment hingeben, damit die Arbeit und das Wichtige hervortreten können. Du stellst dich zur Verfügung. Einer Sache, die im Idealfall größer ist als du selbst.

Wenn der Moment vorbei ist, stellt sich das Gefühl der totalen Harmonie ein. Als seist du gerade beschenkt worden mit einem Wissen und einer Wahrheit, die sich nicht in Worte fassen lässt. Als seist du eins mit deiner Umgebung.

Wie die Sonne, die von hinten einen Schatten wirft, der größer ist als ich selbst.

Diesen Moment liebe ich.

ICH LIEBE DEN MOMENT,

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Jannik Schümann über seine Liebe zur Schauspielerei,seine Rolle im Film „Homevideo“ und Billy Elliot.

IN T E R VIE W: JO N A S MEYE R

FO T O S : MYP MAGA ZINE

J A N N I K S C H Ü M A N N

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I will danceJ A N N I K S C H Ü M A N N

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Ausgerechnet jetzt. In zehn Minuten sind wir mit Jannik Schü-mann verabredet, aber unser Plan von einem Interview im Freien wird von unzähligen Regentropfen aus einer grau-blauen Wolken-front torpediert. Was nun? Die Marietta Bar am Prenzlauer Berg ist Rettung in der Not. Aus Ihren großen Fens-tern strahlt ein entschlossenes Orange, dass sich von keinem Grau der Welt besiegen lässt. Perfekt.

Jannik wartet bereits vor der Gethsemanekir-che, wenige Meter von der Bar entfernt. Auch ihn hat der plötzliche Wetterumschwung überrascht. Seine Laune allerdings ist unge-trübt. Eine ausführliche Begrüßung verbietet der Regen, wir eilen ins Trockene. Setzen, durchatmen. Herzlich willkommen, Jannik Schümann!

Jonas:Wirft man einen Blick auf Deine Vita, fällt auf, dass Du bereits sehr früh mit der Schauspielerei begonnen hast. Wie kam es dazu?

Jannik:Als ich klein war, habe ich ständig ge-tanzt, meistens in meinem Kinder-zimmer. Irgendwann ist eine Freundin meiner Eltern auf eine Zeitungsannon-ce gestoßen, in der Kinder für ein Mu-sicalcasting gesucht wurden, und hat meine Eltern gefragt, ob sie mich nicht dort anmelden wollen. Die waren zwar anfangs dagegen, haben mich aber letztendlich doch dort auftreten lassen.

Und so hatte ich plötzlich meine erste Rolle – mit neun Jahren die Kinder-hauptrolle im Musical „Mozart“. Dort bin ich dann etwa zwei bis drei Mal pro Woche vor 2.000 Leuten aufgetreten. Leider wurde das Musical nach neun Monaten wieder abgesetzt. Aber ich kann heute noch sagen: Das waren die schönsten neun Monate meines Le-bens!

Jonas:In den letzten Jahren warst Du haupt-sächlich in Film- und Fernsehrollen zu sehen. Welchen Unterschied siehst Du dabei zur Musicalrolle?

Jannik:Wenn man auf einer Musicalbühne steht, erlebt man die direkte Resonanz des Publikums. Das fehlt natürlich beim Dreh. Dort muss man dann versu-chen, alles um sich herum auszublen-den.

Jonas:Wie kam es, dass Du vom Musical in den Filmbereich gewechselt bist?

Jannik:Durch Zufall. Als ich vor einigen Jah-ren mit einem Freund an der Tankstelle Süßigkeiten kaufen wollte, gab mir eine Frau ihre Visitenkarte und sagte, mei-ne Eltern sollten sich doch mal bei ihr melden. Diese Frau ist meine heutige Agentin Christiane Dreikauss. Ich scheine ihr wohl irgendwie aufge-fallen zu sein, daher hat sie mich ein-fach angesprochen. Mein Lebensweg wäre wahrscheinlich ohne diesen Zu-fall ganz anders verlaufen.

JETZT REGNET ES AUCH NOCH.

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Jannik lächelt. Er scheint zufrieden zu sein mit der Art und Weise, wie sich sein Leben bisher entwickelt hat. Vor einigen Monaten hat er sein Zuhause in Hamburg verlassen und ist nach Berlin gezogen.

Jonas:Wolltest Du speziell nach Berlin? Oder war das auch eher ein Zufall?

Jannik:Naja, ich hatte schon seit einiger Zeit den Wunsch, mal alleine zu wohnen. Ich fand das total spannend und woll-te es unbedingt ausprobieren. Eigent-lich wollte ich zuerst ein Auslandsjahr machen. Dann habe ich mich aber für Berlin entschieden, weil hier sehr vie-le Castings stattfinden und hier auch zahlreiche Schauspieler leben. So muss ich meiner Passion nicht mehr hinter-herreisen und bin immer vor Ort. Ber-lin ist für mich etwas Großes, Neues, und somit gewissermaßen auch ein Auslandsaufenthalt.

Jonas:Würdest Du also die Schauspielerei als „Deine Liebe“ bezeichnen?

Jannik:Ja, auf jeden Fall, wobei ich sagen muss, dass das vor allem dem Musical mein Herz gehört. Mit sechs Jahren war ich zum ersten Mal in „Cats“, und bereits damals habe ich gewusst: Das ist mei-ne Leidenschaft. So gerne ich als Musi-caldarsteller auftrete, so gerne schaue ich mir Musicals auch als Zuschauer an. Ich habe in Hamburg und Berlin bisher jedes Musical gesehen. Mit mir wäre ir-gendwas nicht richtig, wenn ich nicht alle zwei Wochen im Musical wäre. Für mich ist das einfach das Größte. Mein beruflicher Wunsch ist es, Musi-cal und Film kombinieren zu können und in beiden Welten zu arbeiten. Das wäre genial.

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Jonas:Kannst Du dir vorstellen, irgendwann keine Lust mehr auf die Schauspielerei zu haben?

Jannik:Die Gefahr, dass man sich vielleicht irgendwann die Frage stellt, ob das al-les richtig war, besteht grundsätzlich natürlich immer. Aber ich muss ehr-lich sagen, ich kann es mir in meinem Fall nicht vorstellen, dafür liebe ich die Schauspielerei zu sehr. Ich weiß schließlich seit meiner Kindheit, dass ich das machen will. Außerdem möch-te ich Grundschulpädagogik studieren. Sollte ich mal tatsächlich keine Lust mehr auf die Filmbranche haben, kann ich immer noch in dem Beruf arbeiten.Aber ist es nicht normal, dass jeder Mensch irgendwann mal Zweifel an dem hegt, was er tut? Das gehört doch auch irgendwie dazu. Ich bin eigentlich ganz froh, dass ich schon recht früh wusste, was ich will. Ich bin deshalb sehr dankbar. Wenn ich an die zehnte Klasse zurück denke, fällt mir ein, wie verzweifelt viele meiner Freunde da-mals waren, weil sie nicht wussten, was sie mal machen sollen.

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Jonas:Wie sieht eigentlich der Tagesablauf ei-nes hauptberuflichen, in Berlin leben-den Jungschauspielers aus?

Jannik:Man muss sehr diszipliniert sein und versuchen, jederzeit an sich zu arbeiten und sich nicht gehen zu lassen. Ich trei-be viel Sport, nehme Einzelunterricht in Schauspiel, Tanz und Sprache. Ich würde auch mental verhungern, wenn ich ständig nur zuhause wäre. Ich ver-suche, mit dem Kopf dabei zu bleiben, auch in der Zeit, in der ich kein Enga-gement habe. Außerdem möchte ich im Sommer ein paar Wochen nach Lon-don, um dort den einen oder anderen Workshop zu besuchen.

Jonas:Du hast vor einigen Monaten den Film „Homevideo“ abgedreht, der das Mob-bingproblem unter Jugendlichen the-matisiert und gerade auf dem Filmfest München viel Lob geerntet hat. Wie hast Du dich auf diese Rolle vorberei-tet?

Jannik:Ich habe versucht, mir sehr viel Hin-tergrundwissen anzueignen und mich zum Beispiel intensiv mit Selbstmor-den von Jugendlichen in den USA aus-einandergesetzt, die im Zusammen-hang stehen mit Mobbing etwa nach deren Outing. Ich spiele in dem Film einen Jungen, der so ziemlich das Gegenteil von dem darstellt, was ich gut finde. Der Kerl ist ein richtiger Fiesling. In solch eine Rolle muss man sich erst mal reinfin-den. Zwar weiß man ja, dass es an jeder Schule und in jeder Klasse einen „bösen Schüler“ gibt, allerdings war ich selbst nie wirklich mit dem Thema Mobbing konfrontiert.

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Jonas:Würdest du sagen, dass das auch auf Deine letzte Rolle in „Homevideo“ zu-trifft?

Jannik:Unbedingt. Deshalb ist der Film auch so wichtig. Mobbing hat eine neue Qua-lität erreicht, das habe ich leider wäh-rend meiner Vorbereitung auf die Rolle feststellen müssen. Das Internet trägt da eine gewisse Schuld. Plattformen wie Facebook oder YouTube erleichtern Mobbing auf jeden Fall.

Jonas:Das Thema Mobbing wurde schon mehrfach in Filmen verarbeitet und in den Mittelpunkt gestellt, aber man hat das Gefühl, es ändert sich nichts.

Jannik:Deshalb ist es umso wichtiger, dass zum Beispiel Lehrer ihren Schülern diesen Film zeigen. Man muss eben wieder und wieder darauf aufmerksam machen und darf nicht aufgeben.

Wir machen eine kurze Pause. Jannik trinkt einen Schluck Wasser und denkt nach. Man merkt, wie ihn das Thema bewegt und wie sehr es ihm am Herzen liegt, durch den Film auf das Problem aufmerksam zu machen. Der Regen hat mittlerweile etwas nachgelas-sen, das tiefe Orange aus dem Innern der Ma-rietta scheint im Kampf gegen das Grau nach und nach die Oberhand zu gewinnen.

Jonas:Hattest Du Zweifel, einen Charakter zu spielen, der Deiner eigenen Person so entgegen steht?

Jannik:Anfangs ja. Aber es ist eine gute Gele-genheit, sein schauspielerisches Kön-nen zu zeigen. Man wächst an seinen Rollen. Außerdem hängt viel davon ab, wie das Drehbuch geschrieben ist. Ein gutes Drehbuch ist für mich vor allem bei derartigen Rollen das A und O.

Jonas:Oscar Wilde legt in seinem Werk „Das Bildnis des Dorian Grey“ seiner Fi-gur Lord Henry folgendes Zitat in den Mund: „Ich liebe das Theater. Es ist so sehr viel wirklicher als das Leben“. Wür-dest Du diesen Satz unterstreichen?

Jannik:Ja, zum größten Teil schon. Ein Problem der Gesellschaft ist, dass im wirklichen Leben viel vertuscht wird. Das Theater ist dazu da, dies hervorzuheben und in den Mittelpunkt zu stellen.

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Jannik:Ich war immer ein großer Gegner da-von, etwa seinen Nachnamen zu än-dern. Ich war der Meinung, dass es keinen Grund gibt, warum man seine Identität im Netz verändern sollte. Ich habe mich oft gefragt: Warum macht man das? Man ist der, der man ist. Wenn ich Jannik Schümann heiße, wa-rum soll ich mich dann im Netz Jannik Kaninchen nennen?Vor einiger Zeit habe ich allerdings einen Teenager in einem Heimatfilm gespielt und wurde nach der Ausstrah-lung im Fünf-Minuten-Takt bei Face-book angeschrieben. Das ehrt einen auf der einen Seite, auf der anderen Seite kann man das irgendwann nicht mehr bewältigen. Da musste auch ich gezwungenermaßen meine Facebook-Identität etwas verändern.

Jonas:Du hast eben Facebook erwähnt. Nutzt Du selbst auch Facebook oder andere soziale Netzwerke?

Jannik:Ja, da komm’ ich nicht drum rum, ob-wohl ich nicht weiß, ob man Facebook überhaupt trauen kann.

Jonas:Hast Du damit auch negative Erfah-rungen gemacht, weil Du ja in gewisser Weise als Schauspieler eine Person öf-fentlichen Lebens bist?

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Jannik:Im Herbst werde ich für den Kinofilm „Barbara“ mit dem Regisseur Christian Petzold zusammenarbeiten. Darüber hinaus hoffe ich auf tolle Castings.Aber man muss eben sagen: Man weiß nie, was passiert. Das ist das Spannende an der Schauspielerei!

Der Regen hat aufgehört, die Sonne scheint wieder. Das leuchtende Orange der Marietta Bar am Prenzlauer Berg hat tatsächlich gegen das Wolkengrau gewonnen.

Wir verabschieden uns von Jannik und blicken ihm einige Sekunden nach, während er zur U-Bahn-Station läuft.

Ich glaube, er hat getanzt. Wie Billy El-liot.

Jonas:Du würdest deshalb auch nicht vom Be-ruf Schauspieler abraten?

Jannik:Auf gar keinen Fall! Grundsätzlich kann ich nur empfehlen, dass man im-mer das tun sollte, von dem man tief in sich drin weiß, dass es das Richtige ist – egal, was andere davon halten. Ich un-terstütze vollkommen das Motto „Lebe deine Träume“. Deine Eltern können zwar immer versuchen, dich in irgend-was reinzuzwängen, aber du musst den Mut haben, das zu tun, was du selbst wirklich willst. Deshalb bin ich auch ein so großer Fan von dem Film „Billy Elliot“. Billy hat getanzt, obwohl sein Vater es verboten hat. Er hat ihn nicht daran hindern können, das zu tun, was ihn wirklich glücklich macht.

Janniks Augen glänzen. Es ist beeindruckend, wie sehr der junge Schauspieler in sich ruht und mit welcher Begeisterung er von seinem Beruf spricht. Dennoch wirkt er nie laut, aufdringlich oder übertrieben. Er lebt seinen Traum, das macht ihn glücklich. Und das macht ihn authentisch.Am Ende unseres Gesprächs frage ich ihn, was er für die nächsten Monate geplant hat, wie sein Jahr aussieht in seiner neuen Heimat Berlin.

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A N D R E A S T Ö P F E R

Andreas Töpfer (39) ist Zeichnerund lebt in Berlin.

WW W.ANDREA ST O EP FER .BLOGSPOT.COM

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Folgen

A N D R E A S T Ö P F E R

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K A T H A R I N AW E I S S

Katharina Weiß (16) ist Schriftstellerin, Journalistin und Schülerin und lebt in der Nähe von München.

WW W.SCHWA RZ KOP F-V ER LAG .DE/SACHBUCH/SACHBUCH/SCHOEN.PHP

W W W.FACEB OO K .COM/PAGES/KATHARINA-WEIß/203743989641079

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K A T H A R I N AW E I S S

Die Suche

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diesem fantastischen Wunsch vom Un-wahrscheinlichen.

Wir sitzen lange da und erzählen uns gegenseitig Märchen. Die Stunden sind nicht schön oder komfortabel, aber wir wollen nicht, dass sie verrinnen. Es ist eine skurrile Situation, drei Menschen auf einer kaputten Matratze, auf die-sem grauen dreckigen Dach. Aneinan-der gekuschelt, aber nicht orgiastisch. Trotz all der Kälte hat es was von Ge-borgenheit. Das wäre ein großartiges Bild, aber wo sind die preisgekrönten Fotografen dieser Welt, wenn es einen wirklich einzigartigen Moment einzu-fangen gilt?

Ich wünsche jedem eine handvoll dieser Nächte, in denen sich das Leben dem Film in deinem Kopf angleicht, ihn ei-gentlich sogar übertrifft. In denen wir blenden und brennen, wie Wunderker-zen, die noch nicht wissen, dass sie bald ihren letzten Funken versprühen. Und auf dem Höhepunkt der Hemmungslo-sigkeit wird klar, das dieser Leichtsinn, diese Euphorie einzigartig sind.

Weil unser Körper uns keine Grenzen gibt und wir alles leben, alles wagen.

Und jeden lieben.

Es überkommt uns, wenn wir versu-chen, das zu halten, was nicht von Dau-er ist: Schönheit, Leidenschaft, inniges Begehren.

Nur in diesen Nächten ist es Unver-gänglich.

Der dezente Blumendekor auf Eve 120-Schachteln, 2-Mann-Partys, 3-Mann-Partys, Tropfen, die an Glä-sern herabrinnen, Selbstversuche, handgeschriebene Briefe, Visconti-Filme, Alain Delon, politischer und persönlicher Widerstand, viel zu lang getragene Chucks, Burgerfrühstück, …

Das ist meine Liebe - überfüllt, wild, unisex, manchmal platonisch, melan-cholisch und vor allem immer auf der Suche, nach jemandem, der sie haben will.

ICH GEBE MICH IHM HIN,

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M A R I E M I C H A L K E

Marie Michalke (17) ist Schülerin, Schauspielerin undWeltreisende und lebt in der Nähe von München.

Der Text entstand in Australien.

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M A R I E M I C H A L K E

Strand Liebe

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Die Wellen spritzen uns in gleichmä-ßigen, ewig währenden Abständen die Beine hoch. Es fühlt sich an, als ob wir für immer hier wären. Alles ist egal, außer der eine Moment, die eine Seku-de, der eine Atemzug. Als wir Hunger bekommen haben, sind wir so lange barfuß am Strand entlang gelaufen, bis wir einen kleinen Fish’n’Chips Imbiss gefunden haben.

Genau so schmeckt Freiheit, wie frit-tierter Fisch und Pommes, nur besser.

Er hat mich zurück an den Strand ge-bracht und ein blaues Zelt aufgeschla-gen. Ein Zelt, von dem aus wir auf‘s Wasser sehen konnten. Nur wir, das Meer und der Wind lagen an unserem Strand zwischen Steinen und Sand. Stunden der Vollkommenheit.

Freiheit sieht aus wie ein blaues Zelt am Strand.

Sorglosigkeit ist lustig, ich hatte selten so viel Spaß wie an diesem Tag und alles war egal. Die Zeit schien still zu stehen, wir waren jetzt und hier und für immer. Das einzige, das sich bewegt hat, abge-sehen von den gleichmäßigen Wellen-bewegungen der See, war die Sonne, von einem Ende des Himmels zum an-deren. Und auf einmal war alles vorbei. Die Realität hat uns eingeholt und ich musste zurück in die kalte Welt.

Seitdem treffen wir uns immer wie-der, um die Zeit zum Stehenbleiben zu zwingen, um die Sorgen zum Schwei-gen zu bringen, wenigstens für ein paar Stunden.

Unsere Romanze ist so unkompliziert wie ein blaues Zelt am Strand. Ich weiß, dass sie nicht für immer andauern wird. Genauso wie die Stunden, die wir miteinander verbringen, wird sie zu Ende gehen.

Ich weiß, dass die Sorglosigkeit nicht die Realität ist. Aber manchmal tut es gut zu vergessen.

Ich liebe Josh dafür, dass er mir die wahre Sorglosigkeit gezeigt hat, die Freiheit in ihrer einfachsten Form.

wie Freiheit und Sorglosigkeit schme-cken, wie sie sich anfühlen, sogar wie sie riechen oder wie sie aussehen. Ich weiß alles über sie. Oder besser über ihn.Josh spielt Gitarre und kommt ur-sprünglich aus Papua Neu Guinea. Ihm ist egal, wie er aussieht oder was er an-zieht, ihm ist egal, wer was über ihn denkt, er macht, was ihm Spaß macht und lebt, wie er will. Er verzweifelt nie oder wird nie wütend wegen Dingen, die er nicht kontrollieren kann, son-dern akzeptiert alles, wie es kommt. Er ist so sorgenfrei und entspannt, dafür liebe ich ihn.

Denn wir machen uns immer viel zu viele Gedanken über alles und nichts, wir überdenken und schaffen uns Wol-kenkratzer aus Sorgen, nur damit wir etwas zu tun haben. Aus einer Mücke wird ein Elefant. Auf der Suche nach Freiheit stellen wir uns unsere eigenen Barrikaden in den Weg.

Josh hat mir gezeigt, wer Freiheit ist.

Nach einer exzessiven Nacht sind wir im selben Bett aufgewacht, keiner von uns wusste, was wirklich passiert war. Das riesige Haus, in dem am Abend zuvor noch 50 Menschen gelacht und getanzt hatten, war wie ausgestorben. Das einzige Indiz der wilden Nacht wa-ren die leeren Bierflaschen, Essensreste und Kleidungsstücke, die überall her-um lagen. Er hat sich auf die Terrasse gesetzt und mir auf der Gitarre Mace Spray von den Jezabels vor gespielt und gesungen, ich habe zugehört. Im Hin-tergrund spritzt das Meer an die Klip-pen.

Wir sind an den Strand gegangen, er hat mir einen Felsen gezeigt, der höher war als all die anderen, dort saßen wir über allem und haben gelacht, geküsst und geredet.

ICH WEISS JETZT,

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Bert Spangemacher ist Fotograf und lebt und arbeitet in Berlin und New York.

WW W.SPAN G EMACH ER .COM

SPANGEMACHERBERT

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SPANGEMACHERBERT

Hochprozentig

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Mindestens. Voll im Geschmack, dehn-bar und flexibel. Die Liebe darf nicht abreißen, muss genussvoll bleiben, nach mehr schmecken. Sie muss nicht immer wie ein guter Wein sein, aber mindestens mit einem Fruchtanteil von 10% daherkommen.Sie kommt ohne Garantie, Um-tauschrecht oder Entschädigung. Eine Gebrauchsanweisung gibt es nicht.

Ich habe sie mal vergebens gesucht, dann hat man zu viel des Guten, oder sie macht einen todunglücklich. Irgendwie findet man sie dann aber doch, wer sagt, dass es nur zwischen-menschlich geht, liegt falsch.

Meine andere Liebe hat vier Beine und eine kalte Schnauze. Ich möchte sie nicht mehr verlieren, ich genieße sie neben mir liegen zu haben, kann es nicht erwarten, sie beim Schlaf zu be-obachten.

Meine Liebe hat ihre spezifische Moto-rik, einzigartige Bewegungen, die nur mich faszinieren.

Zusammengeschweißt, komprimiert und vom Schicksal hochprozentig des-tiliert.

Meine Liebe.

SIE SOLLTE WIE EINGUTES KAUGUMMI SEIN.

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J A N E R I CJan Eric Euler (21) ist Fotografund lebt in Berlin.

WW W.JANERICEU LER .COM

E U L E R

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J A N E R I C

Mit dir

E U L E R

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bevor er sich in klarem, sattem Blau verliert. Der Wind wird stärker, kälter. Ich denke an dich.

Mit dir.Mit dir möchte ich nachts auf ferne Lichter blicken, Brownies und O-Saft verschlingen, bis uns schlecht wird.Mit dir möchte ich verschwitzt unter Bäumen sitzen und Sommersprossen zählen.Mit dir möchte ich auf Autodächern spazieren gehen und lachend, tropfend durch die U-Bahn rennen, während wir uns mit Wasser aus Plastikflaschen be-kriegen.Mit dir möchte ich bei Sonnenaufgang ohne Ziel auf der Autobahn unterwegs sein und gute Musik hören.Mit dir möchte ich dem Knacken des Lagerfeuers zuhören, mir die Haare verbrennen und am Rücken Gänsehaut haben.Mit dir möchte ich mitten im Sommer angezogen unter der kalten Dusche sit-zen, im Winter eingerollt in eine war-me Decke Wellenrauschen hören und Sandburgen aus Träumen bauen.Mit dir möchte ich im Regen umher tollen, mich im Schnee wälzen, Wiesen runterrollen und in der Sonne im Gras liegen bleiben und die Wolken vorbei-ziehen sehen.

Mit dir möchte ich im Fahrstuhl ste-cken bleiben, auf Hochhäuser klet-tern, von Dach zu Dach springen, in Schwimmbäder einbrechen, Regale im Supermarkt umwerfen, mich prü-geln und wieder vertragen, euphorisch Dummheiten machen, verhaftet wer-den und ausbrechen.Mit dir möchte ich schlendern, laufen, gehen, rennen, springen, stolpern, hin-fallen und wieder aufstehen.Mit dir möchte ich Musik oder einfach nur Krawall machen, flüstern, reden, singen, gröhlen, schreien, schweigen.Mit dir möchte ich ich Wände bemalen, Mauern einreißen, von Brücken sprin-gen, mit Vollgas durch Getreidefelder fahren, ohne Sicherheitsgurt Achter-bahn fahren, Grenzen überschreiten.Mit dir möchte ich zu imaginären Klän-gen tanzen, Fehler machen, lernen, ver- gessen, neu entdecken.Mit dir möchte ich da sitzen und nicht weiter wissen, das Hier und Jetzt genie-ßen, verzweifeln, schmunzeln, traurig sein, weinen, leiden, einsam und zu-sammen sein.Mit dir möchte ich spontan, planlos, entschlossen, nachdenklich oder ein-fach nur leer sein.Mit dir möchte ich Angst haben, Mut fassen, zweifeln, tun.Mit dir möchte ich lachen.Mit dir möchte ich mich verlieren.Mit dir möchte ich zu weit und wieder zurück gehen.

Mit dir möchte ich sein.

DER HIMMEL VERFÄRBT SICH EIN LETZTES MAL,

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T I M O

Timo Klos (27) ist freischaffender Fotografund lebt in Bad Hersfeld und Offenbach am Main.

W W W.TIMO KLOS .D E

K L O S

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Zuhören

T I M O K L O S

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LIEBE IST,WENN BEIDE ZUHÖREN, AUCH WENN KEINER SPRICHT.

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J A N N I K E S T E L L I N G

Jannike Stelling (25) ist Fotografiestudentinund lebt in Köln.

W W W.JANN IKEST ELLIN G .COM

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J A N N I K E S T E L L I N G

Auf der Jagd

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Und meine Liebe ist das Andere, Neue, Fremde, die Fremde.Denn man erlebt dort, so scheint es mir, mehr von den besagten Momenten.Weil man offener dafür ist, als in der Heimat. Vielleicht.Man offener ist, als in der alltäglichen Umgebung. Vielleicht.Selbst wenn es nichts derart Außerge-wöhnliches ist.

Ist das nicht der einzige Grund, im Grunde, um auf Reisen zu gehen? Neue(s) Momente zu erleben? Das ist doch der Ursprung für die Liebe zu an-deren Welten. Neues kennen zu lernen.Zu sehen, zu hören, zu fühlen. „Ganz anders“.

Alles (und jeder Moment) erzählt Ge-schichten. Ob sie wahr sind oder nicht. Ob sie von jemandem erzählt werden, oder für sich selber sprechen.Eindrücke können täuschen. Ein Gefühl vermitteln. Gut, oder aber auch schlecht.Angenehm, berauschend, beängsti-gend, bestärkend, inspirierend. . .

Dies gilt es herauszufinden. Immer und überall. Auf der Jagd danach sein. Bewusst und/oder unterbewusst. Mo-mente erleben.

Ich liebe den neuen Moment.

Momente sind die Sekunden im Leben, die verlangsamen.

Man ist in einem Film. Beobachtet, sieht, hört, fühlt. Ganz anders. So scheint es. Versinkt für einen Augen-blick.

In einem Augenblick, der anhält. So scheint es.

Während ich diesen Text schreibe, den-ke ich an die schönen Momente. Denn es macht immer mehr Spaß, von Gutem zu erzählen.

So ist der gute Moment intensiv und leicht zugleich. Wie ein frische Brise. Wie ein Lufthauch, der einem durch die Haare fährt. Wie ein Berührung.

Momente sind überraschend.

Du kannst sie alleine erfahren oder mit anderen Menschen zusammen. Sie tei-len. Sie können so vielseitig sein. Denn so ist das Leben.

ICH BIN EINE MOMENTE-LIEBENDE.

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R O B I N M E S A R O S C H

Robin Mesarosch (20) ist Poetry Slammer und Bundestags-abgeordnetenmitarbeiter und lebt in Berlin und Langenenslingen.

WW W.MYSLA M .NET/D E/SLAM-POET/667/ROBIN_MESAROSCH

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Der Moment

R O B I N M E S A R O S C H

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Beruht das auf Gegenseitigkeit?„Nicht immer!“, brüllt mir der Moment des Versagens zu.„Aber immer öfter!“, echot es von den Schutzwällen meiner Selbstsicherheit zurück.

Ich liebe alle Momente. Uneinge-schränkt. Mit der einzigen Schranke, dass ich weitaus nicht jeden Zeitpunkt im Leben zum Moment adle. Gutes muss sich rar halten! Das ist wichtig. Irgendwie haben das Viele vergessen. Es gibt Gesetze, dass man nicht zu viel Schlechtes tun darf. Es gibt aber kei-ne Gesetze, die verhindern, dass es zu viel des Guten gibt. In keiner Kondito-rei steht: Kein Ausschank von mehr als drei Sahnetorten an Volljährige. Darauf wollte ich aber gar nicht hinaus.

Was unterscheidet also einen Zeitpunkt von einem Moment?Zum einen: Ich liebe keine Zeitpunkte, ich liebe Momente.Zum anderen: Ein Moment ist ein Mo-nument von einem Zeitpunkt. Ein Mo-ment steht lässig in der Ecke und lacht, während der Zeitpunkt wie getrieben vorüber eilt. Ein Moment ist, wenn man trotzdem lebt. Wenn man wach ist, da ist und man vergisst, dass Leben nur eine Zeitfrage ist, wenn der Moment dem Leben ein Monument baut, und man stehen bleibt, sich die Zeit nimmt, das Monument zu bewundern. Wie wenn man es schafft, sein Lieblingses-sen nicht nur zu essen, sondern es zu lieblingsessen.

Wenn man dabei für einen Moment den Fließbandbetrieb einstellt und in seiner Zunge zu wohnen lernt, wo man den Geschmack nicht nur wahrnimmt, sondern aufnimmt, ihm im Kopf ein wenig Platz gibt neben dem Kram des Alltagslebens. Ein Moment ist, wenn man nicht nur lebt, sondern erlebt, bewusst bewusstlos für das Unnötige wird und man sein Bewusstsein ins er-frischend kalte Wasser wirft, während das Leben mit einem kuschelig warmen Handtuch am Ufer auf einen wartet. Aufstehen, um sich dann von Leben umhauen zu lassen.Wenn man die Su-che nach einem Sinn ruhen lässt, und fünf Sinne wiederfindet. Sehen, hören, riechen, schmecken, fühlen. Das reicht.

„Einen Moment, bitte“, sage ich zur Backwarenfachverkäuferin. „Das ist mein Spruch!“, erwidert sie erbost. „Heute nicht. Heute backe ich mir mein Glück selbst.“

Momente müssen nicht schön sein. Es gibt auch traurige, niederschmettern-de und hässliche Momente. Aber alle sind sie liebenswert. Ich liebe es, sie erlebt zu haben. Ich liebe, was ich dabei gefühlt habe. Ich liebe, dass ich durch sie wieder an meinem Leben teilhaben durfte.

Trotz allem: Memento Momente mori. Bedenke, dass Momente sterben. Be-denke auch, dass Bedenken sterben. Man stirbt in einem Moment. Man lebt in tausenden.Tod: eins. Leben: tausende. Sieg für mich.

Das ist, was und für was ich lebe.Das ist, was und für was ich liebe.Eingehen in die Momentlichkeit.

ICH LIEBE MOMENTE.

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S U I C I D E S U EFranziska Stromeyer (37) und Frank Geiger (38) betreiben das Café „Suicide Sue“ und leben in Berlin.

W W W.SUICID ESU E .COM

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S U I C I D E S U E

Keine Angst

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FOTO:

MICH AEL PETERSOHN

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Von dem selbstmörderischen Namen lässt sich niemand mehr schrecken, der letzte Ausweg und das Ende aller Liebe in Namen ist nicht omen, sondern nur ein Spiel mit gleichen Buchstaben und eine ironische Einschätzung des Vor-habens, mit einem Tagescafé im Prenz-lauer Berg reich werden zu wollen. Die Liebe zum Geld ist es also wahrhaf-tig nicht, die Sue morgens um acht die Tür öffnen lässt, eher schon die Lust da-rauf, mit der Piratencrew und den Gäs-ten, die seit dem ersten Tag immer wie-der an Bord steigen, in See zu stechen.

Die Mannschaft bewacht von Scottie, dem Beagle mit dem strengen Blick, der großen Seele und dem starken Frei-heitsdrang und mit Sue am Steuer und in der Kombüse hinterm Herd: frisches Brot und hausgemachte Aufstriche, Suppen, Kuchen, Kekse, Tee´n´Kaffee, Frühstück galore den ganzen Tag, heiß gekocht & cool serviert.

Hereinspaziert an Bord, nur keine Angst, wir tun euch nichts. Und wenn ihr euch verliebt, habt keine Sorgen, euer Herz ist bei Sue in guten Händen.

auf vielen Wegen. Manche führen di-rekt ins Herz und manchmal treffen wir Amor auf eher schmalen und ver-schlungenen Pfaden. Im Fall von Sue aber geht die Liebe oft und sprichwort-gerecht durch den Magen. Sue kennt die Liebe auf den ersten Bissen, sie kennt die Schüchternen, die ein paar Besuche mehr im Café brauchen, um ihr Herz zu verschenken und die Un-gestümen, die gleich ihr Territorium zwischen den Ledersesseln und dem Kamin abstecken und eifersüchtig über ihren Lieblingsplatz wachen.

Aber egal, ob es das Essen, der Kaffee oder die Einrichtung ist, in die sie sich verliebt haben, gewiss ist, dass Sue für alle einen Platz im Herzen hat, für den Sojalattemacchiatotrinker ebenso wie für den Espressoexperten oder den Stullenjunky. Jeder, der nach dem Mot-to „Man soll dem Leib etwas Gutes bie-ten, damit die Seele Lust hat, darin zu wohnen“, ist willkommen im Café Sui-cide Sue in der Dunckerstrasse 2.

DIE LIEBE WANDERT

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P A U L S A L A M O N E

Paul Salamone (34) is a writer and comedian living in Berlin.

WW W.PAULSA LA MO N E .COM

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Performing

P A U L S A L A M O N E

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My brothers and I were employed as the entertainment wing of the fami-ly economy. We were marched out for grandparents and neighbors and made to run through pantomimed accompa-niments to a wide range of popular mu-sic, from Michael Jackson to Depeche Mode to Creedance Clearwater Revival to Falco (yes, Falco).

In retribution, when I was 10, we for-med a rap group. This is the chorus of our one song:

Bad Boyz, Bad boyz, punch him in the head -- HUH!Bad Boyz, Bad boyz, uh-oh he‘s dead -- HUH!

In high school, I played DJ in an actual rap group. We had a name, a producer, a hype man -- the works. We entered a talent contest at the local strip mall, but were beaten by an R&B group with who had their faces airbrushed onto their T-shirts. After the show, the R&B band‘s groupies asked me to keep the party going, but I didn‘t have the Ice Cube re-cords they requested. „Man,“ said one of the girls, „You guys are fakin‘ the funk!“I faked the funk in college with an ill-fated noise band with a name I can‘t re-produce here, because although poetic, it‘s also deeply offensive to J.R. Tolkien fans*. Our first show started off with me cutting my lip on the microphone and screaming. The song was a ballad.

(* Email me at [email protected] and I will tell you)

I continued writing ballads a few years later when a brother and I reconvened in a basement in Colorado to form an indie band proper. We wrote songs about natural disasters, lost loves, and loves being lost in natural disasters. I‘ll never forget what a woman I was wooing said after our first show. „Well, I liked that it ended.“

In Berlin I formed another band with some expatriates, which soon broke up after an argument about the nature of punk rock. I posited that being „punk rock“ meant going out and finding a drummer instead of playing along to our ten-euro Casio keyboard‘s demo tracks, another said it meant we had to have a song in which we wished we were heroin junkies because it would „give our lives meaning“, while a third said it just meant that when we perfor-med live we would have to wear leather jackets. Following this argument we passed out drunk in a basement, which is the most punk rock thing we did.

I then took a role in an Irish play, which is the most Irish thing I‘ve done. On opening night, the stage beer in the pub setting was replaced with real beer, which the star of the play consumed throughout the production, culmina-ting in a daring improvisation of the last ten minutes in which brand new things about his -- and my -- character were revealed when he went off script to kiss me on the mouth and tell me he loved me. The script called for a hands-hake.

As the Guinness wore off, I realized I was better off as a solo act, and so I started shoving jokes down the throats of people who didn‘t want them, read: middle-aged Germans. At one show, where I spoke English, a white-haired Bavarian man in the front row loudly translated every part of my jokes to his comrades except for the punchlines.  At another, a lone woman provided a run-ning commentary on my every phone-me until I shut her up by comparing her to a Twitter feed that no one wanted to follow. At yet another gig (when will I ever learn?), the first one in which I performed in German, I did a series of dirty, filthy, sex-drenched limericks until I realized that the middle-aged Germans sitting in the front row had brought along their twin ten-year-old boys, who had probably never even seen an American before, let alone one who tried to rhyme the word „ficken“ with „Kaninchen“.

I STARTED WHEN I WAS LITTLE.

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All of that happened the same year I learned the true meaning of Schaden-freude.

This occurred the night I was chosen as the opening act for a fetish band at a punk club without air conditioning on a Saturday night in July. It was bad enough I had to hang out backstage with grown men smoking rare strains of marijuana in sweaty leather pants, but I also had to perform for twenty mi-nutes for a room of angry middle-aged punks with crossed arms and sullen faces daring me to entertain them.

I began with a few German language puns to soften the crowd (i.e. “Hey, what do you call the candles that German couples light when they want to have a romantic evening in bed? Geschlechtsver-kerzen!”). No response. Then I did a long rant on animals. Zip. Finally, I reached for the one bit I knew would work: the Paul Salamone Patented Duct Tape Bit ™. All I had to do was pull out a roll of duct tape from my bag, tear a piece off, place it on something, and comment on it, but when I pulled the tape from my bag, my hands were so sweaty from the punk club’s characteristically German lack of ventilation that it slipped out and rolled off the stage and onto the dance floor.

Did the angry middle-aged punks with crossed arms and sullen faces daring me to entertain them stop the roll of duct tape as it travelled across the dance floor? No. Did they stop the roll of tape as it rolled the length of the bar? No. Did they even bother to pick it up and bring it back to the stage when it came to a final stop at the heel of the man working the door? Not at all.

And so I had to jump off the stage and walk across the dance floor through the packed, sweaty, Saturday-night-in-Ju-ly-what-the-fuck-are-we-doing-here crowd, pushing my way the length of the bar, all the way to the front door to pick up my duct tape, and then bring it back to the stage with every eye in the venue piercing my body right down to its photons.

In what seemed like an interminab-le traversal across the fetid surface of that stinking club, I thought about the life which had led me to that moment, about all the stages and all the crowds, from my grandparents’ living rooms to the college town basements to the sta-ge with its own beer keg to the stuffy German comedy clubs with their Bava-rians and their children, and I realized that it had all been a colossal waste of time, that every moment had taken me farther and farther away from the person I was actually meant to be, and I was now standing in the middle of a crowd of strangers just moments away from being beaten to death for wasting their time when they could have been outside at the park drinking beer for a fifth of the price they’d paid to see me and the fetish band there that night. I was a sham, a fraud, a liar, a cheat.

After what seemed like the length of three Gang of Four albums and a Dead Kennedys B-side, I retook the stage a broken man, barely a shell concealing a bottomless well of self-hatred. And yet when the Germans saw the mask of pain contorting my face, the beaten hunch of my shoulders and the def-eated curve of my spine, they took so much pleasure in the suffering I was experiencing that they applauded. Wild-ly. And that’s when I realized that none of this was a mistake, that there was nowhere else I belonged, because I had found a form of art where it was possi-ble to suck so bad that even the mem-bers of a nation notorious for having no sense of humor actually found it highly entertaining.

And that is why I love performing.

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M I C H È L E L O E T Z N E R

Michèle Loetzner (29) lebt in München, ist Redakteurin bei einemFrauenmagazin und hört wahrscheinlich etwas ganz anderes als ihre Leserinnen. Macht aber nix.

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M I C H È L E L O E T Z N E R

Heartbeats

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F OTO:

NICOLA VAN DER MEE

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Die Uniform geht so: Haarschnitt egal (15 Euro, eh nur Spitzen schneiden), T-Shirt mit floralem Aufdruck (bei Es-prit hatten sie voll viel in rosa. Findest du echt super!), Jeans mit Schlag (ver-sprach schöne Beine in den 90ern), Riemchensandalen mit atmungsak-tivem Fußbett. Ich sehe dich an der Ampel im Auto neben mir. Du strahlst. Dein Kopf nickt fröhlich zu Ich & Ich. Bevor die Ampel auf Grün springt, wechselt der Song: DJ Bobo. Du drehst lauter. Freust dich noch mehr. Wenn jetzt noch Bon Jovi läuft, bevor du in der Arbeit ankommst, ist alles tutti.Meine Musiksammlung umfasst meh-rere Festplatten, CD-Regale und Kas-settenkisten. Alphabetisch geordnet, manisch autistisch. Meine Liebe ist die Musik. Deine auch. Meine ist nicht besser als deine. Deine nicht besser als meine. Quantität ist kein Parame-ter, Qualität ist Ermessenssache. Du zwingst mich nicht, bei Tokio Hotel einen spontanen Kreischanfall zu be-kommen. Ich zwinge dich nicht, bei The Cooper Temple Clause zu weinen.Warum fehlt dann so oft die Toleranz? Unsere Liebe ist die gleiche. Verursacht in manchen Nächten Hirnflimmern, an seltenen Tagen Bauchkribbeln und hilft als einziges Mittel gegen gebrochene Gefühle. Lasst uns nicht so streng sein! Ist doch (nur) Musik, Liebe bekommt kein Gütesiegel. Wird nicht bewer-tet. Gewinnt keinen Preis. Aber unser blondgesträhntes mit Nieten verziertes Herz in einem ironischen Leinebeutel von Esprit.

Haarschnitt, der nur ein Auge freilässt (Farbe egal, Hauptsache uni), Sack ähn-liches Kleid (gerne mit irgendwie so Neon drin), Leggings (nur die teuren, reißfesten von Asos oder Topshop), Budapester (Ballerinas sind so 2010), Halskette mit Schwalbenmotiv und Leinenbeutel (mit ironisch-konsum-kritischem Slogan). Jetzt bist du indie, jetzt zeigst du deine Liebe zur Musik. Wahrscheinlich treffe ich dich gerade auf einem Konzert von Patrick Wolf, Lykke Li oder CSS. Oder in einem hip-pen Hinterhof bei dem nächsten gro-ßen Ding. Die Uniform geht so: Langes Haar (du kennst alle Haarkuren aus dem interna-tionalen Kosmetikkönigreich), schwar-zes T-Shirt mit Totenkopf-Gedöns (ex-tra verwaschen, weil endsauthentisch), schwarze Hose aus Lederimitat, klobige Schuhe, Nieten, Nieten, Nieten, Kajal, Nieten. Ich treffe dich in der Tankstel-le, aber gleich gehst du in irgendeinen Keller und schüttelst dein Haar zu ei-ner Band, die ich auf drei verschiedene Arten auszusprechen versuche. Pein-lichvergeblich. Denn ich spreche kein norwegisch.Die Uniform geht so: Akribisch gesetz-te Strähnchen in drei verschiedenen Blondnuancen (die Friseurin sagte: „Wir nehmen diesmal ‚Sahne-Gold’, ‚Honig-Crystal’ und ‚Weizen-Sparkle’), asym-metrisches Shirt mir Rüschen (alle Fake-Haptiken von Seide bis Baumwol-le, trotzdem abstammend vom Plastik-tier), Strass, viel Strass, Overknees, und noch mal viel Strass. Ich treffe dich in der U-Bahn – der Club, in den du gleich gehen wirst, kostet viel Eintritt. Aber das zahlen die Jungs. Das zahlen sie gerne, denn du bist so unglaublich hot, wenn du laut singend zu Fergie und Da-vid Guetta über die Tanzfläche wirbelst. So hot, dass die Jungs sich gerne auf der Toilette einen runterholen würden, wäre nicht gerade Vodka-Bull-Happy-Hour.

DIE UNIFORM GEHT SO:

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A L I N A R U D Y A

Alina Rudya (26) ist Fotografinund lebt in Berlin.

WW W.ALIN A RU DY A .CA RBONMADE .COM

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Prypyat mon amour

A L I N A R U D Y A

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nach der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl, wurde ich aus dem ukra-inischen Ort Prypjat evakuiert. Ich war ein Jahr alt. Meine Mutter war dreiund-zwanzig und mein Vater, der am Tag des Unfalls im Reaktor gearbeitet hatte, war achtundzwanzig.

Die kleine Stadt Prypjat, drei Kilometer von Tschernobyl entfernt, wurde für die Familien der Arbeiter des Kraft-werks erbaut. Das Durchschnittsalter der Bewohner war zum Zeitpunkt der Evakuierung sechsundzwanzig Jahre.

2011, im Alter von sechsundzwanzig Jahren, besuchte ich Prypjat wieder. Eine Stadt, die ich nie wirklich kannte und die ich nie kennen werde.

Das Reaktorunglück veränderte das Leben meiner Eltern, so wie es meines veränderte. All jene Veränderungen, Erfahrungen und alles und alle, die ich jetzt liebe, resultieren aus diesem einen Unfall. Diejenigen, die ich geliebt hatte und jetzt vermisse, vermisse ich wegen ihm.Als Erwachsene und als Fotografin wollte ich meine persönliche Sicht auf die Geisterstadt darstellen. Auf die Wohnung und ihre Umgebung, in der mein Leben begann.

IM APRIL 1986,

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Filine Fink (24) ist Fotografinund lebt in Berlin.

W W W.FILIN EFIN K .COM

F I L I N EF I N K

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F I L I N EF I N K

Sechseinhalb

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Laut der amerikanischen Ehetherapeu-tin Liberty Kovacs unterscheidet man in einer Partnerschaft sechs voneinan-der abzugrenzende Phasen. Wobei je-des Paar unterschiedlich lange braucht, um bis zur Phase 6 zu kommen: Ak-zeptanz. Die Phase, in der beide Part-ner ein Gleichgewicht zwischen Nähe und Selbständigkeit entwickelt haben; Zweisamkeit genießen und wissen, was sie an dem anderen haben. Sie nehmen ihren Partner an, wie er ist.

Krisen und Unzufriedenheit sind also ganz normale Erscheinungen in einer Beziehung. Jeder Einzelne muss sich weiterentwi-ckeln in Bezug auf sich und in der Be-ziehung. Zudem führen aber auch äu-ßere Umstände wie etwa der Job dazu, dass man sich neuen Lebenssituationen anpassen muss.In meiner Arbeit „Sechseinhalb“ be-schreibe ich genau diese schwierigen Situationen, Phasen des Hin- und Her-gerissenseins, der Hoffnung und Ver-zweiflung.Eine Reise zwischen Heimweh und Fernweh und der Frage, ob man zurückfindet.

dieser Arbeit steht meine eigene Part-nerschaft. Eine Reflexion des Erlebten, Gewonnenen und Verlorenen. . .Blickt man nach einigen Jahren zurück und erinnert sich an die Zeit der Ver-liebtheit und des gegenseitigen Wer-bens - Zeiten in denen man leichtfüßig und beschwingt dem Wiedersehen ent-gegenfieberte - sich unendlich viel zu erzählen hatte - fragt man sich manch-mal: Wie viel Zeit ist seitdem vergan-gen?Konnte ein Hauch dieser Leichtigkeit und unbeschwerten Gefühle über die Zeit erhalten werden? Was habe ich da-zugewonnen oder -verloren?In vielen Beziehungen kommt es im Laufe der Zeit dazu, dass man sich streitet, anödet oder still vor sich hin lebt - Phasen, die sich ab und zu ein-schleichen und das Paar vor eine Probe ihrer Beziehung gestellt wird.

ALS AUSGANGS-PUNKT

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M A R A H H A N I S C H

Marah Hanisch (28) ist Fotografinund lebt in Berlin.

WW W.MARA H H A N ISCH .DE

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Man kann

M A R A H H A N I S C H

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man kann Literatur lieben, man kann Filme lieben, man kann Malerei lieben oder lieber Fotografie. Man kann Gegenstände lieben, man kann Eigenschaften lieben, man kann Tiere oder Pflanzen lieben, man kann Essen lieben, man kann das Kochen lie-ben. Man kann den Sommer oder den Win-ter lieben, man kann den Wind und den Regen lieben, genau so gut kann man auch die Sonne lieben oder den Schat-ten. Man kann Freunde lieben, Familie lie-ben und den Partner lieben. Man kann sich lieben. Eigentlich kann man alles lieben. Genau so gut kann man es auch hassen.

Ich habe gelesen, dass Liebe eine Be-zeichnung für die am stärksten emp-fundene Zuneigung ist, die ein Mensch für einen anderen Menschen hervor-bringen kann. Und dann war da noch eine Abhand-lung über die Liebe im neurologischen Sinne.

Auch wenn ich durch all das nur eine leise Ahnung davon habe, was Liebe zu sein scheint, so geht es doch im Großen und Ganzen  in meinen Arbeiten  ver-hältnismäßig oft um genau dieses The-ma.

MAN KANN MUSIK LIEBEN,

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R U D I G E R B E C K M A N N

Rüdiger Beckmann (41) ist Grafikdesignerund lebt in Hamburg.

WW W.PIXELW ELT EN .D E

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Nichtzweck

R U D I G E R B E C K M A N N

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Ich bin die deutsche Synchronstimme von Eva Braun.Mit diesem Satz im Kopf ist sie aufgewacht.

Man kann sich ja vorstellen, was aus einem solchen Tag noch wird, sagt sie.

Diese Tränen können Spuren von Nüssen enthalten und so’n Scheiß. Nur sinnloser Quatsch.

Man sollte besser gleich liegen bleiben, wenn der Tag so anfängt.Sonst muss man am Ende noch was dazu sagen und jeder merkt sofort, was Sache ist.

B ILDTEXTE:

H ERBERT HINDR INGER

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Sie hat einen Fuß in der Tür. Sie hat einen Stein im Brett, noch ein Eisen im Feuer.

Hand aufs Herz, sie hat einen Sprung in der Schüssel, wenn sie nicht im Lotto gewinnt, nicht im Alter stirbt, nicht im Himmel bleibt, nicht im Gedächtnis.

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Als ich Anfang der 90er nach Ham-burg an die Hochschule kam, fand ich es sehr aufregend, mit diesen ganzen coolen Leuten auf derselben Schule zu sein, die Musikgeschichte schrieben. In einer Klasse mit dem Drummer von Blumfeld, später mit dem von Tocotro-nic. Leute, die diesen Rockstar-Traum lebten und schillernde Namen wie „Die Braut haut ins Auge“ trugen. Ich fragte begeistert: „Wann macht ihr das nächste Album?“ und Bernadette sagte: „Boah, erst mal nicht. Wir haben grad echt kein Geld dafür.“ Moment mal, das waren doch Stars, die sind doch reich und berühmt gewor-den, und die haben kein Geld für ihre Musik? Die Fassade begann etwas zu bröckeln.

Früher dachte ich, Marktwirtschaft funktioniert so, dass du etwas besser machst als andere Leute, und das wird dann logischerweise irgendwie auto-matisch erkannt und belohnt. Viel zu viele Disneyfilme haben mir das in der Jugend eingebläut: „Wenn du dich nur doll genug anstrengst, kannst du alles erreichen.“

Irgendwie kam es dann anders. Bei Licht betrachtet, hatten Güte und Ver-kaufbarkeit nicht viel miteinander zu tun, oft schlossen sie sich sogar gegen-seitig aus. Das gab es schon immer, dass andere Leute mit schlechterem Kram besseres Geld machten, aber wir ge-wöhnten uns langsam daran, dass die Nebenjobs, mit denen wir unsere Kar-riere finanzieren wollten, die einzige Karriere waren, die wir hatten.

Wenn wir des nachts zu lange an der Theke des Eldorado herumphiloso-phierten, fanden wir dann endlich die Lösung für die Misere: Man muss eben Scheiße machen, die verkauft sich dann ja logischerweise automatisch (aber das klappte blöderweise auch nicht wirk-lich, Mist).

Heute beim Frühstück sagte mein Mit-bewohner Gregor (der ist Musikprodu-zent): „Die Platte von gestern ist auch schon wieder viel zu gut geworden. Also dafür, dass sie keiner kauft.“

Ich kenne verdammt viele Leute, die das lieben, was sie tun, obwohl es sich finanziell wahrscheinlich nie lohnen wird. Sie haben lange dafür studiert, um diese Liebe konsequent zu verfolgen, und sie nehmen täglich (und nächtlich) nichtssagende Nebenjobs auf sich, um ihre Scheißmiete trotzdem zu zahlen. Rasmus (Drummer von Herrenmaga-zin) hat einige von ihnen in einem Buch interviewt. Es heißt: „Wovon lebst du eigentlich?“

Da bin ich eigentlich recht froh, dass ich einen Job habe. So einen richtig gu-ten, den ich einigermaßen kann und auch ich wirklich mag. Den ich Tag für Tag gern erledige, und dann zahlt er mir die Miete.

Natürlich hat dieser Job absolut nichts mit Fotografie zu tun. Wäre Fotografie mein Job, dann wäre ich schon lange gescheitert und bankrott. Denn so wie ich die betreibe, rechnet sich das nicht. Und weil wir im Kapitalismus leben, ist es sehr wichtig, dass sich die Dinge rechnen. Wenn du etwas machst, das fi-nanziell erfolgreich ist, dann fragen die Leute nicht weiter nach. Aber was ist, wenn das nicht klappt?

DER ZWECK ENTWEIHT DIE MITTEL.

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Als ich ankündigte, ich werde aus fi-nanziellen Gründen vorerst aufhören zu fotografieren, bekam ich von vielen Seiten wohlmeinende Tipps, das Ganze zu optimieren und etwas effizienter zu gestalten. Mir kam es vor, als hätte ich den Wald vor Bäumen nicht gesehen, plötzlich war alles ganz klar, ich war gerettet! Nein, Spaß beiseite.

Denn entschuldigt: Ich werde jetzt nicht digital fotografieren und meinen Lichteinfall künftig in Photoshop drü-berfälschen. Und nein, ich werde die Sessions nicht auf 5 Filme begrenzen, weil dann mit Sicherheit nicht das zum Vorschein kommt, was nach 15 Filmen manchmal entstehen kann. Nein, ich werde jetzt auch nicht anfan-gen, mir lukrative Schweine-Fotojobs zu suchen, um mir damit das zu finan-zieren, was ich tatsächlich fotografie-ren will. Und nein, ich werde ab jetzt auch nicht ausschließlich Eppendorfer Kunstvereinstorten knipsen, sie sich diese Bilder auch leisten können. Nein, ebensowenig suche ich mir jetzt noch schönere Frauen mit noch plaka-tiveren Brüsten, mit denen ich es dann endlich endlich aufs Matador-Cover schaffe. Und zu guter Letzt: Nein, ich streue in die Sessions jetzt auch nicht gefälligere eitlere Deko-Bilder ein, die besser an die Wände der ganzen Ikea-Reihen-haus-Vorortwohnungen passen. Und Babies und Hunde und Hochzeiten zu fotografieren ist auch nicht die Lö-sung für mich. Ich sehe zwar, dass an-dere sowas machen, aber vielleicht, so schloss ich, hat ihre Art der Fotografie ja auch gar nichts mit meiner gemein-sam. Es geht doch nicht darum, irgendwas irgendwie zu knipsen, damit man fo-tografisch durchkommt. Ich kann mir nicht aussuchen, wie ich fotografiere. Es gibt nur diesen einen für mich rich-tigen Weg.

Nun gut, so renitent veranlagt ist eine erfolgreiche Fotografenlaufbahn wohl nicht drin. Und es ist ja sowieso viel besser, nicht das beruflich zu machen, das deinem Herzen besonders nahe ist, tröstet sich der abgelehnte Künstler/Burgerwen-der. Aber warum habe ich all die Jahre trotzdem fotografiert, so ohne Sinn und Zweck, ohne direkte Verwertbar-keit, mit kaum messbarem Erfolg? Und warum wehre ich mich immer wieder so sehr gegen diesen Zweck, der die Lö-sung für meine Geldprobleme wäre?

Ich bemerkte, dass in den Bildern et-was eigenes geschieht, wenn sie ganz frei sind. Wenn die Personen in den Portraits leben können, wenn sie nichts sein müssen außer ganz sie selbst, ohne den Zwang zu funktionieren, ohne et-was zu verkaufen, vor allem nicht sich selbst. Wenn die Bilder durch den Nichtzweck so frei sind, dass sie genug Nischen und Staubecken haben, in denen beim Be-trachter Poesie entstehen kann.

In diesem Fall ist es die Poesie von Her-bert Hindringer, der seinerseits eben-so freie Texte schreibt, von denen man auch nicht gleich weiß, wozu die gut sind, die nichts sein müssen außer dem, was sie entfalten. Was meinen Sie: Lebt der Mann wohl davon?

Zum Schluss bleiben diese Bilder. Sie stehen für sich selbst und sind nicht mehr wegzudiskutieren. Ihr Zweck entsteht einzig dadurch, dass sie alle oben aufgelisteten Effizienzkri-terien nicht erfüllen. Und ich liebe sie dafür.

Für den Erhalt dieser Liebe muss man aktiv kämpfen, sie versteht sich nicht von selbst und wird als erstes gestri-chen, wenn der Businessplan funktio-nieren muss.

Aber diese Liebe ist der einzige Grund, warum ich je zur Kamera greife.

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A N O N Y M E RA U T O R

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A N O N Y M E RA U T O R

Hoffen

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was ich für dich empfinde, dann bedeu-tet Liebe nur Schmerz…

Alle sagen, dass die Zeit alle Wunden heilt, und so sitze ich hier und kann dich nicht vergessen.

WENN LIEBE DAS IST,

Es ist Jahre her, dass ich dein Lächeln gesehen habe, das mir galt…

Es heißt, es dauert halb so lange jeman-den zu vergessen wie man die Person geliebt hat, aber ich liebe dich noch im-mer, liebe das Lächeln, das die Sonne aufgehen lässt.

Du aber empfindest nur noch Hass mir gegenüber. Es ist wohl auch besser so, denn du bist jetzt glücklich, glücklicher als du es mit mir je hast sein können.

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Hoffen, dass ich nicht wieder alles ka-putt mache…Hoffen, dass du mich nie vergisst und eines Tages mit einem Lächeln an mich denkst.

Das Einzige, was sich am Schluss noch sagen lässt, ist dass die Zeit mit dir un-vergesslich war.

Danke.

Ich hoffe, ich kann bald mit dir ab-schließen. Und ich hoffe, die Schmer-zen vergehen bald…

Am Ende bleibt mir wie immer nur die Hoffnung.

Hoffen, dass alles gut wird und ich mit dir nicht die eine Richtige verloren habe. Hoffen, dass ich jemanden finden wer-de, der das für mich ist, was du einst warst.

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J O N A S M E Y E R

Jonas Meyer (29) ist Kommunikationsdesigner und lebt im Moment zwischen Berlin und irgendwo.

W W W.JMVC .DE

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J O N A S M E Y E R

Im Dunkeln

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stehe ich.Ich sehe dich. Du siehst mich nicht.

Dort im Dunkelnlausche ich.Deiner Stimme.Wie du sprichst.

Dort im Dunkelnträume ich.Von einem Licht.Vom deinem Licht.

Dort im Dunkelnwarte ich.Auf ein bess‘res Ich.Auf kein bess‘res Dich.

Dort im Dunkelnzöger‘ ich.Beweg‘ mich nicht.Beweg‘ dich nicht.

Dort im Dunkelnfrag‘ ich mich.Wie sag‘ ich‘s dir?Ich trau‘ mich nicht.

Dort im Dunkelnstehe ich.Ich liebe dich.

Liebst du mich? Ich weiß es nicht.

DORT IM DUNKELN

FOTO:

JAN ERIC EULER

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L U K A S L E I S T E R

Lukas Leister (21) ist Fotograf und freischaffender Künstler und lebt in Furtwangen.

W W W.LUKA SLEIST ER .D E

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L U K A S L E I S T E R

Gegenlicht

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schon dreißig Minuten nicht mehr. Das Licht in der Halle geht aus. Einzig und allein ein Lichtstrahl vom anderen Ende der Halle strahlt auf das Mikro-fon in der Mitte der Bühne. Als ich in den Lichtkegel trete, schließe ich geblendet die Augen und lausche. Ich blinzele und versuche, mir ein Bild von der mich feiernden Menge zu ma-chen. Doch es ist wie immer, mein Sichtfeld geht nicht über Reihe Eins hinaus. Da-hinter nur noch Dunkelheit und Um-risse von zu erahnenden Gestalten.

Später.

Es ist wie immer. Ich verlasse die Bühne mit den grellen Schreien der Raubtiere aus Reihe Eins im Nacken.

Im Flur hinter der Bühne lasse ich mich erschöpft auf den Boden sinken und denke an sie.

Die eine, die ich noch nie gesehen habe, weil sie immer ganz weit hinten steht.

Die, die immer tanzt und niemals schreit.

Die, die da ist, weil sie die Musik so mag.

DIE VORBAND SPIELT

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D A N K E

Es gibt Menschen, die helfen, ohne zu fragen.Die da sind, ohne Bedingungen zu stellen.Die möglich machen, was unmöglich scheint.

Diese Menschen inspirieren uns.Sie treiben uns an in dem, was wir tun.

Wir verneigen uns vor

Osman Balkan

David Paprocki

Jan Eric EulerWWW.JA N ERICEULER .COM

WW W.DAV IDPA P ROCKI .COM

WW W.O SMA N B A LKAN .DE

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D A N K EWWW.JANERICEULER .COM

WWW.DAVIDPAPROCKI .COM

WWW.OS M ANBALKAN .DE

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I M P R E S S U M

Lukas LeisterJonas Meyer

myp MAGAZINEc/o JMVC

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Lukas Leister Fotografiewww.lukasleister.de

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