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Dörte Schmidt
Musikwissenschaft
In: Deutscher Musikrat / Deutsches Musikinformationszentrum
(Hrsg.): Musikleben in Deutschland, Bonn 2019, S. 444–463
http://www.miz.org/musikleben-in-deutschland.html
Im Druck veröffentlicht: März 2019© Deutsches
Musikinformationszentrum
20182019
MUSIK
LEBE
N
in D
euts
chla
nd
Mit seinem reichen kulturellen Erbe und einer lebendigen
Musikszene ist Deutschland ein Land der Musik. Millionen Menschen
singen in Chören oder spielen ein Instrument; Musiktheater,
Orchester, Ensembles und Bands sorgen für ein abwechslungsreiches
musikalisches Angebot. Täglich erle-ben wir so die verschiedensten
Genres, Stile und Musikkulturen. In 22 Fachbeiträgen bündelt das
Deutsche Musikinformationszentrum ausgewählte Fakten zum Musikleben
und beschreibt zentrale Bereiche in ihren Entwicklungen: von der
musikalischen Bildung über das Amateurmusizieren und die
professionelle Musikausübung bis hin zur Musikwirtschaft.
MUSIKLEBENin Deutschland
ISBN 978-3-9820705-0-6
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gefördert durch:
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Musikwissenschaft |
444444
Kapitel |
445445
Musikwissenschaft
Die Musikwissenschaft ist in Deutschland an Universitäten,
Musikhochschulen und in zahlreichen außeruniversitären
Forschungseinrichtungen vertreten. Dörte Schmidt skizziert neuere
Tendenzen des Fachs und gibt Einblicke in Ausbil-dungswege und
Berufsfelder.
17
Vorlesung an der Hochschule für Musik FRANZ LISZT Weimar
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447446
Musikwissenschaft |
| Dörte Schmidt
Musikwissenschaft
Über die Musikwissenschaft ist die Musik als Gegenstand
integraler Teil der aktuellen Wissenschaftslandschaft. Gleichzeitig
liefert die Disziplin Grundlagen und bildet das Personal für viele
nicht im engeren Sinn künstlerische Aufgaben des musikalischen
Kultur- und Bildungswesens aus. Sie ist derzeit in großer
metho-discher Breite an den meisten Universitäten, an allen
Musikhochschulen und in zahlreichen außeruniversitären
Forschungseinrichtungen vertreten, von der For-schungsgruppe
Musikalische Akustik am Fraunhofer-Institut für Bauphysik in
Stuttgart bis hin zum Beethoven-Archiv in Bonn. Aus den
unterschiedlichsten Interessen heraus wird die Musik überdies immer
wieder zum Gegenstand ver-wandter wissenschaftlicher Disziplinen.
Darüber hinaus sind musikwissenschaft-liche Fragestellungen und
Methoden in der öffentlichen Wahrnehmung durch Museen, Bibliotheken
und Archive in öffentlicher wie privater Trägerschaft prä-sent,
ferner über vielfältige Tätigkeitsfelder in Theatern, Orchestern,
im Rundfunk
und in Verlagen sowie ganz grundlegend im Musikunterricht der
allgemein bil-denden Schulen. In Wissenschafts- wie
Kulturverwaltung, -verbänden und -politik sowie in der
Kreativwirtschaft wird ebenfalls vielfach musikwissenschaftliche
Expertise wirksam. Das ist uns so selbstverständlich, dass diese
vielfältigen Arbeitsbereiche oft nicht mehr direkt auf die
akademische Disziplin bezogen wer-den, die die Qualifizierung der
darin Tätigen trägt bzw. an ihr mitwirkt – und den-noch ist gerade
diese Selbstverständlichkeit mit der Existenz einer akademischen
Einbindung der Musik eng verbunden.
In den verschiedenen Zweigen der Musikwissenschaft reflektiert
unsere Gesell-schaft mit allen ihr zur Verfügung stehenden
Methoden, was sie unter Musik ver-steht, welchen Ort und welche
Funktionen sie ihr zuweist. Mit solcher Reflexion geht unmittelbar
auch ein historisches Bewusstsein über die Entstehung wie die
Wandelbarkeit sowohl des Gegenstands selbst wie der an ihn
angelegten Erkennt-nisweisen einher. Dass ein Gemeinwesen dies und
in dieser Weise überhaupt in den Blick rückt, d. h. dass es eine
akademische Disziplin etabliert, die sich der Reflexion über Musik
widmet und diese im System der Wissenschaften verortet, sagt etwas
aus über den Stellenwert der Musik in der Kultur. Es ist ein
Zeichen für die konstitutive Bedeutung und Erkenntnisfunktion, die
der Musik in ihren vielfältigen Erscheinungsformen zugeschrieben
wird – auch über ihre unmittelbar sinnliche und ästhetische
Erfahrbarkeit hinaus. Das Prinzip, dass die methodi-schen Zugriffe
auf Musik sich aus den zur Verfügung stehenden wissenschaftli-chen
Möglichkeiten der Welterfassung speisen und dass diese
mitbestimmen, was wir als Musik ansehen und verstehen können, gilt
für die Disziplin bis heute. Die weitgehend auf öffentliche
Trägerschaft gründende institutionelle Landschaft, in der sich die
Musikwissenschaft hierzulande ansiedelt, verankert eine Vorstellung
von Kultur, in der kulturelle bzw. künstlerische Praxis und
ästhetische Erfahrung zum Gegenstand von Reflexion und
Erkenntnisgewinn werden. Der Verfassungs-rechtler Dieter Grimm
sieht hier die Grundlage für die ideelle Reproduktion der
Gesellschaft: „Zur Kultur wäre dann alles zu zählen, was sich auf
Weltdeutung, Sinnstiftung, Wertgründung, -tradierung und -kritik
sowie deren symbolischen Ausdruck bezieht, sogenannte Gegen- und
Subkulturen eingeschlossen.“ 1 In ei-ner so verstandenen Kultur
sind die vielfältigen Erscheinungsformen von Musik Teil eines
gesellschaftlichen Aushandlungsraums, in dem sich ein
demokratisches Gemeinwesen über seine gesellschaftlichen wie
kulturellen Grundlagen klar wird.
Forschungsorgel am Fraunhofer-Institut für Bauphysik in
Stuttgart. Das Institut widmet sich
der Untersuchung der akustischen Eigenschaften europäischer
Musikinstrumente und trägt
zu deren Erhalt und Weiterentwicklung bei.
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Musikwissenschaft |
Ein demokratischer Staat ist existenziell auf einen solchen
Aushandlungsraum angewiesen, kann er doch anders als ein
autokratischer Staat seine Legitimation nicht einfach behaupten
oder setzen, sondern muss sie kulturell konstituieren. Genau das
wird in Kunst, Wissenschaft, Bildung und Kultur verhandelt, deshalb
müssen sie frei sein – autonom, nicht autark, d. h. nicht
unabhängig vom Staat, sondern auf dessen Fundament. Daraus ergibt
sich auch, dass die Bedeutung der Kultur und im Besonderen der
Musik in unserer Verfassung nicht darin liegt, dass sie eine
bestimmte (ggf. auf stereotype Eigenschaften eines Staats bzw.
einer Nation reduzierbare) Gestalt hat, sondern, dass man der
Auseinandersetzung mit und über Musik einen zentralen Platz in
diesem Aushandlungsraum zuweist. Durch die in-stitutionelle
Verankerung der Musik wie der Musikwissenschaft im öffentlichen
höheren Bildungswesen (allgemein bildende Schulen und Hochschulen)
repräsen-tiert und sichert das Staatswesen diesen Platz. Die
Verbindung dieser Sicherung mit der Autonomieforderung schafft
gleichzeitig die Voraussetzungen für Veränderung und
Weiterentwicklung und öffnet Möglichkeiten der Reflexion in die
Zukunft.
Die internationale Verbreitung und Vernetzung der Disziplin
Musikwissenschaft mag als Zeichen auch für die Verbreitung solcher
Überzeugungen gelten. Damit arbeitet sie in vielfacher Weise an
Schutz, Überlieferung und Förderung jener
musi kalischen Vielfalt mit, die seit 2005 durch eine
UNESCO-Konvention zum kon-stitutiven Teil kultureller Vielfalt
erklärt wurde. Die Musikwissenschaft teilt deren gleich in der
Einleitung formulierte Motivation – die Erkenntnis, „dass die
kulturelle Vielfalt ein gemeinsames Erbe der Menschheit darstellt
und zum Nutzen aller geachtet und erhalten werden soll“ – ebenso
wie ihre zentralen Ziele, vor allem jenes, „das Bewusstsein für den
Wert dieser Vielfalt auf lokaler, nationaler und internationaler
Ebene zu schärfen“.2
Dass die Musik und deren Prinzipien im universitären Rahmen zum
Gegenstand wissenschaftlicher Forschung werden, hat viel mit der
öffentlichen Selbst-verständigung über die Bedeutung der Musik für
die kulturelle Verfasstheit der Gesellschaft zu tun und steht im
Kontext bürgerlicher Bildungsemanzipation. Die
Gegenüberliegende Seite: Blick in die Ausstellung „Hitler.
Macht. Oper“. Hier: Besichtigung des
Ausstellungsaufbaus durch das Forschungsinstitut für
Musiktheater (links). Bühnenbildentwurf „Die
Meistersinger von Nürnberg“ von 1938 (rechts oben), Kritikenbuch
mit Hinweis auf die Schließung des
Nürnberger Opernhauses 1944 (rechts unten)
Musikwissenschaft und Museum: Die Ausstellung
„Hitler.Macht.Oper“ im Dokumentationszentrum
Reichsparteitagsgelände in Nürnberg basiert auf einem
Forschungsprojekt des Forschungsinstituts für Musiktheater der
Universität Bayreuth.
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Musikwissenschaft |
Akademisierung der praktischen Musikerausbildung führte seit der
Mitte des 19. Jahrhunderts zu Konservatoriums- und
Hochschulgründungen. Viele dieser Einrichtungen boten, weil sie in
der öffentlichen Bildungshierarchie auf der Ebene der „höheren
Bildung“ angesiedelt waren, u. a. Frauen noch vor dem Zugang zu
Gymnasien oder Universitäten eine Möglichkeit, einen dem Abitur
vergleich baren Bildungsabschluss zu erreichen. Komplementär zur
praktischen Ausbildung situierte sich die wissenschaftliche
Disziplin methodisch in ihrer Anfangsphase innerhalb der alten
Philosophischen Fakultät, die zunächst noch nicht in Geistes-,
Sozial- und Naturwissenschaften trennte, also neben den
Philologien, der Geschichte, Kunstgeschichte etc. auch die
Mathematik und die Physik umfasste. Die Disziplin Musikwissenschaft
war und ist bis heute, bei aller vorhandenen Betonung von
philologischen und kunstwissenschaftlichen Fragestellungen, gerade
durch die institutionellen Interaktionen ein sehr bewegliches und
viel-gestaltiges Gebilde.
Wie eine Konsequenz aus der wechselseitigen Beziehung zwischen
Kunstaus-übung, Wissenschaften und Bildung lassen sich die bis
heute wirksamen Bemü-hungen des preußischen Kulturpolitikers Leo
Kestenberg und seiner Mitstreiter seit den 1920er Jahren verstehen,
Musik als ein den wissenschaftlichen Fächern
gleichgestelltes und nicht allein auf die Praxis, sondern auch
auf Reflexion aus-gerichtetes Schulfach in den gymnasialen
Fächerkanon aufzunehmen. Er legte da-mit den Grundstein für die
universitäre, künstlerisch-wissenschaftliche Doppel-qualifikation
von Lehrkräften im Fach Musik, wie sie bis heute üblich ist.
Seitdem besitzt die Musikwissenschaft auch in der Lehrerbildung
zentrale Bedeutung.3
Dass das Grundgesetz die Freiheit von Wissenschaft und Kunst in
einem gemein-samen Paragrafen festhält, spiegelt die bis heute
tragende politische wie gesell-schaftliche Legitimierung dieser
Verbindung in der Verfasstheit der Bunderepublik Deutschland. Die
institutionelle Gleichstellung von Universitäten und
Kunsthoch-schulen im Hochschulrahmengesetz von 1977 zieht hieraus
schließlich die institu-tionsrechtlichen Konsequenzen.
aktuelle forschungslandschaft: PersPektiven – chancen –
aufgaben
Eine Reihe von neu gegründeten Fachgesellschaften hat in den
letzten 30 Jah-ren die für die öffentliche Wahrnehmung der
deutschen Musikwissenschaft seit der Nachkriegszeit so prägende
Überblendung von Musikgeschichte, Philologie und musikalischer
Analyse ausdifferenziert und die methodische Vielfalt des Fachs
sichtbarer werden lassen. Die Lenkungsfreude der aktuellen
Forschungspolitik führt zu einer zunehmenden Ausdifferenzierung der
Forschungsgebiete und damit auch der Stellen-Denominationen, die
heute oft eher Aufgabengebiete formulieren als fachliche
Zuordnungen. Die Musikwissenschaft hat darauf reagiert, indem sie
sich in den letzten zehn bis 15 Jahren zunehmend um den
disziplinären Zusammenhang gerade dieser Vielfalt und eine
Integration der so unterschiedlichen methodischen Ausrichtungen und
Forschungstraditionen unter dem Dach ihrer Disziplin bemüht hat.
Sichtbar wird dies u. a. am wachsenden, beweglichen und im
Austausch be-findlichen Netz der Fachgruppen im Rahmen der
Gesellschaft für Musikforschung, der von der Gesellschaft zu den
vielfältigen Ansätzen des Fachs herausgebrachten Handbuchreihe
„Kompendien Musik“ und ihrem ausdrücklichen Interesse an der
Kommunikation mit den fachlich verwandten Disziplinen.
Durch die zunehmende Internationalisierung des akademischen
Felds ist in den letzten Jahren das Verhältnis der Praktiken
insgesamt (künstlerische, technische u. a.) und damit auch der
Künste zu den auf sie bezogenen Wissenschaften institutionell
Älteste musikethnologische Sammlung Deutschlands: Das Berliner
Phonogramm-Archiv umfasst mehr als
145.000 Musikaufnahmen aus Kulturen aller Erdteile, davon über
16.000 Wachswalzen aus den Jahren
1893 bis 1954. Das Archiv gehört zum Weltdokumentenerbe der
UNESCO.
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453452
Musikwissenschaft |
in Bewegung geraten. Die dieser Entwicklung Rechnung tragende
Übernahme englischer Terminologien produziert dabei zuweilen
produktive, zuweilen aber auch fatale Unschärfen nicht nur in der
Verortung von methodisch so breit aufge-stellten Disziplinen wie
der Musikwissenschaft im Wissenschaftsbetrieb, sondern auch in
ihrem Verhältnis zur Kunst. In der angelsächsisch geprägten Welt
kann das Fach Musik/Musikwissenschaft zum einen im Kontext der
„liberal arts“ ste-hen und schließt dann unter dem Oberbegriff
Musik Wissenschaft und Kunstaus-übung gleichberechtigt ein. Im
Gegensatz dazu steht die Musikwissenschaft in der anderen
verbreiteten Fächerdisposition zwischen den Fronten der empirisch
arbeitenden „sciences“ und der „humanities“; sie ist aber
jedenfalls als Wissen-schaft von der Kunstausübung getrennt. In der
Übertragung verwirren sich nicht nur oft beide Vorstellungen,
sondern die Übersetzung der englischen Begriffe für „Forschung“
bringt überdies immer Unklarheiten in der Unterscheidung von
„(scientific) research“ und „scholarship“ mit sich und hat zu einer
Konjunktur des Kunstworts „artistic research“ geführt, hinter dem
sich sehr unterschiedliche Inte-ressen und Konzepte verbergen
können. Als Schlagwort begegnet es einerseits in einer durch die
Bologna-Reform ausgelösten, auch in Deutschland zunehmend geführten
Diskussion über die Notwendigkeit der Vergabe akademischer Grade in
künstlerischen bzw. künstlerisch-wissenschaftlichen Fächern im
dritten Zyklus des Europäischen Qualifikationsrahmens für deutsche
Hochschulabschlüsse, in der es auch um die Frage wissenschaftlicher
Anteile in künstlerischen Stu-diengängen geht.4 Andererseits geht
von der damit suggerierten Nähe von wissenschaftlichen und
künstlerischen Verfahren auch für die universitären
Kunstwissenschaften eine offensichtliche Attraktivität aus, weil
sie es diesen traditionell von der Kunstausübung getrennten
Institutionen erlaubt, ihrerseits künstlerische Arbeit zu
integrieren.
In der Forschung ist die deutsche Musikwissenschaft in ihren
verschiedenen methodischen Ausrichtungen international sehr gut
vernetzt. Bis heute weltweit führend ist sie vor allem in der
Editionsphilologie. Und das nicht so sehr, weil diese seit dem 19.
Jahrhundert eng mit dem Fach verbunden ist, sondern vor allem, weil
es aufgrund der Bedeutung des philologischen Zugriffs auf die Musik
für die westdeutsche Nachkriegskultur gelungen ist, zunächst mit
Hilfe der Volkswagen-stiftung und dann über die Union der deutschen
Akademien der Wissenschaften ein Förderprogramm zu
institutionalisieren, das in Kooperation mit den großen deutschen
Musikverlagen breit angelegte Projekte mit einer Laufzeit
zwischen
zwölf und 25 Jahren finanzieren kann. Das „Akademienprogramm“
trägt nicht nur die großen traditionellen Gesamtausgaben, sondern
erlaubt heute wohl weltweit einmalig durch sehr langfristige
Absicherung, die Konzepte wissenschaftlich- kritischer Musikedition
sowohl innerhalb der bestehenden als auch im Rahmen neu begonnener
Projekte auf dem aktuellen Stand der methodischen Debatte wie der
Technik weiterzuentwickeln. Vor allem durch Neuerungen im Bereich
der digi-talen Werkzeuge und ihrer Anwendung macht dies die
Musikphilologie zukunfts-fähig und kann damit auch in den übrigen
öffentlich wie privat finanzierten Bereich der Edition ausstrahlen.
Damit bieten sich innerhalb oder ausgehend von bestehenden
Gesamtausgaben-Projekten, wie z. B. in den Vorhaben „Freischütz
digital“ oder „Beethovens Werkstatt“, und in neuen Projekten, etwa
der Richard-Strauss- und der Max-Reger-Ausgabe sowie der Bernd
Alois Zimmermann-Gesamt-ausgabe, überdies Chancen zur Revision und
Modernisierung von Konzepten für autorbezogene Editionen. Wie die
Vorhaben „Opera. Spektrum des europäischen Musiktheaters in
Einzelausgaben“ und „Corpus monodicum. Die einstimmige Musik des
lateinischen Mittelalters“ zeigen, entstehen auf dieser Grundlage
auch Editionen, die nicht autorzentriert angelegt sind und so neue
Perspektiven eröffnen. Hier lässt sich beispielhaft sehen, wie
langfristige, institutionalisierte Förderung den Wandel gerade
nicht hemmt, sondern ermöglicht. So besteht in vielerlei Hin-sicht
die Chance, eine produktive Zusammenarbeit zwischen Kunst,
Wissenschaft, Archiven, Bibliotheken und Verlagswesen im digitalen
Bereich zu etablieren und
Beethovens Werkstatt: Gefördert vom Akademienprogramm
unter-sucht das Projekt kompositorische Prozesse im Werk
Beethovens.
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455454
Musikwissenschaft |
damit die Zukunft dieser technisch wie rechtlich so
vieldimensionalen Interaktion modellhaft zu gestalten.
Das breite Anwendungsfeld dieser großen Editionsvorhaben liefert
nicht nur die Basis für die Entwicklung digitaler Editionswerkzeuge
im Rahmen des in Detmold / Paderborn angesiedelten
„Edirom“-Projekts, mit denen die deutsche Musik-wissenschaft eigene
fachspezifische Standards für Notentexte gesetzt hat. Es er-öffnet
auch der international arbeitenden Music Encoding Initiative (MEI),
die das derzeit umfassendste und den Erfordernissen einer
wissenschaftlichen Nutzung gerecht werdende Datenformat zur
Auszeichnung von Notentexten bietet, ein praktisches Erprobungsfeld
für sehr unterschiedliche Anwendungsanforderungen. Damit besetzt
die deutsche Musikphilologie im Bereich der Digitalisierung aktuell
eine besonders dynamische Stelle in der internationalen musik
wissenschaftlichen Forschungslandschaft mit vielen Anschlussstellen
in die Musikkultur.
Auch Recherchemöglichkeiten und Quellenzugänge haben sich in der
Musikwis-senschaft im Zuge der Digitalisierung der Wissenschaften
im vergangenen Jahr-zehnt sehr stark erweitert und
internationalisiert. Die zentrale Beteiligung der deutschen
Fach-Community an dieser Entwicklung verdankt sich auch hier einer
weiter zurückreichenden Weichenstellung. Nicht nur ist die
Musikwissenschaft
traditionell eng verbunden mit dem Bibliothekswesen, sondern sie
spielte in der (Re-)Integration Westdeutschlands in ein Netzwerk
von international arbeitenden Nichtregierungsorganisationen im
Umfeld der UNESCO eine wichtige Rolle: Der Deutsche Musikrat gehört
zu den in diesem Umfeld entstandenen Verbänden – zunächst als
deutsche Sektion des 1949 gegründeten International Music Council
(IMC). Neben der Initiative der International Musicological Society
(IMS) erfolgte 1953 die Gründung einer deutschen Gruppe der
Association Internationale des Bibliothèques, Archives et Centres
de Documentation Musicaux (AIBM), die eng mit der Entstehung der
internationalen Quellendatenbank Répertoire International des
Sources Musicales (RISM) im Jahr zuvor verbunden war. Deren (heute
ebenfalls in der Förderung der Union der deutschen Akademien der
Wissenschaften stehen-de) Zentralredaktion sitzt seit 1960 in
Deutschland; die Datenbank ist mittlerweile frei online zugänglich.
Die Geschichte von RISM zeigt beispielhaft, wie stark die Idee der
Dokumentation und Sammlung nach dem Zweiten Weltkrieg von
deut-scher Seite als Möglichkeit internationaler Vernetzung
begriffen wurde.
Über die dokumentierende Orientierung an der Materialität
musikalischer Quel-len und ihre dadurch erforderte Lokalisierung
wurde letztlich jene neue, überna-tionale Kartierung möglich, deren
politische Dimension sich von Beginn an in der Verbindung zum bei
der UNESCO in Paris angesiedelten IMC zeigt. Im Folgenden wurde
RISM zum Modell für zahlreiche weitere damit verbundene
internationa-le Erschließungsprojekte (siehe hierzu auch den
Beitrag „Musikinformation und Musik dokumentation“ von Martina
Rebmann und Reiner Nägele).
Mit ihrer breiten Beteiligung an umfangreichen
Quellenerschließungs- und Digi- talisierungsprojekten und den
großen Editionsvorhaben nimmt die deutsche Musik wissenschaft aktiv
sowohl an der technischen und fachlichen Gestaltung des digitalen
Raums wie an der kultur- und wissenschaftspolitischen Debatte über
die Digitalisierung von Kulturgütern teil. Gerade weil sie mit
ihrer langjährigen Forschungsexpertise zahlreiche und vielfältige
Anwendungsfälle für den Schritt in die digitale Welt bereitstellen
konnte, führte dies zu Synergien, die Standard-bildungen und
Forschungsstrukturen begünstigten. Nicht zufällig gehörte denn auch
die Musikwissenschaft zu den geisteswissenschaftlichen Disziplinen,
die bereits in der ersten Förderphase am deutschen Zweig des
EU-Projekts „Digitale Forschungsinfrastruktur für die Geistes- und
Kulturwissenschaften“ (DARIAH)
Seit 1961 erarbeitet das Beethoven-Haus Bonn eine
historisch-kritische Gesamtausgabe von Beethovens Werken, in der
die Entstehung und Überlieferung der Kompositionen detailliert
nachgezeichnet werden.
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457456
Musikwissenschaft |
beteiligt waren. Seit 2014 bündelt das Zentrum Musik – Edition –
Medien (ZenMEM) die Erfahrungen und Kompetenzen in diesem Bereich
und bietet Projekten sowohl technisch wie fachspezifisch Beratung
und Fortbildungen an.
Zu den wichtigsten Zukunftsaufgaben gehört die Einbindung dieser
musikspezi-fischen Ansätze in den Prozess der Gestaltung einer
nationalen Forschungsdaten-infrastruktur, die auch über das engere
akademische Feld hinaus in der Musikkultur wirksam werden kann.
Digitalisierungsvorhaben können so in- und außerhalb des
akademischen Bereichs in der Musik breit nachnutzbar werden.5 Als
Diszi-plin, die mit Kulturgütern arbeitet, braucht die
Musikwissenschaft nachhaltige Strukturen der
Langzeitverfügbarhaltung und -archivierung, die den Prinzipien der
Kulturgutsicherung folgen. Hierfür ist eine öffentlich getragene,
dauerhafte Infrastruktur an der Schnittstelle zwischen Museen,
Bibliotheken, Wissenschaft und IT-Entwicklung notwendig.
Schließlich gilt es, ausreichend flexible Konzepte für das
Rechtemanagement öffentlich finanzierter digitaler Projekte im
Bildungs-, Wissenschafts- und Kulturbereich zu entwickeln: Die
Bedingungen der Natur- und Lebenswissenschaften und ihre
Bedürfnisse an Veröffentlichungsstrukturen und
Forschungsdatensicherung sind nicht ohne weiteres auf
digitalisierte Kulturgüter und die mit ihnen arbeitenden
Anwendungen übertragbar. Speziell die Rolle der Verlage
unterscheidet sich im Bereich der Musik zu der in diesen
Wissenschafts-kulturen. Hier kann nur ein gemeinsam vertretenes
Modell nachhaltig wirksam werden. Schließlich muss es ein
gemeinsames Ziel von Musikwissenschaft und Musikkultur sein,
verstärkt die Frage nach dem Verhältnis der Digitalisate zu den
Objekten selbst zu stellen und den Schutz des materiellen
Kulturguts zu fördern.
studiuM Musikwissenschaft
Bei aller Präsenz ihrer Gegenstände im Kulturleben steht die
Musikwissen-schaft als Studienfach in der öffentlichen Wahrnehmung
deutlich hinter den künstlerischen Studiengängen im Bereich der
Musik zurück. Sie befindet sich gleichsam hinter der öffentlichen
Bühne der Musikausübung und bezieht ihre Le-gitimation auch aus der
ästhetischen Präsenz ihres Gegenstands. Genauso wenig jedoch, wie
etwa der eine Solist auf der Bühne die vielen Personen zeigt, die
im Vor-feld oder hinter der Bühne dafür sorgen, dass eine
Aufführung stattfinden kann, spiegelt die allgemeine Sichtbarkeit
der Musikausübung die Gewichtung der An-teile der Musikwissenschaft
in der Ausbildungslandschaft. Vielmehr zeigt die Sta-
tistik zu Studierenden in Studiengängen für Musikberufe für das
Wintersemester 2016/17 (und das ist, wie man der Übersicht
entnehmen kann, durchaus repräsen-tativ für die letzten Jahre),
dass die Studierenden im Fach Musikwissenschaft und in den
Lehramtsstudiengängen, in denen die Musikwissenschaft einen
bedeu-tenden Anteil einnimmt, mit 22 bzw. 23 Prozent jeweils knapp
ein Viertel und zu-sammen fast die Hälfte aller Studierenden in
Musikstudiengängen ausmachen; beide Studiengänge liegen nur fünf
bzw. vier Prozentpunkte hinter den Studie-renden der Instrumental-
und Orchesterfächer (27 Prozent). Der Frauenanteil in diesen
Studiengängen entspricht in etwa dem Durchschnitt aller
Studienrich-tungen im Bereich der Musik bzw. liegt etwas darüber
(WS 2016/17, Durchschnitt: 54 Prozent, Lehramt: 61 Prozent,
Musikwissenschaft: 54 Prozent,). Im WS 2016/17 kamen 13 Prozent der
Studierenden im Fach Musikwissenschaft aus dem Ausland. Besonders
auffällig ist der zwischenzeitlich starke Zuwachs der
Abschlussprüfun-gen (einschließlich Promotionen) im Fach
Musikwissenschaft, die seit der Jahr-tausendwende um 127 Prozent
(rechnet man nur die Hauptfachprüfungen, sogar um 147 Prozent)
zugenommen hat. Hier zeigen sich auch die Auswirkungen der
Bologna-Reform (vgl. dazu auch die Abbildungen 1, 3 und 5 im
Beitrag „Ausbildung für Musikberufe“).
Was für Studienbedingungen aber verbergen sich hinter diesen
Zahlen? Wäh-rend in der DDR Musikwissenschaft als Diplomstudiengang
mit einem Hauptfach
Lehrveranstaltung im Musik instrumentenmuseum der Universität
Leipzig
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459458
Musikwissenschaft |
studiert wurde, war sie in der Bundes-republik in der Regel Teil
einer interdis-ziplinären Fächerkonstellation, die von jedem
Studierenden aus den Angeboten des jeweiligen Hochschulorts
indivi-duell ausgewählt werden konnte – im Rahmen von Magister- und
Promotions-studiengängen (mit zwei Nebenfächern oder einem zweiten
Hauptfach) oder im Rahmen eines wissenschaftlich- künstlerischen
Lehramtsstudiums, das in der Regel ein zweites wissenschaftliches
Schulfach erforderte. Nicht selten führ-ten und führen diese
Lehramtsstudien bis heute ebenfalls auf den Weg in eine
musikwissenschaftliche Promotion. Im Zuge des Bologna-Prozesses
haben sich die Fächerkonstellationen weitgehend in profilierten
Studiengängen festgelegt. Was einmal individualisiert wählbar war,
ist nun nicht nur ausdifferenziert, sondern in diesem Zuge
gleichsam insti-tutionalisiert worden. Musikwissen-schaft ist
sowohl in seiner klassischen Benennung, mancherorts in ähnlicher
Struktur wie in den alten Magisterstu-diengängen (z. B. derzeit in
Heidelberg, Kiel, aber auch in Weimar), teilweise als
Ein-Fach-Studiengang (aktuell etwa in Essen oder Gießen), als auch
als Teil ver-schiedenster interdisziplinär angelegter, auch
wissenschaftlich-praktischer bzw. -künstlerischer Studiengänge mit
unter-schiedlichsten Benennungen studierbar. Das ständig in
Bewegung befindliche Spektrum reicht derzeit von „angewandter
abb. 1 | ausbildungsstätten für Musikwissenschaft
Universität Siegen
Hochschule für Musik u. Theater„Felix Mendelssohn
Bartholdy“Leipzig3
Techn. Universität Berlin
Hochschule für Musik u. Darstellende Kunst Frankfurt am Main
Albert-Ludwigs-Universität Freiburg
Hochschule für Musik u. Theater Rostock
Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn
Hochschule für Musik FRANZ LISZT Weimar2
Freie Universität Berlin
Eberhard Karls Universität Tübingen
Hochschule für Musik Detmold1
Universität der Künste Berlin Universität Osnabrück
Westfälische Wilhelms-Universität Münster
Ludwig-Maximilians-Universität München
Hochschule für Musik, Theater u. Medien Hannover
Universität Paderborn1
Philipps-Universität Marburg
Universität Bayreuth
Hochschule für Musik Freiburg
Hochschule für Musik u. Theater München
Goethe-Universität Frankfurt am Main
Techn. Universität Dresden
Hochschule für Musik CarlMaria von Weber Dresden
Kath. Universität Eichstätt-Ingolstadt
Hochschule für Musik Nürnberg
Hochschule für Musik Karlsruhe
Universität Regensburg
Universität Leipzig3
Universität Heidelberg
Universität Potsdam
Carl von OssietzkyUniversität Oldenburg
Universität Bremen
Hochschule für Musik u. Theater Hamburg
Musikhochschule Lübeck
Robert SchumannHochschule Düsseldorf
Justus-Liebig-Universität Gießen
Universität Greifswald
Universität Kassel
Johannes Gutenberg-Universität Mainz
Staatl. Hochschule für Musik u. Darstellende Kunst Stuttgart
Universität Koblenz-Landau
Folkwang Universität der Künste (Essen)
Universität des Saarlandes (Saarbrücken)
Universität Hamburg
Staatl. Hochschule für Musik Trossingen
Universität zu Köln
Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
Julius-Maximilians-Universität Würzburg
Staatl. Hochschule für Musik u. Darstellende Kunst Mannheim
Christian-Albrechts-Universität zu Kiel
Hochschule für Musik Würzburg
Techn. Universität Dortmund
Georg-August-Universität Göttingen
Hochschule für Musik u. Tanz Köln
Humboldt-Universität zu Berlin
StaatsgrenzeLändergrenze
Quelle: Deutsches Musikinformationszentrum 2018
0 50 100 km7525
ART DES ABSCHLUSSES
Bachelor
Master
Promotion
1
2
3
1
2
3
Musikwissenschaftliches Seminar Detmold/Paderborn als gemeinsame
zentrale wissenschaftliche Einrichtung der Universität Paderborn
und der Hochschule für Musik Detmold.
Institut für Musikwissenschaft Weimar-Jena in Koopera-tion mit
der Friedrich-Schiller-Universität Jena.
Gemeinsames Zentrum für Musikwissenschaft im Aufbau.
Musikwissenschaftliches Seminar Detmold/Paderborn als gemeinsame
zentrale wissenschaftliche Einrichtung der Universität Paderborn
und der Hochschule für Musik Detmold.
Institut für Musikwissenschaft Weimar-Jena in Koopera-tion mit
der Friedrich-Schiller-Universität Jena.
Gemeinsames Zentrum für Musikwissenschaft im Aufbau.
Kooperation
Hinweis: Detailinformationen zu den Studienangeboten der
einzelnen Einrichtungen finden sich unter:
www.miz.org/themenportale/bildung-ausbildung
© Deutscher Musikrat/ Deutsches Musikinformationszentrum
Kartographie: S. DutzmannLeipzig, 2018
Das MIZ wird gefördert von:
in Kooperation mit:
Ausbildungsstätten für Musikwissenschaft
Universität Siegen
Hochschule für Musik u. Theater„Felix Mendelssohn
Bartholdy“Leipzig3
Techn. Universität Berlin
Hochschule für Musik u. Darstellende Kunst Frankfurt am Main
Albert-Ludwigs-Universität Freiburg
Hochschule für Musik u. Theater Rostock
Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn
Hochschule für Musik FRANZ LISZT Weimar2
Freie Universität Berlin
Eberhard Karls Universität Tübingen
Hochschule für Musik Detmold1
Universität der Künste Berlin Universität Osnabrück
Westfälische Wilhelms-Universität Münster
Ludwig-Maximilians-Universität München
Hochschule für Musik, Theater u. Medien Hannover
Universität Paderborn1
Philipps-Universität Marburg
Universität Bayreuth
Hochschule für Musik Freiburg
Hochschule für Musik u. Theater München
Goethe-Universität Frankfurt am Main
Techn. Universität Dresden
Hochschule für Musik CarlMaria von Weber Dresden
Kath. Universität Eichstätt-Ingolstadt
Hochschule für Musik Nürnberg
Hochschule für Musik Karlsruhe
Universität Regensburg
Universität Leipzig3
Universität Heidelberg
Universität Potsdam
Carl von OssietzkyUniversität Oldenburg
Universität Bremen
Hochschule für Musik u. Theater Hamburg
Musikhochschule Lübeck
Robert SchumannHochschule Düsseldorf
Justus-Liebig-Universität Gießen
Universität Greifswald
Universität Kassel
Johannes Gutenberg-Universität Mainz
Staatl. Hochschule für Musik u. Darstellende Kunst Stuttgart
Universität Koblenz-Landau
Folkwang Universität der Künste (Essen)
Universität des Saarlandes (Saarbrücken)
Universität Hamburg
Staatl. Hochschule für Musik Trossingen
Universität zu Köln
Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
Julius-Maximilians-Universität Würzburg
Staatl. Hochschule für Musik u. Darstellende Kunst Mannheim
Christian-Albrechts-Universität zu Kiel
Hochschule für Musik Würzburg
Techn. Universität Dortmund
Georg-August-Universität Göttingen
Hochschule für Musik u. Tanz Köln
Humboldt-Universität zu Berlin
StaatsgrenzeLändergrenze
Quelle: Deutsches Musikinformationszentrum 2018
0 50 100 km7525
ART DES ABSCHLUSSES
Bachelor
Master
Promotion
1
2
3
1
2
3
Musikwissenschaftliches Seminar Detmold/Paderborn als gemeinsame
zentrale wissenschaftliche Einrichtung der Universität Paderborn
und der Hochschule für Musik Detmold.
Institut für Musikwissenschaft Weimar-Jena in Koopera-tion mit
der Friedrich-Schiller-Universität Jena.
Gemeinsames Zentrum für Musikwissenschaft im Aufbau.
Musikwissenschaftliches Seminar Detmold/Paderborn als gemeinsame
zentrale wissenschaftliche Einrichtung der Universität Paderborn
und der Hochschule für Musik Detmold.
Institut für Musikwissenschaft Weimar-Jena in Koopera-tion mit
der Friedrich-Schiller-Universität Jena.
Gemeinsames Zentrum für Musikwissenschaft im Aufbau.
Kooperation
Hinweis: Detailinformationen zu den Studienangeboten der
einzelnen Einrichtungen finden sich unter:
www.miz.org/themenportale/bildung-ausbildung
© Deutscher Musikrat/ Deutsches Musikinformationszentrum
Kartographie: S. DutzmannLeipzig, 2018
Das MIZ wird gefördert von:
in Kooperation mit:
Ausbildungsstätten für Musikwissenschaft
-
461460
Musikwissenschaft |
Musikwissenschaft“, u. a. in Gießen, „Musik und Medien“, z. B.
in Hannover, bis hin zu einem eher technisch ausgerichteten
Studiengang wie Musikinformatik, der aktuell in Karlsruhe angeboten
wird.
In der Folge der institutionellen Gleichstellung der Hochschulen
im Hochschul-rahmengesetz boten nicht mehr nur die Universitäten,
sondern nach und nach auch die Kunsthochschulen
Studienmöglichkeiten auf dem Gebiet der Musikwis-senschaft an.
Bereits 1977 hat die Musikhochschule Detmold in Kooperation mit der
Universität Paderborn ein gemeinsames Musikwissenschaftliches
Seminar gegründet, in dem auch das Promotionsrecht ausgeübt werden
konnte. In den 1980er Jahren setzten andere große Musikhochschulen
ein eigenes Promotions-recht in Gang (zunächst West-Berlin,
Hannover und Köln, heute nahezu überall). Mit der Bologna-Reform
haben sich über die Promotion hinaus auch zunehmend musik
wissenschaftliche Bachelor- und Master-Studiengänge an
Musikhochschulen verbreitet.
Einerseits macht das die Vielfalt der Anschlussmöglichkeiten der
Disziplin in viel breiterer Weise öffentlich sichtbar, als es in
den alten Studienstrukturen der Fall war, andererseits sorgt es
aber auch für nicht unbeträchtliche Schwierigkeiten bei der
Orientierung in diesem Angebot. Teilweise ändern sich Benennungen
und Aus-richtungen relativ schnell. Die Sichtbarkeit von Angeboten
hängt überdies stark von den Kapazitäten der jeweiligen
Institutionen für Öffentlichkeitsarbeit ab, was u. a. dazu führt,
dass viele der (in der Regel nicht fachlich spezifisch
ausgerichteten) Suchmaschinen für Studienmöglichkeiten im Netz
leider unzuverlässige Informa-tionen bieten. Eine gute Orientierung
über die fachliche Ausrichtung der Institute bietet neben dem Blick
auf die Studiengänge selbst immer auch derjenige auf die
Forschungs- und Tätigkeitsprofile der einzelnen Mitglieder des
jeweiligen musik-wissenschaftlichen Instituts oder Seminars bzw.
der zuständigen musikwissen-schaftlichen Mitglieder
interdisziplinärer Institute bzw. Departements. Hilfreich ist
ebenso der Blick auf die musikwissenschaftlichen
Lehrveranstaltungen der letzten Jahre und auf die nach Instituten
dokumentierten Themen der abgeschlos-senen Dissertationen.6
Wissenschaftliche Zusammenarbeit: Im Institut für
Musikwissenschaft WeimarJena kooperieren die Hochschule für Musik
FRANZ LISZT Weimar und die Friedrich SchillerUniversität Jena.
Gegenüberliegende Seite: Objekte aus dem Lippmann +
Rau-Musikarchiv, mit dem das Institut für Musikwissenschaft eine
kooperative Partnerschaft unterhält (oben),
Liederbuch von 1684 aus dem Hochschularchiv (Mitte),
Hochschulbibliothek (unten links), Hochschulzentrum am Horn (unten
rechts)
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Musikwissenschaft |
Für die Berufsorientierung wächst mit zunehmender
Digitalisierung in vielen Bereichen neben den seit Beginn der
Fachkonstitution vorhandenen Methoden-verwandtschaften zu den
klassischen Geistes-, Sozial- und Naturwissenschaften die Bedeutung
der Verbindungen zu Jura und Wirtschaftswissenschaften wie zu
Medientechnik und Informatik. Dabei ist die Promotion, wie in
vielen anderen universitären Fächern auch, nicht unbedingt als ein
rein auf eine wissenschaft-liche Laufbahn ausgerichteter Abschluss
zu verstehen. Sie qualifiziert für alle Tätigkeiten, die die
Fähigkeit zur eigenständigen und originellen Beurteilung und
Bearbeitung komplexer wissenschaftlicher Fragestellungen im Bereich
der Musik und die Kenntnis der Wissensressourcen erfordern, die die
akademische Musikwissenschaft über ihren engeren Bereich hinaus
bereitstellt. Gerade weil die Musik wissenschaft in ihrer
vielfältigen Verflechtung mit dem Kulturleben außer-halb der
Universität im dritten Zyklus der akademischen Ausbildung nicht
allein auf die Hochschullaufbahn zielt, ist die
Individualpromotion, bei der die Doktoran-den ihre Themen unter
fachlicher Betreuung selbst wählen und entwickeln, von besonderer
Bedeutung. Eine wichtige Rolle spielen dabei neben
themenorientier-ten Nachwuchsförderungen auf der Ebene der
Graduiertenkollegs, Drittmittelpro-jekte etc. auch die klassischen
– in ihren Forschungsthemen nicht festgelegten – Mittelbau-Stellen
wie die Promotionsstipendien der Begabtenförderwerke.
Grundsätzlich bleibt Musikwissenschaft bei aller Profilbildung
ein Fach, das nicht berufsspezifisch, sondern im eigentlichen Sinn
akademisch gelehrt wird. Seine Abschlüsse befähigen im Idealfall
für ein breites und sich ständig änderndes Be-tätigungsfeld, das
sich durchaus nicht auf die Universität beschränkt, sondern in sehr
vielfältige Bereiche der Vermittlung, Bildung, Kultur, Kultur- und
Wissen-schaftsverwaltung sowie -politik, im Archiv- und
Bibliothekswesen, Museum, Jour-nalismus, Verlagswesen, Produktion,
Management etc. führen kann.7
Dörte Schmidt lehrt als Professorin für Musikwissenschaft an der
Universität der Künste Berlin. Sie leitet die Bernd Alois
Zimmermann- Gesamtausgabe und ist u. a. Mitglied der
Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften,
Präsidiumsmitglied des Deutschen Musikrats und Präsidentin der
Gesellschaft für Musikforschung.
1 Dieter Grimm: Kulturauftrag im staatlichen Gemeinwesen, in:
Kulturauftrag
im staatlichen Gemeinwesen. Die Steuerung des
Verwaltungshandelns durch
Haushaltsrecht und Haushaltskontrolle. Berichte und Diskussionen
auf der
Tagung der Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer in Köln
vom
28. September bis 1. Oktober 1983, Berlin 1984, S. 46–82, hier
S. 60.
2 Vgl. UNESCOÜbereinkommen über den Schutz und die Förderung der
Vielfalt
kultureller Ausdrucksformen. Online unter:
https://www.unesco.de/
document/1609/unescouebereinkommenueberdenschutzunddie
foerderungdervielfaltkultureller (Zugriff: 9. November
2018).
3 Siehe das Memorandum der Gesellschaft für Musikforschung zur
Lehrerbildung
im Fach Musik, Kassel 2014. Online unter:
https://www.musikforschung.de/
index.php/memoranda/lehrerbildungimfachmusik
(Zugriff: 10. Oktober 2018).
4 Siehe hierzu das Memorandum der Gesellschaft für
Musikforschung zur
künstlerischwissenschaftlichen Promotion, Kassel 2014. Online
unter:
https://www.musikforschung.de/index.php/memoranda/kuenstlerisch
wissenschaftlichepromotion (Zugriff: 5. November 2018).
5 Siehe hierzu das Memorandum der Gesellschaft für
Musikforschung zur
Schaffung nationaler Forschungsdateninfrastrukturen, Kassel
2018.
Online unter:
https://www.musikforschung.de/index.php/memoranda/
schaffungnationalerforschungsdateninfrastrukturennfdi/langfassung
(Zugriff: 29. Oktober 2018).
6 Aktuelle Informationen bietet die Dissertationsmeldestelle der
Gesellschaft
für Musikforschung unter der URL
http://www.dissertationsmeldestelle.de/
willkommen/ (Zugriff: 9. November 2018).
7 Der Beitrag „Musikwissenschaft“ von Dörte Schmidt liegt in
einer Langfassung
(Stand: November 2017) im Onlineportal des Deutschen
Musikinformations
zentrums vor:
http://www.miz.org/static_de/themenportale/einfuehrungs
texte_ pdf/01_BildungAusbildung/schmidt.pdf (Zugriff: 5.
November 2018).
https://www.unesco.de/document/1609/unesco-uebereinkommen-ueber-den-schutz-und-die-foerderung-der-vielfalt-kulturellerhttps://www.unesco.de/document/1609/unesco-uebereinkommen-ueber-den-schutz-und-die-foerderung-der-vielfalt-kulturellerhttps://www.unesco.de/document/1609/unesco-uebereinkommen-ueber-den-schutz-und-die-foerderung-der-vielfalt-kulturellerhttp://www.dissertationsmeldestelle.de/willkommen/http://www.dissertationsmeldestelle.de/willkommen/http://www.miz.org/static_de/themenportale/einfuehrungstexte_pdf/01_BildungAusbildung/schmidt.pdfhttp://www.miz.org/static_de/themenportale/einfuehrungstexte_pdf/01_BildungAusbildung/schmidt.pdf
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BildnachweisWir danken allen Personen und Institutionen sehr
herzlich für die Bereitstellung umfangreichen Bildmaterials. Ohne
diese Unterstützung wäre der vielseitige Einblick in das
„Musikleben in Deutschland“ nicht möglich gewesen.
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454 © Beethoven-Haus Bonn
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Köppl
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