-
Moot Court Team 1
Joël Donzé
Daniel Giger
Yves Loher
Kevin Neeranal
Einschreiben
Sekretariat des Schiedsgerichtshofs der
Swiss Chambers‘ Arbitration Institution
c/o Zürcher Handelskammer
Löwenstrasse 11, Postfach
CH-8021 Zürich
4. Dezember 2020
Klageschrift
Swiss Rules Fall Nr. 600999-2020
In Sachen
Süsser AG
Schleckwaren-Allee 12, 5400 Baden, Schweiz
Klägerin
vertreten durch Moot Court Team 1
gegen
Frigidarium GmbH
Hofbräuhausstrasse 20, 80000 München, Deutschland
Beklagte
vertreten durch Moot Court Team […]
Klägerin und Beklagte
gemeinsam "die Parteien"
-
Seite II
Sehr geehrter Herr Vorsitzender,
sehr geehrte Mitglieder des Schiedsgerichts,
namens und mit Vollmacht der Klägerin reichen wir vorliegende
Klage ein und stellen fol-
gende
Rechtsbegehren:
1. „Es sei festzustellen, dass alle Forderungen der Beklagten
gegen die
Klägerin aus dem Darlehensvertrag vom 31. Oktober 2018 infolge
Ver-
rechnung vollständig getilgt sind;
2. Das Ablehnungsbegehren gegen Herrn Dr. Stolperstein sei
gutzuheis-
sen;
3. Die Unzuständigkeitseinrede der Beklagten sei zu verwerfen
und auf
die Schiedsklage einzutreten;
4. Alles unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zu Lasten der
Beklag-
ten.“
-
Seite III
Inhaltsverzeichnis
Literaturverzeichnis
................................................................................................................
V
Entscheidverzeichnis
............................................................................................................
XII
Abkürzungsverzeichnis
.......................................................................................................
XXI
I. Das Ablehnungsrecht wurde nicht verwirkt
................................................................
1
1. Das Schiedsgericht ist für die Beurteilung des
Ablehnungsbegehrens zuständig ............ 1
2. Eventualiter: Das Ablehnungsbegehren wurde fristgerecht
eingereicht ........................... 3
II. Das Ablehnungsbegehren gegen Dr. Stolperstein ist
gutzuheissen ............................ 3
1. Fehlende Unabhängigkeit stellt einen Ablehnungsgrund dar
........................................... 3
2. Dr. Stolperstein ist befangen
.............................................................................................
4
III. Das Schiedsgericht ist hinsichtlich der Aberkennungsklage
zuständig ..................... 5
1. Die Schiedsklausel wurde gültig vereinbart
.....................................................................
6
a) Die Schiedsvereinbarung ist in formeller Hinsicht gültig
............................................ 6
b) Die Schiedsvereinbarung ist in materieller Hinsicht gültig
......................................... 6
2. Die Klägerin wird von der subjektiven Tragweite erfasst
................................................ 6
a) Die Klägerin ist Begünstigte aus einem Vertrag zugunsten
Dritter ............................. 6
b) Eventualiter: Die Klägerin wurde durch Einmischung Teil der
Schiedsvereinbarung 7
3. Der Klagegegenstand wird von der objektiven Tragweite erfasst
.................................... 8
a) Es bestand ein Konsens über die Schiedsvereinbarung
............................................... 8
b) Die Schiedsvereinbarung wird auf den Darlehensvertrag
erstreckt ............................. 9
IV. Es besteht ein Minderungsanspruch zugunsten der Klägerin
.................................. 10
1. Das Modell MP-14 weist Mängel auf
.............................................................................
10
a) Die Überhitzungsgefahr stellt einen Sachmangel dar
................................................ 10
b) Die fehlende Kompatibilität mit Einspeisemodulen stellt einen
Sachmangel dar ..... 11
c) Die Darstellung der MTBF ist eine Zusicherung i.S.v. Art. 197
Abs. 1 OR ............. 12
2. Die Mängel lagen bereits im Zeitpunkt des Gefahrenübergangs
vor ............................. 13
3. Der Käufer hatte keine Kenntnis von den Mängeln
....................................................... 13
4. Die Klägerin ist ihrer Untersuchungsobliegenheit nachgekommen
............................... 14
5. Die Klägerin ist zur Rüge berechtigt
..............................................................................
14
a) Die Klägerin ist als Drittbegünstigte aus dem Kaufvertrag zur
Rüge berechtigt ....... 14
b) Eventualiter: Die Klägerin hat als Stellvertreterin des
Käufers gerügt ...................... 15
i. Eine Vollmachterteilung liegt vor
.........................................................................
15
ii. Die Klägerin handelte im Namen des Käufers
...................................................... 16
-
Seite IV
c) Die Klägerin ist ihrer Rügeobliegenheit nachgekommen
.......................................... 16
d) Eventualiter: Die Klägerin erklärt(e) die Minderung
................................................. 18
V. Der Minderungsanspruch kann verrechnet werden
................................................. 18
1. Ziffer 21 des Kaufvertrages stellt einen Verrechnungsvertrag
dar ................................. 18
2. Eventualiter: Die Klägerin erklärt die Verrechnung
....................................................... 19
3. Die Forderungen sind gegenseitig
..................................................................................
20
4. Beide Forderungen sind Geldforderungen
......................................................................
20
5. Die Hauptforderung ist erfüllbar, die Verrechnungsforderung
fällig ............................. 20
-
Seite V
Literaturverzeichnis
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(zit. Komm. SRIA- BEARBEITER/-IN, Art. ... N ...)
N [5, 6, 16]
-
Seite XII
Entscheidverzeichnis
Urteil der ersten zivilrechtlichen Abteilung des Bundesgerichts
vom
1. Januar 2020
4A_342/2019
N [39]
Urteil der ersten zivilrechtlichen Abteilung des Bundesgerichts
vom
16. Oktober 2019
4A_292/2019
N [14, 15]
Auszug aus dem Urteil der ersten zivilrechtlichen Abteilung des
Bundesgerichts vom
17. April 2019
BGE 145 III 199
N [33]
Auszug aus dem Urteil der zweiten zivilrechtlichen Abteilung des
Bundesgerichts vom
14. Mai 2018
BGE 144 I 159
N [15]
Auszug aus dem Urteil der zweiten zivilrechtlichen Abteilung des
Bundesgerichts vom
17. November 2016
BGE 142 III 732
N [15]
Auszug aus dem Urteil der ersten zivilrechtlichen Abteilung des
Bundesgerichts vom
7. September 2016
BGE 142 III 521
N [14]
-
Seite XIII
Urteil aus der zweiten öffentlich-rechtlichen Abteilung des
Bundesgerichts vom
13. April 2016
BGer 2C_1045/2015
N [10]
Auszug aus dem Urteil der ersten zivilrechtlichen Abteilung des
Bundesgerichts vom
18. Februar 2016
BGE 142 III 239
N [40]
Urteil der ersten zivilrechtlichen Abteilung des Bundesgerichts
vom
2. Dezember 2014
BGer 4A_445/2013
N [52]
Auszug aus dem Urteil der ersten zivilrechtlichen Abteilung des
Bundesgerichts vom
27. Februar 2014
BGE 140 III 134
N [37, 38, 40]
Urteil der ersten zivilrechtlichen Abteilung des Bundesgerichts
vom
2. Oktober 2013
BGer 4A_305/2013
N [37]
Urteil der ersten zivilrechtlichen Abteilung des Bundesgerichts
vom
30. September 2013
BGer 4A_220/2013
N [37]
Urteil der ersten zivilrechtlichen Abteilung des Bundesgerichts
vom
13. Mai 2013
BGer 4A_17/2013
N [79]
-
Seite XIV
Urteil der zweiten öffentlich-rechtlichen Abteilung des
Bundesgerichts vom
7. Mai 2013
BGer 2C_1071/2012
N [59]
Auszug aus dem Urteil der ersten zivilrechtlichen Abteilung des
Bundesgerichts vom
27. November 2012
BGE 139 III 60
N [29]
Auszug aus dem Urteil der ersten zivilrechtlichen Abteilung des
Bundesgerichts vom
6. August 2012
BGE 138 III 681
N [38, 40]
Urteil der ersten zivilrechtlichen Abteilung des Bundesgerichts
vom
16. Juli 2012
BGer 4A_27/2012
N [79]
Auszug aus dem Urteil der ersten zivilrechtlichen Abteilung des
Bundesgerichts vom
7. November 2011
BGE 138 III 29
N [37]
Urteil der ersten zivilrechtlichen Abteilung des Bundesgerichts
vom
1. September 2011
BGer 4A_285/2011
N [79]
Urteil der ersten zivilrechtlichen Abteilung des Bundesgerichts
vom
23. März 2011
BGer 4A_23/2011
N [74]
-
Seite XV
Urteil der ersten zivilrechtlichen Abteilung des Bundesgerichts
vom
8. März 2011
BGer 4A_627/2011
N [28]
Urteil der ersten zivilrechtlichen Abteilung des Bundesgerichts
vom
17. Februar 2011
BGer 4A_549/2010
N [74]
Auszug aus dem Urteil der ersten zivilrechtlichen Abteilung des
Bundesgerichts vom
29. Oktober 2010
BGE 136 III 605
N [13, 14]
Auszug aus dem Urteil der ersten zivilrechtlichen Abteilung des
Bundesgerichts vom
20. März 2009
BGE 135 III 295
N [37]
Auszug aus dem Urteil der zweiten zivilrechtlichen Abteilung des
Bundesgerichts vom
6. Oktober 2008
BGE 135 I 14
N [3, 14]
Auszug aus dem Urteil der ersten zivilrechtlichen Abteilung des
Bundesgerichts vom
19. August 2008
BGE 134 III 565
N [28, 33]
Urteil der ersten zivilrechtlichen Abteilung des Bundesgerichts
vom
14. Februar 2008
BGer 4A_417/2007
N [49]
-
Seite XVI
Urteil der ersten zivilrechtlichen Abteilung des Bundesgerichts
vom
20. September 2006
BGer 4C.200/2006
N [44]
Urteil der ersten zivilrechtlichen Abteilung des Bundesgerichts
vom
23. November 2004
BGer 4C.267/2004
N [48]
Urteil der ersten zivilrechtlichen Abteilung des Bundesgerichts
vom
3. Mai 2004
BGer 4C.82/2004
N [68]
Auszug aus dem Urteil der ersten zivilrechtlichen Abteilung des
Bundesgerichts vom
21. November 2003
BGE 130 III 66
N [37]
Nisshin Shipping Co Ltd. v Cleaves & Company Ltd., England
and Wales High Court, Com-
merical Court, vom
7. November 2003
[2003] EWHC 2602 (Comm)
(zit. Nisshin v Cleaves)
N [28]
Auszug aus dem Urteil der ersten zivilrechtlichen Abteilung des
Bundesgerichts vom
16. Oktober 2003
BGE 129 III 727
N [33]
-
Seite XVII
Auszug aus dem Urteil der ersten Kammer des Eidgenössischen
Versicherungsgericht vom
28. März 2002
BGE 128 V 82
N [15]
Ronald Borsack, a/k/a Ron Bell v. Chalk & Vermilion Fine
Arts, Ltd. and others, United States
District Court, Southern District of New York, vom
7. August 1997
974 F.Supp. 293 (1997)
(zit. Borsack v. Chalk)
N [28]
Auszug aus dem Urteil der ersten zivilrechtlichen Abteilung des
Bundesgerichts vom
29. Juli 1996
BGE 122 III 420
N [37]
Auszug aus dem Urteil der ersten zivilrechtlichen Abteilung des
Bundesgerichts vom
20. Dezember 1995
BGE 121 III 495
N [40]
Auszug aus dem Urteil der ersten zivilrechtlichen Abteilung des
Bundesgerichts vom
17. Februar 1992
BGE 118 II 142
N [68]
Pepratx v. Fichou, Cour de cassation, chambre commerciale
vom
5. März 1991
Revue de l’Arbitrage 1/1992, 66 f.
(zit. Peptrax v. Fichou)
N [40]
-
Seite XVIII
Auszug aus dem Urteil der ersten zivilrechtlichen Abteilung des
Bundesgerichts vom
15. März 1990
BGE 116 Ia 56
N [40]
Auszug aus dem Urteil der ersten zivilrechtlichen Abteilung des
Bundesgerichts vom
26. September 1978
BGE 104 II 357
N [73]
Auszug aus dem Urteil des Appellationsgerichts Basel-Stadt
(Ausschuss) in Sachen E. gegen
ein Urteil des Dreiergerichts (BS) in: BJM 1973, 294 f., vom
13. September 1973
(zit. AppGer BS, BJM 1973)
N [65]
Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes des Bundesgerichts
vom
6. April 1971
BGE 97 IV 46
N [60]
Urteil der ersten zivilrechtlichen Abteilung des Bundesgerichts
vom
19. September 1961
BGE 87 II 155
N [84]
Auszug aus dem Urteil der ersten zivilrechtlichen Abteilung des
Bundesgerichts vom
26. April 1955
BGE 81 II 207
N [45]
-
Seite XIX
Auszug aus dem Urteil der ersten zivilrechtlichen Abteilung des
Bundesgerichts vom
22. Februar 1955
BGE 81 II 56
N [55]
Auszug aus dem Urteil der ersten zivilrechtlichen Abteilung des
Bundesgerichts vom
25. September 1945
BGE 71 II 239
N [49]
Urteil der ersten zivilrechtlichen Abteilung des Bundesgerichts
vom
30. Mai 1928
BGE 54 II 278
N [60]
Urteil des Reichsgerichts in Zivilsachen vom
30. Oktober 1924
Juristische Wochenschrift 23/1925, 2608
(zit. RG JW 1925, S. 2608)
N [28]
Urteil der ersten zivilrechtlichen Abteilung des Bundesgerichts
vom
17. Dezember 1915
BGE 41 II 732
N [54]
Urteil der zivilrechtlichen Kammer des Bundesgerichts vom
1. Dezember 1905
BGE 31 II 667
N [60]
-
Seite XX
Urteil der zivilrechtlichen Kammer des Bundesgerichts vom
10. November 1900
BGE 26 II 739
N [44]
-
Seite XXI
Abkürzungsverzeichnis
Abs. Absatz
AG Aktiengesellschaft
AppGer Appellationsgericht
Art. Artikel
ASA Association Suisse de l'Arbitrage (franz.: Schweizerische
Vereini-
gung für Schiedsgerichtsbarkeit)
a/k/a also known as
BGE amtlich publizierter Entscheid des Schweizerischen
Bundesgerichts
BGer Schweizerisches Bundesgericht
BGG Bundesgesetz über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz)
vom
17. Juni 2005 (SR 173.110)
BJM Basler juristische Mitteilungen
BK OR Berner Kommentar zum Obligationenrecht
BS Basel-Stadt
BSK IPRG Basler Kommentar zum Bundesgesetz über das
Internationale Pri-
vatrecht
BSK OR I Basler Kommentar zum Obligationenrecht I
BSK ZPO Basler Kommentar zum Zivilprozessrecht
BV Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom
18.
April 1999 (SR 101)
bzw. beziehungsweise
cc Carbon Copy
CH Confoederatio Helvetica
CHK OR I Handkommentar zum Onligationenrecht I
CISG Übereinkommen der Vereinten Nationen über Verträge über
den
internationalen Warenkauf (SR 0.221.211.1)
Co Ltd. Company Limited
Comm Commercial
c/o care of
Diss. Dissertation
Dr. Doktor
d.h. das heisst
-
Seite XXII
engl. englisch
EWHC High Court of England and Wales
E. Erwägung
E-Mail electronic mail
franz. französisch
f./ff. und folgende
F.Supp. Federal Supplement (Sammlung des West Verlags der
Rechtspre-
chung der Bezirksgerichte der Vereinigten Staaten von
Amerika)
gem. gemäss
GmbH Gesellschaft mit beschränkter Haftung
grds. grundsätzlich
h Stunde(n)
Hrsg. Herausgeber/-in
h.L. herrschende Lehre
insb. insbesondere
IBA International Bar Association
IBA Guidelines IBA Guidelines on Conflicts of Interest in
International Arbitration,
angenommen vom IBA Rat am 22. Mai 2004
IPR Internationales Privatrecht
IPRG Bundesgesetz über das Internationale Privatrecht vom 18.
Dezem-
ber 1987 (SR 291)
i.c. in casu (lat.: im vorliegenden Fall)
i.S. im Sinne
i.S.v. im Sinne von
i.V.m. in Verbindung mit
JW Juristische Wochenschrift
lat. lateinisch
lit. litera (lat.: Buchstabe)
Ltd. Limited
Kap. Kapitel
Komm. Kommentar
MP-14 Modellbezeichnung für eine Speiseeismaschine, hergestellt
von der
Frigidarium GmbH
-
Seite XXIII
MTBF Mean Time Before Failure
m.a.W. mit anderen Worten
M&A Mergers & Acquisitions
M&P Multiland & Partners
N Randnote
No. Number
Nr. Nummer
OFK Orell Füssli Kommentar zum Schweizerischen
Obligationenrecht
OR Bundesgesetz vom 30. März 1911 betreffend die Ergänzung
des
Schweizerischen Zivilgesetzbuches (Fünfter Teil:
Obligationen-
recht) (SR 220)
o.Ä. oder Ähnliches
RG Reichsgericht
S. Seite
s. siehe
SCAI Swiss Chambers’ Arbitration Institution
sog. sogenannt
SR Systematische Rechtssammlung des Bundes
SRIA Internationale Schweizer Schiedsordnung (Swiss Rules) der
Han-
delskammern von Basel, Bern, Genf, Lausanne, Lugano, Neuen-
burg und Zürich vom 1. Juni 2012
UNCITRAL United Naitons Commission on International Trade
Law
UNCITRAL Model Law UNCITRAL Model Law on International
Commercial Arbitration
vom 25. Juni 1985 mit Änderungen aufgenommen in 2006
UN-Kaufrecht Übereinkommen der Vereinten Nationen über Verträge
über den
internationalen Warenkauf (SR 0.221.211.1)
u.a. unter anderem
v., v versus
vgl. vergleiche
ZGB Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
(SR
210)
Ziff. Ziffer
zit. zitiert
ZK IPRG II Zürcher Kommentar zum Internationalem Privatrecht
II
-
Seite XXIV
ZK OR Zürcher Kommentar zum Obligationenrecht
ZPO Schweizerische Zivilprozessordnung vom 19. Dezember 2008
(SR 272)
-
Seite 1
I. Das Ablehnungsrecht wurde nicht verwirkt
1. Das Schiedsgericht ist für die Beurteilung des
Ablehnungsbegehrens zuständig
Die Beklagte bestreitet die Zuständigkeit des Schiedsgerichts
über allfällige Ablehnungsbegeh-
ren selbst zu entscheiden und weist diese Kompetenz
fälschlicherweise alleinig dem Schieds-
gerichtshof zu. Das IPRG der Schweiz gewährt den Parteien
weitläufige Autonomie bei der
Regelung des Schiedsverfahrens.
Den Parteien wird in Art. 182 Abs. 1 IPRG ermöglicht, das ganze
Schiedsverfahren nach Be-
lieben, innerhalb gesetzlicher Mindeststandards, selbst zu
bestimmen (BSK IPRG-SCHNEI-
DER/SCHERER, Art. 182 N 3). Dabei räumt das IPRG nicht nur der
Ernennung
gem. Art. 179 Abs. 1 IPRG, sondern auch in Art. 180 Abs. 3 IPRG
beim Ablehnungsverfahren
der Parteivereinbarungen den Vorrang ein (ZK IPRG II-OETIKER,
Art. 180 N 31). Den Parteien
werden weitgehende Freiheiten in der Bestimmung der zuständigen
Instanz und Regelung des
Verfahrens zugesprochen (BERGER/KELLERHALS, N 893). Diese
Parteiautonomie eröffnet
ihnen in Art. 182 Abs. 1 IPRG auch die Möglichkeit, sich einer
Schiedsordnung zu unterstellen
und sich so nach deren Verfahrensvorschriften zu richten. Nur
weil die Parteien sich einer spe-
zifischen Schiedsordnung unterstellen, kann sicherlich nicht
davon ausgegangen werden, dass
ihrer Parteiautonomie in der Ausgestaltung des Verfahrens gar
keine Relevanz mehr zukomme
(BERGER/KELLERHALS, N 1105).
Unbestrittenerweise müssen zwingende Normen i.S.v. fundamentalen
Verfahrensgarantien
bzw. verfahrensrechtlichen Minimalstandards auch im
Schiedsverfahren gewährleistet sein
(BERGER/KELLERHALS, N 1115 f.). Wird schweizerisches Recht als
lex arbitri gewählt, ergibt
sich ein solcher Mindeststandard aus Art. 30 Abs. 1 BV i.V.m.
Art. 180 Abs. 1 lit. c IPRG
(BERGER/KELLERHALS, N 605). Daraus ableitend ist das Gericht mit
unabhängigen und unpar-
teilichen Richtern zu besetzen. Dieser Grundsatz gilt zwingend
auch vor Schiedsgerichten
(BGE 135 I 14, E. 2; BSK IPRG-PETER/BRUNNER, Art. 180 N 10).
Damit einhergehend besteht
die Möglichkeit, befangene Richter abzusetzen (GEISINGER/VOSER,
S. 63).
Bei der Beurteilung eines Ablehnungsbegehrens ermöglicht die
Parteiautonomie sodann grds.
auch, das Schiedsgericht selbst für zuständig zu erklären, wobei
der in Frage stehende Schieds-
richter in den Ausstand zu treten hat (BERGER/KELLERHALS, N
898). Die Regelung, das
Schiedsgericht selbst für zuständig zu erklären, ist keinesfalls
fremd, sie entspricht vielmehr
der Rechtswirklichkeit. Auch wenn dem schweizerischen
Prozessrecht im Schiedsverfahren
keine unmittelbare Bedeutung zukommt, dient sie als wichtige
Inspirationsquelle (STACHER,
N 274). Art. 369 ZPO überlässt die Verfahrensausgestaltung – und
damit auch die Möglichkeit,
das Ablehnungsverfahren selbst zu bestimmen – ganz den Parteien.
Darüber hinaus wird in
-
Seite 2
Art. 37 Abs. 1 BGG gesetzlich vorgesehen, dass das Gericht
selbst über allfällige Ablehnungs-
begehren entscheidet. Ebenso sieht Art. 13 Abs. 2 UNCITRAL Model
Law vor, dass das
Schiedsgericht selbst über ein Ablehnungsbegehren entscheiden
darf.
Die Parteien haben weiterhin die Möglichkeit, die Bestimmungen
der Schiedsordnung weitge-
hend nach ihrem Belieben zu modifizieren. Sollte die
Schiedsinstitution nicht den von den Par-
teien vereinbarten Vorschriften zustimmen, kann sie entscheiden,
dass kein institutionelles Ver-
fahren mehr durchgeführt werden soll (zum Ganzen s.
Practitioner’s Guide-LAZOPOULOS, Art.
15 N 7 f.; ZK IPRG II-OETIKER, Art. 182 N 10; STACHER, N 266).
Auch die SRIA erlauben,
dass von ihren Regelungen unter Einhaltung der genannten
Voraussetzungen abgewichen wer-
den kann (Komm. SRIA-BESSON/ THOMMESEN, Introduction N 53).
Art. 10 Ziff. 1 SRIA schreibt vor, dass jeder Richter aufgrund
zweifelhafter Unparteilichkeit
und Unabhängigkeit abgelehnt werden kann. Es handelt sich
unbestrittenermassen um eine
zwingende Norm, wie sie in Art. 180 Abs. 1 lit. c IPRG schon zu
finden ist (Practitioner’s
Guide-GORDON-VRBA/VOCK, Art. 10 N 8). Art. 11 Ziff. 1 SRIA mag
zwar auch eine zwingende
Norm der SRIA sein (Komm. SRIA-BESSON/THOMMESEN, Introduction N
55), ihr zwingender
Charakter beschränkt sich jedoch lediglich auf die ihr
zugrundeliegenden fundamentalen Ver-
fahrensgarantien. Sie ermöglicht den Parteien, ihr
Ablehnungsbegehren prozessual durchzuset-
zen. Dabei bezieht sich der Kerngehalt der Bestimmung auf genau
diesen Zugang zu einem
Verfahren und nicht darauf, wie dieses im Einzelnen
auszugestalten ist. Hinsichtlich der Ge-
staltung des Verfahrens gilt somit noch immer das Prinzip der
Parteiautonomie.
Ebenso wird in keiner signifikanten Weise die Effizienz des
Verfahrens beeinträchtigt, allein
schon aus dem Grund, dass die Klägerin die bisher vorgenommen
Verfahrenshandlungen, an
denen der betroffene Schiedsrichter teilgenommen hat, nicht
beanstandete. Es ist daher nicht
ersichtlich, wieso das Verfahren in der SCAI strikter sein
sollte. Daher ergibt sich auch nicht,
wieso die SCAI vom institutionellen Verfahren zurücktreten
sollte.
Die Beklagte liegt daher in ihrer Ansicht fehl, dass einzig der
Schiedsgerichtshof für die Beur-
teilung des Ablehnungsbegehrens zuständig sein könne.
Richtigerweise kann das Schiedsge-
richt durch Parteivereinbarung als zuständige Instanz bestimmt
werden. Die Parteiautonomie
findet auch innerhalb der Schiedsordnung Geltung und ermöglicht
eine Abänderung des in ihr
vorgesehenen Ablehnungsverfahrens. Eine solche Abänderung kann
und ist zugunsten der Be-
stimmung, wer über ein Ablehnungsbegehren entscheiden darf,
erfolgt, da sie in bewusster Ab-
weichung von der Musterschiedsklausel (SRIA, S. 7) in die
Schiedsvereinbarung (K-1, Ziff. 24)
übernommen wurde. Entgegen der Behauptungen der Beklagten kann
und ist somit dem
-
Seite 3
Schiedsgericht die Kompetenz, über ein allfälliges
Ablehnungsbegehren zu entscheiden, über-
tragen worden.
2. Eventualiter: Das Ablehnungsbegehren wurde fristgerecht
eingereicht
Sollte sich das Schiedsgericht wider Erwarten als nicht
zuständig erachten, ist festzustellen,
dass das Ablehnungsbegehren der Klägerin gegen Dr. Stolperstein
fristgerecht beim Sekretariat
des Schiedsgerichtshofs und somit beim SCAI eingegangen ist.
Der Wortlaut der engl. Fassung von Art. 11 Ziff. 1 SRIA
verlangt, dass das Sekretariat von
einem allfälligen Ablehnungsbegehren in Kenntnis gesetzt wird
(«send a notice»). In der deut-
schen Fassung desselben Artikels wird das Sekretariat als
Adressat des Ablehnungsbegehrens
bezeichnet. Eine Kenntnisnahme ist dann gegeben, wenn die zu
Kenntnis nehmende Informa-
tion in den Machtbereich des Empfängers gelangt, d.h. sobald sie
vom Empfänger abgerufen
werden kann (HUGUENIN, N 186). Daher ist eine solche schon
gewährleistet, wenn die Person
im «cc» einer E-Mail informiert wurde (BGer 2C_1045/2015, E.
3.3.4).
Auch wenn man argumentieren möge, das Sekretariat müsse Adressat
sein, ist dies im vorlie-
genden Fall ohnehin gegeben, da die E-Mail an die E-Mailadresse
des Sekretariats gesendet
wird. Es erscheint hier offensichtlich, dass, wer eine E-Mail
auch nur im «cc» auf seine
E-Mailadresse erhält, gleichwohl Adressat ist.
Das Ablehnungsbegehren wurde am 27. August 2020 innerhalb der
15-tägigen Frist per E-Mail
verschickt, wobei das Sekretariat ins «cc» genommen wurde. Diese
E-Mail wurde vom Sekre-
tariat auch zur Kenntnis genommen (vgl. Verfahrensbeschluss Nr.
2, 3.A.1). Nach dem Wort-
laut der deutschen Fassung eine engere Auslegung zu wählen als
die blosse Kenntnisnahme in
der engl., ist nicht sachgerecht. Die Einrede der Beklagten, das
Ablehnungsbegehren sei ver-
wirkt, ist daher nicht zu hören.
II. Das Ablehnungsbegehren gegen Dr. Stolperstein ist
gutzuheissen
Die Klägerin hält an der Ablehnung von Dr. Stolperstein als
Schiedsrichter fest. Ablehnungs-
begehren sind gutzuheissen, wenn berechtigte Zweifel an der
Unparteilichkeit und Unabhän-
gigkeit des betroffenen Schiedsrichters vorliegen (BGE 136 III
605, E. 3.3.1). Der von der Be-
klagten ernannte Schiedsrichter, Dr. Stolperstein, lässt solche
Zweifel aufkommen.
1. Fehlende Unabhängigkeit stellt einen Ablehnungsgrund dar
Die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit von Richtern ist von
fundamentaler Bedeutung für
ein faires Verfahren vor jeglichen Gerichten. Um die Rechtskraft
und Vollziehbarkeit ihrer Ur-
teile sicherzustellen, müssen Schiedsgerichte den genannten
Grundsatz gewährleisten, welcher
sich aus Art. 30 Abs. 1 BV und Art. 180 Abs. 1 lit. c IPRG
ergibt (BGE 135 I 14, E. 2; GIRS-
-
Seite 4
BERGER/VOSER, N 697 ff.). Es soll verhindert werden, dass
sachfremde Umstände sich in ir-
gendeiner Weise auf das Urteil auswirken (BGE 135 I 14, E. 2).
Dies gilt auch im Schiedsver-
fahren (BGer 4A_292/2019, E. 3.1). Die staatliche Gerichtspraxis
findet nicht direkt Anwen-
dung. Sie wird zur Auslegung herangezogen, wobei die Eigenheiten
der internationalen
Schiedsgerichtsbarkeit beachtet werden müssen (BGE 129 III 445,
E. 3.3.3). Diese Anforde-
rungen müssen von den parteiernannten Schiedsrichtern und dem
Präsidenten gleichermassen
erfüllt werden (BGE 136 III 605, E. 3.3.1). Liegen die
Voraussetzungen nicht vor, handelt es
sich um eine rechtswidrige Ernennung (BGE 142 III 521, E.
3.1.1).
Nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung wird eine solche
rechtswidrige Ernennung oder Be-
fangenheit eines Richters immer dann angenommen, wenn
Gegebenheiten vorliegen, die bei
objektiver Betrachtung den Anschein der Befangenheit oder die
Gefahr der Voreingenommen-
heit zu begründen vermögen. Es gilt immer im Einzelfall aller
verfahrensrechtlichen und tat-
sächlichen Umstände zu evaluieren, ob Gründe vorliegen, die
geeignet erscheinen, Misstrauen
in die Unparteilichkeit des Richters zu erwecken.
Selbstverständlich kann hierbei nicht auf ein
rein subjektives Empfinden einer Prozesspartei abgestellt werden
(zum Ganzen s.
BGer 4A_292/2019, E. 3.1; BGE 144 I 159, E. 4.3; 142 III 732, E.
4.2.2). Eine tatsächliche
Befangenheit des Schiedsrichters wird hingegen nicht verlangt
(BGE 128 V 82, E. 2a).
Viele Schiedsinstitute, einschliesslich der SCAI, nehmen die IBA
Guidelines als Richtlinie zur
Beurteilung, ob ein Ablehnungsgrund tatsächlich vorliegt (Komm.
SRIA-MARGUERAT, Art. 9
N 9). Die IBA Guidelines sind in zwei Teile gegliedert. Der
erste Teil beschreibt die allgemei-
nen Richtlinien zur Unabhängigkeit und Unparteilichkeit. Der
zweite Teil nennt 54 spezifische
Situationen, basierend auf der internationalen Praxis, welche
eine Befangenheit begründen
könnten. Diese wiederum sind in drei Kategorien unterteilt. Die
Red List nennt Situationen, in
welchen der Schiedsrichter auf sein Amt verzichten muss, die
Orange List nennt Situationen,
die einen Ablehnungsgrund darstellen könnten, und die Green List
solche, bei denen kein Inte-
ressenkonflikt vorliegt. Es gilt dabei stehts auf den Einzelfall
abzustellen (zum Ganzen s. BSK
IPRG-PETER/BRUNNER, Art. 180 N 19).
2. Dr. Stolperstein ist befangen
Zwischen der Schwestergesellschaft und der Beklagten besteht
eine enge Bindung, da diese die
von der Beklagten hergestellten Speiseeisproduktionsmaschinen in
Australien und Neuseeland
vertreibt, sowie die Patente für eben diese Maschinen in ihren
Geschäftsgebiet besitzt. Neben
ihrer ohnehin schon gegebenen Verbundenheit durch die
Muttergesellschaft besteht ein gegen-
seitiges Interesse am wirtschaftlichen Erfolg.
-
Seite 5
Am 31. Oktober haben die Anwaltskanzleien Globalex Anwälte und
M&P fusioniert. Aufgrund
der wirtschaftlichen Verflechtung zwischen der neu fusionierten
Gesellschaft und der Schwes-
tergesellschaft der Beklagten, ist Dr. Stolperstein als deren
Partner nicht mehr in der Lage, als
Richter im Schiedsverfahren teilzunehmen. Auch wenn er zum
Zeitpunkt seiner Ernennung
noch nicht Teil der neuen Gesellschaft war, wurde die Fusion
schon auf das genannte Datum
geplant und war daher vorhersehbar.
M&P haben noch bis Anfang des Jahres eine mehrjährige
Rechtsstreitigkeit für die Schwester-
gesellschaft der Beklagten geführt sowie erst Mitte letzten
Jahres noch ein M&A-Mandat von
besagter Gesellschaft gehandhabt. In den IBA Guidelines wird ein
solcher Fall in der Orange
List im Punkt 3.1.4 beschrieben. Wegen mehrjähriger Beziehungen
und mehreren Mandaten
von M&P mit der Schwestergesellschaft und deren Nähe zur
Beklagten müssen ernsthafte
Zweifel an einem Partner der Gesamtkanzlei gesehen werden. Im
letzten Jahr hat die Beziehung
zwischen M&P mit der Schwestergesellschaft einen Umsatz von
mehr als einem Prozent für
die Niederlassung in Melbourne eingebracht. Weil diese
Niederlassung damit rechnet, dass sie
auch zukünftig berücksichtigt wird (Verfahrensbeschluss Nr. 2,
Ziff. 3.A.2), fliesst dies auch
in die Umsatzerwartungen der nächsten Jahre mit ein. Zudem ist
der Verlust einer Mandantin,
welche auch nur eine einstellige Prozentzahl des Umsatzes
ausmacht, insb. mit Blick auf die
Signifikanz dieser Niederlassung mit rund 8 % des erwarteten
Gesamtumsatzes der neu fusio-
nierten Gesellschaft in 2021, ein doch schwerwiegender
Einschnitt. In die Evaluation muss
weiter einfliessen, dass ein Teil von Dr. Stolpersteins
Gewinnbeteiligung vom weltweit erwirt-
schafteten Gewinn der Gesamtkanzlei abhängig ist
(Verfahrensbeschluss Nr. 2, Ziff. 3.A.4).
Dr. Stolperstein ist aufgrund der genannten Gründe versucht,
wenn auch nur unterbewusst, in
einer Weise zu handeln, damit die Schwestergesellschaft M&P
weiterhin gut gesinnt ist.
Unter Berücksichtigung aller Umstände kann kein anderer Schluss
gezogen werden, als dass
Dr. Stolperstein mindestens dem Anschein nach befangen wirkt, da
dieser ein direktes, zumin-
dest aber ein indirektes Interesse am Ausgang des
Schiedsverfahrens hat. Das Ablehnungsbe-
gehren ist folglich gutzuheissen.
III. Das Schiedsgericht ist hinsichtlich der Aberkennungsklage
zuständig
Die Beklagte behauptet, zwischen den Parteien bestünde keine
gültige Schiedsvereinbarung,
und bestreitet die Zuständigkeit des Schiedsgerichts
(Einleitungsantwort der Beklagten, N 1).
Liegt eine gültige Arbiträrklausel vor, welche einen
schiedsfähigen Streitgegenstand und
schiedsfähige Parteien umfasst, so ist das Schiedsgericht für
die Beurteilung zuständig
(BSK IPRG-COURVOISIER/JAISLI KULL, Art. 186 N 54).
-
Seite 6
Nachfolgend wird dargelegt, dass zur Beurteilung der
Aberkennungsklage einzig das Schieds-
gericht zuständig ist.
1. Die Schiedsklausel wurde gültig vereinbart
a) Die Schiedsvereinbarung ist in formeller Hinsicht gültig
Gem. Art. 178 Abs. 1 IPRG muss die Schiedsvereinbarung in einer
Form erfolgen, welche den
Nachweis der Vereinbarung durch Text ermöglicht, sei dies
schriftlich, durch Telegramm, Te-
lex, Telefax oder in sonstiger schriftlicher Form.
Der Kaufvertrag vom 31.Oktober 2018 (K-1) wurde schriftlich
abgeschlossen und enthält in
Ziff. 24 eine Schiedsvereinbarung.
b) Die Schiedsvereinbarung ist in materieller Hinsicht
gültig
Die materielle Gültigkeit ergibt sich aus Art. 178 Abs. 2 IPRG.
Die Schiedsvereinbarung ist
demnach gültig, wenn sie dem von den Parteien gewählten, dem auf
den Hauptvertrag anwend-
baren oder schweizerischem Recht entspricht (BERGER/KELLERHALS,
N 399 ff.).
Die Parteien haben sich im Kaufvertrag auf die Anwendung
schweizerischen Rechts unter Aus-
schluss des UN-Kaufrechts (CISG) geeinigt (K-1, Ziff. 23) und
dieser ist unbestritten gültig
zustande gekommen.
2. Die Klägerin wird von der subjektiven Tragweite erfasst
Die Beklagte behauptet, die Klägerin sei nicht Teil der
Schiedsvereinbarung. Wie nachfolgend
gezeigt wird, ist jedoch auch für Streitigkeiten aus dem
Darlehensvertrag das Schiedsgericht
zuständig (Einleitungsantwort der Beklagten, N 1).
a) Die Klägerin ist Begünstigte aus einem Vertrag zugunsten
Dritter
Auch wenn eine Partei in einem Vertrag mit Schiedsvereinbarung
nicht explizit genannt wird,
kann sie von dieser erfasst sein (BGE 134 III 565, E. 3.2).
Liegt ein echter Vertrag zugunsten
Dritter i.S.v. Art. 112 Abs. 2 OR vor, welcher eine
Schiedsklausel enthält, so kann sich auch
der Begünstigte auf diese berufen, wenn dies aus dem Willen der
Parteien hervorgeht (BER-
GER/KELLERHALS, N 559; SANDROCK, S. 169). Dass die
Vertragspartner diese Ausdehnung an-
strebten wird vermutet, es sei denn, die Schiedsvereinbarung
schlösse dies ausdrücklich aus
(BGer 4A_627/2011 E. 3.2). Im Rechtskreis des Common Law kann
der Dritte sich gar nur an
das Schiedsgericht wenden, wenn der ihn begünstigende Vertrag
eine Schiedsklausel enthält
(Nisshin v Cleaves; Borsack v. Chalk; HANOTIAU, S. 324).
Gleiches gilt auch in Deutschland
(LACHMANN, N 502; SCHWAB/WALTER, Kap. 7 N 36; RG JW 1925, S.
2608).
An einem Vertrag zugunsten Dritter sind drei Personen beteiligt;
es sind dies der Promissar, der
verspricht an den Dritten zu leisten, der Promittent, der sich
dies versprechen lässt, und der
begünstigte Dritte, an den geleistet werden soll (KOLLER, N
73.21). Wird ein herkömmlicher
-
Seite 7
Schuldvertrag mit einer Drittbegünstigungsklausel ergänzt, wird
dieser zu einem Vertrag zu-
gunsten Dritter (KRAUSKOPF, N 169). Als echter Vertrag zugunsten
eines Dritten gilt eine Ab-
rede, durch die der Begünstigte die geschuldete Leistung selbst
einfordern kann (BERGER,
N 2276 f.). Dass der Dritte dazu berechtigt ist, wird nicht
vermutet, sondern ergibt sich aus dem
Parteiwillen (BGE 139 III 60, E. 5.2).
Vorliegend wurde der Kaufvertrag (K-1) über eine
Speiseeismaschine MP-14 zwischen Herrn
Kaufmann und der Beklagten geschlossen. In Ziff. 21 wird der
Klägerin das Recht eingeräumt,
bei einem allfälligen Gewährleistungsfall die Wertminderungen
mit den ausstehenden Darle-
hensforderungen zu verrechnen. Durch diese Abrede wird die
Klägerin dahingehend begüns-
tigt, als dass sie die gegen sie ausstehende Darlehensforderung
mit ursprünglich nicht ihr zu-
stehenden Minderungsansprüchen verrechnen kann. Dass es sich
dabei um einen echten Vertrag
zugunsten Dritter handeln muss, ergibt sich schon daraus, dass
der Klägerin gem. Ziff. 21 ex-
plizit die Geltendmachung der Verrechnung eingeräumt wurde.
Somit kann sich auch die Klä-
gerin auf die Schiedsvereinbarung in Ziff. 21 berufen, da sie
Begünstigte aus dem Vertrag ist
und ebendieser die Berufung darauf nicht ausschliesst.
Aus Deutschland stammend, musste die Beklagte um den Umstand
wissen, dass sich der Dritt-
begünstigte nur an das Schiedsgericht wenden kann. Es spielt
dabei keine Rolle, unter welcher
Prämisse der Vertrag von Herrn Schmid unterzeichnet wurde (vgl.
K-13, N 4), da eine An-
wendbarkeit der Schiedsklausel keinen Vertragsbeitritt der
Klägerin erfordert. Die Klägerin ist
von der subjektiven Tragweite der Schiedsklausel erfasst und
kann sich auf diese berufen.
b) Eventualiter: Die Klägerin wurde durch Einmischung Teil der
Schiedsvereinbarung
Für den Fall, dass das Schiedsgericht das Vorliegen einer
Drittbegünstigungsklausel verneinen
sollte, macht die Klägerin geltend, dass sie aufgrund der
wiederholten Einmischung in die Ver-
tragsverhandlungen und den Vollzug des Kaufvertrages durch die
Schiedsvereinbarung gebun-
den ist und sich deshalb auch auf diese berufen kann.
Denn auch ein Dritter wird an die Schiedsvereinbarung gebunden,
wenn er sich in den Vollzug
des Vertrages einmischt, welcher jene enthält. Nach ständiger
bundesgerichtlicher Rechtspre-
chung impliziert die Einmischung in den Vollzug die Zustimmung
zur Schiedsklausel (zum
Ganzen s. BGE 145 III 199, E. 2.4; 134 III 565, E. 3.2; 129 III
727, E. 5.3.2). Wenn der Vertrag
ganz oder teilweise durch eine nicht unterschreibende Partei
verhandelt oder ausgeführt wurde,
so lässt sich daraus der Wille der Parteien ableiten, dass auch
der nicht unterschreibende Dritte
an die Schiedsklausel gebunden werde (FOUCHARD/GAILLARD/GOLDMAN,
N 499; ZUBERBÜH-
LER, S. 21; BLESSING, Extension, S. 160).
-
Seite 8
Vorliegend hat Herr Meinrad, der zu diesem Zeitpunkt noch im
Verwaltungsrat der Klägerin
tätig war, die ersten Vertragsentwürfe erstellt, wobei ihm
seitens der Beklagten weitgehend
freie Hand gelassen wurde (K-13, N 2). Die Klägerin hat sich
demnach von Anfang an in die
Vertragsverhandlungen eingemischt. Der Kaufvertrag kann nur
vollzogen werden, wenn vorher
der Darlehensvertrag zugunsten der Klägerin geschlossen wurde
(K-1, N 16); auch hier hing es
wieder von ihr ab, ob der Kaufvertrag mit Schiedsvereinbarung
erfüllt werden konnte. Weiter-
hin ist als Erfüllungsort des Kaufvertrages der Sitz der
Klägerin vereinbart worden (K-1, N 9).
Als nächste Einflussnahme kann die E-Mail von Herrn Pfister
bewertet werden, in der dieser
von der Beklagten forderte, die Speiseeismaschine einer
technischen Prüfung zu unterziehen
(K-9). Es liegen mithin also wiederholte Interventionen vor, in
denen der Wille der Klägerin,
sich ebenfalls auf die Schiedsvereinbarung berufen zu können,
unmissverständlich zu Tage tritt.
3. Der Klagegegenstand wird von der objektiven Tragweite
erfasst
a) Es bestand ein Konsens über die Schiedsvereinbarung
Die Auslegung der Schiedsklausel hat nach dem dem
Rechtsverhältnis zu Grunde liegendem
Recht zu erfolgen (POUDRET/BESSON, N 304).
Vorliegend wurde die Anwendung schweizerischen Rechts vereinbart
(Ziff. 23, K-1).
Die Schiedsvereinbarung wird nach allgemein geltenden
Grundsätzen ausgelegt, wobei der
übereinstimmende wirkliche Wille der Parteien massgebend ist
(BGE 140 III 134, E. 3.2;
130 III 66 E. 3.2). Ist der tatsächliche Wille nicht mehr
ermittelbar, so wird die Schiedsverein-
barung i.S. des Vertrauensprinzips ausgelegt, der Parteiwille
ist demnach so zu ermitteln, wie
er in guten Treuen und nach den gesamten Umständen vom
jeweiligen Erklärungsempfänger
verstanden werden durfte und musste (BGE 138 III 29, E. 2.2.3;
135 III 295, E. 5.2). Es ist auf
den Zeitpunkt des Vertragsschlusses abzustellen (BGer
4A_305/2013, E. 3.2.2). Der Wortlaut
bildet das primäre Auslegungsmittel, doch sind auch alle anderen
Umstände zu berücksichtigen
(BGer 4A_220/2013, E. 4.4.2). Nicht nur der Wortsinn spielt eine
Rolle, sondern auch Kontext
und Stellung innerhalb des Vertrages (BSK OR I-WIEGAND, Art. 18
N 24). Im Ergebnis muss
davon ausgegangen werden, dass die Parteien eine sachgerechte
Lösung anstrebten
(BGE 122 III 420 E. 3a). Sinn und Zweck einer
Schiedsvereinbarung ist es, in einem internati-
onalen Kontext gespaltene Rechtswege zu vermeiden (BSK
IPRG-GRÄNICHER Art. 178 N 8).
Nimmt die Schiedsvereinbarung Bezug auf «Alle
Rechtsstreitigkeiten die sich aus dem Vertrag
oder in Zusammenhang mit diesem zwischen den Parteien ergeben»
o.Ä., so ist davon auszu-
gehen, dass die Parteien alle sich aus dem Vertrag ergebenden
oder diesen unmittelbar berüh-
renden Ansprüche der ausschliesslichen Zuständigkeit des
Schiedsgerichts unterwerfen wollten
-
Seite 9
(BGE 140 III 134 E. 3.3.2; 138 III 681 E. 4.4). Für ein
extensives Verständnis der Schiedsver-
einbarung darf kein einengender Wortlaut gewählt werden.
Formulierungen wie «in Zusam-
menhang» sind sehr weit zu verstehen (zum Ganzen s. BLESSING, S.
49).
Vorliegend verhandelten die Vertragspartner nicht direkt
miteinander, sondern Herr Meinrad
fungierte als Vermittler (K-13, N 1). Er erstellte die Entwürfe
des Kaufvertrages und trug die
jeweiligen Ergänzungswünsche den Parteien vor, bis eine Einigung
erzielt wurde (K-13, N 2).
Die Schiedsvereinbarung entspricht nicht wortwörtlich der
Musterschiedsklausel der SRIA
(vgl. SRIA, S. 7), daraus lässt sich schliessen, dass sich die
Vertragsparteien Gedanken über
die Formulierung der Klausel gemacht haben und somit die weite
Fassung «Alle sich aus oder
im Zusammenhang mit dem vorliegenden Vertrag ergebenden
Streitigkeiten […]» bewusst
wählten und durch die Verkürzung der aufgezählten Tatbestände
eine Ausweitung des Anwen-
dungsbereichs anstrebten. In Ziff. 16 einigten sich die Parteien
auf eine aufschiebende Bedin-
gung i.S.v. Art. 151 Abs. 1 OR, wonach der Kaufvertrag nur
zustande kommt, wenn der Klä-
gerin vorher durch die Beklagte ein Darlehen gewährt wird. Dies
bringt den unmissverständli-
chen Willen der Parteien zum Ausdruck, die Verträge zu
verknüpfen. Auch bei der Systematik
gingen die Parteien planmässig vor, so steht die aufschiebende
Bedingung vor der Abmachung
über die Gewährleistung und erst in den Schlussbestimmungen
wurde die Schiedsklausel ver-
einbart. Die Verknüpfung der Verträge und die Begünstigung der
Klägerin wurden also bewusst
vor die allumfassende Schiedsvereinbarung gesetzt. Dass alle
sich aus dem Vertrag ergebenden
Streitigkeiten unter die Arbiträrklausel fallen, also auch jene,
die aus dem Darlehen erwachsen,
erscheint im Lichte der offensichtlichen Abhängigkeit der beiden
Verträge auch nur sachge-
recht. Denn hätte die Klägerin die Gewährleistungsansprüche vor
einem staatlichen Gericht
geltend gemacht, so hätte der Richter auch dessen Gültigkeit,
mithin dessen Zustandekommen,
prüfen müssen, was jedoch laut Ziff. 24 des Kaufvertrages
explizit dem Schiedsgericht über-
tragen wurde. So müsste die Verrechnung des
Gewährleistungsanspruchs vor einem staatlichen
Gericht geltend gemacht werden, die Überprüfung des
Zustandekommens jedoch vor dem
Schiedsgericht, was in keinem Fall sachgerecht ist (vgl. BGer
4A_342/2019, E. 3.4). Es ist
deshalb von einer umfassenden Zuständigkeit des Schiedsgerichts
auszugehen.
b) Die Schiedsvereinbarung wird auf den Darlehensvertrag
erstreckt
Liegt eine Schiedsabrede vor, kommt eine restriktive Auslegung
dieser nicht in Frage. Umge-
kehrt ist gerade davon auszugehen, dass die Parteien eine
umfassende Zuständigkeit des
Schiedsgerichtes anstrebten (zum Ganzen s. BGE 140 III 134, E.
3.3.2; 138 III 681, E. 4.4; 116
Ia 56, E. 3b). Soll eine Schiedsvereinbarung auf mehrere
Verträge Anwendung finden, müssen
diese individualisiert bezeichnet werden (BSK IPRG-GRÄNICHER,
Art. 178 N 58) oder dies
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muss sich aus der engen Verbindung der Verträge ergeben
(RÜEDE/HADENFELDT, S. 69). Ver-
folgen die Verträge denselben Zweck, enthält aber nur einer eine
Schiedsvereinbarung, so ist
diese auf beide Verträge anwendbar, falls dies aus dem
Parteiwillen, wenn auch nur implizit,
ersichtlich ist (FOUCHARD/GAILLARD/GOLDMAN, N 522). Besteht
zwischen den Verträgen ein
enger sachlicher Zusammenhang, wird vermutet, dass die Parteien
alle Verträge der Schieds-
gerichtsbarkeit unterwerfen wollten, auch wenn nur ein Vertrag
dies behauptet
(BGE 142 III 239, E. 5.2.3). Das französische Kassationsgericht
sieht dies als gegeben an,
wenn eine weitere Vereinbarung nur «die Fortsetzung der ersten
war» (Pepratx v. Fichou, «la
suite de la première»). Die Verträge müssen intellektuell
zusammenhängen, also Teil desselben
wirtschaftlichen Vorganges sein oder sich gegenseitig ergänzen
oder erfüllen (COHEN, S. 487).
Nur wenn der nachfolgende Vertrag selbst eine eigene
Arbiträrklausel enthält, ersetzt sie die
frühere Vereinbarung (BGE 121 III 495, E. 5a).
Vorliegend ergibt sich die wechselseitige Abhängigkeit aus der
in Ziff. 16 formulierten, auf-
schiebenden Bedingung des Kaufvertrages (K-1). Der Kaufvertrag
über die Aktien und die
Speiseeismaschine sollten nur zustandekommen, wenn der
Darlehensvertrag zuvor abgeschlos-
sen werden würde, d.h. ohne vorherigen Abschluss des
Darlehensvertrages gäbe es keinen
Kaufvertrag. Weiterhin ergibt sich die Interdependenz aus der
Ziff. 21, welche besagt, dass alle
Wertminderungen, welche sich aus dem Kaufvertrag ergäben, durch
die Klägerin mit dem ihr
gewährten Darlehen zu verrechnen seien (vgl. dazu auch: K-13, N
3). Die Beklagte hat sich
erfolgreich auf den Darlehensvertrag berufen, um den
Rechtsvorschlag zu beseitigen (K-3,
B.1). Nun kann sie sich nicht behaupten, der Darlehensvertrag
sei unabhängig vom Kaufvertrag
anzusehen, wenn genau dieser Darlehensvertrag
Gültigkeitsvoraussetzung desjenigen Vertra-
ges ist, welcher die Schiedsvereinbarung enthält. Dass der
Darlehensvertrag selbst keine andere
Schiedsvereinbarung beinhaltet, unterstreicht den Willen der
Parteien, die Ziff. 24 des Kauf-
vertrages auch auf den Darlehensvertrag auszudehnen.
IV. Es besteht ein Minderungsanspruch zugunsten der Klägerin
1. Das Modell MP-14 weist Mängel auf
a) Die Überhitzungsgefahr stellt einen Sachmangel dar
Die von der Klägerin erworbene MP-14 muss wegen drohender
Überhitzung, wie von der Be-
klagten in der E-Mail vom 3. Juni 2019 bestätigt, alle 20
Stunden für vier Stunden abgeschaltet
werden, was zu markanten Produktionsausfällen führt. Grund dafür
ist die eigentliche Konzep-
tion der MP-14 als Versuchsanlage. Ein Sachmangel i.S.v. Art.
197 Abs. 1 OR liegt vor, wenn
die Sache so beschaffen ist, dass «ihr Wert oder ihre
Tauglichkeit zum vorausgesetzten Ge-
brauche» aufgehoben oder erheblich vermindert ist. Dieser
vorausgesetzte Gebrauch ergibt sich
-
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dabei aus der vertragsmässig vorausgesetzten Benutzung, sprich
aus dem Vertrag selbst
(ZK OR-SCHÖNLE/HIGI, Art. 197 N 62). Massgebend ist primär, was
die Parteien übereinstim-
mend tatsächlich gewollt haben (HUGUENIN, N 2609).
Die Beklagte stellt sich auf den Standpunkt, der «normale»
Gebrauch des Modells MP-14 er-
gebe sich aus ihrer eigentlichen Konzeption als Versuchsanlage
und verkennt dabei den Um-
stand, dass die Parteien im vorliegenden Fall augenscheinlich
einen, vom «normalen», üblichen
Gebrauch der Maschine abweichenden Verwendungszweck vorsahen und
auch vereinbarten.
Kann, wie vorliegend, ein übereinstimmender wirklicher Wille
nicht festgestellt werden, sind
die Willensäusserungen nach dem Vertrauensprinzip i.S.v. Art. 2
Abs. 1 ZGB auszulegen, wo-
bei insb. auch die Umstände, die Natur des Geschäftes und die
Usanz heranzuziehen sind
(ZK OR-SCHÖNLE/HIGI, Art. 197 N 62; BGer 4C.200/2006 E 2.1; BGE
26 II 739, E. 5: AKIKOL,
N 165). Bereits in Ziff. 2 des Vertrags vom 31. Oktober 2018
(K-1) wurde festgehalten, dass
die zu kaufende Maschine für die industrielle Produktion von
Speiseeis der Klägerin eingesetzt
wird. Ein Ausfall von täglich vier Stunden lässt sich daher
weder mit dem vertraglich voraus-
gesetzten Gebrauch noch den Ausbauplänen des Käufers
vereinbaren. Der Beklagten war be-
kannt, dass der Käufer ein besonderes Augenmerk auf die
Ankurblung der Speiseeisproduktion
legte. Dies ist u.a. aus deren E-Mail vom 20. September 2020
(K-4) evident. Die Beklagte ver-
sicherte in der E-Mail vom 25. September 2020 (K-5), dass die
vom Käufer geplante Auswei-
tung der Produktion mit der Versuchsanlage gut zu bewältigen
sei. Das Modell MP-14 stelle
nämlich im Kleinen dasselbe dar wie die Grossmaschinen und eigne
sich daher ideal für die
industrielle Produktion von kleineren Mengen an Speiseeis. Eine
Beschränkung der Laufdauer
aufgrund drohender Überhitzung ist auch aus den darauffolgenden
Ausführungen zur Produk-
tionsmenge nicht ersichtlich. Im Gegenteil erweckt die Beklagte
damit den Anschein, dass die
Anlage stündlich 50 Liter produzieren kann, und zwar, wie bei
industriellen Maschinen üblich,
rund um die Uhr. Dies zu leisten, ist das Modell MP-14 nicht im
Stande. Sie weicht somit
erheblich vom vereinbarten Gebrauch ab (vgl. BGer 4C.200/2006,
E. 2.1).
b) Die fehlende Kompatibilität mit Einspeisemodulen stellt einen
Sachmangel dar
Gem. Art. 197 Abs. 1 OR haftet der Verkäufer auch für
Zusicherungen. Eine solche liegt vor,
wenn der Verkäufer verbindliche Angaben über Eigenschaften des
Kaufgegenstands macht, die
für den Kaufentschluss des Käufers erkennbar entscheidend waren
(BGE 81 II 207, E. 1;
HUGUENIN, N 2599 f.).
Die Beklagte versichert in ihrer Offerte (K-5), das Modell MP-14
sei für die Ansprüche des
Käufers bestens geeignet, und betont die nahezu grenzenlosen
Kreationsmöglichkeiten der Ma-
schine. Bereits zuvor hatte der Käufer gegenüber der Beklagten
seine Pläne geschildert, auch
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Seite 12
innovativere Eiscremesorten, insb. solche mit kandierten
Fruchtstücken, herzustellen (K-4).
Die Inkompatibilität der Maschine mit einem Einspeisemodul,
welches für die Beimischung
grösserer Kuchen- und Fruchtstücke benötigt wird, setzt den
Innovationsmöglichkeiten des
Käufers, respektive der Klägerin, jedoch klare Grenzen.
Besonders augenfällig wird dies vor
dem Hintergrund, dass der Beklagten die Absicht des Käufers
bekannt war, u.a. ganze Apfel-
schnitze in die Eiscrememasse einzuarbeiten (vgl. K-4).
Apfelschnitze sind zweifelsohne von
grösserer Dimension als «Ping-Pong Ballgrosse Kuchenstücke». Ob
es sich letztlich bei den
Erklärungen um eine Zusicherung i.S. des OR handelt, kann
offenbleiben. Denn das Modell
MP-14 als solches genügt weder den Angaben noch dem sich aus den
gesamten Umständen
ergebenden vorausgesetzten Gebrauch der Maschine. Die Angaben
der Beklagten waren für
den Kaufentschluss des Käufers zudem direkt ursächlich, da die
Bedienung der Nachfrage nach
neuen, innovativen Eiscremesorten geradezu Hauptgrund für die
Investition in neue Produkti-
onsmaschinen war. Innovativ sein bedeutet, sich an neue
Markttrends anzunähern bzw. solche
auszuforschen. Mit der fehlenden Komptabilität wird dies
verunmöglicht.
Sofern davon ausgegangen wird, dass die Aussagen der Beklagten
keine Zusicherungen dar-
stellen, muss der Mangel den Wert oder die Tauglichkeit zum
vorausgesetzten Gebrauch der
Sache aufheben oder erheblich mindern. Dies ergibt sich direkt
aus dem Wortlaut von
Art. 197 Abs. 1 OR. Die Erheblichkeit ist wiederum im Lichte des
Vertragszwecks und den
konkreten Umständen des Einzelfalls zu beurteilen (OFK-KREN
KOSTKIEWICZ, Art. 197 N 9).
Der Käufer hätte die Maschine in Kenntnis ihrer tatsächlichen
Möglichkeiten nicht erworben,
weil ihm der Ausbau der Zielgesellschaft insb. im Bereich der
Eiscremeproduktion wichtig war.
Seine auf falschen Angaben beruhenden Erwartungen bildeten somit
conditio sine qua non für
den Kaufvertrag. In Anbetracht des Instituts des
Grundlagenirrtums i.S.v.
Art. 24 Abs. 1 Ziff. 4 OR ist folglich i.S. eines Schlusses a
fortiori die Erheblichkeit des Man-
gels zu bejahen (vgl. TERCIER/BIERI/CARRON, N 691).
c) Die Darstellung der MTBF ist eine Zusicherung i.S.v. Art. 197
Abs. 1 OR
Wenn die Beklagte sich in der Einleitungsantwort darauf beruft,
ihre Angaben hinsichtlich der
MTBF seien stets korrekt gewesen, verkennt sie, dass nicht die
genaue Stundenangabe, sondern
deren Bezeichnung als «hervorragend» (K-5) einen Mangel im
Rechtssinne darstellt. Es gibt
nach Angaben der Beklagten selbst (K-8) mehrere vergleichbare
Modelle, welche eine MTBF
von bis zu 75'000 h erreichen. Unter diesem Blickwinkel können
60'000 h in guten Treuen nicht
als hervorragend bezeichnet werden. Indem die Beklagte dies
dennoch tut, erklärt sie eine Zu-
sicherung i.S.v. Art. 197 Abs. 1 OR. Laut Bundesgericht müssen
solche von marktschreieri-
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Seite 13
schen Anpreisungen abgegrenzt werden. Es stellt dabei auf Treu
und Glauben ab und unter-
scheidet insb. zwischen verschiedenen Stadien. So seien
allgemein gehaltene Äusserungen in
Inseraten o.Ä. keine Zusicherungen, wohingegen Angaben in
späteren Verhandlungsstadien
durchaus als solche qualifiziert werden können (zum Ganzen s.
BGer 4C.267/2004, E. 2.1).
Die Beklagte erweckte beim Käufer den Eindruck, eine MTBF von
60'000 h sei hervorragend.
Dieser hatte nach Treu und Glauben keinen Anlass dazu, an den
Angaben zu zweifeln, zumal
er über keine fachspezifischen Kenntnisse in der
Speiseeisproduktion verfügt. Ihm wurde ein
Produkt mit einer hervorragenden MTBF versprochen, geliefert
wurde jedoch eines mit einer
unterdurchschnittlichen. Die zugesicherte Eigenschaft war
ursächlich für den Kaufentschluss
bzw. den Kaufpreis. Bei richtiger Information hätte der Käufer
nur einen tieferen Preis bezahlt.
In solchen Lagen wird eine Ursächlichkeit allgemein vermutet
(BGer 4A_417/2007, E. 5.1;
BGE 71 II 239, E. 4).
2. Die Mängel lagen bereits im Zeitpunkt des Gefahrenübergangs
vor
Die Sachmängel müssen bei Gefahrübergang mindestens im Keim
bereits bestehen
(HUGUENIN, N 2614). Bei der Lieferung des Modells MP-14 handelt
es sich um einen Gattungs-
kauf. Art. 185 Abs. 2 OR legt für solche den Gefahrenübergang
fest. Dass die Parteien vorlie-
gend in Ziff. 10 des Kaufvertrags (K-1) von der gesetzlichen
Regelung abgewichen sind, ist für
die Gewährleistungsansprüche unproblematisch, da sämtliche
Mängel im Zeitpunkt der Eigen-
tumsübertragung bereits vorlagen. Es handelt sich um Mängel, die
mit der Beschaffenheit aller
Maschinen des Modells MP-14 zusammenhängen und insb. nicht um
Mängel, die erst nach
Eigentumsübertragung am 14. November 2018 entstanden sind.
3. Der Käufer hatte keine Kenntnis von den Mängeln
Wenn sich die Beklagte in K-8 darauf beruft, dass der Käufer um
die Konzeption der Maschine
als Versuchsanlage wusste, verkennt sie, dass darin nicht der
Mangel besteht. Wie oben darge-
legt, sind es die vom vertraglich vorausgesetzten Gebrauch bzw.
der Zusicherung abweichen-
den Eigenschaften, die den Minderungsanspruch begründen. Es
trifft daher nicht zu, dass der
Käufer im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses Kenntnis des Mangels
hatte.
Art. 200 Abs. 1 OR verlangt ohnehin positive Kenntnis der
Sachmängel. Der Käufer muss
m.a.W. die volle Bedeutung und Auswirkung des Mangels in
sachlicher und wirtschaftlicher
Hinsicht erkennen (BGer 4A_445/2013, E. 2.2; BSK OR I-HONSELL,
Art. 200, N 2). Dem Klä-
ger war zwar bewusst, dass es sich beim Modell MP-14 um eine
Simulationsanlage handelte.
Die aus dieser Konzeption folgenden Auswirkungen einerseits auf
die Kreationsmöglichkeiten,
andererseits auf die Betriebsausfälle waren ihm jedoch bei
Vertragsschluss nicht bekannt.
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Seite 14
4. Die Klägerin ist ihrer Untersuchungsobliegenheit
nachgekommen
Die Maschine wurde vertragsgemäss am 14. November 2018 am Sitz
der Klägerin abgeliefert.
Da die Parteien im Hinblick auf Art, Zeit und Umfang der Prüfung
nicht von der gesetzlichen
Regelung abgewichen sind, findet Art. 201 OR Anwendung. Der
Käufer hat gem.
Art. 201 Abs. 2 OR eine übungsgemässe Untersuchung des
Kaufgegenstandes auf allfällige
Sachmängel vorzunehmen (ZK OR-SCHÖNLE/HIGI, Art. 201, N 16).
Da es sich vorliegend um kaufmännischen Verkehr handelt, ist die
Untersuchung übungsge-
mäss i.S. des Gesetzes, wenn sie «den Handelsgebräuchen in der
betreffenden Branche» ent-
spricht (BGE 41 II 732, E. 3). Bereits zum Zeitpunkt des
Telefonats (20. November 2018) hatte
die Beklagte mit der gelieferten Maschine unterschiedliche
Testläufe durchgeführt und festge-
stellt, dass sie ihren Vorstellungen nicht genügte. Somit hat
sie die Maschine übungsgemäss
geprüft und das innert der gesetzlichen Frist («sobald nach
üblichem Geschäftsgang tunlich»),
welche mit Ablieferung beginnt (HUGUENIN, N 2626).
Was die Überhitzung betrifft, so ist die Praxis zu den
versteckten Mängeln heranzuziehen. Prüft
der Käufer die Sache nicht und rügt in der Folge auch keine
Mängel, tritt die Genehmigungs-
fiktion des Art. 201 Abs. 2 OR ein. Davon ausgenommen sind
Mängel, die bei übungsgemässer
Untersuchung nicht erkennbar waren. Dabei ist auf die
praktischen Verhältnisse und die Natur
der Kaufsache abzustellen, nicht auf eine starre Frist (BGE 81
II 56, E. 3b). Da die Nachfrage
nach Speiseeis im Winter selbstredend kleiner ist als in den
heissen Sommermonaten, kann von
der Klägerin nicht erwartet werden, dass die Maschine bereits in
den auf die Ablieferung fol-
genden Wintermonaten auf ihre maximale Gebrauchskapazität
geprüft wird. Damit wäre eine
wirtschaftlich sinnwidrige Überproduktion verbunden. Die
Klägerin bzw. der Käufer sind ihrer
Prüfobliegenheit nachgekommen.
5. Die Klägerin ist zur Rüge berechtigt
a) Die Klägerin ist als Drittbegünstigte aus dem Kaufvertrag zur
Rüge berechtigt
Wie oben unter N 28 ff. dargelegt, liegt ein echter Vertrag
zugunsten Dritter vor. Mit Eintritt
eines Gewährleistungsfalles entsteht somit ein originäres und
selbständiges Forderungsrecht
der Klägerin (vgl. BSK OR I-ZELLWEGER-GUTKNECHT, Art. 112 N 15).
Nach wohl überwie-
gender Auffassung bleiben alle Rechte beim Promissar, welche
nach der Begünstigungsklausel
und der Natur des Vertrags nicht auf den Dritten übergehen
sollten, wozu auch Gestaltungs-
rechte gehören (BSK OR I-ZELLWEGER-GUTKNECHT, Art. 112 N 15b;
GAUCH/SCHLUEP/EMME-
NEGGER, N 3896; HUGUENIN, N 1141). Dieser Ansicht ist indes
nicht zu folgen. Es ist vielmehr
eine Einzelfallbetrachtung angemessen. Es sind dem Dritten insb.
solche Gestaltungsrechte zu-
zugestehen, die zwar im Deckungsverhältnis begründet liegen,
sich aber nur auf die Forderung
-
Seite 15
des Dritten auswirken (KRAUSKOPF, N 1048 ff., 1457 f.;
SCHWENZER, N 86.25). Die Sachge-
währleistungsansprüche ergeben sich i.c. aus dem Kaufvertrag
zwischen dem Käufer und der
Beklagten. Die Geltendmachung dieser Ansprüche wirkt sich jedoch
aufgrund der Begünsti-
gungsklausel in Ziff. 21 des Kaufvertrags nur auf die Forderung
der Klägerin aus. Sie ist in der
Folge zur Rüge berechtigt.
Vorliegend wurden die ersten beiden Mängel vom Käufer, der
letzte von der Klägerin gerügt.
Dies ist nicht weiter problematisch. Beim echten Vertrag
zugunsten Dritter sind sowohl Pro-
missar als auch der Dritte berechtigt, die Leistung zu
verlangen, nur der Dritte soll sie indes
erhalten (BSK OR I-ZELLWEGER-GUTKNECHT, Art. 112 N 15a;
KRAUSKOPF, N 1426).
b) Eventualiter: Die Klägerin hat als Stellvertreterin des
Käufers gerügt
Es ist auch dann festzustellen, dass der Mangel bezüglich der
Überhitzung rechtsgültig gerügt
wurde, wenn das Schiedsgericht nicht der oben vertretenen
Auffassung folgen sollte.
Die Bestimmungen über die bürgerliche Stellvertretung nach Art.
32 ff. OR finden nach unbe-
strittener Auffassung auch auf einseitige Rechtsgeschäfte
Anwendung (BGer 2C_1071/2012,
E. 5.4; BSK OR I-WATTER, Art. 32 N 3 f.). Im vorliegenden Fall
ist die Rüge in der E-Mail
vom 28 Mai 2019 folglich vom Anwendungsbereich der Art. 32 ff.
OR erfasst.
i. Eine Vollmachterteilung liegt vor
Mit der Bevollmächtigung erklärt der Vertretene dem Vertreter,
dieser sei befugt, den Vertre-
tenen gegenüber Dritten zu vertreten (GAUCH/SCHLUEP/SCHMID, N
1343). Zwar hat der Käufer
vorliegend keine explizite Bevollmächtigung erteilt. Wie
allgemein bei Willenserklärungen ist
jedoch festzuhalten, dass konkludente Vollmachterteilungen
möglich sind (vgl.
Art. 1 Abs. 2 OR). Nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung wird
angenommen, «dass, wer es
wissentlich geschehen lässt, dass ein anderer sich als sein
Vertreter benimmt, diesem damit
Vollmacht erteilt» (BGE 97 IV 46, E. 4b; 31 II 667, E. 3; 54 II
278, S. 281, keine Erwägung).
Es ist mithin nach Vertrauensprinzip zu ermitteln, ob eine
Bevollmächtigung vorliegt (BK OR-
ZÄCH/KÜNZLER, Art. 33 N 43.). Eine Bevollmächtigung zur Rüge ist
insb. dann gegeben, wenn
der Vertreter zur Warenempfangnahme berechtigt ist (FURRER, S.
56)
Der Käufer waltet seit kurz nach dem Kauf sämtlicher Aktien der
Klägerin als Verwaltungs-
ratspräsident ebendieser (Verfahrensbeschluss Nr. 2, Ziff. 13).
Die Rüge wurde durch einen
Geschäftsführer der Klägerin veranlasst. Der Käufer wusste
davon.
Des Weiteren wird auch aus Ziff. 4 der Zeugenaussage (K-13)
ersichtlich, dass es im Interesse
des Käufers lag, wenn auch die Klägerin selbst rügen dürfte,
ansonsten er sich um eine Rege-
lung dieses Punktes bemüht hätte. Es ist nach den gesamten
Umständen also davon auszugehen,
dass der Käufer die Klägerin stillschweigend zur Rüge ermächtigt
hat. Diese Annahme wird
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Seite 16
dadurch noch verstärkt, dass ein echter Vertrag zugunsten
Dritter vorliegt (s. N 28 ff.) und die
Geltendmachung der Mängelgewährleistungsrechte gem. Ziff. 21 des
Kaufvertrags (K-1) un-
mittelbar der Klägerin zum Vorteil gelangt. Sodann erfolgte die
Übergabe der Maschine gem.
Ziff. 9 des Kaufvertrages am Sitz der Klägerin. Der Käufer
informierte hierzu einen Angestell-
ten der Klägerin, welcher den Erhalt bestätigte (vgl.
Verfahrensbeschluss Nr. 2, Ziff. 14). Hierin
muss eine Vollmachterteilung zur Warenempfangnahme erblickt
werden.
ii. Die Klägerin handelte im Namen des Käufers
Weitere Voraussetzung der Stellvertretung nach Art. 32 ff. OR
ist das Handeln in fremdem
Namen. Auch hier ist wiederum eine konkludente Kundgabe möglich
(ZK OR-KLEIN, Art. 32
N 47). Im vorliegenden Fall durfte und musste die Beklagte als
Vertragspartei des Kaufvertrags
(K-1) die die Rüge enthaltende E-Mail (K-9) der Klägerin nach
Treu und Glauben als Handeln
im Namen des Käufers auffassen. Sie kannte insb. die Absicht des
Käufers, die Maschine in die
Klägerin einzubringen (K-1, Ziff. 2) sowie auch die
Begünstigungsklausel zugunsten der Klä-
gerin (Ziff. 21).
Nach dem Genannten ist erstellt, dass die Klägerin (bzw. der
Käufer) so oder so ihrer Rügeob-
liegenheit nachgekommen ist.
c) Die Klägerin ist ihrer Rügeobliegenheit nachgekommen
Der Käufer oder eine dazu berechtigte Person (vgl. N 56 ff.) hat
die Mängel gem.
Art. 201 Abs 1 OR der Verkäuferin präzise und substantiiert
anzuzeigen, sodass Art, Inhalt und
Umfang der Mängel für diese ersichtlich sind (BK OR-GIGER, Art.
201 N 63; BSK OR I-
HONSELL, Art. 197 N 10; ZK OR-SCHÖNLE/HIGI, Art. 201 N 25). Es
bestimmt sich nach dem
Prinzip von Treu und Glauben i.S.v. Art. 2 Abs 1 ZGB, ob eine
Mitteilung des Käufers als Rüge
i.S.v. Art. 201 Abs. 1 OR zu qualifizieren ist (ZK
OR-SCHÖNLE/HIGI, Art. 201 N 25). Nicht
erforderlich ist, dass der Käufer sich bereits in der Rüge auf
ein konkretes Gewährleistungsrecht
beruft, dafür bleibt ihm die Frist nach Art. 210 Abs. 1 OR. Es
genügt, wenn der Käufer geltend
macht, den Vertrag in seiner jetzigen Form gegen sich nicht
gelten lassen zu wollen (FURRER,
S. 55; ZK OR-SCHÖNLE/HIGI, Art. 201 N 25; AppGer BS, BJM 1973,
S. 294 f.; BSK OR I-
HONSELL, Art. 201 N 10).
Die Klägerin zeigt in der E-Mail vom 21. November 2018 (K-7)
klar auf, dass sie eine Ma-
schine, die keine «Eiscremesorten mit speziell grossen
Kuchen-/Fruchtstücken» herstellen
kann, als nicht vertragsgemäss erachte, die dargelegte Situation
gar als «inakzeptabel» emp-
finde. Der Mangel wurde substantiiert. Der Käufer bittet die
Beklagte weiter, diesbezüglich
aktiv zu werden, indem sie mögliche Lösungen aufzeigen soll, und
bringt somit unzweideutig
-
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zum Ausdruck, dass sie die Lieferung so nicht akzeptiert und
weiteres Handeln seitens der Be-
klagten vonnöten sei, um ihrer vertraglichen Pflicht
nachzukommen. In guten Treuen kann dies
einzig so verstanden werden, dass die Sachmängelgewährleistung
verlangt wurde.
Weiter rügt der Käufer in derselben E-Mail, dass die MTBF im
Marktvergleich nicht wie an-
gepriesen hervorragend abschneidet, sondern gar
unterdurchschnittlich ist. Er beanstandet da-
mit den Mangel auch hier unmissverständlich.
Die Rüge hat nach Art. 210 Abs. 1 OR «sofort» zu erfolgen.
Entscheidend sind die Umstände
des konkreten Einzelfalles, insb. die Beschaffenheit des
Mangels. Das Bundesgericht erachtet
eine Rüge innert sieben Tagen grds. als fristwahrend
(BGer_4C.82/2004, E. 2.3;
BGE 118 II 142, E. 3b). Der Käufer rügt am 21. November 2018,
sieben Tage nach der Auslie-
ferung und somit jedenfalls innerhalb der siebentägigen Frist
seit der Entdeckung des Mangels.
Es gibt keinerlei Gründe, um i.c. ausnahmsweise auf eine kürzere
Frist auszuweichen, zumal
ein Zuwarten den Schaden nicht vergrössert hätte (vgl. BGE 118
II 142, E. 3b).
Was die Überhitzung betrifft, so kontaktierte die Klägerin die
Beklagte am 24. Mai 2019 tele-
fonisch, worauf diese aber nichts unternahm, sodass sich die
Klägerin gezwungen sah, am 28.
Mai 2019 erneut schriftlich zu rügen (K-9). Die Klägerin rügte
sofort nach Entdeckung des
Mangels i.S.v. Art. 201 Abs. 3 OR. Im besagten Dokument
schildert sie detailliert das zwangs-
mässige Abschalten der Maschine aufgrund von Rauchentwicklung,
sprich den Mangel. So-
dann verlangt sie darin umgehend einen Mitarbeiter der Beklagten
«zwecks Abklärung des
Mangels». Es ist begriffsnotwendig für die Abklärung eines
Mangels, dass überhaupt ein sol-
cher Mangel vorliegt, bzw. ein solcher von einer Partei
mindestens vorgebracht wurde.
Durch das Verlangen eines Mitarbeiters der Beklagten bringt die
Klägerin weiter ihre Unzu-
friedenheit mit der jetzigen Vertragserfüllung zum Ausdruck.
Sodann ist es die Beklagte selbst,
die in der E-Mail vom 3. Juni 2019 (K-10) «das von ihnen [der
Klägerin] beschriebe Problem
bestätigt» und einen Mangel im Sinne von Art. 197 ff. OR
bestreitet, womit sie eindeutig zu
erkennen gibt, dass sie die E-Mail als Rüge erkannte und die
konkrete Bemängelung genügend
substantiiert war.
Die Parteien haben in Ziff. 20 des Kaufvertrages (K-1)
vereinbart, dass grds. die Gewährleis-
tungsvorschriften des Schweizerischen OR Geltung erlangen,
welche dispositiv sind
(GUHL/KOLLER, § 42 N 50). In Ziff. 21 des Kaufvertrages haben
sich die Parteien sodann diese
nachgiebige Natur des Gesetzes zu Nutze gemacht und
festgehalten, dass sich die Verkäuferin
bei allfälligen Gewährleistungsfällen verpflichtet,
«Wertminderungen durch entsprechende Re-
duktion des der Klägerin gewährleisteten Darlehens abzudecken
und verrechnen zu lassen».
Diesem Verrechnungsvertrag (ausführlich dazu N 75 ff.) immanent
ist die Ausübung der
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Seite 18
Wahlobligation zugunsten der Minderung, denn nur dadurch
entsteht eine verrechenbare For-
derung (vgl. BK OR-WEBER, Art. 72 N 40; ZK AEPLI, Art. 124 N
17). Die Parteien bringen
zum Ausdruck, dass bei Eintritt von entsprechenden
Wertminderungen automatisch die Min-
derung eintritt. Es wurde somit bezüglich der konkreten
Gewährleistungsinstrumente vom Ge-
setz abgewichen, indem die Wandlung i.S.v. Art. 207 OR sowie die
Ersatzleistung i.S.v.
Art. 206 OR, ausgeschlossen wurde, es sei denn die Minderung
beliefe sich auf null
(Art. 205 Abs. 3 OR). Eine explizite Minderungserklärung war
demnach gar nicht erforderlich.
d) Eventualiter: Die Klägerin erklärt(e) die Minderung
Sollte das Schiedsgericht davon ausgehen, dass noch keine
rechtsgültige Minderungserklärung
seitens der Klägerin abgegeben wurde, so ist auf Ziff. 1 der
Rechtsbegehren in der Einleitungs-
anzeige und Ziff. 8 der Sachverhaltswiedergabe zu verweisen.
Hier wird unmissverständlich
zum Ausdruck gebracht, dass die Klägerin für alle beschriebenen
Mängel die Minderung ver-
langt. Diese Erklärung erfolgte am 1. Juni 2020 und somit
innerhalb der zweijährigen Frist
(Art. 210 Abs 1 OR), die mit Ablieferung der Maschine am 14.
November 2018 ihren Lauf
nahm. Selbst wenn in der erst später erfolgten Ausübung der
Wahlobligation ein ungerechtfer-
tigtes Zuwarten erblickt werden sollte, beschränkt sich die
Auswahlmöglichkeit auf die von der
Klägerin verlangte Minderung (BSK OR I-Honsell, Art. 205 N
2).
Sollte auch dem nicht gefolgt werden, so ist an dieser Stelle zu
rügen. Die Klägerin verlangt
für alle Mängel, die in dieser Klageschrift beschrieben wurden,
Ersatz des damit zusammen-
hängenden Minderwerts. Die Frist ist auch hier gewahrt, da es
sich bei Art. 210 Abs. 1 OR nach
h.L. und Rechtsprechung um eine Verjährungsfrist handelt (BGE
104 II 357 E. 4a; CHK OR I-
MÜLLER-CHEN, Art. 210 N 1a; BSK OR I-HONSELL, Art. 210 N 3; BK
OR-GIGER, Art. 210
N 9). Es kommen mithin die allgemeinen Regeln der Art. 127 ff.
OR zur Anwendung. Insb.
kann diese Verjährungsfrist gem. Art. 135 OR unterbrochen
werden, indem vor einem Schieds-
gericht eine Klage erhoben wird (GAUCH/SCHLUEP/EMMENEGGER, N
3350). Mit der Einlei-
tungsanzeige vom 01. Juni 2020 hat die Klägerin die
Verjährungsfrist m.a.W. unterbrochen und
in Anwendung von Art. 137 Abs. 1 OR einen neuen Fristlauf
gestartet. Der Minderungsan-
spruch kann mit der Darlehensamortisationszahlung verrechnet
werden.
V. Der Minderungsanspruch kann verrechnet werden
1. Ziffer 21 des Kaufvertrages stellt einen Verrechnungsvertrag
dar
Grds. tritt gem. Art. 124 Abs. 1 OR eine Verrechnung nur ein,
wenn die Schuldnerin gegenüber
der Gläubigerin mittels einseitiger, empfangsbedürftiger
Willenserklärung zum Ausdruck
bringt, sie wolle von ihrem Recht Gebrauch machen (BGer
4A_549/2010, E. 3.3). Die entspre-
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chenden Artikel im OR (Art. 120 ff. OR) sind aber weitgehend
dispositiver Natur (BK OR-
ZELLWEGER-GUTKNECHT, Art. 120 N 301 f.). Eine abweichende
Abrede, ein sog. Verrech-
nungsvertrag, kann insb. vorsehen, dass gewisse Obligationen
ipso iure, ohne Abgabe einer
Verrechnungserklärung verrechnet werden (BGer 4A_23/2011, E.
3.1; BK OR-ZELLWEGER-
GUTKNECHT, Art. 124 N 6; ZK OR-AEPLI, Art. 124 N 8 ff.).
Die Beklagte verpflichtete sich in Ziff. 21 des Kaufvertrages
(K-1), daraus resultierende Wert-
minderungen «durch entsprechende Reduktion des der Süsser AG
gewährten Darlehens abzu-
decken und verrechnen zu lassen.» Eine solche Vereinbarung kann,
mit Blick auf die Verrech-
nung und in guten Treuen, einzig so verstanden werden, dass die
entsprechende Wirkung bei
Vorliegen der restlichen Voraussetzungen ohne explizite
Verrechnungserklärung eintritt.
Die Ansicht, wonach Ziff. 21 lediglich die allgemeinen
Verrechnungsregeln der Art. 120 ff. OR
wiedergebe, verkennt, dass eine Verrechnung so oder so zulässig
wäre. Es wäre redundant,
unter diesen Umständen eine solche Abrede in den Vertrag
aufzunehmen. Aus der Zeugenaus-
sage von Herrn Meinrad (K-13) wird klar ersichtlich, dass Ziff.
21 u.a. zum einleuchtenden
Zweck der Simplifizierung der Geschäftsabwicklung diente, was
insb. durch einen Verrech-
nungsvertrag erreicht werden kann, der eine konkrete
Verrechnungserklärung entbehrlich
macht. Allfällige Forderungen aus dem Kaufvertrag werden so bei
deren Fälligkeit automatisch
mit dem Darlehen verrechnet und erlöschen somit sogleich wieder
(GERNHUBER, S. 331). Die
Klägerin gab ihren Willen zum Verrechnungsvertrag konkludent
kund, indem ihr Verwaltungs-
ratspräsident den Kaufvertrag (K-1) als «eingesehen»
unterzeichnete.
Hinsichtlich der übrigen Voraussetzungen wurde von den
dispositiven Bestimmungen nicht
abgewichen, sodass diese vertragsergänzend Geltung erlangen. Die
Mindeststandards eines
Verrechnungsvertrages sind a fortiori gewahrt.
2. Eventualiter: Die Klägerin erklärt die Verrechnung
Sollte das Schiedsgericht wider Erwarten zum Schluss kommen, es
liege kein Verrechnungs-
vertrag vor, erklärt die Klägerin an dieser Stelle die
Verrechnung der ihr zustehenden Minde-
rungsansprüche mit den Forderungen der Beklagten aus dem
Darlehensvertrag.
Wie Art. 124 Abs. 2 OR klar zum Ausdruck bringt, gelten die
Forderungen rückwirkend auf
den Zeitpunkt als getilgt, in dem sie zum ersten Mal miteinander
hätten verrechnet werden
können (HUGUENIN, N 782 f.). Das Bundesgericht geht in ständiger
Rechtsprechung davon aus,
dass seit diesem Zeitpunkt eingetretene Verzugsfolgen (wie insb.
Verzugszinsen) nachträglich
erlöschen (BGer 4A_285/2011, E. 3.1; 4A_17/2013, E. 3.1;
4A_27/2012, E. 5.4.1). Eine Ver-
rechnungserklärung zum jetzigen Zeitpunkt hätte somit aus
materiellrechtlicher Warte diesel-
ben Folgen wie ein Verrechnungsvertrag.
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3. Die Forderungen sind gegenseitig
Der Anspruch auf Minderung steht kraft Ziff. 21 des Kaufvertrags
(K-1) der Klägerin zu und
richtet sich gegen die Beklagte. Diese wiederum hat gegen die
Klägerin einen Anspruch auf
Tilgungszahlung aus dem Darlehensvertrag (K-2). Die in Art. 120
Abs. 1 OR verlangte Gegen-
seitigkeit liegt vor (BSK OR I-MÜLLER, Art. 120 N 5).
4. Beide Forderungen sind Geldforderungen
Bei beiden zu verrechnenden Forderungen handelt es sich um
Geldleistungen in Schweizer
Franken, womit die Gleichartigkeit i.S.v. Art. 120 Abs. 1 OR zu
bejahen ist (BK OR-ZELLWE-
GER-GUTKNECHT, Art. 120 N 201 f.).
5. Die Hauptforderung ist erfüllbar, die Verrechnungsforderung
fällig
Entgegen dem Gesetzeswortlaut hat nur die Verrechnungsforderung,
nicht aber die Hauptfor-
derung fällig zu sein. Letztere muss nur erfüllbar sein (zum
Ganzen s. HUGUENIN, N 760 f.).
Die von der Beklagten geltend gemachten Amortisationszahlungen
als Hauptforderung sind
gem. Darlehensvertrag (K-2) am 30. Juni bzw. 31. Dezember 2019
fällig geworden und somit
erfüllbar. Die aus den Gewährleistungsfällen resultierende
Forderung müsste als Verrechnungs-
forderung klagbar und fällig sein (OFK-EICHENBERGER, Art. 120 N
4; HUGUENIN, N 761).
Gem. Art. 75 OR kann die Erfüllung sofort geleistet und
gefordert werden, «wenn die Zeit der
Erfüllung weder durch Vertrag noch durch die Natur des
Rechtsverhältnisses bestimmt ist».
Die Minderungsansprüche wurden somit bereits mit ihrer
Entstehung am 21. November 2018
respektive am 28. Mai 2019 fällig, als die jeweiligen Mängel
angezeigt wurden. Eine explizite
Minderungserklärung ist, wie oben dargelegt (N 71), nicht
erforderlich. Eine abweichende Par-
teiabrede wu