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Das Magazin für Architektur & Design
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R R E ICH 11 E U RO | SCHWE I Z 17 ,50 SFR | LUXE M B U RG 12 ,20 E
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MEHR WOHNLICHKEITMATE R IALI E N, FAR B E N, PROPORTION E N – W
I E AUS
ARCH ITE KTU R E I N Z U HAUS E WI R D
NEUE KÜCHEN: Möbel, Trends & schlaue Technik
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Tragfähig: Vor allem die Holzkonstruktion zählt zu den
authentischen Denk mal-attributen, da die Außen-wände des
Bauernhauses im Laufe der Zeit immer wieder verändert worden waren.
Die neuen großen Öffnungen der Südfassade und der verglaste
Dach-überstand leiten reichlich Tageslicht in die Tiefe des offenen
Wohnraums.
38 HÄUSER 2018 N° 5
TITELTHEMA BESONDERS WOHNLICH
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DAS BESTE AUS ZWEI WELTENBeim Umbau e ines n ieder länd ischen
Langgiebe lgehöf ts in e in komfor t ab les Wohnhaus setz ten Hi
lber inkbosch Arch i tecten auf den Kont rast bewähr ter Formen und
neuer Mater ia l ien
T E X T: WOL F G A NG B AC H M A N N | F O T O S: I NG A P OW I
L L E I T + R E N É DE W I T
39N° 5 2018 HÄUSER
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40 HÄUSER 2018 N° 5
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Standhaft: Die alten, aus-gebesserten Holzpfosten finden auf
neuen Funda-menten Halt. Der Fernseh-bereich (Foto linke Seite)
wurde abgesenkt und liegt in der Gebäudemitte. Das neue Dach
öffneten die Architekten zum Teil bis zum First. Durch die
zusätzliche Dämmung durfte es ein wenig höher als das ehe-malige
gebaut werden.
„DIE BAUHERREN WOLLTEN URSPRÜNGLICH EIN
MODERNES HAUS BAUEN“ Annemariken Hilberink
41N° 5 2018 HÄUSER
TITELTHEMA BESONDERS WOHNLICH
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42 HÄUSER 2018 N° 5
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Anheimelnd: Die Küche und der Essbereich liegen im Osten des
Hauses. Die niedrige Decke vermittelt Geborgenheit, der helle
Anstrich sorgt dafür, dass sie nicht beengt. Der neu trale Ausbau
inszeniert das historisch Vorgefundene, nähert sich aber im Detail
mit einer Klöntür oder einem Stalltor spielerisch der konkreten
Bauaufgabe.
„WIR KONNTEN ZUM GLÜCK EINEN GROSSTEIL
DER SUBSTANZ ERHALTEN“ Annemariken Hilberink
43N° 5 2018 HÄUSER
TITELTHEMA BESONDERS WOHNLICH
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s ist nicht die erste scheune, die die Niederländer
Hilberinkbosch Architecten für eine Wohn- oder Gewerbenutzung
umgebaut haben. „Es könnten inzwischen vier oder fünf sein“,
überlegt Annemari-
ken Hilberink. Auch ihr eigenes Büro, das sie und ihr Kollege
Geert Bosch nahe Eindhoven führen, zog vor zehn Jahren in ein
Gehöft von 1893. Das Langgiebel-haus wandelten sie zur Wohn- und
Arbeitsstätte um. Für Bauherren mit ähnlichen Absichten dient es
als Gebrauchsmuster im Maßstab eins zu eins.
Das Paar, das die Architekten 2014 aufsuchte, „plante
ursprünglich auf einem romantisch zugewach-senen Teichgrundstück
einen Neubau“, erinnert sich Annemarie Hilberink. Aber dann stellte
sich heraus, dass der alte Kotten, ein ehemaliger Kuh- und
Pferde-stall mit einer kleinen Wohnung, in der höchsten Klasse der
niederländischen Denkmalliste als „Rijks-monument“ geführt wurde.
An einen Abriss war also nicht zu denken. Die neuen Besitzer
arrangierten sich mit der veränderten Lage. Die Arbeiten von
Hilbe-rinkbosch hatten sie im Internet entdeckt, „da kann man heute
ja alles sehen“, sagt die Architektin lachend.
„Eigentlich wollten die beiden ein modernes Haus
bauen. Sie suchten dann einen Architekten, der etwas Modernes
aus einem alten Haus machen konnte.“ In der nächsten Umgebung
standen noch weitere Bau-ernhäuser, Schuppen und Ställe, auch aus
neuerer Zeit in schmuckloser Betonkonstruktion. Sie wurden mit der
Baumaßnahme teilweise abgebrochen und als überdachte Stell- und
Lagerflächen neu errichtet.
bei genauerer untersuchung zeigte sich, dass die Bausubstanz des
Wohn- und Stallgebäudes innen ziemlich intakt war. So wurde bei der
Planung des Umbaus das historische Tragwerk aus dem 17.
Jahr-hundert zur bestimmenden Struktur, um die sich die neuen
Wohnfunktionen arrangieren sollten. Die durch Feuchtigkeit
angegriffenen Fußpunkte der Stützpfos-ten ließen die Planer
entfernen, Punktfundamente sorgen jetzt für Standsicherheit. Das
Dach wurde neu aufgeschlagen, es durfte durch die zusätzliche
Däm-mung ein wenig höher als das vorhandene ausfallen, folgt aber
der alten unregelmäßigen Firstlinie, die mit Ziegelkappen
abschließt. Es ist wieder mit Reet ge-deckt, zwischen die Sparren
sind Flachsdämmplatten eingeschoben, darüber folgen innen eine
Dampf-bremse und eine sichtbare Eichenholzverschalung.
E „NEUE MATERIALIEN UND FORMEN VERWANDELN DAS INNERE“
Annemariken Hilberink
44 HÄUSER 2018 N° 5
TITELTHEMA BESONDERS WOHNLICH
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Flachsfasern besitzen feuchteregulierende Eigen-schaften, sind
also für den Einbau in Strohdächer gut geeignet. Außerdem wurde zum
vorbeugenden Brand-schutz darauf geachtet, dass zwischen den
einzelnen Reetbunden keine Hohlräume blieben.
Die Außenwände entsprachen nicht mehr der origi-nalen
Ausführung, sie waren im 19. und 20. Jahrhun-dert verändert worden.
So konnten die Architekten sie dem zeitgemäßen Wohnkomfort
anpassen. Im Giebel fügten sie ein großes Fenster ein, damit die
Bewohner vom Essplatz aus in die Landschaft mit dem Natur-teich
sehen können. Die lange Südfassade erhielt eine großzügige
Verglasung mit raumhohen Schiebetüren. Auch der anschließende
Dachüberstand ist transpa-rent, um Tageslicht in die sich zu dieser
Seite kamm-artig öffnenden Wohnbereiche zu lenken. Diese
Dach-verglasung setzt sich mit einer Ziegeldeckung fort, so wie es
früher üblich war, weil Traufen und Giebel stär-ker bewittert
werden. Nur: „Damals waren die Ziegel teurer, und das Reet war
billig. Heute ist es umge-kehrt“, erklärt Annemariken
Hilberink.
Ein weiteres modernes Attribut ist die Verglasung des
Schlafraumgiebels an der Ostseite. Aber wie beim Dachrand stören
keine spiegelnden Scheiben die Um-
gebung, sondern Brettschraffuren vermitteln die
zeit-genössischen Ergänzungen. Die Fassaden wurden bis auf eine
erhaltene historische Wand außen gedämmt und auf der Stallseite mit
einer hinterlüfteten Holz-verkleidung versehen.
drinnen sieht man von den haupträumen bis unter das Dach. Das
alte Tragwerk assistiert als attrak-tiver Raumteiler. Das
Arbeitszimmer erhielt eine Er-höhung, die Fernsehnische ist
abgesenkt, eine Erinne-rung an die ehemalige Mistgrube des
Bauernhauses. Zur Nord- und Westseite schließen Einzelräume,
Sani-tärbereiche und Haustechnik an, die Küche ist wie in einem
klassischen Anwesen der Mittelpunkt und nach zwei Seiten
orientiert. Im Obergeschoss liegen ein Schlafraum mit Ankleide und
ein Bad, der Flur endet mit einer Arbeitsgalerie, von der man in
den Wohn-raum sieht. Der gesamte Ausbau schneidet mit glatten
Flächen in die alterskrumme Umgebung. Ein Boden aus Zementestrich
neutralisiert das Nebeneinander aus mehreren Jahrhunderten und
macht es „modern“
– wie es sich die Auftraggeber gewünscht haben. Das Bauernhaus,
so sagt es die Architektin, tritt in eine zeit gemäße „vierte Phase
seiner Baugeschichte“ ein.
Obenauf: Das Schlafzim mer liegt an dem verglasten Ost-giebel
und profitiert vom Aus blick. Das angrenzende Bad kokettiert wie so
vieles im Haus mit der ländlichen Umgebung, die Wanne unter der
verbretterten Dachschrä-ge könnte ein Zuber sein. Die Südfassade
beweist, wie gut Ziegel mauerwerk, Glas und Reetdach
harmonieren.
45N° 5 2018 HÄUSER
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UMFANGREICHES PLANMATERIAL UNTER WWW.HAEUSER.DE/GRUNDRISSE
5 m01: 200
HILBERINKBOSCH ARCHITECTEN HAUS IN WALIK/NIEDERLANDE
Architekten: Hilberinkbosch Architec-ten, Wamberg 5, NL-5258 SM
Berlicum, Tel. +31-73-690 01 36, www.hb-a.nlBauzeit:
2014–17Wohnfläche: 278 m2
Grundstücksgröße: 11 965 m2 Bauweise: HolzkonstruktionFassade:
Ziegelmauerwerk, GlasDach: Krüppelwalmdach
Raumhöhe: 2,46–6,10 m Decken/Wände: Putz,
HolzverkleidungFußboden: Beton, Teppich, FliesenEnergiekonzept:
WärmepumpeGartengestaltung: Parklaan Land-schapsarchitecten,
Vughterstraat 221,NL-5211 GD ’s-Hertogenbosch,Tel. +31-73-614 01
91, www.parklaan.nl
Schlicht und schön: Die Bettenserie „Essential“ von Auping, hier
in Cool Grey, entwarfen die Berliner Designerinnen Claudia Köh-ler
und Irmy Wilms aus nachhaltigen Materialien. Mit gutem Gewissen
schläft es sich eben besser.
Tradition und Moderne: Annemariken Hilberink und Geert Bosch
haben ihr Architekturbüro ebenfalls in einem historischen
Bauernhaus eingerichtet.
Möblierung: alle Einbauten nach Ent-würfen der Architekten, Sofa
„Conseta“ von F.-W. Möller: Cor, Sofa: Rolf Benz, Stehleuchte „cpl“
von Christian Plode-rer: Prandina, Couchtische „Setup“ von Willem
van Ast: Arco, Essstühle: Arke-tipo, Hängeleuchten „Skan“ von
Lievore Altherr Molina: Vibia, sowie „Costanza“ von Paolo Rizzatto:
Luceplan, Bett: Au-ping, Badewanne: Ideal Standard, Hän-geleuchte
„Here comes the sun“ von Bertrand Balas: dcw ÉditionsAdressen auf
Seite 148
Por
trät
s: P
etra
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ssen
, Fo
to:
Aup
ing
Erdgeschoss
Wohnen
Media
Essen
Arbeiten
Kochen
Bad
Schlafen
Arbeiten
Bad
WC
Luftraum
Abstellraum
Schlafen
Ankleide
Obergeschoss
46 HÄUSER 2018 N° 5
TITELTHEMA BESONDERS WOHNLICH
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I M
DETAI L
DIESE DÄCHERKANN NUR
DER NORDENReet is t a ls t rad i t ione l les Mater ia l
geschät z t . Me is t p räg t es d ie länd l iche Arch i tek tur
küs tennaher Regionen
Ob man nun Reet, Rohr, Ried, Stroh oder Schilf sagt: Als
Weichbedachung gehörte das Mate-rial ursprünglich zur bäuerlichen
Bauweise. In städtischer Umgebung durfte sie bereits im Mittelalter
wegen der Brandgefahr nicht mehr ausgeführt werden. Heute
beschränken sich Reetdächer auf die nördlichen Küstenzonen und
werden vor allem beim Bau von Einfamilien-häusern als
landschaftstypisches Merkmal geschätzt. Durch die behäbige Dicke
des Aufbaus von bis zu 40 Zentimetern und die abgerundeten
Übergänge an den steilen Dachfl ächen mit tiefen, rinnenlosen
Traufen wirken reetgedeckte Häuser vertraut und behaglich. Seit
2014 zählt die Technik des Reetdachdeckens zum immateriellen
Kulturerbe der unesco. Ein Reet-dach kann bei regelmäßiger Pfl ege
50 Jahre halten. Die geschnürten Halmbündel werden ent-weder auf
Dachlatten geschraubt, genäht oder gebunden. Es handelt sich um
eine traditionelle handwerkliche Bauweise, die dennoch heutigen
bauphysikalischen Anforderungen entspre-chen muss: Einerseits wird
dem Dach eine besondere Wärmedämmung nachgesagt, anderer-seits muss
man mit der Konstruktion eine Balance zwischen der erwünschten
Trockenhaltung und der Beschränkung der Luftdurchlässigkeit fi
nden. Auch der Brandschutz erfordert beson-dere Maßnahmen. Das
Material wird inzwischen vorwiegend importiert.
Rohdiamant: Im Jahr 1981 zeigte sich das historische Bauernhaus
weit gehend geschlossen. Die Reetbede-ckung beschränkte sich damals
nur auf den Firstbereich.
Doppeldecker: Reet bedeckt das Dach heute fast bis zur Traufe.
Nur eine schmale untere Zone besteht aus Dachziegeln, auf der
Südseite ist sie zum Teil verglast.
Hohes Haus: Im Schnitt wird deutlich, dass das Reetdach aufgrund
der nachträglichen Wärme-dämmung gehoben ist.
Foto
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48 HÄUSER 2018 N° 5
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