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Multikultur, Interkultur, Transkultur? Überlegungen zur kulturellen Bildung in einer offenen Gesellschaft Susanne Bücken M. A. 2. ZÄSKO-Arbeitstreffen, 23.01.2013 KatHO, Abt. Aachen
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Multikultur, Interkultur, Transkultur? Überlegungen zur ... · Susanne Bücken M. A − 2. ZÄSKO-Arbeitstreffen, 23.01.2013 3. Diskursfeld „Kultur“ Begriffsgeschichte Ein dem

Sep 08, 2019

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Multikultur, Interkultur, Transkultur? Überlegungen zur kulturellen Bildung in einer offenen Gesellschaft

Susanne Bücken M. A.

2. ZÄSKO-Arbeitstreffen, 23.01.2013

KatHO, Abt. Aachen

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1. Übersicht

2. Anliegen

3. Diskursfeld „Kultur“

4. Identitäten und Kulturen

5. multi, inter, trans: Zur Bestimmung kultureller Verhältnisse

6. Kulturelle Bildung in einer offenen Gesellschaft

7. Diskussion

Susanne Bücken M. A − 2. ZÄSKO-Arbeitstreffen, 23.01.2013

Übersicht

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Susanne Bücken M. A. - 2. ZÄSKO-Arbeitstreffen, 23.01.2013

1. Kultur – Überlegung

Hochkultur Populärkultur Subkultur Jugendkultur

Kulturpädagogik Soziokultur Kulturarbeit

Kulturelle Bildung

Kultur en 26

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2. Anliegen

Eine Sensibilisierung und ein Plädoyer für ein dynamisches Kulturverständnis und die Idee einer offenen Gesellschaft. Dies bedeutet, dass Pluralität von Differenz und Zugehörigkeit gleichermaßen und zugleich anerkannt und gewollt ist. In einem solchen Verstehen ist kulturelle Bildung ein offener und empathischer Prozess, der intersubjektiv und enthierarchisiert gestaltet wird. Kulturelle Bildung wirkt so als emanzipativer und partizipativer Aushandlungsort für sinnliche, ästhetische und soziale Erfahrungen. Vorausgesetzt, dass Menschen, Kulturen, Künste und Themen nicht ausgegrenzt, nicht kulturalisiert und nicht instrumentalisiert werden.

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3. Diskursfeld „Kultur“

Verwendungskontexte des Kulturbegriffs

Im weitesten Sinne beschreibt „Kultur" „die vom Menschen […] selbst geschaffene Welt der geistigen Güter, materiellen Kunstprodukte und sozialen Einrichtungen.“ (Nünning 2009, 1)

Vier Verwendungskontexte von „Kultur“ nach Bettina Beer:

1. Kultur im Verstehen des Feuilletons, von Kultusministerien, „also die Künste und die Bildung umfassend“

2. Kultur als „Anzahl klar unterscheidbarer, beständiger und relativ statischer Merkmale von Menschen gemeinsamer Abstammung“

3. Kulturen als „Gemeinschaften mit gemeinsamen Merkmalen“

4. Kultur als wissenschaftlich-ethnologisches Konzept (Vgl. Beer 2003, 60f)

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3. Diskursfeld „Kultur“

Begriffsgeschichte

Ein dem Kulturbegriff bis heute innewohnendes „Tätigkeitsmoment“.

Cicero: „cultura animi“, die „Pflege des Geistes“, Übertragung des Kulturbegriffs auf die Erziehung des Individuums.

„Soziales Moment des Kulturbegriffs“ ab dem 17. Jahrhundert. Hervorgehend aus dem Wandels des Naturbildes: christlich geprägt, paradiesisch hin zur Vorstellung eines gesellschaftsverhindernden, glücklosen Zustands: „status naturalis“ vs. „status culturalis“ (Vgl. Kaiser 2004, 37)

Entwicklung des Kulturbegriffs als „Kollektivsingular“. Kultur meint sämtliche Tätigkeiten eines Volkes, einer Gesellschaft oder Nation Samuel von Pufendorf (Vgl. Welsch 1995)

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3. Diskursfeld „Kultur“

Die Idee der „Kulturnation“

Maßgeblich geprägt durch Johann Gottfried Herder:

ethnische Fundierung

soziale Homogenisierung

Abgrenzung nach außen (vgl. Welsch 1995)

„Wir spüren, dass unsere Kultur zu dem gehört, was uns alle in Deutschland gemeinsam bestimmt. Wir spüren das noch einmal neu, seit unser Land wieder vereinigt ist: Wir sind seither wieder erlebbar die eine Kulturnation, die als ganze unser Leben inspiriert.“ (Köhler 2008)

„Einst waren Gruppen durch Blutsgemeinschaft zusammengeschweißt – jetzt soll die Kultur diese Funktion übernehmen. ‚Kulturnation‘ ist Blutsgemeinschaft soft.“ (Welsch 2010)

Leitkultur ?

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3. Diskursfeld „Kultur“

Dynamisches Kulturverständnis

In heutigen Gesellschaften sind statische, separatistische, ethnisch und homogen begründete Vorstellungen von Kultur obsolet.

Ein dynamisches Kulturverständnis vermittelt z.B. Georg Auernheimer:

Kultur ist „das Bedeutungssystem, das sich die Menschen in der Auseinander-setzung mit ihren Lebensbedingungen zu Ihrer Orientierung schaffen.“ (Auernheimer 1991)

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„Die Identitätsfalle“, Amartya Sen

„Die Identitätsfalle oder warum es keinen Krieg der Kulturen gibt“ als Antwort von Amartya Sen (2006) auf Samuel Huntingtons „Kampf der Kulturen. Die Neugestaltung der Weltpolitik im 21. Jahrhundert“ (1996). Kritik an Huntingtons Annahmen: das Menschen ausgeprägte, klar von einander abgegrenzte Kulturen haben das Trennendes ,z.B. die Religion als übergeordneten Klassifikation steht der Reduktion auf den Unterschied und das Trennende Dichotomisierung

(Vgl. Sen 2010, 26ff)

4. Identitäten und Kulturen

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„Die Klassifikation ist jedenfalls mühelos zu haben, die Identität jedoch nicht.“ (Sen 2010, 41)

„Mißachtung der Identität“, die nicht dem homo oeconomicus entspricht. (Vgl. ebd., 36f)

Menschen leben mit pluralen Identitäten in unterschiedlichen sozialen Kontexten.

(Vgl. ebd., 38f)

„Die Identitätsfalle“, Amartya Sen

4. Identitäten und Kulturen

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4. Identitäten und Kulturen

Kulturelle Hybridität und hybride Identität

Edward Said: Prozess des othering, d.h. dem Anderen wird vor der Folie des "weißen, männlichen, heterosexuellen" Subjekts eigene Identität abgesprochen, dem entgegen europäische Identität erzeugt und bestätigt.

„Kultur“ ist nicht monolithisch in Differenzkategorien wie race, class, gender, body zu verorten Zwischenpositionen und Veränderungsspielräume:

„Dieser zwischenräumliche Übergang zwischen festen Identifikationen eröffnet die Möglichkeit einer kulturellen Hybridität, in der es einen Platz für Differenz ohne eine übernommene oder verordnete Hierarchie gibt.“ (Vgl. Bachmann-Medick 2010, 200)

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Kulturelle Hybridität und hybride Identität

Auflösung einer Identitätsvorstellung im Rekurs von „Ursprung, Wesen, Einheit“ – Betonung von „Bruch, Übergang, Überlagerung, Transformation, Heimatlosigkeit“. (Vgl. Bachmann-Medick 2010, 206)

Kulturelle und politische Identität bedingt eine „Alterteritätsperspektive“,

die Fähigkeit im Selbst das Andere zu erkennen. (Vgl. ebd.)

Hybridität der Kulturen bildet sich im Subjekt ab: „Das Subjekt ist Knoten- und Kreuzungspunkt der Sprachen, Ordnungen, Diskurse, Systeme wie auch der Wahrnehmungen, Begehren, Emotionen, Bewußstseinspro-zesse, die es durchziehen.“ (ebd.)

4. Identitäten und Kulturen

Empathie Akzeptanz

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5. multi, inter, trans: Zur Bestimmung kultureller Verhältnisse

multikulturell, interkulturell und transkulturell, die Adjektive bestimmen nicht das Verhältnis zwischen verschiedenen Kunstformen sondern stehen i.R. als Bezugssystem von verschiedenen, zumeist ethnisch oder nationalstaatlich markierten Vorstellungen von Kultur.

Gefahr der unreflektierten Fremdzuschreibung und Überstülpung:

„Kulturmemory“

Klärungen und Kritik

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5. multi, inter, trans: Zur Bestimmung kultureller Verhältnisse

Multikulturalismus

These: Multikulturalismus kontrastierend zum Monokulturalismus ist gesellschaftliche Realität und Utopie zugleich.

Vier Formen / Perspektiven des Multikulturalismus: 1. konservativer Multikulturalismus: Homogenisierung, Ethnisierung, „Exotisierung der Differenz“

2. liberaler Multikulturalismus: Trennung von öffentlichem (neutralem) und privatem Leben

3. linker Multikulturalismus: Kulturelle Zugehörigkeit zur Legitimation sozialer Ungleichheit

4. kritischer Multikulturalismus: Aushandlungsprozesse ethnischer und kultureller Zuordnungen

Identität nicht festzulegen, poly- u. ambivalent fließende I. (Vgl. Rommelspacher 2005, 24 ff)

„Nicht der Multikulturalismus, sondern die Integrationspolitik ist gescheitert.“ (ebd. 22)

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5. multi, inter, trans: Zur Bestimmung kultureller Verhältnisse

Interkultur

Interkultur (konzeptionell), als für Vielfalt öffnende Organisationsstruktur

Interkultur als „Raum der Veränderung“ fragt, „wie unterschiedliche Differenzen barrierefrei in einen gemeinsamen und neu zu gestaltendem Raum eingehen.“

Interkultur pädagogisch verstanden hat im Kulturbereich „relativ verheerende Folgen“: Reduktion durch Instrumentalisierung des Kulturbegriffs Reduktion der KünstlerInnen mit Migrationshintergrund Reduktion der Themen Reduktion auf (unterstellte) Authentizität (Vgl. Terkessidis 2011)

Kritik: Interkulturelle Öffnung, ein typischer „Container-Begriff“ (Vgl. Foitzik; Pohl 2011, 61)

Inter-kultur reflektiert auf einen geschlossenen Kulturbegriff (Vgl. Mecheril; Seukewa 2006, 10f)

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5. multi, inter, trans: Zur Bestimmung kultureller Verhältnisse

Transkultur

Kulturen haben eine neuartige Form, die klassische Kulturgrenzen durchdringen. Entstanden ist eine „interdependente Globalkultur, die sämtliche Nationalkulturen verbindet und bis in die Einzelheiten durchdringt.“ (Welsch 1995)

Ziel einer nicht kulturalistischen transkulturellen Bildung wäre es, die Machtver-hältnisse der Zugehörigkeit bewusst zu machen und reflexiv zu verhandeln. (Vgl. ebd.)

Kritik: Transkulturalität als etabliertes Konzept z.B. der Zugehörigkeit „kosmopolitischer AkademikerInnen“; die Zugehörigkeit anderer Menschengruppen, wie bildungs-enfernter Jugendlicher oder Flüchtlinge wird nicht transkulturell verhandelt.

(Vgl. Mecheril; Seukewa 2006, 10f)

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„Kultur“ als machtvolle Matrix

6. Kulturelle Bildung in einer offenen Gesellschaft

Machtverhältnisse z.B. zwischen Hoch- und Subkultur

Definitionsmacht, was denn Kunst ist und was nicht? Folklorisierung nicht-europäischer Kulturformen

Das hegemoniale Bild des Künstlers, als männlich und weiß Die strukturelle Macht, finanzielle Mittel für kulturelle Bildung einzusetzen

Bildungsinstitutionen sind geprägt von Inklusions- und Exklusionsverhältnissen,

bezogen auf Individuen und Inhalte, im Kontext der Bewertung von Nützlichkeit.

Verhandlung von „kulturellem Kapital“

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Die „offene Gesellschaft“, Karl Popper

6. Kulturelle Bildung in einer offenen Gesellschaft

Karl Popper grenzt seine Idee der „offenen Gesellschaft“ ab von der Vorstellung

einer „geschlossenen Gesellschaft.“ „[...] die magische, stammesgebundene oder kollektivistische Gesellschaft“ wird geschlossene Gesellschaft genannt.[…]eine Gesellschaftsordnung jedoch, in der sich die Individuen persönlichen Entscheidungen gegenüber sehen, nennen wir die offene Gesellschaft.“ (Popper 1945/1992, 207)

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6. Kulturelle Bildung in einer offenen Gesellschaft

Kulturelle Bildung

Kultur kann „als ein sinnlicher und sozialer Prozess bezeichnet werden, nicht als Zustand. Kulturelle Produkte können nur ein zeitgebundener und momentaner Ausdruck eines Stücks Kultur sein; in ihnen spiegeln sich die Facetten […] vieler Kulturen, aber nicht die Gesamtheit des Kulturellen. Deshalb kann man dem Prozess des Kultur nur mit Offenheit begegnen.[…]

Jede Gesellschaft hat und braucht ein symbolisches Inventar zur Selbstver-gewisserung. Dieses Inventar handeln soziale Gruppen und Gesellschaften immer wieder neu aus. Und diese Möglichkeit des Aushandelns muss als Freiraum gegeben und garantiert sein.“ (Hoffmann 2010, 14f)

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6. Kulturelle Bildung in einer offenen Gesellschaft

Die Anstrengung sich auf fremd wahr genommene Lebensweisen einzulassen. Die Anstrengung des Kunsterlebens sowie des Gestaltungprozesses. (Vgl. Treptow 2001, 128ff)

Dabei bezeichnet Anstrengung keinen „produktivistischen Arbeits- oder Leistungsbegriff, der an Zeitnormen orientiert ist. Er bezeichnet dasjenige Erleben, das einen Gestaltungsprozess begleitet, in dem Schwierigkeiten beurteilt und überwunden werden.“ (ebd., 142)

Kulturelle Bildung als Anstrengung ist auch als Abgrenzung von der

Oberflächlichkeit eines anstrengungslosen „Erlebnismarktes“ zu verstehen. (Vgl. ebd., 143)

Anstrengungen kultureller Bildung, Rainer Treptow

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6. Kulturelle Bildung in einer offenen Gesellschaft

Eine diversitätssensible Haltung kultureller Bildung

will …

Raum geben für die subjektiven Zugehörigkeiten (junger) Menschen!

kritische Positionierungen und „eigene Antworten“ zulassen und ermutigen!

Gruppendynamiken und Lernformen ermöglichen, die o.g. unterstützen!

fragt …

ob Kulturalisierungen vermieden bzw. problematisiert und vorherrschende

Normalitätsvorstellungen hinterfragt werden?

„Ist eine Positionierung und aktive Haltung gegen Diskriminierung [und Rassismen] Ausgangspunkt und Ziel der Arbeit?“

werden gesellschaftliche Machtverhältnisse wahr genommen und thematisiert? (Vgl. Winkelmann 2009, 27)

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6. Kulturelle Bildung in einer offenen Gesellschaft

Emanzipative Substanz und lebensgeschichtliche Wirkung

Emanzipation will „Befreiung von blinden Autoritätsglauben“ und die Mündigkeit

des Individuums, das sich ebenso gegen die Entmündigung anderer ausspricht. Emanzipation heißt für kulturelle Bildung, Teilhabe ganzheitlich zu thematisieren.

(Vgl. Treptow 2001, 154)

Joseph Beuys: Lebensgeschichte sucht eigenen Ausdruck in ästhetischen Formen

Beuys stürzte 1943 als Kampflieger auf der Krim ab. Er wurde von Tartaren gerettet, die ihn mit Filzdecken gegen Erfrierungen schützten und mit tierischen Fettprodukten ernährten. Seine Installationen mit Filz und Fett chiffrieren diese „intime[n] Verbindung zwischen den Zeichen der Kunst und dem zerbrechlichen Leben […].“ Sie irritieren das Bedürfnis sofort zu verstehen und verdeutlichen, dass Kunst eigenen Er-lebensraums bedarf.

(Vgl. ebd., 147)

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6. Kulturelle Bildung in einer offenen Gesellschaft

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7. Diskussion

Eine Sensibilisierung und ein Plädoyer für ein dynamisches Kulturverständnis und die Idee einer offenen Gesellschaft. Dies bedeutet, dass Pluralität von Differenz und Zugehörigkeit gleichermaßen und zugleich anerkannt und gewollt ist. In einem solchen Verstehen ist kulturelle Bildung ein offener und empathischer Prozess, der intersubjektiv und enthierarchisiert gestaltet wird. Kulturelle Bildung wirkt so als emanzipativer und partizipativer Aushandlungsort für sinnliche, ästhetische und soziale Erfahrungen. Vorausgesetzt, dass Menschen, Kulturen, Künste und Themen nicht ausgegrenzt, nicht kulturalisiert und nicht instrumentalisiert werden.

Anliegen

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Auernheimer, Georg: Kulturelle Identität als pädagogisches Problem. In: Fuchs, Max (Hg.): Kulturelle Identität. Remscheid 1991. Bachmann-Medick, Doris: Cultural Turns. Neuorientierungen in den Kulturwissenschaften. Hamburg 2010. Beer, Bettina: Ethnos; Ethnie; Kultur: In: Beer, Bettina; Fischer, Hans (Hg.): Ethnologie. Einführung und Überblick. Berlin 2003. Foitzik, Andreas; Pohl, Axel: Das Lob der Haare in der Suppe. Selbstreflexivität Interkultureller Öffnung. In: Scharathow, Wiebke; Leiprecht, Rudolf (Hrsg.): Rassismuskritik. Band 2: Rassismuskritische Bildungsarbeit. Schwalbach 2011. Höppner, Christian: Transkulturalität - Interview mit Wolfgang Welsch. In: Musikforum 01/2010. kulturrat.net/druckansicht.php? Detail=1763. 2010. Hoffmann, Dagmar: Kulturelle Bildung im Zeitalter der Mediatisierung und Globalisierung. Wo, wann und wie ist kulturelle Bildung für wen von Wert? In: Kulturelle Bildung. Reflexionen. Argumente. Impulse. Flagge zeigen. Nr. 5, Remscheid 2010. Kaiser, Hermann Joseph: Ent-Fremdung. Zum prinzipiell subkulturellen Charakter von Musik in der Schule. In: Ansohn, Meinhard; Terharg, Jürgen: Musikkulturen fremd und vertraut. Oldershausen 2004. Köhler, Horst: Wo wir uns finden. Rede von Bundespräsident Horst Köhler beim Festakt zum Tag der Deutschen Einheit. Hamburg, 03.10.2008. http://www.bundespraesident.de/SharedDocs/Reden/DE/Horst-Koehler/Reden/2008/10/20081003 _Rede.htmlr. Mecheril , Paul; Seukewa, Louis-Henri: Transkulturalität als Bildungsziel? Skeptische Bemerkungen. In: Transkulturalität. 29. Jg., Frankfurt a.M. 2006.

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Literatur- und Quellennachweis

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Literatur- und Quellennachweis

Nünning, Ansgar: Vielfalt der Kulturbegriffe. 23.07.2009. http://www.bpb.de/gesellschaft/kultur/kulturelle-bildung/59917/ kulturbegriffe?p=all. Popper, Karl: Die offene Gesellschaft und Ihre Feinde. Band I: Der Zauber Platons. Tübingen 1945/1992. Sen, Amartya: Die Identitätsfalle. Warum es keinen Krieg der Kulturen gibt. München 2010. Rommelspacher, Birgit: Die Anerkennung der Ausgrenzung. Nicht der Multikulturalismus, sondern die Integrationspolitik ist gescheitert. In: iz3w 04/05 2005. Terkessidis, Mark: Vortrag: Jahres-Konferenz der Dramaturgischen Gesellschaft. Freiburg 27.-30. Januar 2011. http://www.dramaturgische-gesellschaft.de/wordpress/wp-content/uploads/mydata/57PDF/vortragterkessidis.pdf. Treptow, Rainer: Kultur und Soziale Arbeit. Aufsätze. Münster 2001. Welsch , Wolfgang: Transkulturalität. Zur veränderten Verfasstheit heutiger Kulturen. In: Zeitschrift für Kulturaus-tausch. 45. Jg., Stuttgart 1995. Winkelmann, Anne Sophie: Durch verschiedene Brillen gleichzeitig schauen. Über die Implementierung einer diversitätsbewussten Perspektive. In: Kulturelle Bildung. Reflexionen. Argumente. Impulse. Strategie kulturelle Vielfalt. Nr. 4, Remscheid 2009.

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