Alle Texte und Fotos finden Sie im Internet unter www.identity-foundation.de 1 Meister-Eckhart-Preis 2005 Inhalt der Pressemappe Aktuelle Meldung: „Die Weisheit ist das Ende der Ambition“ Jan Philipp Reemtsma hielt Laudatio bei Verleihung in Berlin Seite 2 - 4 Grußwort Paul J. Kohtes Vorsitzender der Identity Foundation Seite 5 - 6 Begründung der Jury zur Wahl des Meister-Eckhart-Preisträgers Ernst Tugendhat Seite 7 Rede Kurt Flasch zur Begründung der Jury-Entscheidung Es gilt das gesprochene Wort Seite 8 - 10 Zitate von Ernst Tugendhat Die Rede von Ernst Tugendhat steht nach der Preisverleihung zur Verfügung Seite 11 Kurzporträt Ernst Tugendhat Philosoph der Einheit des Menschen Seite 12 - 13 Der Meister-Eckhart-Preis Daten und Fakten Seite 14 - 15 Kurzporträt Meister Eckhart Seite 16 - 17 Kurzporträt Identity Foundation Seite 18 - 22 Fotos: Ernst Tugendhat; Jan Philipp Reemtsma Seite 23 - 24
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Meister-Eckhart-Preis 2005 - IDENTITY · Alle Texte und Fotos finden Sie im Internet unter 1 Meister-Eckhart-Preis 2005 Inhalt der Pressemappe Aktuelle Meldung: „Die Weisheit ist
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Meister-Eckhart-Preis 2005 Inhalt der Pressemappe Aktuelle Meldung: „Die Weisheit ist das Ende der Ambition“ Jan Philipp Reemtsma hielt Laudatio bei Verleihung in Berlin Seite 2 - 4 Grußwort Paul J. Kohtes Vorsitzender der Identity Foundation Seite 5 - 6 Begründung der Jury zur Wahl des Meister-Eckhart-Preisträgers Ernst Tugendhat Seite 7 Rede Kurt Flasch zur Begründung der Jury-Entscheidung Es gilt das gesprochene Wort Seite 8 - 10 Zitate von Ernst Tugendhat Die Rede von Ernst Tugendhat steht nach der Preisverleihung zur Verfügung Seite 11 Kurzporträt Ernst Tugendhat Philosoph der Einheit des Menschen Seite 12 - 13 Der Meister-Eckhart-Preis Daten und Fakten Seite 14 - 15 Kurzporträt Meister Eckhart Seite 16 - 17 Kurzporträt Identity Foundation Seite 18 - 22 Fotos: Ernst Tugendhat; Jan Philipp Reemtsma Seite 23 - 24
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„Die Weisheit ist das Ende der Ambition“
Jan Philipp Reemtsma hielt Laudatio für Ernst Tugendhat bei Verleihung des Meister-Eckhart-Preises in Berlin (Berlin, 5. Dezember) Der deutsche Philosoph Prof. Dr. Ernst Tugendhat (75)
wurde am Montag in der Berliner Bertelsmann-Repräsentanz mit dem
renommierten Meister-Eckhart-Preis ausgezeichnet. Alle zwei Jahre vergibt
die in Düsseldorf ansässige Identity Foundation den mit 50.000 Euro
dotierten Philosophie-Preis. Damit ehrt sie Personen, die sich in ihren
Arbeiten mit den Widersprüchen der persönlichen, sozialen und
interkulturellen Identität des Menschen auseinander setzen und die ihr
Wissen einer breiteren Öffentlichkeit verständlich machen. Nach dem
amerikanischen Philosophen Richard Rorty und dem französischen
Ethnologen Claude Lévi-Strauss ist Tugendhat der dritte Preisträger.
„Dass Tugendhats Werk mit dem Meister-Eckhart-Preis ausgezeichnet
wird, ist eine schöne Idee“, sagte Jan Philipp Reemtsma in seiner Laudatio.
Der Preisträger gehe den sprachanalytischen Weg, „um große
Themenkomplexe der abendländischen Philosophie unter Einbeziehung
der Interpretation seiner historischen Vorgänger noch einmal zu
behandeln“. Reemtsma fasziniert besonders, dass Tugendhat sein
moralphilosophisches Begründungsprogramm immer erneuten Revisionen
unterzieht. „Er hätschelt seine Gedanken nicht, sondern ist in der Lage, als
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Grußwort Paul J. Kohtes Es gilt das gesprochene Wort -
Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Es ist mir eine große Freude und Ehre, Sie zur Verleihung des Meister-Eckhart-Preises begrüßen zu können.
Es ist auch wunderbar für die Identity Foundation und für mich, dass es erneut gelungen ist, einen kleinen, dafür aber außerordentlich kompetenten Kreis von Gästen zu diesem Ereignis zusammen zu bringen. Selbst die Räumlichkeit gehört zu diesem – fast möchte ich sagen – Gesamtkunstwerk dazu. Nachdem wir bei der letzten Preisverleihung im Palais Beauharnais der Deutschen Botschaft in Paris zu Gast waren, ist es diesmal die Bertelsmann AG, die uns hier in ihrer Berliner Repräsentanz, die ehemalige Kommandantur – eingeladen hat. Herzlichen Dank dafür insbesondere an den Finanzvorstand Dr. Siegfried Luther – und Dank auch an die Hausherrin Katrin Gärtner.
Nun gestatten Sie mir, einige unserer Gäste heute besonders zu begrüßen – an erster Stelle natürlich unseren Preisträger, Professor Dr. Ernst Tugendhat. Im Namen des Vorstandes, der Jury und des Wissenschaftlichen Beirates der Identity Foundation darf ich Sie ganz herzlich willkommen heißen.
Was wäre eine Preisverleihung ohne eine angemessene Würdigung? Ich freue mich sehr, dass wir auch dieses Mal wieder eine außergewöhnlich kompetente Persönlichkeit für die anstehende Laudatio gewinnen konnten – wohl wissend, dass dem Laudator stets eine der anspruchsvollsten Aufgaben einer jeden Preisverleihung aufgebürdet wird. Muss er sich doch mit dem ganzen Werk eines berühmten Menschen auseinandersetzen – und das dann in nur 30 oder 40 Minuten intelligent zusammenfassen. Umso mehr freue ich mich – und ich denke, Sie stimmen mit mir darin überein – dass diese aufwändige Aufgabe, dabei alle Hürden kooperativ überwindend, Professor Dr. Jan Philipp Reemtsma übernommen hat. Ganz herzlichen Dank dafür und ein besonderes Willkommen Herrn Professor Reemtsma.
Die Preisentscheidung wurde bekanntlich von einer hochkarätigen Jury getroffen. Nun, Mitglied zu sein in einer Jury für einen Meister-Eckhart-Preis, das klingt sicher interessant. Und das ist es auch. Allerdings ist eine solche Aufgabe – Sie ahnen es – nicht ohne Tücken. Denn wo ist denn unser
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Namensgeber aus dem 14. Jahrhundert heute eigentlich stabil zu verorten? In der Philosophie, in der Theologie, in der Mystik? Oder vielleicht in der angewandten Psychologie?
Die Jury hat diese Aufgabe – wie ich finde – bisher sehr klug, sehr elegant, auch könnte man sagen weise gelöst. Damit Sie wissen, wer mit diesem großen Lob gemeint ist, darf ich die Namen der Juroren hier noch einmal nennen: Ihr Doyen, nicht nur weil er auch einer der führenden Eckhart-Experten ist, ist unzweifelhaft Professor Dr. Kurt Flasch. Er wird uns anschließend die Jury-Entscheidung erläutern.
Beteiligt als Jury-Mitglied an der Entscheidung war auch Dr. Franziska Augstein, Ihnen sicher allen bekannt als Publizistin und Mitarbeiterin der Süddeutschen Zeitung. Zur Jury gehört auch Professor Dr. Michael von Brück – bekannter Zen-Lehrer und Leiter des Instituts für Religionswissenschaften an der Universität München. Jury-Mitglied von Anfang an ist auch Dr. Gustav Seibt, Historiker, Kritiker und bekannter Buchautor. Das Spektrum der Jury vervollständigte bis zu Beginn dieses Jahres der bekannte Neurowissenschaftler an der Universität Bonn, Professor Dr. Detlef Linke, der leider viel zu früh im Februar dieses Jahres verstorben ist. Wir bleiben ihm und seiner Familie in Dankbarkeit verbunden.
Erwähnen und begrüßen möchte ich auch ausdrücklich Dr. Detlef Felken, Cheflektor des Beck-Verlages, der unserer Stiftung beim Meister-Eckhart-Preis beratend zur Seite steht.
Als Repräsentant des Wissenschaftlichen Beirates begrüße ich den Vorsitzenden, Professor Dr. Eugen Buß, Leiter des Lehrstuhls für Soziologie an der Universität Stuttgart-Hohenheim.
Besonders freue ich mich auch, dass der Laudator der ersten Stunde dieses Preises heute als Gast bei uns ist. Herzlich willkommen Professor Dr. Jürgen Habermas und noch herzlichen Glückwunsch zum Holberg-Preis.
Keine Sorge, ich werde nicht alle weiteren 100 prominenten Gäste einzeln begrüßen. Zwei Ausnahmen seien mir gestattet. Begrüßen möchte ich meine Mutter, die es sich trotz Ihrer 88 Jahre nicht nehmen ließ, dabei zu sein. Und begrüßen möchte ich Matthias, unseren Sohn, der heute Geburtstag hat.
Allen Gästen und Freunden der Identity Foundation ein herzliches Willkommen zu dieser unserer bedeutendsten Veranstaltung.
Das Arion-Quartett Berlin sorgt während der Verleihung mit Haydn und später zum Empfang und zum gemeinsamen Buffet mit Tangoklängen für Atmosphäre
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- und für Entspannung. Denn diese werden Sie brauchen, weil ich sehr sicher bin, dass die folgenden Reden ausgesprochen spannend sein werden.
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Begründung der Jury zur Wahl des Meister-Eckhart-Preisträgers Ernst Tugendhat
Die Jury erkennt den Meister-Eckhart-Preis 2005 Ernst Tugendhat zu. Sie würdigt damit ein philosophisches Lebenswerk von weiter kultureller Aus-strahlung. Ernst Tugendhat hat insbesondere das Verständnis von Selbstbewusstsein und Identität neu formuliert. Es ist ihm gelungen, Themen der antiken Philosophie, der philosophischen Mystik und des deutschen Idea-lismus durch sprachanalytische Kritik zu klären und dadurch in der Gegenwart zur Geltung zu bringen. Die Sorgfalt und Genauigkeit seines philosophischen Denkens sind ein notwendiges Korrektiv in einer Zeit, die auf rasche Lösungen fixiert ist.
Der Jury des Meister-Eckhart-Preises gehören an: Dr. Franziska Augstein, Kulturredakteurin der Süddeutschen Zeitung und Sachbuchautorin,
Prof. Dr. Kurt Flasch, emeritierter Philosophieprofessor an der Universität Bochum,
Dr. Gustav Seibt, Historiker und Kritiker (Autor der Süddeutschen Zeitung), Prof. Dr. Michael von Brück, Leiter des Instituts für Religionswissenschaft an der Universität München sowie
Prof. Dr. Detlef B. Linke, Professor für klinische Neurophysiologie und Neurochirurgische Rehabilitation der Universitätskliniken Bonn, der leider im Januar 2005 verstorben ist.
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P R E S S E I N F O R M A T I O N Kurt Flasch: Die Begründung der Jury, den MeisterEckhart-Preis an Ernst Tugendhat zu vergeben - Es gilt das gesprochene Wort -
Die Jury ging bei ihrer Entscheidung von folgenden Überlegungen aus: Der Meister-Eckhart-Preis wird zum dritten Mal vergeben; er ist ein relativ
junger Preis. Aber er hat durch die ersten Verleihungen an internationale
Koryphäen wie Richard Rorty und Claude Lévi-Strauss seine Richtung
angezeigt. Er ist nach Anspruch und Volumen kein Förderpreis für den
Nachwuchs, sondern ein großer Preis, der vergeben wird für ein schrift-
stellerisches Lebenswerk, das über die Fachgrenzen hinaus wirkt und das
in seiner sprachlichen Form die übliche Wissenschaftsprosa verlässt und
des Sprachmeisters Eckhart nicht unwürdig ist.
Der Jury war bewusst, dass sich mit dem Namen des Meister Eckhart in
der Öffentlichkeit zuweilen Assoziationen verknüpfen, mit denen er nichts
zu tun hatte: nationalistische, irrationalistische, psychotherapeutische und
konfessionelle. Demgegenüber sah sie in Eckhart einen Denker von großer
Originalität, strenger Argumentation und kultureller Strahlkraft, der die
Frage des Menschen nach sich selbst mit den Mitteln seiner Zeit
beantwortet hat. Bei der Preiszuteilung kam es darauf an, einen
entsprechenden Autor für unsere Zeit zu benennen und damit in
philosophisch-freier und gegenwartsbezogener Weise Bezug zu nehmen
sowohl auf Eckhart wie auf die Intention der Identity Foundation.
Die Jury hat sich diese Vorbedingungen ihrer Wahl bewusst gemacht; sie
fand es außerdem angebracht, dass es an der Zeit ist, nach dem
amerikanischen und dem berühmten französischen Preisträger einen
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deutschsprachigen Autor auszuzeichnen. Bald fiel der Name des in
Tübingen lebenden Philosophen Ernst Tugendhat, und die Jury hat sich in
eingehenden und vergleichenden Beratungen für ihn entschieden in der
Überzeugung, dass sich es sich bei Ernst Tugendhat nicht um einen
populären Modeschriftsteller, sondern um den wohl bedeutendsten
lebenden deutschen Philosophen handelt, der durch Gründlichkeit der
Argumentation, Weite des Horizonts und sprachliche Prägnanz am ehesten
ihren hohen Kriterien entspricht. Ernst Tugendhat hat seit seiner
Erstveröffentlichung: Ti kata tinos. Eine Untersuchung zu Struktur und
Ursprung aristotelischer Grundbegriffe, also seit 1958, die philosophische
Entwicklung in der Bundesrepublik teils reflektiert, teils mitbestimmt. Er
nahm den Kampf mit Aristoteles auf und erfüllte damit eine Bedingung
gründlicher philosophischer Arbeit. Er ging schwierigen ontologischen,
sprachlogischen Fragen nicht aus dem Weg. Er hielt sich mit
Grundbegriffen auf, und das tut er bis heute. Er trieb und treibt „erste
Philosophie“. Und von Anfang an bot er nicht nur eine Spezialstudie zur
griechischen Philosophie auf dem Grenzgebiet zwischen Logik und
Metaphysik, sondern setzte, was er dort fand, in Beziehung zur Philosophie
der Gegenwart, die für ihn damals vor allem Heidegger repräsentierte. Aber
während im Folgejahrzehnt mancher deutsche Denker Heidegger erst
entdeckte und dem zunächst Verdächtigten ein Come-back verschaffte,
ging Tugendhat, sorgfältig Argumente prüfend, zunehmend auf Distanz,
deutlich in dem Buch von 1967 über den Wahrheitsbegriff bei Husserl und
Heidegger.
1967: Die Republik ist erschüttert über den Tod von Benno Ohnesorg;
Tugendhat grübelt über Wahrheit und Erste Philosophie. Und er bereitet
eine neue philosophische Wende vor; er erschließt sich und vielen anderen
die englische und amerikanische sprachanalytische Philosophie. Und
erprobt sie vor allem bezüglich des Problems des Selbstbewusstseins und
der Selbstbestimmung. Dies war sein wichtiger Beitrag zum
philosophischen Analyse von Identität, und es war zugleich der Beginn der
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Hinwendung zu Fragen der praktischen Philosophie, zu Ethik und Politik.
1983 erscheinen Probleme der Ethik; die Fragen von Krieg und Frieden
drängen sich vor. In den letzten Jahren griff Tugendhat neue, alte
Probleme wieder auf: Anthropologie als Erste Philosophie? Die Jury wusste
sein Buch über Egozentrizität und Mystik von 2003 zu schätzen, sie nahm
den darin ausgesprochenen Bezug auf Meister Eckhart wahr. Aber die
Grundlage ihrer Entscheidung war nicht ein einzelnes Buch, sondern ein
denkerischer Lebensweg von einzigartiger Vielfalt und Konsequenz.
Hinweis für die Redaktion: Fotos und Texte stehen im Internet zur Verfügung.
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Zitate von Ernst Tugendhat
� „Moralisch gut ist, wer sich so verhält, wie wir es wechselseitig voneinander fordern.“
� „In der Sehnsucht nach einem Weiterleben nach dem Tod hält man weiterhin an sich als einem Absoluten fest, hingegen gewinnt man, wenn man nicht an sich festhält, eine neuartige Beständigkeit im Leben selbst.“
� „Zur Aufgabe der Kritik gehört es, auf implizierte Tendenzen und Gefahren eines Denkens aufmerksam zu machen.“
� „Wer zu seinem gelebten Leben Ja sagt, tut sich leichter beim Übergang ins Nichts."
� „Die Fähigkeit des Überlegenkönnens, also nach Gründen und Gegen-gründen fragen zu können, ist das, was man Rationalität nennt.“
� „Das Universale des Menschlichen reicht so weit wie das Verstehen, und das heißt, das Verstehen von Gründen.“
� „Es gibt keine Gene für die Moral.“
Die Rede von Ernst Tugendhat steht nach der Preisverleihung zur Verfügung.
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Kurzporträt: Ernst Tugendhat Philosoph der Einheit des Menschen Ernst Tugendhat gilt als einer der wichtigsten Vertreter der Sprachanaly-
tischen Philosophie in Deutschland und als profiliertester Vermittler
zwischen angelsächsischer und deutschsprachiger Tradition des Philoso-
phierens. In den 80er Jahren wandte er sich der praktischen Philosophie zu
– besonders den Fragen der Moral, des Egozentrismus und der Anthropo-
logie. Er verabschiedete sich von der Tradition, Philosophie aus der Idee
der Freiheit zu begründen ebenso wie vom Kernbegriff der Metaphysik,
dem Absoluten. „Ich habe meine Meinung immer wieder geändert“, so
Tugendhat im Rückblick. „Das geht mir eigentlich mit allen Fragen so. Ich
werde nicht fertig.“
"Wer zu seinem gelebten Leben Ja sagt, tut sich leichter beim
Übergang ins Nichts."
Seinen Ruf erwarb er sich mit einer, meist angelsächsischen Wissen-
schaftlern attestierten Fähigkeit: in höchstem Maß verständlich zu
argumentieren. Seine Bereitschaft, eigene Erkenntnisse und Meinungen
aufgrund stichhaltiger Einwände zu revidieren, verhalf ihm zu seiner
herausragenden Position. Zu seinen wichtigsten Werken zählen:
„Vorlesungen zur Einführung in die Sprachanalytische Philosophie“ (1976),
„Selbstbewusstsein und Selbstbestimmung“ (1979), „Philosophische
Aufsätze“ (1992) und „Egozentrizität und Mystik“ (2003).
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In seinem jüngsten Buch folgt Ernst Tugendhat seinem sprachanalytischen
Ansatz, konzentriert ihn aber auf anthropologische und religiöse Frage-
stellungen. Die These von „Egozentrizität und Mystik“: Man kann nur „Ich“
sagen, weil man ein Bewusstsein von Anderen und von einer Welt hat. Das
hat zur Folge, dass der Mensch in einer Spannung zwischen zwei Polen
lebt. Er nimmt sich „Ich“-sagend absolut wichtig und leidet zugleich an
diesem Anspruch. Andererseits kann er, indem er „von sich zurücktritt“,
seine Egozentrizität gegenüber anderen und der Welt relativieren.
Sinn und Verhältnis von Religion und Mystik – als herkömmliche Wege, die
Einheit des Menschen angesichts der Polarisierung zu sichern – bestimmt
Tugendhat neu. Der Mystik gibt er den Vorzug: Sie sei ein Zurücktreten von
der eigenen Egozentrizität. Zugleich soll sie die Basis für eine allen zu-
gängliche Religion bilden. Diese Abkopplung von den jüdisch-christlichen
Wurzeln der Mystik – sie kulminiert für ihn in der buddhistischen Figur des
mitleidigen Bhodisattva – wird stark diskutiert.
Ein Leben auf drei Kontinenten
Geboren am 8. März 1930 in Brünn (heute Brno in der Tschechischen
Republik), floh Ernst Tugendhat 1938 mit seinen Eltern vor den National-
sozialisten zuerst in die Schweiz, 1941 nach Südamerika. Nach dem
II. Weltkrieg studierte Ernst Tugendhat Klassische Philosophie an der
Stanford University in Kalifornien (USA), ehe er 1949 nach Europa zurück-
kehrte, um bei Martin Heidegger in Heidelberg zu studieren.
Nach Stationen an den Universitäten Freiburg, Tübingen, Heidelberg, am
Starnberger Max-Planck-Institut für Verhaltensphysiologie und der Freien
Universität Berlin ging er 1992 wieder nach Südamerika und lehrte in
Santiago de Chile. Ernst Tugendhat lebt heute in Tübingen.
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Daten und Fakten: Der Meister-Eckhart-Preis und seine Preisträger Meister-Eckhart-Preis
� ist dotiert mit 50.000 €
� gestiftet von der Identity Foundation mit Sitz in Düsseldorf
� Hintergrund für den Preis: Die Verleihung ehrt Personen, die sich in
ihren Arbeiten mit den Widersprüchen der persönlichen, sozialen und
interkulturellen Identität des Menschen auseinander setzen und die ihr
Wissen einer breiteren Öffentlichkeit verständlich machen.
Die Preisverleihung 2001
� Die Verleihung fand am 3. Dezember 2001 in Berlin statt
� Preisträger ist Professor Richard Rorty
� Laudator war Professor Dr. Jürgen Habermas
� Das Grußwort sprach Professor Dr. Julian Nida-Rümelin (Beauftragter
der Bundesregierung für Angelegenheiten der Kultur und Medien)
Die Preisverleihung 2003
� Die Verleihung fand am 2. Dezember im Palais Beauharnais der
Deutschen Botschaft in Paris statt
� Preisträger ist Professor Dr. Claude Lévi-Strauss
� Laudator war Professor Werner Spies
� Das Grußwort sprach der Deutsche Botschafter in Frankreich
S. E. Fritjof von Nordenskjöld
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Die Preisverleihung 2005
� Die Verleihung findet am 5. Dezember in Berlin, in der