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Seite 1 von 45 Wahlthema: Das Ende der Metropole? Forschungsfrage: Wie ist es möglich, dass der Begriff der Metropole scheinbar seinen Stellenwert für die stadt-soziologische Theoriearbeit verliert? Abstract: Ein Vorschlag den Metropolenbegriff gesellschaftstheoretisch wiederzubeleben und seine soziologische Erklärungsleistung zu verbessern Autor: Lutz Ebeling Prüfungsrelevante S3-Reader: 1) „Stadtsoziologie. Eine Einführung“ (Häußermann/Siebel 2014) 2) „Metropolen im Vergleich“ (Häußermann 2014) Ausarbeitung 1 und Exposé zur mündlichen Prüfung Stand: 24.09.2014 zur mündlichen Prüfung am Mi. 24.09.2014 Note: 1,3 (mündliche Prüfung gesamt 1,7) 2 FernUniversität in Hagen Fakultät für Kultur- und Sozialwissenschaften (KSW) Studiengang "B.A. Politikwissenschaft, Verwaltungswissenschaft, Soziologie" Modul S3 Stadtsoziologie Prüfer: apl. Prof. Dr. Dr. h.c. Lothar Bertels Kopie des Exposés an: Johannes Krahforst 1 Die hier vorliegende Ausarbeitung wurde vom Autor persönlich an Professor Bertels nach der Prüfung ausgehändigt. Das Exposé welches hier integriert wurde (siehe Einleitung) wurde bereits im Juni 2014 verschickt. (Bemerkung ist nicht autorisiert). 2 Die hier vorliegende Arbeit wurde besser bewertet als der abschließende mündliche Fragenteil, der hier nicht Bestandteil der Arbeit ist. Die Gesamtnote von 1,7 setzt sich zusammen aus beiden Teilen. Deswe- gen wurde für die Arbeit 1,3 angenommen. (Bemerkung ist nicht autorisiert).
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Metropole und ihre gesellschaftstheoretische Wiederbelebung mit Luhmann (2014)

Feb 04, 2023

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Page 1: Metropole und ihre gesellschaftstheoretische Wiederbelebung mit Luhmann (2014)

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Wahlthema: Das Ende der Metropole?

Forschungsfrage: Wie ist es möglich, dass der Begriff der

Metropole scheinbar seinen Stellenwert für

die stadt-soziologische Theoriearbeit verliert?

Abstract: Ein Vorschlag den Metropolenbegriff

gesellschaftstheoretisch wiederzubeleben und seine

soziologische Erklärungsleistung zu verbessern

Autor: Lutz Ebeling

Prüfungsrelevante S3-Reader:

1) „Stadtsoziologie. Eine Einführung“ (Häußermann/Siebel 2014)

2) „Metropolen im Vergleich“ (Häußermann 2014)

Ausarbeitung1 und Exposé zur mündlichen Prüfung

Stand: 24.09.2014

zur mündlichen Prüfung am Mi. 24.09.2014

Note: 1,3 (mündliche Prüfung gesamt 1,7)2

FernUniversität in Hagen

Fakultät für Kultur- und Sozialwissenschaften (KSW)

Studiengang "B.A. Politikwissenschaft,

Verwaltungswissenschaft, Soziologie"

Modul S3 Stadtsoziologie

Prüfer: apl. Prof. Dr. Dr. h.c. Lothar Bertels

Kopie des Exposés an: Johannes Krahforst

1Die hier vorliegende Ausarbeitung wurde vom Autor persönlich an Professor Bertels nach der Prüfung

ausgehändigt. Das Exposé – welches hier integriert wurde (siehe Einleitung) – wurde bereits im Juni 2014

verschickt. (Bemerkung ist nicht autorisiert). 2Die hier vorliegende Arbeit wurde besser bewertet als der abschließende mündliche Fragenteil, der hier

nicht Bestandteil der Arbeit ist. Die Gesamtnote von 1,7 setzt sich zusammen aus beiden Teilen. Deswe-

gen wurde für die Arbeit 1,3 angenommen. (Bemerkung ist nicht autorisiert).

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Inhaltsverzeichnis

1 Exposé, Vorwort ............................................................................................. 3

2 Das Problem des Begriffs Metropole, Forschungsfrage ............................. 6

2.1 Das Problem: zum Bedeutungsverlust und den Alternativen ..................... 6

2.2 Was steckt dahinter? Forschungsfrage, Antwort/These .............................. 8

2.2.1 Überblick ............................................................................................. 8

2.2.2 Abgrenzung, Zusammenfassung ....................................................... 11

2.2.3 Zusammenfassung, Kapitelüberblick ................................................ 12

3 Theorie/Begriffe, Argumente, detaillierte Hypothese ............................... 12 3.1 Differenzierungstheorie (funktionale, Zentrum/Peripherie) ..................... 13

3.1.1 Funktionale Differenzierung ............................................................. 13

3.1.2 Zentrum/Peripherie-Differenzierung ................................................. 15

3.2 Der Begriff der Metropole und Differenzierung, Beispiele ...................... 16

3.2.1 Vorüberlegung ................................................................................... 16

3.2.2 Die Dimensionen des Begriffs Metropole mit Differenzierung ........ 17

3.2.3 Anwendungsbeispiele ....................................................................... 26

3.3 Detaillierung der Hypothese ..................................................................... 29

3.4 Vergleich mit Argumenten in weiteren Texten ........................................ 33

3.4.1 Neufokussierung der Beobachtung (Bukow) .................................... 33

3.4.2 Theorie der Gemeinschaft/Gesellschaft (Tönnies) ............................ 33

3.4.3 Begründung mit einer komplexen Gesellschaft (Rudolph) ............... 35

3.4.4 Metropolfunktionen und Funktionssysteme ...................................... 35

3.5 Falsifizierungsversuch: eine nicht funktionale Metropole? ...................... 36

4 Erkenntniswert, Fazit, Ausblick ................................................................. 39 4.1 Zusammenfassung..................................................................................... 39

4.2 Fazit, Ausblicke ........................................................................................ 39

5 Literatur ........................................................................................................ 40

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1 Exposé, Vorwort

Das mythologische „Wunsch- oder Leitbild einer Metropole“ (Häußermann

2014: 105) findet sich in Aussagen wie „Mythos Metropole“ (Fuchs et al.

1995: Buchtitel), „[i]m Banne der Metropolen“ (Alter 1993: Buchtitel) oder

„Metropolen[:][…] Laboratorien der Moderne“ (Matejovski 2000: Buchtitel).

Aber was beobachtet man mit dem Begriff der Metropole an stadtsoziologi-

schen Phänomenen zusätzlich zu diesem Mythos als „transformierte Erschei-

nungsform“ (Fuchs-Heinritz et al. 1994: 457) in einer sozialwissenschaftlichen

Auseinandersetzung mit dem Raum (vgl. Bertels 1997: 11, 23)? Denn der Met-

ropole „kann das Gegenbild eines funktional differenzierten Stadtsystems ent-

gegengehalten werden“ (Häußermann 2014: 105), d.h. ein „durch komplemen-

täre Funktionsspezialisierung miteinander verbundenes Städtenetz“ (Blotevo-

gel 1998, zit. in Häußermann 2014: 15). Im Wörterbuch der „Großstadt“ (Häu-

ßermann 2000: Buchtitel) ist Metropole als Stichwort nicht aufgeführt. Zudem

existieren Alternativen wie „Megastadt“ (Heineberg 2006: 29), „Weltstadt“

(Zohlen 1995: 27, Petz/Schmals 1992: 3) oder „Global City“ (Sassen 2001:

Buchtitel). Beispielsweise wird Weltstadt bei der Charakterisierung von Lon-

don synonym zu Metropole im gleichen Absatz verwendet: „London als Met-

ropole […]“ und „der Weltstadt London“ (Heineberg 2006: 29). Auch hier

scheint Welt in dem Begriff der Weltstadt als mythologische Zuschreibung zu

einer globalisierten „Weltgesellschaft“ (Luhmann 1997: 145) gebraucht zu

werden.

Einerseits könnten die Fazite somit lauten: „Der Metropolenbegriff ist

schwer zu bestimmen“ (Häußermann 2014: 6 f.), „sperrig“ (Petz/Schmals

1992: 3), „abgegriffen“ und „unbestimmt“ (Häußermann 2014: 6); d.h. „der

Begriff einer Metropole [ist] problematisch“ (Sassen 1995: 167). Man deutet

somit das „Ende des Leitbildes ‚Metropole‘“ (Häußermann 2014: 106) an oder

kurz: „Metropole ist überall“ (Häußermann 2014: 107). Es würde also „der

Glanz der Metropolen verblassen“ (Matejovski 2000: 19). Ist dies das Ende der

Metropole? Andererseits denkt man bei einer Metropole wie New York auch

heute noch an die Freiheitsstatue, welche die Fackel der Freiheit den überlade-

nen Schiffen entgegenhielt (vgl. Häußermann 2014: 71). Oder fällt einem bei

Paris als Tourist nicht eine Kunstmetropole ein, in der Mona Lisa im Louvre

(vgl. Louvre 2014) beheimatet ist oder bei London als Tennismetropole sein

legendäres Wimbledon-Turnier (vgl. ATP 2014)? Man müsste also genauer

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fragen: Wie ist es möglich, dass ein relativ eindeutiger Begriff wie Metropole

bei der Charakterisierung sehr großer Städte mit internationaler Aufmerksam-

keit (vgl. Häußermann 2014: 104) oder einem Mythos an Stellenwert für die

stadt-soziologische Begriffsarbeit verliert? Kann es sein, dass neben der ange-

deuteten Funktion (komplementäre Funktionsspezialisierung) oder der regiona-

lisierten Betrachtung (Städtenetz) ein theoretisches Defizit dahinter steckt? Die

Nutzung der Ersatzbegriffe geschieht offenbar ohne zu fragen, warum eigent-

lich diese Ersatzformulierungen statt des Metropolenbegriffs genutzt werden?

Diese Varianten scheinen aus soziologischer Perspektive insofern unbefriedi-

gend, dass man vielleicht den Metropolenbegriff leichtfertigt aufgibt? Was

erklärt der Begriff der Metropole zusätzlich an spezifisch städtischer Sozialität,

d.h. was beobachtet man an stadtsoziologischen Phänomenen ergänzend zu

einer (sehr großen) Stadt und dem Mythos, wenn man den Metropolenbegriff

als Beobachtungsinstrument anwendet?

In der vorliegenden Arbeit wird als Antwort auf die Forschungsfrage die

These aufgestellt, dass die Autoren zu wenig den Zusammenhang von „Stadt

und Gesellschaft“ (Schmals 1983: Buchtitel) oder die gesellschaftliche Be-

dingtheit stadtsoziologischer Erscheinungsformen in Metropolen im Rahmen

neuerer Gesellschaftstheorien thematisieren. Einerseits sind in der Stadtsozio-

logie Ansätze zu finden wie Simmels „Funktionalisierung des Soziallebens“

(Häußermann/Siebel 2014: 35), Tönnies Differenz von „Gemeinschaft und

Gesellschaft“ (Bertels 1990a: 19, Tönnies 1983, 1963 [1887]), die „gesell-

schaftliche Konstruktion der Postmoderne als metropolitane Gesellschaft“

(Bukow 2001: 25), das Konzept der urbanen Regime (vgl. Rudolph et al. 2005:

17) oder die Einordnung in die marxistische Gesellschaftstheorie (vgl. Schmals

1983: passim, Häußermann/Siebels 2014: 90 ff.) wie die „New Urban Sociolo-

gy“ (Häußermann/Siebel 2014: 122). Andererseits, wenn es konkret um den

Metropolenbegriff geht, scheint eine gesellschaftstheoretische Einordnung we-

niger erörtert zu werden. Oder es wird nur die „Einbettung in umfassende ge-

sellschaftliche und ökonomische Verhältnisse […] eines internationalen Kapi-

talismus“ (Korff 1991: 359) diskutiert, jedoch kann Kapitalismus als eine öko-

nomische Form nicht (mehr) als umfassende Gesellschaftstheorie begriffen

werden. Auch Metropole als modernen Begriff mit der Postmoderne zu assozi-

ieren (vgl. Petz/Schmals 1992: 3) kann nicht als theoretische Fundierung inter-

pretiert werden, sondern diese Zeitdiagnose ist „allenfalls mit Bezug auf die

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Selbstbeschreibung des Gesellschaftssystems“ (Luhmann 1997: 1143) zu be-

trachten. Im Folgenden wird deswegen vorgeschlagen, statt o.g. auf Städte be-

zogene Gesellschaftstheorien von Simmel, Tönnies, Elias (vgl. Bertels 1997:

11), Weber oder Marx/Engels, die neuere Theorie der Differenzierung der Ge-

sellschaft einzubeziehen (vgl. Schimank 2009, Luhmann 1997). Hiermit könnte

man als eine Antwort auf die Fragestellung zeigen, dass es sich um ein Theo-

riedefizit im Metropolenbegriff handelt. Gleichzeitig könnte man mehr Erklä-

rungspotential zur Verfügung stellen und dadurch dem diagnostizierten Bedeu-

tungsverlust der Metropole entgegenwirken. Aber wie ließe sich das konkret

begründen?

Es wird sich auf zwei Differenzierungsformen beschränkt: (1) Der Zent-

rum/Peripherie-Differenzierung (vgl. Luhmann 1997: 663 ff.) wie beispiels-

weise Stadt/Land und (2) der funktionalen Differenzierung (vgl. Luhmann

1997: 743 ff.), welche Gesellschaft in verschiedene Funktionen wie Ökonomie,

Politik (s.o. New York via Freiheit/Demokratie), Kunst (s.o. Paris), Sport (s.o.

London), aber auch Massenmedien oder Gesundheit differenziert. Zur Begrün-

dung der Argumentation soll stadtsoziologische Literatur (a) genutzt werden,

wie sie im folgenden Kapitel aufgelistet ist und in einer Vorauswahl bereits

stichpunktartig grob gesichtet wurde. Die dort aufgeführten Definitionen und

Dimensionen des Begriffs der Metropole und die angeführten Argumente die-

nen (b) als Kontrastfolie der Gesellschaftsheorie Luhmanns mit ihren Differen-

zierungen (b1, b2). Beispielsweise wird Kultur in stadtsoziologischer Literatur

(a) als Residualkategorie genutzt, wie in folgendem Zitat: „Metropole […]

muss Mittelpunkt des politischen, ökonomischen und kulturellen Lebens eines

Landes sein“ (Häußermann 2014: 11). Mit Luhmanns Differenzierung (b) als

Kontrastfolie fällt auf, dass das kulturelle Leben nicht definiert ist oder nur

begrenzt mit funktionaler Differenzierung (b2) aufgefächert wird, beispielswei-

se konkreter nach Kunst, Sport, Tourismus oder dem Erziehungssystem. Auch

soll die Zuschreibung des Mythos als Zentrum/Peripherie-Differenzierung (b1)

in den Texten (a) analysiert und ihre Erklärungskraft (b) verdeutlicht werden.

Beispielsweise könnte eine im Zentrum (b1) verdichtete Kommunikation wie

die Metropolregion Rhein-Ruhr (vgl. Blotevogel 1998: Buchtitel) zur „Auf-

rechterhaltung einer Differenz von Zentrum und Peripherie“ (Luhmann 1997:

664) die semantische (mythologische (a)) Zuschreibung zu einer metropolita-

nen realen Sozialstruktur der Form Zentrum/Peripherie (b1) erklären oder sie

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erst (re)produzieren (vgl. Luhmann 1997: 539). Zudem sollten zur Plausibili-

sierung der Erklärungsleistung zwei Beispiele mit Hilfe des Luhmann’schen

Analyseinstrumentariums diskutiert werden: die Bleistifthäuser von Tokio (vgl.

Häußermann 2014: 66) und das Funktionssystem Sport, konkret Tennis (vgl.

ATP 2014). Außerdem sollen Argumente geprüft werden, die der These wider-

sprechen könnten. Beispielsweise findet man die Ansicht, dass „der Begriff der

Metropole eine besondere Bedeutung gewonnen [hat]“ (Matejovski 2000: 9)

oder dass der Firmensitz eines Konzerns nicht in einer Metropole existiert (vgl.

BertelsmannSE 2014). Oder wie geht man mit der kleinen Stadt Gummersbach

um, wenn man sie als Handballmetropole bezeichnet (vgl. Aring 2009: 13)?

2 Das Problem des Begriffs Metropole, Forschungsfrage

Das folgende Kapitel nimmt Teile des Vorwortes wieder mit auf, strukturiert

jedoch um.

2.1 Das Problem: zum Bedeutungsverlust und den Alternativen

Buchtitel wie „Mythos Metropole“ (Fuchs et al. 1995), „[i]m Banne der Met-

ropolen“ (Alter 1993) oder „Metropolen. Laboratorien der Moderne“ (Mate-

jovski 2000) lassen erahnen, was der Begriff der Metropole beschreibt. Denn

„[o]hne ihre Mythen […] gäbe es gar keine Metropolen, sondern nur große

Städte“ (Kiecol 1999: 7). Neben diesem Mythos oder der „kulturelle[n] Aufla-

dung des Begriffs ‚Metropole‘“ (Häußermann 2014: 6), sollte man fragen, was

der Begriff zusätzlich an spezifisch städtischer Sozialität erklärt? Was beo-

bachtet man an stadtsoziologischen Phänomenen ergänzend zu einer (sehr gro-

ßen) Stadt, wenn man den Metropolenbegriff verwendet? Warum sollte Metro-

polen eine andere Sozialität hervorbringen als große Städte und ihre sozialwis-

senschaftliche Auseinandersetzungen mit dem Raum (vgl. Bertels 1997: 11,

23), sofern man das oben genannte mythologische „Wunsch- oder Leitbild ei-

ner Metropole“ (Häußermann 2014: 105) vernachlässigt? Denn dieser Mythos-

Zuschreibung oder „transformierte[n] Erscheinungsform“ (Fuchs-Heinritz et al.

1994: 457) „kann das Gegenbild eines funktional differenzierten Stadtsystems

entgegengehalten werden“ (Häußermann 2014: 105). Was hilft somit der Met-

ropolenbegriff bei einer sehr großen Stadt wie beispielsweise Tokio, wenn man

diese „Megastadt“ (Heineberg 2006: 29 f.) neben der schieren Einwohnerzahl

oder dem genannten Mythos mit einer „Europäische[n] Metropolregion Rhein-

Ruhr“ (Blotevogel 1998: Buchtitel) vergleicht? (Man beachte die Aufwertung

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„europäisch“ und entsprechende Werbeschilder an den Autobahnen)3,4,5

. Im

Wörterbuch der soziologischen Stichworte von „Großstadt“ (vgl. Häußermann

2000) ist Metropole als eigenes Stichwort nicht aufgeführt6. Selten findet man

die Ansicht, dass „der Begriff der Metropole eine besondere Bedeutung ge-

wonnen [hat]“ (Matejovski 2000: 9), „wieder modern [ist]“ (Petz/Schmals

1992: 3), eine „Konjunktur der Metropolen“ (Heineberg 2006: 338)7 oder Zeit-

diagnosen wie eine „metropolitane Gesellschaft“ (Bukow 2001: 25).

Die Fazite könnten somit lauten: „Der Metropolenbegriff ist schwer zu be-

stimmen“ (Häußermann 2014: 6 f.), „sperrig“ (Petz/Schmals 1992: 3), „abge-

griffen“ und „unbestimmt“ (Häußermann 2014: 6); d.h. „der Begriff einer Met-

ropole [ist] problematisch“ (Sassen 1995: 167). Man deutet somit das „Ende

des Leitbildes ‚Metropole‘“ (Häußermann 2014: 106) an oder kurz: „Metropole

ist überall“ (Häußermann 2014: 107). Es würde also „der Glanz der Metropo-

len verblassen“ (Matejovski 2000: 19).

Zudem existieren Alternativen zum Metropolenbegriff: Beispielsweise sei

Metropole ein „durch komplementäre Funktionsspezialisierung miteinander

verbundenes Städtenetz“ (Blotevogel 1998, zit. in Häußermann 2014: 15). An-

dere Beispiele sind „Megastadt“, „Weltstadt“ (Heineberg 2006: 26, Zohlen

1995: 27, Petz/Schmals 1992: 3; Heineberg 2006: 342) oder „Global City“

(Sassen 2001: Buchtitel). Beispielsweise verwendet Weltstadt bei der Charak-

terisierung von London nahezu synonym zu Metropole im gleichen Absatz:

„London als Metropole […]“ und „der Weltstadt London“ (Heineberg 2006:

29). Auch hier scheint Welt in dem Begriff der Weltstadt als mythologische

Zuschreibung zu einer globalisierten „Weltgesellschaft“ (Luhmann 1997: 145)

ähnlich gebraucht zu werden, wie bereits der o.g. Mythos bei dem Begriff der

3 So an der A3 von Düsseldorf in Richtung Duisburg, aber auch in der Nähe von Dortmund aus Richtung

Hannover: „Metropole Ruhr: Kultur, Industrie, Landschaft“ (Metropoleruhr 2014b). Man beachte die

mythologische Zuschreibung Landschaft, was immer diese mit einer sehr großen Stadt oder dem Städte-

netz zu tun hat. Vermutlich geht es um Suburbanismus (vgl. Häußermann/Siebel 2014: 72 ff.), was wiede-

rum die These der funktionalen Differenzierung von Metropolen erhärten würde, sofern man Familie als

Funktionssystem annimmt, und somit den Wunsch der Familien als „Traum von der Idylle im Grünen“

(Häußermann/Siebel 2014: 72) nachvollzieht. 4Stichweh diskutiert die Verwandtschaft des Begriffs der Region mit der Unterscheidung Zent-

rum/Peripherie (vgl. Stichweh 2000: 198 ff.); siehe auch „Regionalisierung“ (Luhmann 1997: 806). 5Die spezielle Anwendung des Begriffs Region auf Metropole soll in der vorliegenden Arbeit nicht weiter

untersucht werden, gleichwohl Erkenntnisse daraus als argumentative Stütze in der vorliegenden Arbeiten

einflossen, siehe beispielsweise: „Metropolregionen statt Metropolen – Der Zugang zur Raumordnung“

(Aring 2009: 14). 6Gleichwohl wird Metropole im Text verwendet, beispielsweise vgl. Häußermann 2000: 14, 50, 67, 89. 7Auch wurde in der dritten Auflage 2006 gegenüber der zweiten Auflage 1989 das Kapitel „Metropolen

im Globalisierungsprozess“ (Heineberg 2006 [1989]: 337) neu aufgenommen.

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Metropole8. Dies geschieht jedoch offenbar ohne zu fragen, warum eigentlich

diese Ersatzformulierungen statt des Metropolenbegriffs genutzt werden? Die-

se Varianten scheinen aus soziologischer Perspektive insofern unbefriedigend,

dass man vielleicht den Metropolenbegriff leichtfertigt aufgibt? Betrachtet man

eine Städte-Agglomeration in Form von Städtenetzen, bei denen man von einer

Metropolregion spricht, so scheint der Begriff der Metropole soziologisch nicht

mehr herzugeben als die bereits o.g. Beschreibung eines Mythos oder der kul-

turellen Aufladung einer sehr großen Stadt. D.h. ihr wird zwar von außen in

einer Art hierarchischen Unterscheidung von Zentrum und Peripherie (Luh-

mann 1997: 156 f.) eine überhöhte Bedeutung (als Zentrum) gegenüber einer

Peripherie zugeschrieben. Jedoch soziologisch scheint der Begriff der Metro-

pole dadurch kaum mehr soziale Phänomene beschreiben zu können, als wenn

man von einer sehr großen Stadt spricht. Denn auch Mythen haben ihre Gren-

zen (vgl. Fuchs/Moltmann 1995: 15), was die soziologische Erklärungsleistung

angeht.

Insofern ist zu konzedieren, dass es sich hier um einen schwierigen Begriff

handelt (vgl. Häußermann 2014: 7). Aber warum ist er schwierig? Was beo-

bachtet der Begriff eines Städtenetzes oder Weltstadt mehr als eine Metropole?

Ist dies das Ende der Metropole? Somit scheint der Metropolenbegriff offenbar

seinen Stellenwert für die stadt-soziologische Theoriearbeit zu verlieren. Es

sollte somit gefragt werden: Wie ist es möglich, dass der Begriff der Metropole

scheinbar seinen Stellenwert für die stadt-soziologische Theoriearbeit verliert?

2.2 Was steckt dahinter? Forschungsfrage, Antwort/These

2.2.1 Überblick

Offenbar weiß man nicht, was man mit dem Begriff der Metropole in der so-

ziologischen Theoriebildung weiter anfangen soll, wenn man diesen Bedeu-

tungsverlust des Metropolenbegriffs beobachtet oder Alternativen genutzt wer-

den? Was steckt dahinter? Ist es die angedeutete „Funktion von Metropolen-

Vorstellungen“ (Häußermann 2014: 105) - was immer eine Funktion ist? Oder

verbirgt sich soziologisch vielleicht mehr in der Semantik der Metropole? (Ge-

nauere Definitionen relevanter Begriffe folgen in Kapitel zwei). Wie ist es

8Auch Globalisierung als Teil der Global City könnte als Zuschreibung zu Welt näher untersucht werden.

Wegen der hinter Global City steckenden problematischen These (vgl. Häußermann 2000: 88 f., Häußer-

mann 2014: 83 f.) soll dies hier nicht erfolgen. Siehe auch „Globalisierung und Regionalisierung“ (Luh-

mann 1997: 806).

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möglich, dass doch offenbar ein relativ eindeutiger Begriff wie Metropole bei

der Charakterisierung sehr großer Städte mit internationaler Aufmerksamkeit

(vgl. Häußermann 2014: 104) oder dem Mythos einer Weltstadt wie New

York9 an Bedeutung für die soziologische Begriffsarbeit verliert? Kann es sein,

dass neben der angedeuteten Funktion oder der regionalen Betrachtung ein

theoretisches Defizit dahinter steckt? Wer mag leugnen, dass Bombay,

Kapstadt oder Rio de Janeiro eine Metropole ist (ohne darüber nachzudenken,

wieviel Einwohner diese Städte haben), wenn man an die größte Demokratie

der Welt mit vielen Indern, dem Freiheitskampf von Nelson Mandela bzw. an

die Fußballweltmeisterschaft von 2014 in Brasilien denkt? Anders gefragt: Wie

ist es möglich, dass der Begriff der Metropole trotzdem seinen Stellenwert für

die soziologische Theoriearbeit verliert?

In der vorliegenden Arbeit wird die These aufgestellt, dass die Autoren zu

wenig den Zusammenhang von „Stadt und Gesellschaft“ (Schmals 1983: Buch-

titel) oder die gesellschaftliche Bedingtheit stadtsoziologischer Erscheinungs-

formen in Metropolen im Rahmen neuerer Gesellschaftstheorien thematisie-

ren10

. Einerseits sind in der Stadtsoziologie Ansätze zu finden: Simmels „Funk-

tionalisierung des Soziallebens“ (Häußermann/Siebel 2014: 35), Tönnies Diffe-

renz von „Gemeinschaft und Gesellschaft“ (Bertels 1990a: 19, Tönnies 1983,

1963 [1887]) – genauer dazu siehe unten Kapitel 2.3 -, Lefebvres dialektische

Untersuchungen der urbanen Gesellschaft (vgl. Schmid 2005: 113 ff.), eine

„gesellschaftliche Konstruktion der Postmoderne als metropolitane Gesell-

schaft“ (Bukow 2001: 25), dem Konzept der urbanen Regime (vgl. Rudolph et

al. 2005: 17) oder die Einordnung in die marxistische Gesellschaftstheorie (vgl.

Schmals 1983: passim, Häußermann/Siebels 2014: 90 ff.), beispielsweise unter

dem Namen „New Urban Sociology“ (Häußermann/Siebel 2014: 122). Auch

zielt Bahrdt (1983) in die Richtung der „Vergesellschaftung“ (Bahrdt 1983: 58)

9Der Autor selbst erlag diesem Mythos, da er sich beim dritten Besuch frug, was denn die Stadt New

York nun wirklich gegenüber einer Stadt wie Frankfurt hergibt, außer der schieren Größe? Ist es in New

York vielleicht schlicht der Mythos der Freiheit symbolisiert durch die fackeltragende Freiheitsstatue, die

nicht nur den nahrungssuchenden Irländern den Weg leuchtet(e)? Weiter beobachtete der Autor bei Besu-

chen von Metropolen: Hat nicht die Deutsche Bank in Frankfurt abends beeindruckend erleuchtet (im

Jahre 2013) einen ähnlichen Mythos wie der Pycadilly Circus in London, der im Jahr 2014 zudem nichts-

sagend eingepackt daherkam? Mag in Berlin der Alex nicht frustrierend leer aussehend, wenn man abends

glaubt dort sei ‚viel los‘ (so im Sommer 2013)? Was ist der Mythos der Champs-Elysée, wenn man

schweißtreibend 1-2 km dort entlang geht oder vor dem schlicht aussehenden Moulin Rouge steht (2010)?

‚Tanzt der (Berliner?) Bär‘ nicht genauso abends in Hamburg an der Reeper Bahn wie in Düsseldorf in

der Altstadt (zuletzt erstaunlich zu beobachten mitten in der Woche am Mittwoch 04-Jun-2014])? 10Eine vollständige Literaturrecherche alle stadtsoziologischen Literatur inclusive nicht-

deutschsprachlicher Literatur zum Thema Gesellschaft und ihr Einfluss auf die Stadt(soziologie) konnte

aufgrund des vorgegebenen Rahmens für eine mündliche Prüfung nicht vorgenommen werden.

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u.a. durch die Simmel-Unterscheidung Privat/Öffentlich und einer Orientierung

an der ökonomischen Theorie wie dem „Markt“ (Bahrdt 1983: 58) – weniger

an einer expliziten Gesellschaftstheorie. Andererseits, wenn es konkret um den

Metropolenbegriff geht, scheint diese gesellschaftstheoretische Einordnung

weniger erörtert zu werden. Oder es wird nur die „Einbettung in umfassende

gesellschaftliche und ökonomische Verhältnisse […] eines internationalen Ka-

pitalismus“ (Korff 1991: 359) diskutiert, aber Kapitalismus als eine ökonomi-

sche Form kann nicht als umfassende Gesellschaftstheorie begriffen werden.

Auch Metropole als modernen Begriff mit der Postmoderne zu assoziieren

(vgl. Petz/Schmals 1992: 3) kann nicht als theoretische Fundierung interpretiert

werden, sondern als Zeitdiagnose „allenfalls mit Bezug auf die Selbstbeschrei-

bung des Gesellschaftssystems“ (Luhmann 1997: 1143).

Im Folgenden wird deswegen vorgeschlagen, dass neben den u.a. o.g. auf

Städte bezogenen Gesellschaftstheorien/-konzepten von Simmel, Tönnies, Eli-

as (vgl. Bertels 1997: 11), Weber oder Marx/Engels die neuere Theorie der

Differenzierung der Gesellschaft einzubeziehen (vgl. Schimank 2009, Luh-

mann 1997) um damit den Metropolenbegriff mehr Erklärungspotential zur

Verfügung zu stellen und dadurch dem diagnostizierten Bedeutungsverlust

entgegenzuwirken. Es wird sich auf zwei Differenzierungsformen beschränkt:

(1) Der Zentrum/Peripherie-Differenzierung (vgl. Luhmann 1997: 663 ff.) wie

beispielsweise Stadt/Land und (2) insbesondere der funktionalen Differenzie-

rung (vgl. Luhmann 1997: 743 ff.), welche Gesellschaft in verschiedene Funk-

tionen wie Ökonomie, Politik, Kunst, Sport, Massenmedien oder Gesundheit

differenziert11

. (Eine genauere Erläuterung dieser Theorie erfolgt in Kapitel

zwei). Grund sich auf diese beiden der vier Formen der Differenzierung zu

beschränken ist, dass die (3) stratifizierte, also auf Schichten basierende Diffe-

renzierung bereits bei Marx/Engels Berücksichtigung findet und die (4) seg-

mentäre Differenzierung zwar im Bereich des Suburbanismus oder Ghettoisie-

rung nutzbar sein könnte, jedoch nicht Thema der vorliegenden Arbeit darstellt.

Bei Schimank (vgl. 2009) und Luhmann (vgl. 1997: 595 ff.) lässt sich wie be-

reits bei Durkheim (vgl. 1992 [1930]) eine (funktionale) Differenzierung und

Arbeitsteilung der Gesellschaft nachlesen. D.h. diese Theorie hat theorie-

historisch weit zurückliegende Wurzeln, was die Überlegung stärkt diesen As-

11Für einen Überblick siehe „Formen der Systemdifferenzierung“ (Luhmann 1997: 609).

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Seite 11 von 45

pekt mit in den Metropolenbegriff aufzunehmen, da auch der Metropolenbe-

griff eine lange Historie hat, beispielsweise als ‚Mutterstadt“ im alten Grie-

chenland. Zudem wird Differenzierung in stadtsoziologischen Veröffentli-

chungen bereits thematisiert: Beispielsweise ob „Stadt [eine] Verdichtung

funktionaler Differenzierung“ (Löw 2002a: 9) sei; ob „das Terrain der Zentrali-

tät in sich differenziert ist“ (Sassen 1995: 176). Oder man fragt nach den „Mü-

hen der Differenzierung“ (Häußermann/Siebel 2002: 29) im Rahmen

„[r]esidentieller Segregation“ (Löw 2002b: 28).

2.2.2 Abgrenzung, Zusammenfassung

Die gesellschaftstheoretische Dimension des Metropolenbegriffs zu stärken,

schließt nicht aus, sondern ergänzt die stadtsoziologische Dimension des

„räumlich-sozialen Nahbereich[s]“ oder „daß Lebensgeschichte der Bewohner

und Ortsentwicklung auf eine besondere Weise miteinander verbunden sind“

(Bertels 1990a: 112 f.), da „soziale Kontakte über den Raum […] gesteuert

werden, in dem Interaktions- und Kommunikationschancen eröffnet oder ver-

schlossen, gefördert oder behindert werden“ (Bertels 1990a: 111). Auch „Le-

benslaufspezifische Aspekte“ in einer „räumlich […] vorstrukturierte[n] Um-

welt“ (Bertels 1990b: 204) sollen dadurch nicht ausgeschlossen werden. Des-

gleichen Themen wie Migration, Vernetzung eines individuellen Lebensweges

oder eines familialen Lebenszusammenhanges lassen sich möglichweise mit

der Pluralität der Funktionskontexte über Inklusion/Exklusion in Verbindung

binden (vgl. Stichweh 2002: 9)12

. Vielleicht lässt sich so der „Welt-Raum[…]

des konkret von den Subjekten […] erfahrenen Raumes […] [in] Bezug zur

alltäglichen Erfahrung der Globalisierung“ vollziehen (Noller 1999: 179). Man

denke an die lebensweltliche Aspekte des Familienlebens und die Möglichkei-

ten der Erholung in Parks wie den Tiergarten in Berlin oder den Central Park in

New York als räumliche Bedingungen aber auch als funktionale Erfordernisse.

Dagegen ließen sich Kommunikationschancen im Nahbereich möglicherweise

über Interaktionssysteme der Luhmann‘schen Theorie genauer untersuchen

(vgl. Luhmann 1997: 813 ff.). Dies ist jedoch nicht Thema der vorliegenden

Arbeit. Dagegen geht es in der hier betrachteten Gesellschafts-Dimension abs-

trakter um die „Bedeutung […][der] Symbolisierung von gesellschaftlichen

12Held analysiert dabei: „Der Ausschlußmechanismus mußte sich vom Einschlußmechanismus der räum-

lichen Verdichtung trennen“ (Held 2005: 367).

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Prozessen durch das materielle Substrat Raum“ (Herlyn et al. 1982: 21 f., zit.

in Bertels 1990a: 111). „Diese ‚präsentative Symbolbildung‘ besagt, daß sie

und weniger die räumliche Nachbarschaft eine Integrationsleistung darstellt“

(Bertels 1990a: 111), was dem oben genannten Mythos im Rahmen der Zent-

rum/Peripherie-Differenzierung entspricht.

2.2.3 Zusammenfassung, Kapitelüberblick

Zusammengefasst: Die Forschungsfrage des Bedeutungsverlustes des

Metropolenbegriffs soll mittels der These der mangelnden

gesellschaftstheoretischen Betrachtung beantwortet werden. Nimmt man diese

These ernst und wendet Gesellschaftstheorie auf Metropole an, ergibt sich

neben der Stärkung des Metropolenbegriffs eine verbesserte soziologische

Erklärungsleistung. Dies wird im folgenden Kapitel genauer erläutert werden,

wobei zuerst die dafür notwendigen zugrundeliegenden Begriffe

(Differenzierungstheorie, Metropole) ausgearbeitet werden müssen, um die

Plausibilisierung und Begründung der Hypothese verständlicher herausarbeiten

zu können. In Abschusskapitel drei wird ein Fazit gezogen.

3 Theorie/Begriffe, Argumente, detaillierte Hypothese

Zunächst soll die Differenzierungstheorie der Gesellschaft (Kapitel 2.1) erläu-

tert werden, so wie sie für die Forschungsfrage relevant ist. Hierbei sollen be-

reits erste Argumente das mögliche Erklärungspotential andeuten. Wenn im

Anschluss der Metropolenbegriff (Kapitel 2.2) mit seinen Dimensionen ausge-

arbeitet wird, lässt sich gleichzeitig weiter bereits diese Erklärungsleistung der

Differenzierung ausweiten. Mithilfe der geleisteten Begriffsbildung Differen-

zierung und Metropole kann somit die zugrunde Hypothese in Kapitel 2.3 brei-

ter formuliert werden. Anschließend in Kapitel 2.4 wird die Hypothese durch

entsprechende Untersuchungen im Vergleich mit Argumenten aus stadtsozio-

logischen Texten verglichen, zudem anhand von Beispielen verprobt und

dadurch das Erklärungspotential weiter plausibilisiert. Diesen Argumenten in

Richtung der Verifikation der Hypothese sollen Überlegungen zur Falsifikation

in Kapitel 2.5 gegenüber gestellt werden. Zum Abschluss erfolgt in Kapitel

drei ein Fazit.

Page 13: Metropole und ihre gesellschaftstheoretische Wiederbelebung mit Luhmann (2014)

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3.1 Differenzierungstheorie (funktionale, Zentrum/Peripherie)

Wie bereits in Kapitel eins erwähnt, unterscheidet Luhmann vier verschiedene

Differenzierungsformen der Gesellschaft: (1) stratifikatorisch, (2) segmentär,

(3) funktional und (4) Zentrum/Peripherie. Die beiden letztgenannten sollen

genutzt werden, um sie mit dem Metropolenbegriff zu verbinden. Die Begrün-

dung der Auswahl wurde ebenfalls bereits in Kapitel 1 geliefert: (1) Stratifika-

tion (Schichten) ist Teil der Marx’schen Theorie und (2) Segmente könnten

Ghettobildung charakterisieren. Beides ist nicht Thema der vorliegenden Ar-

beit. Ziel ist es für den Metropolenbegriff die Analyse der modernen Gesell-

schaft zu nutzen, welche (3) „dem modernen Primat funktionaler Differenzie-

rung“ (Luhmann 1997: 166) entspricht. Der Fall der (4) Zentrum/Peripherie-

Differenzierung macht die mythologische Beschreibung der Metropole erklär-

bar, wie später näher erläutert wird.

3.1.1 Funktionale Differenzierung

3.1.1.1 Zur Definition

Zunächst zu den beiden Definitionen: „Funktionale Differenzierung [wird]

unter dem Gesichtspunkt sowohl der Ungleichheit als auch der Gleichheit der

Teilsysteme“ betrachtet (Luhmann 1997: 613, Hervorh. i. Ori.). „Die Funktion

liegt im Bezug auf ein Problem der Gesellschaft“ (Luhmann 1997: 746), wie

beispielsweise das Funktionssystem der Wirtschaft: Ihre „Funktion [liegt] darin

[…], unter der Bedingung von Knappheit künftige Versorgung sicherzustellen“

(Luhmann 1997: 758); oder das politische Funktionssystem, bei dem die Funk-

tion für die Gesellschaft das „Bereithalten der Kapazität zu kollektiv binden-

dem Entscheiden“ (Luhmann/Kieserling 2000: 84) ist. Wie ist das für die Defi-

nition „Ungleichheit als auch Gleichheit“ zu verstehen? Ungleich sind die

Funktionssysteme in ihrer jeweiligen Funktion Politik/Entscheiden bzw. Wirt-

schaft/Knappheit, d.h. die ihre jeweilige exklusive Funktion unterscheidet sich

(vgl. Luhmann 1997: 746 f.). Das bedeutet, dass "kein Funktionssystem die

Funktion eines anderen übernehmen [kann]" (Luhmann 1997: 753). Dagegen

sind sie gleich in dem Sinne, dass sie jeweils eine spezifische Funktion für die

Gesellschaft erbringen, da diese „im Bezug auf ein Problem der Gesellschaft

[liegt]“ (Luhmann 1997: 746). Es existiert keine "Rangordnung der Funktio-

nen" (Luhmann 1997: 391 f.), sie „[sind] prinzipiell gleichranging, [werden]

also nicht nach höher/niedriger unterschieden“ (König 2012: 69).

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Folgende als Diskussionsgrundlage zu verstehende Liste von dreizehn

Funktionssystemen lassen sich unterscheiden: Politik/Gewaltregulation, Wirt-

schaft/Knappheitsbewältigung, Wissenschaft/Wissensproduktion,

Kunst/Distinktion, Religion/Sakralisierung, Recht/Erwartungssicherung, Medi-

zin/Behandlung, Sport/Leistung, Erziehung/Vermittlung, Massenmedi-

en/Selbstbeschreibung (vgl. Roth 2013: 17), ergänzt eventuell um Familie-

Intimsystem/Reproduktion (vgl. Roth 2013: 9) und Tourismus/Erholung (vgl.

Roth 2013: 5) , welcher für den hier vorliegenden Kontext als „Städtetouris-

mus“ (Pott 2007: 13) interessant sein könnte, auch wenn Familie und Touris-

mus vielleicht keine Funktionssysteme im strengen analytischen Sinne sind

(vgl. Roth 2013, Pott 2007). Zumindest deuten sie auch auf die Ausdifferenzie-

rung der Gesellschaft hin. Auch "Soziale Arbeit als Funktionssystem der Ge-

sellschaft" (Mass 1974) ist ein möglicher Kandidat der Liste.

Mit funktionaler Differenzierung lassen sich somit auch Aussagen wie die

folgende erklären: „Mehrere Großstädte in Deutschland haben inzwischen so

etwas wie ein ‚Charta der Vielfalt‘ verabschiedet, in der urbane Diversitätspoli-

tik […] gefeiert wird“ (Häußermann 2014: 121). Die „Diversitäts-Semantik“

(Häußermann 2014: 121) ist nicht weit von funktionaler Ausdifferenzierung

oder Spezialisierung weg.

3.1.1.2 Zum Erklärungspotential funktionaler Differenzierung

Betrachtet man die obige Liste der Funktionssysteme und vergleicht diese mit

Definitionen von Metropolen, dass sie z.B. „Mittelpunkt des politischen, öko-

nomischen und kulturellen Lebens eines Lande sein [muss]“ (Häußermann

2014. 11), dann zeigt sich, dass die Kategorisierung poli-

tisch/ökonomisch/kulturell nur einen begrenzten Ausschnitt in den Blick

nimmt. „Kulturell“ erscheint hier so in etwas wie eine Rest oder Residualkate-

gorie, da doch mehr Dimensionen wie beispielsweise Kunst, Religion oder

Sport gemäß der funktionalen Differenzierung betrachtet werden müssten

(mehr dazu folgt in Kapitel 2.2.2.5). Betrachtet man diese Menge an Differen-

zierungen lässt sich „Stadt als Differenzmaschine“ (Stichweh 2012: 22) oder

„Raum als Modus von Differenz“ (Held 2005: 366) bezeichnen. Denn „[a]lle

Unterschiede, die es […] in der Weltgesellschaft überhaupt gibt, können in der

Stadt wieder vorkommen“ (Stichweh 2012: 22). Daraus ließe sich thesenhaft

ein Definitionsmerkmal von Metropole formulieren: Kommen alle funktiona-

len Differenzierung in einer großen Stadt in einem besonders hohen Grad an

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Spezialisierung und zugleich weltweiter Verbundenheit vor, könnte man dies

zusätzlich als Eigenschaft von Metropolen definieren. Zusätzlich heißt, dass

der Mythos einer Metropole über eine Zentrum/Peripherie-Differenzierung

erklärt wird, wie im folgenden Kapitel dargestellt wird.

3.1.2 Zentrum/Peripherie-Differenzierung

3.1.2.1 Zur Definition

Bei der „Differenzierung nach Zentrum und Peripherie […] wird ein Fall von

Ungleichheit zugelassen“ (Luhmann 1997: 613, Hervorh. i. Ori.). Es existiert

nicht nur eine Differenz zwischen zwei ungleichen Einheiten, sondern es ist

auch eine Orientierung an der Differenz erforderlich (vgl. König 2012: 66),

oder wenn „strukturelle Eigentümlichkeiten in Zentren bedingt sind durch die

Aufrechterhaltung einer Differenz von Zentrum und Peripherie“ (Luhmann

1997: 664). Im Zentrum läuft die Kommunikation verdichtet ab. Dadurch wird

die Differenz sichtbar und restabilisiert sie in Form eines zirkulären Prozess;

verstärkt somit den Unterschied (vgl. König 2012: 66 f.). Eine Zent-

rum/Peripherie-Differenzierung wird klassisch als "Stadt/Land-Unterschied"

(Luhmann 1997: 165) genutzt. Da dies für jede Stadt gilt und somit auch für

die Metropole, wird diese konkrete empirische Unterscheidung Stadt/Land im

Rahmen der vorliegenden Arbeit des Metropolenbegriffs nicht weiter unter-

sucht.

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3.1.2.2 Zum Erklärungspotential zirkulärer, mythologischer Strukturen

Das zirkuläre, restabilisierende Erklärungspotential zeigt sich, wenn der My-

thos einer Metropole immer wieder thematisiert wird, wie beispielsweise bei

„Berlin“ in wissenschaftlichen Abhandlungen (Krätke/Borst 2000: Buchtitel,

Häußermann 2014: 86) oder in journalistischen Artikeln: „Berlin. Das Ge-

heimnis der coolen Metropole“ (Weber 2014: Titelseite). D.h. um „[sich] von

den vielen anderen […] [zu] unterscheiden, […] muss [man] sich also ständig

etwas Neues ausdenken“ (Häußermann 2014: 119); so geschehen mittels Wer-

beschilder: Zunächst „Ruhrgebiet“ (Metropoleruhr 2014a), dann „Metropole

Ruhr“ (Metropoleruhr 2014b) als „Marketing-Konzept“ (Zohlen 1995: 31).

Region wird um den Begriff der Metropole ergänzt, um der Region eine my-

thologische Zuschreibung zu geben, selbst wenn die Region im europäischen

Maßstab bei den Firmensitzen der 500 größten Produktionsunternehmen direkt

hinter London und Paris rangiert (vgl. Blotevogel 1998: 77).

3.2 Der Begriff der Metropole und Differenzierung, Beispiele

3.2.1 Vorüberlegung

Wenn in Folgenden der Begriff der Metropole genauer untersucht wird, ist es

hilfreich zwei Aspekte als Kontrastfolie zu nutzen: Ersten die hier forschungs-

leitende These, dass eben nicht von einem Ende der Metropole gesprochen

werden braucht, wenn Differenzierung hinzugenommen wird. Zweitens stellt

sich implizit die Frage, inwieweit von funktionaler Differenzierung gegenüber

einer Differenzierung nach „Zentrum und Peripherie“ (Luhmann 1997: 663)

für die Metropole gesprochen werden kann. Oder genauer: Was erklären diese

beiden Differenzierungsformen soziologisch und in welchem Verhältnis stehen

sie dabei zueinander, wenn man die Dimensionen der Metropole analysiert?

Des Weiteren sollen im Folgenden Metropolen in modernen industrialisier-

ten Ländern betrachtet werden: „London, Paris, Tokio, New York Berlin“

(Häußermann 2014: Untertitel), da man zum einen davon ausgehen kann, dass

dort die funktionale Differenzierung am Weitesten fortgeschritten ist, vergli-

chen beispielweise mit der klassischen Zentrum-Peripherie einer „Mutterstadt“

(Heineberg 2006: 28) bei den Griechen oder in Schwellenländern. Zum ande-

ren handelt es bei den genannten Metropolen um diejenigen, die in einem der

beiden gewählten Reader des stadtsoziologischen Moduls S3 vorkommen -

dem Kontext der vorliegenden Arbeit.

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3.2.2 Die Dimensionen des Begriffs Metropole mit Differenzierung

Bei der analytischen Betrachtung von Metropolen lassen sich verschiedene

Dimensionen oder „Mehrfachkodierungen“ unterscheiden, deren Ursache als

eine „[Überlagerung] von historisch gewordenen Bedeutungen“ (Häußermann

2014: 6) identifiziert werden. Im Folgenden soll verschiedene Dimensionen

genauer betrachtet und mit der funktionalen und Zentrum/Peripherie-

Differenzierung verglichen werden, um so das Erklärungspotential herauszuar-

beiten.

3.2.2.1 Mythos, Reproduktion der Differenz Zentrum/Peripherie

Durch die Verwendung des Begriffs Metropole für eine Stadt soll ihr ein My-

thos zuwachsen (vgl. Häußermann 2014: 6), wie bereits in Kapitel eins der

vorliegenden Arbeit angedeutet wurde. Mythos wird hier verstanden als „trans-

formierte Erscheinungsform“ (Fuchs-Heinritz et al. 1994: 457), aber auch im

Hinblick die Zentrum/Peripherie-Differenzierung "als Zentralität, Vorreiter-

schaft und Kosmopolität" (Aring 2009: 13). Wobei es in der vorliegenden Ar-

beit keine Rolle spielen soll, ob der Mythos durch die schiere Größe13

wie

„Tokio [als] größte Stadt der Welt“ (Häußermann 2014: 60)14

messbar ist oder

sich „Selbstinszenierung niederschlagen kann“ (Aring 2009: 13). „[W]enn von

Metropole die Rede ist, [ist] etwas Höheres, etwas Größeres, etwas Bedeuten-

deres gemeint – ein Ort, von dem eine nicht genau bestimmbare Wirkung auf

andere Orte ausgeht“ (Häußermann 2014: 6). „Der Mythos der Metropole ist

ein Gemenge-Mythos, wie den des Dandys, des Flaneurs […], des Caféhauses,

in dem sich die intellektuelle Elite […] trifft“ (Kiecol 1999: 6 f.). Das ent-

spricht weitgehende der Definition der Zentrum-/Peripherie-Differenzierung

bei Luhmann, einem „Fall von Ungleichheit“ (Luhmann 1997: 613, kursiv i.

Ori.), „hierarchisch und […] eine Rangordnung“ (Luhmann 1997: 156 f.), d.h.

„wenn strukturelle Eigentümlichkeiten in Zentren bedingt sind durch die Auf-

rechterhaltung einer Differenz von Zentrum und Peripherie“ (Luhmann 1997:

665). „Typisch kommt es zu eine[m] zentralen Bereich, in dem die Kommuni-

kation verdichtet abläuft“ und dadurch dieses Zentrum „von einem peripheren

13Mehr zur soziologischen Bedeutung von Größe siehe Kapitel 2.5. 14Man beachte, dass bis auf Berlin die größten Städte der Welt als Metropole bezeichnet werden (vgl.

Häußermann <todo wo ist die Größentabelle?>). Wie später soziologisch erläutert werden soll, ist auch

Größe nicht nur ein Zuschreibung für sich, sondern hängt vermutlich auch mit der Anzahl der Menschnen

zusammen, die durch die Menge an Kommunikationen den Namne der Metorpole immer wieder nicht nur

in die Massenmedien einbringen.

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Bereich trennt“ (König 2012: 66 f.). „Es handelt sich um einen zirkulären Pro-

zess: Anfangs eher geringe Unterschiede […] in der Art der Kontakte ergeben

im Zentrum einen größeren Spielraum für Auswahl […] und Zuschnitt der

Kommunikation, und dies wirkt seinerseits auf die Verstärkung des Unter-

schieds […] hin“ (König 2012: 66 f.)15

. Man könnte die These formulieren,

dass es genau dieser Mythos einer Stadt ist, der in dieser Art der Kontakte und

dem Zuschnitt der Kommunikation zu finden ist. Kiecol beobachtet das gleiche

zirkuläre Phänomen aus einer eher empirischen Ebene, dass „[d]iese kleineren

Mythen immer eine doppelte Funktion [erfüllen]: zum einen sind sie geboren

aus dem großen Mythos Metropole, zum andern konstituierten sie ihn erst, be-

lebten ihn und hielten ihn bis heute am Leben“ (Kiecol 1999: 7). Man kann

zusammenfassend festhalten, dass die Zentrum-/Peripherie-Differenzierung der

Gesellschaftstheorie Luhmanns dieses soziale Zuschreibungsphänomens des

Mythos einer Metropole erklärt. Das schließt die zirkulären selbstreferentiellen

Grundlagen der Theorie ein; wohlgemerkt immer unter der Voraussetzung,

dass man diese Gesellschaftstheorie als Teil des Explanans akzeptiert. Die

oben genannte Reproduktion und Restabilisierung der Differenz von Zentrum

in Form eines zirkulären Prozess ist hierbei wichtig um den Mythos der Metro-

pole zu erhalten oder zu stärken wie in der bereits genannten Formulierungen

„Berlin. Das Geheimnis der coolen Metropole“ (Weber 2014) oder in der

Selbstzuschreibung „Europäische Metropolregion Rhein-Ruhr“ (Blotevogel

1998: Buchtitel) zu erkennen ist. Von dem Stadt-Management wird dieser Pro-

zess beispielsweise als Weltstadtkultur in Frankfurt bewusst vorangetrieben

(vgl. Noller 1999: 129). „Weltstädte wie London, Paris, Berlin, Wien und New

York [werden] [a]ls Vorstellungsbild von Metropole reflektiert und gleichzeitig

reproduziert durch Filme, Romane und stadtsoziologische Arbeiten“ (Aring

2009: 14). D.h. „durch die Bedeutung der räumlichen Nähe ist davon auszuge-

hen, dass sich selbstverstärkende Prozesse einstellen“ (Knieling/Matern 2009:

340) oder: „Cities are both the result and cause of specialization“ (Hosken

1973: 1). Man beachte die Aussage „specialization‘, zu der sich synonym die

spezialisierte Ausdifferenzierung der Funktionssysteme denken lässt.

3.2.2.2 Zeitlich-kulturelle Bindung

15Im Sinne der Autopoiesis Luhmanns, was hier aus Gründen des Umfangs nicht weiter vertieft werden

soll (vgl. Luhmann 1997: 66).

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Als weitere Kategorie fragt Häußermann bei der Kennzeichnung von Metropo-

len als „Laboratorien der Moderne“ (Matejovski 2000: Buchtitel) danach, ob

denn der Metropolenbegriff kulturell für eine bestimmte Periode der histori-

schen Entwicklung festgelegt ist, wenn der Begriff der Moderne fällt (vgl.

Häußermann 2014: 6). Dies ist weniger der Fall, wenn man an Rom als Metro-

pole denkt oder historisch die erste Bedeutung der Metropole als Mutterstadt

betrachtet (vgl. Häußermann 2014: 6). Der Begriff ist insofern problematisch,

dass er nur zeitdiagnostisch analysiert. Denn man muss fragen, ob „eine Epo-

chenzäsur zu beobachten [ist], die das Gesellschaftssystem selbst betrifft und

es rechtfertigen könnte, einen Übergang von der modernen zu einer postmo-

dernen Gesellschaft zu behaupten“ (Luhmann 1997: 1143). Die Zent-

rum/Peripherie-Differenzierung oder die funktionale Differenzierung eingebet-

tet in Luhmanns Gesellschaftstheorie ist davon unabhängiger, da sie nicht nur

die Zeitdimension betrachtet. Sie kann Mutterstadt als Zentrum im Rahmen

einer Gesellschaftstheorie erklären, also nicht nur zeitlich, sondern auch in so-

zialer und sachlicher incl. räumlicher Dimensionen, wie beispielsweise die

Zuschreibung als Mythos. Nehmen wir das differenzierungstheoretische Erklä-

rungspotential in den Begriff der Metropole mit auf, lässt sich mit Metropole

sowohl eine Mutterstadt wie das antike Athen als auch der Freiheits-Mythos

von New York erklären.

3.2.2.3 Große Städte, Geographische Bestimmung

Auch die „Kategorie ‚Metropole‘ zur Klassifikation von sehr großen Städten“

(Häußermann 2014: 6) lässt sich dadurch gesellschaftstheoretisch erklären: Im

Zentrum herrscht gegenüber der Peripherie eine verdichtete Kommunikation,

die sich zwangsläufig aus der Bevölkerungsdichte der dort lebenden Menschen

gegenüber einer Peripherie ergibt. Schwierig bleibt dabei die empirische, d.h.

geographische Bestimmung: Wie weit reicht die Metropole (vgl. Häußermann

2014: 7), wo endet das Zentrum und wann beginnt die Peripherie?

3.2.2.4 Funktionale Überkonzentration, funktionale Bedeutung

Ein weitere Kategorie von ‚Metropole‘ wird in den Blick genommen, wenn in

„sehr großen Städten […] die zentralen Funktionen für ein Land konzentriert

sind“ […], d.h. eine ‚funktionale Überkonzentration‘ politischer, wirtschaftli-

cher, kultureller und sonstiger gesellschaftlicher Einrichtungen bzw. Aktivitä-

ten in einer einzigen Stadt“ (Häußermann 2014: 6 f.). Solche ‚Primatstädte

bilden sich […] vor allem in der Dritten Welt“ (vgl. Häußermann 2014:7). Oh-

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ne daß klar ist, was die zentralen Funktionen sind, herrscht in diesen Städten

offenbar keine vollständige Ausdifferenzierung alle Funktionssysteme. In der

vorliegenden Arbeit werden Metropolen in modernen westlichen Ländern be-

trachtet, die vollständig ausdifferenziert sind. Es stellt sich somit die Frage,

was das Kriterium der funktionalen Differenzierung für eine Metropole gegen-

über einer anderen großen Stadt sein soll? In Analogie zur o.g. funktionalen

Überkonzentration wollen wir von einer Metropole im Rahmen einer funktio-

nalen Differenzierung sprechen, wenn diese nicht nur vollständig in alle Funk-

tionssystemen, sondern zugleich dort in besonders starkem Maße spezialisiert

sind. Das wird in folgendem Kapitel genauer betrachtet.

3.2.2.5 Kultur als Residualkategorie, Stadt als Differenzmaschine

In einigen Konzepten wie der marxistischen „New Urban Sociology“ (Häu-

ßermann/Siebel 2014: 122), des „Regulationsansatz[es]“ (Krätke 1991: 15), der

„Welt-Stadt“ (Schmid 2005: 187) oder „der urbanen Regime“ (Rudolph 2005:

17) wird die Argumentation auf die politisch- ökonomische Dimension fokus-

siert. Das findet man beispielsweise in Formulierungen wie, dass „es letztlich

die Ökonomie [ist], aus der alle gesellschaftlichen Phänomene erklärbar wer-

den“ (Häußermann/Siebel 2014: 123) bzw. die „politisch-ökonomische Rich-

tung des ‚Regulationsansatzes‘ betont […] Defizite der bisherigen Kapitalis-

musanalyse“ (Krätke 1991: 15) bzw. „Entscheidungsmacht über einen globale

Produktionsprozess an privilegierten Orten der Welt“ (Schmid 2005: 187) bzw.

„ökonomischer Wettbewerb“ oder „politische Zielformulierung“ (Rudolph

2005: 18). Andere Funktionskomplexe bleiben außen vor oder werden unter

„Kultur“ subsumiert wie beispielsweise in der folgenden Beschreibungen: „Um

Metropole zu sein, müssen sich in einer Stadt die Zentren verschiedener Funk-

tionsbereich überlagern: sie muss Mittelpunkt des politischen, ökonomischen

und kulturellen Lebens eines Landes sein“ (Häußermann 2014: 11); oder es

wird der „politische Einfluss auf die Flächennutzung [und] die Einkommens-

verteilung“ (Häußermann 2014: 30) diskutiert. Außerdem werden beim Ver-

gleich westlicher Metropolen neben der Bevölkerungsdichte nur Beschäftig-

tendichte (vgl. Häußermann 2014: 29), also eine Kennzahl des ökonomischen

Funktionssystems, berücksichtigt. Wie würden aber Kennzahlen über die Nut-

zung von Kunst- oder Sporteinrichtungen aussehen, um eine Metropole zu qua-

lifizieren? Es fehlen also Dimensionen wie Sport, Recht oder Tourismus. Zu-

mindest bei „ethnische[r] Homogenität“ (Häußermann 2014: 30) ließe sich an

Page 21: Metropole und ihre gesellschaftstheoretische Wiederbelebung mit Luhmann (2014)

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das Familien/Intim-Funktionssystem denken. Weitere Beispiele lassen sich

finden: „Londons Spitzenstellung in Politik, Ökonomie und Kultur“ (Häußer-

mann 2014: 42) oder „Wirtschaftsmetropole“ (Häußermann 2014: 38) oder

„Kulturindustrie“ (Häußermann 2014:41) bei dem Kultur und Ökonomie ver-

quickt wird. Grund ist „[d]ie kulturelle Bestimmung des Metropolenbegriffs

[…] – wie der Begriff der Kultur selbst -, ‚weich‘, d.h. nicht an exakten, mess-

baren Kriterien festzumachen [ist]“ (Häußermann 2014: 6). Statt Kultur unbe-

stimmt zu lassen, wird in der vorliegenden Arbeit vorgeschlagen alle weiteren

Funktionssysteme stattdessen zu betrachten. Es reicht nicht Kultur als Restka-

tegorie zu betrachten. Folgendes Zitat arbeitet dies heraus:

„Wenn [..] [man] gegenwartsbezogen argumentier[t], ist der wichtigste

Punkt […] der, dass die Unterschiede zwischen den Funktionssystemen,

dem Recht und der Erziehung und der Wissenschaft und dem Sport und

der Politik und der Wirtschaft und den anderen Funktionskomplexen im-

mer größer werden […]. Dies ist vor allem in der Stadt möglich und

auch sozial erfahrbar. [Man] wander[t] durch die Stadt und wundert

sich, welche Arten an Spezialisierungen es gibt […]: Arztpraxen, von de-

nen [man] nicht weiß, mit welchen gesundheitlichen Konditionierungen

man da hinein gehen würde. In den Dörfern […][hat man] nach wie vor

einen Arzt. In den Städten hat man Ayurveda, traditionelle chinesische

Medizin und Dutzende Arten von Biomedizin. In der Stadt kann sich ein

hohes Maß an funktionaler Differenzierung, weil es dort die Nachfrage-

bedingungen und die Märkte gibt, die für solch hochspezialisierten An-

gebote notwendig sind“ (Stichweh 2012: 23).

Auch bei der kulturellen Analyse von Metropolen wie London, Paris, New

York Tokio oder Berlin werden die Funktionssysteme sichtbar. Unter Londons

„Kulturindustrie“ (Häußermann 2014: 41) findet man die Auflistung: „Mode,

Musik, Modern Art, Forschung und Wissenschaft“, was sich in die Funktions-

systeme Kunst und Wissenschaft einordnen lässt. Bei der „zentrale[n] Stellung

von Paris“ (Häußermann 2014: 50) werden neben den mittels „Nationalregie-

rung“ und „Ökonomie: die Zentralen der größten französischen Unternehmen“

(Häußermann 2014: 51) die Funktionssysteme Politik und Wirtschaft adres-

siert. Als „kulturelle[r] Wirkung“ findet man verschiedene Funktionssysteme:

„wissenschaftliche oder künstlerische Karrieren“/Kunst, „Juristen“/Recht, „Er-

ziehungs- und Bildungswesen“/Erziehungssystem, “Universitä-

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Seite 22 von 45

ten“/Wissenschaft, „Kunstgalerien“/Kunst, „Welthauptstadt des internationalen

Tourismus“/Tourismus, „Olympischen Spiele“/Sport, „Weltereignisse suchten

gleichsam die Weltöffentlichkeit in einer Metropole“/Massenmedien oder

„Stadt der romantischen Liebe“/Familien-Intimsystem (Häußermann 2014: 50

f.). Am der Abhandlung über Tokio wird das ebenfalls deutlich: „das absolut

dominante politisch, ökonomische und kulturelle Zentrum Japans“ (Häußer-

mann 2014: 62). Zunächst handelt es sich bei „Bürokratien von Staat […],

Banken, […] Dienstleistungszentrum“ (Häußermann 2014: 62 f.) um die Funk-

tionssysteme Wirtschaft und Politik. Beim „multikulturelle[n] Tokio“ wird

lediglich die „ethnisch weitgehend homogene“ (Häußermann 2014: 63) Bedeu-

tung angesprochen, also das Familien-Intimsystem. New York als „Metropole

des globalen Kapitals“ für das Wirtschaftssystem wird auch als die „Metropole

der sichten Unterhaltung, [Musicals]“ (Häußermann 2014: 70 f.) für das Funk-

tionssystem der Kunst charakterisiert; siehe auch das Viertel „SoHo: Künstler

sahen darin einen idealen Wohnort“ (Häußermann 2014: 81). Neben „Ziel für

den Tourismus“/Tourismus werden „Universität und andere[...] Bildungsein-

richtungen“/Erziehungssystem (Häußermann 2014: 76 f.) genannt. „Das multi-

kulturelle Berlin“ wartet mit der „Kulturindustrie […] Kino, Rundfunk und

Fernsehen“ (Häußermann 2014: 97) für Kunst- und Massenmedien auf.

Ähnlich verhält es sich bei der Operationalisierung des Begriffs der europäi-

schen Metropolregion (vgl. Blotevogel 1998: 23). Zwar wird neben Politik und

Wirtschaft auch Wissenschaft erwähnt (vgl. Blotevogel 1998: 23), Kunst oder

Tourismus fehlt jedoch. Trotzdem „scheinen sich die Metropolen- und Welt-

stadt-Diskurse funktional auszudifferenzieren […]. [Und] es tritt politische

Funktion neben die kulturelle“ (Blotvogel 1998: 35). Somit wird bestätigt, dass

„[h]eute in den Metropolen- und Weltstadt-Diskursen eindeutig die ökonomi-

schen bzw. politisch-ökonomischen Konnotationen [überwiegen]“ (Blotevogel

1998: 35) oder dass „Bevölkerungszahl und Bevölkerungswachstum […] heute

als Kriterium für Weltstädte offensichtlich nicht mehr aus[reichen]“ (Koffi

1991: 359) oder „[b]ei Debatten, in denen die Kultur in Geld und Macht aufge-

löst wird, bleibt meist gerade die kulturelle Dimension der Kultur unbeachtet“

(Sennett 1992: 70).. Es wird somit auf die „historisch-gesellschaftliche Be-

dingtheit […] von Metropole, Weltstadt usw. aufmerksam [gemacht]“ (vgl.

King 1995, zit. i. Blotevogel 1998: 36). Die vorliegende Arbeit nimmt genau

darauf Bezug.

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Seite 23 von 45

Betrachtet man ganzheitlich diese Beispiele Ausdifferenzierung in einzelne

Funktionssysteme, könnte man „Stadt als Differenzmaschine“ (Stichweh 2012:

22) bezeichnen. Es geht darum nicht eine „reduktive[…] Beschreibung der

Weltgesellschaft, die letztlich nur Politik und Wirtschaft ernsthaft einbezieht“

(Stichweh 2010: 1) für den Metropolenbegriff zu nutzen, sondern alle funktio-

nalen Differenzierungen zu berücksichtigen. Es geht somit auch um die „Auf-

wertung des Kulturellen […] und [der] Erweiterung vom nationalen auf den

globalen Raum“ (Noller 1999: 10) im Rahmen einer (Welt)Gesellschaftstheorie

wie der von Luhmann. Man kann zustimmen, „daß die Formierung von globa-

len Stadt-Räumen weder vom ökonomischen Zentrum der global city noch der

postmodernen Stadtkultur her angemessen beschrieben werden kann“ (Noller

1999: 14 f., Hervorh. i. Ori). Es müssen alle Funktionssysteme gleichrangig

nebeneinander betrachtet werden.

In dem Zusammenhang der Kulturdimension ist These zwischen ökonomi-

schen Erfolg und Innovation interessant und scheint der Kulturdimension als

Residualkategorie zu widersprechen. Die These besagt „einen engen Zusam-

menhang zwischen der kulturellen Qualität einer Stadt und ihrem ökonomi-

schen Erfolg“ (vgl. Florida 2003 und 2005, zit. i. Häußermann 2014: 117), wo-

bei die stärkste ökonomische Antriebskraft der ‚kreative Sektor‘ ist, mit Be-

schäftigten in „Wissenschaft und Technik, in Forschung, Entwicklung und in

den technologiebasierten Industrien, in Künsten, Musikkultur, ästhetischer und

Design-Arbeit oder in den wissensbasierten Berufen des Gesundheitssystems,

der Finanzen und des Rechtssystems“ (Häußermann 2014: 117). Unklar ist

zwar der Zusammenhang zwischen kultureller Qualität und dem kulturellen

Sektor. Jedoch wird in der Tat hier zum ersten Mal (zumindest in der vorlie-

genden Literatur) Kultur in funktionale Differenzierung aufgefächert. Jedoch

wird es wieder auf das ökonomische System bezogen. Unklar ist, wie die Be-

schäftigten, die nicht in diesem Sektor arbeiten (Exklusion), in einer Metropole

eingeordnet werden können. Desgleichen sind Funktionssysteme wie Sport

oder Tourismus nicht enthalten. Wieviel Besucher kommen als Touristen in

eine Metropole und hat das etwas mit dem innovativen Sektor zu tun? Reicht

es aus, dass eine Metropole (Selbstreferenz) es schafft kreative Talente an sich

zu binden, weil es eine Korrelation zwischen ökonomischen Wachstum und der

Eigenschaft von Städten, offen für Migranten, Künstler, Homosexuelle und für

ethnische Minoritäten zu sein (vgl. Häußermann 2014: 118)? Wenn dem so ist,

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dann spricht das doch gerade für die funktionale Differenzierung. Erst wenn

Kreative aus verschiedenen Funktionssystemen ihre Identitäten finden können

(vgl. Häußermann 2014: 118) kann das den Mythos einer Stadt verstärken.

Funktionale Differenzierung scheint nicht nur ein analytisches Instrumentari-

um, sondern inhaltlich eine notwendige Bedingung für die Kennzeichnung zur

Metropole zu sein. Luhmann schreibt hingegen in Bezug auf seine Theorie:

"Der systemtheoretische Ansatz hat [...] den Vorteil, den unklaren Begriff der

»Kultur« entbehrlich zu machen" (Luhmann 1997: 109). Für Luhmann dient

der „Begriff von Kultur das soziale Gedächtnis von anderen Sozialfunktionen

zu unterscheiden“ (Luhmann 1997: 586).

3.2.2.6 Verdichtung, funktionale Differenzierung.

Die Verdichtung der Bevölkerung auf engstem Raum ist nicht nur ein Merkmal

der Stadt (vgl. Häußermann/Siebel 2014: 93), sondern lässt sich als charakteris-

tisches Merkmal für eine Metropole herausarbeiten, wenn beispielsweise New

York als „[d]ie hochverdichtete Stadt“ (Häußermann 2014: 75) gekennzeichnet

wird. Dort scheint „[e]iner der wichtigsten Gründe für diese unterschiedliche

Dichte […] die zentralisierte, auf Manhattan ausgerichtete räumliche Struktur

von New York [zu sein]“ (Häußermann 2014: 75). Hier taucht mit der Dichte

die Verbindung zur Zentrum/Peripherie-Differenzierung auf. Insofern ist es

berechtigt zu fragen ob die „Stadt [e]ine Verdichtung funktionaler Differenzie-

rung [oder] eine räumlich differenzierte Einheit […]“ sei (Löw 2002a: 9), also

„wie gesellschaftliche Differenzierungen (funktionale, hierarchische oder

räumliche) die Stadt prägen“ (Löw 2002a: 9). D.h. es wird „untersucht […],

wie unter der Annahme einer funktionalen Differenzierung der Gesellschaft

städtische Räume als strukturierenden Formation gedacht werden können“

(Löw 2002a: 10). Bei den genannten Untersuchungen geht es um Segregation

oder Geschlechtliche Differenzierungen, aber auch um Dichte und Inklusion

(vgl. Löw 2002a: 7 f.), so wie sie Luhmann als „Inklusion und Exklusion“

(Luhmann 1997: 618 ff.) in seine Gesellschaftstheorie eingearbeitet hat. Letzte-

res soll in der hier vorliegenden Arbeit nicht weiter untersucht werden.

Jedoch stützt der Artikel von Nassehi (2002) in dem genannten Sammel-

band von Löw (2002a) die Argumentation der hier vorliegenden Arbeit bei

Metropolen das analytische Instrumentarium der Differenzierung zu nutzen,

was an drei Textstellen belegt werden soll: (1) „Städte werden zu zwei Grunde-

lemente[n] der Moderne […] verdichtet: Einheit und Differenz“ (Nassehi 2002:

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211). Dort wird in etwa Einheit als Grenze und Differenz der arbeitsteiligen

Verschiedenheit zugehordnet, im Falle der Metropole ließe sich bei Einheit an

die Metropole selbst denken, an die begriffliche Einheit ‚Metropole‘ und bei

Differenz an ihre Zentrum/Peripherie-Differenzierung, d.h. dass Metropole

gegenüber der Peripherie etwas Besonderes darstellt (Mythos). („) (2) Auch

Nassehi betrachtet die funktionale Differenzierung: „Städte [haben] sich stets

als Laboration der Moderne dargestellt, als die Orte, an denen sich jene funkti-

onal ausdifferenzierten Zentren der Gesellschaft – Ökonomie, Politik, Recht,

Religion, Bildung Kunst und Wissenschaft – begegnen und aufeinander bezo-

gen werden“ (Nassehi 2002: 211). Man beachte auch die hier die bereits er-

wähnte mythologische Konnotation von ‚Laboratorien der Moderne‘ ähnlich

wie bei Matejovski (2009) im Buchtitel. (3) Zwar stellt sich „[d]as Verhältnis

von Funktionssystemen und sozialem Raum […] widersprüchlich dar“, jedoch

können „Räume dichterer Anschlussfähigkeit entstehen“ (Nassehi 2002: 220

f.). Somit kommt Nassehi zu dem Schluss der sich in der Überschrift des Arti-

kels widerspiegelt: „Dichte Räume. Städte als Synchronisations- und Inklusi-

onsmaschinen“ (Nassehi 2002: 211).

3.2.2.7 Trennung Semantik und Sozialstruktur16

.

Auch kann die Zuschreibung des Mythos als Zentrum/Peripherie-

Differenzierung in den Texten analysiert und ihre Erklärungskraft verdeutlicht

werden. Beispielsweise könnte eine im Zentrum (b1) verdichtete Kommunika-

tion wie die Metropolregion Rhein-Ruhr (vgl. Blotevogel 1998: Buchtitel) zur

„Aufrechterhaltung einer Differenz von Zentrum und Peripherie“ (Luhmann

1997: 664) als semantische (mythologische (a)) Zuschreibung zu einer metro-

politanen realen Sozialstruktur der Form Zentrum/Peripherie (b1) erklären oder

erst reproduzieren (vgl. Luhmann 1997: 539). Auch hier können wir die These

der Korrelation von Semantik und Sozialstruktur aus der gleichen Gesell-

schaftstheorie wie die Differenzierung entnehmen. "Die Semantik [...] ermög-

licht [...] die vorzeitige Fixierung von Ideen, die erst später sozialen Funktio-

nen zugeordnet werden" (Luhmann 1997: 540): "Die Semantik gewährt der

strukturellen Innovation eine gewisse Schonzeit, bis sie soweit gefestigt ist, daß

sie als Ordnung aus eigenem Recht behauptet werden kann" (Luhmann 1997:

539). Dies lässt sich empirisch an der Metropolregion Rhein-Ruhr feststellen.

16Für diesen Hinweis danke ich meinem Kommilitonen Elmar Engelmeyer.

Page 26: Metropole und ihre gesellschaftstheoretische Wiederbelebung mit Luhmann (2014)

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Die Region Rhein Ruhr wurde zunächst semantisch als mythologische Zu-

schreibung aufgewertet (Zentrum/Peripherie). Dass sich hieraus funktional

stark ausdifferenzierte Funktionssysteme entwickeln können, wird im folgen-

den Zitat deutlich: Die "[d]ritte Institution ist die „Stiftung Metropolregion

Rhein-Neckar“. Ihre Aufgabe ist es, Kunst und Kultur, Wissenschaft und For-

schung, Sport, sowie Heimatpflege und -kunde zu fördern" (Kempen 2011:

27).

3.2.3 Anwendungsbeispiele

3.2.3.1 Anwendung: Differenzierungsbeispiel Bleistifthäuser Tokio

Es soll mit der Kritik der eher einseitig ökonomisch-politisch Betrachtung nicht

gesagt werden, dass diese Konzepte keine theoretische Erklärungsleistung bie-

ten, sondern nur aufzeigen, dass eine gesellschaftstheoretische Verbindung

möglicherweise noch mehr zusätzliche Erklärungsleistung böte. Warum stehen

in Tokio „Hochhäuser neben einstöckigen Wohnhäusern, aber auch Hochhäu-

ser, die nur ein Fenster breit sind, weil die Parzelle so klein ist (‚Bleistift-

Häuser‘)“ (Häußermann 2014: 66)? Dies kann sicherlich korrekt damit begrün-

det werden, dass der politische Einfluss auf das „chaotisch erscheinende[…]

Stadtbild“ (Häußermann 2014: 66) gering ist: „Die Stadtplanung hantiert selten

mit Zwangsmaßnahmen, sondern setzt auf Verhandlungen, durch die eben kein

kohärentes Stadtbild zustande kommt“ (vgl. Hohn 2000, zit. i. Häußermann

2014: 66). Aber warum ist der Einfluss durch Zwangsmaßnahmen eher nicht

möglich, weswegen auf Verhandlungen gesetzt werden muss (mit entsprechend

geringem Erfolg)? Aus der Differenzierungstheorie heraus lässt sich das erklä-

ren: Das politische System besitzt keinen Primat gegenüber den anderen Funk-

tionssystemen (Wirtschaft oder Recht). Politik kann Wirtschaft oder Fami-

lie/Intimbeziehungen und deren Eigenheimbesitz nicht steuern oder kaum zu

Handlungen zwingen, sondern nur durch strukturelle Kopplung (vgl. Luhmann

1997: <todo Seite raussuchen, vermutlich Kapitel i.vi>) irritieren: „Es gibt kei-

ne Möglichkeit des Durchgriffs […] von außen. [Es] spielt eine wesentliche

Rolle mit welchen Irritationen ein System sich immer und immer wieder be-

schäftigen muß“ (Luhmann 1997: 780). Zudem sind alle Funktionssysteme

gleichrangig (vgl. König 2012: 69). Politik ist somit in seinem Einfluss be-

grenzter, als man zunächst annehmen möchte (vgl. Luhmann 194, Fn. 6). Die

strukturelle Kopplung zwischen den Funktionssystemen, hier u.a. dem politi-

schen und ökonomischen Funktionssystem, ist wegen der Autonomie der Funk-

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tionssysteme gering (vgl. Luhmann 1997: 780). Wie verhält sich das konkret

bei den ‚Bleistifthäusern‘? Zunächst ist das Problem, dass drei gleichrangige

Funktionssysteme - Politik, Recht und Wirtschaft - involviert sind. Es gibt so-

mit drei strukturelle Kopplungen: (1) Politik ist an die Wirtschaft über Steuern

und Abgaben gekoppelt (vgl. Luhmann 1997: 781). Mit diesem Geld entspre-

chende Häuser zu kaufen (Wirtschaft) widersprechen die „astronomisch hohen

Bodenpreise“ (Geipel 1994: 36, zit. i. Häußermann 2014: 67). Eine Zwangs-

enteignung ist nahezu nicht möglich, da das Recht auf Eigentum über die Ver-

fassung geschützt ist17

: (2) „Die Kopplung zwischen Recht und Politik wird

durch die Verfassung geregelt“ (Luhmann 1997: 782). (3) Zudem wird „[i]m

Verhältnis von Recht und Wirtschaft […] die strukturelle Kopplung durch Ei-

gentum und Vertrag erreicht“ (Luhmann 1997: 783). Bliebe zunächst die Mög-

lichkeit ähnlich wie im Grundgesetz Deutschland eine Enteignung (Poli-

tik/Recht) zum Wohle der Allgemeinheit (vgl. Bundesministerium 2012: 5)

durchzuführen, was in Japan wohl zwar leichter möglich (vgl. Berger 2008: 1),

aber kaum begründbar ist. Denn ein kleines Eigenheim oder Grundstück mit

Bleistifthochhaus zu enteignen, um daraus - gegebenenfalls sogar gewinnbrin-

gend - ein stadtbild-homogenes Hochhaus zu bauen, ist kaum dem Allgemein-

wohl dienlich. Es liegt vermutlich daran, dass "Japan dem Recht am Besitz [...]

traditionell eine große Bedeutung bei[misst]" (Berger 2008: 1).

Zusammengefasst: Es wurde mit diesem Beispiel gezeigt, dass die Erklä-

rung die Stadtplanung hantiere seltener mit Zwangsmaßnahmen durch eine

theoretische Einordnung in eine Gesellschaftstheorie noch genauer oder theore-

tisch fundierter begründet werden kann. D.h. das Erklärungspotential ist somit

größer. Grundsätzlich gilt dies möglicherweise für alle Städte. Bei Metropolen

ist aber entscheidend, dass mit der gleichen Theorie über eine zusätzliche über-

lagerte Differenzierung (Zentrum/Peripherie) der Metropolenbegriff mit seiner

mythologischen Zuschreibung vollständiger theoretisch erklärt werden kann.

D.h. beide Teilerklärungen (selten Zwangsmaßnahmen, Mythos) können letzt-

gültig durch eine (Welt)Gesellschaftstheorie) erklärt werden.

3.2.3.2 spezielle Anwendungsbeispiele, Funktionssystem Sport

Dass in den Metropolen im Bereich des Kunstsystems der Louvre in Paris,

Madame Toussauds in London oder Musicals am Broadway in New York in-

17Wir nehmen hier an, dass dies in Japan ähnlich wie in Deutschland geregelt ist.

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ternationale Bedeutung haben und somit den Mythos einer Metropole stützen

mag allgemein bekannt sein und könnte auch für den Tourismus relevant sein

(inwieweit das auch immer ein Funktionssystem ist).

Interessant wird es im Rahmen des Erklärungspotentials der differenzierten

Weltgesellschaftstheorie erst, wenn man sich die Spezialisierungen oder Aus-

differenzierungen von weniger bekannten Funktionssystemen beobachtet, wie

beispielsweise das Funktionssystem Sport und dort die Spezialisierung beim

Tennis. Die vier größten Tennisturniere sind die Grand Slam-Turniere der

ATP, wobei die Größe gemessen werden kann in Bezug auf das Preisgeld als

auch auf die dort vergebenen Weltranglistenpunkte (vgl. ATP 2014). Diese

Turniere finden mit einer Ausnahme in Metropolen statt (bezugnehmend auf

die in Häußermann (2014) genannten Metropolen): Das Turnier Wimbledon in

London, Roland Garros in Paris und US Open in New York. Einzige Ausnah-

me ist Australien Open in Melbourne, da vermutlich eher Sydney als Metropo-

le in Frage kommt.

Es handelt sich hier somit um ein anschauliches Beispiel für die Verknüp-

fung von funktionaler Differenzierung (Sport) und dem Mythos der Zent-

rum/Peripherie-Differenzierung einer Metropole in Form einer Weltstadt syno-

nym zur mitschwindenden Eigenschaft des Welttennis, da bei diesen Turnieren

die weltbesten Tennisspieler gegeneinander antreten.

Ein anderes Funktionssystem ist Recht. Eine entsprechende Diskussion fin-

det sich durch die Verknüpfung von „Social Justice and the City“ (Harvey

1973).

3.2.3.3 Anwendungsbeispiel Mythos und mono-funktionale Spezialisierung

Eine Schwierigkeit fällt auf, wenn man im Funktionssystem Sport die Austra-

gungsorte der Leichtathletik-WM betrachtet: Einerseits sind dies Tokio, Rom,

Athen oder Helsinki (jeweils politische Hauptstädte von Nationen), aber auch

Göteborg oder Stuttgart (vgl. Stadionweltinside 2014), was sicherlich im vor-

liegenden Kontext keine Metropolen darstellen. Ähnlich wenig ersichtlich zeigt

sich ein Beispiel aus dem Erziehungssystem, denn Universitätsstädte korrelie-

ren auch nicht mit Metropolen, wenn man ein World Ranking betrachtet (vgl.

QS 2014). Beides lässt sich jedoch wieder einem mythologischen Zuschrei-

bung zuordnen, wenn man die Stadt mythologisch als Synonym für die dortige

Anwesenheit einer herausragenden Leistung in diesem spezialisierten Funkti-

onssystem ansieht; oder „‘monofunktional im Sinne von Hochburg: S kann

Page 29: Metropole und ihre gesellschaftstheoretische Wiederbelebung mit Luhmann (2014)

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Bayreuth als Wagner-, Gummersbach als Handball- oder Mainz als Karne-

valsmetropole bezeichnet werden“ (Aring 2009: 13). Somit haben wir auch

hier wieder eine Verbindung zwischen funktionaler Differenzierung und Zent-

rum/Peripherie, d.h. Zentralität, Vorreiterschaft, Kosmopolität (vgl. Aring

2009: 13) oder kurz dem Mythos des Zentrum gegenüber der Peripherie. D.h.

innerhalb eines gegebenen Kontextes oder Systemreferenz (es muss keine sehr

große Stadt sein), kann weiterhin von Metropole gesprochen werden.

3.2.3.4 Diskussion der Anwendungsbeispiele

Die Idee ist eine Erweiterung der Analyse der mythologischen Beschreibung

um die Analyse aller Funktionssysteme wie am Beispiel Sport gesehen (End-

spiel DFB in Berlin, Tennisturniere mit den meisten Weltranglistenpunkten

finden in Paris, London oder New York statt). Für jedes Funktionssystem kön-

nen möglicherweise weltweit relevante Spezialisierungen gefunden werden, die

die mythologische Beschreibung ergänzen. Dazu gehört auch die Analyse, ob

es sich eventuell um Hauptstädte des politischen Systems, also von Nationen

handelt (Tokio/Japan, London/England oder Berlin/Deutschland nicht jedoch

bei New York in den USA). Monofunktionale Zuschreibungen, wie Hand-

ball/Gummersbach oder Tauberbischofsheim/Fechten stärken zwar das Argu-

ment funktionale Differenzierung als analytisches Hilfsmittel zur Stützung der

mythologischen Zuschreibung zu nutzen, sind selbst jedoch keine Beispiele für

Metropolen, sondern ‚nur‘ Beispiele für mythologische Zuschreibungen von

Städten wie dies in den Massenmedien durch das coole Berlin erfolgt.

Problematische Beispiele werden weiter unten angesprochen. Zunächst soll

die Hypothese als eine Art Zusammenfassung rekapituliert werden.

3.3 Detaillierung der Hypothese

Es soll somit behauptet werden, dass das soziale Phänomen der funktionalen

Differenzierung der modernen industrialisierten Weltgesellschaft mit seiner

Einbettung in die Gesellschaftstheorie der Differenzierung Luhmanns zu einer

Widerbelebung des Begriffs der Metropole und ihrer soziologischen Erklä-

rungsleistung führt18

. D.h. durch eine konsequent

(welt)gesellschaftstheoretische Blickrichtung lässt sich das stadt-soziologische

18Der Kommilitone Elmar Engelmeyer bestätigte die o.g. „kulturelle Aufladung“ (Häußermann 2014: 6),

indem er diesen „Kultur“-Aspekt stärkte - was immer Kultur genau ist (vgl. Baecker 2003), sodass es als

Einwand gegen diese These (oder der Frage „das Ende der Metropole?“) steht. Diese berechtigte Kritik

wird im Folgenden berücksichtigt.

Page 30: Metropole und ihre gesellschaftstheoretische Wiederbelebung mit Luhmann (2014)

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Phänomen der funktionalen Differenzierung zugleich mit der Differenzierung

in Zentrum-Peripherie (Stadt/Land) mittels des Metropolenbegriffs erblicken,

was den Stellenwert der Metropole als Begriff gegenüber Megastadt, Weltstadt

oder Städtenetz für die Theoriearbeit aufwertet. Es soll somit gleichzeitig vor-

geschlagen werden, Megastadt oder Weltstadt als Begrifflichkeit der Theorie-

bildung nicht weiter zu benutzen, da „Mega“ primär die zahlenmäßig große

Einwohnerzahl impliziert, andererseits „Welt“ Bestandteil einer Gesellschafts-

theorie sein müsste. Von „Weltstädten als räumlichen Ausdruck des Weltsys-

tems“ zu sprechen (Friedmann 1986 zit. in Petz/Schmals 1992: 5), deutet im-

merhin darauf hin, dass „Weltstädte im Modell einer ‚Weltgesellschaft‘ eine

zentrale Rolle [spielen]“ (Petz/Schmals 1992: 6), was wieder ein Argument für

Luhmanns Gesellschaftstheorie darstellt, da diese weltgesellschaftlichen An-

spruch besitzt (vgl. Luhmann 1997: 145 ff.). Inwieweit Weltstädte eine Zent-

rum/Peripherie-Differenzierung für eine mythologische Zuschreibung anbietet,

bleibt offen. Zentrum/Peripherie lässt sich bei Weltstadt höchsten als klassische

Stadt/Land-Differenz nutzen. Eine „World City Hierachy“ (Heineberg 2006:

343) ist damit schwer zu vergleichen, wohl aber der „funktionale Charakter

von Weltstädten“ (Heineberg 2006: 342), was weiter unten in Kapitel 2.4.4

genauer untersucht wird.

Im Falle von Städtenetzen ließen sich Theorieansätze in der Netzwerkfor-

schung finden wie beispielsweise bei Holzer (2006), was hier nicht weiter be-

rücksichtigt werden soll, auch wenn die Affinität zu Luhmanns Sys-

tem/Umwelt-Theorie und somit zu Luhmanns Theorie der funktionalen Diffe-

renzierung (vgl. Luhmann 1997: 60, 595) vorhanden ist, siehe „Netzwerke und

Systeme“ (Holzer 2006: 93). Es wird zudem bewusst der Begriff der „Weltge-

sellschaft“ (Luhmann 1997: 145 ff.) statt einem Begriff wie „Globalisierung

[…]“ (Noller 1999: Buchtitel) verwendet, um den theoretischen Aspekt als Teil

einer Gesellschaftstheorie hervorzuheben.

Anders formuliert: Gesetzt der Annahme, dass durch Aussagen wie das

„Metropole ist überall“ gegenüber einer sehr großen Stadt der Metropolenbe-

griff an Stellenwert in der soziologischen Theoriearbeit verlöre (siehe Argu-

mentation zu Beginn von Kapitel 1) wird die These aufgestellt, dass die ge-

nannten Autoren und Beispiele die gesellschaftstheoretische Blickrichtung ver-

nachlässigen und dadurch der Metropolenbegriff nicht den Stellenwert behält,

der ihm stadtsoziologisch gebühren sollte. Ergänzt man die Metropolen-

Page 31: Metropole und ihre gesellschaftstheoretische Wiederbelebung mit Luhmann (2014)

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Semantik durch die Gesellschaftstheorie der Differenzierung, lässt sich bei-

spielsweise das angedeutete stadt-soziologische Phänomen der funktionalen

Differenzierung wie in einem Laboratorium der Moderne (vgl. Matejovski

2000: Untertitel) oder der „Stadt als soziale Laboratorium“ (Häußer-

mann/Siebel: 2014: 5) besser beobachten und erklären. Das soll im Folgenden

genauer begründet werden. Wobei zunächst auf die Differenzierungen der

Weltgesellschaft eingegangen wird, um dann mittels des Metropolenbegriffs

(nicht nur als mythologische Beschreibung einwohnerzahlenmäßig sehr großer

Städte) die stadt-soziologische funktionale Differenzierung gegenüber einer

Zentrum-Peripherie-Differenzierung in den Blick zu nehmen.

Diese Berücksichtigung der Differenzierungstheorie der Gesellschaft stärkt

zugleich die Differenzierung nach Zentrum und Peripherie (vgl. Luhmann

1997: 663 ff.). Denn Differenzierungsformen haben kein Ausschließungsprin-

zip, d.h. verschiedene Differenzierungsformen können nebeneinander existie-

ren, wie segmentär differenzierte Nationen (beispielsweise Deutschland, USA)

des politischen Systems in einer funktional differenzierten Weltgesellschaft

existieren können. D.h. „[b]ei funktionaler Differenzierung findet man heute

noch […] Zentrum/Peripherie-Unterschiede“ (Luhmann 1997: 612). Somit

wird der These, dass „Unterschiede zwischen den Weltstädten in der Peripherie

und im Zentrum [verwischen]“ oder dass „Zentrum und Peripherie […] in den

Metropolen direkt aufeinander [treffen]“ (Korff 1991: 363) das Argument der

funktionalen Differenzierung entgegengesetzt oder ergänzt. D.h. nicht die Peri-

pherie triff direkt auf das Zentrum, sondern an diesen Orten des Aufeinander-

treffens kann man das soziale Phänomen der funktionale Differenzierung er-

kennen: Immigranten aus der Peripherie, die als billige Arbeitskräfte im Zent-

rum eingesetzt werden (vgl. Korff 1991: 363) sind weniger ein Aufeinander-

treffen von Zentrum und Peripherie, sondern ebenfalls in rein peripheren In-

dustriestandorten von Metropolen beobachtet werden kann, wie beispielsweise

die "Industrial Buildings On The Outskirts Of London" (Shutterstock 2014),

ähnlich dem Funktionssystem der Kunst (vgl. Luhmann 1995, 1997: 43), wel-

ches sich in der Peripherie einer Metropole wie Paris aber auch einer größeren

Stadt wie Wien ansiedelt (vgl. Rohn 201319

und 2014).

19Dass der Begriff der Kultur hier die funktionale Differenzierung der Kunst invisibilisiert wird weiter

unten auch an anderen Beispielen wie Sport oder Tourismus ausgeführt <todo Referenz Literatur>

Page 32: Metropole und ihre gesellschaftstheoretische Wiederbelebung mit Luhmann (2014)

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Erneut anders formuliert: Der mythologische Bias des Metropolenbegriffs

lässt sich einer Zentrum-Peripherie-Differenzierung zuordnen, da die Periphe-

rie dem Zentrum mythologische Eigenschaften zuschreibt, wogegen die funkti-

onale Differenzierung stadt-soziologische Phänomene beschreiben lässt wie

„der duale Charakter der Metropole“ (Häußermann 2014: 66) von Tokio, d.h.

die paradox anmutende Bauweise sehr kleiner Häuser in direkter Nachbar-

schaft zu Wolkenkratzern oder „Bleistift-Häuser[n]“ (Häußermann 2014: 66),

hervorgerufen durch die schwache strukturelle Kopplung von Eigentum zwi-

schen politischen und ökonomischen Funktionssystemen, was oben weiter aus-

geführt wurde. An diesem Beispiel der Bleistifthäuser erkennt man die verbes-

serte soziologische Erklärungsleistung, d.h. diese Art der Architektur und ihrer

Wohnformen lassen sich durch die Gesellschaftstheorie (Eigentumskopplung

zwischen Funktionssystemen) erklären. Ein anderes Beispiel wäre Berlin. Es

stellt sich im Rahmen des Funktionssystems Sport – konkret beim Fußball - die

Frage warum "das Endspiel um den DFB-Pokal im Olympiastadion Berlin aus-

getragen" (Olympiastadion 2014: 1) wird? Erklärt werden kann das über die

Zentrum-/Peripherie-Differenzierung des Mythos Berlin, bei dem der Flair als

Olympiastadt und die funktionale Differenzierung in Sport gegenüber anderen

Städten von Deutschland höhere Bedeutung eingeräumt wird. Mit 74.649 Zu-

schauern gehört es zudem zu den größten Fußballstadien Deutschlands, .d.h.

Größe als Kategorie der Metropole ist ebenfalls berücksichtigt, obwohl mit

Hertha BSC wie in ähnlich großen Stadien in München oder Dortmund eben-

falls ein Bundesligaverein beheimatet ist (vgl. WikipediaFußballstadien 2014).

Im Folgenden wird die Erklärungsleistung durch kritische Hinterfragung

von Texten verdeutlich. Beispielsweise wird behauptet, dass „[d]ie heutige

Situation (der Städte, L.E.) das Zentrum und die Peripherie gleich [macht]“

(Virilio 1995: 92). Dieser These kann entgegengehalten werden, dass es die

funktionale Differenzierung ist, die scheinbar Zentrum und Peripherie gleich

macht, da diese funktionale Differenzierung sowohl im Zentrum als auch in der

Peripherie vorkommt. Die „Ausbildung einer öffentlich und einer privaten

Sphäre als Kriterium der Stadtbildung“ (Bahrdt193: 609) weicht dem moder-

nen „Begriff der öffentlichen Meinung, […] ohne daß der Ort des Zutritts noch

räumlich spezifiziert werden müßte“ (Stichweh 2000: 190 f.). Diese „struktu-

relle Unbestimmtheit der räumlichen Integration“ (Luhmann 1997: 314) der

„Öffentlichkeit“ (Luhmann 2004: 183) und der öffentlichen Meinung ist im

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Seite 33 von 45

Rahmen der funktionalen Differenzierung Bestandteil des Funktionssystems

der „Massenmedien“ (Luhmann 1997: 12, 1096).

3.4 Vergleich mit Argumenten in weiteren Texten

Im Folgenden sollen die Argumentationen an weiteren Texten kritisch mit Hil-

fe der Differenzierungen (funktional, Zentrum/Peripherie) als analytisches In-

strumentarium hinterfragt werden und eventuell alternative Erklärungsvor-

schläge unterbreitet werden.

3.4.1 Neufokussierung der Beobachtung (Bukow)

In der vorliegenden Arbeit wird nicht nur behauptet, dass es gesellschaftlichen

Einfluss auf die Metropole gibt, sondern dass dies auch mit Großtheorien mög-

lich ist, wie die von Luhmann, aber auch von Tönnies (vgl. Bartels 1990: 19

ff.) oder Marx (vgl. Schmals 1983: passim). Dies wird durch die Argumentati-

onen hier in Kapitel zwei versucht zu zeigen. Erstaunlich ist dagegen, dass

"kritische Sozialforscher(innen) von den sogenannten 'Großen Theorien' Ab-

schied genommen haben" (Bukow 2001: 28), ohne dass Bukow das näher be-

gründet. Dagegen stellt die hier durchgeführte Analyse des Metropolenbegriffs

mit Luhmanns Gesellschaftstheorie ein Gegenbeispiel zu dieser Aussage dar.

Die von Bukow geforderte „Neufokussierungen der wissenschaftlichen Be-

obachtungen und Beschreibungen“ (Bukow 2001: 27, kursiv i. Ori.) ist durch

Luhmanns Gesellschaftstheorie doch gerade gegeben. Es mag „wichtig [sein],

von der den Metropolen innewohnenden inneren Logik auszugehen“ (Bukow

2001: 37), jedoch müsste vorher versucht werden diese Logik beispielsweise

mit gesellschaftstheoretischen Mitteln zu bestimmen. Dass „Stadt [als] Proto-

typ einer ‚metropolitanen Gesellschaft‘ bezeichne[t]“ werden kann und dass

„Stadtregion identisch mit der modernen Gesellschaft“ sei (Bukow 2002: 25)

könnte durch die funktionale Differenzierung als Bestandteil der Luh-

mann‘schen Gesellschaftstheorie erklärt werden.

3.4.2 Theorie der Gemeinschaft/Gesellschaft (Tönnies)

Eine gesellschaftstheoretische Alternative zum hier vorliegenden Luhmann-

Vorschlag ist die Theorie von Tönnies durch die Leitunterscheidung „Gemein-

schaft und Gesellschaft“ (Bertels 1990a: 19, Tönnies 1983, 1963 [1887]. Dies

wird bei der Untersuchung von „Gemeinschaftsformen in der modernen Stadt“

(Bertels 1990a: Buchtitel) genutzt. „Obwohl sich das Tönnies’sche Theorie-

konstrukt […] als brüchig erwiesen hat, [scheint] [d]ie aktuelle soziologische

Page 34: Metropole und ihre gesellschaftstheoretische Wiederbelebung mit Luhmann (2014)

Seite 34 von 45

Diskussion […] eher auf eine Renaissance seiner Grundauffassungen hinzu-

deuten“ (Bertels 1990a: 8). Tönnies‘ „Theorie der Gesellschaft konstruiert ei-

nen Kreis von Menschen, […] die in ihrer Tätigkeit mit Schärfe gegeneinander

abgegrenzt“ sind (Tönnies 1963: 40, zit. in Bertels 1990a: 20). Dies entspricht

der Arbeitsteilung in der Gesellschaftstheorie Durkheims (vgl. Durkheim

1992)20

. Bei Luhmann wird dies erweitert und auf Kommunikation bezogen:

D.h. "[w]ie bei jeder Form der Differenzierung wird die Regelung der Inklusi-

on den Teilsystemen überlassen. Das heißt aber jetzt, daß die konkreten Indivi-

duen nicht mehr konkret placiert werden können. Sie müssen an allen Funkti-

onssystemen teilnehmen können je nach dem, in welchen Funktionsbereich und

unter welchem Code ihre Kommunikation eingebracht wird" (Luhmann 1997:

624 f.). Es sind die Kommunikationen die voneinander abgegrenzt sind, d.h.

eine politische Kommunikation findet in einem anderen Funktionssystem statt

als die Kommunikation der Ökonomie. Zumindest in diesem Punkt zeigt sich

eine gewisse Nähe der Theorie von Tönnies hin über Durkheim zu Luhmann21

.

Dagegen ist der „systemische Ort für Gemeinschaft bei Luhmann nicht leicht

auszumachen“ (Opielka 2006: 356). Aber „Moral [scheint] bei Luhmann

scheint anschlussfähig“ zu sein (Opielka 2006: 356). Alternativ könnte es eine

„[g]emeinschaftsstiftende Funktion von Sinn“ sein (Opielka 2006: 376). Es ist

vermutlich eher so, dass die Frage nach der Gemeinschaft in Luhmanns Theo-

rie nicht beantwortet werden kann, da dies der Architektur der Luhmann’schen

Theorie widerspricht. Denn Gemeinschaft als vertraute Kommunikation in der

face-to-face-Interaktion, ist überall in Gesellschaft möglich, genauso wie es in

der Gemeinschaft äußerliche bedingte Beziehungen gibt wie Gewohnheit oder

Tradition (vgl. König 1967: 95, zit. in Bertels 1990a: 24). Von Gemeinschaft

kann auch sozialer Zwang einer totalitären Struktur ausgehen, wie beispiels-

weise bei realisierten Sozialutopien (vgl. Bertels 1990a: 45). Der Gegensatz

Gemeinschaft und Gesellschaft ist somit nur ein scheinbar (vgl. König 1955:

410, zit. in Bertels 1990a: 5). Jedoch hat sich „Tönnies gegen die dichotomi-

sche Ausrichtung seiner Grundbegriffe gewendet“ (Bertels 1990a: 26). Kon-

krete Formen von Gemeinschaft wie Nachbarschaft sind zudem nach Weber

20Zur Rolle der Stadt in Durkheims Soziologie siehe „Emile Durkheim: die Stadt, die Arbeitssteilung und

die moralische Grundlage der Gemeinschaft“ (Saunders 1987: 43). 21Eine ausbaufähige Analogie zu Tönnies Gemeinschaft und Gesellschaft findet man trotzdem vielleicht

zu in Luhmanns Differenz vertraut/unvertraut, persönlich/unpersönlich oder der Habermas Unterschei-

dung in System/Lebenswelt.

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Zweckgemeinschaften (vgl. Bertels 1990a: 59). Dies spricht für die Luh-

mann’schen Theorie. Denn in einer funktional differenzierten Gesellschaft hilft

im Krankheitsfall eher der Krankenwagen als Teil des Funktionssystems Ge-

sundheit statt des Nachbarn. Dass „[d]er Großstädter auf Nachbarschaft weit-

gehend verzichten [kann]“ lässt sich damit ebenfalls erklären, da in einer Stadt

– und insbesondere in einer Metropole – vermutlich alle äquivalente Funktio-

nen vorhanden sind: Notfalls bekommt man noch die Butter nachts an der

Tankstelle und braucht den Nachbar somit nicht.

Im Rahmen von Gemeinschaft ist eine weitere Überlegung interessant: Es

stellt sich die Frage, ob sich durch Städteplanung Gemeinschaft (künstlich)

herbeiführen lässt (vgl. Bertels 1997: 8)? Das scheint nur begrenzt möglich zu

sein, denn „[v]ieles deutet darauf hin, dass sich menschliches Zusammenleben

heutzutage und hierzulande relativ raumunabhängig vollzieht“ (Bertels

1990a:8). Dieses Resümee scheint für die funktionale Differenzierung zu spre-

chen, da diese im Rahmen der zugrundeliegenden Systemtheorie weniger in

einer Raumdimension betrachtet wird (vgl. Luhmann 1997: 30, Fn. 24; 76).

Das Verhältnis von „Stadt und Gesellschaft“ (Schmals 1983: Buchtitel) wird

nicht nur im Rahmen der Gesellschaftstheorie von Marx intensiv in Schmals

(1983) diskutiert, weswegen es hier nicht weiter vertieft werden soll.

3.4.3 Begründung mit einer komplexen Gesellschaft (Rudolph)

Gesellschaftstheorie wird als Begründung für die Wahl eines theoretischen

Konzeptes genutzt. Beispielsweise wird die Nutzung des Urban-Regime-

Ansatzes durch das Vorhandensein „[i]n einer differenzierten und komplexen

Gesellschaft“ begründet (Rudolph 2005: 18), ohne jedoch auf die Differenzie-

rung oder Komplexität näher einzugehen, was die Gesellschaftstheorie von

Luhmann leisten könnte. Neben den genannten Differenzierungsarten wäre die

Reduktion von Komplexität als sozialer Mechanismus in der Gesellschaftstheo-

rie Luhmanns zu finden (vgl. Luhmann 1997: 383, 508).

3.4.4 Metropolfunktionen und Funktionssysteme

An anderer Stelle wird bei Metropolen argumentiert, dass „[i]m Zusammen-

hang mit der internationalen Verflechtung […] die vier Funktionsbereiche Ent-

scheidungs- und Kontrollfunktion, Innovations- und Wettbewerbsfunktion,

Gatewayfunktion und Symbolfunktion Schlüsselbereiche zur Erhaltung und

Entwicklung der Leistungsfähigkeit von Metropolregionen“ sind

(Knieling/Matern 2009: 340). Dieser „funktionale Charakter von Weltstädten

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ist relativ früh von dem Geographen Peter Hall (1966) anhand von London,

Paris, New York, Tokyo, Moskau, der Randstad Holland und der Metropolre-

gion Rhein-Ruhr herausgestellt worden“ (Heineberg 2006: 342; vgl. Hall

1966). Hall ermittelte den funktionalen Charakter induktiv anhand einer Ver-

gleichsstudie der genannten Städte (vgl. Hall 1966). Es wird zwar gesagt, wa-

rum es gerade diese vier Funktionen sein sollen. Aber in welche Theorie lassen

sich diese verorten? Können sie sich ändern? Es geht offenbar bei Städten um

die „globale Reichweite ihres Einflusses in Wirtschaft, Finanzwesen, Kommu-

nikation, Politik und Kultur als Spitzengruppe der weltweiten Städtehierarchie

betrachtet“ (vgl. Hall 1966, zit. i. Heineberg 2006: 342). [N]achfolgende Un-

tersuchen [haben] eher die ökonomisch-funktionale Hierarchie des internatio-

nalen Städtesystems in den Mittelpunkt ihrer Analyse gestellt“ (Krätke 2002:

46, zit. i. Heineberg 2006: 342) – eine „„World City Hierarchy“ nach J. Fried-

mann“ (Heineberg 2006: 343).

Dies ist bei den Funktionssystemen von Luhmann anders. Die Funktionssys-

teme sind nicht nur eingebettet in eine Gesellschaftstheorie sondern ihre An-

zahl kann sich ändern, wenn sich die Funktionserfordernisse der

(Welt)Gesellschaft ändern. Im Gegensatz zu Halls Metropolfunktionen sind bei

Luhmann Bezugsprobleme in der Gesellschaft gegeben, welches die Notwen-

digkeit der jeweiligen Funktionssysteme erklären kann (vgl. Luhmann 1997:

746).

Unabhängig von der kritischen Einschätzung scheint eine vergleichende

Analyse möglicherweise fruchtbar wie beispielsweise in: „The Functions of

Cities“ (Hosken 1973: Buchtitel); auch mit Diskussionen zum Gesundheitssys-

tem: „Health Care an the City“ (Hosken 1973: 123); zum Rechtssystem: Crime,

Law, and Order“ (Hosken 1973: 137) oder dem Erziehungssystem: „The Uni-

versity and the City“ (Hosken 1973: 189). Ein anderes Beispiel wäre „[d]ie

funktionale Struktur der Berliner Wirtschaft im Städtevergleich“ (Krätke/Borst

2000: 54).

3.5 Falsifizierungsversuch: eine nicht funktionale Metropole?

Wie ließe sich die These des Endes der Metropole falsifizieren? Man müsste

mindestens eine Metropole in der modernen Gesellschaft finden, die eben nicht

alle Funktionssysteme in der Ausprägung bedienen kann, wie beispielsweise

eine Metropole in der kein Sport stattfindet oder keine politischen Verwaltun-

gen zu finden sind. Gibt es Metropolen, die nicht vollständig funktional und

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nach Zentrum/Peripherie differenziert sind? Letztgültig muss das empirisch

untersucht werden, was den Rahmen der Arbeit sprengt. Aber: „[i]nnerhalb der

Metropolregionen lässt sich eine deutliche Konzentration der Standorte zu-

gunsten der Ballungsrandkreise beobachten […]. Erklärlich dieser Trend aus

[…] Standortbedingungen“ (Blotevogel 1998: 44). Dies würde eher gegen eine

Differenzierungszunahme der Metropole sprechen. Vermutlich liegt dies an der

rein räumlichen Betrachtungsweise. Zieht man die kommunikationstheoreti-

sche Grundlage von Luhmanns Theorie heran, sind räumliche Bedingtheiten

weniger relevant, es geht um verdichtete Kommunikation mit entsprechender

Auswirkungen von damit zusammenhängenden Entscheidungen oder Entschei-

dungsprämissen. Hier mag der Bertelsmann-Konzern mit Sitz im periphereren

Gütersloh ein instruktives Beispiel sein, denn er schuf in der Metropole Berlin

mit seiner Repräsentanz "Unter den Linden 1" einen Ort, „der für den politi-

schen, wirtschaftlichen und kulturellen Austausch einen passenden Rahmen

bieten könnte [...]. Die Bertelsmann Repräsentanz "Unter den Linden 1" in Ber-

lin ist ein Ort der Kommunikation, des Kulturaustausches, der Musik, der Lite-

ratur und zugleich ein architektonisches Schmuckstück mit historischer Kulis-

se“ (BertelsmannSE 2014: 1). D.h. trotz Sitz in der Peripherie ist ein Konzern

bewusst als ‚Repräsentanz‘ in einer Metropole mit verdichteter Kommunikati-

on vertreten, denn wer mag bestreiten, dass bei diesem ‚Ort der Kommunikati-

on‘ weltweite Entscheidungen an einem Ort der Kommunikation vorbereitet

werden. „Nicht die Produktion ist […] entscheidend, sondern die Kontrolle der

Produktion und der Märkte in einem weltweiten Netz“ (Korff 1991: 360).

Eine weitere Schwierigkeit findet in der Korrelation von funktionaler Diffe-

renzierung. Kann eine ausgeprägte Spezialisierung mit dem Mythos einer Met-

ropole korrelieren. Nehmen wir das Beispiele des Gesundheitssystem in den

USA, beispielsweise die dortige Größe der Medical Center. Zwar bezeichnet

sich das Medical Center in Los Angeles als eines der größten mit 600 Betten

„in the country“ – was immer man mit country als Raumgrenzen meint - (vgl.

LAC 2014), dagegen ist New York mit 1469 Betten wesentlich größer (vgl.

Montefiore 2014). Die Frage ist, ob dies nicht zwangsläufig „nur“ mit der Ein-

wohnerzahl korreliert, denn in Ney York leben "heute mehr als 8 Millionen

Menschen, fast doppelt so viele wie in der zweitgrößten Stadt der USA Los

Angeles, in der 'nur 3,7 Millionen Menschen leben" (Häußermann 2014: 74).

D.h. das Verhältnis der Einwohner der beiden Städte ist in etwas ähnlich wie

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das Verhältnis der Bettenzahl beider Medical Center. Dagegen kann eingewen-

det werden, dass die funktionale Differenzierung nicht nur mit dem Mythos der

Zentrum/Peripherie korreliert, sondern dass allein die schiere Größe einer Stadt

sich als Besonderheit gegenüber einer Peripherie darstellt. Aus soziologischer

Sicht lässt sich das im Kontext des Funktionssystem Massenmedien und dem

Grund seiner Wirksamkeit wie folgt formulieren: „In der Sachdimension ge-

winnen quantitative Angaben eine hervorragende Bedeutung, ohne daß deren

Berechnungsweise mitreflektiert werden könnte. Katastrophen werden bevor-

zugt berichtet, wenn ungewöhnliche Quantitäten (Massenkarambolage, Tau-

sende von toten Robben, Millionenschäden etc.) im Spiel sind“ (Luhmann

1997: 1099). Insofern ist Größe auch soziologisch an die mythologische Be-

schreibung einer Metropole gebunden.

Bemerkenswert im Vergleich des Kultur- und Mediensektor ist z.B. dass die

prozentuale Anzahl der Beschäftigten von Berlin geringer ist als in Hamburg,

mit 9,8 bzw. 12,6 Prozent (vgl. Krätke/Borst 2000: 54). Ist somit Berlin mög-

licherweise keine Metropole gegenüber München, wenn man für eine Metropo-

le verlangt, dass die Funktionssysteme dieses Metropolenzentrums gegenüber

peripheren Städten stärker ausdifferenziert sein muss. Schwierig ist vermutlich

die gleichzeitige Betrachtung von Ökonomie und Kunst bei der Anzahl Be-

schäftigen bzw. im Kultur- und Mediensektor.

Ein analytisches Konzept stellt die Einteilung der „Großstadt in drei räum-

lich strukturierten, jeweils analytisch zu verstehenden Lebenswelten [dar]:

ganzheitlich, verinselt und als Cyberspace“ (Bertels 1997: 10, 73 ff.). ‚Ganz-

heitlich‘ entspricht vielleicht dem Familiensystem oder der persönlichen, ver-

trauten face-to-face-Kommunikation bei Luhmann. Das ‚verinselt‘ ist die funk-

tionale Differenzierung: „Der verinselte Raum […] Funktionstrennungen und

Spezialisierungen [basiert]“ (Bertels 1997: 75) und Cypberspace mag mit welt-

gesellschaftlichen Aspekten bei Luhmann verglichen werden. Auch hier wären

genauere vergleichende Untersuchungen vermutlich fruchtbar.

Eine weitere Schwierigkeit liegt darin, dass „früher […] der Metropole In-

novations- und Modernisierungsfunktionen zugeschrieben [wurden]. [H]eute

werden Metropolen, wenn sie eine dominante Position einnehmen, eher ambi-

valent betrachtet. […] Ein Zentrum kann eine lähmende Dominanz ausüben“

(Häußermann 2014: 104). Neben der Möglichkeit, dass es sich hier um einen

Effekt der mono-funktionalen Spezialisierung handelt (siehe Kapitel 2.2.3.3),

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Seite 39 von 45

man denke an das Silikon-Valley für High-Tech-Innovationen der IT-Branche,

arbeiten Metropolen selbstrekursiv dagegen, in dem sie zur „‘kreative[n]‘ Met-

ropole“ wird und Wachstumsprozesse in den Bereichen „technology, talent,

tolerance“ (Häußermann 2014: 116 f.) vorwärtstreibt.

4 Erkenntniswert, Fazit, Ausblick

4.1 Zusammenfassung

<todo, müsste noch geschrieben werden>

4.2 Fazit, Ausblicke22

Grundsätzlich konnte die Erklärungsleistung der Luhmannschen Theorie als

erweitertes Fundament des Metropolenbegriffs – insbesondere seiner mytholo-

gischen Zuschreibung (Zentrum/Peripherie) und der funktionalen Differenzie-

rung – plausibilisiert werden. Schwierigkeiten machen noch empirische Aus-

reißer wie eine Weltmeisterschaft in Stuttgart. Hier müsste der weltgesell-

schaftstheoretische Standpunkt genauer untersucht werden.

Desweiteren sollten sämtliche Funktionssysteme für die Metropolen em-

pirisch genauer betrachtet werden, desgleichen sollte mehr nicht-deutsche Lite-

ratur hinzugezogen werden.

Eine weitere Überprüfung ist im Bereich der Falsifizierung der These er-

forderlich: Warum gibt es in Stuttgart Leichtathletikweltmeisterschaften? Wa-

rum gibt es in Melbourne – als einziger empirischer Ausreißer – ein Grand

Slam Tournier. Gibt es nicht funktionale Metropolen? Warum ist Berlin keine

Metropole (vgl. Häußermann)23

? Was tun mit der Innovations- und Moderni-

sierungsfunktion von Metropolen? Inwieweit sind Lebenswelten – also der

soziale Nahraum – auch bei Metropolen zu berücksichtigen?

Eine interessante Überlegung seitens Professor Bertels an den Autor war,

ob Florida’s Kreativitäts-These in die Luhmann-Theorie und hier in den Ansatz

integriert werden könne. Nach Meinung des Autors scheint dies in der Tat

schwierig zu sein und eine Herausforderung an die Theorie darzustellen. Evtl.

müsste man zunächst den Kreativitätsbegriff auf funktionale Erfordernisse oder

in Richtung Funktionssysteme abklopfen.

22Das Fazit wurde nach der mündlichen Prüfung ein wenig erweitert, insbesondere um die guten Hinweise

von Prof. Beretels. (Bemerkung ist nicht autorisiert). 23Dankenswerter Hinweis von Prof. Bertels in der mündlichen Prüfung. (Bemerkung ist nicht autorisiert).

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