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Methoden des Wissenschaftlichen Arbeitens Vorlesung im WS 2015/16 09.12.15 VL 5: Strategien der Forschung 2: Experimentelle und quasi- experimentelle Forschung Prof. Dr. Riklef Rambow Fachgebiet Architekturkommunikation Institut Entwerfen, Kunst und Theorie
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Aug 17, 2018

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Jason Campbell
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Methoden des Wissenschaftlichen Arbeitens Vorlesung im WS 2015/16

09.12.15 VL 5: Strategien der Forschung 2: Experimentelle und quasi-experimentelle Forschung

Prof. Dr. Riklef Rambow Fachgebiet Architekturkommunikation

Institut Entwerfen, Kunst und Theorie

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Taktik

Strategie

Theorie

Philosophische Einbettung

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Strategie: Korrelative Forschung Sucht nach „natürlicherweise“ auftretenden Zusammenhängen zwischen zwei oder mehr Variablen. Variablen sind veränderliche Größen, die definiert, gemessen und quantifiziert werden können. Benutzt statistische Verfahren zur Auswertung der Daten (Korrelationskoeffizienten, Regressionsanalyse, Faktorenanalyse, Clusteranalyse etc.).

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Beispiel 3: Defensible Space

Oscar Newman (Amerikanischer Architekt und Stadtplaner, 1935-2004) Forschungsfrage: Gibt es Zusammenhänge zwischen der Gestaltung sozialer Wohnungsbauprojekte und der Auftretenshäufigkeit delinquenten Verhaltens? Methode: Intensive Analyse vorliegender Daten zu 169 Housing Projects in New York City: Gebäudetypologien, Freiraumgestaltung, Bewohnereigenschaften, Verbrechensstatistiken etc.

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Zwei idealtypische Anordnungen

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Variante A

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Variante B

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Beispiel „Defensible space“

Ziele der Forschung: Aufdeckung von Zusammenhängen, Ableitung von Vorhersagen Entwicklung von Gestaltungsempfehlungen, oder in Oscar Newmans Worten: „a model for residential environments which inhibits crime by creating the physical expression of a social fabric that defends itself ... Real and symbolic barriers, strongly defined areas of influence, and improved opportunities for surveillance ... that combine to bring an environment under the control of its residents.“

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Literaturempfehlung:

„Creating Defensible Space“ (1996), das letzte Buch von Oscar Newman, kann kostenlos unter www.defensiblespace.com herunter geladen werden.

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Taktiken: Methoden der Datenerhebung

Befragungen (Interviews, Fragebögen) Beobachtungen Kartierungen (Mental Mapping-Techniken) Sortieraufgaben Analyse von amtlichen Statistiken und Archivdaten

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Beispiel: Kartierungen

Kevin Lynch (1918-1984): „The Image of the City“ (Cambridge, MA: MIT Press, 1960) Forschungsfrage: Wie werden die physischen Charakteristika von Städten mental repräsentiert? Methode: Interviews mit und Kartierungen von Bewohnern dreier amerikanischer Städte Ergebnis: Wiederkehrende Elemente sind: Pfad, Kante, Knoten, Landmarke, Gebiet

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Typen von Variablen (Skalenniveaus)

Kategorialskalierte Variable (diskrete Kategorien, die nicht in eine Rangfolge gebracht werden können), z. B. Geschlecht, Berufsgruppe, Vorhandensein von Wasser Ordinalskalierte Variable (Rangfolge, aber nicht notwendigerweise mit gleichen Abständen), z.B. Präferenzanordnungen, Bildungsniveau Intervallskalierte Variable (Gleichabständigkeit wird angenommen), z.B. Größe des Platzes, Dauer der Begegnung

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Strategie Korrelative Forschung: Stärken und Schwächen

Relativ unaufwändige Strategie, die außerhalb des Labors unter realistischen Bedingungen eingesetzt werden kann. Beziehungen zwischen natürlich auftretenden Variablen können zwar bestimmt werden, aber: Der Forscher kann die Variablen nicht aktiv kontrollieren. Deswegen: keine Aussagen über Kausalität im strengen Sinne möglich.

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Strategie: Experiment und Quasi-Experiment

Zielen auf den Nachweis kausaler Beziehungen ab. Entscheidend hierfür: Kontrolle der unabhängigen Variablen („Treatment“), Einsatz von Vergleichs- oder Kontrollgruppen Experiment: Zuteilung zu den Gruppen erfolgt per Zufall; Quasi-Experiment: Zuordnung erfolgt nicht-zufällig

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Beispiel Quasi-Experiment

Forschungsfrage: Wie beeinflusst die Anordnung von Sitzgelegenheiten und Raumteilern das Verhalten der studentischen Nutzer eines Galerie-/Aufenthaltsraumes? Unabhängige Variable: Bestehender Zustand/modifizierter (aufgelockerter) Zustand Abhängige Variable: Zeitanteile unterschiedlicher Aktivitäten (Taktik: Beobachtung)

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Bedingung 1

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Bedingung 2

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Ergebnisse (Auszug)

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Warum Quasi-Experiment?

Die Zuordnung von Nutzern und Raumvariante (= Versuchsbedingung) erfolgte nicht per Zufall.

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Beispiel für ein Experiment

Stamps, A. E. III (1998). Measures of Architectural Mass: From Vague Impressions to Definite Design Features. Environment and Planning B: Planning and Design, 25 (6), 825-836.

Beurteilung computergenerierter Fassadenvarianten „im Labor“, dadurch systematische Variation einzelner Merkmale und Zuordnung per Zufall möglich.

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Beispiel: Fassadenwahrnehmung

Vier unabhängige Variablen: 1. Größe der visuellen Fläche 2. Unterteilung der Fassade 3. Anzahl der Fenster 4. Artikulation (Vor- und Rücksprünge)

Abhängige Variable: Beurteilung der Massigkeit (Taktik: Befragung mit Fragebogen)

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Fassadenwahrnehmung: Untersuchungsmaterial

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Beispiel: Fassadenwahrnehmung

Ergebnis: Einflussreichste Variable ist die Größe der visuellen Fläche.

Schlussfolgerung: Zurücksetzen von der Straßenkante ist der wirksamste Parameter, wenn der Eindruck von Massigkeit vermieden werden soll.

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Strategie Experiment: Stärken und Schwächen

Nachweis von Kausalbeziehungen möglich, aber: Hohe Komplexitätsreduktion/Abstraktion erforderlich. Möglichkeit der Generalisierbarkeit grundsätzlich vorhanden, aber: Gefahr von Übergeneralisierung der Ergebnisse ist hoch. Kontrolle der Versuchsbedingungen hoch, aber: Ethische Fragen müssen berücksichtigt werden.

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Nächste Vorlesung am 14.01.2015

Groat & Wang Kapitel 8 & 9 (Correlational Research, Experimental and Quasi-Experimental Research) werden auf Veranstaltungsseite zum Download bereit gestellt und zur vertieften Nachbearbeitung empfohlen.